Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Sept. 2016 - 5 Sa 232/15

bei uns veröffentlicht am27.09.2016

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund vom 18.08.2015 – 1 Ca 209/14 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

2

Die am … 1957 geborene Klägerin schloss am 20.01.2000 mit der Pommerschen Evangelischen Kirche (PEK) einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag über eine Beschäftigung als Verwaltungsangestellte beim Evangelischen Frauenwerk in Mecklenburg-Vorpommern mit Arbeitsbeginn 15.01.2000. Die regelmäßige Arbeitszeit betrug 20 Wochenstunden. Das Frauenwerk war eine gemeinsame Einrichtung der PEK und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs (ELLM), in der die beiden Landeskirchen ihre jeweilige Frauenarbeit zusammengeführt hatten. Die Zusammenarbeit war zunächst auf zwei Jahre ausgelegt, wurde aber später fortgeführt.

3

Die beiden Landeskirchen regelten die Tätigkeit des Evangelischen Frauenwerks auf der Grundlage einer Satzung. Danach arbeitet das Frauenwerk im Rahmen der Ordnungen beider Landeskirchen inhaltlich selbstständig (§ 1 Satz 2 der zuletzt maßgeblichen Satzung des Evangelischen Frauenwerkes in Mecklenburg-Vorpommern vom 01.03.2006). Das Evangelische Frauenwerk hat die Aufgabe, Frauen in ihren Lebensbezügen, in Familie, Kirche und Gesellschaft zu begleiten und ihnen darin die biblische Botschaft zu verkünden (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Es fördert und begleitet die Frauenarbeit in den Kirchengemeinden und auf Kirchenkreisebene und fördert die Weiterbildung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen. Es initiiert und unterstützt Veranstaltungen und Projekte in beiden Landeskirchen, die es Frauen ermöglichen, persönliche, pädagogische und theologische Kompetenzen zu entwickeln und spirituelle Erfahrungen zu sammeln (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Das Evangelische Frauenwerk arbeitet mit anderen Einrichtungen, Diensten und Werken beider Trägerkirchen zusammen (§ 2 Abs. 3 der Satzung). Die Arbeit des Evangelischen Frauenwerks wird von einem Kuratorium verantwortet (§ 3 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Die Referentinnen und Mitarbeiterinnen des Evangelischen Frauenwerks werden im Rahmen des Stellenplans der jeweils dienstgebenden Kirche auf Vorschlag des Kuratoriums angestellt (§ 5 Abs. 1 der Satzung). Das Frauenwerk war in A-Stadt ansässig.

4

Der Arbeitsvertrag der Klägerin ist ebenso wie die drei Nachtragsvereinbarungen vom Konsistorialpräsidenten als Vertreter der PEK unterzeichnet und trägt das Siegel "Pommersche Evangelische Kirche Das Konsistorium". Der Leiter des Konsistoriums ist nach Art. 138 Satz 1 der Kirchenordnung der PEK vom 02.06.1950 (ABl. 1950 S. 29) in der Fassung vom 15.10.2000, zuletzt geändert durch Kirchengesetz vom 18.10.2009 (Abl. 2009 S. 86), unterschriftsberechtigt und befugt zu siegeln. Das Konsistorium besteht aus dem Kollegium und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Konsistoriums (Art. 143 Abs. 1 Kirchenordnung PEK). Zum Kollegium gehören der Bischof, die Superintendenten sowie weitere, in der Regel theologische und juristische Mitglieder, die von der Kirchenleitung im Haupt- und Nebenamt berufen werden (Art. 143 Abs. 2 Satz 1 Kirchenordnung PEK). Die Kirchenleitung bestellt aus den Mitgliedern des Kollegiums (mit Ausnahme des Bischofs) in der Regel einen Juristen zum Leiter des Konsistoriums (Art. 143 Abs. 3 Satz 1 Kirchenordnung PEK). Das Konsistorium führt die laufenden Geschäfte der Pommerschen Evangelischen Kirche; darüber hinaus nimmt es die Geschäfte der laufenden Verwaltung der Kirchenkreise und Kirchengemeinden wahr (Art 139 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Kirchenordnung PEK). Es ist für alle Angelegenheiten der kirchlichen Verwaltung verantwortlich, die die kirchliche Ordnung nicht einer anderen Stelle überträgt, insbesondere für die Aufsicht über die Kirchengemeinden, Kirchenkreise und kirchlichen Amtsträger (Art 139 Abs. 2 Kirchenordnung PEK).

5

Am 05.02.2009 schlossen die PEK, die ELLM und die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche (NEK) den Vertrag über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Fusionsvertrag). In diesem Vertrag heißt es:

6

"…

7

IV.6 Landeskirchenamt

8


IV.6.3 Standort des Landeskirchenamts

9

IV.6.3.1 Das Landeskirchenamt hat seinen Sitz in C-Stadt. Es hat eine Außenstelle in S., in der Aufgaben wahrgenommen werden, deren Erfüllung in der Außenstelle aus funktionalen oder regionalen Gründen sachgerecht ist. Es können weitere Außenstellen - auch mit Sonderzuständigkeiten - gebildet werden.

10

IV.6.3.2 Die Präsidentin bzw. der Präsident des Landeskirchenamtes sowie die weiteren hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums haben ihren Dienstsitz in C-Stadt. Dies gilt auch für die Referentinnen und Referenten, sofern nicht aus regionalen oder funktionalen Gründen der Dienstsitz in der Außenstelle in S. oder einer anderen Außenstelle sachgerecht ist; besondere persönliche Belange sollen berücksichtigt werden. Den anderen Mitarbeitenden werden Aufgaben am bisherigen Dienstort bzw. am Außenstellensitz angeboten, die ihrer bisherigen Tätigkeit adäquat sind.

11

IV.7 Überleitung der Mitarbeitenden

12

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche oder Pommerschen Evangelischen Kirche stehen, sind mit der Entstehung der gemeinsamen Kirche Mitarbeitende der Landeskirche. Betriebsbedingte Kündigungen aus Anlass des Entstehens der gemeinsamen Kirche sind ausgeschlossen. Änderungskündigungen zur Bestimmung des Dienstortes aus Anlass des Entstehens der gemeinsamen Kirche können ausgesprochen werden; IV.6.3.2 bleibt unberührt.

13

V. Dienste und Werke

14

V.2.1 Dienste und Werke organisieren sich auf der landeskirchlichen Ebene sowie auf der Ebene der Kirchenkreise.

15

V.2.5 Die Struktur der Dienste und Werke auf der landeskirchlichen Ebene wird in Hauptbereichen organisiert. Das Nähere regelt ein einheitliches Werkegesetz, dessen Inhalt sich am Kirchengesetz über die Organisation der Dienste und Werke der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Hauptbereichen kirchlicher Arbeit (GVOBl. 2008 S.110 ff.) orientiert.

16

V.2.6 Die Standorte der Dienste und Werke auf der landeskirchlichen Ebene können zentral oder dezentral lokalisiert sein.
…"

17

Am 27.08.2010 schlossen die PEK und die Mitarbeitervertretung des Konsistoriums, die ELLM und die Mitarbeitervertretung des Oberkirchenrates sowie die NEK und die Mitarbeitervertretung des Nordelbischen Kirchenamtes

18

"… aus Anlass der Neugestaltung der landeskirchlichen Verwaltung auf der Grundlage des Vertrages über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland nach § 36 i.V.m. § 40 Buchst. f des Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland folgende Dienstvereinbarung über einen Sozialplan:

19

§ 1
Geltungsbereich

20

(1) Dieser Sozialplan gilt für alle Mitarbeitenden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland am 15. April 2009 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis im Konsistorium in G., im Oberkirchenrat in S. und im Nordelbischen Kirchenamt (Kirchenverwaltungen) tätig waren.

21

(3) Maßnahmen im Sinne dieser Dienstvereinbarung sind alle Änderungen rechtlicher oder tatsächlicher Art, die sich aus Anlass der Neugestaltung der landeskirchlichen Verwaltung ergeben.

22

§ 3
Ziel des Sozialplanes

23

Ziel des Sozialplanes ist es, Nachteile für Mitarbeitende zu verhindern, zu mindern oder mindestens sozial abzufedern, die sich aus der Neugestaltung der landeskirchlichen Verwaltung ergeben können.

24

§ 4
Arbeitsplatzsicherung

25

Betriebsbedingte Kündigungen aus Anlass des Entstehens der gemeinsamen Kirche sind ausgeschlossen (IV.7 Vertrag über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland).

26

§ 5
Übertragung anderer Tätigkeiten

27

Allen Mitarbeitenden gemäß IV.6.3.2. Satz 3 des Vertrages über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland ist am bisherigen Dienstort eine adäquate Tätigkeit anzubieten, das heißt die neue Tätigkeit muss hinsichtlich der erforderlichen Qualifizierung, der Eingruppierung und des Beschäftigungsumfangs der bisherigen Arbeitsaufgabe entsprechen.

28

§ 10
Abfindung

29

(1) Mitarbeitende, die wegen der Zusammenlegung der Ämter aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund eines Auflösungsvertrages ausscheiden, erhalten eine Abfindung nach Maßgabe der folgenden Tabelle:

30

Beschäftigungszeit

Vor dem vollendeten 45. Lebensjahr
Monatsbezüge

Nach dem vollendeten 45. Lebensjahr
Monatsbezüge

13 Jahre

10

13

 

31

32

§ 15
Rechtsnachfolge

33

Die Verpflichtungen der Dienstgeber aus dieser Dienstvereinbarung gehen bei der Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (§ 1) auf den neuen Dienstgeber über.

34

§ 16
Kündbarkeit

35

Dieser Sozialplan ist nicht kündbar. Er endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, wenn die Mitarbeitenden keine Ansprüche mehr aus dieser Dienstvereinbarung geltend machen können.
…“

36

Am Pfingstsonntag, 27.05.2012, traten die Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) sowie das Einführungsgesetz zur Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, mit dem die Mitarbeiter der einzelnen Landeskirchen auf die Nordkirche übergeleitet wurden, in Kraft.

37

Zum 01.10.2012 nahm die Klägerin eine weitere Teilzeitbeschäftigung in A-Stadt bei einem anderen kirchlichen Rechtsträger auf. Dieses Arbeitsverhältnis mit dem Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis war auf zwei Jahre, d. h. bis zum 30.09.2014, befristet.

38

Anfang 2013 entschied die Beklagte, den Dienstsitz des Evangelischen Frauenwerks in Mecklenburg-Vorpommern von A-Stadt nach R. zu verlegen. Die Standortentscheidung beruht darauf, dass in R. mehrere kirchliche Einrichtungen, wie z. B. die Fachstelle Männerarbeit, das Jugendpfarramt, die Erwachsenenbildung, in einem Gebäude zusammengeführt werden sollten.

39

Unter dem Datum 20./28.06.2013 schloss die Beklagte, vertreten durch die Leiterin des Hauptbereichs "Frauen, Männer, Jugend", mit der Klägerin unter Bezugnahme auf die vorangegangenen Verträge einen Änderungsvertrag, in dem es heißt:

40

"…

§ 1

41

An die Stelle der Pommerschen Evangelischen Kirche ist im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Wirkung vom 27. Mai 2012 die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland getreten. An die Stelle des Konsistoriums ist der Hauptbereich „Frauen, Männer, Jugend“ Arbeitsbereich Frauenwerk der Nordkirche getreten.

§ 2

42

Für das Arbeitsverhältnis gilt der Kirchliche Arbeitnehmerinnen Tarifvertrag (KAT) vom 1. Dezember 2006 in der jeweils geltenden Fassung und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge nach Maßgabe des Tarifvertrages zur Überleitung der Arbeitnehmerinnen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs (ELLM) und der Pommerschen Evangelischen Kirche (PEK) in den Kirchlichen Arbeitnehmerinnen Tarifvertrag (KAT) vom 7. Dezember 2011.
…"

43

Hauptbereiche sind eigenständige Arbeitseinheiten der Kirche ohne Rechtspersönlichkeit, in denen rechtlich unselbstständige Träger kirchlicher Arbeit sowie rechtlich selbstständige Träger kirchlicher Arbeit aufgabenbezogen zusammenarbeiten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Hauptbereichsgesetz der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 11.03.2008).

44

Am 24.09.2013 zog die Geschäftsstelle des Frauenwerks von A-Stadt nach R. um. Daraufhin beendeten die Parteien das Arbeitsverhältnis mit Auflösungsvertrag vom 15.10.2013 einvernehmlich zum 31.10.2013 gegen Zahlung einer nach § 1a KSchG berechneten Abfindung in Höhe von € 9.630,- brutto. Die monatliche Bruttovergütung der Klägerin belief sich zuletzt auf € 1.371,75.

45

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe die höhere Abfindung aus dem Sozialplan vom 27.08.2010 zu, weshalb die Beklagte den Differenzbetrag nachzuzahlen habe. Die Klägerin sei im Konsistorium der PEK beschäftigt gewesen. Die Beklagte habe das indirekt mit dem Änderungsvertrag vom 20./26.06.2013 bestätigt, in dem es heiße, dass an die Stelle des Konsistoriums nunmehr der Hauptbereich "Frauen, Männer, Jugend" getreten sei. Die Klägerin sei wegen der Zusammenlegung der Ämter aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Aufgrund dessen sei ihre Arbeitsstelle in A-Stadt weggefallen. Zumindest sei der Sozialplan nach dem Gleichbehandlungsgebot auf sie entsprechend anzuwenden. Es gebe keinen sachlichen Grund, der Klägerin die Sozialplanabfindung vorzuenthalten, während sie anderen ausgeschiedenen Verwaltungsmitarbeitern gezahlt worden sei.

46

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

47

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 8.202,75 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2014 zu zahlen.

48

Die Beklagte hat beantragt,

49

die Klage abzuweisen.

50

Sie hat die Ansicht vertreten, der Sozialplan finde auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung. Die Klägerin habe ihren Arbeitsplatz nicht im Konsistorium, sondern im Frauenwerk gehabt. Von dem Zusammenschluss der drei Kirchen seien nur die Mitarbeiter in den jeweiligen Kirchenverwaltungen, also dem Konsistorium, dem Oberkirchenrat und dem Nordelbischen Kirchenamt, betroffen gewesen, nicht aber die Mitarbeiter der Werke und Dienste. Der Sozialplan gelte nur für die unmittelbar von der Fusion Betroffenen, nämlich die Mitarbeiter in den drei landeskirchlichen Verwaltungen, bei denen ein Personalabbau zu erwarten gewesen sei. Die Entscheidung zur Verlegung der Geschäftsstelle des Frauenwerks von A-Stadt nach R. sei hingegen erst ein Jahr nach der Kirchenfusion getroffen worden.

51

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, dass die Klägerin nicht unter den Sozialplan vom 27.08.2010 falle, da sie weder im Konsistorium noch in G. tätig gewesen sei. Das Evangelische Frauenwerk nehme gänzlich andere Aufgaben wahr als das Konsistorium. Die Klägerin habe zwar mit dem Konsistorium zusammengearbeitet, aber nicht im Konsistorium gearbeitet. Soweit der Begriff Konsistorium in den Arbeitsverträgen erscheine, beziehe sich das auf die gesetzlichen Vertretungsverhältnisse. Die Klägerin sei zudem nicht wegen der Zusammenlegung der Ämter ausgeschieden. Die Verlegung der Geschäftsstelle des Frauenwerks von A-Stadt nach R. stehe nicht im Zusammenhang mit der Kirchenfusion. Schließlich sei auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt, da es jedenfalls einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin gebe. Einzelne Entlassungen seien nicht sozialplanpflichtig. Zudem sei der Entscheidungsspielraum der Betriebspartner zu berücksichtigen.

52

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht habe den Anwendungsbereich des Sozialplans zu eng ausgelegt. Der Sozialplan gelte für alle betroffenen Verwaltungsbeschäftigten. Dass die Geschäftsstelle des Frauenwerks zufällig in A-Stadt gewesen sei, ändere nichts daran, dass die Klägerin dem Konsistorium angehört habe. Sie hätte dieselbe Tätigkeit auch in G. erledigen können. Der Sozialplan habe das Ziel, Nachteile aus der Neugestaltung der landeskirchlichen Verwaltung auszugleichen. Das müsse auch für die Klägerin gelten. Im Übrigen gebe es keinen sachlichen Grund, die Klägerin von den Sozialplanansprüchen auszuschließen. Der Zusammenschluss der Landeskirchen treffe sie genauso wie die in G. tätigen Verwaltungsmitarbeiter. Die Verlagerung ihres Arbeitsplatzes von A-Stadt nach R. hänge ausschließlich mit der Kirchenfusion zusammen. Die Nordkirche sei darauf bedacht, ihre Einrichtungen in zentraleren Lagen anzusiedeln.

53

Die Klägerin beantragt,

54

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 18.08.2015 - 1 Ca 209/14 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 8.202,75 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2014 zu zahlen.

55

Die Beklagte beantragt,

56

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

57

Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck erfasse der Sozialplan nur die von der Fusion unmittelbar betroffenen Mitarbeiter in den einzelnen Kirchenverwaltungen, nicht jedoch alle Arbeitsverhältnisse der Landeskirchen. In der Kirche gebe es zahlreiche Arbeitsbereiche, die gerade nicht Bestandteil der Kirchenverwaltung seien, z. B. Schulen in kirchlicher Trägerschaft, Telefon-, Krankenhaus-, Gefängnisseelsorge, Kirchenmusikalische Arbeit usw. Für all diese Arbeitsbereiche gelte der Sozialplan nicht.

