Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Aug. 2016 - 2 Sa 405/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0818.2SA405.15.0A
bei uns veröffentlicht am18.08.2016

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 15. Juli 2015 - 7 Ca 518/15 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt insgesamt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2014 608,12 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. Juni 2015 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 insgesamt 8.610,00 € brutto abzüglich 4.434,45 € netto und abzüglich weiterer 482,49 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. Juni 2015 zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Arbeitszeugnis zu erteilen, welches sich auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstreckt.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 3/5 und der Beklagte zu 2/5. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 9/20 und der Beklagte zu 11/20.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Vergütung für die Monate November 2014 bis Februar 2015 und Urlaubsabgeltung.

2

Der Kläger war beim Beklagten, seinem Vater, als Fliesenleger in Vollzeit mit einem vereinbarten Stundenlohn von 17,50 € brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) Anwendung.

3

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis wegen Arbeitsmangel zum 30. November 2014. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 10. November 2014 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein eingereichten Klage (Az.: 7 Ca 2046/14) gewandt. In diesem vorangegangenen Kündigungsrechtsstreit hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein nach Annahme eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags mit Beschluss vom 23. Februar 2015 (Bl. 4, 5 d. A.) gemäß § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs zwischen den Parteien festgestellt, nach dem ihr Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung vom 27. Oktober 2014 zum 28. Februar 2015 beendet wird. Der Beschluss ist den Prozessbevollmächtigten der Parteien am 02. März 2015 zugegangen.

4

Für den Monat November 2014 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Abrechnung über einen Bruttobetrag in Höhe von 2.756,25 €, der nach den darin ausgewiesenen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Abzügen und dem unter der Bezeichnung "AN-Anteil Winterbauuml." ausgewiesenen Abzug einen Auszahlungsbetrag in Höhe von 1.768,95 € ergibt (Bl. 33 d. A.). Hierauf zahlte der Beklagte an den Kläger lediglich einen Nettobetrag in Höhe von 1.000,00 € netto aus.

5

Ab Dezember 2014 bezog der Kläger gemäß dem Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 12. Februar 2015 (Bl. 216 bis 218 d. A.) Arbeitslosengeld; wegen der Höhe des im streitgegenständlichen Zeitraum gezahlten Arbeitslosengeldes wird auf die als Anlage K 4 zum Schriftsatz des Klägers vom 27. Mai 2015 vorgelegte Aufstellung (Bl. 34 d. A.) und den Bescheid vom 12. Februar 2015 verwiesen.

6

Mit Schreiben vom 03. März 2015 (Bl. 6 d. A.) forderte der Kläger den Beklagten auf, den rückständigen Lohn für die Monate November, Dezember, Januar und Februar bis spätestens 15. März 2015 zu zahlen und darüber hinaus den ihm noch zustehenden Urlaubsanspruch abzugelten sowie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen.

7

Mit seiner beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein erhobenen Klage hat der Kläger zuletzt für die Monate November 2014 bis Februar 2015 Vergütungsansprüche in Höhe von 11.828,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.000,00 € netto und abzüglich Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.434,45 € netto sowie Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.637,72 € brutto und die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses geltend gemacht.

8

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 15. Juli 2015 - 7 Ca 518/15 - und die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

9

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

10

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 11.828,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.000,00 € netto sowie abzüglich 4.434,45 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

11

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.637,72 € brutto an Urlaubsabgeltung zu zahlen,

12

3. den Beklagten zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis, welches sich auf Leistung und Führung erstreckt, zu erteilen.

13

Der Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Mit Urteil vom 15. Juli 2015 - 7 Ca 518/15 - hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein den Beklagten verurteilt, an den Kläger für November 2014 bis Februar 2015 11.567,00 € abzüglich bereits gezahlter 1.000,00 € netto sowie abzüglich 4.434,45 € netto nebst Zinsen sowie Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.637,72 € brutto zu zahlen und dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, während es im Übrigen die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte für November 2014 bis Februar 2015 Annahmeverzugslohn schulde. Die Kündigung vom 27. Oktober 2014 habe das Arbeitsverhältnis nicht zum 30. November 2014, sondern nach dem geschlossenen Vergleich erst zum 28. Februar 2015 beendet. Der Beklagte sei gemäß den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen ab dem 01. November 2014 in Annahmeverzug geraten, ohne dass es hierzu eines Arbeitsangebotes des Klägers bedurft habe. Nach § 3 Nr. 1.42 BRTV werde der Monatslohn von April bis November auf Grundlage von 178 Gesamttarifstundenlöhnen berechnet, was bei einem Stundenlohn von 17,50 € brutto einem Lohnanspruch von 3.115,00 € brutto entspreche. Hiervon mache der Kläger lediglich einen Betrag in Höhe von 2.957,00 € brutto geltend, der ihm als "Minus" zustehe. Die vom Beklagten vorgelegte Abrechnung für den Monat November 2014 gehe von einer falschen Stundenzahl aus und sei deswegen nicht korrekt. Für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sei kein Beweis angeboten worden. Für November 2014 habe der Kläger mithin Anspruch auf die geltend gemachten 2.957,00 € brutto abzüglich der bereits geleisteten 1.000,00 €. Für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 könne der Kläger nicht die von ihm geltend gemachte Bruttomonatsvergütung von 2.957,00 €, sondern lediglich 2.870,00 € brutto monatlich beanspruchen. Gemäß § 3 Nr. 1.42 BRTV schulde der Arbeitgeber von Dezember bis März eine Monatsvergütung von jeweils 164 Gesamttarifstundenlöhnen, was bei einem Stundenlohn von 17,50 € einem Bruttomonatslohn von 2.870,00 € entspreche. Von dem sich danach ergebenden Gesamtbetrag sei das bezogene Arbeitslosengeld wegen Anspruchsübergangs auf die Bundesagentur für Arbeit in Abzug zu bringen, das der Kläger mit einem Betrag in Höhe von 4.434,45 € errechnet habe. Der Anspruch des Klägers sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Es könne dahinstehen, in welcher Höhe der Aufrechnung bereits die Pfändungsfreigrenzen entgegenstünden. Der Beklagte habe die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen bereits nicht in einem ausreichend konkretisierten Maß begründet. Für die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 3.000,00 € sei der Beklagte darlegungs- und beweisfällig geblieben. Hinsichtlich der Vereinbarung eines Darlehens fehle es an einem spezifizierten Sachvortrag, wann mit wem welche konkrete Vereinbarung zur Gewährung und Rückzahlung eines Darlehens getroffen worden sei sowie an einer substantiierten Widerlegung des vom Kläger erhobenen Schenkungseinwands. Auch die vom Beklagten aufrechnungshalber geltend gemachte Forderung auf Nachzahlung von Betriebskosten stehe dem Annahmeverzugslohnanspruch des Klägers nicht entgegen. Die Betriebskostennachzahlung sei vom Kläger dem Grunde und der Höhe nach bestritten worden. Insbesondere aufgrund des Bestreitens sei der Anspruch nicht ausreichend nachvollziehbar und einer Beweisaufnahme zugänglich dargelegt worden. Weiterhin habe der Kläger einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in der geltend gemachten Höhe. Vorliegend sei zu beachten, dass der Beklagte die Beiträge zur Urlauskasse nicht abgeführt habe, was einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegen die Urlaubskasse ausschließe. Die Überleitung des Urlaubsabgeltungsanspruchs auf die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft gelte nur für beitragsgedeckte Ansprüche nach dem BRTV. Habe der Arbeitgeber keine entsprechenden Beiträge geleistet, habe nicht die Urlaubskasse, sondern der Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung zu zahlen. Weiterhin habe der Kläger einen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis.

16

Gegen das ihm am 11. August 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 09. September 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. November 2015 mit Schriftsatz vom 12. November 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet. Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Zahlung von Lohn und Urlaubsabgeltung in der jeweils ausgeurteilten Höhe, während er seine Verurteilung zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses nicht angegriffen hat.

17

Zwischenzeitlich hat der Beklagte ausweislich des Schreibens des Obergerichtsvollziehers K. vom 28. Oktober 2015 (Bl. 238 d. A.) die von der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft gerichtlich geltend gemachten rückständigen Beiträge in Höhe von 1.836,78 € bis November 2014 (Bl. 235 - 237 d. A.) gezahlt.

18

Der Beklagte trägt vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts stehe dem Kläger kein Lohn aus Annahmeverzug zu. Die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze zum Annahmeverzug bei fristloser Kündigung seien nicht auf den Fall einer ordentlichen Kündigung mit genanntem Endzeitpunkt übertragbar. Unabhängig davon wäre es dem Kläger im vorliegenden Fall ein Leichtes gewesen, seine Arbeitskraft tatsächlich an seinem Arbeitsplatz zu bewirken. Er hätte dann dem Kläger entsprechende Arbeit zuweisen können. Für den Monat November 2014 könne der Kläger aufgrund der unbestritten abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und Steuern keinen Bruttobetrag beanspruchen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, für welchen monatlichen Zeitraum jeweils in welcher Höhe ein Anspruchsübergang für die Bundesagentur für Arbeit erfolgt sei, so dass überhaupt nicht berechenbar sei, welcher Lohn für den jeweiligen Monat geschuldet sei. Das Arbeitsgericht habe auch rechtsfehlerhaft die von ihm zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche nicht berücksichtigt. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe er sowohl die zwischen den Parteien getroffene Darlehensvereinbarung über das dem Kläger im Januar 2013 gewährte Darlehen in Höhe von 3.000,00 € als auch die geltend gemachten Betriebskostennachzahlungen substantiiert dargelegt. Aufgrund der Verspätung des Sachvortrages des Klägers hätte das Arbeitsgericht den vom Kläger erhobenen Schenkungseinwand und dessen pauschales Bestreiten der Betriebskostennachzahlungsbeträge dem Grunde und der Höhe nach bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigen dürfen. Er habe die Betriebskostennachzahlungsansprüche in seinem Schriftsatz vom 16. Juni 2015 substantiiert dargelegt, in dem die Zeiträume mit den hierzu angefallenen Betriebskostenhöhen genannt und eventuelle Vorauszahlungen des Klägers in Abzug gebracht worden seien, so dass sich die dort errechneten Nachzahlungsbeträge für die genannten Zeiträume ergeben hätten. Demgegenüber habe der Kläger in seinem verspäteten Schriftsatz vom 07. Juli 2015 erstmals die Nebenkostenabrechnung dem Grunde und der Höhe nach pauschal bestritten, wobei dieses pauschale Bestreiten als unsubstantiiert und unbeachtlich anzusehen sei. Unter Berücksichtigung einer Unterhaltspflicht des Klägers für seine Ehefrau seien von den Nettolöhnen für den Monat November 2014 180,83 €, für Dezember 2014 200,83 €, für Januar 2015 215,83 € und für Februar 2015 215,83 € pfändbar. Gegenüber den vorgenannten pfändbaren Nettoansprüchen des Klägers erkläre er aus den dargelegten Betriebskostenforderungen die Aufrechnung bzw. Hilfeaufrechnung in der zuletzt im Schriftsatz vom 06. Juli 2016 angegebenen Reihenfolge. Der vom Arbeitsgericht ausgeurteilte Urlausabgeltungsanspruch sei aufgrund des Ausgleichs der von der Urlaubskasse geltend gemachten rückständigen Beiträge ausgeschlossen.

19

Der Beklagte beantragt,

20

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 15. Juli 2015 - 7 Ca 518/15 - insoweit abzuändern, als er verurteilt wurde, an den Kläger 11.567,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.000,00 € netto sowie abzüglich 4.434,45 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juni 2015 sowie 1.637,72 € brutto als Urlaubsabgeltung zu zahlen, und die Klage insoweit abzuweisen.

