Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 11. Sept. 2018 - 5 Sa 122/17

bei uns veröffentlicht am11.09.2018

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund –Kammern Neubrandenburg- vom 13. Juni 2017 – Aktenzeichen 11 Ca 444/16 – wird dieses abgeändert und in Ziffer 1 wie folgt neu gefasst.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46,05 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.08.2016 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 25 Prozent und die Beklagte zu 75 Prozent.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Frage, in welchem Umfang dem Kläger Überstundenzuschläge zustehen und wann diese fällig werden.

2

Der Kläger ist seit 1987 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern zuletzt als Linienführer im Druck tätig.

3

Der erste Arbeitsvertrag nach der Wiedervereinigung wurde zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der K.verlag und Druck GmbH & Co. KG, A-Stadt geschlossen.

4

In § 12 des Arbeitsvertrages heißt:

5

㤠12 Tarifbindung

6

Im übrigen werden die für den Verlag einschlägigen bestehenden oder künftigen Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer der Druckindustrie in ihrer jeweils gültigen Fassung ausdrücklich zum Inhalt dieses Vertrages gemacht.“

7

Die damalige Arbeitgeberin war seinerzeit Mitglied im Verband der Zeitungsverlage Norddeutschland e. V.

8

Ausweislich des Änderungsvertrages vom 05.12.2013, in welchem eine Regelung zur Arbeitszeit aufgenommen wurde, beträgt die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 33 Stunden pro Woche und richtet sich nach den jeweils aktuellen Schichtplänen. Alle übrigen Punkte des Arbeitsvertrages blieben unberührt (Blatt 36 der Akte).

9

Zum 15.05.2007 wechselte die K.verlags GmbH & Co. KG in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft).

10

Der Kläger seinerseits trat 2009 in die Gewerkschaft ein.

11

Mit Wirkung zum 01.04.2008 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege eines Teilbetriebsübergangs von der K.verlags GmbH & Co. KG auf die N.-Druck GmbH & Co. KG über. Die N.-Druck GmbH & Co. KG war zu keinem Zeitpunkt tarifgebunden.

12

Zum 01.10.2012 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut durch Betriebsübergang auf die nicht tarifgebundene jetzige Beklagte über.

13

Der Kläger vertritt die Auffassung, ihm stünden Überstundenzuschläge in Höhe von 30 Prozent auf jede geleistete Überstunde, welche in dem Monat auszuzahlen seien, in welchem er die Überstunde geleistet habe, selbst wenn die Überstunde dem Stundenkonto gutgeschrieben werde, zu.

14

Der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie in der Bundesrepublik Deutschland, abgeschlossen am 15. Juli 2015, mit erstmaliger Kündigungsmöglichkeit zum 31.12.2009 enthält hinsichtlich der Regelung der Arbeitszeit und Überstunden folgende Regelung:

15

㤠3 Arbeitszeit

16

I. Dauer der Arbeitszeit

17

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 35 Stunden, in den neuen Bundesländern 38 Stunden. Bei ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit ist diese im Durchschnitt zu erbringen.

18

19

II. Verteilung der Arbeitszeit

20

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist für den einzelnen Arbeitnehmer auf 5 Tage in der Regel von Montag bis Freitag zu verteilen.

21

22

7. Arbeitszeitverteilungspläne mit ungleichmäßiger Verteilung der Tages- und/oder Wochenarbeitszeit sind aus betrieblichen Gründen zulässig. Durch Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG sind Regelungen für die Planungsänderung durch kurzfristige An- und Absage von Arbeitszeit zu vereinbaren. Der Ausgleich zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit kann über Zeitkonten abgerechnet werden und ist in der Betriebsvereinbarung zu regeln. Dabei ist ein gleichbleibender Monatslohn zu zahlen, der durch Multiplikation des Stundenlohnes mit dem Faktor 152 (neue Bundesländer: 165) zu ermitteln ist. Auf den Zeitkonten können bis zu 220 Plusstunden und 70 Minusstunden angesammelt werden. Bestehende betriebliche Regelungen können fortgeführt werden.

23

§ 5 Überstunden

24

1. Überstunden sind solche Arbeitsstunden, die für den einzelnen Arbeitnehmer über die nach § 3 vereinbarte tägliche Arbeitszeit (auch bei ungleichmäßiger Verteilung) hinausgehen.

