Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. Nov. 2011 - 3 Sa 271/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2011:1115.3SA271.11.0A
bei uns veröffentlicht am15.11.2011

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.04.2011 - 8 Ca 2556/10 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Abgeltung von gesetzlichen Urlaubsansprüchen für den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Mai 2010.

2

Die am ... Dezember 1966 geborene Klägerin war bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen seit 1984 als Kauffrau im Eisenbahn- und Straßenverkehr gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 2.132,32 EUR beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden sowohl aufgrund des § 2 des zwischen der Klägerin und der DB V. GmbH unter dem 26. Juni 2002 geschlossenen Arbeitsvertrages als auch aufgrund beiderseitiger Tarifbindung die Bestimmungen des Basistarifvertrages zu den funktionsgruppenspezifischen Tarifverträgen und funktionsspezifischen Tarifverträgen verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (BasisTV), zu denen ausweislich der Anlage 1 die Beklagte gehört, Anwendung.

3

Die Klägerin war seit dem 27. März 2006 nicht mehr arbeitsfähig. Mit Schreiben vom 07. Oktober 2009 kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt zum 31. Mai 2010. Hiergegen hatte die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Mainz mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2009, der am gleichen Tag beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 30. Oktober 2009 zugestellt worden war, Kündigungsschutzklage erhoben (Az.: 1 Ca 2366/09). Im vorletzten Absatz der Klageschrift vom 26. Oktober 2009 heißt es:

4

"Wir machen die klägerischen Entgeltansprüche hiermit für den Fall des Annahmeverzuges geltend. Dies bezieht sich auf das entgangene Entgelt sowie sämtliche sonstige Leistungen wie Urlaub, Urlaubsentgelt, Urlaubsabgeltung, Urlaubsgeld und vermögenswirksame Leistungen. Für den Fall, dass das Verfahren über das Jahresende hinaus fortdauert, wird bereits jetzt die Übertragung der Urlaubstage auf das Folgejahr begehrt."

5

Dieses vorangegangene Kündigungsschutzverfahren der Parteien war gemäß dem Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 14. Juli 2010 (Az.: 1 Ca 2366/09) gemäß § 278 Abs. 6 ZPO durch folgenden Vergleich beendet worden:

6

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund krankheitsbedingter arbeitgeberseitiger Kündigung vom 07. Oktober 2009 mit Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfristen zum 31. Mai 2010 sein Ende gefunden hat.

7

Die Beklagte zahlt an die Klägerin rechtsähnlich den §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 20.000,-- EUR (brutto).

8

Die Beklagte erteilt der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis, das als Endformulierung die übliche Dankes- und Bedauernsformel enthält.

9

Mit der vorliegenden Klage vom 23. Dezember 2010, die am gleichen Tag beim Arbeitsgericht Mainz eingegangen und der Beklagten am 30. Dezember 2010 zugestellt worden ist, verlangt die Klägerin die Abgeltung ihrer gesetzlichen Urlaubsansprüche für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Mai 2010. Nach ihrer mit Schriftsatz vom 4. März 2011 korrigierten Berechnung beansprucht sie eine Urlaubabgeltung in Höhe von insgesamt 8.628,40 EUR brutto für jeweils 20 Tage aus den Jahren 2006 bis 2009 und (anteilig) acht Tage aus dem Jahr 2010 (98,05 EUR brutto pro Urlaubstag x 88 Urlaubstage).

10

Die Klägerin hat vorgetragen, die Klageforderung sei nicht aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Sie habe ihre Urlaubsabgeltungsansprüche bereits in der Klageschrift im vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren der Parteien vor dem Arbeitsgericht Mainz (Az.: 1 Ca 2366/09) geltend gemacht. Im Übrigen komme es ihrer Ansicht nach für die Berechnung einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches vom 14. Juli 2010 im vorgenannten Kündigungsschutzverfahren an. Erst im Juli 2010 habe aufgrund des geschlossenen Vergleiches festgestanden, dass ihr Arbeitsverhältnis endgültig beendet gewesen sei. Im Falle eines positiven Ausgang des Kündigungsrechtsstreits wäre ein Urlaubsabgeltungsanspruch weder entstanden noch fällig gewesen.