58

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

59

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Berufungsgericht schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an.

60

Die Klägerin hat keinen Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan vom 27.08.2010, da sie nicht unter dessen Geltungsbereich fällt.

61

Der Sozialplan gilt für alle Mitarbeitenden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland am 15. April 2009 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis im Konsistorium in G., im Oberkirchenrat in S. und im Nordelbischen Kirchenamt (Kirchenverwaltungen) tätig waren (§ 1 Abs. 1). Eine Abfindung erhalten Mitarbeitende, die wegen der Zusammenlegung der Ämter aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund eines Auflösungsvertrages ausscheiden (§ 10 Abs. 1).

62

Bei der Auslegung einer Dienstvereinbarung ist vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Von besonderer Bedeutung sind ferner der Sinn und der Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 43, juris = NZA-RR 2013, 627).

63

Die Klägerin war weder im Konsistorium in G. noch im Oberkirchenrat in S. noch im Nordelbischen Kirchenamt tätig.

64

Der Sozialplan erstreckt sich seinem Wortlaut nach gerade nicht auf alle Mitarbeiter der drei Landeskirchen, sondern nur auf diejenigen Mitarbeiter der jeweiligen Kirchenverwaltung. Die einzelnen Dienstgeber und die Mitarbeitervertretungen haben den Anwendungsbereich des Sozialplans bewusst auf einen bestimmten Mitarbeiterkreis eingegrenzt. Der Sozialplan gilt nur für solche Mitarbeiter, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in bestimmten Organisationseinheiten tätig waren, also z. B. im Konsistorium. Um diesen begrenzten Anwendungsbereich nochmals zu verdeutlichen, haben es die Verfasser des Sozialplans nicht dabei belassen, die Organisationseinheit zu benennen, sondern haben Ortsangaben hinzugefügt, z. B. "in G.". Zu weiteren Erläuterung haben sie den Klammerzusatz "Kirchenverwaltungen" angehängt.

65

Das entspricht dem Sinn und Zweck des Sozialplans. Die Mitarbeiter in den Kirchenverwaltungen sind diejenige Personengruppe, bei der nicht nur ein rechtlicher Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die neu gebildete Kirche anstand, sondern bei denen Veränderungen ihres Aufgabengebiets bzw. ihres Dienstortes zu erwarten waren. Die Fusion der drei Landeskirchen als solche greift noch nicht in die konkreten Arbeitsbedingungen ein. Ob die sich daran anschließenden organisatorischen Maßnahmen bei den Mitarbeitern zu wirtschaftlichen Nachteilen führen, die es auszugleichen gilt, hängt von der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung ab. Der Sozialplan beruht auf § 40 Buchst. f des Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG.EKD). Danach sind Sozialpläne insbesondere bei Auflösung, Einschränkung, Verlegung und Zusammenlegung von Dienststellen oder erheblichen Teilen von ihnen aufzustellen. Als der Sozialplan vom 27.08.2010 geschlossen wurde, stand bereits fest, dass die bisherigen Kirchenverwaltungen der drei Landeskirchen zusammengelegt und zum Teil verlegt werden. Nach Ziffer IV.6.3.1 des Vertrages über die Bildung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland vom 05.02.2009 ist der zukünftige Sitz des Landeskirchenamtes in C-Stadt, während sich in S. eine Außenstelle befindet. Auf die damit verbundene Ver- und Zusammenlegung von Dienststellen oder Dienststellenteilen bezieht sich der Sozialplan. Dementsprechend knüpft er die Abfindungszahlung an eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses "wegen der Zusammenlegung der Ämter" (§ 10 Abs. 1). Der Sozialplan hat den Zweck, evtl. wirtschaftliche Nachteile derjenigen Mitarbeiter zu mildern oder auszugleichen, bei denen sich eine Änderung ihres Aufgabengebiets oder ihres Dienstortes bereits unmittelbar abzeichnete. Das sind die Mitarbeiter in den Kirchenverwaltungen. Bei den Mitarbeitern der Dienste und Werke standen derart weitreichende Veränderungen zum damaligen Zeitpunkt nicht an. Zwar war es notwendig, die Dienste und Werke in eine neue Organisationsstruktur zu überführen. Damit war aber nicht zwangsläufig eine räumliche Verlagerung von Aufgaben oder eine Zusammenlegung von Dienststellen verbunden (vgl. Ziffer V.2.6 Fusionsvertrag). Soweit in den Diensten und Werken unternehmerische Entscheidungen getroffen werden, ist hierzu ggf. ein weiterer Sozialplan zu schließen. Der Sozialplan vom 27.08.2010 ist jedenfalls nicht auf evtl. zukünftige organisatorische Maßnahmen ausgelegt.

66

Die Klägerin hatte ihren Arbeitsplatz nicht im Konsistorium. Unerheblich ist, wer den Arbeitsvertrag und die Änderungsverträge unterzeichnet hat. Nach § 1 Abs. 1 des Sozialplans vom 27.08.2010 ist allein maßgeblich, in welcher Organisationseinheit der Mitarbeiter zum Stichtag 15.04.2009 tätig war, also tatsächlich seinen Arbeitsplatz hatte. Das Konsistorium führt die laufenden Geschäfte der PEK und nimmt die Geschäfte der laufenden Verwaltung der Kirchenkreise und Kirchengemeinden nach dem geltenden Recht und entsprechend den von der Kirchenleitung aufgestellten Grundsätzen wahr (Art. 139 Abs. 1 und Abs. 3 Kirchenordnung PEK). Die Klägerin hat weder die laufenden Verwaltungsgeschäfte der Landeskirche noch diejenigen der Kirchenkreise oder Kirchengemeinden wahrgenommen. Vielmehr war sie als Verwaltungsangestellte des Evangelischen Frauenwerkes mit den laufenden Verwaltungsgeschäften des Frauenwerkes als gemeinsamer Einrichtung der PEK und der ELLM befasst. Das Evangelische Frauenwerk ist eine eigenständige Einrichtung, die inhaltlich selbstständig arbeitet und eine spezielle Aufgabe verfolgt. Es arbeitet zwar mit anderen Einrichtungen, Diensten und Werken zusammen, ist aber deshalb nicht Bestandteil der landeskirchlichen Verwaltung. Die Klägerin hatte nicht die Aufgabe, Verwaltungsangelegenheiten der Landeskirche, der Kirchenkreise oder der Kirchengemeinden wahrzunehmen. Als Verwaltungsangestellte des Evangelischen Frauenwerks war sie vielmehr dafür zuständig, die dort anfallenden Verwaltungsvorgänge zu erledigen. Die Kontakte mit der landeskirchlichen Verwaltung beschränkten sich auf dieses Aufgabengebiet.

67

Aus § 1 des Änderungsvertrages vom 20./28.06.2013 lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin zuvor Mitarbeiterin des Konsistoriums (vgl. Art. 143 Abs. 1 Kirchenordnung PEK) war. § 1 des Änderungsvertrages enthält keine Regelung, sondern lediglich eine Feststellung der aktuellen rechtlichen Verhältnisse. Der erste Satz bezieht sich auf den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die jetzige Arbeitgeberin, also die Beklagte. Der zweite Satz beschreibt die aktuellen Vertretungsverhältnisse. Während die PEK vom Konsistorium rechtsgeschäftlich vertreten wurde, wird die Beklagte, was das Arbeitsverhältnis der Klägerin betrifft, rechtsgeschäftlich vertreten durch den Hauptbereich "Männer, Frauen, Jugend". Das Konsistorium war im ursprünglichen Arbeitsvertrag nicht als Beschäftigungsort, sondern nur als vertretungsberechtigtes Organ der PEK genannt. Ihre Arbeit hatte die Klägerin beim Evangelischen Frauenwerk zu leisten (§ 1 des Arbeitsvertrages vom 20.01.2000). Der Hinweis unter § 1 Satz 2 im Änderungsvertrag stellt lediglich klar, dass nach dem Wegfall des Konsistoriums dessen Funktion als Vertretungsorgan nunmehr der Hauptbereich "Frauen, Männer, Jugend" übernommen hat, dem das Frauenwerk organisatorisch zugeordnet ist.

68

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung mit Arbeitnehmern, die im Konsistorium, im Oberkirchenrat oder im Nordelbischen Kirchenamt tätig waren. Die Beschränkung des Sozialplans auf eine bestimmte Organisationsmaßnahme und die davon Betroffenen verstößt nicht gegen die Grundsätze von Recht und Billigkeit.

69

Nach § 33 Abs. 1 Satz 3 MVG.EKD haben Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung darauf zu achten, dass alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach Recht und Billigkeit behandelt werden. Dazu gehört die Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Situationen (vgl. BAG, Urteil vom 10. November 2015 - 3 AZR 576/14 - Rn. 21, juris = AP Nr. 76 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung). Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 AZR 43/12 - Rn. 18, juris = AP Nr. 58 zu § 75 BetrVG 1972).

70

Ein Sozialplan verfolgt das Ziel, konkret absehbare oder bereits eingetretene wirtschaftliche Nachteile von Mitarbeitern auszugleichen oder abzumildern (BAG, Urteil vom 01. Februar 2011 - 1 AZR 417/09 - Rn. 22, juris = AP Nr. 211 zu § 112 BetrVG 1972). Dabei geht es um wirtschaftliche Nachteile, die den Dienstnehmern durch bestimmte organisatorische Maßnahmen drohen, insbesondere bei Auflösung, Einschränkung, Verlegung und Zusammenlegung von Dienststellen oder erheblichen Teilen von ihnen (§ 40 Buchst. f MVG.EKD). Die Neugestaltung der landeskirchlichen Verwaltung nach dem Zusammenschluss der drei Landeskirchen ist eine solche Maßnahme, die sich unmittelbar auf die Mitarbeiter in den bisherigen Kirchenverwaltungen auswirkt und zu wirtschaftlichen Nachteilen führen kann. Bei Abschluss des Sozialplans im August 2010 war offenkundig, dass es bei diesem Personenkreis zu einer Veränderung des Dienstortes oder der Arbeitsaufgaben kommen kann. Umstrukturierungen in anderen Bereichen waren seinerzeit nicht konkret absehbar. Der Sozialplan erstreckt sich deshalb nur auf die bevorstehende Neugestaltung der landeskirchlichen Verwaltung und die bislang in diesem Bereich tätigen Mitarbeiter. Eben weil der Sozialplan nur eine begrenzte Maßnahme und einen begrenzten Personenkreis erfasst, war es möglich, eine Kündigung des Sozialplans auszuschließen.

71

Mit diesem Personenkreis ist die Klägerin nicht vergleichbar, worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Es handelt sich um unterschiedliche, zeitlich versetzte organisatorische Maßnahmen. Von der Zusammenlegung der Kirchenverwaltungen ist die Klägerin nicht betroffen. Die Verlagerung der Geschäftsstelle des Frauenwerks von A-Stadt nach R. geht nicht auf den Fusionsvertrag der drei Landeskirchen zurück, sondern auf eine spätere eigenständige Organisationsentscheidung des zuständigen Hauptbereichs. Eine solche zeitlich nachfolgende Strukturmaßnahme konnte der Sozialplan nicht erfassen, da sie ihrem Inhalt nach seinerzeit nicht absehbar war.

72

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Sept. 2016 - 5 Sa 232/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Sept. 2016 - 5 Sa 232/15

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Sept. 2016 - 5 Sa 232/15 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Betriebsrentengesetz - BetrAVG | § 1 Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung


(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführ

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan


(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 75 Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen


(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihr

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1a Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung


(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht auf

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Sept. 2016 - 5 Sa 232/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Sept. 2016 - 5 Sa 232/15 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Nov. 2015 - 3 AZR 576/14

bei uns veröffentlicht am 10.11.2015

Tenor Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16. Mai 2014 - 6 Sa 451/13 - teilweise aufgehoben

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Mai 2013 - 1 AZR 43/12

bei uns veröffentlicht am 14.05.2013

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Dezember 2011 - 11 Sa 154/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Dez. 2012 - 2 AZR 32/11

bei uns veröffentlicht am 20.12.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2010 - 17 Sa 540/10 - teilweise aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 01. Feb. 2011 - 1 AZR 417/09

bei uns veröffentlicht am 01.02.2011

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27. Februar 2009 - 10 Sa 891/08 - wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Sept. 2016 - 5 Sa 232/15.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 06. Sept. 2016 - 2 Sa 62/16

bei uns veröffentlicht am 06.09.2016

Tenor 1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten um die Zahlung eines einmaligen Entgeltbestandteils in Zusammenhang mit § 18 TVöD (Leistungsentgelt

Referenzen

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2010 - 17 Sa 540/10 - teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 8. März 2010 - 1 Ca 2434/09 v - wird zurückgewiesen.

3. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 28. Mai 2009 nicht aufgelöst worden ist.

b) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.971,69 Euro brutto abzüglich 3.688,96 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 3.281,68 Euro seit dem 1. Juli 2009 und dem 1. August 2009, aus 2.971,92 Euro seit dem 1. September 2009 und aus je 2.436,88 Euro seit dem 1. Oktober 2009, dem 1. November 2009, dem 1. Dezember 2009 und dem 29. Januar 2010 zu zahlen.

4. Die weitergehende Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.

5. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens haben zu 1/6 der Kläger, zu 5/6 der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Beklagten und Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Der 1948 geborene Kläger war seit Juli 1997 bei dem beklagten Verein als Ergotherapeut beschäftigt. Der Beklagte betreibt eine Fachklinik für Suchterkrankungen. In ihr werden insbesondere alkohol-, medikamenten- und drogenabhängige Patienten behandelt. Der Kläger war im Bereich der sog. Arbeits- und Kreativtherapie tätig. In deren Rahmen sollen die Patienten von Suchtmitteln entwöhnt werden. Der Kläger ist selbst „Alkoholiker“. Dies war dem Beklagten bei der Einstellung bekannt. Die Einstellung erfolgte in der Annahme, dass der Kläger „trocken“ sei.

3

Im Herbst 2006 kam es beim Kläger zu einem Rückfall. Am 20. Dezember 2006 wurde während des Dienstes bei ihm Alkoholgeruch festgestellt. Der Kläger gab an, alkoholhaltige Hustentropfen eingenommen zu haben. Ein mit seinem Einverständnis durchgeführter Test ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,76 Promille. Aufgrund dieses Umstands erteilte ihm der Beklagte am 10. Januar 2007 eine Abmahnung. Am 5. Februar 2007 wurde beim Kläger während der Arbeitszeit erneut Alkoholgeruch festgestellt. Am 13. Februar 2007 erteilte ihm der Beklagte eine weitere Abmahnung. Vom 14. März bis 24. April 2007 unterzog sich der Kläger einer stationären Entwöhnungsbehandlung. Anschließend nahm er seinen Dienst wieder auf.

4

Am 16. August 2007 wurde beim Kläger bei einer Teamsitzung abermals Alkoholgeruch festgestellt. Ein Test ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,3 Promille. Mit Schreiben vom 17. August 2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Im Gütetermin am 22. Februar 2008 verständigten sich die Parteien auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und die Entfernung der Abmahnungen von Januar und Februar 2007 aus der Personalakte. Der Kläger erklärte sich bereit, sich bei Verdacht auf Alkoholkonsum während der Arbeitszeit einer Alkoholkontrolle zu unterziehen. Entsprechende Tests im März und im September 2008 blieben ohne Befund.

5

Am Vormittag des 22. Mai 2009 - zwischen 10:00 und 12:00 Uhr - stellte eine Mitarbeiterin des Beklagten wiederum Alkoholgeruch beim Kläger fest. Tests ergaben eine Atemalkoholkonzentration von 0,39 Promille und einen Blutalkoholwert von 0,42 Promille. Der Kläger gab an, morgens ab 6:00 Uhr wegen starker Halsschmerzen mehrfach 10 bis 12 Tropfen „Meditonsin“ eingenommen zu haben.

6

Mit Schreiben vom 26. Mai 2009 hörte der Beklagte die im Betrieb gebildete Mitarbeitervertretung zu seiner Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. Dezember 2009 zu kündigen. Die Mitarbeitervertretung stimmte der fristgerechten Kündigung zu. Mit Schreiben vom 28. Mai 2009 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. Dezember 2009.

