Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Juni 2014 - 2 Sa 430/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:0605.2SA430.13.0A
bei uns veröffentlicht am05.06.2014

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 01. August 2013 - 2 Ca 391/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22. Februar 2013 nicht aufgelöst ist.

Die Kosten des Rechtsstreits (I. und II. Instanz) trägt der Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Der Kläger war seit mehr als sechs Monaten bei der E. B. GmbH beschäftigt. Am 31. August 2012 wurde über das Vermögen der E. B. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Im Betrieb waren regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Bereits zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung - und erst recht auch danach - hat im Betrieb kein Betriebsrat mehr existiert.

3

Am 21. Februar 2013 schloss der Beklagte mit einem vermeintlich bestehenden, aber nicht mehr existenten Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste, auf den verwiesen wird. Sodann erstattete der Beklagte bei der Agentur für Arbeit in B. am 21. Februar 2013 eine Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG unter Beifügung dieses Interessenausgleichs.

4

Mit Schreiben vom 22. Februar 2013 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Mai 2013. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, der Betrieb werde nach seinen Informationen im Zweigwerk Ü. fortgeführt. Der Beklagte müsse seine Bemühungen um einen Investor offenlegen.

6

Der Kläger hat beantragt,

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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 22. Februar 2013 nicht aufgelöst wird, sondern ungekündigt fortbesteht.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat erwidert, das dringende betriebliche Erfordernis für die Kündigung liege in der im Februar 2013 beschlossenen vollständigen und endgültigen Betriebseinstellung zum Ablauf der Kündigungsfristen Ende Mai 2013. Die Gläubigerversammlung habe zunächst beschlossen, dass der Geschäftsbetrieb fortgeführt werden solle. Nachdem sich die Liquiditätssituation aber weiter verschlechtert habe, habe der Gläubigerausschuss ihm am 16. Januar 2013 aufgegeben, noch bis längstens zum 28. Februar 2013 zu versuchen, das Unternehmen an einen Investor zu veräußern. Für den Fall, dass die Übertragung an einen Investor bis Ende Februar 2013 nicht möglich sei, habe der Gläubigerausschuss die Einstellung des Betriebes beschlossen. Zugleich sei er beauftragt worden, unverzüglich die Betriebseinstellung vorzubereiten und dabei zu prüfen, ob über den 28. Februar 2013 hinaus bis zum Ablauf der Kündigungsfristen eine Ausproduktion möglich sei. Nachdem in der zweiten Februarhälfte kein Investor ein Angebot für den Erwerb des Unternehmens abgegeben habe und auch kein Investor in Sicht gewesen sei, habe er zur Umsetzung der Beschlüsse begonnen, die endgültige Einstellung des schuldnerischen Geschäftsbetriebes voranzutreiben. Auch in der Folgezeit habe sich kein Investor gefunden. Spätestens Ende Mai 2013 seien die mit einem Teil des Personals durchgeführten Restabwicklungs- und Aufräumarbeiten abgeschlossen. Betriebsbedingte Gründe für die Kündigung würden gemäß § 125 Abs. 1 InsO vermutet. Unabhängig davon rechtfertige die vollständige und endgültige Betriebseinstellung die Kündigung. Im Hinblick darauf, dass er am 22. Februar 2013 allen Arbeitnehmern - mit Ausnahme derjenigen, für deren Kündigung eine behördliche Zustimmung erforderlich sei - gekündigt habe, sei eine Sozialauswahl entbehrlich gewesen.

11

Mit Urteil vom 01. August 2013 hat das Arbeitsgericht Trier die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

12

Gegen das ihm am 12. September 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 12. November 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

13

Er trägt vor, der Beklagte sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seiner Darlegungspflicht nicht nachgekommen. Zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs habe sich der Beklagte noch in Verhandlungen befunden. Zwischenzeitlich habe ein Betriebsübergang auf die E. S. GmbH stattgefunden.

14

Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgericht Trier vom 01. August 2013 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 22. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

16

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

18

Er erwidert, entgegen der Behauptung des Klägers habe kein Betriebsübergang i.S.d. § 613 a BGB auf eine E. S. GmbH stattgefunden. Vielmehr sei der Geschäftsbetrieb aufgrund der Ende Mai 2013 erfolgten vollständigen Betriebsschließung irreversibel eingestellt. Seither werde kein einziger Arbeitnehmer mehr beschäftigt und es finde keine Produktion mehr statt. Er habe keinerlei Betriebsmittel, Aufträge o.ä. auf eine E. S. GmbH übertragen. Es möge sein, dass die offenbar gerade erst gegründete E. S. GmbH einzelne Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin eingestellt habe. Mit diesen Vorgängen habe er jedoch nichts zu tun. Zudem falle auf, dass die Leistungspalette der E. S. GmbH mit der vormaligen Produktion der Insolvenzschuldnerin, die Kabelbäume hergestellt habe, nicht identisch, sondern vielmehr deutlich umfangreicher sei und offenbar die Produktpalette der gesamten vormaligen E.-Gruppe umschließe. Nach der zwischenzeitlichen Insolvenzanmeldung der vormaligen Konzernmutter, der E. H. S. GmbH & Co. KG, könne es durchaus sein, dass der vormalige Gesellschafter aktuell den Versuch unternehme, mit der neu gegründeten E. S. GmbH die alten Geschäftsfelder der E.-Gruppe neu aufzustellen. Genauere Erkenntnisse hierüber würden ihm jedoch nicht vorliegen. Die von der Schuldnerin vor der Betriebsstilllegung genutzte Betriebsausstattung, die wie die Grundstücke ganz überwiegend im Eigentum der Holding (H. S. GmbH & Co. KG) gestanden habe, sei dort noch heute überwiegend ungenutzt vorhanden, so dass auf einfachste Weise festgestellt werden könne, dass der Betrieb der Insolvenzschuldnerin tatsächlich eingestellt sei und auch keine Fortsetzung durch einen Betriebsübernehmer stattfinde. Seine im Kündigungszeitpunkt gestellte Prognose sei durch den tatsächlichen Ablauf bestätigt worden. Im Hinblick darauf, dass bis Ende Februar 2013 kein konkretes Angebot eines Investors zum Erwerb des schuldnerischen Unternehmens oder von Betriebsteilen vorgelegen habe, sei gemäß der Vorgabe des Gläubigerausschusses die Stilllegungsentscheidung getroffen und konsequent mit dem abgeschlossenen Interessenausgleich, den beantragten behördlichen Zustimmungen für die Kündigungen von Arbeitnehmern mit Sonderkündigungsschutz und den Kündigungen aller Arbeitsverhältnisse vollzogen worden. Unter dem 05. April 2013 seien alle früheren und aktuellen Kunden mit einem gleichlautenden Serienschreiben über die Einstellung des Geschäftsbetriebes informiert worden. Zudem seien Produktionsanfragen von Kunden, soweit sie nicht die Ausproduktion betroffen hätten, unter Hinweis auf die Einstellung des operativen Geschäfts abgelehnt worden. Zudem seien unter dem 08. Mai 2013 rein vorsorglich Kündigungen hinsichtlich der Nutzungsverhältnisse über die beiden Betriebsstätten erklärt worden. Die Kündigungen seien deshalb nur vorsorglich erfolgt, weil zwischen der Schuldnerin und der Grundstückseigentümerin, der H. S. GmbH & Co. KG, ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestanden habe, auf dessen Grundlage die Grundstückseigentümerin ohnehin verpflichtet gewesen sei, für die Verbindlichkeiten der Schuldnerin einzustehen. Mit keinem einzigen Interessenten habe es konkrete Vertragsverhandlungen zu einer Unternehmensveräußerung gegeben. Es sei üblich, dass Interessenten zunächst allgemein ihr Interesse bekundeten und von dem Insolvenzverwalter wissen wollten, welche Vermögensgegenstände überhaupt von dem Massebeschlag erfasst seien und welche Fremdrechte von Gläubigern daran bestünden sowie welche wirtschaftlichen Kennzahlen vorlägen. Dem Interessenten werde sodann eine Geheimhaltungsvereinbarung übermittelt, nach deren Unterzeichnung der Interessent Zugang zum schuldnerischen Unternehmen erhalte und in dessen Geschäftsunterlagen sowie in die Planungsunterlagen des Insolvenzverwalters einsehen könne. Sodann führe der Interessent eigenständig eine sog. due-diligence-Prüfung durch. Auf diese Weise sei vorliegend auch mit allen Interessenten verfahren worden. Wenn die due-diligence des Interessenten positiv sei, unterbreite der Interessent dem Insolvenzverwalter schließlich ein konkretes Kaufangebot bzw. leite konkrete Vertragsverhandlungen ein. Vorliegend hätten sämtliche Interessenten bei bzw. nach Durchführung ihrer due-diligence-Prüfung Abstand von einem Unternehmenserwerb genommen. Auch sei zu keinem Zeitpunkt von einem Interessenten ein konkretes Kaufangebot zum Unternehmenserwerb unterbreitet oder um konkrete Vertragsverhandlungen über den Erwerb des schuldnerischen Unternehmens gebeten worden. Er habe deshalb keine Verhandlungen mit einem Investor über eine Veräußerung des schuldnerischen Unternehmens geführt. Vielmehr habe es jeweils nur allgemeine Interessenbekundungen gegeben, die sich nach Durchführung der due diligence erledigt hätten. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung habe es nur einen einzigen Interessenten, nämlich die H. GmbH & Co. KG, gegeben, der ernsthaftes Interesse am schuldnerischen Unternehmen gezeigt habe. Wegen der vom Beklagten dargestellten Gespräche mit der H. GmbH & Co. KG bzw. deren anwaltlichen Vertreter wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 11. April 2014 nebst der als Anlagen vorgelegten schriftlichen Korrespondenz verwiesen. Die H. GmbH & Co. KG habe letztlich weder ein konkretes Kaufangebot unterbreitet, noch seien mit ihr konkrete Vertragsverhandlungen über eine Veräußerung des schuldnerischen Unternehmens geführt worden. Die Stilllegung hätte nur dann ausgesetzt werden können, wenn ein konkretes Kaufangebot für das schuldnerische Unternehmen vorgelegen hätte sowie die Bonität der H. GmbH & Co. KG geklärt und die Finanzierung der Lohnkosten für einen weiteren Monat durch die H. sichergestellt gewesen wäre. Zudem hätte die Gläubigerversammlung die Aussetzung der geplanten Stilllegung beschließen müssen. Keine dieser Voraussetzungen habe je vorgelegen. Darüber hinaus habe es andere Interessenten gegeben, denen nach Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung Geschäfts- und Planungsunterlagen zum schuldnerischen Unternehmen übermittelt worden seien. Dabei sei es dann allerdings verblieben, weil keine weitere Reaktion dieser Interessenten erfolgt sei. Wegen der vom Beklagten dargestellten Korrespondenz mit den weiteren Interessenten wird auf seinen Schriftsatz vom 11. April 2014 verwiesen. Die in der vorgelegten Übersicht ausgewiesenen Kundenaufträge seien überwiegend während der laufenden Kündigungsfrist abgearbeitet worden. Der längerfristige Produktionsauftrag der A. K. GmbH & Co. KG sei einfach abgebrochen worden, indem der Auftraggeberin mit Schreiben vom 05. April 2013 die Einstellung des Geschäftsbetriebes mitgeteilt worden sei und von ihr hierauf keine Reaktion mehr erfolgt sei. In der Zeit ab dem 28. Februar 2014 seien im schuldnerischen Unternehmen für die Ausproduktion unverändert die bisherigen Betriebsmittel weiter verwendet worden. Mit Einstellung des operativen Geschäfts und Beendigung der Ausproduktion im Mai 2013 sowie vorsorglich erklärter Kündigung der Miet-/Nutzungsverhältnisse sei hinsichtlich dieser Sachanlagevermögensgegenstände in die Einzelverwertung eingetreten worden. Die vormals im schuldnerischen Produktionsbetrieb genutzten Betriebsmittel würden ganz überwiegend im Eigentum Dritter stehen und könnten von ihm nicht verkauft werden. Die Betriebsmittel seien überwiegend noch heute an den vormaligen Produktionsstandorten vorhanden und würden dort nicht genutzt. Ungenutzt vorhanden seien derzeit auch noch die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (= Materialvorrat), wofür ein schnellstmöglicher Abverkauf durch ein externes Verwertungsunternehmen beauftragt sei. Als Insolvenzverwalter sei er selbstverständlich gehalten, die Möglichkeit einer Unternehmensveräußerung zu wahren. Selbst heute würde er potentiellen Interessenten auch weiterhin eine due-diligence ermöglichen und ggf. auch noch Veräußerungsverhandlungen führen. Diese latente Bereitschaft stehe jedoch einer Betriebsstilllegung nicht entgegen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die gem. § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

21

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die zulässige Kündigungsschutzklage ist begründet.

22

Das Kündigungsschutzgesetz ist gem. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG anwendbar. Die 3-Wochen-Frist gem. § 4 S. 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial gerechtfertigt und damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG). Unter Zugrundelegung des eigenen Vortrags des Beklagten lag bei Ausspruch der Kündigung kein dringendes betriebliches Erfordernis vor. Der Vortrag des gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten lässt nicht den Schluss darauf zu, dass er im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung endgültig zur Stilllegung des Betriebes entschlossen war und die im Zusammenhang mit der behaupteten Stilllegungsabsicht geplanten Maßnahmen bereits greifbare Formen angenommen hatten.

23

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37, NZA-RR 2012, 465) gehört die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können. Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist dabei nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig stillzulegen. Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht. An einem endgültigen Beschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes steht. Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance bietet, und gelingt dann später noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37, NZA-RR 2012, 465).

24

Weiterhin ist bei einer Betriebsstilllegung erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits "greifbare Formen" angenommen haben. Davon ist auszugehen, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes, d.h. die Stilllegung, vorliegen wird. Dabei muss die der entsprechenden Prognose zugrunde liegende Entscheidung bereits zum Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein und die Schließung des Betriebes aus Sicht der Arbeitsvertragsparteien zum Kündigungszeitpunkt bereits feststehen und greifbare Formen angenommen haben. Ist dies nicht der Fall, kann eine zum Wegfall des Arbeitsplatzes und zur fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit führende Prognose vor dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht erfolgreich gestellt werden. Vielmehr entfällt die Grundlage für die Kündigung. Es bedarf dann einer zweiten - endgültigen - unternehmerischen Organisationsentscheidung. Deswegen ist eine Kündigung wegen Betriebsschließung nicht sozial gerechtfertigt, solange der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss lediglich erwogen, aber noch nicht endgültig gefasst hat. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt noch in ernsthaften Verhandlungen über die Veräußerung des Betriebes steht oder sich um neue Aufträge bemüht. Dann liegt keine unbedingte und endgültige Stilllegungsabsicht vor (BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 79/06 - Rn. 24, juris). Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen (§ 1 Abs. 2 S. 4 KSchG). Beruft sich der Arbeitgeber auf den betriebsbedingten Kündigungsgrund der Stilllegung, so ist, wenn das Vorliegen eines Stilllegungsentschlusses im Kündigungszeitpunkt bestritten wird, der Arbeitgeber verpflichtet, substantiiert darzulegen, dass und zu welchem Zeitpunkt er diejenigen organisatorischen Maßnahmen, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstellen, geplant und beschlossen hat. Über diese Entschlussfassung hinaus muss der Arbeitgeber substantiiert vortragen, dass auch die geplanten Maßnahmen selbst im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen hatten (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 41, NZA-RR 2012, 465).

25

2. Nach diesen Grundsätzen kann im Streitfall auf der Grundlage des eigenen Vortrags des Beklagten nicht angenommen werden, dass er im Zeitpunkt des Kündigungszugangs bereits endgültig zur Stilllegung des Betriebes entschlossen war und die hierzu geplanten Maßnahmen greifbare Formen angenommen hatten.

26

a) Zunächst spricht allein die Entlassung von Arbeitnehmern nicht für eine ernsthafte Stilllegungsabsicht, weil es gerade um die Frage geht, ob diese Kündigungen sozial gerechtfertigt sind. Auch die Freistellung von einzelnen Arbeitnehmern ist kein ausschlaggebendes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss. So wie die Beschäftigung der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht, so darf auch nicht allein aus deren Freistellung auf das Vorliegen eines endgültigen Stilllegungsentschlusses des Arbeitgebers geschlossen werden. Auch die finanzielle Situation bei der Insolvenzschuldnerin ist kein Indiz für die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsbeschlusses. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet noch keine Betriebsstilllegung, weil der Insolvenzverwalter den Betrieb weiterführen kann. Demnach ist auch die zur Insolvenz führende Überschuldung grundsätzlich kein Indiz für eine Stilllegungsabsicht. Auch der Umstand, dass sich der Wunsch zur Veräußerung eines Betriebes nicht im ersten Anlauf verwirklichen lässt, lässt nicht den Schluss darauf zu, dass der Arbeitgeber nach dem ersten gescheiterten Versuch das Gegenteil - nämlich die endgültige Betriebsstilllegung - beabsichtigt (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rnr. 47 - 49, NZA-RR 2012, 465).

27

Der vom Beklagten angeführte Interessenausgleich ist mangels existenten Betriebsrates nicht wirksam zustande gekommen und vermag deshalb weder eine Rechts- noch eine Indizwirkung zu entfalten. Zwar spricht im Streitfall für eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht der Beschluss des Gläubigerausschusses vom 16. Januar 2013 und die am 21. Februar 2013 erfolgte Massenentlassungsanzeige. Im Übrigen ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, dass bereits im Kündigungszeitpunkt bestimmte Maßnahmen des Beklagten zur Realisierung der behaupteten Stilllegungsabsicht greifbare Formen angenommen haben könnten. Die angeführte "Ausproduktion" ändert nichts daran, dass für die genannten Kunden im Zeitpunkt der Kündigung noch weiterhin produziert wurde, wenn auch mit geringerer Auslastung.