25

Bei Teilzeitbeschäftigten gelten diejenigen Arbeitsstunden als Überstunden, welche über die für den Betrieb oder die betreffende Abteilung geltende regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinausgehen [§ 3 I Ziff. 1].

26

§ 8 Zuschläge

27

1. Zuschläge für den vertraglichen Stundenlohn (Berechnungsgrundlage) sind wie folgt zu bezahlen:

28

29

e) Für Überstunden [§ 5 Ziff. 1]:

30

bei Tagschicht oder Frühschicht

        

25 %   

bei Spätschicht

        

45 %   

bei Nachtschicht

        

70 %   

31

Maßgebend für die Errechnung der Überstundenzuschläge ist die Lage der Schicht, für die der betreffende Arbeitnehmer an diesem Tag eingeteilt war. Dabei ist es unerheblich, ob diese Überstunden vor oder nach der Schicht des Tages geleistet werden.

32

Dabei gilt eine Schicht als

33
- Spätschicht, wenn sie in der zuschlagsfreien Tagesarbeitszeit [Buchstabe a) Abs. 2] beginnt und in der zuschlagspflichtigen Nachtarbeitszeit endet;
34
- Nachtschicht, wenn sie in der zuschlagspflichtigen Nachtarbeitszeit beginnt und endet. Dies gilt auch, wenn die Schicht innerhalb der zuschlagspflichtigen Nachtarbeitszeit beginnt und aufgrund angeordneter Überstunden innerhalb der ersten 3 Stunden in der nachfolgenden zuschlagsfreien Tagesarbeitszeit endet.
35

2. Treffen verschiedene Zuschläge zusammen, gilt folgende Regelung:

36

37

c) Zuschläge für Überstunden werden nicht neben Zuschlägen für Nachtarbeit bezahlt. Ist der Überstundenzuschlag jedoch höher als der Nachtarbeitszuschlag, so wird er neben dem Nachtarbeitszuschlag bezahlt, allerdings nur in der Höhe der Differenz beider Zuschläge.

38

39

d) Zuschläge für Überstunden werden nicht neben Zuschlägen für Samstags-, Sonn- oder Feiertagsarbeit bezahlt. Wird jedoch an Sonn- oder Feiertagen länger als 8 Stunden gearbeitet, ist neben dem Zuschlag für Sonn- oder Feiertagsarbeit ab der 9. Stunde der Überstundenzuschlag zu bezahlen.

40

§ 15 Ausschlussfristen

41

1. Ansprüche aus dem Manteltarifvertrag und den Lohntarifverträgen sind wie folgt geltend zu machen:

42

a) Ansprüche auf tarifliche Zuschläge und Antrittsgebühren innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen der Lohnabrechnung, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen.

43

44

3. Ist ein tariflicher Anspruch rechtzeitig geltend gemacht und lehnt der andere Teil seine Erfüllung ab, muss der Anspruch innerhalb von 12 Wochen seit der ausdrücklichen Ablehnung rechtshängig gemacht werden. Eine spätere Klageerhebung ist ausgeschlossen. “

45

Bei der Beklagten existiert eine Betriebsvereinbarung vom 26.09.2013 mit folgenden streitgegenständlichen Regelungen:

46

„§ 2 Regelungsgegenstände

47

1. Arbeitszeiten

48

Die betriebsübliche Arbeitszeit beträgt

49

- in den Bereichen Linienführer und Mitarbeiter Versand im Durchschnitt 33 h pro Woche,

50

51

Es sind im Mittel fünf (5) Tage pro Woche zu arbeiten. Individualvertraglich abweichende Regelungen zur Arbeitszeit werden im Arbeitszeitkonto berücksichtigt.

52

53

4. Schichtplan

54

4.1 Die Arbeitseinteilung erfolgt durch einen Schichtplan. Basis für diesen Schichtplan sind die Regelungen dieser Betriebsvereinbarung. Im Fall von vom Arbeitgeber nicht zu vertretenden Störungen oder auflagenstarken Druckaufträgen, deren Auflage dem Arbeitgeber am Vortrag nach 15.00 Uhr konkret mitgeteilt wird, sind Änderungen des Schichtplans gestattet. Diese bedürfen der Zustimmung des Betriebsrates.