11

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

12

die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.628,40 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. Dezember 2010 zu zahlen.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie hat erwidert, der von der Klägerin geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch sei mit Ablauf des 30. November 2010 gemäß § 28 BasisTV verfallen. Ansprüche auf Urlaubsabgeltung entstünden mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und seien sofort fällig. Auf den Zeitpunkt des vor dem Arbeitsgericht Mainz geschlossenen Vergleichs komme es nicht an, weil in diesem ausdrücklich nur die übereinstimmende Rechtsauffassung der Parteien festgelegt worden sei, dass die ausgesprochene Arbeitgeberkündigung das Arbeitsverhältnis beendet habe. Die floskelhafte Formulierung in der Klageschrift vom 26. Oktober 2009 im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz (Az.: 1 Ca 2366/09) werde den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geltendmachung nicht gerecht. Unabhängig davon seien die Ansprüche nur bedingt für den Fall des Annahmeverzuges geltend gemacht worden. Eine solche Bedingung sei nicht eingetreten, weil sie zu keinem Zeitpunkt in Annahmeverzug gewesen sei. Im Übrigen sei der Anspruch auf Urlaubsabgeltung im Zeitpunkt einer etwaigen Geltendmachung mit der Klageschrift vom 26. Oktober 2009 weder entstanden noch fällig gewesen. Nach der in § 28 BasisTV geregelten Ausschlussfrist könne nur ein bereits bestehender Anspruch dem Regelungsbereich der Norm unterfallen, während eine Geltendmachung von Ansprüchen bereits vor deren Entstehung nicht möglich sei.

16

Mit Urteil vom 15. April 2011 (Az.: 8 Ca 2556/10) hat das Arbeitsgericht Mainz der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der entstandene Anspruch der Klägerin auf Abgeltung ihrer gesetzlichen Urlaubsansprüche aus den Jahren 2006 bis 2009 sowie anteilig aus dem Jahr 2010 nicht aufgrund der Ausschlussfrist des § 28 BasisTV verfallen sei. Die Klägerin habe die tarifliche Ausschlussfrist, die auch den Anspruch auf Urlaubsabgeltung erfasse, bereits durch die Geltendmachung in ihrer Klageschrift im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz (Az.: 1 Ca 2366/09) gewahrt. Zwar habe die Klägerin im Eingangssatz des vorletzten Absatzes der Kündigungsschutzklage die bezeichneten Ansprüche "für den Fall des Annahmeverzuges" geltend gemacht. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entstehe aber nicht im Fall des Annahmeverzuges, sondern im Falle des Unterliegens im Kündigungsschutzprozess. Die ausdrückliche Nennung der Urlaubsabgeltung im zweiten Satz des vorletzten Absatzes der Kündigungsschutzklage mache nur dann Sinn, wenn sie für den Fall des Verlustes des Kündigungsschutzprozesses und damit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolge. Die pauschale Geltendmachung von "Urlaubsabgeltung" sei auch ausreichend bestimmt. Zwar müsse jede Forderung grundsätzlich nach Grund und Höhe sowie dem Zeitraum, für den sie verfolgt werde, geltend gemacht werden. Dies gelte aber dann nicht, wenn nur der Anspruchsgrund strittig sei. Zwischen den Parteien habe die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht der Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin im Vordergrund gestanden. Aus den ihr vorliegenden Unterlagen habe die Beklagte leicht ersehen können, in welchen Zeiträumen die Klägerin bei ihr Urlaub genommen habe, insbesondere dass ihr wegen ihrer Erkrankung ab dem 27. März 2006 kein Urlaub mehr gewährt worden sei. Daraus habe sich für die Beklagte ergeben, dass der Klägerin für diesen Zeitraum mindestens der gesetzliche Urlaubsanspruch in Höhe von 20 Arbeitstagen zugestanden habe. Die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruches habe sie durch eine Multiplikation mit dem der Klägerin zustehenden Stundensatz leicht errechnen können. Ihr sei damit der Grund und der Umfang der streitigen Forderung erkennbar gewesen, so dass eine Konkretisierung nicht erforderlich gewesen sei. Die Klägerin habe ihren Urlaubsabgeltungsanspruch in der Kündigungsschutzklage auch bereits wirksam geltend machen können, obwohl sie diesen Anspruch zu diesem Zeitpunkt noch nicht habe einklagen können. § 28 Abs. 1 BasisTV sei dahingehend auszulegen, dass auch eine Geltendmachung vor Fälligkeit möglich sein solle und die Angabe des Zeitraums von sechs Monaten nach Fälligkeit lediglich dazu diene, das Ende der Ausschlussfrist sicher zu bestimmen. Die tariflichen Ausschlussfristen hätten den Sinn, möglichst zeitnah das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen beider Parteien festzustellen, um Beweisschwierigkeiten zu verhindern und Klarheit zu schaffen. Diesem Zweck genüge auch die Geltendmachung schon vor Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs. Durch die ausdrückliche Geltendmachung in der Kündigungsschutzklage habe der Beklagten deutlich werden müssen, dass die Klägerin für den Fall der streitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihren Urlaubsabgeltungsanspruch verfolge. Die Klägerin habe daher ihren Anspruch rechtzeitig geltend gemacht, so dass es nicht mehr darauf ankomme, ob die Verfallfrist mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Mai 2010 oder aber erst mit Abschluss des Vergleiches am 14. Juli 2010 begonnen habe.