28

Allerdings liegt in der Regel ein starkes Indiz für einen ernstlichen und endgültigen Stilllegungsplan vor, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss gegenüber Lieferanten, Kunden, Banken usw. bekannt gibt, weil ein Arbeitgeber, der die Betriebsfortführung oder -veräußerung ernsthaft ins Auge fasst, Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden, Banken etc. in der Regel nicht durch die Bekanntgabe einer Stilllegungsentscheidung gefährden will. Erst recht wird der Arbeitgeber langfristige Geschäftsbeziehungen nicht kündigen, wenn eine Betriebsveräußerung bzw. -fortführung beabsichtigt ist. Deshalb begründen organisatorische Vorkehrungen wie der Ausspruch von Kündigungen solcher Geschäftsbeziehungen ein starkes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsbeschluss (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 51, NZA-RR 2012, 465). Die Beklagte hat aber nach seinem eigenen Sachvortrag eine solche Bekanntgabe einer Stilllegungsentscheidung bzw. entsprechende organisatorische Vorkehrungen erst nach Ausspruch der Kündigungen, und zwar erst nach dem endgültigen Scheitern der Verhandlungen mit der Firma H. GmbH & Co. KG getroffen. Noch unmittelbar vor Ausspruch der Kündigungen hat der Beklagte am 19. Februar 2013 die vorgelegte Geheimhaltungsvereinbarung mit der Firma H. GmbH & Co. KG abgeschlossen, die nach seinem eigenen Vortrag zu diesem Zeitpunkt ein ernsthaftes Interesse am schuldnerischen Unternehmen geäußert hatte. In der vorgelegten Geheimhaltungsvereinbarung heißt es einleitend: "Der Interessent beabsichtigt die Prüfung der Option das schuldnerische Unternehmen im Ganzen oder Teilen hiervon zu erwerben bzw. den Geschäftsbetrieb am Standort fortzuführen." Sodann sind in der Geheimhaltungsvereinbarung verschiedene Verpflichtungen des Interessenten - u.a. auch bei "Scheitern der Verhandlungen" - festgelegt. Ungeachtet der mit Abschluss der Geheimhaltungsvereinbarung vom 19. Februar 2013 aufgenommenen Verhandlungen mit der Firma H. GmbH & Co. KG hat der Beklagte bereits am 22. Februar 2013 Kündigungen ausgesprochen und parallel die dargestellten Gespräche bzw. die vorgelegte Korrespondenz mit diesem Interessenten weitergeführt. Per E-Mail vom 20. März 2013 hat der Beklagte unter Fristsetzung zum 21. März 2013, 12:00 Uhr, die H. GmbH & Co. KG nochmals um schriftliche Mitteilung gebeten, ob weiterhin Interesse an der Schuldnerin als Ganzes bestehe bzw. ob von dem bisherigen Interesse Abstand genommen werde. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass eine Mitteilung erforderlich sei, da bei Wegfall des Interesses die weiteren Belange der Schuldnerin unter Berücksichtigung der Gläubiger- bzw. Kundeninteressen zu koordinieren seien. Am 21. März 2013 ist dann nach seinem Vortrag eine telefonische Mitteilung erfolgt, dass die Firma H. GmbH & Co. KG Abstand von ihrem Interesse an einer Übernahme der Schuldnerin und einer Fortführung des Geschäftsbetriebes nehme. Nach seinem eigenen Vortrag hat der Beklagte erst danach unter dem 05. April 2013 alle Kunden über die Einstellung des Geschäftsbetriebes informiert, unter dem 08. Mai 2013 Kündigungen hinsichtlich der Nutzungsverhältnisse über die beiden Betriebsstätten erklärt, zum 10. Mai 2013 die Produktion eingestellt und mit der Verwertung der im Eigentum der Schuldnerin stehenden Sachanlagevermögensgegenstände begonnen sowie den Abverkauf der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe beauftragt.

29

b) Nach dieser Vorgehensweise des Beklagten stellt sich die Kündigung unter Zugrundelegung seines eigenen Vortrags als eine unwirksame "Vorratskündigung" dar (vgl. zum Begriff der sog. Vorratskündigung BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 79/06 - Rn. 25, juris).

30

aa) Der Beklagte hat auf der Grundlage der abgeschlossenen Geheimhaltungsvereinbarung Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes mit der Firma H. GmbH & Co. KG aufgenommen und diese ungeachtet der am 22. Februar 2013 ausgesprochenen Kündigungen fortgeführt, ohne dass bestimmte Maßnahmen zur Betriebseinstellung bereits greifbare Formen angenommen hatten oder eine irgendwie geartete Zäsur hinsichtlich der vom Beklagten selbst dargestellten Verhandlungen erkennbar gewesen wäre. Ende März 2013 hat er dann auf eine Entscheidung des möglichen Investors gedrängt, damit er im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen ggf. die entsprechenden Maßnahmen zur Stilllegung des Betriebes einleiten kann. Erst nach der daraufhin erfolgten Absage der Firma H. GmbH & Co. KG hat er ab Anfang April 2013 die von ihm dargestellten Maßnahmen zur Betriebseinstellung eingeleitet, während er zuvor noch keine Ausführungsschritte unternommen hatte. In Anbetracht der zunächst unverändert weitergeführten Verhandlungen und der erst nach deren Scheitern ab April 2013 eingeleiteten Maßnahmen zur endgültigen Stilllegung des Betriebes lässt der Verweis des Beklagten auf die im Mai 2013 erfolgte Einstellung der Produktion nicht den Rückschluss darauf zu, dass bereits im Kündigungszeitpunkt eine entsprechende Prognose gerechtfertigt war, insbesondere die ihr zugrundeliegende Entscheidung endgültig getroffen worden war und die Schließung des Betriebes bereits feststand sowie greifbare Formen angenommen hatte. Eine vorsorgliche Kündigung, die - wie hier - für den Fall des Scheiterns der zunächst fortgeführten Veräußerungsverhandlungen ausgesprochen wird, ist als sog. "Vorratskündigung" mangels unbedingter und endgültiger Stilllegungsabsicht unwirksam.

31

bb) Entgegen der Ansicht des Beklagten setzen ernsthafte Verhandlungen über die Veräußerung des Betriebes nicht notwendigerweise ein konkretes Kaufangebot voraus. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Beklagte auf der Grundlage der abgeschlossenen Geheimhaltungsvereinbarung Verhandlungen mit der Firma H. GmbH & Co. KG mit dem Ziel einer Veräußerung des Betriebes geführt hat. Im Hinblick darauf, dass die Firma H. GmbH & Co. KG mit der abgeschlossenen Vereinbarung verschiedene Verpflichtungen eingegangen ist und nach dem eigenen Vortrag des Beklagten ein ernsthaftes Interesse am schuldnerischen Unternehmen gezeigt hat, sind ernsthafte Verhandlungen mit dem Ziel einer Betriebsveräußerung geführt worden, auch wenn noch eine sog. due-diligence-Prüfung des Interessenten durchzuführen war. Dementsprechend hat der Beklagte noch per E-Mail vom 20. März 2013 um eine Mitteilung gebeten, ob weiterhin Interesse an der Schuldnerin als Ganzes bestehe oder von dem bisherigen Interesse Abstand genommen werde, damit er im Falle einer Absage die ggf. erforderlichen Maßnahmen zur endgültigen Betriebsstilllegung zum 31. Mai 2013 rechtzeitig einleiten kann. Hierzu bedurfte es dann einer zweiten - endgültigen - unternehmerischen Entscheidung, die vom Beklagten erst nach Ausspruch der Kündigung getroffen worden ist.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

33

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

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4.
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5.
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6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. September 2010 - 9 Sa 343/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung durch den beklagten Insolvenzverwalter.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 1981 bei der R GmbH, der Insolvenzschuldnerin, zunächst in G und Gr und ab dem 1. Mai 2007 in P anfänglich als Werksleiter und ab 1. Januar 2009 als Leiter des Fachbereichs Logistik und stellvertretender Werksleiter zu einer Bruttomonatsvergütung von 7.250,00 Euro beschäftigt.

3

Die Insolvenzschuldnerin stellte komplexe, bis zu 24-lagige Leiterplatten her. Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin waren die B Ltd., die Bl SARL (Luxembourg) sowie die C plc. Das Betriebsgrundstück in P stand im Eigentum der Insolvenzschuldnerin, während ein Großteil der Maschinen und sonstigen Einrichtungen geleast waren. Leasinggeber war die K GmbH bzw. die später mit dieser verschmolzene E mbH (E GmbH). Geschäftsführer und Mitgesellschafter der E GmbH ist Z.

4

Die Insolvenzschuldnerin beantragte unter dem 3. Februar 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beklagte wurde daraufhin zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Zum Zwecke der Veräußerung der Betriebe der Insolvenzschuldnerin leitete der Beklagte Ende Februar 2009 ein internationales Bieterverfahren in die Wege, mit dem ein Bankhaus beauftragt wurde. Dazu wurden ua. Broschüren an potentielle Interessenten versandt. Diese waren aufgefordert, bis zum 15. April 2009 ein Angebot abzugeben. Nachdem nur zwei Angebote abgegeben worden waren, die jedoch als inakzeptabel erachtet wurden, beschlossen die Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin unter Mitwirkung des Beklagten am 14. April 2009 die Schließung der Betriebe mit Ablauf des 30. April 2009.

5

Auf einer Versammlung am 16. April 2009 wurden die Mitarbeiter beider Betriebe über die geplanten Betriebsschließungen unterrichtet.

6

Mit Schreiben vom 21. April 2009 stellte der Beklagte den Kläger mit Ablauf des 30. April 2009 von der „weiteren Mitarbeit“ frei. Der Beklagte zeigte unter dem 26. April 2010 gegenüber dem Amtsgericht Kl die Masseunzulänglichkeit an.

7

Mit Beschluss des Amtsgerichts Kl vom 1. Mai 2009 wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der R GmbH bestellt. Am 6. Mai 2009 fand eine Sitzung des Gläubigerausschusses statt. Im Sitzungsprotokoll ist ua. festgehalten:

        

„Der Insolvenzverwalter unterrichtet den Gläubigerausschuss darüber, dass aufgrund der rapide weggebrochenen Auftragseingänge und des desaströsen Ergebnisses der Investorensuche der Beschluss zur Einstellung des Betriebsbetriebes gefasst wurde. In Umsetzung dieses Beschlusses sind über 50 % der Mitarbeiter bereits freigestellt worden. Nach Abschluss des entsprechenden Interessenausgleiches und Sozialplanes wird der Unterzeichner sämtlichen Mitarbeitern kündigen und das Unternehmen im Rahmen einer Ausproduktion bis August 2009 fortführen. Auf Grundlage der vorgestellten Liquiditätsplanung ist die Fortführung für diesen Zeitraum sichergestellt.“

8

Unter dem 8./13. Mai 2009 vereinbarten der Beklagte und die Betriebsräte G und P sowie der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich. Dieser lautet auszugsweise:

        

III. 

        

Es besteht keine Möglichkeit den Geschäftsbetrieb über den 30.04.2009 weiterzuführen. Eine übertragende Sanierung kommt in Ermangelung von Interessenten nicht in Betracht.

        

Vor diesem Hintergrund wurde am 15.04.2009 die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin am 30.04.2009 endgültig und auf Dauer einzustellen. Von dieser Entscheidung wurden die Betriebsräte am folgenden Tag in Kenntnis gesetzt.

        

Betriebseinstellung heißt, dass nur solche bestehenden Aufträge abgearbeitet werden, die spätestens mit dem Ablauf der letzten Kündigungsfrist und mit dem sich bis dahin aufgrund unterschiedlich langer Kündigungsfristen ständig reduzierenden Personal noch abgearbeitet werden können. Zur Erhaltung/Mehrung der Insolvenzmasse und Auslastung des Betriebs in der Zeit bis zum Auslauf der Kündigungsfristen der Mitarbeiter vereinbaren beide Parteien, dass nach dieser Maßgabe Neuaufträge angenommen und abgearbeitet werden können, soweit sie noch innerhalb der laufenden Kündigungsfristen der Mitarbeiter abgeschlossen werden können.

        

…       

        

Die Einstellung des Betriebs ist Geschäftsgrundlage des Interessenausgleichs und des Sozialplans. Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bei einer eventuellen Fortführung des Unternehmens neu zu verhandeln ist.

                 
        

IV.     

        

…       

        

Die von Kündigungen und Entlassungen betroffenen Mitarbeiter ergeben sich aus der als Anlage dieser Vereinbarung beigefügten Liste. Diese Liste ist keine Namensliste im Sinne der §§ 1 Abs. 5 KSchG i.V.m. § 125 InsO, die mit der vorliegenden Vereinbarung bei Unterzeichnung fest verbunden ist. Diese feste Verbindung bestätigen sich die Parteien mit Unterschrift gegenseitig. Die Liste dient ausschließlich dem Nachweis der ordnungsgemäßen Anhörung nach § 102 BetrVG.“

9

Gleichzeitig wurden Sozialpläne für beide Betriebe vereinbart.

10

Am 14. Mai 2009 erstattete der Beklagte der für die Betriebe in G und P zuständigen Agentur für Arbeit W Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG. Mit Bescheid vom 28. Mai 2009 bestätigte die Agentur für Arbeit W den Eingang der Anzeige und setzte den Ablauf der Sperrfrist auf den 14. Juni 2009 fest.

11

Mit Schreiben vom 15. Mai 2009, dem Kläger am 16. Mai 2009 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. August 2009 „aus betriebsbedingten Gründen“. Sofern nicht noch behördliche Zulässigkeitserklärungen notwendig waren, wurde auch allen übrigen Mitarbeitern gekündigt.

12

Während etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer bereits freigestellt war, erfolgte mit den übrigen - jedenfalls für Aufträge, die bis Ende August 2009 erledigt werden konnten - die weitere Produktion. Für den Betrieb in G beschloss der Beklagte später, die Ausproduktion bis zum 18. Dezember 2009 zu verlängern. Er beschäftigte dort solche Arbeitnehmer weiter, die im Rahmen von Abwicklungsvereinbarungen die Kündigung mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist akzeptierten.

13

Am 14. August 2009 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts S die Umfirmierung der KLGmbH in LP P GmbH (im Folgenden: LPP) eingetragen. Der Geschäftsgegenstand wurde in: „Die Produktion und der Vertrieb von elektrischen, elektronischen, elektromechanischen, optoelektronischen und technischen Bauelementen und Geräten und die Ausführung aller Geschäfte, die damit im Zusammenhang stehen“ geändert. Geschäftsführer der LPP wurde zunächst Z. Muttergesellschaft der LPP ist die E GmbH.

14

Im Zeitraum Februar bis Mai 2009 besuchte Z mehrfach den Betrieb in P und erfragte hierbei Auftragsstände, Umsätze und Kosten. Auch führte er mit dem Beklagten Gespräche. Im August 2009 wurde den Arbeitnehmern in P seitens Herrn Z angeboten, für den Zeitraum ab dem 1. September 2009 neue Arbeitsverträge abzuschließen.

15

Seit dem 1. September 2009 führt die LPP den Betrieb zur Herstellung von Leiterplatten in P. Sie hatte das Betriebsgrundstück und die im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel erworben. Von den Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin beschäftigte die LPP jedenfalls etwas weniger als die Hälfte weiter. Den Betrieb in G führt die R I GmbH fort.

16

In einer Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 heißt es unter der Überschrift „R geht nach dramatischen Wochen gestärkt aus der Insolvenz hervor“ ua.:

        

„Durch seine hervorragende Reputation gelang es R selbst in der Insolvenz in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners. Ende Juli konnte für das Werk P mit dem früheren R-Eigentümer Z eine Zukunftslösung gefunden werden.“

17

Für das Betriebsgrundstück in P wurde am 15. Oktober 2009 die Eintragung einer „Erwerbsvormerkung“ zugunsten der LP P GmbH in das Grundbuch mit „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/01.09.2009“ vorgenommen.

18

Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 bestätigte die Firma A GmbH die für den Beklagten vorgenommene Verwertung zweier Gabelstapler, dreier Filterpressen, dreier Kolbenmembranpumpen, eines Systronic Ofens und eines Multilayer-Pressezentrums im Gesamtwert von 31.500,00 Euro.

19

Der Kläger behauptet, es habe zum Zeitpunkt des Ausspruches der streitgegenständlichen Kündigung keinen endgültigen Betriebsstilllegungsbeschluss gegeben. Als ihm die Kündigung zugegangen sei, habe der Beklagte in Verhandlungen einerseits mit Z, dem Geschäftsführer der LPP, und andererseits mit den Geschäftsführern der Firmengruppe Pr, Ro und E Pr, gestanden. Der Beklagte habe nur vorsorglich für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen gekündigt. Dies ergebe sich schon daraus, dass Z von Februar bis Mai 2009 mehrmals den Betrieb P besucht habe. Persönlich habe dieser dem Kläger sinngemäß gesagt, dass er zwar keine große Lust für eine Übernahme habe, aber eine Stilllegungsentscheidung verhindern wolle. Dessen Besuche im Betrieb in P seien ohne Einverständnis des Beklagten kaum vorstellbar. Die Motivation des Z ergebe sich ohne Weiteres aus den abgeschlossenen Leasingverträgen, die niemals gekündigt worden seien. Auch aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich, dass er mit Z verhandelt habe. Dabei habe der Beklagte nicht angegeben, wann dies geschehen sei. Bereits am 21. Juli 2009 sei eine Auflassungsvormerkung für die LPP im Grundbuch eingetragen worden, wobei der Notar auf Nachfrage angegeben habe, dass der Kaufvertrag etliche Zeit vor dem 21. Juli 2009 geschlossen worden sei. Seit dem 1. September 2009 produziere die LPP mit den verbliebenen Mitarbeitern unverändert mit denselben Betriebsmitteln in P. Dass der Beklagte nicht von einer Stilllegung ausgegangen sei, ergebe sich auch daraus, dass alle für die Produktion notwendigen Rohstoffe und Betriebsmittel auch nach dem 1. September 2009 in ausreichender Menge vorhanden gewesen seien, was nur durch entsprechende Vorkehrungen des Beklagten erklärt werden könne. Auch Aufträge seien ab dem 1. September 2009 ausreichend vorhanden gewesen.

20

Im Übrigen hält der Kläger die Kündigung auch nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB für unwirksam.

21

Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem Beklagten nicht durch die Kündigung vom 15. Mai 2009 - dem Kläger zugegangen am 16. Mai 2009 - zum 31. August 2009 aufgelöst wird.