21

Der Kläger beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Er erwidert, der Beklagte schulde ihm für den Zeitraum November 2014 bis Februar 2015 Annahmeverzugslohn. Mit der unter Missachtung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 30. November 2014 ausgesprochenen Kündigung habe der Beklagte ab diesem Zeitpunkt erklärt, seine Arbeitsleistung abzulehnen. Dies habe der Beklagte im Übrigen auch wörtlich gegenüber ihm zum Ausdruck gebracht, indem er ihm auch mündlich mitgeteilt habe, das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 30. November 2014 zu beenden, weil keine Arbeit mehr für ihn vorhanden sei. Danach schulde der Beklagte Annahmeverzugslohn für den Zeitraum November 2014 bis Februar 2015. Hiervon seien neben den unstreitig bereits geleisteten 1.000,00 € netto die nachgewiesenen Bezüge des Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.434,45 € in Abzug zu bringen. Soweit der Beklagte die Auffassung vertrete, dass aufgrund des Übergangs eines Teils der Ansprüche auf die Bundesagentur der verbleibende Lohnanspruch nicht berechenbar sei, sei dies erstaunlich, weil es sich um eine im Arbeitsrecht regelmäßig auftretende Konstellation handele. Weiterhin sei das Arbeitsgericht rechtlich zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass seine Ansprüche nicht durch Aufrechnung erloschen seien. Der Beklagte sei für die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 3.000,00 € darlegungs- und beweisfällig geblieben. Ein spezifischer Sachvortrag insbesondere über Rückzahlungsmodalitäten, konkrete Vereinbarungen zur Rückzahlung oder Verzinsung sei ebenso wie eine schriftliche Vereinbarung hierüber nicht erfolgt, was letztlich darin begründet liege, dass es sich um eine Schenkung gehandelt habe. Auch bezüglich der Betriebskosten als Aufrechnungsposition habe das Arbeitsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass diese nicht ausreichend und nachvollziehbar dargelegt worden seien. Vielmehr habe der Beklagte anstatt substantiierten Sachvortrags lediglich pauschal auf als Anlage beigefügte Abrechnungen verwiesen. Belege seien den Nebenkostenabrechnungen, deren Richtigkeit er bestreite, nicht beigefügt, so dass eine Überprüfbarkeit vor diesem Hintergrund nicht gegeben sei. Weiterhin habe das Arbeitsgericht auch zutreffend seinen Urlaubsabgeltungsanspruch bejaht. Tatsächlich habe er lediglich 684,20 € durch die S.-Bau erhalten, weil der Beklagte nicht die Beiträge bis 28. Februar 2015 entrichtet habe, sondern lediglich bis 30. November 2014.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

26

Die Berufung des Beklagten, mit der er sich nur gegen die zuerkannten Zahlungsansprüche und nicht gegen seine - insoweit rechtskräftige - Verurteilung zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses wendet, hat teilweise Erfolg.

27

Der für den Monat November 2014 geltend gemachte Bruttoanspruch in Höhe von 2.957,00 € ist teilweise verfallen, soweit er den abgerechneten Bruttobetrag in Höhe von 2.756,25 € übersteigt. Die in der Abrechnung für November 2014 ausgewiesenen Abzüge sind unstreitig abgeführt worden, so dass insoweit Erfüllung eingetreten ist. Der danach verbleibende Nettoanspruch in Höhe von 1.768,95 € ist in Höhe des pfändbaren Betrages von 160,83 € aufgrund der erklärten Aufrechnung erloschen, so dass nach Abzug des unstreitig gezahlten Nettobetrages von 1.000,00 € noch ein Anspruch in Höhe von 608,12 € netto für November 2014 besteht. In Bezug auf die vom Arbeitsgericht zuerkannten Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 ist die Berufung nur insoweit begründet, als aufgrund der erklärten Aufrechnung insgesamt weitere 482,49 € netto (3 x 160,83 €) in Abzug zu bringen sind. Weiterhin hat die Berufung Erfolg, soweit sich der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Zahlung von Urlaubsabgeltung wendet, weil sich der Anspruch nach der erfolgten Nachentrichtung der rückständigen Beiträge nur gegen die Kasse richtet. Zur Klarstellung ist der Tenor des erstinstanzlichen Urteils dementsprechend insgesamt neu gefasst worden.

I.

28

Für den Monat November 2014 besteht nur noch ein Differenzanspruch des Klägers in Höhe von 608,12 € netto.

29

1. Für den Monat November 2014 hat der Beklagte einen Bruttobetrag in Höhe von 2.756,25 € abgerechnet, der nach den in der Abrechnung ausgewiesenen Abzügen einen Auszahlungsbetrag von 1.768,95 € netto ergibt. Der Kläger hat nach seiner Erklärung im Termin vom 18. August 2016 nicht mehr bestritten, dass die in der Abrechnung für den Monat November 2014 ausgewiesenen Abzüge abgeführt worden sind, so dass insoweit Erfüllung eingetreten ist.

30

Der mit der Abrechnung streitlos gestellte Nettolohnanspruch musste nicht mehr innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht werden. Hingegen ist der weitergehende Differenzanspruch zwischen dem geltend gemachten Bruttobetrag in Höhe von 2.957,00 € und dem abgerechneten Bruttobetrag von 2.756,25 € für den Monat November 2014 mit Ablauf von zwei Monaten nach der zum 15. Dezember 2014 eingetretenen Fälligkeit (§ 5 Nr. 7.2 BRTV) zum 15. Februar 2014 gemäß § 14 Nr. 1 BRTV verfallen. Bei dem (Differenz-)Lohnanspruch für November 2014 handelt es sich nicht um einen vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Anspruch auf Annahmeverzugslohn, weil das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2014 gekündigt worden war. Darauf ist der Kläger im Termin vom 25. Februar 2016 hingewiesen worden. Die erstmals mit Schreiben vom 15. März 2015 erfolgte schriftliche Geltendmachung ist in Bezug auf den Bruttodifferenzanspruch für November 2014 verspätet.

31

2. Der abgerechnete Nettolohnanspruch in Höhe von 1.768,95 € ist aufgrund der vom Beklagten erklärten Aufrechnung mit den von ihm geltend gemachten Nebenkostennachforderungen aus dem Mietverhältnis der Parteien in Höhe des pfändbaren Betrages von 160,83 € netto erloschen (§ 389 BGB).

32

a) Nach § 65 ArbGG prüft das Berufungsgericht nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die Prüfungssperre des § 65 ArbGG besteht auch bei einer Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung (LAG Rheinland-Pfalz 26. Januar 2011 - 7 Sa 534/10 - Rn. 34, juris, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Koch 16. Aufl. § 65 ArbGG, Rn. 2). Die Zulässigkeit des Rechtswegs für die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen ist von keiner Partei gerügt worden, so dass eine Vorabentscheidung des Arbeitsgerichts nach § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht geboten war (zur Verfahrensweise bei einer entsprechenden Rüge hinsichtlich einer zur Aufrechnung gestellten Forderung vgl. LG Saarbrücken 28. Oktober 2011 - 13 S 85/11 - MDR 2012, 669; vgl. auch BAG 28. November 2007 - 5 AZB 44/07 - NZA 2008, 843). Vorliegend hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen in Bezug auf die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen stillschweigend dadurch bejaht, dass es über die Gegenforderungen in der Sache entschieden hat, so dass das Berufungsgericht gemäß §§ 17 a Abs. 5 GVG, 65 ArbGG gehindert ist, die Frage des Rechtswegs zu prüfen.

33

b) Die Aufrechnung des Beklagten gegen den abgerechneten Nettoanspruch für den Monat November 2014 ist gemäß §§ 394 BGB i.V.m. 850 Abs. 1, 850 c, 850 e ZPO nur in Höhe des pfändbaren Betrages in Höhe von 160,83 € zulässig.

34

Nach § 394 Satz 1 BGB findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt, soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist. Bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens sind nach § 850 e Nr. 1 ZPO die Beträge nicht mitzurechnen, die unmittelbar aufgrund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Gleiches gilt für die auf den Auszahlungszeitraum entfallenen Beträge, die der Schuldner nach den Vorschriften der Sozialversicherungsgesetze zur Weiterversicherung entrichtet. Danach sind die in der Lohnabrechnung für den Monat November 2014 ausgewiesenen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Abzüge sowie der ausgewiesene Arbeitnehmeranteil bezüglich der Winterbauumlage für die Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens nicht mitzurechnen. Der hiernach gemäß der Abrechnung für den Monat November 2014 verbleibende Nettobetrag von 1.768,95 € ist nach § 850 c ZPO nur unter Beachtung der festgelegten Pfändungsgrenzen pfändbar. Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum gegenüber seiner Ehefrau, mit der er damals zusammen in ehelicher Gemeinschaft gewohnt hat, zum Unterhalt verpflichtet. Solange der Schuldner (noch) mit seiner Ehefrau in häuslicher Gemeinschaft lebt, ist davon auszugehen, dass die Ehegatten nach §§ 1360, 1360 a BGB einander Naturalunterhalt leisten und die Ehefrau als unterhaltsberechtigte Person im Rahmen von § 850 c Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen ist (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 323/12 - NZA 2013, 1302). Hingegen sind die volljährigen Kinder des Klägers, die jeweils über eigenes Einkommen verfügen, nicht als unterhaltsberechtigte Personen zu berücksichtigen (vgl. BAG 26. November 1986 - 4 AZR 786/85 - NJW 1987, 1573). Nach den im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Pfändungsfreigrenzen ist von dem abgerechneten Nettobetrag in Höhe von 1.768,95 € bei einer zu berücksichtigenden Unterhaltspflicht ein Betrag in Höhe von 160,83 € pfändbar.

35

c) Die nur in dieser Höhe zulässige Aufrechnung des Beklagten gegen den Nettolohnanspruch des Klägers für den Monat November 2014 ist begründet.

36

Der Beklagte hat nach der zuletzt im Schriftsatz vom 06. Juli 2016 angegebenen Reihenfolge zuerst den Anspruch auf nachzuzahlende Betriebskosten für das vom Kläger angemietete Untergeschoss für die Zeit vom 01. Juni 2011 bis 31. Mai 2012 in Höhe von 373,53 € zur Aufrechnung gestellt. Der Kläger hat im Termin vom 25. Februar 2016 erklärt, dass er die vom Beklagten vorgelegten Nebenkostenabrechnungen jeweils innerhalb eines Jahres nach dem Abrechnungszeitraum erhalten hat. Bestimmte Einwendungen gegen die ihm erteilten Nebenkostenabrechnungen hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt erhoben. Ein pauschales Bestreiten der vorgelegten Nebenkostenabrechnungen ist ebenso wie ein pauschales Bestreiten einzelner Positionen ohne Einsicht in die Kostenbelege unzulässig (vgl. OLG Düsseldorf 27. April 2006 - 10 U 169/05 - Rn. 12, OLGR Düsseldorf 2006, 492; Palandt BGB 74. Aufl. § 535 Rn. 89). Der Kläger hat lediglich pauschal die Richtigkeit der Nebenkostenabrechnung bestritten, ohne dass er bestimmte Positionen konkret nach Einsicht in die Kostenbelege beanstandet oder etwa vom Beklagten zuvor erfolglos die Belegeinsicht verlangt hat. Aufgrund des unbeachtlichen Bestreitens des Klägers ist die vorgelegte Nebenkostenabrechnung mit dem sich danach ergebenden Nachzahlungsbetrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen.

37

Entgegen den Ausführungen des Klägers lässt der Umstand, dass er bei seinem Auszug aus der Dachgeschosswohnung die dort von ihm eingerichtete Einbauküche belassen hat, nicht darauf schließen, dass die Parteien "stillschweigend" davon ausgegangen sein sollen, dass im Hinblick auf eine Überlassung der Einbauküche Nachzahlungen nicht gefordert werden. Eine darauf gerichtete Absprache der Parteien hat der Kläger weder nachvollziehbar dargelegt noch Beweis hierfür angetreten. Auch eine Verwirkung bzw. ein Ausschluss der Nachforderung wegen verspäteter Geltendmachung (§ 556 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB) kommt nicht in Betracht, weil der Kläger die vom Beklagten vorgelegten Nebenkostenabrechnungen mit den sich danach ergebenden Nachzahlungsbeträgen unstreitig jeweils innerhalb eines Jahres nach dem Abrechnungszeitraum erhalten hat.