55

4.2 Der Arbeitgeber erstellt im dritten Quartal eines Jahres in Zusammenarbeit und im Einvernehmen mit dem Betriebsrat einen Jahresplan über die gleichmäßige Schichteinteilung und –verteilung (Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht) jedes einzelnen Mitarbeiters für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 30. September des Folgejahres. Für den Fall, dass es bis zum Monatsletzten des Augusts eines Jahres zu keiner Einigung zwischen den Betriebsparteien kommt, tritt bis zum 15. September des gleichen Jahres eine Einigungsstelle zusammen, welche die fehlende Einigung ggf. durch Spruch ersetzt.

56

57

4.6 Mehrarbeit / Arbeitszeitkonto:

58

Arbeitszeit-Konto

59

Für jeden Mitarbeiter wird ein Arbeitszeitkonto geführt, auf dem jede geleistete Arbeitszeitstunde 1:1 festgehalten wird. Die Ist-Stunden werden den Soll-Stunden aus dem Schichtplan gegenübergestellt und gesondert ausgewiesen. Gehen die geleisteten Arbeitsstunden über die im Schichtplan festgelegte Arbeitszeit hinaus, werden diese als Vorholstunden ausgewiesen (Zeitguthaben). Werden die im Schichtplan festgelegten Soll-Stunden nicht erreicht, entstehen Minus-Stunden (Zeitschulden). Am Ende des Ausgleichszeitraums dürfen nicht mehr als 60 Vorholstunden bzw. 20 Minusstunden ausgewiesen werden. Jeder Mitarbeiter erhält mit der Monatsabrechnung eine Übersicht über seinen Kontostand. Dem Betriebsrat wird auf Wunsch eine Liste über den Stand der Arbeitszeitkonten aller Mitarbeiter vorgelegt.

60

Ausgleich des Arbeitszeitkontos

61

Der Ausgleichszeitraum für Zeitguthaben und Zeitschulden beträgt zwölf Monate (1. Oktober – 30. September des Folgejahres). An dessen Ende sind etwaige bestehende Zeitguthaben auszuzahlen. Auf ausdrücklichen Wunsch eines Mitarbeiters können Vorholstunden in den nächsten Ausgleichszeitraum übertragen werden und sind spätestens nach vier Monaten auszugleichen. Zeitschulden verfallen. Die Freizeitabgeltung soll bei rechtzeitiger Ankündigung in vollen Schichten erfolgen. Auf ausdrücklichen Wunsch der Mitarbeiter ist sie auch stundenweise möglich. Bei der Freizeitabgeltung wird unter Wahrung betrieblicher Notwendigkeit den persönlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter Rechnung getragen.

62

Entlohnung

63

Als gleichbleibender Monatsgrundlohn wird entsprechend dem jeweils geltenden Arbeitsvertrag der vertragliche Stundenlohn multipliziert mit den vertraglich festgelegten Monatsarbeitsstunden. Zuzüglich erhalten die Arbeitnehmer die Zuschläge für die im Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit.

64

Mehrarbeitsstunden werden am Ende des Ausgleichszeitraums auf Wunsch des Arbeitnehmers entweder ausgezahlt oder danach innerhalb von vier Monaten mit Freizeit ausgeglichen. Erfolgt der Freizeitausgleich nicht innerhalb der Vier-Monats-Frist, werden diese Stunden automatisch mit der nächsten Lohn- und Gehaltsabrechnung ausgezahlt.“

65

In dem streitgegenständlichen Zeitraum arbeitete der Kläger wie folgt:

66

Datum 

Monat 

Arbeitszeit

Zeit von –bis
Überstunden

Anzahl Mehr
/ Über
Stunden

Grund Überstunden
/
Überstundenabnahme

18.4.16

April 

08.30 – 16.15

07:30 – 08:30 &
16:15 – 17:00

1,75   

 Produktionsbedingt

22.4   

April 

20.00 – 03.30

03:30 – 06:00

2,5     

Produktionsbedingt

23.4.16

April 

        

20:00 – 00:30

        

Nachtrag Sa-
Schicht aus März

26.4.16

April 

20.30 – 02.15

12:30 – 14:30

2       

Betriebsratssitzung

27.4.16

April 

20.30 – 02.15

02:15 – 04:15

2       

Produktionsbedingt

29.4.16

April 

        

20:00 – 22:00

                 