22

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

23

Er behauptet, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches seien keine Verhandlungen über eine Weiterführung des Betriebes in P geführt worden. Vielmehr sei er von der Betriebsstilllegung und Ausproduktion - mit etwas weniger als 50 % der Arbeitnehmer - bis 31. August 2009 ausgegangen, da die Suche nach Investoren erfolglos verlaufen sei. Die Stilllegung sei beschlossen worden, weil die Insolvenzschuldnerin im Jahre 2008 bei einem Umsatz von über 104 Mio. Euro einen Verlust von mehr als 7 Mio. Euro ausgewiesen habe, der im Wesentlichen durch das Werk in P verursacht worden sei. Eine kostendeckende Produktion sei für die Zukunft nicht abzusehen gewesen. Die Stilllegungsentscheidung habe auch greifbare Formen angenommen gehabt. So sei ein Interessenausgleich abgeschlossen und die Massenentlassungsanzeige erstattet worden. Auch sei allen Arbeitnehmern gekündigt und dies auf Betriebsversammlungen ausreichend kommuniziert worden. Neue Aufträge bzw. Abrufe seien nur dann angenommen worden, wenn diese bis zum 31. August 2009 hätten erledigt werden können. In der Branche der Insolvenzschuldnerin sei es typisch, dass Kunden im Wege eines „letter of intent“ Größenordnungen für jährliche Abrufe ankündigen, verbindliche Abrufe aber erst etwa einen Monat bis eine Woche vor dem Produktionsmonat erfolgen. Die Insolvenzschuldnerin bzw. der Beklagte hätten daher keine Aufträge abzulehnen oder zu kündigen brauchen. Den Kunden sei mitgeteilt worden, dass nur bis zum 31. August 2009 produziert werde. Für die Zeit nach dem 31. August 2009 seien keine Produktionszusagen gegeben worden. Auch habe der Beklagte die Firma A beauftragt, für vorhandene Betriebsmittel, soweit diese nicht mit Sicherungsmitteln belastet oder für die Ausproduktion benötigt würden, Interessenten zu finden. Dass Maschinen veräußert worden seien, ergebe sich aus dem Schreiben der Firma A vom 26. Januar 2010. Wenn Z in P erschienen sei, so sei dies geschehen, um seine Sicherheiten zu prüfen. Jedenfalls habe dieser ihm keine Überlegungen zu einer Betriebsübernahme mitgeteilt. Bl habe sich erstmals im Juli 2009 mit der Frage eines Erwerbs der Betriebsstätte G befasst und im Wege eines „letter of intent“ grundsätzliches Interesse am Standort G mit den bisherigen Produktionsmitteln geäußert. Die von Bl gestellten Bedingungen seien aber zunächst nicht erfüllt worden, so dass das Geschäft „geplatzt“ sei. Da aber Kunden der Einstieg eines Investors schon signalisiert worden sei, habe man die Ausproduktion in G bis 18. Dezember 2009 verlängert. Weitere Verhandlungen mit Bl hätten dann dazu geführt, dass Bl am 14. September 2009 entschieden habe, die im Rahmen der Verhandlungen gestellten Bedingungen als erfüllt anzusehen. Die Muttergesellschaft der LPP, die E GmbH, habe erst im August 2009 angeboten, das Betriebsgrundstück in P und die Betriebseinrichtungen zu erwerben. Nach Zustimmung durch die Gläubigerversammlung am 27. August 2009 sei der Kaufvertrag am 1. September 2009 zustande gekommen. Entscheidend sei, dass eine nachträgliche Entwicklung ohnehin unbeachtlich sei, da es allein auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruches ankomme.

24

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Beklagtenvertreter auf die Frage, wie sich das Datum 21. Juli 2009 in der Grundbucheintragung zur Vormerkung erklären lasse, ausgeführt, dass es womöglich am 21. Juli 2009 bereits ein Angebot gegeben habe. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben habe.

25

Erstmals in der Revisionsbegründung trägt der Beklagte vor, dass ein Angebot der E GmbH bzw. der LPP erstmalig am 21. Juli 2009 in notariell beglaubigter Form erfolgt sei.

26

Mit Teilurteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung nicht aufgelöst wird. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

27

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die von ihm zum 31. August 2009 ausgesprochene Kündigung hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgelöst.

28

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die streitgegenständliche Kündigung sei nicht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehöre die Stilllegung des gesamten Betriebes. Von einer Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers sei auszugehen, wenn dieser seine Absicht unmissverständlich äußere, allen Arbeitnehmern kündige, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöse, die Betriebsmittel, über die er verfügen könne, veräußere und die Betriebstätigkeit vollständig einstelle. Die betreffenden betrieblichen Umstände müssten greifbare Formen angenommen haben. Keine Stilllegungsabsicht liege vor, wenn der Betrieb veräußert werden solle. Das Bundesarbeitsgericht habe in der alsbaldigen Wiedereröffnung des Betriebes eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht gesehen.

29

Unter Beachtung dieser Maßstäbe stehe zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernstlichen und endgültigen Entschluss gefasst gehabt habe, den Betrieb in P stillzulegen. Für einen solchen Entschluss spreche zwar der Gesellschafterbeschluss - obwohl in diesem von einer Stilllegung zum 30. April 2009 die Rede sei -, der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans sowie die Kündigung aller Mitarbeiter. Gegen eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht spreche jedoch die nahtlose Fortführung des Betriebes durch die LPP und dass es zu einer Stilllegung nicht gekommen sei. Deshalb hätte es des Vortrags weiterer Indizien durch den Beklagten bedurft, um darzulegen, dass er bereits zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ernsthaft und endgültig die Stilllegung beabsichtigt habe. Wenn eine prognostizierte Betriebsstilllegung nicht eingetreten sei, habe dies Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber habe dann konkret darzulegen, welche Maßnahmen er zunächst wann vorgenommen habe, um seine Entscheidung umzusetzen. Er habe im Einzelnen vorzutragen, wann welche nicht vorhergesehene Entwicklung stattgefunden habe. Es komme nicht darauf an, ob der Beklagte bereits bei Zugang der Kündigung ein Angebot der LPP angenommen gehabt habe, da auch ernsthafte Vertragsverhandlungen einen endgültigen und ernsthaften Stilllegungsbeschluss ausschließen würden.

30

Der Beklagte habe nicht vorgetragen, welche konkreten Maßnahmen ergriffen worden seien, um die Vertragsbeziehungen zu Dritten (Miet-, Leasingverträge oder Verträge mit Energieversorgern oder Rohstofflieferanten) zu regeln. Der bloße Vortrag, den Kunden sei das Auslaufen der Produktion mitgeteilt worden, sei zu pauschal, um nachvollziehbar zu machen, weshalb Kunden davon ausgehen mussten, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 stattfinden. Unklar bleibe, warum Kunden auch Bestellungen bzw. Abrufungen für die Zeit nach dem 31. August 2009 in Aussicht gestellt hätten, wenn ihnen doch erklärt worden sein solle, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 erfolgen. Auch zu Rohstofflieferanten fehle jeder Vortrag, was aber angesichts der Fortführung der Produktion am 1. September 2009 notwendig gewesen wäre. Nicht vorgetragen sei, wie es der Beklagte sichergestellt habe, einerseits genügend Rohstoffe für die Ausproduktion zu haben und andererseits unnötige Rohstoffmengen zu vermeiden. Insoweit hätte er vortragen müssen, ob und gegebenenfalls welche Vereinbarungen es mit der LPP gegeben habe. Der Vortrag zur Veräußerung von Betriebsmitteln durch die Firma A sei zu pauschal. Es sei schon nicht erkennbar, ob Betriebsmittel aus G oder P veräußert worden seien. Auch der Zeitpunkt der Beauftragung der Firma A sei unklar. Insbesondere fehle ein Vortrag, wann und aufgrund wessen Initiative es zu konkreten Verhandlungen mit der LPP gekommen sei. Zwar sprechen sowohl die Pressemitteilung als auch der Zeitpunkt der Grundbucheintragung für Gespräche zumindest im Juli 2009. Es wäre aber Sache des Beklagten gewesen, den Ablauf der Kontaktaufnahme sowie den Verhandlungsablauf darzustellen, damit ausgeschlossen werden könne, dass zum Zeitpunkt der Kündigung mögliche Vertragsverhandlungen mit der LPP vorbehalten waren. Schließlich genüge auch der Vortrag zur Freistellung von Mitarbeitern und zur Durchführung des Bieterverfahrens nicht, um von einer endgültigen Stilllegungsabsicht ausgehen zu können.

31

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

32

Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

33

I. Der Beklagte ist passivlegitimiert, und zwar unabhängig davon, ob nach Ausspruch der Kündigung und der fristgerechten Erhebung einer Kündigungsschutzklage ein Betriebsübergang stattgefunden hat oder nicht. Der Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, ist für die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der Kündigung auch nach einem Betriebsübergang passivlegitimiert (vgl. BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210).

34

II. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Sie ist damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG). Das Kündigungsschutzgesetz ist auch bei einer Kündigung des Insolvenzverwalters nach § 113 InsO zu beachten, wenn es - wie vorliegend - nach seinem persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet(vgl. BAG 26. Juli 2007 - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324).

35

1. Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) durch das Landesarbeitsgericht handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist(st. Rspr., vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51).

36

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil stand.

37

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können(st. Rspr., vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist aber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 14. August 2007 - 8 AZR 1043/06 - AP BGB § 613a Nr. 325 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 74). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes steht (vgl. BAG 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140). Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber sich im Zeitpunkt der Kündigung noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -). Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance bietet, und gelingt dann später noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51; 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - aaO).

38

Auch ist bei einer Betriebsstilllegung erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben. Diese liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes, dh. die Stilllegung, gegeben sein. Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125).

39

Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich nach diesen Grundsätzen demnach systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebes wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20).

40

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung ist der des Kündigungszugangs (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 185 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164). Dies schließt es nicht aus, dass - insbesondere, wenn dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element innewohnt - der tatsächliche Eintritt der prognostizierten Entwicklung Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität der Prognose zulässt (vgl. BAG 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - BAGE 109, 40 = AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 64 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128). Verläuft die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung planmäßig, ist es gerechtfertigt, von einem tragfähigen Konzept im Zeitpunkt der Kündigung auszugehen (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 280). Die im Kündigungszeitpunkt gestellte Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf entfallen, wird so bestätigt (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 136 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139). Umgekehrt spricht bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes bzw. bei alsbaldiger Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53).

41

Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG. Beruft sich der Arbeitgeber auf den betriebsbedingten Kündigungsgrund der Stilllegung, so ist, wenn das Vorliegen eines Stilllegungsentschlusses im Kündigungszeitpunkt bestritten wird, der Arbeitgeber verpflichtet, substanziiert darzulegen, dass und zu welchem Zeitpunkt er diejenigen organisatorischen Maßnahmen, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstellen, geplant und beschlossen hat. Über diese Entschlussfassung hinaus muss der Arbeitgeber substanziiert vortragen, dass auch die geplanten Maßnahmen selbst im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen hatten (BAG 23. März 1984 - 7 AZR 409/82 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 38). Der Umfang der Darlegungslast hängt dabei auch davon ab, wie sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung der Kündigung einlässt (vgl. BAG 17. Oktober 1980 - 7 AZR 675/78 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 15). Trägt der gekündigte Arbeitnehmer beispielsweise Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine Stilllegungsentscheidung nicht ernsthaft getroffen war, weil es Veräußerungsverhandlungen gegeben habe, und kommt es zu einer alsbaldigen Wiedereröffnung bzw. nahtlosen Fortsetzung durch einen Betriebserwerber, so trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Wiedereröffnung bzw. Veräußerung nicht bereits voraussehbar oder gar geplant war (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 279).

42

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Beklagte entgegen der ihn treffenden Darlegungslast keine ausreichenden Umstände für die Annahme vorgetragen hat, bei einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches davon auszugehen gewesen, eine Weiterbeschäftigung des Klägers werde mit Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr möglich sein.

43

Die gemäß § 286 Abs. 1 ZPO gewonnene Überzeugung des Tatsachengerichts, ob die vom Beklagten vorgetragenen und vom Kläger bestrittenen Tatsachen den Schluss auf einen endgültigen und ernsthaften Entschluss zur Betriebsstilllegung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung rechtfertigen, ist nur beschränkt revisibel(vgl. oben B II 1).

44

Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für einen ernsthaften und endgültigen Beschluss, den Betrieb in P stillzulegen, zunächst der Gesellschafterbeschluss vom 14. April 2009 spricht. Gleiches gilt auch für die Information des Gläubigerausschusses durch den Beklagten am 6. Mai 2009. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter berücksichtigt, dass der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans und die Massenentlassungsanzeige für eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht sprechen. Dies macht aber nicht entbehrlich, die weiteren Umstände zu würdigen, die - wie die alsbaldige Wiedereröffnung bzw. Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch einen Betriebserwerber - gegen einen ernsthaften, endgültigen Stilllegungsentschluss sprechen. Die Prüfung, ob nach Würdigung der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Kündigung die im Zusammenhang mit der behaupteten Stilllegungsabsicht getroffenen Maßnahmen bereits „greifbare Formen“ angenommen hatten, die ihrerseits wiederum einen Rückschluss auf die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsentschlusses zulassen, obliegt zuvörderst dem Tatsachengericht.

45

Angesichts der Veräußerung des Betriebsgrundstückes und materieller Betriebsmittel an die LPP sowie der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch diese in P ab 1. September 2009 begegnet die Würdigung der weiteren Umstände durch das Landesarbeitsgericht keinen Bedenken. Die Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber begründet eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53). Dies gilt nicht nur dann, wenn ein Betriebsübergang innerhalb der Kündigungsfrist stattfindet. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. September 1984 (- 2 AZR 309/83 - BAGE 47, 13 = AP BGB § 613a Nr. 39 = EzA BGB § 613a Nr. 40) steht dem nicht entgegen. Zwar könnte ein solcher Bezug zur Kündigungsfrist aus dem Leitsatz Nr. 3c hergeleitet werden. Ein solcher ergibt sich aus den Entscheidungsgründen jedoch nicht. Vielmehr heißt es dort, dass bei alsbaldiger Wiedereröffnung eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht. Der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht sei nur dann gegeben, wenn ein Betriebsübergang noch innerhalb der individuellen Kündigungsfrist stattfindet. Auch in späteren Entscheidungen des Zweiten Senats findet sich keine Einschränkung auf den Zeitraum der Kündigungsfrist (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - aaO; 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64). Kommt es noch vor dem beabsichtigten oder alsbald nach dem beabsichtigten Stilllegungstermin zu einer Betriebsfortführung durch einen Betriebserwerber, so spricht die Erfahrung dafür, dass die Verhandlungen bzw. der Abschluss der Rechtsgeschäfte hierfür bereits längere Zeit zuvor stattgefunden haben. Dies rechtfertigt es, an die Betriebsfortführung durch den Unternehmer bzw. einen Erwerber die tatsächliche Vermutung zu knüpfen, zum Zeitpunkt der Kündigung der Arbeitsverhältnisse habe keine endgültige Stilllegungsabsicht bestanden. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, durch näheren Sachvortrag diese Vermutung zu widerlegen.

46

Ohne Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit setzte die LPP ab dem 1. September 2009 die Produktion von Leiterplatten im Betrieb in P mit den dort vorhandenen Betriebsmitteln fort. Zwar spricht der Inhalt der Grundbucheintragung vom 15. Oktober 2009 „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/ 01.09.2009“ dafür, dass die zur Übertragung des Eigentums notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen vom 21. Juli 2009 bzw. 1. September 2009 - also einem Zeitpunkt nach Zugang der Kündigung - stammen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht aber darauf abgestellt, dass auch ernsthafte Veräußerungsverhandlungen zwischen dem Beklagten und der LPP einer ernsthaften Stilllegungsabsicht entgegenstehen. Erfahrungsgemäß gehen vertraglichen Vereinbarungen bzgl. einer Betriebsübernahme und eines Grunderwerbs, die in die Eintragung einer Auflassungsvormerkung münden, langfristige Vorverhandlungen voraus. Demnach ist die Vermutung gerechtfertigt, solche Verhandlungen seien bereits im Mai 2009, dem Zeitpunkt des Kündigungsausspruches, geführt worden. Dass solche zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) nicht stattfanden, sondern tatsächlich ein endgültiger Stilllegungsentschluss getroffen war, hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt.

47

Allein die Entlassung von Arbeitnehmern spricht nicht für eine ernsthafte Stilllegungsabsicht, weil es gerade um die Frage geht, ob diese Kündigungen sozial gerechtfertigt sind (vgl. BAG 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70). Auch die Freistellung von einzelnen Arbeitnehmern ist kein ausschlaggebendes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss. Solche Freistellungen können nämlich in Absprache mit einem Betriebserwerber auch dazu dienen, angepasst an ein bestimmtes Auftragsvolumen nur bestimmte Leistungsträger zu übernehmen. So wie die Beschäftigung der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156), so darf auch nicht allein aus deren Freistellung auf das Vorliegen eines endgültigen Stilllegungsentschlusses des Arbeitgebers geschlossen werden.

48

Auch die finanzielle Situation bei der Insolvenzschuldnerin ist kein Indiz für die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsbeschlusses. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet noch keine Betriebsstilllegung, weil der Insolvenzverwalter den Betrieb weiterführen kann (vgl. BAG 27. November 1986 - 2 AZR 706/85 -).

49

Demnach ist auch die zur Insolvenz führende Überschuldung grundsätzlich kein Indiz für eine Stilllegungsabsicht. Dies gilt im Streitfalle vor allem deshalb, weil der Beklagte die Veräußerung der Insolvenzschuldnerin in einem internationalen Bieterverfahren angesichts der unzureichenden Gewinnsituation angestrebt, also zunächst keine Stilllegung der Betriebe in G und P beabsichtigt hatte. Auch das Scheitern des internationalen Bieterverfahrens spricht nicht zwangsläufig für die Ernsthaftigkeit eines anschließenden Stilllegungsentschlusses, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Dass der Wunsch, einen Betrieb zu veräußern, sich nicht im ersten Anlauf verwirklichen lässt, drängt nicht zwingend den Schluss auf, dass der Arbeitgeber nach dem ersten gescheiterten Versuch das Gegenteil - nämlich die endgültige Betriebsstilllegung - beabsichtigt.

50

Nicht zu beanstanden ist, dass das Landesarbeitsgericht den Vortrag des Beklagten, er habe den Kunden mitgeteilt, die Insolvenzschuldnerin produziere bis zum 31. August 2009, nicht für die Annahme hat genügen lassen, die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe bereits im Zeitpunkt der Kündigungserklärung greifbare Formen angenommen gehabt.