17

Gegen das ihr am 28. April 2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06. Mai 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 09. Mai 2011 eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

18

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin habe den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht rechtzeitig innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht. Die Geltendmachung in der Klageschrift des Vorverfahrens vom 26. Oktober 2009 genüge nicht den Anforderungen des § 28 BasisTV. Vielmehr sei damit lediglich floskelhaft und ohne Bezug auf konkrete Ansprüche alles geltend gemacht worden, was irgendwie möglich erschienen sei. Die bedingte Geltendmachung für den Fall des Annahmeverzuges widerspreche einer klaren und unbedingten Geltendmachung. Es könne nicht erwartet werden, dass sie sich den Sinn des Urlaubsabgeltungsanspruchs selbst erschließen müsse. Auch könne nicht darauf abgestellt werden, dass ein unklarer, unbestimmter und zudem noch eindeutig bedingter Anspruch so verstanden werden müsse, wie er aus Sicht der Klägerin bzw. des Arbeitsgerichts nur Sinn ergeben könne. Der Anspruch sei keineswegs ausreichend bestimmt und weder hinsichtlich des Grundes noch der Höhe nach unstreitig. Bezüglich des Anspruchsgrundes sei bereits der vorliegende Rechtsstreit Indiz genug. Auch die ursprünglich geforderte Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs sei von ihr in Abrede gestellt worden, was tatsächlich zu einer Korrektur der Klageforderung geführt habe. Entgegen der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Auslegung des § 28 BasisTV ergebe sich aus dem Zusatz "nach Fälligkeit", dass damit eine Geltendmachung vor Fälligkeit ausgeschlossen sei. Auch im Hinblick auf die von einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist bezweckte Rechtsklarheit mache es keinen Sinn, irgendwelche möglicherweise zukünftig entstehenden Ansprüche geltend zu machen, selbst wenn sie noch nicht einmal entstanden seien. Anderenfalls könnte man ohne bzw. bereits bei geringfügigem Anlass im Hinblick auf mögliche spätere Ansprüche pauschal alle vertraglichen Leistungen geltend machen, um damit der Anwendbarkeit einer Ausschlussfrist zuvor zu kommen. Mithin sei die Formulierung in der Klageschrift vom 26. Oktober 2009 nicht als ausreichende Geltendmachung anzusehen. Auf den Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz komme es nicht an. Die Rechtsfolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht durch den Vergleich, sondern gemäß dessen eindeutigen Wortlaut durch die Kündigung vom 07. Oktober 2009 herbeigeführt worden. Im Übrigen seien mögliche Urlaubsabgeltungsansprüche durch den im Kündigungsschutzverfahren abgeschlossenen Vergleich ausgeschlossen, weil damit dem beidseitigen Verständnis folgend die gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten seien. Sie berufe sich zudem auch auf eine Verjährung der geltend gemachten Ansprüche. Danach wäre zumindest die Abgeltung des verjährten Urlaubs für 2006 nicht geschuldet.