4.5.16

Mai     

12.00 – 20.00

10:30 – 12:00

1,5     

Produktionsbedingt

19.5.16

Mai     

10.00 – 19.00

19:30 – 21:30

2       

Produktionsbedingt

24.5.16

Mai     

20.30 – 02.15

13:00 – 15:00

2       

Betriebsratssitzung

31.5.16

Mai     

08.00 – 18.45

18:45 – 20:45

2       

Produktionsbedingt

3.6.16

Juni   

        

12:30 – 14:00

        

Vom AN gewünscht

6.6.16

Juni   

20.30 – 04.00

11:00 – 12:30

1,5     

Betriebsratssitzung

21.6.16

Juni   

19.45 – 01.30

01:45 – 08:00

6,5     

Havarie an der Maschine

23.6.16

Juni   

20.30 – 06.00

12:00 – 14:00

2       

Betriebsratssitzung

25.6.16

Juni   

        

20:00 – 23:00

        

Vom AN gewünscht
Tausch Schicht mit
anderem LF

28.6.16

Juni   

08.00 – 18.45

18:45 – 19:45

1       

Produktionsbedingt

12.7.16

Juli   

freie Schicht

12:30 – 14:40

2       

Betriebsratssitzung

14.7.16

Juli   

        

18:00 – 19:00

                 

30.7.16

Juli   

06.00 – 13.00

13:00 – 14:00

1       

Reparatur bei lfd
Prod. Blitz

67

Der Arbeitsvertrag des Klägers regelt in § 3 b), dass der Lohn spätestens bis zum 10. Kalendertag des Folgemonats für den Vormonat zu zahlen ist. Die Beklagte zahlte in den Jahren 2014 und 2015 Überstundenzuschläge, jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe.

68

Der Kläger hat seine Ansprüche für den Monat April am 08.04.2016 bei der Beklagten geltend gemacht. Am 12.05.1015 wandte sich der Kläger mit Schreiben an die Beklagte (Blatt 129 der Akte) mit folgendem Wortlaut:

69

„Sehr geehrter Herr E.,

70

nach Prüfung meiner Lohnabrechnung für den Monat April 2016 musste ich leider feststellen, dass mir die tariflich zustehenden Überstundenzuschläge nicht ausgezahlt wurden.

71

Ich möchte Sie auffordern, mir innerhalb von 14 Tagen den ausstehenden Betrag auf mein Konto zu überweisen.“

72

Das Schreiben erhielt die Beklagte unter dem 13.05.2016.

73

Die Ansprüche für den Monat April machte der Kläger klagweise mit Klagschrift vom 03.08.2016, eingegangen bei dem Arbeitsgericht Stralsund –Kammern Neubrandenburg- am 4. August 2016, geltend.

74

Die Ansprüche für den Monat Mai machte der Kläger erstmals mit Schreiben vom 13.07.2016 geltend, klagweise ebenso unter dem 03.08.2016.

75

Die Ansprüche für den Monat Juni machte der Kläger ebenso unter dem 13.07.2016 geltend .

76

Ausweislich Blatt 48 der Akte beantragte der Kläger unter dem 08.09.2016 die Überprüfung der Lohnabrechnung für Juli 2016 unter Hinweis darauf, dass ihm die tariflich zustehenden Überstundenzuschläge nicht ausgezahlt worden seien und benannte konkret die drei Überstunden. Das Schreiben wurde abgezeichnet durch den Geschäftsführer:

77

„am 05.09.16 eingegangen E.“.

78

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung die Parteien zu dem Fristablauf befragt. Dazu hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass ihm die Lohnabrechnung erst am 23.08.2016 persönlich übergeben worden sei. Bei der Beklagten würden Lohnabrechnungen persönlich übergeben. Bei dem 23.08.2016 habe es sich um seinen ersten Arbeitstag nach dem Urlaub gehandelt.

79

Der Geschäftsführer der Beklagten hat nach Inaugenscheinnahme bestätigt, dass es sich bei dem Kürzel hinter „am 05.09.16 eingegangen“ um seine Unterschrift handelt.

80

Mit Klagerweiterung vom 05.10.2016, eingegangen beim Arbeitsgericht Stralsund –Kammern Neubrandenburg- am 7. Oktober 2016 machte der Kläger klagerweiternd die Ansprüche für Juli 2016 geltend.

81

Ausweislich der Lohnabrechnung für 9/2016 (Blatt 219 der Akte) zahlte die Beklagte für den Monat September Überstundenzuschläge auf 3,75 Überstunden in Höhe von 30 Prozent, so dass die Beklagte einen Bruttobetrag für die Überstunden von 18,70 Euro abrechnete und den entsprechenden Nettobetrag an den Kläger auskehrte.