51

Allerdings liegt in der Regel ein starkes Indiz für einen ernstlichen und endgültigen Stilllegungsplan vor, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss gegenüber Lieferanten, Kunden, Banken usw. bekannt gibt (vgl. APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 489), weil ein Arbeitgeber, der die Betriebsfortführung oder Veräußerung ernsthaft ins Auge fasst, die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden, Banken etc. in der Regel nicht durch die Bekanntgabe einer Stilllegungsentscheidung gefährden will (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87). Erst recht wird der Arbeitgeber langfristige Geschäftsbeziehungen nicht kündigen, wenn eine Betriebsveräußerung bzw. -fortführung beabsichtigt ist. Deshalb begründen organisatorische Vorkehrungen wie der Ausspruch von Kündigungen solcher Geschäftsbeziehungen ein starkes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsbeschluss. Nach eigenem Sachvortrag hat der Beklagte aber weder gegenüber Kunden, Banken, Lieferanten noch gegenüber dem Leasinggeber Kündigungen ausgesprochen. Dass der Beklagte nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO die Erfüllung von Verträgen abgelehnt hat, wird von ihm ebenfalls nicht konkret behauptet. Er trägt vor, er habe im Hinblick auf die in der Branche übliche Verfahrensweise - die Kunden avisierten mit einem „letter of intent“ ein bestimmtes (jährliches) Abrufvolumen und würden dieses dann kurzfristig vor dem gewünschten Liefertermin abrufen - keine Kündigungen aussprechen müssen und deshalb die Kunden darüber informiert, die Insolvenzschuldnerin werde bis zum 31. August 2009 produzieren. Nicht angegeben hat der Beklagte, wann und wie genau diese Information gegeben worden sein soll. Mit diesem Sachvortrag ist der Beklagte seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, da es gerade auf den Zeitpunkt und den Inhalt der Kundeninformation ankommt, wenn daraus auf die Ernsthaftigkeit eines Stilllegungsentschlusses geschlossen werden soll. Hätte der Beklagte die von ihm behauptete Information bspw. erst während laufender Veräußerungsverhandlungen an Kunden gegeben, spräche dies nicht für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss, da damit nur ein Hinweis auf ein Auslaufen der Produktion durch den Beklagten und die künftige Veräußerung des Betriebes verbunden sein könnte. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten bei dem von ihm geschilderten Vertriebsmodell nur mit einer unmissverständlichen Kundeninformation hätte sichergestellt werden können, dass kein Beschäftigungsbedarf über den 31. August 2009 hinaus besteht. Während bei anderen Arbeitgebern das Bemühen um neue Aufträge im Kündigungszeitpunkt einer endgültigen Stilllegungsabsicht entgegensteht, könnte bei dem vom Beklagten geschilderten Vertriebsmodell eine Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf für alle Arbeitnehmer entfallen, dann sichergestellt werden, wenn die Kunden unmissverständlich darüber informiert worden wären, dass Bestellungen und Lieferungen für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung nicht mehr erfolgen können. Dies wird auch am eigenen Sachvortrag des Beklagten zum Betrieb in G deutlich. Dort hatte der Beklagte den Kunden bereits mitgeteilt, ein Investor werde einsteigen, weshalb ein Auftragsvolumen bzw. Abrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 zu verzeichnen waren, welche zunächst eine Verlängerung der Ausproduktion bis in den Dezember 2009 hinein notwendig machten. Eine unmissverständliche Kundeninformation kann dem Vortrag des Beklagten nicht schlüssig entnommen werden. Vielmehr kündigten Kunden der Insolvenzschuldnerin für den Betrieb in P Warenabrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 an bzw. stellten solche in Aussicht. Der Kläger hat dazu unwidersprochen vorgetragen, dass die LPP für die Zeit nach dem 31. August 2009 ausreichend Aufträge vorfand. Schon diese Umstände sprechen gegen eine unmissverständliche Kundeninformation. Weiter kommt in diesem Zusammenhang dem Inhalt der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 Bedeutung zu. Nach dieser ist es der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten durch die hervorragende Reputation der Insolvenzschuldnerin gelungen, „in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners“. Diese Angaben in der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin stehen im Widerspruch zu den Angaben des Beklagten, er habe nur eine Ausproduktion geplant und die Kunden hierüber informiert. Es wäre deshalb Sache des Beklagten gewesen, konkret anzugeben, wie die behauptete Information der Kunden erfolgt ist und ob sich die in der Pressemitteilung angedeutete werbende Tätigkeit am Markt - „ein neuer Großkunde wurde gewonnen“ - ggf. allein auf den Betrieb in G bezog, weil sich das von beiden Betrieben gefertigte Sortiment ggf. stark unterschied. Die Darlegung des Zeitpunktes und des Inhalts einer Kundeninformation wäre - deren Existenz unterstellt - auch unschwer durch Vorlage von Informationsschreiben möglich gewesen.

52

Soweit der Beklagte vorgetragen hat, es sei vorbereitet worden, dass pünktlich zum 31. August 2009 die Lieferanten ihre Lieferungen einstellen, weil der Beklagte nicht mehr erfüllen werde, stellt dieser Sachvortrag eine pauschale, nicht überprüfbare Behauptung dar, mit welcher der Beklagte seiner Darlegungslast (§ 138 Abs. 2 ZPO) nicht nachgekommen ist. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht daher auch diesen Vortrag nicht genügen lassen, um „greifbare Formen“ der Stilllegung als Indiz für einen endgültigen Stilllegungsentschluss anzunehmen.

53

Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, aus dem Vortrag zur Veräußerung und Verwertung von Betriebsmitteln ergebe sich kein ausreichendes Indiz für eine endgültige, ernsthafte Stilllegungsabsicht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, die Firma A habe in seinem Auftrag Betriebsmittel inventarisiert, bewertet und teilweise veräußert. Allerdings ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass dies nur Betriebsmittel betraf, die nicht für die Ausproduktion, dh. eine Produktion mit geringerer Auslastung, benötigt wurden. Eine Beauftragung zur Veräußerung von Betriebsmitteln darüber hinaus, dh. insbesondere eine Beauftragung zur Veräußerung aller im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung, behauptet der Beklagte nicht. Vor allem ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, wann die Beauftragung der Firma A erfolgt ist, so dass es auch denkbar wäre, dass die Beauftragung erst erfolgte, als die Betriebsveräußerung an die LPP unmittelbar bevorstand und in Absprache mit dieser vorgenommen wurde. Im Übrigen ergibt sich aus dem Sachvortrag des Beklagten nur, dass in G schon Vermessungen der Maschinen und Anlagen sowie Gewichtsklärungen zum Abtransport vorgenommen worden sind. Deshalb liegt es nahe, dass sich die vom Beklagten vorgelegte Bestätigung der Firma A auf Betriebsmittel des Betriebes in G bezieht. Daher wäre auch insoweit ein konkreter Sachvortrag, wann die Beauftragung erfolgte und welchen konkreten Inhalt sie hatte, notwendig gewesen, um mit einer etwaig eingeleiteten Veräußerung von Betriebsmitteln ein Indiz für eine beabsichtigte Stilllegung, die bereits greifbare Formen angenommen hatte, zu liefern.

54

Soweit der Beklagte geltend macht, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches habe er keinerlei Veräußerungsverhandlungen geführt und das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag, wonach erst im August 2009 die E GmbH ein Angebot zum Erwerb des Betriebsgrundstücks unterbreitet habe, übergangen, greift diese Rüge nicht durch. Dieser Sachvortrag war nicht geeignet, die gegen eine Stilllegungsabsicht sprechende Vermutung infolge der tatsächlich ab 1. September 2009 erfolgten Betriebsfortführung zu widerlegen. Der Sachvortrag des Beklagten ist schon zeitlich nicht hinreichend konkret. Zudem enthält er keine Ausführungen zu Art, Inhalt und zeitlichem Rahmen der Vertragsverhandlungen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht auch nicht festgestellt, vor dem 21. Juli 2009 habe es keine Verhandlungen gegeben. Unstreitig ist vielmehr, dass es Gespräche mit Z gegeben hat. Unklar ist, wann genau diese stattfanden und welchen Inhalt sie hatten. Der Sachvortrag, es habe im August 2009 durch die E GmbH ein Angebot gegeben war schließlich durch die Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht überholt, weshalb sich das Landesarbeitsgericht hiermit nicht näher auseinandersetzen musste. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2010 erklärt, „womöglich habe es am 21.07.2009 bereits ein Angebot gegeben. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben hat“. Mit diesem Vortrag genügte der Beklagte seiner Darlegungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO nicht. Zur Widerlegung der gegen die Stilllegungsabsicht sprechenden Vermutung der Betriebsfortführung hätte der Beklagte konkret dartun müssen, wann und auf wessen Initiative, Verhandlungen mit der LPP oder der E GmbH bzw. mit den für diese handelnden Personen stattgefunden hatten. Nur so wäre auszuschließen, dass eine Betriebsveräußerung schon zum Kündigungszeitpunkt ins Auge gefasst war. Soweit der Beklagte erstmals in der Revisionsinstanz vorträgt, dass ein Angebot der „E bzw. der LPP GmbH erstmalig am 21.07.2009 in notariell beglaubigter Form“ erfolgt ist, welches bis zum 15. September 2009 habe geprüft werden können, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz nicht zu beachtenden neuen Sachvortrag, § 559 Abs. 1 ZPO. Die erhobene Verfahrensrüge nach § 139 Abs. 2 ZPO bleibt demzufolge ohne Erfolg.

55

Auch die übrigen vom Beklagten erhobenen Rügen von Verfahrensmängeln sind nicht durchgreifend. Insoweit sieht der Senat nach § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG von einer Begründung ab.

56

3. Für den Prüfungsmaßstab und die Darlegungslast des Arbeitgebers ist es unerheblich, ob dem Arbeitnehmer ggf. ein Anspruch auf Wiedereinstellung zusteht, wenn sich die Prognose des Arbeitgebers bezüglich der Betriebsstilllegung als fehlerhaft erweist. Denn der von einem möglichen Wiedereinstellungsanspruch vermittelte Schutz bleibt hinter dem des Kündigungsschutzgesetzes zurück (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -; 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118). Insbesondere trägt der Arbeitnehmer, der einen Wiedereinstellungsanspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98). Auch erlischt ein möglicherweise entstandener Wiedereinstellungsanspruch, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, was der Fall sein kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz schon mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt und damit Dispositionen getroffen hat (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51). Vor allem kommt nach der Rechtsprechung des Senats ein Wiedereinstellungsanspruch bei einem Betriebsübergang nach dem Ablauf der Kündigungsfrist bei einer insolvenzbedingten Kündigung ohnehin nicht in Betracht (vgl. BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 199/04 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 30).

57

III. Da die streitgegenständliche Kündigung sozial ungerechtfertigt und mithin rechtsunwirksam ist (§ 1 Abs. 1 KSchG), bedarf es keiner Entscheidung, ob die Kündigung auch wegen Verstoßes gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist.

58

C. Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. September 2010 - 9 Sa 343/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung durch den beklagten Insolvenzverwalter.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 1981 bei der R GmbH, der Insolvenzschuldnerin, zunächst in G und Gr und ab dem 1. Mai 2007 in P anfänglich als Werksleiter und ab 1. Januar 2009 als Leiter des Fachbereichs Logistik und stellvertretender Werksleiter zu einer Bruttomonatsvergütung von 7.250,00 Euro beschäftigt.

3

Die Insolvenzschuldnerin stellte komplexe, bis zu 24-lagige Leiterplatten her. Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin waren die B Ltd., die Bl SARL (Luxembourg) sowie die C plc. Das Betriebsgrundstück in P stand im Eigentum der Insolvenzschuldnerin, während ein Großteil der Maschinen und sonstigen Einrichtungen geleast waren. Leasinggeber war die K GmbH bzw. die später mit dieser verschmolzene E mbH (E GmbH). Geschäftsführer und Mitgesellschafter der E GmbH ist Z.

4

Die Insolvenzschuldnerin beantragte unter dem 3. Februar 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beklagte wurde daraufhin zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Zum Zwecke der Veräußerung der Betriebe der Insolvenzschuldnerin leitete der Beklagte Ende Februar 2009 ein internationales Bieterverfahren in die Wege, mit dem ein Bankhaus beauftragt wurde. Dazu wurden ua. Broschüren an potentielle Interessenten versandt. Diese waren aufgefordert, bis zum 15. April 2009 ein Angebot abzugeben. Nachdem nur zwei Angebote abgegeben worden waren, die jedoch als inakzeptabel erachtet wurden, beschlossen die Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin unter Mitwirkung des Beklagten am 14. April 2009 die Schließung der Betriebe mit Ablauf des 30. April 2009.

5

Auf einer Versammlung am 16. April 2009 wurden die Mitarbeiter beider Betriebe über die geplanten Betriebsschließungen unterrichtet.

6

Mit Schreiben vom 21. April 2009 stellte der Beklagte den Kläger mit Ablauf des 30. April 2009 von der „weiteren Mitarbeit“ frei. Der Beklagte zeigte unter dem 26. April 2010 gegenüber dem Amtsgericht Kl die Masseunzulänglichkeit an.

7

Mit Beschluss des Amtsgerichts Kl vom 1. Mai 2009 wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der R GmbH bestellt. Am 6. Mai 2009 fand eine Sitzung des Gläubigerausschusses statt. Im Sitzungsprotokoll ist ua. festgehalten:

        

„Der Insolvenzverwalter unterrichtet den Gläubigerausschuss darüber, dass aufgrund der rapide weggebrochenen Auftragseingänge und des desaströsen Ergebnisses der Investorensuche der Beschluss zur Einstellung des Betriebsbetriebes gefasst wurde. In Umsetzung dieses Beschlusses sind über 50 % der Mitarbeiter bereits freigestellt worden. Nach Abschluss des entsprechenden Interessenausgleiches und Sozialplanes wird der Unterzeichner sämtlichen Mitarbeitern kündigen und das Unternehmen im Rahmen einer Ausproduktion bis August 2009 fortführen. Auf Grundlage der vorgestellten Liquiditätsplanung ist die Fortführung für diesen Zeitraum sichergestellt.“

8

Unter dem 8./13. Mai 2009 vereinbarten der Beklagte und die Betriebsräte G und P sowie der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich. Dieser lautet auszugsweise:

        

III. 

        

Es besteht keine Möglichkeit den Geschäftsbetrieb über den 30.04.2009 weiterzuführen. Eine übertragende Sanierung kommt in Ermangelung von Interessenten nicht in Betracht.

        

Vor diesem Hintergrund wurde am 15.04.2009 die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin am 30.04.2009 endgültig und auf Dauer einzustellen. Von dieser Entscheidung wurden die Betriebsräte am folgenden Tag in Kenntnis gesetzt.

        

Betriebseinstellung heißt, dass nur solche bestehenden Aufträge abgearbeitet werden, die spätestens mit dem Ablauf der letzten Kündigungsfrist und mit dem sich bis dahin aufgrund unterschiedlich langer Kündigungsfristen ständig reduzierenden Personal noch abgearbeitet werden können. Zur Erhaltung/Mehrung der Insolvenzmasse und Auslastung des Betriebs in der Zeit bis zum Auslauf der Kündigungsfristen der Mitarbeiter vereinbaren beide Parteien, dass nach dieser Maßgabe Neuaufträge angenommen und abgearbeitet werden können, soweit sie noch innerhalb der laufenden Kündigungsfristen der Mitarbeiter abgeschlossen werden können.

        

…       

        

Die Einstellung des Betriebs ist Geschäftsgrundlage des Interessenausgleichs und des Sozialplans. Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bei einer eventuellen Fortführung des Unternehmens neu zu verhandeln ist.

                 
        

IV.     

        

…       

        

Die von Kündigungen und Entlassungen betroffenen Mitarbeiter ergeben sich aus der als Anlage dieser Vereinbarung beigefügten Liste. Diese Liste ist keine Namensliste im Sinne der §§ 1 Abs. 5 KSchG i.V.m. § 125 InsO, die mit der vorliegenden Vereinbarung bei Unterzeichnung fest verbunden ist. Diese feste Verbindung bestätigen sich die Parteien mit Unterschrift gegenseitig. Die Liste dient ausschließlich dem Nachweis der ordnungsgemäßen Anhörung nach § 102 BetrVG.“

9

Gleichzeitig wurden Sozialpläne für beide Betriebe vereinbart.

10

Am 14. Mai 2009 erstattete der Beklagte der für die Betriebe in G und P zuständigen Agentur für Arbeit W Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG. Mit Bescheid vom 28. Mai 2009 bestätigte die Agentur für Arbeit W den Eingang der Anzeige und setzte den Ablauf der Sperrfrist auf den 14. Juni 2009 fest.

11

Mit Schreiben vom 15. Mai 2009, dem Kläger am 16. Mai 2009 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. August 2009 „aus betriebsbedingten Gründen“. Sofern nicht noch behördliche Zulässigkeitserklärungen notwendig waren, wurde auch allen übrigen Mitarbeitern gekündigt.

12

Während etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer bereits freigestellt war, erfolgte mit den übrigen - jedenfalls für Aufträge, die bis Ende August 2009 erledigt werden konnten - die weitere Produktion. Für den Betrieb in G beschloss der Beklagte später, die Ausproduktion bis zum 18. Dezember 2009 zu verlängern. Er beschäftigte dort solche Arbeitnehmer weiter, die im Rahmen von Abwicklungsvereinbarungen die Kündigung mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist akzeptierten.

13

Am 14. August 2009 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts S die Umfirmierung der KLGmbH in LP P GmbH (im Folgenden: LPP) eingetragen. Der Geschäftsgegenstand wurde in: „Die Produktion und der Vertrieb von elektrischen, elektronischen, elektromechanischen, optoelektronischen und technischen Bauelementen und Geräten und die Ausführung aller Geschäfte, die damit im Zusammenhang stehen“ geändert. Geschäftsführer der LPP wurde zunächst Z. Muttergesellschaft der LPP ist die E GmbH.

14

Im Zeitraum Februar bis Mai 2009 besuchte Z mehrfach den Betrieb in P und erfragte hierbei Auftragsstände, Umsätze und Kosten. Auch führte er mit dem Beklagten Gespräche. Im August 2009 wurde den Arbeitnehmern in P seitens Herrn Z angeboten, für den Zeitraum ab dem 1. September 2009 neue Arbeitsverträge abzuschließen.

15

Seit dem 1. September 2009 führt die LPP den Betrieb zur Herstellung von Leiterplatten in P. Sie hatte das Betriebsgrundstück und die im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel erworben. Von den Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin beschäftigte die LPP jedenfalls etwas weniger als die Hälfte weiter. Den Betrieb in G führt die R I GmbH fort.

16

In einer Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 heißt es unter der Überschrift „R geht nach dramatischen Wochen gestärkt aus der Insolvenz hervor“ ua.:

        

„Durch seine hervorragende Reputation gelang es R selbst in der Insolvenz in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners. Ende Juli konnte für das Werk P mit dem früheren R-Eigentümer Z eine Zukunftslösung gefunden werden.“

17

Für das Betriebsgrundstück in P wurde am 15. Oktober 2009 die Eintragung einer „Erwerbsvormerkung“ zugunsten der LP P GmbH in das Grundbuch mit „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/01.09.2009“ vorgenommen.