7

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, der Vorfall vom 22. Mai 2009 vermöge die Kündigungen nicht zu rechtfertigen. Es liege weder ein auf Krankheit beruhender Grund in seiner Person noch ein Grund in seinem Verhalten vor, der die Kündigung bedinge. Er habe nicht Alkohol, sondern Medizin zu sich genommen. Im Übrigen sei er selbst dann, wenn er in privatem Umfeld Alkohol konsumiert habe, als Therapeut von Suchtkranken nicht ungeeignet. Die Mitarbeitervertretung sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Sie sei über die näheren Umstände des gerichtlichen Verfahrens aus dem Jahr 2007 und über seine Bemühungen zur Verlängerung der Entwöhnungstherapie nicht ausreichend unterrichtet worden. Außerdem habe der Beklagte vor Ausspruch der Kündigung eine Eingliederungsmaßnahme versuchen müssen. Überdies sei die zum Umgang mit suchtkranken Beschäftigten abgeschlossene Dienstvereinbarung nicht beachtet worden. Der Kläger hat ferner Vergütung für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und darüber hinaus bis einschließlich Oktober 2010 geltend gemacht. Erhaltenes Arbeitslosengeld lässt er sich anrechnen.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Beklagten vom 28. Mai 2009 unwirksam ist;

        

2.    

für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 28. Mai 2009 den Beklagten zu verurteilen, an ihn 22.971,69 Euro brutto abzüglich 3.688,96 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus gestaffelten Beträgen ab unterschiedlichen Zeitpunkten sowie weitere 31.567,60 Euro brutto abzüglich 8.448,00 Euro netto zu zahlen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, schon die fristlose Kündigung sei wegen schwerwiegender Beeinträchtigung seiner betrieblichen Interessen gerechtfertigt. Aufgrund des Rückfalls sei es ihm unmöglich, den Kläger weiter als Therapeuten von Suchtpatienten einzusetzen. Diese könnten auf untrügliche Art feststellen, dass er rückfällig geworden sei. Dieser Umstand gefährde die Therapie. Einer Maßnahme nach § 84 Abs. 2 SGB IX habe es nicht bedurft. Der Kläger weise keine dort vorausgesetzten längeren Fehlzeiten auf. Die Vorgaben der - zwischenzeitlich gekündigten - Dienstvereinbarung seien eingehalten worden. Die Mitarbeitervertretung habe er ordnungsgemäß unterrichtet. Ihr seien die Umstände des früheren Verfahrens bekannt gewesen.

10

Das Arbeitsgericht hat auf die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung erkannt und den Beklagten zur Gehaltszahlung bis zum 31. Dezember 2009 verurteilt. Soweit sie sich gegen die ordentliche Kündigung richtet, hat es die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es die Unwirksamkeit auch der ordentlichen Kündigung festgestellt und dem weitergehenden Zahlungsantrag des Klägers stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht der Berufung des Klägers stattgegeben hat. Im Übrigen ist sie weitgehend unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung als unwirksam erachtet (I.). Die ordentliche Kündigung ist dagegen wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2009 aufgelöst (II.). Bis dahin kann der Kläger Vergütungszahlung verlangen; allerdings hat schon das Arbeitsgericht ihm zuviel Zinsen zugesprochen. Weitergehende Vergütungsansprüche stehen dem Kläger wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu (III.).

12

I. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung für unwirksam gehalten hat. Die fristlose Kündigung des Beklagten vom 28. Mai 2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB.

13

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts der konkreten Umstände des Falls und bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 13, NZA-RR 2012, 567; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36 ).

14

2. An eine Kündigung, die auf ein Verhalten des Arbeitnehmers gestützt wird, das im Zusammenhang mit einer Alkoholsucht steht, sind grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie an krankheitsbedingte Kündigungen zu stellen (BAG 9. April 1987 - 2 AZR 210/86 - zu B II der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 18). Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit; verstößt ein Arbeitnehmer infolge seiner Abhängigkeit gegen arbeitsvertragliche Pflichten, ist ihm zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen (BAG 9. April 1987 - 2 AZR 210/86 - zu B II 2 der Gründe, aaO). Krankheit ist zwar nicht generell ungeeignet, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Schon an eine ordentliche Kündigung wegen Erkrankung des Arbeitnehmers ist jedoch ein strenger Maßstab anzulegen. Eine außerordentliche Kündigung kommt daher nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa bei einem Ausschluss der ordentlichen Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen (BAG 16. September 1999 - 2 AZR 123/99 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 159 = EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 2; 9. Juli 1998 - 2 AZR 201/98 - zu II 1 c der Gründe, EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 1).

15

3. Danach ist die fristlose Kündigung hier weder aus Gründen im Verhalten noch aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt.

16

a) Ein vorwerfbarer Pflichtverstoß liegt nicht vor. Zwar verletzt der Kläger, wenn er unter Alkoholeinfluss seine Tätigkeit ausübt, seine arbeitsvertraglichen Hauptpflichten. Die therapeutische Arbeit in der Entwöhnungsbehandlung von Suchterkrankten erlaubt es nicht, dass der Therapeut selbst unter Alkoholeinfluss steht. Die Vermittlung eines Bewusstseins dafür, die Sucht beherrschen zu können, würde erheblich erschwert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Zustand einer - merklichen - Alkoholisierung durch den Konsum alkoholhaltiger Getränke oder die Einnahme alkoholhaltiger Medikamente herbeigeführt wurde. Dem Vorliegen einer Pflichtverletzung steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte den Kläger in Kenntnis von dessen Alkoholabhängigkeit eingestellt hat. Die Einstellung erfolgte in der Annahme, dass er „trocken“, also in der Lage sei, stabil abstinent zu leben. Aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit kann dem Kläger aber kein Schuldvorwurf gemacht werden.

17

b) Die fristlose Kündigung ist auch als krankheitsbedingte Kündigung nicht wirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Es sind keine Tatsachen festgestellt, aufgrund derer es dem Beklagten unzumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Dezember 2009 fortzusetzen.

18

aa) Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses war für den Beklagten nicht ausgeschlossen, eine fristgerechte Beendigung des Arbeitsverhältnisses also grundsätzlich möglich.

19

bb) Die Kündigungsfrist betrug gemäß § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien iVm. § 33 Abs. 1 BAT-KF sieben Monate zum Monatsende. Sie war damit zwar nicht unbeträchtlich. Angesichts der Umstände des Streitfalls war dem Beklagten aber die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zu ihrem Ablauf zumutbar. Zum einen war dem Beklagten von Beginn an bekannt, dass der Kläger Alkoholiker ist und damit das Risiko eines Rückfalls bestand. Zum anderen war der Kläger bereits Ende des Jahres 2006 rückfällig geworden, ohne dass dies seiner Weiterbeschäftigung ab sofort entgegengestanden hätte. Der Beklagte beließ es vielmehr zunächst bei Abmahnungen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Alkoholauffälligkeiten des Klägers auch nach seinem Rückfall vereinzelt geblieben sind. Der Kläger war überdies nach der Entwöhnungsbehandlung im Jahr 2007 zunächst für etwa vier Monate, zuletzt für anderthalb Jahre unauffällig. Damit war es dem Beklagten zuzumuten, den Kläger für die begrenzte Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen und solange ggf. etwas häufigere Kontrollen durchzuführen.

20

II. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht auch die fristgerechte Kündigung für unwirksam gehalten hat.

21

1. Die ordentliche Kündigung vom 28. Mai 2009 ist durch Gründe in der Person des Klägers bedingt und deshalb iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt.

22

a) Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass daraus eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt, diese durch mildere Mittel - etwa eine Versetzung - nicht abgewendet werden kann und sie auch bei einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss (vgl. zu den Anforderungen an krankheitsbedingte Kündigungen BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11, BAGE 135, 361; 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 18, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 55).

23

b) Im Streitfall war im Zeitpunkt der Kündigung die Annahme gerechtfertigt, der Kläger biete aufgrund seiner Alkoholsucht nicht mehr die Gewähr, seine Tätigkeit als Ergotherapeut in der Suchtklinik des Beklagten auf Dauer ordnungsgemäß erbringen zu können.

24

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, der Kläger sei nach Einnahme von Alkohol für die von ihm zu erbringende Tätigkeit als Therapeut von Suchtkranken nicht einsetzbar. Als Ergotherapeut arbeitet er eng mit den Patienten zusammen. Es besteht die Gefahr, dass diese in ihrem eigenen Kampf gegen die Sucht erheblich beeinträchtigt werden, wenn sie bemerken, dass ihr Therapeut unter Alkoholeinfluss steht.

25

bb) Aufgrund der Vorfälle in der Vergangenheit war im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, beim Kläger sei auch künftig mit Alkoholauffälligkeiten während der Arbeitszeit zu rechnen.

26

(1) Eine Alkoholisierung war beim Kläger erstmals am 20. Dezember 2006 und am 5. Februar 2007 festgestellt geworden. Obwohl er sich im Zeitraum vom 14. März bis 24. April 2007 einer stationären Entwöhnungsbehandlung unterzogen hatte, wurde er am 16. August 2007 erneut alkoholauffällig. Zwar hat der Beklagte die wegen der ersten beiden Auffälligkeiten erteilten Abmahnungen aus der Personalakte entfernt und an der auf den Vorfall vom August 2007 gestützten Kündigung nicht festgehalten. Die zugrunde liegenden Tatsachen bleiben aber berücksichtigungsfähig. Am 22. Mai 2009 versah der Kläger abermals unter Alkoholeinfluss seinen Dienst.

27

(2) Dies rechtfertigte die Prognose, der Kläger habe seine Alkoholkrankheit auch nach der Entwöhnungsbehandlung nicht verlässlich unter Kontrolle. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass zwischen den beiden nach der Behandlung festgestellten Alkoholisierungen ein Zeitraum von mehr als eineinhalb Jahren lag. Er zeigt gerade, dass trotz der längeren „trockenen“ Periode eine günstige Prognose nicht gestellt werden konnte.

28

(3) Nach dem Vorbringen des Klägers ist nicht ersichtlich, warum für die Zukunft gleichwohl mit weiteren Beeinträchtigungen durch seine Alkoholabhängigkeit nicht zu rechnen gewesen sei. Er hat nicht etwa behauptet, dass er vor Ausspruch der Kündigung eine neuerliche, nunmehr möglicherweise erfolgreichere Entwöhnungsbehandlung durchgeführt habe. Unerheblich ist, ob die festgestellten Alkoholisierungen Folge der Einnahme alkoholhaltiger Medikamente oder alkoholhaltiger Getränke waren. Die Tätigkeit eines Therapeuten von Suchtkranken wird durch Alkoholauffälligkeiten während des Dienstes unabhängig davon beeinträchtigt, in welcher Form er den Alkohol zu sich genommen hat.

29

c) Aus dem Umstand, dass eine auf Dauer ordnungsgemäße Leistung des Klägers nicht zu erwarten war, folgt eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen.

30

aa) Der Beklagte musste befürchten, dass bei auch zukünftig zu erwartenden Alkoholauffälligkeiten des Klägers die sachgerechte Behandlung der Patienten beeinträchtigt und ein Therapieerfolg gefährdet würde. Schon eine solche Gefährdung ist für den Beklagten nicht hinnehmbar. Er hat gegenüber Patienten und Leistungsträgern die Pflicht, schädliche Einflüsse auf den Behandlungserfolg möglichst auszuschließen.

31

bb) Eine andere Möglichkeit, den Kläger zu beschäftigen, bestand nach dem Vorbringen des Beklagten nicht. Auch der Kläger hat sich auf eine solche Möglichkeit - etwa eines Einsatzes bei anderen als suchtkranken Patienten oder mit anderen als therapeutischen Tätigkeiten - nicht berufen. Den Beklagten trifft insoweit nicht deshalb eine erhöhte Darlegungslast, weil er vor der Kündigung kein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt hat. Diese Verpflichtung, deren Missachtung zu einer Erweiterung der Darlegungslast des Arbeitgebers hinsichtlich des Fehlens anderer Einsatzmöglichkeiten führen kann (vgl. dazu BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 44, BAGE 123, 234), betrifft nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nur Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Diese Voraussetzung lag im Streitfall nicht vor.

32

d) Die Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt, dass die Belange des Beklagten überwiegen. Die mit der nicht beherrschten Alkoholabhängigkeit des Klägers einhergehenden Belastungen muss der Beklagte auf Dauer nicht hinnehmen.

33

aa) Hierbei kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht entscheidend darauf an, dass mit erheblichen Ausfallzeiten des Klägers nicht zu rechnen war. Die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt nicht aus der Dauer der zu erwartenden krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers. Sie folgt daraus, dass wegen der beim Kläger auch künftig nicht auszuschließenden Alkoholauffälligkeiten während der Arbeitszeit eine sachgerechte Behandlung der Patienten nicht gewährleistet war. Selbst wenn der Kläger in einem anderen Umfeld auch unter Alkoholeinfluss ergotherapeutische Maßnahmen fachgerecht mag anleiten können, steht seiner weiteren Beschäftigung als Therapeut suchtkranker Patienten die von ihm nicht beherrschte Gefahr neuerlicher Alkoholauffälligkeiten während der Arbeitszeit entgegen.

34

bb) Das betriebliche Interesse des Beklagten, die ihm anvertrauten Suchtkranken nicht in die Behandlung eines Therapeuten zu geben, bei dem die Gefahr besteht, dass er während seiner Arbeit unter Alkoholeinfluss steht, wiegt schwer. Die Beschäftigung persönlich geeigneter Therapeuten liegt nicht nur im unmittelbaren unternehmerischen Interesse des Beklagten. Vielmehr verlangt auch die Verantwortung für die sachgerechte Behandlung der Patienten danach, mit dieser keine persönlich ungeeigneten Therapeuten zu betrauen.

35

cc) Es war dem Beklagten nicht zumutbar, der Gefahr einer Alkoholisierung des Klägers dauerhaft durch verstärkte Kontrollen zu begegnen. Eine effektive Kontrolle hätte stattzufinden, bevor es zu einem Kontakt mit den Patienten kommt. Sie vorzunehmen ist auf Dauer kaum möglich, dem Beklagten jedenfalls nicht zumutbar. Der Kläger war rückfälliger Alkoholiker. Es war davon auszugehen, dass er es darauf anlegen würde, Mittel und Wege zu finden, etwaige Kontrollen zu umgehen.

36

dd) Die Belange der Beklagten werden durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit von zwölf Jahren und das Alter des Klägers von über 60 Jahren nicht aufgewogen. Der Beklagte hat dem Kläger nach Alkoholauffälligkeiten im Dienst mehrfach die Chance einer Bewährung gegeben. Er hat die stationäre Entwöhnungsbehandlung im Jahr 2007 abgewartet (vgl. zu diesem für die Interessenabwägung relevanten Gesichtspunkt BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 92, 96) und auch nach einer erneuten Alkoholauffälligkeit im August 2007 an einer Kündigung nicht festgehalten. Er hat damit alles ihm Zumutbare für einen Erhalt des Arbeitsverhältnisses getan. Jedenfalls nach dem erneuten Vorfall im Mai 2009 überwogen seine Interessen an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

37

ee) Ein anderes Ergebnis wäre auch dann nicht gerechtfertigt, wenn - wie der Kläger geltend gemacht hat - die Entwöhnungsbehandlung im Jahr 2007 medizinisch nicht ausreichend gewesen wäre, der Versicherungsträger aber eine Verlängerung abgelehnt hätte. Das Scheitern der Behandlung wäre jedenfalls nicht dem Beklagten zuzurechnen. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, dieser habe ihn zu einer unzureichenden oder zu kurzen Therapie gedrängt oder ihm eine längere Therapie verweigert.

38

2. Die Kündigung ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb unwirksam, weil der Beklagte gegen die „Dienstvereinbarung gemäß § 36 MVG zum Umgang mit Sucht“ vom 1. Januar 2004 verstoßen hätte.

39

a) Die Dienstvereinbarung sieht unter den Ziff. 3.1 bis 3.5 ein näher bestimmtes Verfahren für den Umgang mit Beschäftigten mit Suchtproblemen vor. § 36 Abs. 3 des Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland(MVG-EKD) bestimmt, dass Dienstvereinbarungen unmittelbar gelten und im Einzelfall nicht abbedungen werden können.

40

b) Feststellungen zur Anwendbarkeit kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Einer Aufklärung bedarf es nicht. Selbst wenn unterstellt wird, dass § 36 Abs. 3 MVG-EKD Anwendung findet und danach die Einhaltung des in der Dienstvereinbarung vorgesehenen Verfahrens Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung wegen Alkoholabhängigkeit eines Mitarbeiters ist, ist die Kündigung nicht unwirksam. Das Verfahren nach der Dienstvereinbarung wurde eingehalten.

41

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es genüge nicht, dass die in der Dienstvereinbarung vorgesehenen Maßnahmen - Gespräche und Abmahnungen - vor Ausspruch der Kündigung im Jahr 2007 ergriffen worden seien, wenn es danach - wie im Streitfall - zu einer längeren beanstandungsfreien Tätigkeit gekommen sei.

42

bb) Diese Auffassung überzeugt nicht. Die Auslegung der Dienstvereinbarung führt - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - nicht dazu, dass der Beklagte nach der zwischenzeitlich beanstandungsfreien Ausübung der Tätigkeit des Klägers die einzelnen Reaktionsschritte erneut hätte durchführen müssen.

43

(1) Hat die Dienstvereinbarung, wie der Kläger meint, normativen Charakter, ist sie - ebenso wie Betriebsvereinbarungen - wie ein Gesetz auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Von besonderer Bedeutung sind ferner der Sinn und der Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 1 AZR 767/07 - Rn. 27, BAGE 129, 302; 26. August 2008 - 1 AZR 346/07 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 28).

44

(2) Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelungen der Dienstvereinbarung ergeben, dass das dem Ausspruch einer Kündigung vorgeschaltete gestufte Interventionsverfahren jedenfalls nicht schon nach weniger als zwei Jahren Abstinenz erneut Anwendung finden muss. Dies entspricht dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung. Das unter Ziff. 3 der Dienstvereinbarung geregelte Verfahren abgestufter Reaktionen auf jede weitere Suchtauffälligkeit eines Arbeitnehmers ist ersichtlich auf einen Erhalt des Arbeitsverhältnisses gerichtet. Es nimmt dafür einen längeren Interventionszeitraum in Kauf, sieht jedoch als letzte Maßnahme auch eine Kündigung und damit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Nicht vorgesehen ist, dass das Verfahren bei einem längeren Abstand zwischen zwei suchtbedingten Auffälligkeiten erneut und von vorne zu beginnen hätte. Unter Ziff. 5 der Dienstvereinbarung ist zwar bestimmt, dass abstinent lebende Suchtkranke nach zwei Jahren Anspruch darauf haben, Hinweise auf die Abhängigkeit aus der Personalakte zu entfernen. Dies lässt aber erkennen, dass eine Zeit der Abstinenz von weniger als zwei Jahren nach dem Willen der Regelungsgeber noch keine erhebliche Zäsur darstellt.