82

Der Kläger meint, ihm stünden die Überstundenzuschläge in jeweils 30prozentiger Höhe zu. Der Wechsel in die OT-Mitgliedschaft bzw. die Betriebsübergänge würden hieran nichts ändern. Der Kläger meint, die Vereinbarung in § 12 des Arbeitsvertrages vom 10. Februar 1994 sei nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen, sondern habe konstitutiven Charakter. Ebenso sei die Betriebsvereinbarung unwirksam, sie verstoße gegen § 77 BetrVG. Zudem würde die Betriebsvereinbarung unter der Überschrift „Entlohnung“ regeln, dass der Arbeitnehmer die Zuschläge für die im Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit erhalte. Der Kläger habe nicht konkludent einer Veränderung seines Arbeitsvertrages zugestimmt. Auch könne der Einwand der Verwirkung nicht greifen, der Kläger habe seine Ansprüche regelmäßig innerhalb der Fristen des Tarifvertrages geltend gemacht.

83

Der Kläger hat erstinstanzlich folgende Anträge gestellt:

84

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 127,88 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

85

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14,96 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

86

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger pauschalisierten Schadenersatz nach

87

§ 288 BGB in Höhe von 40 € zu zahlen.

88

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

89

Die Beklagte meint, der MTV-Druck würde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finden. Dies folge bereits daraus, dass er normativ nicht gelten würde und auch vertraglich nicht fortgelten könne. Die N.-Druck GmbH & Co. KG sei zum Zeitpunkt des Teilbetriebsüberganges auf die N. Medienlogistik GmbH nicht tarifgebunden gewesen. Insoweit könne auf Grund des Betriebsüberganges der Tarifvertrag nicht fortgelten, da er bereits beim Veräußerer nicht gegolten habe. Vielmehr gelte die Betriebsvereinbarung, deren Entlohnungsgrundsätze die Beklagte eingehalten habe. Auch würde sich aus betrieblicher Übung kein Anspruch des Klägers ergeben. Die vertragliche Vereinbarung sei eine Gleichstellungsabrede, welche mit Wechsel in die OT-Mitgliedschaft lediglich zu einer statischen Bezugnahmeklausel führen würde. Die Betriebsvereinbarung habe das Thema Mehrarbeitsstunden abschließend geregelt und wirke für die Arbeitnehmer gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend. Der Kläger habe sich mit den Regelungen konkludent einverstanden erklärt. Das Einverständnis ergebe sich aus der widerspruchslosen Entgegennahme der Gehaltsabrechnungen und Gehälter im Zeitraum Oktober 2013 bis März 2016. Eine stillschweigende Zustimmungserklärung des Arbeitnehmers könne dann angenommen werden, wenn er nach dem Angebot einer abändernden oder gar verschlechternden Vertragsänderung durch den Arbeitgeber von der Änderung unmittelbar und sogleich betroffen werde. Des Weiteren erhebt die Beklagte die Einrede der Verwirkung und beruft sich darüber hinaus auf die Ausschlussfristen des Tarifvertrages. Die Beklagte meint weiterhin, auf Grund der Öffnungsklausel im Manteltarifvertrag habe die Betriebsvereinbarung in der vorliegenden Gestalt abgeschlossen werden können und verstoße gerade nicht gegen den Tarifvertrag. Die Beklagte meint, das Schreiben aus Mai 2016 genüge nicht für eine Geltendmachung der Überstundenzuschläge für April, insbesondere fehle es an eine Bezifferung. Des Weiteren bestünde der Anspruch des Klägers nicht in Höhe von 30 Prozent, sondern sei vielmehr gestaffelt nach Lage der Schichten zu berechnen.

90

Mit Urteil vom 13.06.2017 hat das Arbeitsgericht Stralsund wie folgt für Recht erkannt:

91

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 64,75 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit 11.08.2016 zu zahlen.

92

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12,47 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit 13.10.2016 zu zahlen.

93

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger pauschalierten Schadenersatz in Höhe von 40,00 € zu zahlen.