19

Die Beklagte beantragt,

20

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15. April 2011 - 8 Ca 2556/10 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie erwidert, ihr Klageanspruch sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verfallen. Das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass sie mit der Erhebung ihrer Kündigungsschutzklage vom 26. Oktober 2009 und der darin enthaltenen Geltendmachung der Urlaubsabgeltung die Ausschlussfrist gewahrt habe. Eine konkrete Bezifferung des Urlaubsabgeltungsanspruchs sei nicht erforderlich gewesen. Vielmehr genüge es, dass die geltend gemachte Forderung aus Sicht des Arbeitgebers konkret bestimmbar sei. Der Beklagten sei nach ihrer Erkrankung die Anzahl der ihr zustehenden Urlaubstage bekannt gewesen. Ebenso sei die Beklagte ohne Weiteres in der Lage gewesen, ihren Zahlungsanspruch pro Urlaubstag zu berechnen. Soweit die Beklagte auf die im erstinstanzlichen Verfahren vorgenommene Korrektur abstelle, sei dies lediglich auf ein Rechenversehen bei der Klage zurückzuführen. Ihre Urlaubsabgeltungsansprüche seien auch nicht durch den im Kündigungsschutzverfahren abgeschlossenen Vergleich mit erledigt worden, weil darin keine Abgeltungsklausel enthalten sei. Hinsichtlich der Ansprüche aus dem Jahre 2006 könne sich die Beklagte nicht auf die Einrede der Verjährung berufen.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. 519, 520 ZPO).

26

Die hiernach zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

27

Die zulässige Klage ist unbegründet.

28

Der streitgegenständliche Anspruch auf Abgeltung der gesetzlichen Urlaubsansprüche für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Mai 2010 in Höhe von 8.628,40 EUR brutto ist nach § 28 Abs. 1 BasisTV verfallen.

I.

29

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden sowohl kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung als auch aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit die Bestimmungen des Basistarifvertrages zu den funktionsgruppenspezifischen Tarifverträgen und funktionsspezifischen Tarifverträgen verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (BasisTV), zu denen ausweislich der Anlage 1 die Beklagte gehört, Anwendung. Nach § 28 Abs. 1 BasisTV verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

30

Der Anspruch auf Abgeltung des bestehenden Urlaubs entsteht auch bei über das Arbeitsverhältnis hinaus andauernder Arbeitsunfähigkeit gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird sofort fällig. Er ist nicht Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern reine Geldforderung und unterliegt damit wie andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen. Das gilt auch für die Abgeltung des nach § 13 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BUrlG unabdingbaren gesetzlichen Mindesturlaubs (BAG 09. August 2011 - 9 AZR 352/10 - [juris]).

31

Danach hätte die Klägerin den mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010 entstandenen und sofort fällig gewordenen Anspruch auf Abgeltung ihrer gesetzlichen Urlaubsansprüche innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 28 Abs. 1 BasisTV bis zum 30. November 2010 schriftlich geltend machen müssen. Daran fehlt es. Die Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs ist durch die von der Klägerin vor dem Arbeitsgericht Mainz erhobene Kündigungsschutzklage (Az.: 1 Ca 2366/09) nicht bis zum Abschluss des Vergleichs vom 14. Juli 2010 hinausgeschoben worden. Die Kündigungsschutzklage beinhaltet auch keine Geltendmachung des Anspruchs auf Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus der Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31. Mai 2010. Mit der vorliegenden Klage vom 23. Dezember 2010 hat die Klägerin den Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Der Klageanspruch ist damit verfallen.

32

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Anspruch nicht erst mit Abschluss des Vergleichs vom 14. Juli 2010 im vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren, sondern bereits mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31. Mai 2010 fällig geworden.