38

Von dem abgerechneten Auszahlungsbetrag in Höhe von 1.768,95 € ist mithin der pfändbare Betrag von 160,83 € netto, in dessen Höhe der Beklagte eine zulässige und begründete Aufrechnung erklärt hat, und der unstreitig bereits gezahlte Betrag in Höhe von 1.000,00 € netto in Abzug zu bringen, so dass ein Differenzanspruch in Höhe von 608,12 € netto verbleibt.

II.

39

Für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 ist gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts ein Annahmeverzugslohnanspruch in Höhe von 8.610,00 € brutto entstanden, von dem der Kläger aufgrund seines Arbeitslosengeldbezugs einen Nettobetrag in Höhe von 4.434,45 € in Abzug gebracht hat. Die entstandenen Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 sind in Höhe von jeweils 160,83 € netto pro Monat (= insgesamt 482,49 € netto) aufgrund der vom Beklagten erklärten Aufrechnung erloschen.

40

1. Der Kläger hat für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn in Höhe des vom Arbeitsgericht zuerkannten Betrags von 8.610,00 € gemäß § 615 BGB.

41

Der Beklagte ist aufgrund der von ihm zum 30. November 2014 ausgesprochenen Kündigung, die das Arbeitsverhältnis nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich erst zum 28. Februar 2015 beendet hat, ab 01. Dezember 2014 in Annahmeverzug geraten. Entgegen der Ansicht des Beklagten war der Kläger nicht verpflichtet, seine Arbeitsleistung tatsächlich anzubieten. In der ausdrücklich zum 30. November 2014 ausgesprochenen Kündigung wegen Arbeitsmangels LAG zugleich die Erklärung des Beklagten, er werde die Arbeitsleistung danach nicht mehr annehmen. In einem solchen Fall genügt auch bei einem Streit lediglich über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls ein wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB, das mit der im November 2014 erhobenen Klage gegen die zum 30. November 2014 ausgesprochene Kündigung erfolgt ist (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 5 AZR 130/12 - Rn. 24, NZA 2013, 1076). Der Beschluss des Arbeitsgerichts über den erst im Verlaufe des Kündigungsrechtsstreits geschlossenen Vergleich ist den Parteien erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 02. März 2015 zugegangen. Der Beklagte hat den Kläger auch nicht zuvor zur Wiederaufnahme der Arbeit aufgefordert. Für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 ist daher jedenfalls der vom Arbeitsgericht errechnete Annahmeverzugslohnanspruch des Klägers entstanden.

42

2. Der Kläger hat im Klageantrag wegen des von ihm im Annahmeverzugszeitraum bezogenen Arbeitslosengeldes einen Gesamtbetrag von 4.434,45 € in Abzug gebracht. Soweit der Kläger nach den von ihm vorgelegten Unterlagen einen zu hohen Betrag abgezogen hat, wirkt sich dies gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts nur zugunsten des Beklagten aus. Der Kläger hat den Arbeitslosengeldbescheid vorgelegt, aus dem sich entnehmen lässt, in welchem Zeitraum er jeweils welche Leistungen bezogen hat. Soweit er darüber hinaus zu seinem Nachteil einen höheren Betrag in Abzug gebracht hat, führt das nicht etwa zur mangelnden Bestimmtheit des Klageantrags, sondern bewirkt zugunsten des Beklagten, dass er vom geschuldeten Annahmeverzugslohn diesen höheren Nettobetrag in Abzug bringen kann.

43

3. Weiterhin ist aufgrund der vom Beklagen erklärten Aufrechnung ein in Höhe von 160,83 € netto monatlich pfändbarer Betrag in Abzug zu bringen (3 x 160,83 € = insgesamt 482,49 €).

44

Im Hinblick darauf, dass nach der vom Beklagten erteilten Abrechnung für den Monat November 2014 gemäß den obigen Ausführungen ein Betrag in Höhe von 160,83 € netto monatlich pfändbar ist und die geschuldeten Bruttobeträge für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 den für November 2014 abgerechneten Bruttobetrag übersteigen, ist davon auszugehen, dass in Bezug auf die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 zumindest ein Betrag in Höhe von 160,83 € netto wie im vorangegangenen Monat November 2014 pfändbar ist. Für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 sind vom Beklagten trotz des gerichtlichen Auflagenbeschlusses vom 07. Juni 2016 keine Abrechnungen vorgelegt worden, aus denen sich ergibt, dass ein höherer Betrag als der für den Monat November 2014 pfändbare Betrag von 160,83 € pfändbar ist. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte nicht angegeben hat, welcher nach § 850 e ZPO pfändbare Nettolohn sich in diesen Monaten aufgrund welcher steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Abzüge konkret errechnet, lassen sich die vom Beklagten angegebenen pfändbaren Beträge für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 nicht nachvollziehen. Die pfändbaren Teile des Arbeitseinkommens sind auch nicht etwa vom Amts wegen zu ermitteln (BAG 05. Dezember 2002 - 6 AZR 569/01 - Rn. 16, NZA 2003, 802).

45

Die mithin nur in Höhe eines monatlich pfändbaren Betrags von 160,83 € netto zulässige Aufrechnung gegen die Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 ist gemäß den obigen Ausführungen begründet. Nach Abzug des gegen den pfändbaren Nettolohn des Klägers für den Monat November 2014 aufgerechneten Betrags von 160,83 € (§ 389 BGB) verbleibt in Bezug auf die zuerst zur Aufrechnung gestellten Nebenkostenforderung für das vom Kläger angemietete Untergeschoss für die Zeit vom 01. Juni 2011 bis 31. Mai 2012 noch ein Betrag in Höhe von 212,70 € (373,53 € - 160,83 €). Nach Abzug des für Dezember 2014 pfändbaren Betrags in Höhe von 160,83 € verbleibt insoweit ein Betrag in Höhe von 51,87 € (212,70 € - 160,83 €), der von dem pfändbaren Betrag für Januar 2015 in Abzug zu bringen ist. Der für Januar 2015 danach noch verbleibende pfändbare Betrag in Höhe von 108,96 € und der für Februar 2015 pfändbare Betrag in Höhe von 160,83 € ist mit der sodann zur Aufrechnung bestellten Nebenkostenforderung in Höhe von 224,75 € für die vom Kläger angemietete Wohnung im 1. Obergeschoss in der Zeit vom 01. Juni 2011 bis 31. Mai 2012 zu verrechnen, wonach noch ein pfändbarer Betrag in Höhe von 45,04 € verbleibt, der nach der vom Beklagten angegebenen Reihenfolge dann mit der Nebenkostenforderung für die vom Kläger angemietete Wohnung im 1. Obergeschoss für die Zeit vom 01. Juni 2012 bis 31. Mai 2013 in Höhe von 1.265,07 € zu verrechnen ist, die sich danach auf 1.220,03 € reduziert.

III.

46

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf die geltend gemachte Urlaubsabgeltung.

47

Nach § 8 Nr. 6.2 Satz 1 BRTV richtet der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegen die Kasse. Zwar gilt dies nicht, wenn der Arbeitgeber keine Beiträge an die Urlaubskasse geleistet hat (BAG 15. Januar 2013 - 9 AZR 465/11 - NZA-RR 2013, 585). Im Streitfall hat der Beklagte jedoch zwischenzeitlich die rückständigen Beiträge in Bezug auf die von ihm bis November 2014 abgerechnete Arbeitsvergütung nachentrichtet. Erst wenn der Beklagte nach Zahlung der zuerkannten Lohnansprüche für die Monate Dezember 2014 bis Februar 2015 die darauf entfallenden Beiträge nicht an die Urlaubskasse abführt, kommt ggf. insoweit ein Anspruch gegen den Beklagten in Betracht, als der Anspruch des Klägers gegen die Urlaubskasse wegen einer nicht erfolgten Entrichtung von Beiträgen auf den für die Zeit von Dezember 2014 bis Februar 2015 gezahlten Lohn geringer ausfallen sollte.

48

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Verteilung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ist berücksichtigt worden, dass der Kläger im Verlaufe des Rechtsstreits seine (erweiterte) Klage teilweise wieder zurückgenommen und insoweit nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten zu tragen hat. Bei der Verteilung der Kosten des Berufungsverfahrens war zu berücksichtigen, dass der erstinstanzlich zuerkannte Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses nach dem für die Wertberechnung maßgebenden Berufungsantrag nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens war, so dass als Verteilungsmaßstab der sich nach dem Berufungsantrag ergebende Streitwert für das Berufungsverfahren in Höhe von 7.770,27 € für die Kostenverteilung nach Maßgabe des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen war.

49

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Aug. 2016 - 2 Sa 405/15

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 389 Wirkung der Aufrechnung


Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 556 Vereinbarungen über Betriebskosten


(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 295 Wörtliches Angebot


Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die gesch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 394 Keine Aufrechnung gegen unpfändbare Forderung


Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 65 Beschränkung der Berufung


Das Berufungsgericht prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg und die Verfahrensart zulässig sind und ob bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter Verfahrensmängel unterlaufen sind oder Umstände vorgelegen haben, die die Berufung eines ehrenamtli

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bei uns veröffentlicht am 28.08.2013

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Januar 2012 - 11 Sa 1004/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. Mai 2013 - 5 AZR 130/12

bei uns veröffentlicht am 15.05.2013

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 8. Juni 2011 - 4 Sa 252/10 - aufgehoben.

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bei uns veröffentlicht am 15.01.2013

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. März 2011 - 24 Sa 2315/10 - wird zurückgewiesen.

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(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Das Berufungsgericht prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg und die Verfahrensart zulässig sind und ob bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter Verfahrensmängel unterlaufen sind oder Umstände vorgelegen haben, die die Berufung eines ehrenamtlichen Richters zu seinem Amte ausschließen.

Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Januar 2012 - 11 Sa 1004/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung der pfändungsfreien Entgeltbestandteile des Klägers.

2

Der Kläger war bis zum 31. Dezember 2010 für die Beklagte als Disponent tätig. Er bezog im September 2008 2.281,03 Euro netto und im weiteren Streitzeitraum bis Februar 2010 zwischen 1.340,20 Euro und 1.488,79 Euro netto Arbeitsentgelt. In den Jahren 2008 und 2009 war auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen und seit Januar 2010 die Lohnsteuerklasse I sowie ein Kinderfreibetrag von 0,5.

3

Der Kläger lebt seit einem nicht festgestellten Zeitpunkt im Jahr 2009 von seiner Ehefrau getrennt, die Ehe wurde am 24. August 2010 durch das Landgericht Groningen geschieden. Seit dem 30. Januar 2010 ist der Kläger Vater eines Kindes, mit dessen Mutter er im Streitzeitraum nicht verheiratet war.

4

Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 21. August 2008 wurde der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung des gesamten gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens, ausgenommen ua. die in §§ 850a bis 850c und 850e Ziff. 1 ZPO genannten Bezüge, gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen. Die Beklagte hat bei der Berechnung des pfändungsfreien Entgelts die Ehefrau des Klägers, die im Streitzeitraum eigenes Einkommen erzielt hat, nicht berücksichtigt. Seit dem 8. Februar 2009 ist über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hätte die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner damaligen Ehefrau berücksichtigen müssen und anstelle von 248,40 Euro nur 62,05 Euro an den Pfändungsgläubiger auskehren dürfen. In den Monaten Januar und Februar 2010 sei sein Einkommen wegen der weiteren Unterhaltspflichten gegenüber dem neugeborenen Kind und dessen Mutter in vollem Umfang unpfändbar gewesen.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.199,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. November 2010 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei wegen des laufenden Insolvenzverfahrens zur Geltendmachung der Forderung nicht befugt. Der pfändbare Einkommensbestandteil sei zutreffend berechnet worden. Der Anspruch sei verwirkt, weil der Kläger die Abrechnungen im Streitzeitraum nicht beanstandet habe.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte, wie die Revision zu Recht rügt, nicht davon ausgehen, dass der Kläger seiner Ehefrau im gesamten Streitzeitraum Unterhalt geleistet hat. Ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

10

I. Der Kläger ist klagebefugt, der Anspruch ist nicht Bestandteil der Insolvenzmasse.

11

1. Nach § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das Gesamtvermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse, nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO gilt ua. § 850c ZPO entsprechend. Unpfändbare Forderungen gehören demnach nicht zur Insolvenzmasse, sie sind dem Insolvenzverwalter nicht nach § 148 Abs. 1, § 80 Abs. 1 InsO zur Verwaltung übertragen(BGH 3. November 2011 - IX ZR 45/11 - Rn. 7; FK-InsO/Bornemann § 36 Rn. 14 ff.).