45

(3) Danach bedurfte es vor Ausspruch der Kündigung im Mai 2009 keiner neuerlichen Durchführung des in der Dienstvereinbarung vorgesehenen Verfahrens bei suchtauffälligen Arbeitnehmern. Seine Einhaltung vor Ausspruch der Kündigung im Jahr 2007 war ausreichend. Bei der Alkoholabhängigkeit des Klägers, die sowohl zur Kündigung im Jahr 2007 als auch zur hier streitgegenständlichen Kündigung führte, handelte es sich um eine im Sinne der Dienstvereinbarung einheitliche Suchtproblematik. Zwischen der Arbeitstätigkeit des Klägers unter Alkoholeinfluss am 16. August 2007 und der Alkoholauffälligkeit am 22. Mai 2009 lag ein Zeitraum von weniger als zwei Jahren. Beanstandungsfrei tätig war der Kläger von der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 3. März 2008 bis zum Vorfall am 22. Mai 2009 sogar nur knapp 15 Monate.

46

(4) Auch aus dem Umstand, dass der Beklagte die zuvor erteilten Abmahnungen aus der Personalakte entfernt und an der ersten Kündigung nicht festgehalten hat, folgt nicht, dass das Verfahren nach der Dienstvereinbarung in den Stand vor Ausspruch der Abmahnungen zurückversetzt worden wäre. Der Beklagte war nicht gehalten, wegen der erneuten Alkoholauffälligkeit des Klägers wiederum zunächst nur eine Abmahnung auszusprechen. Die freiwillige Entfernung der schon erteilten Abmahnungen aus der Personalakte änderte nichts daran, dass diese im Sinne der Dienstvereinbarung wegen Suchtauffälligkeiten ausgesprochen worden waren. Dass auch die Parteien trotz ihrer Einigung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht davon ausgingen, Belastungen durch die Suchtauffälligkeiten des Klägers seien überwunden, zeigt sich daran, dass sich der Kläger bereit erklärte, sich bei einem Verdacht auf Alkoholkonsum während der Arbeitszeit einer Kontrolle zu unterziehen.

47

3. Die ordentliche Kündigung vom 28. Mai 2009 ist - unterstellt, auch das „Kirchengesetz über die Bildung von Mitarbeitervertretungen in kirchlichen Dienststellen in der Evangelischen Kirche im Rheinland (MVG-EKiR)“ komme zur Anwendung - nicht wegen fehlerhafter Anhörung der Mitarbeitervertretung unwirksam.

48

a) Gemäß § 42 Buchst. b MVG-EKiR hat die Mitarbeitervertretung bei einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht nach §§ 41, 38 MVG-EKiR. Die Ausübung des Mitbestimmungsrechts setzt voraus, dass die Vertretung zuvor von der Dienststellenleitung über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte informiert worden ist. Auch wenn sich die Unwirksamkeitssanktion nach § 38 Abs. 1 Satz 2 MVG-EKiR ausdrücklich nur auf Kündigungen ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretung bezieht, ist sie im Interesse der Möglichkeit einer effektiven Ausübung des Mitbestimmungsrechts - vergleichbar der Situation nach § 102 Abs. 1 BetrVG - auf den Fall der unzureichenden Unterrichtung zu erstrecken(so auch Andelewski in Berliner Kommentar zum Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland § 38 Rn. 74; vgl. ferner Fey/Rehren Kirchengesetz der Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland Stand August 2012 § 38 Rn. 42 f.).

49

b) Der Beklagte hat die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 26. Mai 2009 ausreichend über die Gründe für die beabsichtigte Kündigung unterrichtet. In dem Schreiben wurde auch auf die bereits 2007 ausgesprochene Kündigung und das im Zusammenhang mit ihr durchgeführte arbeitsgerichtliche Verfahren verwiesen. Damit hat der Beklagte die eine Kündigung aus seiner Sicht bedingenden Umstände hinreichend mitgeteilt. Ergänzender Hinweise auf die Umstände, unter denen das damalige Kündigungsschutzverfahren beendet wurde, bedurfte es nicht. Hierauf kam es aus Sicht des Beklagten für seinen Kündigungsentschluss nicht an. Die Anhörung ist auch nicht deshalb unvollständig, weil der Beklagte der Mitarbeitervertretung nicht den Schriftwechsel über den Versuch des Klägers vorgelegt hat, bei der Deutschen Rentenversicherung eine Verlängerung seiner sechswöchigen Entwöhnungsbehandlung zu erlangen. Für den Kündigungsentschluss des Beklagten war dieser vergeblich gebliebene Versuch ohne Belang. Es handelte sich auch nicht um einen der Mitarbeitervertretung mitzuteilenden entlastenden Umstand. Bei einer personenbedingten Kündigung kommt es nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Maße die Beeinträchtigungen des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer vorwerfbar sind. Es kommt damit auch nicht darauf an, ob und ggf. welche „entlastenden“ Umstände es gibt. Maßgeblich ist, ob und in welchem Ausmaß auch künftig mit Störungen des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist, welche Beeinträchtigungen für den Arbeitgeber daraus folgen und ob diese ggf. so erheblich sind, dass sie die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen.

50

III. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Beklagten zur Zahlung von Vergütung für Zeiten nach Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2009 und von Zinsen auf die vollen Bruttobeträge der Vergütungen bis zu diesem Zeitpunkt verurteilt hat. Der Kläger hat dagegen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung - abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes - für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2009 aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG und § 615 Satz 1 BGB, § 11 Nr. 3 KSchG.

51

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand bis zum 31. Dezember 2009 fort. Soweit der Kläger arbeitsunfähig krank war - nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vom 22. Mai bis zum 4. Juni 2009 - folgt der Vergütungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Im Übrigen ergibt er sich aus § 615 Satz 1 BGB, § 11 Nr. 3 KSchG. Der Beklagte befand sich nach Ausspruch der unwirksamen außerordentlichen Kündigung vom 22. Mai 2009 im Annahmeverzug iSd. §§ 293 ff. BGB. Der Anspruch des Klägers ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil er über die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit hinaus leistungsunfähig gewesen wäre (§ 297 BGB). Ein Arbeitnehmer ist leistungsunfähig iSv. § 297 BGB, wenn er aus Gründen in seiner Person die vertraglich vereinbarten Tätigkeiten selbst teilweise nicht mehr verrichten kann(BAG 18. März 2009 - 5 AZR 192/08 - Rn. 13, BAGE 130, 29).Dies war auch nach dem Vorbringen des Beklagten beim Kläger nicht der Fall. Die bloße Gefahr neuerlicher Alkoholauffälligkeiten während der Arbeitszeit ließ sein Leistungsvermögen nicht generell entfallen. Der Beklagte hat nicht behauptet, es habe insoweit etwa ein - eindeutiges (vgl. dazu BAG 18. März 2009 - 5 AZR 192/08 - Rn. 15, aaO) - Beschäftigungsverbot bestanden.

52

2. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 291 BGB. Er besteht allerdings nicht in der vom Kläger geltend gemachten und ihm von den Vorinstanzen zugesprochenen, auf die vollen Bruttobeträge abstellenden Höhe. Der Kläger kann im Umfang des von ihm ab August 2009 bezogenen Arbeitslosengeldes keine Zinsen verlangen (vgl. BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 101, 328).

53

IV. Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei einem Streitwert von 30.768,60 Euro in der Berufungs- und 29.127,77 Euro in der Revisionsinstanz - wegen § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG war der mit einem uneigentlichen Hilfsantrag verfolgte Zahlungsanspruch für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 nicht anzusetzen - ist der Kläger mit seinem gegen die ordentliche Kündigung gerichteten Antrag, dh. im Umfang eines Streitwerts von 4.922,52 Euro unterlegen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Sieg    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16. Mai 2014 - 6 Sa 451/13 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Februar 2013 - 3 Ca 5067/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalls eine Betriebsrente zu zahlen, bei deren Berechnung die Dauer der Freistellungsphase während der Altersteilzeit in vollem Umfang zur rentenfähigen Dienstzeit zählt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 10/11 und die Beklagte zu 1/11 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zu zahlenden Altersrente.

2

Der im August 1951 geborene Kläger war von Oktober 1983 bis Ende August 2014 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen in deren Werk in Düsseldorf beschäftigt. Bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen fanden die jeweils geltenden Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Land Nordrhein-Westfalen Anwendung.

3

Für vor dem 31. Dezember 2003 in die Dienste der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen eingetretene Mitarbeiter richten sich - zuletzt aufgrund Nr. 1.3 einer Betriebsvereinbarung vom 19. November 2007 - die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Wirkung zum 1. Oktober 1992 abgeschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung „Versorgungsordnung“ idF vom 26. November 1992 (im Folgenden VO 1992). Die VO 1992 sieht ua. die Gewährung einer Altersrente vor (§ 2 VO 1992), deren Berechnung sich gemäß § 9 Abs. 1 VO 1992 nach der für den Mitarbeiter gültigen Versorgungsgruppe und der Anzahl der rentenfähigen Dienstjahre richtet. Hierzu enthält die VO 1992 ua. folgende Regelungen:

        

§ 6 Berechnung der rentenfähigen Dienstzeit

        

…       

        
        

(2)     

Die rentenfähige Dienstzeit beginnt frühestens mit Vollendung des 20. Lebensjahres. Sie endet spätestens mit dem Ablauf des 6. Monats nach Vollendung des 65. Lebensjahres.

        

(3)     

Die höchste erreichbare rentenfähige Dienstzeit beträgt 35 Jahre.

        

(4)     

Zum Ende des Kalenderjahres wird für jeden Mitarbeiter der Dienstzeitfaktor errechnet. Für Teilzeitbeschäftigte ergibt sich der Dienstzeitfaktor aus dem Verhältnis der vertraglichen zur Regelarbeitszeit.

        

(5)     

Wenn die Addition der Dienstzeitfaktoren in der Summe zu einem Bruchteil führt, werden mindestens 0,5 Jahre zu einem vollen Jahr aufgerundet; weniger als 0,5 Jahre bleiben unberücksichtigt.

        

§ 7 Versorgungsgruppe

        

(1)     

Jeder Mitarbeiter wird auf der Grundlage seiner Rangstufe bzw. seines Arbeitswertes einer der Versorgungsgruppen nach folgender Tabelle zugeordnet:

                 

Versorgungsgruppe (VG)

Angestellte Rangstufe

Arbeiter AW:
Zeitlohn

Arbeiter AW: Prämien- und Standardlohn

                 
                 

1       

-       

- 9     

-       

                 

2       

1       

10 - 18

- 8     

                 

3       

2       

19 - 21

9 - 12

                 

4       

3       

22 - 24

13 - 15

                 

5       

4       

25 - 27

16 - 18

                 

6       

5       

28 + 29

19 - 21

                 

7       

6       

30 + 31

22 - 24

                 

8       

7       

32 - 34

25 - 27

                 

9       

8       

35 - 37

28 - 30

                 

10    

9       

38 - 41

31 - 33

                 

11    

10    

42 - 45

34 - 37

                 

12    

11 + 12

46 - 49

38 - 42

                 

13    

13 + 14

50 - 52

43 - 47

                 

14    

15 - 17

        

48 - und mehr

                 

15    

18 - 20

                 
                 

16    

21 - 23

                 
                 

17    

24 + 26

                 
                 

18    

28 + 30

                 
                 

19    

32 + 34

                 
                 

20    

36 + 38

                 
                 

21    

Verkäufer

                 
        

…“    

        
4

Die Höhe der je nach Versorgungsgruppe und Dienstjahren zu zahlenden Altersrente ist in einer sog. Rententabelle festgelegt. Die Rententabelle, die letztmalig im Jahr 1999 angepasst wurde (im Folgenden Rententabelle 1999), weist für jede der 21 Versorgungsgruppen und für jedes rentenfähige Dienstjahr von 10 bis 35 einen bestimmten Betrag aus.

5

Die Entlohnung der Arbeiter im Werk Düsseldorf erfolgte aufgrund einer von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung vom 29. März 1968 (im Folgenden BV 1968) nach dem im Tarifvertrag über die analytische Arbeitsbewertung vom 26. September 1967 idF der Änderungsvereinbarung vom 11. Januar 1973 (im Folgenden TV Arbeitsbewertung) geregelten Verfahren der analytischen Arbeitsbewertung. Gegenstand der Arbeitsbewertung ist nach Nr. 2 des TV Arbeitsbewertung die Arbeitsaufgabe. Gemäß Nr. 3 TV Arbeitsbewertung geht die Bewertung von den sachlichen Anforderungen aus, die die Arbeitsaufgabe an den ausführenden Arbeitnehmer bei menschlicher Normalleistung stellt. Anhand der in Nr. 4 TV Arbeitsbewertung aufgeführten Bewertungsmerkmale - Können, Belastung, Verantwortung und Umgebungseinflüsse - ist ein Arbeitswert zu ermitteln, nach dessen Höhe sich die Vergütung der Arbeiter richtet.

6

Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerinnen vergüteten seit den 1970er Jahren die im Werk Düsseldorf beschäftigten Arbeiter entweder mit einem Zeitlohn oder einem sog. Standardlohn. Die Zeitlohnarbeiter erhielten - neben ihrem sich nach dem Arbeitswert richtenden Monatsgrundlohn - eine Leistungszulage iHv. bis zu 12 %. Die Höhe des Standardlohns war aus dem Gruppen- und Einzelakkord entwickelt worden. Auf der Grundlage damaliger Akkordwerte legten die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen pauschal für jeden Arbeitswert einen bestimmten Betrag als Standardlohn zugrunde und zahlten diesen - nach Ablauf einer Einarbeitungsphase - üblicherweise mit einem Verdienstgrad von 102 % aus.

7

Die bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigten Angestellten wurden dagegen nach dem Gehaltsrahmenabkommen für die Angestellten der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 19. Februar 1975 (im Folgenden GRA 1975) entsprechend ihrer ausgeübten Tätigkeit in die einzelnen Gehaltsgruppen eingestuft (§ 2 Nr. 1 GRA 1975). § 3 GRA 1975 sieht in seinem Teil A sechs Gehaltsgruppen für kaufmännische Angestellte (K1 bis K6), in seinem Teil B sechs Gehaltsgruppen für technische Angestellte (T1 bis T6) und in seinem Teil C vier Gehaltsgruppen (M1 bis M4) für Meister vor. Zudem wandte die Beklagte für die Angestellten eine von ihrer Rechtsvorgängerin und dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene und zum 1. April 1979 in Kraft getretene „Betriebsvereinbarung über das Richtwertsystem für außertarifliche Zulagen“ (im Folgenden BV Richtwertsystem) an. Die BV Richtwertsystem sah ua. Folgendes vor:

        

„2. Voraussetzungen und Ziele

        

2.1     

Das Richtwertsystem dient der Differenzierung der außertariflichen Zulage. Die tarifliche Eingruppierung sowie das Tarifgehalt, die tarifliche Leistungszulage und andere tarifliche Gehaltsbestandteile richten sich nach den entsprechenden Tarifverträgen und werden daher durch diese Vereinbarung nicht berührt.

        

…       

        
        

3. Grundlagen des Richtwertsystems

        

3.1     

Die Richtwerte bauen auf der Arbeitsschwierigkeit und der individuellen Leistung auf.

        

3.2     

(1) Grundlagen des Richtwertsystems sind betriebliche Richtbeispiele, die von Stellenbeschreibungen abgeleitet sind. Die Richtbeispiele sind in eine Rangreihe nach Arbeitsschwierigkeit gebracht. Richtbeispiele vergleichbaren Schwierigkeitsgrades sind jeweils in einer Rangstufe zusammengefaßt.

                 

(2) Die Zuordnung der einzelnen Richtbeispiele zu den Rangstufen ergibt sich aus der Anlage 1.

                 

(3) Alle Richtbeispiele sind im MB/DB-Tätigkeitskatalog aufgeführt. Die Tätigkeitsbezeichnungen sind im Tätigkeitsverzeichnis aufgelistet.

        

…       

        
        

3.4     

Den einzelnen Rangstufen sind Leistungsstufen zugeordnet. Der jeweiligen Leistungsstufe entspricht der sich aus der Leistungsbeurteilung ergebende individuelle Gesamtbeurteilungswert ...

        

3.5     

Der Richtwert für die außertarifliche Zulage ergibt sich damit aus der zugeordneten Rangstufe und der Leistungsstufe im Rahmen der Leistungsbeurteilung.

        

4. Richtwerte

        

4.1     

Die Richtwerte werden von GPS für jedes Werk und jede Niederlassung aufgrund der jeweiligen tariflichen Voraussetzungen und der örtlichen Arbeitsmarktlage festgelegt.

        

4.2     

Die Richtwerte und die aufgrund der jeweiligen tarifvertraglichen Bestimmungen geltenden tariflichen Gehaltsbestandteile ergeben das angestrebte Gesamtgehalt. Der Verlauf der angestrebten Gesamtgehälter ergibt sich aus der Anlage 2.“

8

Die Anlage 2 zur BV Richtwertsystem weist insgesamt 31 Rangstufen mit unterschiedlicher Arbeitswertigkeit und 11 Leistungsstufen auf. Die Leistungsstufe 11 entspricht einem Gesamtgehalt iHv. 100 %, die Leistungsstufe 16 einem Gesamtgehalt iHv. 136 %.