33

§ 28 Abs. 1 BasisTV stellt allein auf die Fälligkeit des Anspruchs ab. Der Umstand, dass die Klägerin mit der von ihr erhobenen Kündigungsschutzklage die von der Beklagten zum 31. Mai 2010 ausgesprochene Kündigung angegriffen hat und über deren Wirksamkeit Streit zwischen den Parteien bestand, hat die Fälligkeit des Anspruchs nicht hinausgeschoben. Die Fälligkeit eines Anspruchs tritt unabhängig davon ein, ob der Gläubiger den Anspruch oder die anspruchsbegründenden Voraussetzungen kennt. Sinn und Zweck einer tariflichen Ausschlussklausel ist es, dem Anspruchschuldner innerhalb der tariflichen Ausschlussfristen vor Augen zu führen, welche Ansprüche gegen ihn noch erhoben werden sollen. Sind solche Ansprüche nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht worden, soll er darauf vertrauen können, dass er mit weiteren Ansprüchen nicht zu rechnen braucht. Der damit bezweckte Rechtsfriede könnte nicht erreicht werden, wenn für den Beginn der Ausschlussfrist auf die Kenntnis des Gläubigers vom Bestehen des Anspruchs abgestellt würde (BAG 03. August 1982 - 1 AZR 45/81 - [juris], zu 2 der Gründe). Nach § 28 Abs. 3 BasisTV gilt etwas anderes nur dann, wenn Ansprüche für den Beanstandenden nachweisbar erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar wurden.

34

Im Streitfall kann nicht angenommen werden, die Klägerin wäre angesichts der Ungewissheit über das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht in der Lage gewesen, ihren Anspruch auf Abgeltung von Urlaubsansprüchen für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Mai 2010 rechtzeitig geltend zu machen. Vielmehr ist die Klägerin - im Gegenteil - sogar der Ansicht, sie habe diesen Anspruch bereits mit ihrer Kündigungsschutzklage vom 26. Oktober 2009 geltend gemacht. Auch wenn die Klägerin mit ihrer Kündigungsschutzklage in erster Linie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses begehrte, entband sie das nicht von der Notwendigkeit, ihren Urlaubsabgeltungsanspruch für den Fall geltend zu machen, dass ihre Kündigungsschutzklage abgewiesen wurde, zumal diese Möglichkeit in Anbetracht ihrer bereits seit dem 27. März 2006 ununterbrochen bestehenden Arbeitsunfähigkeit zumindest nahelag (vgl. BAG 03. August 1982 - 1 AZR 45/81 - [juris], zu 2 der Gründe). Dem steht auch nicht entgegen, dass eine an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfende kürzere Ausschlussfrist nicht zu laufen beginnt, solange wegen des Schwebens eines Kündigungsschutzprozesses die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht feststeht (BAG 3. Dezember 1970 - 5 AZR 68/70 - BAGE 23, 110; 11. Februar 2009 - 5 AZR 168/08 - NZA 2009, 687), weil dies einen anderen Sachverhalt betrifft. Soweit eine tarifliche Ausschlussklausel selbst an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpft, beginnt diese Ausschlussfrist erst dann zu laufen, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Vertragsparteien feststeht. Auf eine Ausschlussklausel, die nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern - wie hier - auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellt, kann dieser Rechtssatz nicht übertragen werden (BAG 03. August 1982 - 1 AZR 45/81 - [juris], zu 2 der Gründe).

35

Nach dem geschlossenen Vergleich vom 14. Juli 2010 sind sich die Parteien darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung vom 7. Oktober 2009 zum 31. Mai 2010 sein Ende gefunden hat. Die Klageforderung ist demgemäß mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010 aufgrund der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung fällig geworden.

36

2. Die Klägerin hat den streitgegenständlichen Anspruch auf Abgeltung der gesetzlichen Urlaubsansprüche aus der Zeit vom 01. Januar 2006 bis zum 31. Mai 2010 nicht bereits mit ihrer vor dem Arbeitsgericht Mainz erhobenen Kündigungsschutzklage vor Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs geltend gemacht. Auf die Frage, ob eine die tarifliche Ausschlussfrist wahrende Geltendmachung bereits vor dem Entstehen des Urlaubsabgeltungsanspruchs überhaupt möglich ist, kommt es daher nicht an.

37

a) Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und bezwecken, dass sich der Anspruchsgegner auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offenen Forderungen rechtzeitig einstellt, Beweise sichert oder vorsorglich Rücklagen bilden kann. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs, sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich geltend gemacht wird. Deshalb müssen die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein, während eine rechtliche Begründung nicht erforderlich ist (BAG 22. April 2004 - 8 AZR 652/02 - AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 28, zu II 1 a der Gründe).

38

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen beinhaltet die Klageschrift vom 26. Oktober 2009 im vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren der Parteien keine ausreichende Geltendmachung des mit der vorliegenden Klage verfolgten Anspruchs.