12

2. War die Ehefrau des Klägers nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO bei der Berechnung der pfändungsfreien Entgeltbestandteile zu berücksichtigen, konnte der Anspruch schuldbefreiend nur durch Zahlung an den Kläger erfüllt werden, für die materiellrechtliche Prüfung ist der Kläger aktivlegitimiert. Die Auffassung der Beklagten, das Arbeitseinkommen des Klägers unterfalle „vollumfänglich“ der Pfändung, sie habe an den Pfändungsgläubiger schuldbefreiend leisten können und es bestehe allenfalls ein vom Insolvenzbeschlag umfasster Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Nichtberücksichtigung von Unterhaltspflichten, findet im Gesetz keine Stütze. „Unpfändbares“ Arbeitseinkommen kann nicht gepfändet werden. Es steht dem Arbeitnehmer zu.

13

II. Die Klage ist begründet, soweit die frühere Ehefrau des Klägers bei der Berechnung des pfändungsfreien Arbeitsentgelts zu berücksichtigen war.

14

1. Nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO erhöht sich der Betrag, bis zu dessen Höhe das Arbeitseinkommen unpfändbar ist, wenn der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung ua. seinem Ehegatten Unterhalt gewährt. Der Schuldner muss den Unterhalt - freiwillig oder durch Beitreibung - tatsächlich leisten (allgemeine Meinung, BAG 21. Januar 1975 - 5 AZR 200/74 - BAGE 27, 4; 9. Dezember 1965 - 5 AZR 272/65 -; Stöber Forderungspfändung 15. Aufl. Rn. 1047; Stein/Jonas/Brehm ZPO 22. Aufl. § 850c Rn. 16 mwN).

15

a) Im Verhältnis zwischen Ehegatten kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner tatsächlich einen Geldbetrag für den Unterhalt des Ehegatten abzweigt; dieser ist schon dann zu berücksichtigen, wenn der Schuldner aufgrund beiderseitiger Verständigung angemessen zum Familienunterhalt beiträgt (§§ 1360, 1360a BGB); bei Ehegatten, die in häuslicher Gemeinschaft leben, ist grundsätzlich von gegenseitigen Unterhaltsleistungen, durch die die Kosten des Familienunterhalts gemeinsam bestritten werden, auszugehen (BGH 3. November 2011 - IX ZR 45/11 - Rn. 9; BAG 21. Januar 1975 - 5 AZR 200/74 - BAGE 27, 4).

16

b) Der getrennt lebende Ehegatte hat nach § 1361 Abs. 1 BGB Anspruch auf angemessenen Unterhalt, der im Unterschied zum Familienunterhalt grundsätzlich als monatliche Geldrente zu leisten ist(§ 1361 Abs. 4 BGB). Der getrennt lebende Ehegatte wird bei der Bemessung des unpfändbaren Einkommens des Schuldners nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO nur berücksichtigt, wenn der Schuldner diesen Unterhalt auch tatsächlich leistet(Stöber Forderungspfändung Rn. 1051). Die Vermutung wechselseitiger Erbringung von Unterhaltsleistungen durch Ehegatten in häuslicher Gemeinschaft greift nicht.

17

c) Unerheblich ist, ob der Ehegatte eigene Einkünfte hat. Er wird bei der Berechnung des pfändungsfreien Entgelts trotz eigener Einkünfte berücksichtigt, wenn der Schuldner tatsächlich Unterhalt nach §§ 1360, 1361 BGB leistet. Der Gläubiger hat in diesem Falle nach § 850c Abs. 4 ZPO allerdings die Möglichkeit, einen Beschluss des Vollstreckungsgerichts zu erwirken, dass die unterhaltsberechtigte Person ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt.

18

2. Ob und in welchem Zeitraum der Kläger seiner früheren Ehefrau tatsächlich Unterhalt geleistet hat, ist nicht bindend festgestellt. Das Landesarbeitsgericht ist davon in den Entscheidungsgründen „nach der von der Beklagten mit ihrer Berufung nicht angegriffenen Feststellung der Vorinstanz“ zwar ausgegangen. Soweit es sich hierbei aber nicht nur um eine nicht bindende rechtliche Schlussfolgerung handelt, sondern tatsächliche Feststellungen getroffen werden, ist die dagegen gerichtete Verfahrensrüge der Revision begründet.

19

a) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Bindung entfällt, soweit das Revisionsgericht selbst Tatsachen feststellen darf, insbesondere wenn eine zulässige und begründete Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO (Revisionsangriff) erhoben worden ist. Diese muss die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Dabei sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt auch für eine auf § 286 ZPO gestützte Rüge, das Tatsachengericht habe einen bestimmten Sachvortrag übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb fehlerhafte Feststellungen getroffen, zB einen Vortrag fälschlich als unstreitig zugrunde gelegt. Es muss genau angegeben werden, aufgrund welchen Vortrags das Berufungsgericht zu welchen Tatsachenfeststellungen hätte gelangen müssen und dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, also bei richtigem Verfahren möglicherweise anders entschieden worden wäre (BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - Rn. 27; 16. Oktober 2007 - 9 AZR 321/06 - Rn. 37; 15. September 2009 - 3 AZN 404/09 - Rn. 14; zurückhaltender BAG 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 23 unter Hinweis auf BGH 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08 - Rn. 12; GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 74 Rn. 59; GK-ArbGG/Mikosch Stand Juli 2013 § 73 Rn. 74, § 74 Rn. 68).

20

b) Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, dass sie mit erstinstanzlichem, in der Berufungsbegründung in Bezug genommenem Schriftsatz vom 12. Mai 2011 die tatsächliche Gewährung von Unterhalt durch den Kläger an seine frühere Ehefrau bestritten hat. Das Arbeitsgericht hat diesen Vortrag im Tatbestand zwar wiedergegeben, ihn aber in den Entscheidungsgründen nicht behandelt, weil es fälschlicherweise darauf abgestellt hat, ohne Beschluss nach § 850c Abs. 4 ZPO müsse der unterhaltsberechtigte Angehörige im Rahmen von § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO stets berücksichtigt werden; ob der Kläger tatsächlich Unterhalt geleistet hat, war für das Arbeitsgericht unerheblich. Die pauschale Bezugnahme der Beklagten in der Berufungsbegründung auf den erstinstanzlichen Vortrag war deshalb zulässig; eine Partei ist nicht gehalten, alle Einwendungen nochmals im Einzelnen vorzutragen, die in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt worden sind (BGH 18. September 1985 - VIII ZR 244/84 - zu VI der Gründe; Zöller/Heßler ZPO 29. Aufl. § 520 Rn. 40).

21

c) Solange der Kläger mit seiner früheren Ehefrau in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, ist davon auszugehen, dass die Ehegatten nach §§ 1360, 1360a BGB einander Naturalunterhalt geleistet haben und die Ehefrau als unterhaltsberechtigte Person im Rahmen von § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen war(vgl. BGH 3. November 2011 - IX ZR 45/11 - Rn. 9). Mit der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft war die getrennt lebende Ehefrau nur dann als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen, wenn der Kläger ihr tatsächlich Unterhalt geleistet hat. Dazu fehlen Feststellungen.

22

III. Der Rechtsstreit ist nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

23

1. Es kommt entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht allein darauf an, dass das Vollstreckungsgericht keinen Beschluss nach § 850c Abs. 4 ZPO getroffen hat. Die Ehefrau des Klägers ist auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Kläger ihr tatsächlich keinen Unterhalt gewährt hat.

24

2. Die Geltendmachung des Anspruchs ist nicht verwirkt. Es fehlt jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment. Der Kläger hat durch die Wahl der Lohnsteuerklasse III (bis Dezember 2009) dokumentiert, mit seiner Ehefrau zusammenzuleben; nach § 38b Abs. 1 Nr. 3 EStG ist die Wahl dieser Steuerklasse ua. nur möglich, wenn die Ehepartner nicht dauernd getrennt leben. Die Beklagte konnte bereits deshalb nicht davon ausgehen, dass der Kläger die Nichtberücksichtigung seiner Ehefrau bei der Berechnung der pfändungsfreien Beträge akzeptieren würde.

25

IV. Der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Es bedarf der Aufklärung, zu welchem konkreten Zeitpunkt die häusliche Gemeinschaft aufgelöst wurde. Sodann ist dem Kläger Gelegenheit zu geben, für den Zeitraum des Getrenntlebens etwaige Unterhaltszahlungen an die getrennt lebende Ehefrau darzulegen. In Bezug auf die Monate Januar und Februar 2010 ist aufzuklären, welcher weiteren unterhaltsberechtigten Person der Kläger tatsächlich Unterhalt geleistet hat. Er war nach § 1601 BGB gegenüber dem im Januar 2010 geborenen Kind und nach § 1615l Abs. 1 BGB gegenüber der Mutter des Kindes unterhaltsverpflichtet.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.

(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 8. Juni 2011 - 4 Sa 252/10 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 4. März 2010 - 4 Ca 8208/09 - in den Ziffern 3. und 4. abgeändert und insoweit die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 93/100 und die Beklagte 7/100 zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Monat Oktober 2009.

2

Der 1959 geborene Kläger war seit Juni 1991 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt und bezog zuletzt ein Bruttomonatsentgelt iHv. 2.200,00 Euro.

3

Der vormalige, zwischenzeitlich einem Krebsleiden erlegene Inhaber der Beklagten suchte den damals arbeitsunfähigen Kläger am 27. Juni 2009 zuhause auf und übergab ihm ein auf den 30. Juni 2009 vordatiertes Schreiben, das lautet:

        

„K Ü N D I G U N G

        

Sehr geehrter Herr Sch,

        

hiermit kündigen wir Ihnen fristgemäß zum 30.09.09.

        

Die Kündigung erfolgt aus betriebsbedingten Gründen.

        

Mit freundlichen Grüßen

        

D S“   

4

Vom Kläger, der eine außerordentliche Kündigung vermeiden wollte, darauf angesprochen, versicherte Herr S, er habe dies geprüft. Die ordnungsgemäße Frist zum 30. September 2009 sei wie das Wort „fristgemäß“ ausdrücklich im Kündigungsschreiben enthalten. Der Kläger zeichnete das Kündigungsschreiben gegen und wurde von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt.

5

Zum 1. November 2009 ging der Kläger ein neues Arbeitsverhältnis ein, in dem er 1.800,00 Euro brutto monatlich verdiente.

6

Mit einem per Telefax am 27. Oktober 2009 eingereichten und der Beklagten am 31. Oktober 2009 zugestellten Schriftsatz hat der Kläger zunächst Kündigungsschutzklage erhoben, mit der er die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung geltend gemacht hat. Außerdem hat er einen allgemeinen Feststellungsantrag anhängig gemacht und ein Zeugnis sowie - für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag - Weiterbeschäftigung begehrt. Darüber hinaus hat er „vorsorglich Wiedereinsetzung“ beantragt und dazu unter Beweisantritt vorgetragen, er sei im Anschluss an die Übergabe des Kündigungsschreibens schwer erkrankt und weder prozess- noch geschäftsfähig gewesen. Erst am 26. Oktober 2009 sei er wieder soweit hergestellt gewesen, dass er erkannte, der Beklagten müsse bei der Kündigungsfrist offenbar ein Irrtum unterlaufen sein.

7

Nach der Güteverhandlung hat der Kläger erklärt, es sei ihm - auch wenn Wiedereinsetzungsgründe vorlägen - nur noch an der Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist und dem Erhalt der entsprechenden Vergütung gelegen. Er sei im Oktober 2009 arbeitslos gewesen, habe aber wegen fehlender Arbeitsbescheinigung kein Arbeitslosengeld erhalten.

8

Der Kläger hat erstinstanzlich - unter Klagerücknahme im Übrigen - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.760,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.200,00 Euro seit dem 1. November 2009, weiteren 160,00 Euro seit dem 1. Dezember 2009 und weiteren 400,00 Euro seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III auszustellen und zuzusenden.