18

Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 bestätigte die Firma A GmbH die für den Beklagten vorgenommene Verwertung zweier Gabelstapler, dreier Filterpressen, dreier Kolbenmembranpumpen, eines Systronic Ofens und eines Multilayer-Pressezentrums im Gesamtwert von 31.500,00 Euro.

19

Der Kläger behauptet, es habe zum Zeitpunkt des Ausspruches der streitgegenständlichen Kündigung keinen endgültigen Betriebsstilllegungsbeschluss gegeben. Als ihm die Kündigung zugegangen sei, habe der Beklagte in Verhandlungen einerseits mit Z, dem Geschäftsführer der LPP, und andererseits mit den Geschäftsführern der Firmengruppe Pr, Ro und E Pr, gestanden. Der Beklagte habe nur vorsorglich für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen gekündigt. Dies ergebe sich schon daraus, dass Z von Februar bis Mai 2009 mehrmals den Betrieb P besucht habe. Persönlich habe dieser dem Kläger sinngemäß gesagt, dass er zwar keine große Lust für eine Übernahme habe, aber eine Stilllegungsentscheidung verhindern wolle. Dessen Besuche im Betrieb in P seien ohne Einverständnis des Beklagten kaum vorstellbar. Die Motivation des Z ergebe sich ohne Weiteres aus den abgeschlossenen Leasingverträgen, die niemals gekündigt worden seien. Auch aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich, dass er mit Z verhandelt habe. Dabei habe der Beklagte nicht angegeben, wann dies geschehen sei. Bereits am 21. Juli 2009 sei eine Auflassungsvormerkung für die LPP im Grundbuch eingetragen worden, wobei der Notar auf Nachfrage angegeben habe, dass der Kaufvertrag etliche Zeit vor dem 21. Juli 2009 geschlossen worden sei. Seit dem 1. September 2009 produziere die LPP mit den verbliebenen Mitarbeitern unverändert mit denselben Betriebsmitteln in P. Dass der Beklagte nicht von einer Stilllegung ausgegangen sei, ergebe sich auch daraus, dass alle für die Produktion notwendigen Rohstoffe und Betriebsmittel auch nach dem 1. September 2009 in ausreichender Menge vorhanden gewesen seien, was nur durch entsprechende Vorkehrungen des Beklagten erklärt werden könne. Auch Aufträge seien ab dem 1. September 2009 ausreichend vorhanden gewesen.

20

Im Übrigen hält der Kläger die Kündigung auch nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB für unwirksam.

21

Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem Beklagten nicht durch die Kündigung vom 15. Mai 2009 - dem Kläger zugegangen am 16. Mai 2009 - zum 31. August 2009 aufgelöst wird.

22

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

23

Er behauptet, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches seien keine Verhandlungen über eine Weiterführung des Betriebes in P geführt worden. Vielmehr sei er von der Betriebsstilllegung und Ausproduktion - mit etwas weniger als 50 % der Arbeitnehmer - bis 31. August 2009 ausgegangen, da die Suche nach Investoren erfolglos verlaufen sei. Die Stilllegung sei beschlossen worden, weil die Insolvenzschuldnerin im Jahre 2008 bei einem Umsatz von über 104 Mio. Euro einen Verlust von mehr als 7 Mio. Euro ausgewiesen habe, der im Wesentlichen durch das Werk in P verursacht worden sei. Eine kostendeckende Produktion sei für die Zukunft nicht abzusehen gewesen. Die Stilllegungsentscheidung habe auch greifbare Formen angenommen gehabt. So sei ein Interessenausgleich abgeschlossen und die Massenentlassungsanzeige erstattet worden. Auch sei allen Arbeitnehmern gekündigt und dies auf Betriebsversammlungen ausreichend kommuniziert worden. Neue Aufträge bzw. Abrufe seien nur dann angenommen worden, wenn diese bis zum 31. August 2009 hätten erledigt werden können. In der Branche der Insolvenzschuldnerin sei es typisch, dass Kunden im Wege eines „letter of intent“ Größenordnungen für jährliche Abrufe ankündigen, verbindliche Abrufe aber erst etwa einen Monat bis eine Woche vor dem Produktionsmonat erfolgen. Die Insolvenzschuldnerin bzw. der Beklagte hätten daher keine Aufträge abzulehnen oder zu kündigen brauchen. Den Kunden sei mitgeteilt worden, dass nur bis zum 31. August 2009 produziert werde. Für die Zeit nach dem 31. August 2009 seien keine Produktionszusagen gegeben worden. Auch habe der Beklagte die Firma A beauftragt, für vorhandene Betriebsmittel, soweit diese nicht mit Sicherungsmitteln belastet oder für die Ausproduktion benötigt würden, Interessenten zu finden. Dass Maschinen veräußert worden seien, ergebe sich aus dem Schreiben der Firma A vom 26. Januar 2010. Wenn Z in P erschienen sei, so sei dies geschehen, um seine Sicherheiten zu prüfen. Jedenfalls habe dieser ihm keine Überlegungen zu einer Betriebsübernahme mitgeteilt. Bl habe sich erstmals im Juli 2009 mit der Frage eines Erwerbs der Betriebsstätte G befasst und im Wege eines „letter of intent“ grundsätzliches Interesse am Standort G mit den bisherigen Produktionsmitteln geäußert. Die von Bl gestellten Bedingungen seien aber zunächst nicht erfüllt worden, so dass das Geschäft „geplatzt“ sei. Da aber Kunden der Einstieg eines Investors schon signalisiert worden sei, habe man die Ausproduktion in G bis 18. Dezember 2009 verlängert. Weitere Verhandlungen mit Bl hätten dann dazu geführt, dass Bl am 14. September 2009 entschieden habe, die im Rahmen der Verhandlungen gestellten Bedingungen als erfüllt anzusehen. Die Muttergesellschaft der LPP, die E GmbH, habe erst im August 2009 angeboten, das Betriebsgrundstück in P und die Betriebseinrichtungen zu erwerben. Nach Zustimmung durch die Gläubigerversammlung am 27. August 2009 sei der Kaufvertrag am 1. September 2009 zustande gekommen. Entscheidend sei, dass eine nachträgliche Entwicklung ohnehin unbeachtlich sei, da es allein auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruches ankomme.

24

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Beklagtenvertreter auf die Frage, wie sich das Datum 21. Juli 2009 in der Grundbucheintragung zur Vormerkung erklären lasse, ausgeführt, dass es womöglich am 21. Juli 2009 bereits ein Angebot gegeben habe. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben habe.

25

Erstmals in der Revisionsbegründung trägt der Beklagte vor, dass ein Angebot der E GmbH bzw. der LPP erstmalig am 21. Juli 2009 in notariell beglaubigter Form erfolgt sei.

26

Mit Teilurteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung nicht aufgelöst wird. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

27

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die von ihm zum 31. August 2009 ausgesprochene Kündigung hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgelöst.

28

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die streitgegenständliche Kündigung sei nicht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehöre die Stilllegung des gesamten Betriebes. Von einer Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers sei auszugehen, wenn dieser seine Absicht unmissverständlich äußere, allen Arbeitnehmern kündige, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöse, die Betriebsmittel, über die er verfügen könne, veräußere und die Betriebstätigkeit vollständig einstelle. Die betreffenden betrieblichen Umstände müssten greifbare Formen angenommen haben. Keine Stilllegungsabsicht liege vor, wenn der Betrieb veräußert werden solle. Das Bundesarbeitsgericht habe in der alsbaldigen Wiedereröffnung des Betriebes eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht gesehen.

29

Unter Beachtung dieser Maßstäbe stehe zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernstlichen und endgültigen Entschluss gefasst gehabt habe, den Betrieb in P stillzulegen. Für einen solchen Entschluss spreche zwar der Gesellschafterbeschluss - obwohl in diesem von einer Stilllegung zum 30. April 2009 die Rede sei -, der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans sowie die Kündigung aller Mitarbeiter. Gegen eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht spreche jedoch die nahtlose Fortführung des Betriebes durch die LPP und dass es zu einer Stilllegung nicht gekommen sei. Deshalb hätte es des Vortrags weiterer Indizien durch den Beklagten bedurft, um darzulegen, dass er bereits zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ernsthaft und endgültig die Stilllegung beabsichtigt habe. Wenn eine prognostizierte Betriebsstilllegung nicht eingetreten sei, habe dies Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber habe dann konkret darzulegen, welche Maßnahmen er zunächst wann vorgenommen habe, um seine Entscheidung umzusetzen. Er habe im Einzelnen vorzutragen, wann welche nicht vorhergesehene Entwicklung stattgefunden habe. Es komme nicht darauf an, ob der Beklagte bereits bei Zugang der Kündigung ein Angebot der LPP angenommen gehabt habe, da auch ernsthafte Vertragsverhandlungen einen endgültigen und ernsthaften Stilllegungsbeschluss ausschließen würden.

30

Der Beklagte habe nicht vorgetragen, welche konkreten Maßnahmen ergriffen worden seien, um die Vertragsbeziehungen zu Dritten (Miet-, Leasingverträge oder Verträge mit Energieversorgern oder Rohstofflieferanten) zu regeln. Der bloße Vortrag, den Kunden sei das Auslaufen der Produktion mitgeteilt worden, sei zu pauschal, um nachvollziehbar zu machen, weshalb Kunden davon ausgehen mussten, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 stattfinden. Unklar bleibe, warum Kunden auch Bestellungen bzw. Abrufungen für die Zeit nach dem 31. August 2009 in Aussicht gestellt hätten, wenn ihnen doch erklärt worden sein solle, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 erfolgen. Auch zu Rohstofflieferanten fehle jeder Vortrag, was aber angesichts der Fortführung der Produktion am 1. September 2009 notwendig gewesen wäre. Nicht vorgetragen sei, wie es der Beklagte sichergestellt habe, einerseits genügend Rohstoffe für die Ausproduktion zu haben und andererseits unnötige Rohstoffmengen zu vermeiden. Insoweit hätte er vortragen müssen, ob und gegebenenfalls welche Vereinbarungen es mit der LPP gegeben habe. Der Vortrag zur Veräußerung von Betriebsmitteln durch die Firma A sei zu pauschal. Es sei schon nicht erkennbar, ob Betriebsmittel aus G oder P veräußert worden seien. Auch der Zeitpunkt der Beauftragung der Firma A sei unklar. Insbesondere fehle ein Vortrag, wann und aufgrund wessen Initiative es zu konkreten Verhandlungen mit der LPP gekommen sei. Zwar sprechen sowohl die Pressemitteilung als auch der Zeitpunkt der Grundbucheintragung für Gespräche zumindest im Juli 2009. Es wäre aber Sache des Beklagten gewesen, den Ablauf der Kontaktaufnahme sowie den Verhandlungsablauf darzustellen, damit ausgeschlossen werden könne, dass zum Zeitpunkt der Kündigung mögliche Vertragsverhandlungen mit der LPP vorbehalten waren. Schließlich genüge auch der Vortrag zur Freistellung von Mitarbeitern und zur Durchführung des Bieterverfahrens nicht, um von einer endgültigen Stilllegungsabsicht ausgehen zu können.

31

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

32

Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

33

I. Der Beklagte ist passivlegitimiert, und zwar unabhängig davon, ob nach Ausspruch der Kündigung und der fristgerechten Erhebung einer Kündigungsschutzklage ein Betriebsübergang stattgefunden hat oder nicht. Der Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, ist für die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der Kündigung auch nach einem Betriebsübergang passivlegitimiert (vgl. BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210).

34

II. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Sie ist damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG). Das Kündigungsschutzgesetz ist auch bei einer Kündigung des Insolvenzverwalters nach § 113 InsO zu beachten, wenn es - wie vorliegend - nach seinem persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet(vgl. BAG 26. Juli 2007 - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324).

35

1. Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) durch das Landesarbeitsgericht handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist(st. Rspr., vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51).

36

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil stand.

37

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können(st. Rspr., vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist aber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 14. August 2007 - 8 AZR 1043/06 - AP BGB § 613a Nr. 325 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 74). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes steht (vgl. BAG 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140). Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber sich im Zeitpunkt der Kündigung noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -). Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance bietet, und gelingt dann später noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51; 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - aaO).

38

Auch ist bei einer Betriebsstilllegung erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben. Diese liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes, dh. die Stilllegung, gegeben sein. Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125).

39

Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich nach diesen Grundsätzen demnach systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebes wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20).

40

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung ist der des Kündigungszugangs (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 185 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164). Dies schließt es nicht aus, dass - insbesondere, wenn dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element innewohnt - der tatsächliche Eintritt der prognostizierten Entwicklung Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität der Prognose zulässt (vgl. BAG 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - BAGE 109, 40 = AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 64 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128). Verläuft die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung planmäßig, ist es gerechtfertigt, von einem tragfähigen Konzept im Zeitpunkt der Kündigung auszugehen (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 280). Die im Kündigungszeitpunkt gestellte Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf entfallen, wird so bestätigt (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 136 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139). Umgekehrt spricht bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes bzw. bei alsbaldiger Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53).

41

Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG. Beruft sich der Arbeitgeber auf den betriebsbedingten Kündigungsgrund der Stilllegung, so ist, wenn das Vorliegen eines Stilllegungsentschlusses im Kündigungszeitpunkt bestritten wird, der Arbeitgeber verpflichtet, substanziiert darzulegen, dass und zu welchem Zeitpunkt er diejenigen organisatorischen Maßnahmen, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstellen, geplant und beschlossen hat. Über diese Entschlussfassung hinaus muss der Arbeitgeber substanziiert vortragen, dass auch die geplanten Maßnahmen selbst im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen hatten (BAG 23. März 1984 - 7 AZR 409/82 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 38). Der Umfang der Darlegungslast hängt dabei auch davon ab, wie sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung der Kündigung einlässt (vgl. BAG 17. Oktober 1980 - 7 AZR 675/78 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 15). Trägt der gekündigte Arbeitnehmer beispielsweise Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine Stilllegungsentscheidung nicht ernsthaft getroffen war, weil es Veräußerungsverhandlungen gegeben habe, und kommt es zu einer alsbaldigen Wiedereröffnung bzw. nahtlosen Fortsetzung durch einen Betriebserwerber, so trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Wiedereröffnung bzw. Veräußerung nicht bereits voraussehbar oder gar geplant war (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 279).

42

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Beklagte entgegen der ihn treffenden Darlegungslast keine ausreichenden Umstände für die Annahme vorgetragen hat, bei einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches davon auszugehen gewesen, eine Weiterbeschäftigung des Klägers werde mit Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr möglich sein.

43

Die gemäß § 286 Abs. 1 ZPO gewonnene Überzeugung des Tatsachengerichts, ob die vom Beklagten vorgetragenen und vom Kläger bestrittenen Tatsachen den Schluss auf einen endgültigen und ernsthaften Entschluss zur Betriebsstilllegung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung rechtfertigen, ist nur beschränkt revisibel(vgl. oben B II 1).

44

Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für einen ernsthaften und endgültigen Beschluss, den Betrieb in P stillzulegen, zunächst der Gesellschafterbeschluss vom 14. April 2009 spricht. Gleiches gilt auch für die Information des Gläubigerausschusses durch den Beklagten am 6. Mai 2009. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter berücksichtigt, dass der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans und die Massenentlassungsanzeige für eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht sprechen. Dies macht aber nicht entbehrlich, die weiteren Umstände zu würdigen, die - wie die alsbaldige Wiedereröffnung bzw. Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch einen Betriebserwerber - gegen einen ernsthaften, endgültigen Stilllegungsentschluss sprechen. Die Prüfung, ob nach Würdigung der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Kündigung die im Zusammenhang mit der behaupteten Stilllegungsabsicht getroffenen Maßnahmen bereits „greifbare Formen“ angenommen hatten, die ihrerseits wiederum einen Rückschluss auf die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsentschlusses zulassen, obliegt zuvörderst dem Tatsachengericht.

45

Angesichts der Veräußerung des Betriebsgrundstückes und materieller Betriebsmittel an die LPP sowie der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch diese in P ab 1. September 2009 begegnet die Würdigung der weiteren Umstände durch das Landesarbeitsgericht keinen Bedenken. Die Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber begründet eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53). Dies gilt nicht nur dann, wenn ein Betriebsübergang innerhalb der Kündigungsfrist stattfindet. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. September 1984 (- 2 AZR 309/83 - BAGE 47, 13 = AP BGB § 613a Nr. 39 = EzA BGB § 613a Nr. 40) steht dem nicht entgegen. Zwar könnte ein solcher Bezug zur Kündigungsfrist aus dem Leitsatz Nr. 3c hergeleitet werden. Ein solcher ergibt sich aus den Entscheidungsgründen jedoch nicht. Vielmehr heißt es dort, dass bei alsbaldiger Wiedereröffnung eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht. Der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht sei nur dann gegeben, wenn ein Betriebsübergang noch innerhalb der individuellen Kündigungsfrist stattfindet. Auch in späteren Entscheidungen des Zweiten Senats findet sich keine Einschränkung auf den Zeitraum der Kündigungsfrist (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - aaO; 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64). Kommt es noch vor dem beabsichtigten oder alsbald nach dem beabsichtigten Stilllegungstermin zu einer Betriebsfortführung durch einen Betriebserwerber, so spricht die Erfahrung dafür, dass die Verhandlungen bzw. der Abschluss der Rechtsgeschäfte hierfür bereits längere Zeit zuvor stattgefunden haben. Dies rechtfertigt es, an die Betriebsfortführung durch den Unternehmer bzw. einen Erwerber die tatsächliche Vermutung zu knüpfen, zum Zeitpunkt der Kündigung der Arbeitsverhältnisse habe keine endgültige Stilllegungsabsicht bestanden. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, durch näheren Sachvortrag diese Vermutung zu widerlegen.