94

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

95

5. Der Kläger trägt ½, die Beklagten jeweils ½ der Kosten des Rechtsstreits.

96

6. Der Streitwert wird auf 143,00 € festgesetzt.

97

7. Die Berufung wird für beide Parteien zugelassen.

98

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei der vertraglichen Regelung um eine Gleichstellungsabrede handeln würde, weshalb der Tarifvertrag für die Parteien weitergelte. Die Ansprüche seien bis auf den Monat Mai rechtzeitig geltend gemacht worden, weshalb die Ausschlussfristen nicht greifen würden. Danach seien die Ansprüche auf Überstundenzulage für den Monat Mai 2016 untergegangen. Für die verbleibenden Monate ergäben sich folgende Ansprüche:

99

April 

                          

18.04 

Frühschicht

25 %   

 6,03 €

22.04 

Nachtschicht

18 %   

 6,88 €

26.04.

Frühschicht

25 %   

 8,31 €

27.04.

Nachtschicht

18 %   

 5,98 €

                          

27,20 €

100

Für den Monat Juni 2016 seien folgende Ansprüche entstanden:

101

Juni   

                          

06.06.

Frühschicht

25 %   

 5,60 €

21.06.

Nachtschicht

18 %   

18,85 €

23.06.

Frühschicht

25 %   

 8,31 €

28.06.

Spätschicht

30 %   

 4,99 €

                          

37,55 €

102

Für den Juli ergäben sich Ansprüche auf Zuschläge in der Frühschicht in Höhe von 25 %, insgesamt 12,47 €. Des Weiteren hat es ausgeführt, dass die Betriebsvereinbarung die Fälligkeit nicht abweichend regeln würde. Die Arbeitnehmer würden ausweislich der Betriebsvereinbarung die Zuschläge für die im Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit erhalten, so dass der Anspruch auf Auszahlung der Überstundenzuschläge im jeweiligen Abrechnungsmonat fällig sei.

103

Das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 19. Juni 2017 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2017 – eingegangen unter demselben Datum bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern – legte die Beklagtenseite Berufung gegen das Urteil ein. Mit Berufungsbegründungsschriftsatz vom 17. August 2017, eingegangen unter demselben Datum, wurde die Berufung begründet.

104

Die Beklagte führt unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens zur Begründung aus, dass auf Grund der Betriebsvereinbarung keinerlei Überstundenansprüche bestehen würden. Der Tarifvertrag Druck würde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht kraft individualvertraglicher Vereinbarung Anwendung finden. Zutreffend sei das Arbeitsgericht Stralsund von einer Gleichstellungsabrede ausgegangen. Das Arbeitsgericht habe jedoch den Wechsel in die OT-Mitgliedschaft verkannt. Auch habe das Arbeitsgericht den Einwand der Verwirkung verkannt. Zudem sei der Fälligkeitszeitraum der Überstundenzuschläge verkannt worden, indem § 4 Ziffer 6 der Betriebsvereinbarung missachtet worden sei, wonach der Ausgleichszeitraum für Zeitguthaben und Zeitschulden zwölf Monate betrage. Auch die Berechnung der Ausschlussfristen sei fehlerhaft erfolgt. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht verkannt, dass für den gesamten Ausgleichszeitraum bereits Überstundenzuschläge in Höhe von 18,70 Euro bezahlt worden seien.

105

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 13. Juni 2017 zum Aktenzeichen 11 Ca 444/16 abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

106

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

107

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Hinsichtlich des Erfüllungseinwandes in Höhe von 18,70 Euro führt er aus, dass nicht zwingend ein Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Forderungen gegeben sei. Es sei nicht ersichtlich, für welchen Monat konkret die Überstundenzuschläge angefallen seien.

Entscheidungsgründe

I.

108

Die zulässige Berufung ist überwiegend unbegründet.

II.

109

Der Kläger hat einen Anspruch in Höhe von 8,50 Euro brutto für den Monat April 2016 sowie für den Monat Juni 2016 in Höhe von 37,55 Euro brutto und für den Monat Juli 2016 in Höhe von 12.47 Euro brutto aus Überstundenzuschlägen.

110

Des Weiteren hat der Kläger Anspruch auf pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 40,00 Euro sowie auf Verzinsung der Ansprüche.

111

Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht.

112

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Überstundenzuschläge in der tenorierten Höhe gemäß § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag sowie den durch diesen in Bezug genommenen Manteltarifvertrag der Druckindustrie Stand 2005.