9

Die Beklagte hat wegen eines Betrags von 2.200,00 Euro brutto Klageabweisung beantragt und im Übrigen die Anträge anerkannt. Sie hat zunächst geltend gemacht, im Monat Oktober 2009 nicht im Annahmeverzug gewesen zu sein. Der Kläger habe erstmals mit der Zustellung der Kündigungsschutzklage seine Arbeitsleistung angeboten und zuvor das Arbeitsverhältnis für beendet gehalten. In der Revisionsinstanz hat die Beklagte sich darauf berufen, die Kündigung sei nach § 7 KSchG zum 30. September 2009 wirksam geworden und habe das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt beendet.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Teilanerkenntnis- und Schlussurteil stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Monat Oktober 2009 beschränkte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist, soweit sie in der Revisionsinstanz anhängig geworden ist, unbegründet. Der Kläger hat für den Monat Oktober 2009 keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs gemäß § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB.

12

I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch die Kündigung der Beklagten nicht zum 30. September 2009, sondern erst zum 31. Dezember 2009 geendet. Davon geht das Landesarbeitsgericht mit der Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts im Ergebnis zutreffend aus.

13

1. Die ordentliche, auf den 30. Juni 2009 vordatierte und zum 30. September 2009 ausgesprochene Kündigung der Beklagten hat die gesetzliche - verlängerte - Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht gewahrt. Ohne dass es auf den wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht mehr anwendbaren § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB(vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 43, Slg. 2010, I-365; BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 18 mwN, BAGE 135, 255) ankäme, hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Zeitpunkt der Kündigung mehr als 15 Jahre bestanden. Die Kündigungsfrist beträgt somit nach § 622 Abs. 2 Nr. 6 BGB sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats. Das Arbeitsverhältnis konnte deshalb durch eine am 27. Juni 2009 übergebene ordentliche Kündigung erst zum 31. Dezember 2009 beendet werden.

14

2. Die Kündigung der Beklagten ist nicht nach § 7 KSchG zum 30. September 2009 wirksam geworden.

15

Ob bei einer ordentlichen Kündigung die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist mit der fristgebundenen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht werden muss, hängt davon ab, ob die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führt. Das ist der Fall, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt. Bedürfte die Kündigung der Umdeutung in ein anderes Rechtsgeschäft, nämlich in eine Kündigung mit zulässiger Frist, gilt die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nach § 7 KSchG als rechtswirksam und beendet das Arbeitsverhältnis zum „falschen Termin“, wenn die zu kurze Kündigungsfrist nicht als anderer Rechtsunwirksamkeitsgrund binnen drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klagewege(§ 4 Satz 1, § 6 KSchG) geltend gemacht worden ist (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 20, BAGE 135, 255; vgl. auch APS/Linck 4. Aufl. § 622 BGB Rn. 66 ff.; ErfK/Kiel 13. Aufl. § 4 KSchG Rn. 5; HaKo/Gallner 4. Aufl. § 6 KSchG Rn. 18 ff.; KR/Rost 10. Aufl. § 7 KSchG Rn. 3b und KR/Friedrich 10. Aufl. § 13 KSchG Rn. 289; Schwarze Anm. zu BAG AP KSchG 1969 § 4 Nr. 71, jeweils mwN zum Streitstand im Schrifttum). Insoweit besteht entgegen der Auffassung des Klägers keine Divergenz zwischen dem Fünften und dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278).

16

3. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat allerdings in der Vergangenheit angenommen, die Auslegbarkeit einer ordentlichen Kündigung mit fehlerhafter Kündigungsfrist als solche zum richtigen Kündigungstermin sei der Regelfall. Denn der Empfänger der Kündigungserklärung dürfe sich nicht einfach auf den wörtlichen Sinn der Erklärung verlassen, sondern müsse seinerseits unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände, die dafür von Bedeutung sein können, danach trachten, das Gemeinte zu erkennen. Bei einer ordentlichen Kündigung sei für den Kündigungsadressaten erkennbar, dass der Kündigende die einzuhaltende Kündigungsfrist grundsätzlich wahren wolle, weil er aufgrund gesetzlicher, tariflicher oder einzelvertraglicher Regelungen an sie gebunden sei (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 25 ff., BAGE 116, 336; dem folgend: BAG 9. Februar 2006 - 6 AZR 283/05 - Rn. 32, BAGE 117, 68; ausdrücklich offengelassen: BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 31; nicht entscheidungserheblich: BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 13, BAGE 135, 278). Einer solchen Auslegungsregel fehlt die hinreichende Tatsachenbasis. Ob Arbeitgeber tatsächlich stets - und für die Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger erkennbar - die objektive einzuhaltende Kündigungsfrist wahren wollen, ist bislang empirisch unerforscht geblieben. Zudem ist eine Kündigung zum 30. September ein anderes Rechtsgeschäft als eine solche zum 31. Dezember. Das Risiko, einen ausdrücklich genannten Kündigungstermin rechtlich zutreffend bestimmt zu haben, darf nicht auf den Empfänger der Kündigungserklärung abgewälzt werden (zutr. Schwarze Anm. zu BAG AP KSchG 1969 § 4 Nr. 71; vgl. auch vHH/L/Linck 15. Aufl. § 4 KSchG Rn. 22a).

17

4. Ob eine ordentliche Kündigung mit objektiv fehlerhafter Kündigungsfrist im Regelfall als eine solche mit rechtlich zutreffender Kündigungsfrist ausgelegt werden kann, bedarf keiner abschließenden Entscheidung des Senats. Im Streitfall kann die Kündigung der Beklagten nach ihrem Inhalt und den festgestellten Begleitumständen als eine solche zum 31. Dezember 2009 ausgelegt werden.

18

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungserklärung der Beklagten nicht ausgelegt, sondern ist durch Bezugnahme auf das Urteil des Arbeitsgerichts ohne nähere Begründung der Auslegungsregel des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts gefolgt, obwohl es in der Berufungsverhandlung zur Erläuterung seines Vergleichsvorschlags noch auf - vermeintlich - „unterschiedliche Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts“ hingewiesen hatte. Die Auslegung der atypischen Willenserklärung kann der Senat aber selbst vornehmen, weil der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., vgl. nur BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 24 mwN, BAGE 135, 225).

19

b) Gegen eine Auslegung als Kündigung zum 31. Dezember 2009 spricht, dass die Kündigungserklärung ausdrücklich das Datum 30. September 2009 enthält. Damit hat die Beklagte den Wirkungszeitpunkt ihrer Willenserklärung bestimmt und grundsätzlich das Risiko der rechtlichen Zulässigkeit des Termins übernommen. Das Datum relativiert sich aber durch den Zusatz „fristgemäß zum“. Damit lässt die Kündigungserklärung erkennen, dass die Beklagte auch Wert darauf legte, die maßgebliche Kündigungsfrist einzuhalten (insoweit aA Schwarze Anm. zu BAG AP KSchG 1969 § 4 Nr. 71). Ob es der Beklagten entscheidend auf das Datum oder die Einhaltung der „richtigen“ Kündigungsfrist angekommen ist, erschließt sich aus den vom Landesarbeitsgericht durch Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung festgestellten, außerhalb der Kündigungserklärung liegenden Begleitumständen. Diese bieten hinreichende Anhaltspunkte dafür, die Beklagte habe die Kündigung (auch) zu einem anderen Termin gewollt als (nur) zu dem im Kündigungsschreiben festgehaltenen Datum. Denn bei der Übergabe des Kündigungsschreibens wurde dem Kläger auf sein Begehr, keine außerordentliche Kündigung zu erhalten, von dem damaligen Inhaber der Beklagten versichert, er habe dies geprüft, die ordnungsgemäße Frist sei im Kündigungsschreiben benannt. Daraus ist - für den Kläger erkennbar - deutlich geworden, dass es der Beklagten wesentlich um die Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist ging und sich das in das Kündigungsschreiben aufgenommene Datum lediglich als das Ergebnis einer fehlerhaften Berechnung der zutreffenden Kündigungsfrist erweist.

20

c) Einer Auslegung der Kündigungserklärung als Kündigung zum 31. Dezember 2009 steht das Bestimmtheitsgebot nicht entgegen. Danach muss sich aus der Kündigungserklärung ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336), ohne dass der Arbeitnehmer darüber rätseln muss, zu welchem anderen als in der Kündigungserklärung genannten Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 27, BAGE 135, 225). Dem genügt die Kündigung der Beklagten. Sie enthält nicht nur ein bestimmtes Datum, sondern den Zusatz „fristgemäß zum“. Nachdem zwischen den Parteien außer Streit steht, dass für ihr Arbeitsverhältnis keine anderen als die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten, kann der Kläger anhand von § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB in einem einfachen Rechenschritt die maßgebliche Kündigungsfrist selbst berechnen, ohne dass er von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB in die Irre geführt werden könnte.

21

II. Die Beklagte befand sich im Monat Oktober 2009 nicht im Annahmeverzug.

22

1. Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Streiten die Parteien über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, genügt gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber mit der Berufung auf das Ende des Arbeitsverhältnisses erklärt, er werde keine weitere Arbeitsleistung mehr annehmen. Dieses wörtliche Angebot kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses protestiert und/oder eine Bestandsschutzklage einreicht (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 28 mwN). Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von der Anwendbarkeit des § 296 BGB aus(zuletzt BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 14; 16. April 2013 - 9 AZR 554/11 - Rn. 18, jeweils mwN). Soweit der Zweite Senat in einer älteren Entscheidung (BAG 21. März 1996 - 2 AZR 362/95 -) angenommen hat, § 296 BGB könne auch im ungekündigten Arbeitsverhältnis Anwendung finden, hält der nunmehr nach dem Geschäftsverteilungsplan für die Vergütung wegen Annahmeverzugs allein zuständige erkennende Senat daran nicht fest.

23

2. Gemessen an diesen Grundsätzen war ein Angebot der Arbeitsleistung nicht nach § 296 BGB entbehrlich. Die fehlerhafte Kündigungsfrist bedingt im Streitfall nicht die Unwirksamkeit der Kündigung, sondern lässt sich als solche zu dem „richtigen“ Termin auslegen.

24

Andererseits war der Kläger nicht gehalten, die Arbeitsleistung tatsächlich anzubieten. Auch bei einem Streit lediglich über den Zeitpunkt der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses genügt gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber mit der Aufnahme eines Datums in die Kündigung erklärt, er werde nach diesem Zeitpunkt keine weitere Arbeitsleistung mehr annehmen. Ein wörtliches Angebot ist aber erst mit der am 31. Oktober 2009 zugestellten Kündigungsschutzklage erfolgt. Dieses Angebot wirkt nicht zurück. Danach hat der Kläger für den gesamten Monat Oktober 2009 die Arbeitsleistung nicht wörtlich angeboten. Er hat bis dahin auch nicht gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2009 in anderer Weise protestiert.

25

3. Ein Angebot der Arbeitsleistung wäre entbehrlich gewesen, wenn der Kläger im Monat Oktober 2009 von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt gewesen wäre. Denn die Aufhebung der Arbeitspflicht bedeutet einen Verzicht auf das Angebot der Arbeitsleistung (BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 13). Ob der Kläger über den 30. September 2009 hinaus freigestellt war, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilen. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, zwischen den Parteien sei eine Freistellungsvereinbarung zustande gekommen, die sich zumindest auch auf den Monat Oktober 2009 bezogen habe, steht im Widerspruch zur - vorherigen - Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der damalige Inhaber der Beklagten habe bei Übergabe des Kündigungsschreibens am 27. Juni 2009 den Kläger von der Erbringung der Arbeitsleistung „einseitig“ freigestellt. Mit welchem (ungefähren) Wortlaut dies erfolgte, ist ebenso wenig festgestellt wie möglicherweise für die Auslegung ergiebige Begleitumstände der Freistellungserklärung.