46

Ohne Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit setzte die LPP ab dem 1. September 2009 die Produktion von Leiterplatten im Betrieb in P mit den dort vorhandenen Betriebsmitteln fort. Zwar spricht der Inhalt der Grundbucheintragung vom 15. Oktober 2009 „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/ 01.09.2009“ dafür, dass die zur Übertragung des Eigentums notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen vom 21. Juli 2009 bzw. 1. September 2009 - also einem Zeitpunkt nach Zugang der Kündigung - stammen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht aber darauf abgestellt, dass auch ernsthafte Veräußerungsverhandlungen zwischen dem Beklagten und der LPP einer ernsthaften Stilllegungsabsicht entgegenstehen. Erfahrungsgemäß gehen vertraglichen Vereinbarungen bzgl. einer Betriebsübernahme und eines Grunderwerbs, die in die Eintragung einer Auflassungsvormerkung münden, langfristige Vorverhandlungen voraus. Demnach ist die Vermutung gerechtfertigt, solche Verhandlungen seien bereits im Mai 2009, dem Zeitpunkt des Kündigungsausspruches, geführt worden. Dass solche zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) nicht stattfanden, sondern tatsächlich ein endgültiger Stilllegungsentschluss getroffen war, hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt.

47

Allein die Entlassung von Arbeitnehmern spricht nicht für eine ernsthafte Stilllegungsabsicht, weil es gerade um die Frage geht, ob diese Kündigungen sozial gerechtfertigt sind (vgl. BAG 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70). Auch die Freistellung von einzelnen Arbeitnehmern ist kein ausschlaggebendes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss. Solche Freistellungen können nämlich in Absprache mit einem Betriebserwerber auch dazu dienen, angepasst an ein bestimmtes Auftragsvolumen nur bestimmte Leistungsträger zu übernehmen. So wie die Beschäftigung der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156), so darf auch nicht allein aus deren Freistellung auf das Vorliegen eines endgültigen Stilllegungsentschlusses des Arbeitgebers geschlossen werden.

48

Auch die finanzielle Situation bei der Insolvenzschuldnerin ist kein Indiz für die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsbeschlusses. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet noch keine Betriebsstilllegung, weil der Insolvenzverwalter den Betrieb weiterführen kann (vgl. BAG 27. November 1986 - 2 AZR 706/85 -).

49

Demnach ist auch die zur Insolvenz führende Überschuldung grundsätzlich kein Indiz für eine Stilllegungsabsicht. Dies gilt im Streitfalle vor allem deshalb, weil der Beklagte die Veräußerung der Insolvenzschuldnerin in einem internationalen Bieterverfahren angesichts der unzureichenden Gewinnsituation angestrebt, also zunächst keine Stilllegung der Betriebe in G und P beabsichtigt hatte. Auch das Scheitern des internationalen Bieterverfahrens spricht nicht zwangsläufig für die Ernsthaftigkeit eines anschließenden Stilllegungsentschlusses, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Dass der Wunsch, einen Betrieb zu veräußern, sich nicht im ersten Anlauf verwirklichen lässt, drängt nicht zwingend den Schluss auf, dass der Arbeitgeber nach dem ersten gescheiterten Versuch das Gegenteil - nämlich die endgültige Betriebsstilllegung - beabsichtigt.

50

Nicht zu beanstanden ist, dass das Landesarbeitsgericht den Vortrag des Beklagten, er habe den Kunden mitgeteilt, die Insolvenzschuldnerin produziere bis zum 31. August 2009, nicht für die Annahme hat genügen lassen, die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe bereits im Zeitpunkt der Kündigungserklärung greifbare Formen angenommen gehabt.

51

Allerdings liegt in der Regel ein starkes Indiz für einen ernstlichen und endgültigen Stilllegungsplan vor, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss gegenüber Lieferanten, Kunden, Banken usw. bekannt gibt (vgl. APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 489), weil ein Arbeitgeber, der die Betriebsfortführung oder Veräußerung ernsthaft ins Auge fasst, die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden, Banken etc. in der Regel nicht durch die Bekanntgabe einer Stilllegungsentscheidung gefährden will (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87). Erst recht wird der Arbeitgeber langfristige Geschäftsbeziehungen nicht kündigen, wenn eine Betriebsveräußerung bzw. -fortführung beabsichtigt ist. Deshalb begründen organisatorische Vorkehrungen wie der Ausspruch von Kündigungen solcher Geschäftsbeziehungen ein starkes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsbeschluss. Nach eigenem Sachvortrag hat der Beklagte aber weder gegenüber Kunden, Banken, Lieferanten noch gegenüber dem Leasinggeber Kündigungen ausgesprochen. Dass der Beklagte nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO die Erfüllung von Verträgen abgelehnt hat, wird von ihm ebenfalls nicht konkret behauptet. Er trägt vor, er habe im Hinblick auf die in der Branche übliche Verfahrensweise - die Kunden avisierten mit einem „letter of intent“ ein bestimmtes (jährliches) Abrufvolumen und würden dieses dann kurzfristig vor dem gewünschten Liefertermin abrufen - keine Kündigungen aussprechen müssen und deshalb die Kunden darüber informiert, die Insolvenzschuldnerin werde bis zum 31. August 2009 produzieren. Nicht angegeben hat der Beklagte, wann und wie genau diese Information gegeben worden sein soll. Mit diesem Sachvortrag ist der Beklagte seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, da es gerade auf den Zeitpunkt und den Inhalt der Kundeninformation ankommt, wenn daraus auf die Ernsthaftigkeit eines Stilllegungsentschlusses geschlossen werden soll. Hätte der Beklagte die von ihm behauptete Information bspw. erst während laufender Veräußerungsverhandlungen an Kunden gegeben, spräche dies nicht für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss, da damit nur ein Hinweis auf ein Auslaufen der Produktion durch den Beklagten und die künftige Veräußerung des Betriebes verbunden sein könnte. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten bei dem von ihm geschilderten Vertriebsmodell nur mit einer unmissverständlichen Kundeninformation hätte sichergestellt werden können, dass kein Beschäftigungsbedarf über den 31. August 2009 hinaus besteht. Während bei anderen Arbeitgebern das Bemühen um neue Aufträge im Kündigungszeitpunkt einer endgültigen Stilllegungsabsicht entgegensteht, könnte bei dem vom Beklagten geschilderten Vertriebsmodell eine Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf für alle Arbeitnehmer entfallen, dann sichergestellt werden, wenn die Kunden unmissverständlich darüber informiert worden wären, dass Bestellungen und Lieferungen für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung nicht mehr erfolgen können. Dies wird auch am eigenen Sachvortrag des Beklagten zum Betrieb in G deutlich. Dort hatte der Beklagte den Kunden bereits mitgeteilt, ein Investor werde einsteigen, weshalb ein Auftragsvolumen bzw. Abrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 zu verzeichnen waren, welche zunächst eine Verlängerung der Ausproduktion bis in den Dezember 2009 hinein notwendig machten. Eine unmissverständliche Kundeninformation kann dem Vortrag des Beklagten nicht schlüssig entnommen werden. Vielmehr kündigten Kunden der Insolvenzschuldnerin für den Betrieb in P Warenabrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 an bzw. stellten solche in Aussicht. Der Kläger hat dazu unwidersprochen vorgetragen, dass die LPP für die Zeit nach dem 31. August 2009 ausreichend Aufträge vorfand. Schon diese Umstände sprechen gegen eine unmissverständliche Kundeninformation. Weiter kommt in diesem Zusammenhang dem Inhalt der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 Bedeutung zu. Nach dieser ist es der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten durch die hervorragende Reputation der Insolvenzschuldnerin gelungen, „in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners“. Diese Angaben in der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin stehen im Widerspruch zu den Angaben des Beklagten, er habe nur eine Ausproduktion geplant und die Kunden hierüber informiert. Es wäre deshalb Sache des Beklagten gewesen, konkret anzugeben, wie die behauptete Information der Kunden erfolgt ist und ob sich die in der Pressemitteilung angedeutete werbende Tätigkeit am Markt - „ein neuer Großkunde wurde gewonnen“ - ggf. allein auf den Betrieb in G bezog, weil sich das von beiden Betrieben gefertigte Sortiment ggf. stark unterschied. Die Darlegung des Zeitpunktes und des Inhalts einer Kundeninformation wäre - deren Existenz unterstellt - auch unschwer durch Vorlage von Informationsschreiben möglich gewesen.

52

Soweit der Beklagte vorgetragen hat, es sei vorbereitet worden, dass pünktlich zum 31. August 2009 die Lieferanten ihre Lieferungen einstellen, weil der Beklagte nicht mehr erfüllen werde, stellt dieser Sachvortrag eine pauschale, nicht überprüfbare Behauptung dar, mit welcher der Beklagte seiner Darlegungslast (§ 138 Abs. 2 ZPO) nicht nachgekommen ist. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht daher auch diesen Vortrag nicht genügen lassen, um „greifbare Formen“ der Stilllegung als Indiz für einen endgültigen Stilllegungsentschluss anzunehmen.

53

Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, aus dem Vortrag zur Veräußerung und Verwertung von Betriebsmitteln ergebe sich kein ausreichendes Indiz für eine endgültige, ernsthafte Stilllegungsabsicht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, die Firma A habe in seinem Auftrag Betriebsmittel inventarisiert, bewertet und teilweise veräußert. Allerdings ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass dies nur Betriebsmittel betraf, die nicht für die Ausproduktion, dh. eine Produktion mit geringerer Auslastung, benötigt wurden. Eine Beauftragung zur Veräußerung von Betriebsmitteln darüber hinaus, dh. insbesondere eine Beauftragung zur Veräußerung aller im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung, behauptet der Beklagte nicht. Vor allem ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, wann die Beauftragung der Firma A erfolgt ist, so dass es auch denkbar wäre, dass die Beauftragung erst erfolgte, als die Betriebsveräußerung an die LPP unmittelbar bevorstand und in Absprache mit dieser vorgenommen wurde. Im Übrigen ergibt sich aus dem Sachvortrag des Beklagten nur, dass in G schon Vermessungen der Maschinen und Anlagen sowie Gewichtsklärungen zum Abtransport vorgenommen worden sind. Deshalb liegt es nahe, dass sich die vom Beklagten vorgelegte Bestätigung der Firma A auf Betriebsmittel des Betriebes in G bezieht. Daher wäre auch insoweit ein konkreter Sachvortrag, wann die Beauftragung erfolgte und welchen konkreten Inhalt sie hatte, notwendig gewesen, um mit einer etwaig eingeleiteten Veräußerung von Betriebsmitteln ein Indiz für eine beabsichtigte Stilllegung, die bereits greifbare Formen angenommen hatte, zu liefern.

54

Soweit der Beklagte geltend macht, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches habe er keinerlei Veräußerungsverhandlungen geführt und das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag, wonach erst im August 2009 die E GmbH ein Angebot zum Erwerb des Betriebsgrundstücks unterbreitet habe, übergangen, greift diese Rüge nicht durch. Dieser Sachvortrag war nicht geeignet, die gegen eine Stilllegungsabsicht sprechende Vermutung infolge der tatsächlich ab 1. September 2009 erfolgten Betriebsfortführung zu widerlegen. Der Sachvortrag des Beklagten ist schon zeitlich nicht hinreichend konkret. Zudem enthält er keine Ausführungen zu Art, Inhalt und zeitlichem Rahmen der Vertragsverhandlungen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht auch nicht festgestellt, vor dem 21. Juli 2009 habe es keine Verhandlungen gegeben. Unstreitig ist vielmehr, dass es Gespräche mit Z gegeben hat. Unklar ist, wann genau diese stattfanden und welchen Inhalt sie hatten. Der Sachvortrag, es habe im August 2009 durch die E GmbH ein Angebot gegeben war schließlich durch die Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht überholt, weshalb sich das Landesarbeitsgericht hiermit nicht näher auseinandersetzen musste. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2010 erklärt, „womöglich habe es am 21.07.2009 bereits ein Angebot gegeben. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben hat“. Mit diesem Vortrag genügte der Beklagte seiner Darlegungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO nicht. Zur Widerlegung der gegen die Stilllegungsabsicht sprechenden Vermutung der Betriebsfortführung hätte der Beklagte konkret dartun müssen, wann und auf wessen Initiative, Verhandlungen mit der LPP oder der E GmbH bzw. mit den für diese handelnden Personen stattgefunden hatten. Nur so wäre auszuschließen, dass eine Betriebsveräußerung schon zum Kündigungszeitpunkt ins Auge gefasst war. Soweit der Beklagte erstmals in der Revisionsinstanz vorträgt, dass ein Angebot der „E bzw. der LPP GmbH erstmalig am 21.07.2009 in notariell beglaubigter Form“ erfolgt ist, welches bis zum 15. September 2009 habe geprüft werden können, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz nicht zu beachtenden neuen Sachvortrag, § 559 Abs. 1 ZPO. Die erhobene Verfahrensrüge nach § 139 Abs. 2 ZPO bleibt demzufolge ohne Erfolg.

55

Auch die übrigen vom Beklagten erhobenen Rügen von Verfahrensmängeln sind nicht durchgreifend. Insoweit sieht der Senat nach § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG von einer Begründung ab.

56

3. Für den Prüfungsmaßstab und die Darlegungslast des Arbeitgebers ist es unerheblich, ob dem Arbeitnehmer ggf. ein Anspruch auf Wiedereinstellung zusteht, wenn sich die Prognose des Arbeitgebers bezüglich der Betriebsstilllegung als fehlerhaft erweist. Denn der von einem möglichen Wiedereinstellungsanspruch vermittelte Schutz bleibt hinter dem des Kündigungsschutzgesetzes zurück (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -; 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118). Insbesondere trägt der Arbeitnehmer, der einen Wiedereinstellungsanspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98). Auch erlischt ein möglicherweise entstandener Wiedereinstellungsanspruch, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, was der Fall sein kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz schon mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt und damit Dispositionen getroffen hat (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51). Vor allem kommt nach der Rechtsprechung des Senats ein Wiedereinstellungsanspruch bei einem Betriebsübergang nach dem Ablauf der Kündigungsfrist bei einer insolvenzbedingten Kündigung ohnehin nicht in Betracht (vgl. BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 199/04 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 30).

57

III. Da die streitgegenständliche Kündigung sozial ungerechtfertigt und mithin rechtsunwirksam ist (§ 1 Abs. 1 KSchG), bedarf es keiner Entscheidung, ob die Kündigung auch wegen Verstoßes gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist.

58

C. Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. September 2010 - 9 Sa 343/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung durch den beklagten Insolvenzverwalter.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 1981 bei der R GmbH, der Insolvenzschuldnerin, zunächst in G und Gr und ab dem 1. Mai 2007 in P anfänglich als Werksleiter und ab 1. Januar 2009 als Leiter des Fachbereichs Logistik und stellvertretender Werksleiter zu einer Bruttomonatsvergütung von 7.250,00 Euro beschäftigt.

3

Die Insolvenzschuldnerin stellte komplexe, bis zu 24-lagige Leiterplatten her. Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin waren die B Ltd., die Bl SARL (Luxembourg) sowie die C plc. Das Betriebsgrundstück in P stand im Eigentum der Insolvenzschuldnerin, während ein Großteil der Maschinen und sonstigen Einrichtungen geleast waren. Leasinggeber war die K GmbH bzw. die später mit dieser verschmolzene E mbH (E GmbH). Geschäftsführer und Mitgesellschafter der E GmbH ist Z.

4

Die Insolvenzschuldnerin beantragte unter dem 3. Februar 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beklagte wurde daraufhin zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Zum Zwecke der Veräußerung der Betriebe der Insolvenzschuldnerin leitete der Beklagte Ende Februar 2009 ein internationales Bieterverfahren in die Wege, mit dem ein Bankhaus beauftragt wurde. Dazu wurden ua. Broschüren an potentielle Interessenten versandt. Diese waren aufgefordert, bis zum 15. April 2009 ein Angebot abzugeben. Nachdem nur zwei Angebote abgegeben worden waren, die jedoch als inakzeptabel erachtet wurden, beschlossen die Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin unter Mitwirkung des Beklagten am 14. April 2009 die Schließung der Betriebe mit Ablauf des 30. April 2009.

5

Auf einer Versammlung am 16. April 2009 wurden die Mitarbeiter beider Betriebe über die geplanten Betriebsschließungen unterrichtet.

6

Mit Schreiben vom 21. April 2009 stellte der Beklagte den Kläger mit Ablauf des 30. April 2009 von der „weiteren Mitarbeit“ frei. Der Beklagte zeigte unter dem 26. April 2010 gegenüber dem Amtsgericht Kl die Masseunzulänglichkeit an.

7

Mit Beschluss des Amtsgerichts Kl vom 1. Mai 2009 wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der R GmbH bestellt. Am 6. Mai 2009 fand eine Sitzung des Gläubigerausschusses statt. Im Sitzungsprotokoll ist ua. festgehalten:

        

„Der Insolvenzverwalter unterrichtet den Gläubigerausschuss darüber, dass aufgrund der rapide weggebrochenen Auftragseingänge und des desaströsen Ergebnisses der Investorensuche der Beschluss zur Einstellung des Betriebsbetriebes gefasst wurde. In Umsetzung dieses Beschlusses sind über 50 % der Mitarbeiter bereits freigestellt worden. Nach Abschluss des entsprechenden Interessenausgleiches und Sozialplanes wird der Unterzeichner sämtlichen Mitarbeitern kündigen und das Unternehmen im Rahmen einer Ausproduktion bis August 2009 fortführen. Auf Grundlage der vorgestellten Liquiditätsplanung ist die Fortführung für diesen Zeitraum sichergestellt.“

8

Unter dem 8./13. Mai 2009 vereinbarten der Beklagte und die Betriebsräte G und P sowie der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich. Dieser lautet auszugsweise:

        

III. 

        

Es besteht keine Möglichkeit den Geschäftsbetrieb über den 30.04.2009 weiterzuführen. Eine übertragende Sanierung kommt in Ermangelung von Interessenten nicht in Betracht.

        

Vor diesem Hintergrund wurde am 15.04.2009 die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin am 30.04.2009 endgültig und auf Dauer einzustellen. Von dieser Entscheidung wurden die Betriebsräte am folgenden Tag in Kenntnis gesetzt.

        

Betriebseinstellung heißt, dass nur solche bestehenden Aufträge abgearbeitet werden, die spätestens mit dem Ablauf der letzten Kündigungsfrist und mit dem sich bis dahin aufgrund unterschiedlich langer Kündigungsfristen ständig reduzierenden Personal noch abgearbeitet werden können. Zur Erhaltung/Mehrung der Insolvenzmasse und Auslastung des Betriebs in der Zeit bis zum Auslauf der Kündigungsfristen der Mitarbeiter vereinbaren beide Parteien, dass nach dieser Maßgabe Neuaufträge angenommen und abgearbeitet werden können, soweit sie noch innerhalb der laufenden Kündigungsfristen der Mitarbeiter abgeschlossen werden können.