39

Im vorletzten Absatz der Kündigungsschutzklage vom 26. Oktober 2009 hat die Klägerin lediglich Ansprüche "für den Fall des Annahmeverzuges" geltend gemacht, d.h. die auf der Kündigungsschutzklage aufbauenden Ansprüche, die sich aufgrund der geltend gemachten Unwirksamkeit der Kündigung aus dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus ergeben würden. Bei den im Satz 2 des vorletzten Absatzes der Kündigungsschutzklage aufgeführten "Leistungen" - u.a. auch "Urlaubsabgeltung" - handelt es sich gemäß der ausdrücklichen Bezugnahme auf den vorangegangenen Satz 1 ("Dies bezieht sich auf…") um eine Bezeichnung der Art der für den Fall des Annahmeverzuges geltend gemachten Ansprüche. Damit hat die Klägerin allenfalls Urlaubsansprüche für den Annahmeverzugszeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist geltend gemacht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine Abgeltung von Urlaubsansprüchen nur für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beansprucht werden kann. Insbesondere führt die pauschale Geltendmachung eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung "für den Fall des Annahmeverzuges" nicht etwa dazu, dass der Arbeitgeber selbst zu ergründen hat, ob und ggf. welche Urlaubsansprüche aus welchen Urlaubsjahren im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten sein könnten. Die pauschale Geltendmachung sämtlicher Ansprüche "für den Fall des Annahmeverzuges" umfasst jedenfalls nicht den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Mai 2010, für den die Klägerin im vorliegenden Verfahren die Abgeltung ihrer gesetzlichen Urlaubsansprüche verlangt. Der vorletzte Absatz der Kündigungsschutzklage vom 26. Oktober 2009 lässt nicht einmal ansatzweise erkennen, ob und ggf. für welchen Zeitraum bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010 die Abgeltung welcher Urlaubsansprüche geltend gemacht werden soll.

40

Mithin ist der mit der vorliegenden Klage verfolgte Anspruch auf Abgeltung der für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Mai 2010 entstandenen gesetzlichen Urlaubsansprüche mangels ausreichender Geltendmachung innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist verfallen.

II.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

42

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

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(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.

(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. April 2010 - 12 Sa 1448/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, den gesetzlichen Mindesturlaub für die Jahre 2007 und 2008 abzugelten.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1975 als Krankenschwester beschäftigt. Sie verdiente zuletzt in Teilzeit bei einer Fünf-Tage-Woche monatlich 829,86 Euro brutto. Die Parteien wenden auf ihr Arbeitsverhältnis den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) an.

3

Seit dem 19. Oktober 2006 ist die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis endete während der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit zum 31. März 2008.

4

Die Klägerin machte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. Februar 2009 gegenüber der Beklagten vergeblich die Abgeltung ihres gesetzlichen sowie die Abgeltung der aus dem TV-L folgenden weiteren Urlaubsansprüche aus den Jahren 2007 und 2008 in Höhe von insgesamt 1.613,62 Euro brutto geltend.

5

In § 37 Abs. 1 TV-L heißt es:

        

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällig werdende Leistungen aus.“

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs sei nicht nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG in der Rechtssache Schultz-Hoff folge, dass der Anspruch auf Abgeltung des wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs nicht verfallen dürfe. Diese Rechtsfolge ergebe sich ferner aus der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 13 BUrlG.

7

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.613,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. März 2009 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Nachdem aufgrund der Rechtsprechungsänderung der gesetzliche Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit nicht mehr befristet sei, unterliege der Abgeltungsanspruch den tariflichen Ausschlussfristen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs für die Jahre 2007 und 2008 (insgesamt 25 Urlaubstage) in Höhe von 957,50 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Ferner hat es die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs zu Recht abgewiesen. Der Anspruch ist verfallen. Die Klägerin wahrte nicht die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L.

11

I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 31. März 2008. Zu diesem Zeitpunkt stand der Klägerin ein gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch in Höhe von insgesamt 25 Tagen zu. Dieser war nach § 7 Abs. 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten.