26

4. War der Kläger - zu seinen Gunsten unterstellt - im Oktober 2009 von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt und deshalb ein Angebot der Arbeitsleistung nicht erforderlich, ist die Klage gleichwohl unbegründet. Denn unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen des Annahmeverzugs kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Leistung zu bewirken, § 297 BGB. Die objektive Leistungsfähigkeit ist eine von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss. Die Aufhebung der Arbeitspflicht bedeutet zwar einen Verzicht des Arbeitgebers auf das Angebot der Arbeitsleistung. Jedoch muss der Arbeitnehmer zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung fähig sein, ein Absehen von den Erfordernissen des § 297 BGB bedarf der ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien(BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 13 mwN).

27

Grundsätzlich hat bei Streit über die Leistungsfähigkeit der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande war. Er muss hierfür Indizien vortragen, aus denen darauf geschlossen werden kann (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 16 f. mwN). Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass sich bereits aus dem Sachvortrag des Arbeitnehmers selbst Indizien ergeben, aus denen auf eine fehlende Leistungsfähigkeit in dem Zeitraum, für den Vergütung wegen Annahmeverzugs begehrt wird, geschlossen werden kann. In einem solchen Falle ist die Klage unschlüssig, wenn der Arbeitnehmer die selbst geschaffene Indizwirkung nicht ausräumt und substantiiert darlegt, dass er gleichwohl arbeitsfähig war.

28

Im Streitfall hat der Kläger vorgetragen, nach Übergabe des Kündigungsschreibens schwer erkrankt und bis fast Ende Oktober 2009 prozess- und geschäftsunfähig gewesen zu sein. Er hat dafür sogar Beweis angeboten durch das Zeugnis des ihn behandelnden Arztes. War der Kläger aber aufgrund einer schweren Erkrankung bis zum 26. Oktober 2009 prozess- und geschäftsunfähig, musste er erläutern, aufgrund welcher Tatsachen er gleichwohl ab dem 1. Oktober 2009 für die geschuldete Tätigkeit als Kraftfahrer arbeitsfähig gewesen sein soll. Das ist nicht erfolgt.

29

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben gemäß § 92 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO der Kläger 93/100 und die Beklagte 7/100 zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision hat der Kläger nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.

       

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

       

        

        

    Ilgenfritz-Donné    

        

    A. Christen    

                 

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. März 2011 - 24 Sa 2315/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten, der in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung organisierten Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK), die Zahlung weiterer Urlaubsabgeltung.

2

Der Kläger war vom 29. Mai 2007 bis zum 31. Juli 2009 bei der J GmbH, einem Bauunternehmen mit Sitz in Sachsen-Anhalt, als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fand der für allgemeinverbindlich erklärte Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 4. Juli 2002 in der Fassung vom 20. August 2007 (BRTV aF) Anwendung. Die Arbeitsvertragsparteien hatten vereinbart, dass sich der Urlaubsanspruch „nach dem Bautarif und den gesetzlichen Bestimmungen“ richte. Zum Urlaub war im BRTV aF auszugsweise Folgendes geregelt:

        

„§ 8   

        

Urlaub

        

1.    

Urlaubsanspruch und Urlaubsdauer

        

1.1     

Der Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr (Urlaubsjahr) Anspruch auf 30 Arbeitstage bezahlten Erholungsurlaub.

        

…       

        
        

1.4     

Die Urlaubsdauer richtet sich nach den in Betrieben des Baugewerbes zurückgelegten Beschäftigungstagen.

        

…       

        
                          
        

2.    

Ermittlung der Urlaubsdauer

        

2.1     

Bei Urlaubsantritt sind die dem Arbeitnehmer zustehenden vollen Urlaubstage nach Maßgabe der Beschäftigungstage zu ermitteln.

        

2.2     

Der Arbeitnehmer erwirbt nach jeweils 12 - als Schwerbehinderter nach jeweils 10,3 Beschäftigungstagen - Anspruch auf einen Tag Urlaub.

        

2.3     

Beschäftigungstage sind alle Kalendertage des Bestehens von Arbeitsverhältnissen in Betrieben des Baugewerbes während des Urlaubsjahres. Ausgenommen hiervon sind Tage

                 

-       

an denen der Arbeitnehmer der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben ist,

                 

-       

unbezahlten Urlaubs, wenn dieser länger als 14 Kalendertage gedauert hat,

                 

-       

für die der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer weder Arbeitsentgelt noch Krankengeld oder Verletztengeld erhalten hat.

        

…       

        
        

2.5     

Bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses sind die während seiner Dauer zurückgelegten Beschäftigungstage zu ermitteln.

        

2.6     

Die für bereits gewährten Urlaub berücksichtigten Beschäftigungstage sind verbraucht.

        

2.7     

Zum Ende des Urlaubsjahres sind aus den unverbrauchten Beschäftigungstagen die Resturlaubsansprüche zu errechnen; Bruchteile von Urlaubstagen sind auf volle Urlaubstage kaufmännisch zu runden. Die Resturlaubsansprüche sind in das folgende Kalenderjahr zu übertragen.

                          
        

…       

        
                          
        

4.    

Urlaubsvergütung

        

4.1     

Der Arbeitnehmer erhält für den Urlaub gemäß Nr. 1 eine Urlaubsvergütung.

                 

…       

                 

b)    

Die Urlaubsvergütung beträgt für den nach dem 31. Dezember 2007 entstandenen Urlaub 14,25 v. H., bei Schwerbehinderten im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen 16,63 v. H. des Bruttolohnes. Die Urlaubsvergütung besteht aus dem Urlaubsentgelt in Höhe von 11,4 v. H. - bei Schwerbehinderten in Höhe von 13,3 v. H. - des Bruttolohnes und dem zusätzlichen Urlaubsgeld. Das zusätzliche Urlaubsgeld beträgt 25 v. H. des Urlaubsentgelts. Es kann auf betrieblich gewährtes zusätzliches Urlaubsgeld angerechnet werden.

        

4.2     

Bruttolohn ist

                 

a)    

der für die Berechnung der Lohnsteuer zugrunde zu legende und in die Lohnsteuerkarte oder die Lohnsteuerbescheinigung einzutragende Bruttoarbeitslohn einschließlich der Sachbezüge, die nicht pauschal nach § 40 EStG versteuert werden,

                 

…       

        
        

4.3     

Die Urlaubsvergütung für teilweise geltend gemachten Urlaub wird berechnet, indem die gemäß Nr. 4.1 errechnete Urlaubsvergütung durch die Summe der gemäß Nr. 2 ermittelten Urlaubstage geteilt und mit der Zahl der beanspruchten Urlaubstage vervielfacht wird.

        

…       

        
        

4.5     

Am Ende des Urlaubsjahres sind Restansprüche auf Urlaubsvergütung in das folgende Kalenderjahr zu übertragen.

                          
        

5.    

Ausgleichsbeträge

        

5.1     

Für jede Ausfallstunde vor dem 1. Januar 2006, für die der Lohnausfall nicht vergütet worden ist, höchstens jedoch für insgesamt 1.200 Ausfallstunden im Urlaubsjahr, ist für die durch

                 

a)    

unverschuldete Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit bis zu dem Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld nach § 125 Abs. 1 SGB III,

                 

…       

        
                 

eintretende Verminderung des der Berechnung der Urlaubsvergütung zugrunde liegenden Bruttolohnes ein Ausgleich zu zahlen.

        

…       

        
                          
        

6.    

Urlaubsabgeltung

        

6.1     

Der Arbeitnehmer hat nur dann einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe der Urlaubsvergütung, wenn er

                 

a)    

länger als drei Monate nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zu einem von diesem Tarifvertrag erfassten Betrieb gestanden hat, ohne arbeitslos zu sein,

                 

b)    

länger als drei Monate nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zu einem von diesem Tarifvertrag erfassten Betrieb gestanden hat und berufsunfähig oder auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, seinen bisherigen Beruf im Baugewerbe auszuüben,

                 

c)    

Altersrente oder Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht,

                 

…       

        
        

6.2     

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung richtet sich gegen die Kasse. Dieser Anspruch ist nur zu erfüllen, soweit Beiträge für die Urlaubsansprüche des jeweiligen Urlaubsjahres bereits geleistet worden sind oder bis zum Ablauf des Kalenderjahres nachentrichtet werden und nicht für die Erstattung der Urlaubsvergütungen verwendet worden oder zum Ausgleich für geleistete Erstattungen zu verwenden sind. §§ 366, 367 BGB finden keine Anwendung.

                 

In den von Nr. 6.1 Buchst. c) erfassten Fällen ist jedoch abweichend von Satz 1 derjenige Arbeitgeber zur Auszahlung der Urlaubsabgeltung verpflichtet, bei dem der Arbeitnehmer zuletzt beschäftigt war.

                          
        

7.    

Verfall der Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche

                 

Die Urlaubsansprüche und die Urlaubsabgeltungsansprüche gemäß Nr. 6 verfallen mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Jahr der Entstehung der Urlaubsansprüche folgt. § 15 ist ausgeschlossen.

                          
        

…       

        
                          
                          
        

15.     

Urlaubskassen der Bauwirtschaft

        

15.1   

Die als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien bestehende Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft mit Sitz in Wiesbaden (ULAK) hat insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der Urlaubsvergütung zu sichern. Für Betriebe mit Sitz im Land Berlin tritt an die Stelle der ULAK die Sozialkasse des Berliner Baugewerbes mit Sitz in Berlin (SOKA-Berlin). Die Arbeitgeber haben die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen. Auf die Beiträge hat die zuständige Urlaubskasse (Kasse) einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen der Kasse werden im Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) geregelt.

        

…“    

        
3

Der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 in der Fassung vom 5. Dezember 2007 (VTV aF), allgemeinverbindlich ab 1. Januar 2008, sieht zur Urlaubsabgeltung vor:

        

„§ 13 

        

Erstattung der Urlaubsvergütung

        

(1) Die ULAK erstattet dem Arbeitgeber monatlich die von ihm an den Arbeitnehmer ausgezahlte Urlaubsvergütung sowie in den Fällen des § 8 Nr. 6.2 Satz 3, Nr. 11.1 und Nr. 12.1 BRTV die ausgezahlte Urlaubsabgeltung, soweit auf diese nach den tarifvertraglichen Bestimmungen ein Anspruch bestand. Die Erstattung erfolgt aufgrund vollständiger und ordnungsgemäßer Meldung der Daten gemäß §§ 5 und 6. Sie setzt die Versicherung des Arbeitgebers voraus, dass die in die Meldescheine eingetragenen Urlaubsvergütungen bzw. Urlaubsabgeltungen unter Beachtung der tarifvertraglichen Bestimmungen tatsächlich an die Arbeitnehmer ausgezahlt wurden und mit den Lohnkonten sowie den Lohnabrechnungen übereinstimmen.

        

(2) Wird ein Arbeitgeber rückwirkend zur Meldung und Beitragszahlung herangezogen, so besteht Anspruch auf Erstattung der den Arbeitnehmern in den rückwirkend erfassten Abrechnungszeiträumen gewährten Urlaubsvergütungen, höchstens jedoch in Höhe der in § 8 BRTV für den jeweiligen Abrechnungszeitraum festgelegten Leistungen und nur für solche Abrechnungszeiträume, für die Beiträge entrichtet worden sind. Auf diesen Erstattungsanspruch weist die Einzugsstelle den Arbeitgeber bei der rückwirkenden Heranziehung hin.

        

...     

                 
        

§ 14   

        

Zahlung der Urlaubsabgeltung

        

(1) Die ULAK zahlt in den Fällen gemäß § 8 Nr. 6.1 Buchst. a), b), d), e) und f) BRTV dem Arbeitnehmer auf dessen Antrag die Urlaubsabgeltung gemäß § 8 Nr. 6.2 BRTV aus. Die Urlaubsabgeltung wird abzüglich des darauf entfallenden Arbeitnehmeranteils an dem Beitrag zu den Systemen der sozialen Sicherheit und abzüglich der Lohnsteuer, soweit die ULAK zur Abführung der Lohnsteuer berechtigt ist, ausgezahlt. Die ULAK ist zur Pauschalierung des Arbeitnehmeranteils an dem Beitrag zu den Systemen der sozialen Sicherheit berechtigt, es sei denn, dieser kann aufgrund der Angaben des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers ermittelt werden.