9

Der Kläger wurde von der Beklagten als Arbeiter im Standardlohn vergütet. Seine zuletzt ausgeführten Arbeitsaufgaben waren mit dem Arbeitswert 27 bewertet. Dies entspricht der Versorgungsgruppe 8. Zum 1. Juli 2008 führte die Beklagte das Entgeltrahmenabkommen der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 (im Folgenden ERA) in ihrem Betrieb ein. Der Kläger wurde zum 1. Juli 2008 in die Entgeltgruppe 9 des ERA eingruppiert.

10

Die Beklagte schloss mit ihrem Gesamtbetriebsrat am 19. Dezember 2000 eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Inanspruchnahme von Altersteilzeit in der M GmbH“ (im Folgenden GBV 2000). In der GBV 2000 ist ua. geregelt:

        

10. Berücksichtigung der Altersteilzeit in der betrieblichen Altersversorgung

        

Für die Dauer der Altersteilzeit gilt in der betrieblichen Altersversorgung in Abweichungen von den Bestimmungen der gültigen Versorgungsordnung für Teilzeitbeschäftigung der unveränderte Dienstzeitfaktor vor Beginn der Altersteilzeit für die Dauer der Arbeitsphase und ein Dienstzeitfaktor von 0,33 für die Dauer der Freistellungsphase.“

11

Seit Ende 2003 gehört die Beklagte dem T Konzern an. Die T AG - als Konzernmutter - hatte mit dem Konzernbetriebsrat am 7. März 2000 eine „Rahmenkonzernbetriebsvereinbarung zwischen dem Vorstand der T AG und dem Konzernbetriebsrat der T AG zur Altersteilzeit“ (im Folgenden KBV) geschlossen. Die KBV enthält in Nr. 6.2 folgende Bestimmung:

        

„6.2   

Betriebliche Altersversorgung

                 

So weit im Rahmen der jeweils gültigen Leistungsordnung zur betrieblichen Altersversorgung eine Kürzung um den versicherungsmathematischen Abschlag vorgesehen ist, wird dieser nur für den Zeitraum zwischen dem 63. und 65. Lebensjahr vorgenommen.

                 

Für die betriebliche Altersversorgung bleibt die Reduzierung der Arbeitszeit und ggf. des monatlichen Entgeltes aufgrund der Altersteilzeitvereinbarung unberücksichtigt.“

12

Am 26. September 2007 vereinbarte die Beklagte mit ihrem Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über die Einführung von Alterszeit auf der Grundlage der Rahmenkonzernbetriebsvereinbarung zwischen dem Vorstand der T AG und dem Konzernbetriebsrat der T AG zur Altersteilzeit“ (im Folgenden BV 2007). Die BV 2007 lautet ua.:

        

3.    

Einführung

                 

Die Betriebsparteien haben sich anlässlich der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen betreffend die geplante Schließung des Betriebes in Düsseldorf zum Jahresende 2012 darauf verständigt, dass der Arbeitgeber als eine Alternative zum Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile, die durch die Betriebsänderung eintreten werden, den Abschluss von Altersteilzeitverträgen anbietet, ohne dass man hierauf jedoch einen Anspruch erheben kann.

                 

Zu diesem Zwecke wird die bisher geltende ,Gesamtbetriebsvereinbarung über die Inanspruchnahme von Altersteilzeit in der M GmbH‘ vom 19.12.2000 durch die ‚Rahmenkonzernbetriebsvereinbarung zwischen dem Vorstand der T AG und dem Konzernbetriebsrat der T AG zur Altersteilzeit‘ in der derzeit gültigen Fassung abgelöst.

        

4.      

Inkrafttreten

                 

Diese Betriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft.“

13

Zum Zeitpunkt des Abschlusses der BV 2007 unterhielt die Beklagte nur noch den Betrieb in Düsseldorf. Ein Gesamtbetriebsrat existierte nicht mehr.

14

Am 20. Dezember 2007 vereinbarte der Kläger mit der Beklagten „auf Grundlage“ der KBV sowie der BV 2007 einen Altersteilzeit-Arbeitsvertrag (im Folgenden Altersteilzeitvertrag). Nach § 3 Satz 1 des Altersteilzeitvertrags betrug die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden, mithin 17,5 Stunden pro Woche. Gemäß § 3 Satz 2 des Altersteilzeitvertrags wurde die Arbeitszeit so verteilt, dass der Kläger in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 1. September 2008 bis 31. August 2011 im Durchschnitt die bisherige wöchentliche Arbeitszeit erbrachte (Arbeitsphase); anschließend erfolgte in der Zeit vom 1. September 2011 bis 31. August 2014 eine Freistellung von der Arbeitsleistung (Freistellungsphase). In § 13 des Altersteilzeitvertrags war Folgendes geregelt:

        

§ 13 

        

Betriebliche Altersversorgung

        

Während der Altersteilzeit zählt die Dauer der Freistellungsphase nur zu 1/3 zur Betriebszugehörigkeit.

        

...     

        

Die übrigen Bestimmungen der Versorgungsordnung, insbesondere zu den Voraussetzungen einer D Rente, gelten unverändert.

        

Für die betriebliche Altersversorgung bleibt die Reduzierung der Arbeitszeit und ggf. des monatlichen Entgeltes aufgrund dieses Vertrages unberücksichtigt.“

15

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, bei der Berechnung seiner zukünftigen Altersrente die Versorgungsgruppe 14 oder zumindest die jeweils niedrigere Versorgungsgruppe, mindestens aber die Versorgungsgruppe 9 zugrunde zu legen. Die VO 1992 benachteilige die Arbeiter gegenüber den Angestellten in sachlich nicht gerechtfertigter Weise. Die Arbeiter könnten keine höhere Versorgungsgruppe als - im Zeitlohn - die 14 bzw. - im Prämien- und Standardlohn - die Versorgungsgruppe 15 erreichen. Zudem seien bei den Arbeitern mehrere Arbeitswerte einer Versorgungsgruppe zugeordnet, während bei den Angestellten bis zur Versorgungsgruppe 11 jeweils nur eine Rangstufe einer Versorgungsgruppe und ab der Versorgungsgruppe 12 nur zwei Rangstufen einer Versorgungsgruppe zugeordnet seien. Auch stiegen die in der Rententabelle 1999 für jedes rentenfähige Dienstjahr festgelegten Beträge in den oberen Versorgungsgruppen höher an als in den unteren Versorgungsgruppen. Darüber hinaus führe die Zuordnung der Rangstufen und Arbeitswerte in § 7 Abs. 1 VO 1992 dazu, dass Angestellte, deren Arbeitsentgelt ebenso hoch sei wie das der Arbeiter, in eine höhere Versorgungsgruppe eingestuft seien und daher auch eine höhere Betriebsrente erhielten. Die Zuordnung bewirke, dass sich Arbeiter mit höherwertigen Arbeitsaufgaben und Angestellte mit geringerwertigen Arbeitsaufgaben in einer Versorgungsgruppe befänden. Da sich die Zuordnung zu den Versorgungsgruppen allein nach den an die jeweiligen Tätigkeiten zu stellenden Anforderungen und nicht nach den individuellen Leistungen der Arbeitnehmer richte, komme es für die Wertigkeit der Arbeitsaufgaben nicht auf die nach dem Richtwertsystem möglichen Leistungsstufen bei den Angestellten und die an die Arbeiter im Zeitlohn gezahlten Leistungszulagen an. Zudem sei die Beklagte verpflichtet, die Dauer seiner Freistellungsphase während der Altersteilzeit vollständig als rentenfähige Dienstzeit und nicht lediglich mit einem Dienstzeitfaktor von 0,33 zu berücksichtigen.

16

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn bei Eintritt des Versorgungsfalls eine Betriebsrente zu zahlen, bei deren Berechnung die Dauer der Freistellungsphase während der Altersteilzeit in vollem Umfang zur Betriebszugehörigkeit zählt und deren Berechnung die Versorgungsgruppe 14, hilfsweise 13, 12, 11, 10, 9 nach der Tabelle in § 7 Abs. 1 der Versorgungsordnung der D AG und der D Unterstützungskasse GmbH in der Fassung vom 26. November 1992 sowie die Rententabelle des Jahres 1999 gemäß § 9 der vorgenannten Versorgungsordnung zugrunde zu legen ist,

        

hilfsweise

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn bei Eintritt des Versorgungsfalls eine Betriebsrente zu zahlen, bei deren Berechnung ab dem 1. Juli 1993 die Versorgungsgruppe 14, hilfsweise 13, 12, 11, 10, 9 nach der Tabelle in § 7 Abs. 1 der Versorgungsordnung der D AG und der D Unterstützungskasse GmbH in der Fassung vom 26. November 1992 sowie die Rententabelle des Jahres 1999 gemäß § 9 der vorgenannten Versorgungsordnung zugrunde zu legen ist.

17

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, die VO 1992 enthalte keine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Arbeitern und Angestellten. Die unterschiedliche Zuordnung beider Arbeitnehmergruppen zu den Versorgungsgruppen ergebe sich aus den bei Erlass der VO 1992 geltenden unterschiedlichen Vergütungssystemen für Arbeiter und Angestellte. Die VO 1992 führe auch nicht zu einer Benachteiligung der Arbeiter, insbesondere seien die Arbeiter durch die Zuordnung der Arbeitswerte zu den jeweiligen Versorgungsgruppen nicht schlechter gestellt als die Angestellten. Die Vergütungen der in einer Versorgungsgruppe zusammengefassten Arbeiter und Angestellten seien in der Höhe vergleichbar gewesen. Dabei seien auch die nach dem Richtwertsystem für die Angestellten maßgeblichen Leistungsstufen sowie die den Arbeitern im Zeitlohn gezahlten Leistungszulagen zu berücksichtigen. Zudem sei die Dauer der Freistellungsphase des Klägers während der Altersteilzeit nur mit einem Dienstzeitfaktor von 0,33 als rentenfähige Dienstzeit zu berücksichtigen.

18

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger eine Altersrente nach der VO 1992 zu zahlen, bei deren Berechnung die Dauer der Freistellungsphase während der Altersteilzeit in vollem Umfang zur rentenfähigen Dienstzeit zählt. Die weiter gehenden Klageanträge des Klägers bleiben hingegen erfolglos. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner Altersrente nach der VO 1992 eine höhere Versorgungsgruppe als die Versorgungsgruppe 8 zugrunde legt.

20

I. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Berechnung der dem Kläger zu zahlenden Altersrente eine höhere Versorgungsgruppe als die Versorgungsgruppe 8 nach der VO 1992 zugrunde zu legen. Entgegen der Ansicht des Klägers verstoßen weder § 7 Abs. 1 VO 1992 noch die Rententabelle 1999 gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 BetrVG.

21

1. Nach § 75 Abs. 1 BetrVG haben die Betriebsparteien darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Zu diesen Grundsätzen gehört der Gleichbehandlungsgrundsatz, dem der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechte oder Pflichten vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. etwa BAG 30. September 2014 - 1 AZR 1083/12 - Rn. 15 mwN, BAGE 149, 195). Dementsprechend bildet der bloße Statusunterschied zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten keine Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung beider Personengruppen. Die daran anknüpfende Unterscheidung beruht für sich genommen nicht auf sachgerechten Erwägungen. Eine unterschiedliche Behandlung von gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten kann allerdings dann zulässig sein, wenn mit der Anknüpfung an den Statusunterschied gleichzeitig auf einen Lebenssachverhalt abgestellt wird, der geeignet ist, die Ungleichbehandlung sachlich zu rechtfertigen. Das ist am Regelungszweck und dem aus ihm folgenden Differenzierungsgrund zu messen (vgl. BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 757/12 - Rn. 24 mwN).

22

2. Danach verstoßen weder § 7 Abs. 1 VO 1992 noch die Rententabelle 1999 gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 Abs. 1 BetrVG.

23

a) Zwar unterscheidet die Tabelle in § 7 Abs. 1 VO 1992 bei der Zuordnung der Mitarbeiter zu den Versorgungsgruppen zwischen Arbeitern und Angestellten. Bei Angestellten richtet sich die Zuordnung nach der Rangstufe, während sie sich für Arbeiter - sowohl im Zeitlohn als auch im Standard- und Prämienlohn - nach dem Arbeitswert bestimmt. Die darin liegende unterschiedliche Behandlung beider Arbeitnehmergruppen ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Mit der Regelung in § 7 Abs. 1 VO 1992 haben die Betriebsparteien nicht allein an den unterschiedlichen Status von Arbeitern und Angestellten angeknüpft. Vielmehr nimmt die Bestimmung auf die gruppenspezifisch unterschiedlich ausgestalteten Vergütungssysteme Bezug, die vor der Einführung von ERA im Betrieb der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen bestanden. Damit stellt § 7 Abs. 1 VO 1992 auf einen Lebenssachverhalt ab, der geeignet ist, eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten bei der Zuordnung zu den Versorgungsgruppen sachlich zu rechtfertigen.

24

aa) Vor der Einführung des ERA bestimmte sich die Entlohnung der Arbeiter im Betrieb der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerinnen aufgrund der BV 1968 nach dem Verfahren der analytischen Arbeitsbewertung. Nach Nr. 2 und Nr. 3 TV Arbeitsbewertung wurden die sachlichen Anforderungen, die an die Arbeitsaufgabe des einzelnen Arbeiters gestellt wurden, durch die in Nr. 4 TV Arbeitsbewertung genannten Bewertungsmerkmale erfasst und mit dem im TV Arbeitsbewertung festgelegten Verfahren bewertet. Die Höhe der den Arbeitern zu zahlenden Vergütung bestimmte sich nach dem jeweiligen Arbeitswert. Dies galt sowohl für die im Zeitlohn vergüteten Arbeiter als auch für die im Betrieb der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerinnen mit einem Standardlohn vergüteten Arbeiter.

25

bb) Demgegenüber richtete sich die Vergütung der Angestellten bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen bis zu der Einführung des ERA nicht nach Arbeitswerten, sondern nach Rangstufen. Zwar bestimmte sich die Höhe der tariflichen Vergütung der Angestellten entsprechend dem GRA 1975 nach deren Eingruppierung in eine der Gehaltsgruppen für kaufmännische und technische Angestellte oder für Meister. Jedoch zahlte die Beklagte bzw. ihre jeweilige Rechtsvorgängerin den Angestellten über die tariflichen Entgeltbestandteile hinaus noch eine außertarifliche Zulage nach der BV Richtwertsystem. Zur Differenzierung der Höhe der außertariflichen Zulage sah die BV Richtwertsystem die Bildung eines in insgesamt 31 Rangstufen und jeweils 11 Leistungsstufen unterteilten Richtwertsystems vor (vgl. Nr. 2.1 Satz 1 und Nr. 3.4 BV Richtwertsystem). Die angestrebten Richtwerte für die außertarifliche Zulage richteten sich nach der zugeordneten Rangstufe und der jeweiligen - von der Leistungsbeurteilung des Angestellten abhängigen - Leistungsstufe (vgl. Nr. 3.5 BV Richtwertsystem). Die Richtwerte und die tariflichen Gehaltsbestandteile ergaben zusammen das für die Angestellten im Betrieb angestrebte Gesamtgehalt. Maßgeblich für dessen Höhe war dabei insbesondere die jeweilige Rangstufe. Diese bestimmte sich nach der Arbeitsschwierigkeit. Nach Nr. 3.2 BV Richtwertsystem waren aus den Stellenbeschreibungen der Angestellten betriebliche Richtbeispiele abgeleitet und diese in eine Rangreihe je nach Arbeitsschwierigkeit gesetzt worden. Die sich nach dieser Rangreihe ergebenden einzelnen 31 Rangstufen entsprachen der Rangstufe in der Tabelle zu § 7 Abs. 1 VO 1992.

26

cc) Entgegen der Rechtsauffassung der Revision hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die Unterschiede zwischen den beiden Vergütungssystemen für Angestellte und Arbeiter von solcher Art und solchem Gewicht waren, dass sie die unterschiedliche Behandlung bei der Zuordnung der Arbeiter und Angestellten in § 7 Abs. 1 VO 1992 rechtfertigten. Eine Entlohnung, deren Höhe sich nach den Arbeitswerten richtete, galt im Betrieb der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen nur für die Gruppe der Arbeiter. Die Bildung von Rangstufen nach der BV Richtwertsystem fand bei ihnen nicht statt. Umgekehrt galt für die Vergütung der Angestellten ein außertarifliches Vergütungsmodell - das Richtwertsystem - welches zur Ermittlung des angestrebten und damit erreichbaren Gesamtgehalts eine Zuordnung der Angestellten nach Rangstufen vorsah. Eine Vergütung der Angestellten nach Arbeitswerten unter Zugrundelegung des TV Arbeitsbewertung erfolgte demgegenüber nicht.