        

…       

        

Die Einstellung des Betriebs ist Geschäftsgrundlage des Interessenausgleichs und des Sozialplans. Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bei einer eventuellen Fortführung des Unternehmens neu zu verhandeln ist.

                 
        

IV.     

        

…       

        

Die von Kündigungen und Entlassungen betroffenen Mitarbeiter ergeben sich aus der als Anlage dieser Vereinbarung beigefügten Liste. Diese Liste ist keine Namensliste im Sinne der §§ 1 Abs. 5 KSchG i.V.m. § 125 InsO, die mit der vorliegenden Vereinbarung bei Unterzeichnung fest verbunden ist. Diese feste Verbindung bestätigen sich die Parteien mit Unterschrift gegenseitig. Die Liste dient ausschließlich dem Nachweis der ordnungsgemäßen Anhörung nach § 102 BetrVG.“

9

Gleichzeitig wurden Sozialpläne für beide Betriebe vereinbart.

10

Am 14. Mai 2009 erstattete der Beklagte der für die Betriebe in G und P zuständigen Agentur für Arbeit W Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG. Mit Bescheid vom 28. Mai 2009 bestätigte die Agentur für Arbeit W den Eingang der Anzeige und setzte den Ablauf der Sperrfrist auf den 14. Juni 2009 fest.

11

Mit Schreiben vom 15. Mai 2009, dem Kläger am 16. Mai 2009 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. August 2009 „aus betriebsbedingten Gründen“. Sofern nicht noch behördliche Zulässigkeitserklärungen notwendig waren, wurde auch allen übrigen Mitarbeitern gekündigt.

12

Während etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer bereits freigestellt war, erfolgte mit den übrigen - jedenfalls für Aufträge, die bis Ende August 2009 erledigt werden konnten - die weitere Produktion. Für den Betrieb in G beschloss der Beklagte später, die Ausproduktion bis zum 18. Dezember 2009 zu verlängern. Er beschäftigte dort solche Arbeitnehmer weiter, die im Rahmen von Abwicklungsvereinbarungen die Kündigung mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist akzeptierten.

13

Am 14. August 2009 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts S die Umfirmierung der KLGmbH in LP P GmbH (im Folgenden: LPP) eingetragen. Der Geschäftsgegenstand wurde in: „Die Produktion und der Vertrieb von elektrischen, elektronischen, elektromechanischen, optoelektronischen und technischen Bauelementen und Geräten und die Ausführung aller Geschäfte, die damit im Zusammenhang stehen“ geändert. Geschäftsführer der LPP wurde zunächst Z. Muttergesellschaft der LPP ist die E GmbH.

14

Im Zeitraum Februar bis Mai 2009 besuchte Z mehrfach den Betrieb in P und erfragte hierbei Auftragsstände, Umsätze und Kosten. Auch führte er mit dem Beklagten Gespräche. Im August 2009 wurde den Arbeitnehmern in P seitens Herrn Z angeboten, für den Zeitraum ab dem 1. September 2009 neue Arbeitsverträge abzuschließen.

15

Seit dem 1. September 2009 führt die LPP den Betrieb zur Herstellung von Leiterplatten in P. Sie hatte das Betriebsgrundstück und die im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel erworben. Von den Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin beschäftigte die LPP jedenfalls etwas weniger als die Hälfte weiter. Den Betrieb in G führt die R I GmbH fort.

16

In einer Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 heißt es unter der Überschrift „R geht nach dramatischen Wochen gestärkt aus der Insolvenz hervor“ ua.:

        

„Durch seine hervorragende Reputation gelang es R selbst in der Insolvenz in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners. Ende Juli konnte für das Werk P mit dem früheren R-Eigentümer Z eine Zukunftslösung gefunden werden.“

17

Für das Betriebsgrundstück in P wurde am 15. Oktober 2009 die Eintragung einer „Erwerbsvormerkung“ zugunsten der LP P GmbH in das Grundbuch mit „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/01.09.2009“ vorgenommen.

18

Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 bestätigte die Firma A GmbH die für den Beklagten vorgenommene Verwertung zweier Gabelstapler, dreier Filterpressen, dreier Kolbenmembranpumpen, eines Systronic Ofens und eines Multilayer-Pressezentrums im Gesamtwert von 31.500,00 Euro.

19

Der Kläger behauptet, es habe zum Zeitpunkt des Ausspruches der streitgegenständlichen Kündigung keinen endgültigen Betriebsstilllegungsbeschluss gegeben. Als ihm die Kündigung zugegangen sei, habe der Beklagte in Verhandlungen einerseits mit Z, dem Geschäftsführer der LPP, und andererseits mit den Geschäftsführern der Firmengruppe Pr, Ro und E Pr, gestanden. Der Beklagte habe nur vorsorglich für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen gekündigt. Dies ergebe sich schon daraus, dass Z von Februar bis Mai 2009 mehrmals den Betrieb P besucht habe. Persönlich habe dieser dem Kläger sinngemäß gesagt, dass er zwar keine große Lust für eine Übernahme habe, aber eine Stilllegungsentscheidung verhindern wolle. Dessen Besuche im Betrieb in P seien ohne Einverständnis des Beklagten kaum vorstellbar. Die Motivation des Z ergebe sich ohne Weiteres aus den abgeschlossenen Leasingverträgen, die niemals gekündigt worden seien. Auch aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich, dass er mit Z verhandelt habe. Dabei habe der Beklagte nicht angegeben, wann dies geschehen sei. Bereits am 21. Juli 2009 sei eine Auflassungsvormerkung für die LPP im Grundbuch eingetragen worden, wobei der Notar auf Nachfrage angegeben habe, dass der Kaufvertrag etliche Zeit vor dem 21. Juli 2009 geschlossen worden sei. Seit dem 1. September 2009 produziere die LPP mit den verbliebenen Mitarbeitern unverändert mit denselben Betriebsmitteln in P. Dass der Beklagte nicht von einer Stilllegung ausgegangen sei, ergebe sich auch daraus, dass alle für die Produktion notwendigen Rohstoffe und Betriebsmittel auch nach dem 1. September 2009 in ausreichender Menge vorhanden gewesen seien, was nur durch entsprechende Vorkehrungen des Beklagten erklärt werden könne. Auch Aufträge seien ab dem 1. September 2009 ausreichend vorhanden gewesen.

20

Im Übrigen hält der Kläger die Kündigung auch nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB für unwirksam.

21

Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem Beklagten nicht durch die Kündigung vom 15. Mai 2009 - dem Kläger zugegangen am 16. Mai 2009 - zum 31. August 2009 aufgelöst wird.

22

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

23

Er behauptet, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches seien keine Verhandlungen über eine Weiterführung des Betriebes in P geführt worden. Vielmehr sei er von der Betriebsstilllegung und Ausproduktion - mit etwas weniger als 50 % der Arbeitnehmer - bis 31. August 2009 ausgegangen, da die Suche nach Investoren erfolglos verlaufen sei. Die Stilllegung sei beschlossen worden, weil die Insolvenzschuldnerin im Jahre 2008 bei einem Umsatz von über 104 Mio. Euro einen Verlust von mehr als 7 Mio. Euro ausgewiesen habe, der im Wesentlichen durch das Werk in P verursacht worden sei. Eine kostendeckende Produktion sei für die Zukunft nicht abzusehen gewesen. Die Stilllegungsentscheidung habe auch greifbare Formen angenommen gehabt. So sei ein Interessenausgleich abgeschlossen und die Massenentlassungsanzeige erstattet worden. Auch sei allen Arbeitnehmern gekündigt und dies auf Betriebsversammlungen ausreichend kommuniziert worden. Neue Aufträge bzw. Abrufe seien nur dann angenommen worden, wenn diese bis zum 31. August 2009 hätten erledigt werden können. In der Branche der Insolvenzschuldnerin sei es typisch, dass Kunden im Wege eines „letter of intent“ Größenordnungen für jährliche Abrufe ankündigen, verbindliche Abrufe aber erst etwa einen Monat bis eine Woche vor dem Produktionsmonat erfolgen. Die Insolvenzschuldnerin bzw. der Beklagte hätten daher keine Aufträge abzulehnen oder zu kündigen brauchen. Den Kunden sei mitgeteilt worden, dass nur bis zum 31. August 2009 produziert werde. Für die Zeit nach dem 31. August 2009 seien keine Produktionszusagen gegeben worden. Auch habe der Beklagte die Firma A beauftragt, für vorhandene Betriebsmittel, soweit diese nicht mit Sicherungsmitteln belastet oder für die Ausproduktion benötigt würden, Interessenten zu finden. Dass Maschinen veräußert worden seien, ergebe sich aus dem Schreiben der Firma A vom 26. Januar 2010. Wenn Z in P erschienen sei, so sei dies geschehen, um seine Sicherheiten zu prüfen. Jedenfalls habe dieser ihm keine Überlegungen zu einer Betriebsübernahme mitgeteilt. Bl habe sich erstmals im Juli 2009 mit der Frage eines Erwerbs der Betriebsstätte G befasst und im Wege eines „letter of intent“ grundsätzliches Interesse am Standort G mit den bisherigen Produktionsmitteln geäußert. Die von Bl gestellten Bedingungen seien aber zunächst nicht erfüllt worden, so dass das Geschäft „geplatzt“ sei. Da aber Kunden der Einstieg eines Investors schon signalisiert worden sei, habe man die Ausproduktion in G bis 18. Dezember 2009 verlängert. Weitere Verhandlungen mit Bl hätten dann dazu geführt, dass Bl am 14. September 2009 entschieden habe, die im Rahmen der Verhandlungen gestellten Bedingungen als erfüllt anzusehen. Die Muttergesellschaft der LPP, die E GmbH, habe erst im August 2009 angeboten, das Betriebsgrundstück in P und die Betriebseinrichtungen zu erwerben. Nach Zustimmung durch die Gläubigerversammlung am 27. August 2009 sei der Kaufvertrag am 1. September 2009 zustande gekommen. Entscheidend sei, dass eine nachträgliche Entwicklung ohnehin unbeachtlich sei, da es allein auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruches ankomme.

24

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Beklagtenvertreter auf die Frage, wie sich das Datum 21. Juli 2009 in der Grundbucheintragung zur Vormerkung erklären lasse, ausgeführt, dass es womöglich am 21. Juli 2009 bereits ein Angebot gegeben habe. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben habe.

25

Erstmals in der Revisionsbegründung trägt der Beklagte vor, dass ein Angebot der E GmbH bzw. der LPP erstmalig am 21. Juli 2009 in notariell beglaubigter Form erfolgt sei.

26

Mit Teilurteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung nicht aufgelöst wird. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

27

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die von ihm zum 31. August 2009 ausgesprochene Kündigung hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgelöst.

28

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die streitgegenständliche Kündigung sei nicht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehöre die Stilllegung des gesamten Betriebes. Von einer Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers sei auszugehen, wenn dieser seine Absicht unmissverständlich äußere, allen Arbeitnehmern kündige, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöse, die Betriebsmittel, über die er verfügen könne, veräußere und die Betriebstätigkeit vollständig einstelle. Die betreffenden betrieblichen Umstände müssten greifbare Formen angenommen haben. Keine Stilllegungsabsicht liege vor, wenn der Betrieb veräußert werden solle. Das Bundesarbeitsgericht habe in der alsbaldigen Wiedereröffnung des Betriebes eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht gesehen.

29

Unter Beachtung dieser Maßstäbe stehe zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernstlichen und endgültigen Entschluss gefasst gehabt habe, den Betrieb in P stillzulegen. Für einen solchen Entschluss spreche zwar der Gesellschafterbeschluss - obwohl in diesem von einer Stilllegung zum 30. April 2009 die Rede sei -, der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans sowie die Kündigung aller Mitarbeiter. Gegen eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht spreche jedoch die nahtlose Fortführung des Betriebes durch die LPP und dass es zu einer Stilllegung nicht gekommen sei. Deshalb hätte es des Vortrags weiterer Indizien durch den Beklagten bedurft, um darzulegen, dass er bereits zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ernsthaft und endgültig die Stilllegung beabsichtigt habe. Wenn eine prognostizierte Betriebsstilllegung nicht eingetreten sei, habe dies Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber habe dann konkret darzulegen, welche Maßnahmen er zunächst wann vorgenommen habe, um seine Entscheidung umzusetzen. Er habe im Einzelnen vorzutragen, wann welche nicht vorhergesehene Entwicklung stattgefunden habe. Es komme nicht darauf an, ob der Beklagte bereits bei Zugang der Kündigung ein Angebot der LPP angenommen gehabt habe, da auch ernsthafte Vertragsverhandlungen einen endgültigen und ernsthaften Stilllegungsbeschluss ausschließen würden.

30

Der Beklagte habe nicht vorgetragen, welche konkreten Maßnahmen ergriffen worden seien, um die Vertragsbeziehungen zu Dritten (Miet-, Leasingverträge oder Verträge mit Energieversorgern oder Rohstofflieferanten) zu regeln. Der bloße Vortrag, den Kunden sei das Auslaufen der Produktion mitgeteilt worden, sei zu pauschal, um nachvollziehbar zu machen, weshalb Kunden davon ausgehen mussten, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 stattfinden. Unklar bleibe, warum Kunden auch Bestellungen bzw. Abrufungen für die Zeit nach dem 31. August 2009 in Aussicht gestellt hätten, wenn ihnen doch erklärt worden sein solle, eine Ausproduktion werde nur bis zum 31. August 2009 erfolgen. Auch zu Rohstofflieferanten fehle jeder Vortrag, was aber angesichts der Fortführung der Produktion am 1. September 2009 notwendig gewesen wäre. Nicht vorgetragen sei, wie es der Beklagte sichergestellt habe, einerseits genügend Rohstoffe für die Ausproduktion zu haben und andererseits unnötige Rohstoffmengen zu vermeiden. Insoweit hätte er vortragen müssen, ob und gegebenenfalls welche Vereinbarungen es mit der LPP gegeben habe. Der Vortrag zur Veräußerung von Betriebsmitteln durch die Firma A sei zu pauschal. Es sei schon nicht erkennbar, ob Betriebsmittel aus G oder P veräußert worden seien. Auch der Zeitpunkt der Beauftragung der Firma A sei unklar. Insbesondere fehle ein Vortrag, wann und aufgrund wessen Initiative es zu konkreten Verhandlungen mit der LPP gekommen sei. Zwar sprechen sowohl die Pressemitteilung als auch der Zeitpunkt der Grundbucheintragung für Gespräche zumindest im Juli 2009. Es wäre aber Sache des Beklagten gewesen, den Ablauf der Kontaktaufnahme sowie den Verhandlungsablauf darzustellen, damit ausgeschlossen werden könne, dass zum Zeitpunkt der Kündigung mögliche Vertragsverhandlungen mit der LPP vorbehalten waren. Schließlich genüge auch der Vortrag zur Freistellung von Mitarbeitern und zur Durchführung des Bieterverfahrens nicht, um von einer endgültigen Stilllegungsabsicht ausgehen zu können.

31

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

32

Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

33

I. Der Beklagte ist passivlegitimiert, und zwar unabhängig davon, ob nach Ausspruch der Kündigung und der fristgerechten Erhebung einer Kündigungsschutzklage ein Betriebsübergang stattgefunden hat oder nicht. Der Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, ist für die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der Kündigung auch nach einem Betriebsübergang passivlegitimiert (vgl. BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210).

34

II. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Sie ist damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG). Das Kündigungsschutzgesetz ist auch bei einer Kündigung des Insolvenzverwalters nach § 113 InsO zu beachten, wenn es - wie vorliegend - nach seinem persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet(vgl. BAG 26. Juli 2007 - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324).

35

1. Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) durch das Landesarbeitsgericht handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist(st. Rspr., vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51).

36

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil stand.

37

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können(st. Rspr., vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist aber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 14. August 2007 - 8 AZR 1043/06 - AP BGB § 613a Nr. 325 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 74). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebes steht (vgl. BAG 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140). Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber sich im Zeitpunkt der Kündigung noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -). Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance bietet, und gelingt dann später noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51; 29. September 2005 - 8 AZR 647/04 - aaO).

38

Auch ist bei einer Betriebsstilllegung erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben. Diese liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes, dh. die Stilllegung, gegeben sein. Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125).

39

Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich nach diesen Grundsätzen demnach systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebes wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20).

40

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung ist der des Kündigungszugangs (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 185 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164). Dies schließt es nicht aus, dass - insbesondere, wenn dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element innewohnt - der tatsächliche Eintritt der prognostizierten Entwicklung Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität der Prognose zulässt (vgl. BAG 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - BAGE 109, 40 = AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 64 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128). Verläuft die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung planmäßig, ist es gerechtfertigt, von einem tragfähigen Konzept im Zeitpunkt der Kündigung auszugehen (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 280). Die im Kündigungszeitpunkt gestellte Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf entfallen, wird so bestätigt (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 136 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139). Umgekehrt spricht bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes bzw. bei alsbaldiger Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53).

41

Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG. Beruft sich der Arbeitgeber auf den betriebsbedingten Kündigungsgrund der Stilllegung, so ist, wenn das Vorliegen eines Stilllegungsentschlusses im Kündigungszeitpunkt bestritten wird, der Arbeitgeber verpflichtet, substanziiert darzulegen, dass und zu welchem Zeitpunkt er diejenigen organisatorischen Maßnahmen, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstellen, geplant und beschlossen hat. Über diese Entschlussfassung hinaus muss der Arbeitgeber substanziiert vortragen, dass auch die geplanten Maßnahmen selbst im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen hatten (BAG 23. März 1984 - 7 AZR 409/82 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 38). Der Umfang der Darlegungslast hängt dabei auch davon ab, wie sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung der Kündigung einlässt (vgl. BAG 17. Oktober 1980 - 7 AZR 675/78 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 15). Trägt der gekündigte Arbeitnehmer beispielsweise Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine Stilllegungsentscheidung nicht ernsthaft getroffen war, weil es Veräußerungsverhandlungen gegeben habe, und kommt es zu einer alsbaldigen Wiedereröffnung bzw. nahtlosen Fortsetzung durch einen Betriebserwerber, so trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Wiedereröffnung bzw. Veräußerung nicht bereits voraussehbar oder gar geplant war (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 1 KSchG Rn. 279).

42

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Beklagte entgegen der ihn treffenden Darlegungslast keine ausreichenden Umstände für die Annahme vorgetragen hat, bei einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches davon auszugehen gewesen, eine Weiterbeschäftigung des Klägers werde mit Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr möglich sein.