        

(2) Die ULAK zahlt den einbehaltenen Arbeitnehmeranteil an dem Beitrag zu den Systemen der sozialen Sicherheit an den Arbeitgeber und führt die Lohnsteuer an die zuständige Finanzbehörde ab. Ist die ULAK dazu ermächtigt, so führt sie den Arbeitnehmeranteil an dem Beitrag zu den Systemen der sozialen Sicherheit stattdessen an die zuständige Einzugsstelle ab.

        

(3) Die ULAK bescheinigt dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die Höhe der Urlaubsabgeltung, des an den Arbeitgeber gezahlten Arbeitnehmeranteils und der abgeführten Lohnsteuer.

        

(4) Hat die ULAK an den Arbeitgeber einen zu hohen oder einen zu niedrigen Arbeitnehmeranteil gezahlt, so hat ein entsprechender Ausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erfolgen.“

4

Am 17. Dezember 2012 vereinbarten die Tarifvertragsparteien einen Änderungstarifvertrag, der am 1. Januar 2013 in Kraft trat (BRTV nF). § 8 Nr. 5 BRTV wurde geändert und lautet nunmehr auszugsweise wie folgt:

        

„5.     

Mindesturlaubsvergütung

        

5.1     

Für jede Ausfallstunde wegen unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit, für die kein Lohnanspruch bestand, erhöht sich die nach Nr. 4.1 errechnete Urlaubsvergütung um 14,25 % des zuletzt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VTV gemeldeten Bruttolohnes.

        

…       

        
        

5.3     

Nr. 6.2 Satz 2 findet auf die Ansprüche nach Nrn. 5.1 und 5.2 keine Anwendung. Nr. 8 findet auf Ansprüche nach Nr. 5.1 keine Anwendung.“

5

Der Kläger erkrankte am 11. Februar 2008. Er war bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Juli 2009 und darüber hinaus bis mindestens April 2010 arbeitsunfähig krank. Er ist nicht mehr in der Lage, in seinem Beruf als Bauarbeiter tätig zu sein. In den Jahren 2008 und 2009 wurde dem Kläger kein Urlaub gewährt und keine Urlaubsvergütung gezahlt. Der Beklagte zahlte ausweislich des Arbeitnehmerkontoauszugs zum 31. Dezember 2008 an den Kläger Urlaubsabgeltung iHv. 619,35 Euro.

6

Der Kläger hat mit seiner dem Beklagten am 20. Juli 2010 zugestellten Klage die Auffassung vertreten, für das Jahr 2008 stünden ihm 30 und für das Jahr 2009 18 Arbeitstage bezahlter Erholungsurlaub zu. Diese seien wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung abzugelten. Nach Maßgabe seines Bruttolohns stehe ihm ein durchschnittlicher Urlaubsvergütungsanspruch pro Tag iHv. 104,62 Euro zu.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.394,04 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die tarifvertraglichen Regelungen stünden mit dem Europarecht in Einklang. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch richte sich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen ihn als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien. Als solche habe er nur beitragsgedeckte Urlaubsabgeltungsansprüche gemäß den Bautarifverträgen zu erfüllen. Dieser Pflicht sei er nachgekommen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.

11

I. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer weiteren, über den Betrag von 619,35 Euro hinausgehenden Urlaubsabgeltung bzw. Entschädigung. Der Beklagte ist insoweit nicht passivlegitimiert.

12

1. Der Beklagte hat den sich nach § 8 BRTV in der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2009 geltenden Fassung(BRTV aF) ergebenden Urlaubsabgeltungsanspruch erfüllt. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Der BRTV in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 17. Dezember 2012 (BRTV nF) findet im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil er erst am 1. Januar 2013 in Kraft trat.

13

2. Dem Kläger steht kein weitergehender Zahlungsanspruch aufgrund anderer Rechtsgrundlagen gegen den Beklagten zu.

14

a) Das Landesarbeitsgericht ist allerdings zu Unrecht davon ausgegangen, dass die vom Kläger geltend gemachten Urlaubstage nach dem BRTV aF nicht entstanden sind. Nach § 8 Nr. 2.3 Satz 2 dritter Spiegelstrich BRTV aF werden zwar bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs solche Tage nicht berücksichtigt, für die der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer weder Arbeitsentgelt noch Krankengeld oder Verletztengeld erhalten hat. Ausweislich des in Kopie mit der Klageschrift zur Gerichtsakte gereichten Schreibens vom 22. Februar 2010 geht der Beklagte jedoch selbst davon aus, dass der Kläger nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums von April 2008 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Juli 2009 Krankengeld bezog. Abweichende Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Ob § 8 Nr. 2.3 Satz 2 dritter Spiegelstrich BRTV aF den Urlaubsanspruch bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern in zulässiger Weise beschränkte, muss der Senat vor diesem Hintergrund nicht entscheiden.

15

b) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten bestand für die Urlaubstage auch ein Vergütungsanspruch. Zwar sollten Zeiten unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit im Referenzzeitraum aufgrund der Streichung der Ausgleichsbeträge für Ausfallstunden ab dem 1. Januar 2006 (vgl. § 8 Nr. 5 BRTV aF) zu einer Verminderung der Urlaubsvergütung führen und somit sogar nur ein Anspruch auf unbezahlten Urlaub entstehen können. Diese Regelung steht jedoch im Widerspruch zu den Bestimmungen des BUrlG und ist - jedenfalls in Bezug auf den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch - insoweit unwirksam. Im Übrigen konterkariert sie die von den Tarifvertragsparteien selbst in § 8 Nr. 15.1 BRTV aF hervorgehobene Aufgabe des Beklagten, die Auszahlung der Urlaubsvergütung zu sichern. Ungeachtet der ständigen Rechtsprechung des EuGH, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen ist, der nicht restriktiv ausgelegt werden darf (EuGH 8. November 2012 - C-229/11 und C-230/11 - [Heimann und Toltschin] Rn. 22 f. mwN, NZA 2012, 1273), ist weder die Verminderung, geschweige denn der völlige Ausschluss jeglicher Vergütung während des Erholungsurlaubs zur Erreichung des in § 13 Abs. 2 Satz 1 BUrlG genannten Ziels der Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs erforderlich. Sinn und Zweck der Tariföffnungsklauseln in § 13 BUrlG ist es nicht, Arbeitgeber von den mit dem bezahlten Erholungsurlaub bzw. der Urlaubsabgeltung verbundenen Kosten zum Nachteil der Arbeitnehmer zu entlasten.

16

aa) Nach § 1 BUrlG haben Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Damit ist ihr Arbeitsentgelt nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. der Berechnungsvorschrift des § 11 Abs. 1 BUrlG während der Freistellung von der Arbeitspflicht als Urlaubsentgelt weiterzuzahlen(BAG 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 32 mwN, BAGE 132, 247). Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG bleiben bei der Ermittlung des Geldfaktors Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Unverschuldete Arbeitsversäumnis iSd. Norm liegt ua. vor bei Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlungsanspruch (HWK/Schinz 5. Aufl. § 11 BUrlG Rn. 49; vgl. auch ErfK/Gallner 13. Aufl. § 11 BUrlG Rn. 25).

17

bb) Von dieser Berechnungsmethode weicht der BRTV aF in mehrfacher Weise ab. Die Tarifbestimmungen erweitern oder verkürzen den Referenzzeitraum von 13 Wochen auf das Urlaubsjahr vor der Urlaubsgewährung. Ob der Referenzzeitraum verlängert oder verkürzt wird, hängt von der Lage des Urlaubs im Urlaubsjahr ab. Die Regelungen pauschalieren zudem das Urlaubsentgelt bei nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern anhand der Rechengröße von 11,4 % des Bruttolohns, den der Arbeitnehmer vor Urlaubsantritt im Urlaubsjahr zu beanspruchen hat (Gesamtbruttolohn im Urlaubsjahr x 11,4 % : Anzahl der erworbenen Urlaubstage x beanspruchte Urlaubstage; vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 35, BAGE 132, 247). Außerdem sind Verdienstausfälle, die im Berechnungszeitraum aufgrund unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit eintreten, bei der Berechnung des Urlaubsentgelts anspruchsmindernd zu berücksichtigen.

18

cc) Jedenfalls soweit die Tarifbestimmungen § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG abbedingen, wonach Verdienstkürzungen im Berechnungszeitraum infolge von unverschuldeter Arbeitsversäumnis wegen Krankheit für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht bleiben, werden diese Regelungen weder von der allgemeinen Öffnungsklausel für Tarifverträge in § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG noch von der speziellen Öffnungsklausel für das Baugewerbe in § 13 Abs. 2 BUrlG getragen.

19

(1) Die allgemeine Tariföffnungsklausel deckt die tarifliche Berechnungsregelung nicht.

20

(a) Nach § 13 Abs. 1 BUrlG dürfen die Tarifvertragsparteien nicht zulasten der Arbeitnehmer von § 1 BUrlG abweichen. Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. „Bezahlt“ iSv. § 1 BUrlG ist der Erholungsurlaub, wenn der Vergütungsanspruch unberührt bleibt, obwohl der Arbeitnehmer nicht arbeitet. Schon aus § 1 BUrlG ergibt sich die Pflicht, die Vergütung während des Urlaubs weiterzuzahlen. Dementsprechend bedeutet nach der Rechtsprechung des EuGH der Ausdruck „bezahlter Jahresurlaub” in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG, dass das Arbeitsentgelt für die Dauer des Jahresurlaubs im Sinne dieser Richtlinie weiterzugewähren ist. Der Arbeitnehmer muss für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten (EuGH 15. September 2011 - C-155/10 - [Williams ua.] Rn. 19, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 5; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff ua.] Rn. 58, Slg. 2009, I-179). Tarifverträge dürfen diese aus § 1 BUrlG folgende Entgeltfortzahlungspflicht nicht durch eine von § 11 Abs. 1 BUrlG abweichende Berechnung der weiterzuzahlenden Vergütung mindern. Die Tarifvertragsparteien können jedoch jede Berechnungsmethode wählen, die geeignet ist, ein Urlaubsentgelt sicherzustellen, wie es der Arbeitnehmer bei Weiterarbeit ohne Freistellung voraussichtlich hätte erwarten können (BAG 21. September 2010 - 9 AZR 510/09 - Rn. 19, BAGE 135, 301; 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 39 mwN, BAGE 132, 247). Bei der Prüfung der Frage, ob die Tarifvertragsparteien Regelungen getroffen haben, die sich im Rahmen des § 13 Abs. 1 BUrlG halten, ist abstrakt darauf abzustellen, ob die Gesamtheit der tariflichen Regelungen, die die Höhe des Urlaubsentgelts bestimmen(Zeit- und Geldfaktor), die aufgezeigten Grenzen überschreitet oder nicht. Nicht einzubeziehen in diesen abstrakten Günstigkeitsvergleich sind über das BUrlG hinaus gewährte zusätzliche Leistungen, wie zB ein zusätzliches Urlaubsgeld oder eine die Mindestdauer überschießende Anzahl von Urlaubstagen (BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 887/08 - Rn. 16, AP BUrlG § 11 Nr. 66 = EzA BUrlG § 13 Nr. 60).

21

(b) Das strenge Referenzprinzip des § 8 Nr. 4.1 BRTV aF, nach dem Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung unbeschränkte Berücksichtigung finden, ist nicht geeignet, ein Urlaubsentgelt sicherzustellen, wie es der Arbeitnehmer bei Weiterarbeit ohne Freistellung voraussichtlich hätte erwarten können. Zum einen fehlt ein innerer Zusammenhang zwischen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung und der Vergütung geleisteter Arbeit. Die Höhe der Vergütung des Bauarbeiters für geleistete Arbeit ist nicht davon abhängig, ob und wie lange er zuvor arbeitsunfähig krank war. Zum anderen ist die Einbeziehung der Zeiten ohne Entgeltfortzahlung geeignet, ganz erhebliche Kürzungen der Urlaubsvergütung bis hin zu einer Urlaubsvergütung „Null“ zu begründen. Insofern besteht auch ein Unterschied zwischen Zeiten des Bezugs von Kurzarbeitergeld (vgl. dazu BAG 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 41, BAGE 132, 247, m. zust. Anm. Höpfner AP BUrlG § 11 Nr. 65, zu IV) und Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung. Während Krankheiten zu monate- oder gar jahrelanger Arbeitsunfähigkeit führen können, ist die Dauer der Zahlung von Kurzarbeitergeld gesetzlich begrenzt. Zudem kann Kurzarbeit auch im Rahmen einer verringerten Wochenarbeitszeit erbracht werden (vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 13 mwN, aaO), während die Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums typischerweise zum völligen Wegfall der Vergütung führt.