27

dd) Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die Betriebsparteien im Rahmen der Zuordnung zu den Versorgungsgruppen nach § 7 Abs. 1 VO 1992 bei den Arbeitern an die Arbeitswerte und bei den Angestellten an die nach dem BV Richtwertsystem ermittelten Rangstufen angeknüpft haben. Damit haben sie im Rahmen des ihnen zustehenden Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums einen für beide Arbeitnehmergruppen grundsätzlich gleichwertigen Maßstab zugrunde gelegt. Die Höhe der Vergütung beider Arbeitnehmergruppen bestimmte sich bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen maßgeblich nach den Arbeitswerten bzw. den Rangstufen. Für die Arbeiter spiegelte der nach dem analytischen Verfahren ermittelte Arbeitswert die Wertigkeit der Anforderungen wider, die die Arbeitsaufgabe an den ausführenden Arbeitnehmer stellte (vgl. Nr. 2 und Nr. 3 TV Arbeitsbewertung). Für die Angestellten ergab sich demgegenüber ein gleichartiges Modell aus der BV Richtwertsystem. Die danach ermittelte Rangreihe sah insgesamt 31 Rangstufen vor, wobei die jeweilige Schwierigkeit der zu erledigenden Arbeit für die jeweilige Rangstufe maßgeblich war (vgl. Nr. 3.2 BV Richtwertsystem).

28

b) Entgegen der Ansicht des Klägers wurde die Gruppe der Arbeiter bei der Zuordnung der Arbeitswerte zu den einzelnen Versorgungsgruppen in § 7 Abs. 1 VO 1992 auch nicht in unzulässiger Weise gegenüber der Gruppe der Angestellten benachteiligt. Jedenfalls in Bezug auf den Kläger liegt eine unzulässige Schlechterstellung gegenüber vergleichbaren Angestellten nicht vor.

29

aa) Eine etwaige Benachteiligung der Arbeiter gegenüber den Angestellten ergibt sich nicht daraus, dass nach der Regelung in § 7 Abs. 1 VO 1992 die Arbeiter im Gegensatz zu den Angestellten keine höhere Versorgungsgruppe als - im Zeitlohn - die 14 bzw. - im Prämien- und Standardlohn - die Versorgungsgruppe 15 erzielen können. Der Umstand, dass nur die Angestellten in eine höhere Versorgungsgruppe als die Versorgungsgruppe 14 eingestuft werden können, lässt - für sich genommen - keinen Rückschluss darauf zu, ob die Regelung zu einer Ungleichbehandlung von vergleichbaren Arbeitern und Angestellten führt. Ein solcher könnte nur gezogen werden, wenn die Arbeitsaufgaben beider Arbeitnehmergruppen hinsichtlich ihrer Wertigkeit das gleiche Spektrum ausschöpfen. Dies ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

30

bb) Die Zuordnung mehrerer Arbeitswerte zu einer Versorgungsgruppe in § 7 Abs. 1 VO 1992 lässt, anders als vom Kläger angenommen, ebenfalls nicht darauf schließen, dass die Gruppe der Arbeiter im Vergleich zu der Gruppe der Angestellten in unzulässiger Weise benachteiligt wird. Zwar haben die Betriebsparteien bei den Angestellten bis zur Versorgungsgruppe 11 jeweils nur eine Rangstufe einer Versorgungsgruppe und ab der Versorgungsgruppe 12 nur zwei Rangstufen einer Versorgungsgruppe zugeordnet. Eine unzulässige Ungleichbehandlung der Arbeiter gegenüber den Angestellten würde dies indes nur dann darstellen, wenn der einzelne Arbeitswert uneingeschränkt mit einer Rangstufe gleichgesetzt werden könnte. Dies scheidet schon deshalb aus, weil die nach der BV Richtwertsystem aufgestellte Rangreihe insgesamt nur 31 Rangstufen umfasste, wohingegen sich nach dem TV Arbeitsbewertung eine erheblich größere Anzahl an möglichen Arbeitswerten ergeben konnte. Nach der Tabelle in § 7 Abs. 1 VO 1992 sind die Betriebsparteien davon ausgegangen, dass zumindest 52 - jeweils aufgerundete - Arbeitswerte bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen erreichbar sein konnten. Damit waren bei den Angestellten weniger Rangstufen zu den Versorgungsgruppen zuzuordnen als Arbeitswerte bei den Arbeitern.

31

cc) Die Regelung in § 7 Abs. 1 VO 1992 beinhaltet auch nicht deshalb eine Benachteiligung der Arbeiter gegenüber den Angestellten, weil - so der Kläger - bei der Zuordnung der Arbeitswerte und Rangstufen zu den einzelnen Versorgungsgruppen Arbeiter mit „höherwertigen“ Arbeitsaufgaben und Angestellte mit „geringerwertigen“ Arbeitsaufgaben in einer Versorgungsgruppe zusammengefasst wurden.

32

(1) Entgegen der Annahme des Klägers war für die Zuordnung der jeweiligen Rangstufen und Arbeitswerte zu den einzelnen Versorgungsgruppen in § 7 Abs. 1 VO 1992 durch die Betriebsparteien nicht die Schwierigkeit der zu erledigenden Aufgaben maßgebend. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Tabelle in § 7 Abs. 1 VO 1992 nicht nur zwischen Arbeitern und Angestellten unterscheidet, sondern innerhalb der Gruppe der Arbeiter eine weitere Differenzierung nach der Art der Vergütung - Arbeiter mit Zeitlohn einerseits und Arbeiter mit Prämien- und Standardlohn andererseits - vornimmt. Bei einer Zuordnung zu den Versorgungsgruppen ausschließlich nach der Wertigkeit der zu erledigenden Tätigkeiten hätte es einer solchen Differenzierung nicht bedurft. Auch wäre in diesem Fall kein Grund dafür ersichtlich, warum die Arbeiter im Prämien- und Standardlohn bei gleichem Arbeitswert und damit gleicher Wertigkeit der von ihnen zu erfüllenden Arbeitsaufgaben im Rahmen des § 7 Abs. 1 VO 1992 immer einer höheren Versorgungsgruppe zugewiesen wurden als die Arbeiter im Zeitlohn.

33

(2) Die unterschiedliche Zuordnung der Arbeitswerte von Arbeitern im Zeitlohn und der Arbeiter im Standard- und Prämienlohn zeigt vielmehr, dass sich die Betriebsparteien bei der konkreten Zuordnung der Arbeitswerte und Rangstufen zu den einzelnen Versorgungsgruppen in § 7 Abs. 1 VO 1992 an der Höhe der erreichbaren Vergütungen der Arbeitnehmer orientiert haben. Arbeiter im Zeitlohn und die im Betrieb der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen beschäftigten Arbeiter im Standardlohn konnten - trotz gleicher Arbeitswerte - eine unterschiedlich hohe Vergütung erzielen. Denn die Arbeiter im Zeitlohn erhielten nicht nur den sich nach der Höhe des Arbeitswerts richtenden Monatsgrundlohn, sondern auch eine monatliche Leistungszulage, deren Höhe 1 % bis maximal 12 % des Monatsgrundlohns betrug. Arbeitern im Standardlohn wurde demgegenüber keine Leistungszulage, sondern nur ein fester monatlicher Lohn gezahlt, der nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts üblicherweise mit einem Verdienstgrad von 102 % ausgezahlt wurde. Der Standardlohn war - wie die von der Beklagten eingereichten Vergütungstabellen für die Arbeiter im Zeitlohn und die Arbeiter im Standardlohn aus den Jahren 1995 und 2007 zeigen - bei gleichem Arbeitswert erheblich höher als der Monatsgrundlohn für die Arbeiter im Zeitlohn und entsprach bezogen auf die einzelnen Arbeitswerte in etwa der Vergütung, die ein Arbeiter im Zeitlohn mit einer im Durchschnitt erreichbaren Leistungszulage von 7 % erhielt.

34

dd) Der Kläger kann ebenfalls nicht mit Erfolg geltend machen, die Zuordnung der Arbeitswerte zu den Versorgungsgruppen in § 7 Abs. 1 VO 1992 führe dazu, dass Angestellte, deren Arbeitsentgelt ebenso hoch war wie das Entgelt der Arbeiter, in höhere Versorgungsgruppen eingestuft wurden. In Bezug auf den Kläger liegt insoweit keine unzulässige Schlechterstellung gegenüber vergleichbaren Angestellten vor.

35

(1) Den von der Beklagten eingereichten Vergütungstabellen für die Arbeiter im Zeitlohn, die Arbeiter im Standardlohn und die Angestellten aus dem Jahr 1995 lässt sich entnehmen, dass die jeweilige Zuordnung der Arbeitswerte für die beiden Arbeitergruppen und der Rangstufen für die Angestellten zu den einzelnen Versorgungsgruppen - zumindest bis einschließlich zur Versorgungsgruppe 12 - der Vergütungshöhe entsprach, die von den Arbeitnehmern nach dem für die drei Gruppen jeweils geltenden Vergütungssystem im Durchschnitt erreichbar war. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Während die Arbeiter im Standardlohn einen festen Monatslohn erhielten, konnten die Arbeiter im Zeitlohn neben ihrem Monatsgrundlohn eine Leistungszulage erzielen, deren Höhe sich auf durchschnittlich ca. 7 % belief. Für die Angestellten galten nach dem Richtwertsystem insgesamt 11 Leistungsstufen zwischen 11 und 16; dadurch konnten sie bis zu 136 % des in der jeweiligen Rangstufe maßgeblichen Ausgangsgehalts beziehen. Damit ergab sich für die Angestellten - bei einem durchschnittlichen Wert von etwa 116 % - eine je Rangstufe durchschnittlich erreichbare Leistungsstufe von 13,5. Sowohl die Vergütung der in einer Versorgungsgruppe zusammengefassten Arbeiter im Standardlohn als auch die - unter Berücksichtigung einer Leistungszulage iHv. 7 % - durchschnittlich erreichbare Vergütung der Arbeiter im Zeitlohn entsprach danach in etwa dem Entgelt, das auch die der gleichen Versorgungsgruppe zugeordneten Angestellten bei einer durchschnittlich erreichbaren Leistungsstufe von 13,5 erhielten.

36

Dass sich die für den Vergütungsvergleich maßgeblichen Vergütungstabellen erst auf das Jahr 1995 beziehen, während die VO 1992 bereits aus dem Jahr 1992 stammt, ist insoweit unerheblich. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte sich seit Abschluss der VO 1992 im Jahr 1992 an dem Verhältnis der einzelnen Vergütungen zueinander nichts mehr geändert, da diese gleichmäßig angepasst wurden. Daher sind die von der Beklagten eingereichten Zahlen, die vom Kläger nicht bestritten wurden, insoweit auch für die Zeit davor aussagekräftig.

37

(2) Die Zuordnung der Rangstufen und Arbeitswerte zu den einzelnen Versorgungsgruppen anhand der durchschnittlich erreichbaren Vergütungen der Arbeitnehmer begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Betriebsparteien waren nicht gehalten, die Zuordnung anhand der konkret von den Arbeitnehmern erreichten Vergütung vorzunehmen. Vielmehr durften sie im Rahmen des ihnen zustehenden Gestaltungs- und Beurteilungsspielraums bei der Normsetzung typisieren und pauschalieren (vgl. dazu nur BAG 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 34, BAGE 133, 158; 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 23 mwN; 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179). Infolge der unterschiedlichen Vergütungsstrukturen im Betrieb differierte die Bandbreite bei der Höhe der tatsächlich erreichbaren Vergütungen bei den einzelnen Arbeitnehmergruppen erheblich. Während der Grad der erreichbaren Gesamtvergütung bei den Angestellten in der höchsten Leistungsstufe bis zu 136 % betragen konnte, umfasste das Spektrum bei Arbeitern im Zeitlohn lediglich 101 % bis 112 % des Monatsgrundlohns und bei Arbeitnehmern im Standardlohn - nach Ablauf der Einarbeitungszeit - sogar nur 100 % bis 102 % des Standardlohns. Angesichts dieser erheblich unterschiedlichen Bandbreiten ist eine Zuordnung der Arbeitswerte und Rangstufen zu den Versorgungsgruppen anhand von Durchschnittswerten nicht zu beanstanden. Auch wurde hierdurch vermieden, dass sich ein etwaiger von den leistungsbezogenen Vergütungsbestandteilen ausgehender Leistungsdruck auf die Arbeitnehmer noch weiter erhöhte. Die individuell erbrachte Leistung war damit nur für das laufende Entgelt, nicht jedoch für die Höhe der späteren Betriebsrente von unmittelbarer Bedeutung.

38

(3) Ausgehend hiervon ist nicht ersichtlich, dass der Kläger, der als Arbeiter im Standardlohn der Versorgungsgruppe 8 zugeordnet war, gegenüber einem Angestellten, der der Versorgungsgruppe 9 bis einschließlich der Versorgungsgruppe 14 zugeordnet wurde, in unzulässiger Weise benachteiligt wurde. Die durchschnittlich erreichbaren Vergütungen der Arbeiter im Standardlohn mit der Versorgungsgruppe 8 lag unterhalb der durchschnittlich erreichbaren Vergütung von Angestellten der Versorgungsgruppen 9 bis 14. Auf die tatsächlich von den einzelnen Arbeitnehmern erreichte Vergütung kam es nach der nicht zu beanstandenden Grundentscheidung der Betriebsparteien insoweit nicht an.

39

ee) An der Wirksamkeit der in § 7 Abs. 1 VO 1992 enthaltenen Differenzierungen hat sich nichts dadurch geändert, dass die Beklagte zum 1. Juli 2008 das ERA in ihrem Betrieb eingeführt hat. Zwar erfolgte die tarifliche Vergütung der Arbeiter und Angestellten seitdem nach einheitlichen Entgeltgruppen. Dies ist jedoch unschädlich, da die VO 1992 nur für Mitarbeiter gilt, die bereits vor dem 31. Dezember 2003 bei der Beklagten beschäftigt waren und die damit bis zur Einführung des ERA noch nach den früheren unterschiedlichen Vergütungssystemen für Arbeiter und Angestellte bezahlt und deren Arbeitsaufgaben entsprechend bewertet wurden. Die Weiterführung eines für diesen Personenkreis eingerichteten und rechtlich nicht zu beanstandenden Systems zur Berechnung der Betriebsrente ist trotz Änderung des Vergütungssystems schon aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig.

40

c) Der Kläger kann auch nicht erfolgreich geltend machen, die in der Rententabelle 1999 für jedes rentenfähige Dienstjahr festgelegten Beträge stiegen in den oberen Versorgungsgruppen höher an als in den unteren Versorgungsgruppen und führten damit zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen Arbeitern und Angestellten. Es kann dahinstehen, ob ein Verstoß der in der Rententabelle 1999 festgelegten Steigerungsbeträge gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 Abs. 1 BetrVG überhaupt zur Folge hätte, dass die Altersrente des Klägers nach einer höheren Versorgungsgruppe als der Versorgungsgruppe 8 zu berechnen wäre. Denn die in der Rententabelle 1999 für jedes rentenfähige Dienstjahr festgelegten Beträge sind zumindest soweit es die Versorgungsgruppen 8 bis 14 betrifft mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar. Die Steigerungen der Rentenbeträge in den Versorgungsgruppen 9 bis 14 entsprechen - prozentual betrachtet - in etwa den Steigerungen in der Versorgungsgruppe 8. Zu einer für jedes Dienstjahr und jede Versorgungsgruppe prozentual exakt gleichen Anhebung waren die Betriebsparteien aufgrund des ihnen zustehenden Gestaltungsspielraums nicht verpflichtet.

41

II. Der Kläger kann jedoch verlangen, dass die Beklagte ihm eine Altersrente nach der für ihn geltenden VO 1992 zahlt, bei deren Berechnung die Dauer der Freistellungsphase während der Altersteilzeit in vollem Umfang zur rentenfähigen Dienstzeit zählt. Es bedarf keiner Entscheidung, ob sich ein Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung der Zeit seiner altersteilzeitbedingten Freistellung vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2014 mit einem Dienstzeitfaktor iSd. § 6 Abs. 4 Satz 1 VO 1992 von 1,0 - wie vom Kläger angenommen - bereits aus der VO 1992 ergibt. Die Beklagte ist jedenfalls aufgrund der Regelungen in Nr. 3 Satz 2 BV 2007 iVm. Nr. 6.2 Satz 2 KBV verpflichtet, den Zeitraum der Freistellung des Klägers während der Altersteilzeit uneingeschränkt als rentenfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Denn nach Nr. 6.2 Satz 2 KBV bleibt die aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung vereinbarte Reduzierung der Arbeitszeit und ggf. des monatlichen Entgelts für die betriebliche Altersversorgung unberücksichtigt. Damit scheidet die Bildung eines Dienstzeitfaktors nach § 6 Abs. 4 Satz 2 VO 1992 für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses des Klägers aus.