43

Die gemäß § 286 Abs. 1 ZPO gewonnene Überzeugung des Tatsachengerichts, ob die vom Beklagten vorgetragenen und vom Kläger bestrittenen Tatsachen den Schluss auf einen endgültigen und ernsthaften Entschluss zur Betriebsstilllegung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung rechtfertigen, ist nur beschränkt revisibel(vgl. oben B II 1).

44

Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für einen ernsthaften und endgültigen Beschluss, den Betrieb in P stillzulegen, zunächst der Gesellschafterbeschluss vom 14. April 2009 spricht. Gleiches gilt auch für die Information des Gläubigerausschusses durch den Beklagten am 6. Mai 2009. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter berücksichtigt, dass der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans und die Massenentlassungsanzeige für eine ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht sprechen. Dies macht aber nicht entbehrlich, die weiteren Umstände zu würdigen, die - wie die alsbaldige Wiedereröffnung bzw. Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch einen Betriebserwerber - gegen einen ernsthaften, endgültigen Stilllegungsentschluss sprechen. Die Prüfung, ob nach Würdigung der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Kündigung die im Zusammenhang mit der behaupteten Stilllegungsabsicht getroffenen Maßnahmen bereits „greifbare Formen“ angenommen hatten, die ihrerseits wiederum einen Rückschluss auf die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsentschlusses zulassen, obliegt zuvörderst dem Tatsachengericht.

45

Angesichts der Veräußerung des Betriebsgrundstückes und materieller Betriebsmittel an die LPP sowie der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit durch diese in P ab 1. September 2009 begegnet die Würdigung der weiteren Umstände durch das Landesarbeitsgericht keinen Bedenken. Die Wiederaufnahme der Produktion durch einen Betriebserwerber begründet eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53). Dies gilt nicht nur dann, wenn ein Betriebsübergang innerhalb der Kündigungsfrist stattfindet. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. September 1984 (- 2 AZR 309/83 - BAGE 47, 13 = AP BGB § 613a Nr. 39 = EzA BGB § 613a Nr. 40) steht dem nicht entgegen. Zwar könnte ein solcher Bezug zur Kündigungsfrist aus dem Leitsatz Nr. 3c hergeleitet werden. Ein solcher ergibt sich aus den Entscheidungsgründen jedoch nicht. Vielmehr heißt es dort, dass bei alsbaldiger Wiedereröffnung eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht. Der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht sei nur dann gegeben, wenn ein Betriebsübergang noch innerhalb der individuellen Kündigungsfrist stattfindet. Auch in späteren Entscheidungen des Zweiten Senats findet sich keine Einschränkung auf den Zeitraum der Kündigungsfrist (vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 - aaO; 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - AP BGB § 613a Nr. 67 = EzA BGB § 613a Nr. 64). Kommt es noch vor dem beabsichtigten oder alsbald nach dem beabsichtigten Stilllegungstermin zu einer Betriebsfortführung durch einen Betriebserwerber, so spricht die Erfahrung dafür, dass die Verhandlungen bzw. der Abschluss der Rechtsgeschäfte hierfür bereits längere Zeit zuvor stattgefunden haben. Dies rechtfertigt es, an die Betriebsfortführung durch den Unternehmer bzw. einen Erwerber die tatsächliche Vermutung zu knüpfen, zum Zeitpunkt der Kündigung der Arbeitsverhältnisse habe keine endgültige Stilllegungsabsicht bestanden. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, durch näheren Sachvortrag diese Vermutung zu widerlegen.

46

Ohne Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit setzte die LPP ab dem 1. September 2009 die Produktion von Leiterplatten im Betrieb in P mit den dort vorhandenen Betriebsmitteln fort. Zwar spricht der Inhalt der Grundbucheintragung vom 15. Oktober 2009 „Bezug: Bewilligung vom 21.07.2009/ 01.09.2009“ dafür, dass die zur Übertragung des Eigentums notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen vom 21. Juli 2009 bzw. 1. September 2009 - also einem Zeitpunkt nach Zugang der Kündigung - stammen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht aber darauf abgestellt, dass auch ernsthafte Veräußerungsverhandlungen zwischen dem Beklagten und der LPP einer ernsthaften Stilllegungsabsicht entgegenstehen. Erfahrungsgemäß gehen vertraglichen Vereinbarungen bzgl. einer Betriebsübernahme und eines Grunderwerbs, die in die Eintragung einer Auflassungsvormerkung münden, langfristige Vorverhandlungen voraus. Demnach ist die Vermutung gerechtfertigt, solche Verhandlungen seien bereits im Mai 2009, dem Zeitpunkt des Kündigungsausspruches, geführt worden. Dass solche zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) nicht stattfanden, sondern tatsächlich ein endgültiger Stilllegungsentschluss getroffen war, hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt.

47

Allein die Entlassung von Arbeitnehmern spricht nicht für eine ernsthafte Stilllegungsabsicht, weil es gerade um die Frage geht, ob diese Kündigungen sozial gerechtfertigt sind (vgl. BAG 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70). Auch die Freistellung von einzelnen Arbeitnehmern ist kein ausschlaggebendes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss. Solche Freistellungen können nämlich in Absprache mit einem Betriebserwerber auch dazu dienen, angepasst an ein bestimmtes Auftragsvolumen nur bestimmte Leistungsträger zu übernehmen. So wie die Beschäftigung der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht spricht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156), so darf auch nicht allein aus deren Freistellung auf das Vorliegen eines endgültigen Stilllegungsentschlusses des Arbeitgebers geschlossen werden.

48

Auch die finanzielle Situation bei der Insolvenzschuldnerin ist kein Indiz für die Ernsthaftigkeit des Stilllegungsbeschlusses. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet noch keine Betriebsstilllegung, weil der Insolvenzverwalter den Betrieb weiterführen kann (vgl. BAG 27. November 1986 - 2 AZR 706/85 -).

49

Demnach ist auch die zur Insolvenz führende Überschuldung grundsätzlich kein Indiz für eine Stilllegungsabsicht. Dies gilt im Streitfalle vor allem deshalb, weil der Beklagte die Veräußerung der Insolvenzschuldnerin in einem internationalen Bieterverfahren angesichts der unzureichenden Gewinnsituation angestrebt, also zunächst keine Stilllegung der Betriebe in G und P beabsichtigt hatte. Auch das Scheitern des internationalen Bieterverfahrens spricht nicht zwangsläufig für die Ernsthaftigkeit eines anschließenden Stilllegungsentschlusses, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Dass der Wunsch, einen Betrieb zu veräußern, sich nicht im ersten Anlauf verwirklichen lässt, drängt nicht zwingend den Schluss auf, dass der Arbeitgeber nach dem ersten gescheiterten Versuch das Gegenteil - nämlich die endgültige Betriebsstilllegung - beabsichtigt.

50

Nicht zu beanstanden ist, dass das Landesarbeitsgericht den Vortrag des Beklagten, er habe den Kunden mitgeteilt, die Insolvenzschuldnerin produziere bis zum 31. August 2009, nicht für die Annahme hat genügen lassen, die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe bereits im Zeitpunkt der Kündigungserklärung greifbare Formen angenommen gehabt.

51

Allerdings liegt in der Regel ein starkes Indiz für einen ernstlichen und endgültigen Stilllegungsplan vor, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss gegenüber Lieferanten, Kunden, Banken usw. bekannt gibt (vgl. APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 489), weil ein Arbeitgeber, der die Betriebsfortführung oder Veräußerung ernsthaft ins Auge fasst, die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten, Kunden, Banken etc. in der Regel nicht durch die Bekanntgabe einer Stilllegungsentscheidung gefährden will (vgl. BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87). Erst recht wird der Arbeitgeber langfristige Geschäftsbeziehungen nicht kündigen, wenn eine Betriebsveräußerung bzw. -fortführung beabsichtigt ist. Deshalb begründen organisatorische Vorkehrungen wie der Ausspruch von Kündigungen solcher Geschäftsbeziehungen ein starkes Indiz für einen ernsthaften Stilllegungsbeschluss. Nach eigenem Sachvortrag hat der Beklagte aber weder gegenüber Kunden, Banken, Lieferanten noch gegenüber dem Leasinggeber Kündigungen ausgesprochen. Dass der Beklagte nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO die Erfüllung von Verträgen abgelehnt hat, wird von ihm ebenfalls nicht konkret behauptet. Er trägt vor, er habe im Hinblick auf die in der Branche übliche Verfahrensweise - die Kunden avisierten mit einem „letter of intent“ ein bestimmtes (jährliches) Abrufvolumen und würden dieses dann kurzfristig vor dem gewünschten Liefertermin abrufen - keine Kündigungen aussprechen müssen und deshalb die Kunden darüber informiert, die Insolvenzschuldnerin werde bis zum 31. August 2009 produzieren. Nicht angegeben hat der Beklagte, wann und wie genau diese Information gegeben worden sein soll. Mit diesem Sachvortrag ist der Beklagte seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, da es gerade auf den Zeitpunkt und den Inhalt der Kundeninformation ankommt, wenn daraus auf die Ernsthaftigkeit eines Stilllegungsentschlusses geschlossen werden soll. Hätte der Beklagte die von ihm behauptete Information bspw. erst während laufender Veräußerungsverhandlungen an Kunden gegeben, spräche dies nicht für einen ernsthaften Stilllegungsentschluss, da damit nur ein Hinweis auf ein Auslaufen der Produktion durch den Beklagten und die künftige Veräußerung des Betriebes verbunden sein könnte. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten bei dem von ihm geschilderten Vertriebsmodell nur mit einer unmissverständlichen Kundeninformation hätte sichergestellt werden können, dass kein Beschäftigungsbedarf über den 31. August 2009 hinaus besteht. Während bei anderen Arbeitgebern das Bemühen um neue Aufträge im Kündigungszeitpunkt einer endgültigen Stilllegungsabsicht entgegensteht, könnte bei dem vom Beklagten geschilderten Vertriebsmodell eine Prognose, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde der Beschäftigungsbedarf für alle Arbeitnehmer entfallen, dann sichergestellt werden, wenn die Kunden unmissverständlich darüber informiert worden wären, dass Bestellungen und Lieferungen für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung nicht mehr erfolgen können. Dies wird auch am eigenen Sachvortrag des Beklagten zum Betrieb in G deutlich. Dort hatte der Beklagte den Kunden bereits mitgeteilt, ein Investor werde einsteigen, weshalb ein Auftragsvolumen bzw. Abrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 zu verzeichnen waren, welche zunächst eine Verlängerung der Ausproduktion bis in den Dezember 2009 hinein notwendig machten. Eine unmissverständliche Kundeninformation kann dem Vortrag des Beklagten nicht schlüssig entnommen werden. Vielmehr kündigten Kunden der Insolvenzschuldnerin für den Betrieb in P Warenabrufe für die Zeit nach dem 31. August 2009 an bzw. stellten solche in Aussicht. Der Kläger hat dazu unwidersprochen vorgetragen, dass die LPP für die Zeit nach dem 31. August 2009 ausreichend Aufträge vorfand. Schon diese Umstände sprechen gegen eine unmissverständliche Kundeninformation. Weiter kommt in diesem Zusammenhang dem Inhalt der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin vom 14. September 2009 Bedeutung zu. Nach dieser ist es der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten durch die hervorragende Reputation der Insolvenzschuldnerin gelungen, „in den Folgemonaten sogar einen neuen Großkunden für sich zu gewinnen und andere maßgebliche Bedarfsträger platzierten Zusatzaufträge zur Stützung ihres strategischen Lieferantenpartners“. Diese Angaben in der Pressemitteilung der Insolvenzschuldnerin stehen im Widerspruch zu den Angaben des Beklagten, er habe nur eine Ausproduktion geplant und die Kunden hierüber informiert. Es wäre deshalb Sache des Beklagten gewesen, konkret anzugeben, wie die behauptete Information der Kunden erfolgt ist und ob sich die in der Pressemitteilung angedeutete werbende Tätigkeit am Markt - „ein neuer Großkunde wurde gewonnen“ - ggf. allein auf den Betrieb in G bezog, weil sich das von beiden Betrieben gefertigte Sortiment ggf. stark unterschied. Die Darlegung des Zeitpunktes und des Inhalts einer Kundeninformation wäre - deren Existenz unterstellt - auch unschwer durch Vorlage von Informationsschreiben möglich gewesen.

52

Soweit der Beklagte vorgetragen hat, es sei vorbereitet worden, dass pünktlich zum 31. August 2009 die Lieferanten ihre Lieferungen einstellen, weil der Beklagte nicht mehr erfüllen werde, stellt dieser Sachvortrag eine pauschale, nicht überprüfbare Behauptung dar, mit welcher der Beklagte seiner Darlegungslast (§ 138 Abs. 2 ZPO) nicht nachgekommen ist. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht daher auch diesen Vortrag nicht genügen lassen, um „greifbare Formen“ der Stilllegung als Indiz für einen endgültigen Stilllegungsentschluss anzunehmen.

53

Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, aus dem Vortrag zur Veräußerung und Verwertung von Betriebsmitteln ergebe sich kein ausreichendes Indiz für eine endgültige, ernsthafte Stilllegungsabsicht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, die Firma A habe in seinem Auftrag Betriebsmittel inventarisiert, bewertet und teilweise veräußert. Allerdings ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass dies nur Betriebsmittel betraf, die nicht für die Ausproduktion, dh. eine Produktion mit geringerer Auslastung, benötigt wurden. Eine Beauftragung zur Veräußerung von Betriebsmitteln darüber hinaus, dh. insbesondere eine Beauftragung zur Veräußerung aller im Eigentum der Insolvenzschuldnerin stehenden Betriebsmittel für die Zeit nach der beabsichtigten Stilllegung, behauptet der Beklagte nicht. Vor allem ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, wann die Beauftragung der Firma A erfolgt ist, so dass es auch denkbar wäre, dass die Beauftragung erst erfolgte, als die Betriebsveräußerung an die LPP unmittelbar bevorstand und in Absprache mit dieser vorgenommen wurde. Im Übrigen ergibt sich aus dem Sachvortrag des Beklagten nur, dass in G schon Vermessungen der Maschinen und Anlagen sowie Gewichtsklärungen zum Abtransport vorgenommen worden sind. Deshalb liegt es nahe, dass sich die vom Beklagten vorgelegte Bestätigung der Firma A auf Betriebsmittel des Betriebes in G bezieht. Daher wäre auch insoweit ein konkreter Sachvortrag, wann die Beauftragung erfolgte und welchen konkreten Inhalt sie hatte, notwendig gewesen, um mit einer etwaig eingeleiteten Veräußerung von Betriebsmitteln ein Indiz für eine beabsichtigte Stilllegung, die bereits greifbare Formen angenommen hatte, zu liefern.

54

Soweit der Beklagte geltend macht, zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches habe er keinerlei Veräußerungsverhandlungen geführt und das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag, wonach erst im August 2009 die E GmbH ein Angebot zum Erwerb des Betriebsgrundstücks unterbreitet habe, übergangen, greift diese Rüge nicht durch. Dieser Sachvortrag war nicht geeignet, die gegen eine Stilllegungsabsicht sprechende Vermutung infolge der tatsächlich ab 1. September 2009 erfolgten Betriebsfortführung zu widerlegen. Der Sachvortrag des Beklagten ist schon zeitlich nicht hinreichend konkret. Zudem enthält er keine Ausführungen zu Art, Inhalt und zeitlichem Rahmen der Vertragsverhandlungen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht auch nicht festgestellt, vor dem 21. Juli 2009 habe es keine Verhandlungen gegeben. Unstreitig ist vielmehr, dass es Gespräche mit Z gegeben hat. Unklar ist, wann genau diese stattfanden und welchen Inhalt sie hatten. Der Sachvortrag, es habe im August 2009 durch die E GmbH ein Angebot gegeben war schließlich durch die Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht überholt, weshalb sich das Landesarbeitsgericht hiermit nicht näher auseinandersetzen musste. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2010 erklärt, „womöglich habe es am 21.07.2009 bereits ein Angebot gegeben. Er könne nicht sagen, ob es da schon entsprechende Verhandlungen gegeben hat“. Mit diesem Vortrag genügte der Beklagte seiner Darlegungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO nicht. Zur Widerlegung der gegen die Stilllegungsabsicht sprechenden Vermutung der Betriebsfortführung hätte der Beklagte konkret dartun müssen, wann und auf wessen Initiative, Verhandlungen mit der LPP oder der E GmbH bzw. mit den für diese handelnden Personen stattgefunden hatten. Nur so wäre auszuschließen, dass eine Betriebsveräußerung schon zum Kündigungszeitpunkt ins Auge gefasst war. Soweit der Beklagte erstmals in der Revisionsinstanz vorträgt, dass ein Angebot der „E bzw. der LPP GmbH erstmalig am 21.07.2009 in notariell beglaubigter Form“ erfolgt ist, welches bis zum 15. September 2009 habe geprüft werden können, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz nicht zu beachtenden neuen Sachvortrag, § 559 Abs. 1 ZPO. Die erhobene Verfahrensrüge nach § 139 Abs. 2 ZPO bleibt demzufolge ohne Erfolg.

55

Auch die übrigen vom Beklagten erhobenen Rügen von Verfahrensmängeln sind nicht durchgreifend. Insoweit sieht der Senat nach § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG von einer Begründung ab.

56

3. Für den Prüfungsmaßstab und die Darlegungslast des Arbeitgebers ist es unerheblich, ob dem Arbeitnehmer ggf. ein Anspruch auf Wiedereinstellung zusteht, wenn sich die Prognose des Arbeitgebers bezüglich der Betriebsstilllegung als fehlerhaft erweist. Denn der von einem möglichen Wiedereinstellungsanspruch vermittelte Schutz bleibt hinter dem des Kündigungsschutzgesetzes zurück (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 75/06 -; 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118). Insbesondere trägt der Arbeitnehmer, der einen Wiedereinstellungsanspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98). Auch erlischt ein möglicherweise entstandener Wiedereinstellungsanspruch, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, was der Fall sein kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz schon mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt und damit Dispositionen getroffen hat (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51). Vor allem kommt nach der Rechtsprechung des Senats ein Wiedereinstellungsanspruch bei einem Betriebsübergang nach dem Ablauf der Kündigungsfrist bei einer insolvenzbedingten Kündigung ohnehin nicht in Betracht (vgl. BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 199/04 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 30).

57

III. Da die streitgegenständliche Kündigung sozial ungerechtfertigt und mithin rechtsunwirksam ist (§ 1 Abs. 1 KSchG), bedarf es keiner Entscheidung, ob die Kündigung auch wegen Verstoßes gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist.

58

C. Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.