22

(2) Die Abweichung des § 8 Nr. 4 BRTV aF von § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG ist auch nicht durch § 13 Abs. 2 BUrlG gedeckt. Wortlaut und Zusammenhang des § 13 Abs. 2 Satz 1 BUrlG sind darauf gerichtet, ua. im Baugewerbe auch § 1 BUrlG einer tariflichen Änderung zulasten des einzelnen Arbeitnehmers zugänglich zu machen, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist(BAG 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 43, BAGE 132, 247). Ziel des beitragsfinanzierten Urlaubskassenverfahrens ist es, den Arbeitnehmern im Baugewerbe trotz der häufigen Fluktuation einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu ermöglichen (BAG 19. September 2000 - 9 AZR 504/99 - zu I 4 b bb der Gründe, BAGE 95, 312). Zu prüfen ist, ob die tariflichen Regelungen inhaltlich sicherstellen, dass im Falle kurzer Arbeitsverhältnisse zusammenhängende Urlaubsansprüche gewährt werden können (BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 405/00 - zu A II 4 c der Gründe, BAGE 101, 357). Diese Voraussetzung muss auch für das Baugewerbe gegeben sein (AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. Bd. 2 § 13 BUrlG Rn. 37; aA Biedermann/Möller BRTV 8. Aufl. Vorbem. zu § 8). Das Baugewerbe ist nach § 13 Abs. 2 BUrlG nur insofern privilegiert, als vermutet wird, dass es sich um einen Wirtschaftszweig handelt, in dem als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfang üblich sind. Die übrigen Tatbestandsmerkmale sind im Einzelfall zu prüfen.

23

Die Verminderung der Urlaubsvergütung aufgrund vorangegangener Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung ist nicht erforderlich, um einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu ermöglichen (vgl. Pötters/Stiebert ZESAR 2012, 169, 172; Temming jurisPR-ArbR 7/2012 Anm. 2). Zwar mag die tarifliche Regelung dazu beitragen, dass Arbeitgeber Arbeitsverhältnisse mit kranken Arbeitnehmern bestehen lassen. Der gesetzliche Schutz des einzelnen Arbeitsverhältnisses im Krankheitsfall wird jedoch durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleistet. Im Übrigen dient das Urlaubskassenverfahren gerade dazu, einen zusammenhängenden Urlaubsanspruch trotz Fluktuation zu gewährleisten. Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gefährdet mithin nicht per se die Gewährung eines zusammenhängenden Urlaubs in der Zukunft. Darüber hinaus zeigte die frühere Ausgleichsregelung in § 8 Nr. 5 BRTV aF für Ausfallstunden vor dem 1. Januar 2006, dass das Urlaubskassenverfahren Zeiträume des Krankengeldbezugs in die Urlaubsentgeltberechnung einbeziehen kann, ohne seine Funktionsfähigkeit zu verlieren (vgl. Temming aaO).

24

c) Der BRTV aF enthält keine eigenständige Berechnungsvorschrift für die Höhe der Urlaubsabgeltung. Nach § 8 Nr. 6.1 BRTV aF richtet sich die Höhe der Urlaubsabgeltung nach der Höhe der Urlaubsvergütung. Soweit § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG für die Berechnung der Höhe der Urlaubsvergütung nicht wirksam abbedungen wurde und daher Verdienstkürzungen, die im Referenzzeitraum infolge unverschuldeter Arbeitsversäumnis eingetreten sind, außer Betracht zu bleiben haben, wirkt sich dies nach der Systematik des Tarifvertrags unmittelbar auf die Höhe der Urlaubsabgeltung aus.

25

Im Übrigen wäre hinsichtlich des Bestehens einer Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien, die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs wesentlich einzuschränken oder gar gänzlich auszuschließen, die Rechtssprechung des EuGH zu beachten. Dieser hat entschieden, dass die finanzielle Vergütung, auf die ein Arbeitnehmer Anspruch hat, der aus von seinem Willen unabhängigen Gründen nicht in der Lage war, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses auszuüben, in der Weise zu berechnen ist, dass der Arbeitnehmer so gestellt wird, als hätte er diesen Anspruch während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt. Folglich sei das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers, das während der dem bezahlten Jahresurlaub entsprechenden Ruhezeit weiterzuzahlen ist, auch für die Berechnung der finanziellen Vergütung für bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub maßgebend (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff ua.] Rn. 61, Slg. 2009, I-179).

26

d) Ein unter Berücksichtigung von § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG berechneter Abgeltungsanspruch, der über den bereits von dem Beklagten gezahlten Betrag hinausgeht, richtet sich jedoch entgegen der Rechtsansicht des Klägers gegen den letzten Arbeitgeber und nicht gegen den Beklagten. Dies ergibt die Auslegung des § 8 Nr. 6.2 BRTV aF. Die Regelung, dass sich der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegen den Beklagten richtet, erfasst nur solche Abgeltungsansprüche, die nach den Vorschriften des BRTV aF berechnet und durch Arbeitgeberbeiträge an den Beklagten gedeckt sind. Für weitergehende Abgeltungsansprüche bleibt der Arbeitgeber gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruchsgegner.

27

aa) Die Beschränkung der Übertragung der Abgeltungsverpflichtung vom Arbeitgeber auf den Beklagten ergibt sich unmittelbar aus § 8 Nr. 6.2 Satz 2 BRTV aF. Danach ist der Abgeltungsanspruch von dem Beklagten nur zu erfüllen, soweit Beiträge für die Urlaubsansprüche des jeweiligen Urlaubsjahres bereits geleistet worden sind oder bis zum Ablauf des Kalenderjahres nachentrichtet werden und nicht für die Erstattung der Urlaubsvergütungen verwendet worden oder zum Ausgleich für geleistete Erstattungen zu verwenden sind. Diese Beschränkung auf beitragsgedeckte Abgeltungsansprüche haben die Tarifvertragsparteien erst mit Wirkung zum 1. Januar 2013 - und damit für die streitgegenständlichen Ansprüche unanwendbar - durch den Änderungstarifvertrag vom 17. Dezember 2012 durch die ausdrückliche Bestimmung in § 8 Nr. 5.3 BRTV nF aufgehoben. Der Beklagte hat sich bereits im Berufungsverfahren auf § 8 Nr. 6.2 Satz 2 BRTV aF berufen und auf die fehlende Beitragsdeckung hinsichtlich der vom Kläger erhobenen Ansprüche hingewiesen. Dem ist der Kläger zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten.

28

bb) Eine Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Urlaubsabgeltung, die sich nicht allein aus den Vorschriften des BRTV aF ergibt, widerspräche im Übrigen der Systematik der tariflichen Regelung. Nach § 8 Nr. 15.1 BRTV aF finanziert sich das Urlaubskassenverfahren nur aus Beiträgen der Arbeitgeber. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des Beklagten werden im VTV geregelt. Nach dem dort vorgesehenen Sozialkassenverfahren besteht hinsichtlich der Urlaubsabgeltung eine Zahlungsverpflichtung des Beklagten im Wege der Erstattung an den Arbeitgeber (§ 13 VTV) bzw. im Wege der Auszahlung an den Arbeitnehmer (§ 14 VTV) nur, soweit auf die Abgeltung nach den tarifvertraglichen Bestimmungen ein Anspruch bestand. Um diesen Verpflichtungen nachkommen zu können, regelt § 6 VTV ein Meldeverfahren, nach dem der Arbeitgeber dem Beklagten monatlich ua. den beitragspflichtigen Bruttolohn und die diesem zugrunde liegenden lohnzahlungspflichtigen Stunden mitzuteilen hat. Eine Meldeverpflichtung hinsichtlich der Anzahl der Ausfallstunden wegen Arbeitsunfähigkeit ohne Lohnanspruch wurde erst mit dem Änderungstarifvertrag vom 17. Dezember 2012 mit Wirkung zum 1. Januar 2013 eingeführt. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche der Jahre 2008 und 2009 verfügte der Beklagte mithin nicht über die notwendigen Informationen von der letzten Arbeitgeberin des Klägers, um den geltend gemachten Abgeltungsanspruch überhaupt erfüllen zu können.

29

cc) Der Beschränkung der Zahlungsverpflichtung des Beklagten auf beitragsgedeckte Ansprüche stehen auch insoweit keine rechtlichen Bedenken entgegen als dadurch der Abgeltungsanspruch nicht insgesamt ausgeschlossen wird. Hat der Arbeitgeber keine Beiträge für die Urlaubsansprüche geleistet, hat nicht der Beklagte, sondern der Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung zu zahlen. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes mit der Regelung in § 8 Nr. 6.2 Satz 1 BRTV aF die Zuständigkeit des Beklagten für die Zahlung der Urlaubsabgeltung nicht auf beitragsgedeckte Ansprüche beschränken wollten, sondern nach ihrem Willen nicht beitragsgedeckte Urlaubsansprüche auch gegenüber den Bauarbeitgebern ausgeschlossen sein sollten, wäre ein solcher Ausschluss des Abgeltungsanspruchs unwirksam.

30

(1) Der Wortlaut des § 8 Nr. 6.2 BRTV aF ist nicht eindeutig. Die Bestimmung regelt nicht, gegen wen sich der Anspruch richtet, wenn er vom Beklagten mangels geleisteter Beiträge nicht zu erfüllen ist. Sie schließt es ihrem Wortlaut nach damit auch nicht aus, dass der Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung zu zahlen hat, wenn er keine Beiträge an den Beklagten geleistet hat. § 8 Nr. 6.2 Satz 1 BRTV aF stellt eine Ausnahme zur gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4 BUrlG dar, nach der der Arbeitgeber Schuldner des Abgeltungsanspruchs ist. Nach allgemeinen Grundsätzen müsste es im Falle des Nichteingreifens der Ausnahmeregelung bei dem Grundsatz der Schuldnerstellung des individuellen Arbeitgebers verbleiben. Auch gilt es, die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - zu I 1 b aa der Gründe mwN, BAGE 111, 204). Danach erschiene es widersinnig, dem Arbeitgeber die Möglichkeit einzuräumen, sich durch hartnäckige Nichterfüllung seiner Beitragsverpflichtung der gesetzlichen Pflicht zur Urlaubsabgeltung endgültig entziehen zu können.

31

(2) Jedenfalls wäre eine Tarifnorm, die Arbeitnehmer im Baugewerbe im Falle der unterlassenen Beitragszahlung ohne Schuldner lässt, unwirksam. Eine solche Norm würde im Ergebnis einen Ausschluss des Abgeltungsanspruchs darstellen, der jedenfalls bezüglich des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs unzulässig ist, wenn der Arbeitnehmer - wie im Entscheidungsfall der Kläger - aufgrund Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit den Erholungsurlaub nicht nehmen konnte. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG ist nach der Rechtsprechung des EuGH dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte(EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff ua.] Rn. 62, Slg. 2009, I-179). Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war schon vor der Entscheidung des Gerichtshofs davon ausgegangen, dass die Tarifvertragsparteien nicht die Regelungsbefugnis besitzen, die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs wesentlich einzuschränken oder gar gänzlich auszuschließen (vgl. BAG 10. Februar 1987 - 8 AZR 529/84 - zu 3 a der Gründe mwN, BAGE 54, 184). Die Grundsätze der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn.  11 , NZA 2012, 1216 ) gebieten es, an dieser Rechtsprechung insoweit festzuhalten, als der Ausschluss des Abgeltungsanspruchs durch Tarifvertrag für unzulässig erachtet wurde.

32

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

        

        

    Furche    

        

    Heilmann    

                 

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.