42

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten gelten für den Kläger und das von ihm vereinbarte Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht die Bestimmungen der GBV 2000, sondern die Regelungen der KBV und damit auch Nr. 6.2 Satz 2 KBV. Es kann offenbleiben, ob die GBV 2000 bereits Ende 2003 von der denselben Regelungsgegenstand - die Altersteilzeit - betreffenden KBV verdrängt wurde, weil die Beklagte zu einem dem T Konzern angehörenden Unternehmen wurde. Ebenfalls dahinstehen kann, ob die KBV in den Betrieben der zum T Konzern gehörenden Unternehmen unmittelbar zur Anwendung gelangte oder ob ihre Geltung - als Rahmenbetriebsvereinbarung - einer auf ihre Anwendung gerichteten Betriebsvereinbarung bedurfte. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, dass die GBV 2000 auch nach der Eingliederung der Beklagten in den T Konzern im Dezember 2003 normativ weiter gegolten und die Geltung der KBV in den Betrieben der konzernangehörenden Unternehmen einer Betriebsvereinbarung bedurft hätte, wäre die GBV 2000 jedenfalls zum 26. September 2007 durch die BV 2007 abgelöst worden. In Nr. 3 BV 2007 haben die Betriebsparteien ausdrücklich vereinbart, dass die Beklagte anlässlich der geplanten Schließung ihres Betriebs in Düsseldorf zum Jahresende 2012 den Abschluss von Altersteilzeitverträgen anbietet und zu diesem Zweck die GBV 2000 durch die KBV in der derzeit gültigen Fassung abgelöst wird. Damit sollten für die von der Beklagten nach Unterzeichnung der BV 2007 am 26. September 2007 abgeschlossenen Altersteilzeitvereinbarungen der im Betrieb Düsseldorf beschäftigten Mitarbeiter nur noch die Regelungen der KBV Anwendung finden. Da der Kläger seinen Altersteilzeitvertrag im Dezember 2007 mit der Beklagten vereinbart hat, gelten für ihn gemäß Nr. 3 Satz 2 BV 2007 die Bestimmungen der KBV und damit auch die Regelungen in Nr. 6.2 Satz 2 KBV.

43

2. Der Betriebsrat besaß auch die Kompetenz die mit dem früheren Gesamtbetriebsrat der Beklagten abgeschlossene GBV 2000 abzulösen. Zwar kann eine mit dem Gesamtbetriebsrat getroffene Vereinbarung grundsätzlich nicht durch eine mit dem örtlichen Betriebsrat geschlossene abgelöst werden. Dies ist Folge der den jeweiligen Betriebsverfassungsorganen gesetzlich zugewiesenen Regelungskompetenz (vgl. BAG 17. April 2012 - 1 AZR 119/11 - Rn. 25, BAGE 141, 101). Nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteivertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unterhielt die Beklagte zum Zeitpunkt der Abschlusses der BV 2007 am 26. September 2007 jedoch nur noch einen Betrieb, in dem ein Betriebsrat gebildet war. Ihr zweiter Betrieb in Esslingen war an ein anderes Unternehmen übertragen worden. Nach dessen Übertragung galt die GBV damit als Betriebsvereinbarung im verbliebenen Betrieb Düsseldorf weiter; ein Gesamtbetriebsrat konnte für diesen nicht mehr errichtet werden (vgl. zur Weitergeltung einer Gesamtbetriebsvereinbarung als Betriebsvereinbarung, wenn nach einer Übertragung von Betrieben auf einen anderen Rechtsträger beim bisherigen Rechtsträger nur noch ein Betrieb verbleibt BAG 5. Mai 2015 - 1 AZR 763/13 - Rn. 53). Der im Betrieb in Düsseldorf gebildete Betriebsrat war daher für die inhaltliche Abänderung der GBV 2000 und damit auch für ihre Ablösung zuständig.

44

3. Die durch Nr. 3 Satz 2 BV 2007 in Bezug genommene Bestimmung des Nr. 6.2 Satz 2 KBV bezieht sich - anders als von der Beklagten geltend gemacht - nicht nur auf das ursprünglich bei der T AG bestehende Versorgungssystem, sondern erfasst auch die durch die VO 1992 zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Dies ergibt die Auslegung (zu den Auslegungsgrundsätzen bei Betriebsvereinbarungen vgl. etwa BAG 18. September 2012 - 3 AZR 431/10 - Rn. 55).

45

a) Bereits der Wortlaut der Nr. 6.2 KBV lässt keinen Schluss auf die von der Beklagten angenommene Einschränkung der Bestimmung zu. Nach Nr. 6.2 Satz 2 KBV bleibt die Reduzierung der Arbeitszeit und ggf. des monatlichen Entgelts aufgrund der Altersteilzeitvereinbarung „für die betriebliche Altersversorgung“ unberücksichtigt. Damit bezieht sich die Bestimmung nach ihrer unmissverständlichen sprachlichen Fassung nicht auf ein bestimmtes Versorgungswerk. Auch Nr. 6.2 Satz 1 KBV nimmt lediglich auf die jeweils gültige Leistungsordnung zur betrieblichen Altersversorgung Bezug, ohne diese konkret zu benennen. Die Formulierung „im Rahmen der jeweils gültigen Leistungsordnung“ verdeutlicht vielmehr, dass es sich nicht lediglich um eine einzige Versorgungsordnung handelt, sondern um diejenige Versorgungsordnung, die für den sich in Altersteilzeit befindlichen Mitarbeiter des konzernanhängigen Unternehmens „jeweils“ gilt.

46

b) Dieses Verständnis belegt auch die Systematik. Ausweislich der Überschrift gilt Nr. 6.2 für die „betriebliche Altersversorgung“. Eine Bezugnahme auf ein bestimmtes Versorgungswerk findet sich hier nicht. Der Regelungsinhalt von Nr. 6.2 Satz 1 KBV spricht ebenfalls dafür, dass sich die gesamte Bestimmung nicht nur auf das Versorgungswerk der T AG bezieht. Denn die Parteien der KBV haben damit erkennbar eine Regelung gerade für den Fall getroffen, dass die für den Mitarbeiter jeweils maßgebende Versorgungsordnung einen versicherungsmathematischen Abschlag bei vorgezogener Inanspruchnahme der betrieblichen Altersrente anordnet.

47

c) Der Gesamtzusammenhang zeigt ebenfalls, dass sich die Bestimmung in Nr. 6.2 Satz 2 KBV nicht nur auf das bei der T AG bestehende Versorgungssystem, sondern auch auf die VO 1992 bezieht. Die Betriebsparteien der BV 2007 wollten mit deren Abschluss und der darin geregelten Ablösung der GBV 2000 die Regelungen der KBV auf die von der damals geplanten Schließung des Betriebs Düsseldorf betroffenen Arbeitnehmer, die mit der Beklagten eine Altersteilzeitvereinbarung vereinbaren, zur Anwendung bringen. Die betriebliche Altersversorgung der langjährig beschäftigten Mitarbeiter der Beklagten in Düsseldorf richtete sich indes nach der VO 1992. Bei diesem Personenkreis handelte es sich typischerweise um Arbeitnehmer, die angesichts ihres Alters in den Genuss eines Altersteilzeitvertrags kommen konnten und damit unter die Bestimmungen der BV 2007 und damit auch die Regelungen der KBV fallen sollten.

48

d) Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck von Nr. 6.2 KBV. Die Arbeitnehmer sollten nicht durch Nachteile, die sich aus ihrer Versorgungsordnung ergeben, davon abgehalten werden, Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Der mit der Regelung verfolgte Zweck greift unabhängig davon ein, nach welcher Versorgungsordnung sich die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung richten.

49

e) Der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gehaltene Vortrag, die Betriebsparteien hätten bei Abschluss der BV 2007 den übereinstimmenden Willen gehabt, mit der Bestimmung in Nr. 6.2 KBV lediglich auf das bei der T AG bestehende Versorgungssystem und nicht auf die - vorteilhaftere Leistungen zusagende - VO 1992 Bezug zu nehmen, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Selbst wenn die Betriebsparteien einen entsprechenden Willen gehabt haben sollten, wäre dieser unbeachtlich, da er weder in der BV 2007 noch in den Regelungen der Nr. 6.2 KBV Anklang gefunden hat. Wegen des Rechtsnormcharakters dieser Bestimmungen kann ein etwaiger anderweitiger Wille der Betriebsparteien nur berücksichtigt werden, wenn er im Text in irgendeiner Art und Weise seinen Niederschlag gefunden hat. Ist dagegen - wie hier - die Auslegung nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck bereits eindeutig, kann auf den wirklichen Willen der Betriebsparteien nicht mehr zurückgegriffen werden (vgl. zur Tarifauslegung BAG 10. Februar 2015 - 3 AZR 904/13 - Rn. 38; zum Gleichlauf der Auslegungsregeln BAG 17. September 2013 - 3 AZR 418/11 - Rn. 28).

50

4. § 13 des Altersteilzeitvertrags steht dem Anspruch des Klägers auf vollständige Berücksichtigung der Dauer seiner Freistellungsphase während der Altersteilzeit als rentenfähige Dienstzeit nicht entgegen. Es kann dahinstehen, ob die Regelung wegen eines möglichen Widerspruchs von Satz 1 und Satz 4 bereits intransparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Jedenfalls verstößt § 13 Satz 1 des Altersteilzeitvertrags, wonach die Dauer der Freistellungsphase nur zu einem Drittel zur Betriebszugehörigkeit zählt, gegen die aufgrund von Nr. 3 Satz 2 BV 2007 für den Kläger unmittelbar und zwingend geltende Bestimmung des Nr. 6.2 Satz 2 KBV (vgl. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) und ist damit unwirksam.

51

III. Der Senat war nicht gehalten, entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebrachten Begehren der Parteien den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um ihnen Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben. Die für den Ausgang des Rechtsstreits maßgeblichen Aspekte sind von den Parteien in das Verfahren eingeführt und, soweit der Kläger unterlegen ist, auch vom Landesarbeitsgericht gewürdigt worden. Auf einen weiter gehenden Vortrag der Beklagten zu dem Willen der Betriebsparteien, die Regelung des Nr. 6.2 KBV nicht auf die VO 1992 beziehen zu wollen, kam es - wie dargelegt - nicht an. Die insoweit maßgeblichen Rechtsfragen wurden in der Verhandlung vor dem Senat erörtert.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Knüttel    

        

    Xaver Aschenbrenner    

                 

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Dezember 2011 - 11 Sa 154/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.

2

Der am 21. Oktober 1966 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1992 bei der Beklagten am Standort F als Flugbegleiter beschäftigt. Bei der Beklagten sind nach § 117 Abs. 2 BetrVG aufgrund des Tarifvertrags Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV) Personalvertretungen gebildet.

3

Der Kläger war seit dem Jahre 2001 in der sog. gemischten Gruppe tätig und wurde dabei auf Langstrecken- und Kurzstreckenflügen eingesetzt. Daneben gab es noch die sog. IK-Gruppe, die nur Langstrecken- bzw. Interkontinentalflüge durchführte. Im Jahre 2009 führte die Beklagte eine neue Einsatzstruktur ein. Hierdurch wurde die IK-Gruppe aufgelöst. Alle Flugbegleiter werden nunmehr auf Interkontinental-, Lang- und Kurzstreckenflügen eingesetzt. Ziel der Änderung ist, die Einteilung der Flugbegleiter zu optimieren und die Vorteile sowie Belastungen von Einsätzen auf Interkontinental- und Kurzstrecken gerecht zu verteilen.

4

Am 8. Juni 2009 schloss die Beklagte mit der Gesamtvertretung für das fliegende Personal einen freiwilligen „Sozialplan zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur ‚we face the future’“ (SP). Darin ist bestimmt:

        

„...   

        
        

2.    

Dienst- und lebensältere Mitglieder der heutigen IK-Gruppe erhalten einen Zusatzrequest Kont. Es wird sichergestellt, dass nicht mehr als max. 5 Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen sind. Die Regelung gilt für alle Mitarbeiter, die zum Stichzeitpunkt 31.12.2009 das 43. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 15 Dienstjahre haben.

        

...“   

        
5

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans beschäftigte die Beklagte an ihrem Standort in F ca. 8.000 Flugbegleiter. Von diesen fielen rund 1.350 Flugbegleiter unter die Regelung zu Nr. 2.

6

Der Kläger hat geltend gemacht, Nr. 2 SP sei altersdiskriminierend. Auch werde er ohne sachlichen Grund gegenüber gleichaltrigen Flugbegleitern der früheren IK-Gruppe benachteiligt. Die Regelung führe ihm gegenüber dazu, dass er nunmehr häufiger Kurzstrecken fliegen müsse, was belastender sei. Die Beklagte habe deshalb bei der Einsatzplanung die Regelung in Nr. 2 SP auch zu seinen Gunsten anzuwenden.

7

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm über einen bereits gewährten Haupt- und zwei Nebenrequests hinaus monatlich einen weiteren Zusatzrequest Kont entsprechend Nr. 2 des Sozialplans zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur „we face the future“ für das fliegende Personal der D AG vom 8. Juni 2009 zu gewähren;

        

2.    

festzustellen, dass er entsprechend Nr. 2 Satz 2 des Sozialplans zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur „we face the future“ für das fliegende Personal der D AG vom 8. Juni 2009 nicht verpflichtet ist, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, die unterschiedliche Behandlung sei sachlich gerechtfertigt, weil es älteren Beschäftigten des früheren IK-Bereichs erfahrungsgemäß schwerer falle, sich kurzfristig an die häufigeren Starts und Landungen bei Kontinentalflügen zu gewöhnen und auf die damit einhergehende Änderung ihrer Arbeitsbedingungen einzustellen.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

11

I. Die Anträge des Klägers sind zulässig.

12

1. Der auf die Gewährung eines Zusatzrequest Kont gerichtete Antrag zu 1. ist nach § 259 ZPO zulässig. Hierbei handelt es sich um eine monatlich wiederkehrende Leistung. Da die Beklagte den Zusatzrequest bisher nicht gewährt hat, besteht die Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung.

13

2. Der Feststellungsantrag zu 2. ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis sein (BAG 9. November 2010 - 1 AZR 147/09 - Rn. 13). Hier geht es um die Feststellung, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen, also die Bestimmung des Umfangs der Arbeitspflicht. Hierfür besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Vorrang der Leistungs- bzw. Unterlassungsklage steht dem nicht entgegen, denn das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nicht nachkommen wird.

14

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Zusatzrequest Kont. Er kann auch nicht verlangen, nicht mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen.

15

1. Die erhobenen Ansprüche ergeben sich nicht aus Nr. 2 SP. Der Kläger fällt nicht in den persönlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift. Er war zum maßgeblichen Stichtag des 31. Dezember 2009 nicht der IK-Gruppe zugeordnet.

16

2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 68 Abs. 1 TV PV iVm. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG. Nach dieser Bestimmung haben Arbeitgeber und Personalvertreter darüber zu wachen, dass alle Angehörigen des Bordpersonals nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Hierzu gehört das aus § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG folgende Verbot der Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Der Kläger wird jedoch nicht wegen seines Alters benachteiligt. Er übersieht, dass er zum Stichtag 31. Dezember 2009 bereits das 43. Lebensjahr vollendet hatte, mehr als 15 Dienstjahre bei der Beklagten beschäftigt war und somit diese unmittelbaren und mittelbaren altersbezogenen Anforderungen der Nr. 2 SP erfüllte.

17

3. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 68 TV PV. Zwar verstößt die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung gegen das dem § 75 BetrVG nachgebildete personalvertretungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des § 68 TV PV. Daraus folgt aber kein Anspruch auf Anwendung der gleichbehandlungswidrigen Begünstigung auf den Kläger. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet, die gesetzwidrige Begünstigung für ältere Flugbegleiter der IK-Gruppe bei der künftigen Dienstplangestaltung für Flugbegleiter insgesamt unangewendet zu lassen.

18

a) Bei dem „Sozialplan zur Umsetzung der Kabinen-Einsatzstruktur ‚we face the future’“ handelt es sich nach Annahme des Landesarbeitsgerichts um einen freiwilligen Sozialplan. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen dem Ausgleich oder Milderung wirtschaftlicher Nachteile aus Anlass einer Änderung des Flugbetriebs iSd. § 94 TV PV dienen. Unabhängig davon, ob es sich um einen Sozialplan iSd. § 95 Abs. 1 Satz 2 TV PV oder um eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG nachgebildeten § 78 TV PV handelt, sind Personalvertretung und Arbeitgeberin an § 68 TV PV gebunden. Danach haben Personalvertretung und Arbeitgeberin bei Betriebsvereinbarungen wie bei Sozialplänen den personalvertretungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 68 TV PV zu beachten. Dieser auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Eine Gruppenbildung kann auch dadurch erfolgen, dass für eine Arbeitnehmergruppe eine Regelung getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179). Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 15). Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, aaO). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317).

19

b) Nach diesen Grundsätzen ist die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung sachlich nicht gerechtfertigt. Sie bewirkt jedenfalls mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen, die einer Überprüfung am Maßstab der Verhältnismäßigkeit nicht standhält.

20

aa) Nr. 2 SP verfolgt das Ziel, die Umstellungsschwierigkeiten älterer Flugbegleiter der bisherigen IK-Gruppe zu mildern, die für diese Personengruppe durch die Anwendung der neuen Einsatzstruktur auf die Dienstplangestaltung entstehen. Arbeitgeber und Personalvertreter haben damit berücksichtigt, dass bei Interkontinentalflügen die Belastung der Flugbegleiter in den durch die Zeitverschiebung bedingten sog. „Jetlags“ besteht, während die spezifische Belastung im Kont-Bereich in der Häufung von mehreren Starts und Landungen pro Tag liegt.

21

bb) Die Regelung in Nr. 2 SP ist allerdings nicht geeignet, das vorgegebene Ziel zu erreichen. Sie gewährleistet nicht, dass nur die Flugbegleiter erfasst werden, die infolge ihres langjährigen Einsatzes im Langstreckenbereich nach Einschätzung der Betriebsparteien überhaupt Umstellungsschwierigkeiten haben können. Sie ist vielmehr auch auf Mitarbeiter anwendbar, die viele Jahre in der gemischten Gruppe geflogen und erst kurze Zeit dem IK-Bereich zugeordnet sind. Für diese ist die neue Einsatzplanung aufgrund der noch nicht eingetretenen Gewöhnung an die Einsatzbedingungen im IK-Bereich nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, so dass sie sich in einer vergleichbaren Ausgangssituation befinden wie die Flugbegleiter, die zum Stichtag der gemischten Gruppe angehören, jedoch keinen Anspruch auf die Vergünstigungen in Nr. 2 SP haben. Es ist weder vorgetragen noch offenkundig, dass die Betriebsparteien im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative davon ausgehen konnten, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Flugbegleiter der IK-Gruppe langjährig ausschließlich auf Langstreckenflügen eingesetzt worden ist.