12

1. Die Klägerin konnte den ihr zustehenden gesetzlichen Mindesturlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG aus dem Jahr 2007 in Höhe von 20 Urlaubstagen wegen ihrer seit 2006 ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit weder im Jahr 2007 noch im Übertragungszeitraum des Jahres 2008 nehmen. Ferner stand ihr zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch für drei volle Monate (Januar bis März 2008) ein Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG in Höhe von fünf Urlaubstagen zu.

13

2. Der Urlaubsabgeltungsanspruch wird auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125). Die seit dem 19. Oktober 2006 bestehende und auch über den Beendigungszeitpunkt hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ändert hieran nichts. Denn nach der neueren Senatsrechtsprechung infolge der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - Slg. 2009, I-179) ist der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG befristet, wenn der Arbeitnehmer dauernd arbeitsunfähig ist. Der Mindesturlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis abzugelten. Deshalb erlischt der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch auch nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deswegen arbeitsunfähig ist (vgl. grundlegend BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; zuletzt auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17).

14

Daher hat die über den gesetzlichen Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG(31. März des jeweiligen Folgejahres) und auch über den tariflichen Übertragungszeitraum des § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L (31. Mai des jeweiligen Folgejahres) hinaus fortbestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin keine Auswirkung auf die Durchsetzbarkeit und den Fortbestand des Urlaubsabgeltungsanspruchs.

15

II. Der daraus folgende Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs für insgesamt 25 Urlaubstage ist nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Die Klägerin wahrte nicht die dort geregelte Ausschlussfrist von sechs Monaten. Die erstmalige schriftliche Geltendmachung mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 25. Februar 2009 erfolgte erst nach Ablauf der Ausschlussfrist am 30. September 2008 und damit verspätet.

16

1. Nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.

17

a) Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 37 Abs. 1 TV-L dar. Formulieren Tarifvertragsparteien - wie in der vorliegenden Verfallvorschrift - keine Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 19, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190 ; 21. Februar 1995 - 9 AZR 733/93 - zu I 1 der Gründe). Diese Voraussetzung trifft gleichermaßen auf Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche zu. Sie begründen sich aus dem Arbeitsverhältnis.

18

b) Der Umstand, dass die Klägerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und darüber hinaus arbeitsunfähig erkrankt war, hat keine Auswirkung auf die Fälligkeit des Abgeltungsanspruchs. Insbesondere wird der Fälligkeitszeitpunkt nicht - wie in der Surogatstheorie angenommen - bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit hinausgeschoben.

19

aa) Nach § 271 Abs. 1 BGB wird eine Forderung sofort fällig, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. Dementsprechend wird der Urlaubsabgeltungsanspruch mit seiner Entstehung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 69, BAGE 130, 119 ). Die Arbeitsunfähigkeit des ausscheidenden Arbeitnehmers ist hierauf ohne Einfluss.

20

bb) Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt jedenfalls bei andauernder Arbeitsunfähigkeit eine auf eine finanzielle Vergütung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 (sog. Arbeitszeitrichtlinie) gerichtete reine Geldforderung dar (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 17 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 44 ff., BAGE 130, 119). Deshalb ist der gesetzliche Mindesturlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten(BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, aaO; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff. mwN, aaO). Zudem bleibt diese Urlaubsabgeltungsforderung in ihrem Bestand unberührt, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31. März des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres bzw. darüber hinaus fortdauert (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, aaO).

21

cc) Mithin ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr befristet. Daher hat der Ablauf des Bezugs- und des Übertragungszeitraums, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, keine Auswirkungen mehr. Zudem geht die geänderte Rechtsprechung davon aus, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch sofort erfüllbar ist und es gerade nicht erforderlich ist, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit abzuwarten (vgl. zuletzt BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 12, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17). Schließlich wird in der Regel eine Forderung gleichzeitig fällig und erfüllbar (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 271 Rn. 1). Dies muss auch für den Abgeltungsanspruch als reinen Geldanspruch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit gelten. Ansonsten würde ein dauerhaft bis zum Lebensende arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer, der aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, niemals eine Urlaubsabgeltung erhalten. Dies wäre jedoch nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff nicht mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG vereinbar. Danach soll auch der ausgeschiedene Arbeitnehmer bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit die Möglichkeit haben, in den Genuss einer finanziellen Vergütung zu kommen (vgl. EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 56, 62, Slg. 2009, I-179). Deshalb wird der Urlaubsabgeltungsanspruch auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; im Ergebnis so bereits: BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 69, BAGE 130, 119; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 67; Subatzus DB 2009, 510, 512; Arnold/Tillmanns/Arnold BUrlG 2. Aufl. § 7 Rn. 180) und damit im vorliegenden Fall mit Ablauf des 31. März 2008 fällig.