22

cc) Die in Nr. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung ist darüber hinaus auch nicht zur Erreichung des vorgegebenen Ziels erforderlich. Die Regelung führt zu einer dauerhaften Begünstigung der von ihr erfassten Flugbegleiter. Hierfür ist kein sachlicher Grund erkennbar. Die Beklagte selbst geht vielmehr davon aus, dass die Angehörigen der IK-Gruppe nur eine „längere Eingewöhnungsphase“ benötigen. Die Notwendigkeit einer dauerhaften unterschiedlichen Behandlung hat sie weder dargelegt noch ist diese offenkundig.

23

4. Rechtsfolge des Verstoßes von Nr. 2 SP gegen den Gleichheitssatz aus § 68 Abs. 1 TV PV ist die Unwirksamkeit der Sozialplanregelung. Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf die in Nr. 2 SP vereinbarten Leistungen.

24

a) Nach der Senatsrechtsprechung führt ein gegen § 75 Abs. 1 BetrVG/§ 68 TV PV verstoßender Ausschluss eines Arbeitnehmers aus dem Geltungsbereich einer begünstigenden Regelung zwar dazu, dass dieser die ihm durch die gleichheitswidrige Gruppenbildung vorenthaltene Leistung beanspruchen kann. Dies beruht indes darauf, dass der gleichheitswidrige Ausschlusstatbestand nicht angewandt wird und so die Gleichstellung mit den übrigen Arbeitnehmern erreicht wird (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 41 f., BAGE 125, 366). Hier hingegen fordert der Kläger die Anwendung der gleichheitswidrigen Norm auf die von ihr nicht erfassten Arbeitnehmer. Dies hätte zur Folge, dass alle rund 8.000 Flugbegleiter am Standort F ein Zusatzrequest Kont beanspruchen könnten und nicht verpflichtet wären, mehr als fünf Einsatztage Kont im Quartal zu fliegen. Damit wäre die Beklagte unstreitig außerstande, ihren Flugbetrieb aufrechtzuerhalten und die Arbeitsleistung des Klägers in Anspruch zu nehmen. Daher kann der Kläger nur verlangen, dass der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in anderer Weise, nämlich durch Nichtanwendung der Regelung der Nr. 2 SP beseitigt wird. Hierfür spricht zudem, dass die Anwendung der Nr. 2 SP auf alle Flugbegleiter den Regelungszweck dieser Bestimmung, Milderung vorübergehender Umstellungsschwierigkeiten, die den Angehörigen der IK-Gruppe durch die neue Einsatzstruktur entstehen, verfehlen und der Begünstigung einen gänzlich anderen Sinn geben würde.

25

b) Gleichwohl muss der Kläger eine gleichheitswidrige Behandlung nicht hinnehmen. Vor einer weiteren Anwendung der Nr. 2 SP ist er individualrechtlich geschützt. Wenn die Beklagte künftig die Dienstpläne unter Beachtung von Nr. 2 SP erstellen sollte, wären diese unwirksam. Einer hierauf beruhenden Weisung müsste der Kläger nicht nachkommen. Eine solche Anweisung wäre nicht nur unbillig iSv. § 106 GewO, § 315 BGB, sondern nichtig, weil sie auf einer unwirksamen Regelung beruht(hierzu BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24). Im Falle der Leistungsverweigerung könnte die Beklagte in Annahmeverzug geraten.

26

c) Entgegen der Auffassung der Revision steht diesem Ergebnis Unionsrecht nicht entgegen. Dieses ist im Fall des Klägers nicht betroffen, da er nicht wegen seines Alters benachteiligt wird, sondern wegen seiner fehlenden Zugehörigkeit zur IK-Gruppe.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Schäferkord    

        

    N. Schuster    

                 

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27. Februar 2009 - 10 Sa 891/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem Jahre 1980 als Senior-Accountant im Bereich Investment Accounting in H beschäftigt. Er bezog zuletzt ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 5.892,97 Euro.

3

Zum Jahreswechsel 2005/2006 übernahm der T Konzern die Gesellschaften der G Beteiligungs-GmbH und ihrer Tochtergesellschaften mit dem Ziel, diese in den T Konzern zu integrieren. Im Herbst 2006 wurden die verschiedenen Asset Management Gesellschaften gesellschaftsrechtlich zusammengeführt. In diesem Zusammenhang wurde Ende 2006 zwischen der T AG und dem bei dieser errichteten Konzernbetriebsrat ein Interessenausgleich zur Neuordnung des Bereichs Asset Management geschlossen. Dieser sah vor dem Hintergrund einer Verlagerung der Aufgaben von H nach K vor, dass den in H Beschäftigten zunächst ein Angebot zur Weiterbeschäftigung in K unterbreitet werden sollte. Für den Fall der Ablehnung erforderlich werdende Änderungskündigungen sollten nicht vor Ablauf des 30. Juni 2007 wirksam werden und die Beendigungswirkung nicht vor Ablauf des 30. September 2007 eintreten.

4

Mit Schreiben vom 21. Februar 2007 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung zum 30. September 2007 aus, mit der ihm ab dem 1. Oktober 2007 die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu im Übrigen unveränderten Bedingungen in K angeboten wurde. Der Kläger nahm das Angebot - auch nicht unter Vorbehalt - an und erhob Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 21. März 2007 kündigte er das Arbeitsverhältnis seinerseits außerordentlich zum 31. März 2007. Nachdem die Beklagte geltend gemacht hatte, es fehle ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung, schlossen die Parteien zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO, dessen Zustandekommen durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 2. April 2007 festgestellt wurde. Danach endete das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Klägers mit Ablauf des 31. März 2007.

5

Die T AG und der bei ihr gebildete Konzernbetriebsrat schlossen am 12. Juni 2007 einen Sozialplan (SP). Darin ist ua. bestimmt:

        

§ 1   

        

Gegenständlicher Geltungsbereich

        

Dieser Sozialplan gilt für alle Betriebe von Unternehmen des T Konzerns in Deutschland, soweit die in diesen Betrieben bestehenden Betriebsräte diesen Sozialplan innerhalb von sechs Wochen nach seiner Unterzeichnung durch den Konzernbetriebsrat gegenüber dem Arbeitsdirektor der T AG für ihren jeweiligen Betrieb durch Unterzeichnung einer wortlautidentischen Fassung als Sozialplan im Sinne des § 112 BetrVG nachvollziehen. In betriebsratslosen Betrieben gilt dieser Sozialplan ohne weiteres.

        

§ 2     

        

Sachlicher und rechtlicher Geltungsbereich

        

1.    

Dieser Sozialplan gilt für alle Änderungen der Betriebsorganisation und sonstige vom Arbeitgeber veranlasste, mit der Integration zusammenhängende Maßnahmen, insbesondere für betriebsbedingte Kündigungen und Versetzungen, unabhängig davon, ob der Umfang der einzelnen Maßnahme die Schwelle zu einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG überschreitet.

        

2.    

In zeitlicher Hinsicht gilt dieser Sozialplan für alle mit der Integration zusammenhängenden Maßnahmen, die bis zum Ablauf des 31.12.2010 erfolgen; dafür ist im Falle von Kündigungen auf deren Ausspruch und nicht auf den Ablauf der Kündigungsfrist abzustellen. Integrationsbedingte Maßnahmen in diesem Sinne sind auch Arbeitsplatzwechsel innerhalb des T Konzerns, die vor Abschluss dieses Sozialplans, aber nach arbeitgeberseitiger Eröffnung der jeweiligen Angebotsphase von betroffenen Arbeitnehmern vorgenommen worden sind. Gleiches gilt für Arbeitsplatzwechsel innerhalb des T Konzerns vor Abschluss dieses Sozialplans, die schriftlich oder mündlich unter Bezug auf die Bestimmungen des noch abzuschließenden Sozialplans vereinbart wurden.

        

§ 3     

        

Persönlicher Geltungsbereich

        

1.    

Dieser Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer des T Konzerns im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG mit Ausnahme leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.

        

2.    

Die zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehenen Leistungen gelten nicht für Arbeitnehmer,

                 

...     

                 

e)    

deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet wird, sofern sie nicht durch den Arbeitgeber veranlasst ist. Dies ist nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung mit Beendigungswirkung durch den Arbeitgeber mit Wirkung zu einem früheren Zeitpunkt kündigt, in dem der Arbeitgeber für den betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen seines bisherigen Arbeitsverhältnisses und am bisherigen Standort (politische Gemeinde) keinen Beschäftigungsbedarf mehr hat; …

                 

…“    

        
6

Der im Betrieb H bestehende Betriebsrat stimmte diesem Vergleich in der Folge zu.

7

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihn zum Ausspruch der Eigenkündigung veranlasst, weil in H kein Beschäftigungsbedarf mehr für ihn bestanden habe. Der gerichtliche Vergleich stehe dem nicht entgegen.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 155.112,86 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Juni 2007 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, aufgrund des gerichtlichen Vergleichs stehe fest, dass der Kläger auf eigene Veranlassung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Damit könne der Kläger nicht mehr vorbringen, durch die Beklagte zum Ausspruch seiner Eigenkündigung veranlasst worden zu sein.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Abfindung.

12

I. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat vor Inkrafttreten des Sozialplans geendet. Er unterfällt damit nicht dem in §§ 2, 3 SP geregelten Geltungsbereich des Sozialplans. Das ergibt die Auslegung des Sozialplans.

13

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen eigener Art wegen ihrer normativen Wirkungen (§ 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) wie Tarifverträge auszulegen. Ausgehend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn, kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Darüber hinaus sind Sinn und Zweck der Regelung von besonderer Bedeutung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (15. Mai 2007 - 1 AZR 370/06 - Rn. 11, ZIP 2007, 1575).

14

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen begründet der Sozialplan nur für solche Arbeitnehmer Leistungen, deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt seines Inkrafttretens noch bestanden hat.

15

a) Gem. § 3 Abs. 1 SP gilt der Sozialplan für alle Arbeitnehmer des T Konzerns. Das sind nur diejenigen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans in einem Arbeitsverhältnis zu einem Unternehmen des T Konzerns standen. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehört der Betreffende diesem Personenkreis nicht mehr an.

16

b) Das sich aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 SP ergebende Verständnis zum persönlichen Geltungsbereich des Sozialplans wird durch den Regelungszusammenhang bestätigt. So liegt der Normierung des zeitlichen Geltungsbereichs in § 2 Abs. 2 SP zugrunde, dass der Sozialplan grundsätzlich nur für betriebsänderungsbedingte Maßnahmen gilt, die nach seinem Inkrafttreten bis zum 31. Dezember 2010 erfolgen. Lediglich bei den in dieser Bestimmung aufgeführten Arbeitsplatzwechseln innerhalb des T Konzerns findet der Sozialplan auch dann Anwendung, wenn diese personellen Maßnahmen vor seinem Inkrafttreten vorgenommen wurden. Aber auch in diesen Fällen haben die Arbeitsverhältnisse fortbestanden. Trotz Änderung der Arbeitsbedingungen sind die Betroffenen Arbeitnehmer eines konzernzugehörigen Unternehmens geblieben. Schließlich spricht auch die Regelung zur Behandlung von Eigenkündigungen in § 3 Abs. 2 SP dafür, dass der persönliche Geltungsbereich des Sozialplans auf Arbeitnehmer beschränkt ist, deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt seines Inkrafttretens noch nicht beendet war. Dazu bestimmt § 3 Abs. 2 Buchst. e SP, dass der Sozialplan nicht für Arbeitnehmer gilt, deren Arbeitsverhältnis aufgrund Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet wird. Das setzt denklogisch voraus, dass zu diesem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis, wenn auch im gekündigten Zustand, bestanden hat.

17

c) Diese Auslegung steht zudem im Einklang mit Sinn und Zweck eines Sozialplans. Zweck eines Sozialplans ist es gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, die den Arbeitnehmern durch eine Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder abzumildern. Angesichts der Vielfalt ausgleichsfähiger und ausgleichsbedürftiger Nachteile steht den zuständigen Betriebsparteien ein darauf bezogener Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu. Aus diesem Grunde können sie eine typisierende Beurteilung dahin vornehmen, dass Arbeitnehmer, die während laufender Verhandlungen über Art und Ausmaß von Umstrukturierungsmaßnahmen das Arbeitsverhältnis beenden, ohne den Abschluss eines Sozialplans abzuwarten, eine Anschlussbeschäftigung gefunden haben, infolge derer ihnen keine oder sehr viel geringere ausgleichsfähige Nachteile drohen als den verbleibenden Arbeitnehmern (BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 26, BAGE 125, 366; 15. Mai 2007 - 1 AZR 370/06 - Rn. 16, ZIP 2007, 1575). Bei solchen Arbeitnehmern sind die Betriebsparteien nicht zum Nachteilsausgleich verpflichtet, sondern berechtigt, das verfügbare Sozialplanvolumen auf diejenigen Arbeitnehmer aufzuteilen, die tatsächlich infolge der konkreten Betriebsänderung gewichtige Nachteile zu erwarten haben.

18

3. Der Kläger ist aufgrund des am 2. April 2007 durch das Arbeitsgericht festgestellten Vergleichs mit Ablauf des 31. März 2007 aus dem Unternehmen der Beklagten ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt war noch kein Sozialplan abgeschlossen. Die Vereinbarung mit dem Konzernbetriebsrat ist am 12. Juni 2007 und die nach dessen § 1 SP notwendige Bestätigung durch den örtlichen Betriebsrat im Anschluss daran erfolgt. Erst seit dieser Zeit war eine normative Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Sozialplanabfindung vorhanden.

19

II. Ein Abfindungsanspruch folgt auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.

20

1. Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 15, EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 38).

21

2. Vorliegend haben die Betriebsparteien eine Gruppenbildung vorgenommen, indem sie nur solche Arbeitnehmer in den Geltungsbereich des Sozialplans aufgenommen haben, die bei seinem Zustandekommen noch Arbeitnehmer der Beklagten waren. Damit haben sie diejenigen Mitarbeiter ausgenommen, die zwar noch zu Beginn der Verhandlungen über das „Ob“ und „Wie“ der Umstrukturierungsmaßnahmen in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen, jedoch nicht mehr im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sozialplans. Diese Gruppenbildung ist sachlich gerechtfertigt.

22

a) Sie ist am Zweck des Sozialplans ausgerichtet, der keine Entschädigung für geleistete Dienste gewähren, sondern konkret absehbare oder eingetretene betriebsänderungsbedingte Nachteile ausgleichen soll. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise dürfen die Betriebsparteien davon ausgehen, dass Arbeitnehmer, die auf eigene Veranlassung ihr Arbeitsverhältnis beenden, bevor das Ausmaß einer sie treffenden Betriebsänderung genau absehbar und der Umfang der daran knüpfenden wirtschaftlichen Nachteile prognostizierbar ist, keinen oder nur einen geringeren Ausgleichsbedarf haben (BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 26, BAGE 125, 366 ).

23

b) Die Sachgerechtigkeit dieser Gruppenbildung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass § 2 Abs. 2 SP bestimmte konzerninterne Arbeitsplatzwechsel, die im Vorgriff auf eine beabsichtigte Betriebsänderung vor Abschluss des Sozialplans erfolgten, in dessen Geltungsbereich einbezieht. Die davon betroffenen Arbeitnehmer sind mit denjenigen, die vom persönlichen Geltungsbereich des Sozialplans ausgenommen sind, nicht vergleichbar. Zum einen betrifft das Arbeitnehmer, die nach wie vor in einem Arbeitsverhältnis zu einem konzernzugehörigen Unternehmen stehen. Zum anderen hatten sich bei dieser Personengruppe die betriebsänderungsbedingten Nachteile typischerweise bereits konkretisiert.

24

3. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den vom Sozialplan begünstigten Arbeitnehmern, weil er mit diesen nicht vergleichbar ist. Aufgrund des gerichtlichen Vergleichs steht verbindlich fest, dass der Kläger nicht auf betriebliche, sondern eigene Veranlassung ausgeschieden ist. Über diese Tatsache haben sich die Parteien im Wege des gegenseitigen Nachgebens (§ 779 BGB) bindend verständigt. Der Einwand des Klägers, der Vergleich enthalte keine Regelung in Bezug auf Ansprüche aus dem Sozialplan, ist nur insoweit zutreffend, als das Bestehen oder Nichtbestehen von Sozialplanansprüchen im Vergleich nicht unmittelbar angesprochen wurde. Dies ändert aber nichts daran, dass für die Prüfung von Ansprüchen nach Maßgabe des § 75 Abs. 1 BetrVG davon auszugehen ist, dass die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Inkrafttreten des Sozialplans allein auf Betreiben des Klägers erfolgte und letztlich nicht auf betrieblichen, dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnenden Gründen beruhte. Anhaltspunkte für eine Rechtsunwirksamkeit des geschlossenen Vergleichs sind nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht geltend gemacht worden.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Klebe    

        

    Rath    

                 

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)