22

2. Der Lauf der Ausschlussfrist wurde auch nicht durch die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin entsprechend § 206 BGB gehemmt.

23

a) Dabei kann dahinstehen, ob die Vorschriften über die Verjährungshemmung grundsätzlich überhaupt entsprechende Anwendung auf Ausschlussfristen finden (ablehnend ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 57; aA Däubler/Zwanziger TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 1097). Denn nach ständiger Rechtsprechung wird zumindest die Regelung des § 206 BGB(§ 203 Abs. 2 BGB aF) zur Hemmung der Verjährung bei höherer Gewalt als allgemeingültiges Rechtsprinzip entsprechend angewandt (vgl. grundlegend BAG 3. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 4 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26). Nach dieser Vorschrift ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist.

24

b) Doch selbst unter Zugrundelegung dieses Maßstabs wird der Lauf der Ausschlussfrist hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs regelmäßig nicht durch eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gehemmt. An die Annahme höherer Gewalt sind strenge Anforderungen zu stellen. Stets ist Voraussetzung, dass der Berechtigte ohne jedes Eigenverschulden an der Klage gehindert war (BAG 7. November 2002 - 2 AZR 297/01 - zu B I 4 b dd und ee der Gründe mwN, BAGE 103, 290). Deshalb kann eine Arbeitsunfähigkeit nur dann den Lauf einer Ausschlussfrist hemmen, wenn dem Berechtigten infolge seines Zustands die Besorgung seiner Angelegenheiten schlechthin unmöglich wird (vgl. so bereits zur schweren Erkrankung als möglichen Hemmungsgrund: BGH 13. November 1962 - VI ZR 228/60 - VersR 1963, 93). Das hat die Klägerin nicht behauptet.

25

Schließlich kann auch einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis während der Periode der Arbeitsunfähigkeit ausläuft, normalerweise zugemutet werden, die fällige Urlaubsabgeltung als Zahlungsanspruch von seinem Arbeitgeber zu verlangen und damit die Ausschlussfrist zu wahren. Die Abgeltung eines tatsächlich nicht mehr erfüllbaren Urlaubs lässt sich grundsätzlich jederzeit ohne Schwierigkeiten durchführen (vgl. so bereits die Rechtsprechung des BAG vor Einführung des Surrogatmerkmals der Erfüllbarkeit der fiktiven Freistellung: BAG 3. Februar 1971 - 5 AZR 282/70 - zu B c cc der Gründe, BAGE 23, 184).

26

3. Die hier anzuwendende tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L ist nicht nach § 13 Abs. 1 BUrlG iVm. § 134 BGB unwirksam, weil sie den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs einschließt. Die Anwendung von tariflichen Ausschlussfristen für Urlaubsabgeltungsansprüche verstößt auch nicht gegen Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie. Sie ist insbesondere mit Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie und den hierzu vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätzen vereinbar (vgl. ausführlich BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 22 ff.).

27

4. Die Klägerin kann im Hinblick auf die Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen.

28

Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (31. März 2008) war der Vorlagebeschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bereits bekannt und das Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig, sodass die Klägerin zumindest vorsorglich ihren Urlaubsabgeltungsanspruch gegenüber der Beklagten rechtzeitig hätte geltend machen können (vgl. hierzu BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 31).

29

Im Übrigen weist das Landesarbeitsgericht ferner zu Recht darauf hin, gegen die Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin spreche bereits, dass ihr durch die Rechtsprechungsänderung nichts genommen wird, was ihr bei Fortbestehen der bisherigen Rechtsprechung zugestanden hätte. Denn auch nach der bisherigen Rechtsprechung hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gehabt. So wäre dieser wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des tariflichen Übertragungszeitraums des § 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L zum 31. Mai 2008 bzw. zum 31. Mai 2009 erloschen.

30

B. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    G. Müller    

        

    W. Schmid    

                 

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.