113

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Überstundenzuschlägen, welche je nach Lage der Schichten differieren. Die Ansprüche des Klägers ergeben sich aus § 8 Ziffer 1 e) des Manteltarifvertrages in Verbindung mit § 5 Ziffer 1 des Tarifvertrages.

1.

114

Der Manteltarifvertrag der Druckindustrie Stand 2005 findet statisch auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

115

In § 12 des Arbeitsvertrages haben die Parteien die Geltung der für den Verlag einschlägigen bestehenden oder künftigen Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer der Druckindustrie in der jeweils gültigen Fassung ausdrücklich zum Inhalt dieses Vertrages gemacht.

a)

116

Bei der arbeitsvertraglichen Vereinbarung bzgl. der Geltung der Tarifverträge der Druckindustrie handelt es sich um eine sogenannte Gleichstellungsabrede, da der damalige Arbeitgeber tarifgebunden war. Die Auslegung einer ohne nähere Ausgestaltung vereinbarten Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede kommt in Betracht, wenn allein eine möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge deren - dynamische - Geltung im Arbeitsverhältnis verhindern könnte und das den Vertragsparteien unterstellte Ziel ist, eine einer solchen Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers entsprechende einzelvertragliche Rechtslage herbeizuführen. Das bedeutete für die vereinbarte Dynamik der Tarifgeltung, dass diese unter der auflösenden Bedingung der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers stand, weil dieser bei Wegfall seiner Tarifgebundenheit tarifrechtlich gegenüber tarifgebundenen Arbeitnehmern nicht mehr zur Anwendung neu abgeschlossener Tarifverträge verpflichtet war. (BAG Urteil vom 21.10.2009 – Aktenzeichen 4 AZR 396/08 – Rz. 21). Dabei ist eine Gleichstellungsabrede eine typisierte vertragliche Abrede, in welcher die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis sich nach einem im Arbeitsvertrag bezeichneten Tarifvertrag richten soll, so lange der Arbeitgeber selbst normativ an diesen Tarifvertrag gebunden ist, unabhängig davon, ob auch der Arbeitnehmer selbst normativ an diesen Tarifvertrag gebunden ist. Voraussetzung für die Auslegung einer dynamischen Verweisungsklausel auf einen Tarifvertrag als Gleichstellungsabrede ist demnach, dass diese einschlägig war und nur allein deshalb möglicherweise nicht galt, weil der Arbeitnehmer, und nur dieser, nicht tarifgebunden war (vgl. BAG a. a. O., Rz. 22 ff.).

117

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages war der damalige Arbeitgeber des Klägers tarifgebunden, der Kläger hingegen nicht.

118

Insoweit ist die Formulierung in § 12 des Arbeitsvertrages als sogenannte Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu werten.

b)

119

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Wechsel der Arbeitgeberseite in die OT-Mitgliedschaft 2007 hingegen nicht dazu, dass die Anwendbarkeit des Tarifvertrages entfallen ist. Vielmehr führt eine Gleichstellungsabrede bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die In Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt des Austritts anzuwenden sind (vgl. BAG Urteil vom 18.11.2009 – Aktenzeichen 4 AZR 518/08 – NZA 2010, Seite 170, 172).

120

Aus Gründen des Vertrauensschutzes wird diese Auslegungsregel weiterhin auf Bezugnahmeklauseln angewendet, die vor dem 01.01.2002 vereinbart worden sind (vgl. nur BAG Urteil vom 14.12.2005 – Aktenzeichen 4 AZR 536/04 – sowie BAG Urteil vom 18.04.2007 – Aktenzeichen 4 AZR 652/05 -).

c)

121

Entgegen der Auffassung der Beklagten ändert auch der Betriebsübergang auf die Beklagte an der statischen Fortgeltung des Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nichts.

122

Der sich von Gesetzes wegen nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten. Er umfasst mithin auch Verweisungsklauseln auf einen Tarifvertrag. Nach Satz 1 der Vorschrift tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung unverändert ein (BAG Urteil vom 21.10.2009 – Aktenzeichen 4 AZR 396/08 – Rz. 16).

123

Da der Erwerber in alle arbeitsvertraglichen Ansprüche gegenüber dem übernommenen Arbeitnehmer eintritt (vgl. Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 18. Auflage, § 613 a BGB, Rn. 79), trat somit die Beklagte auch in die Ansprüche des Klägers gegenüber dem ursprünglichen Arbeitgeber aus der statischen Fortgeltung des Tarifvertrages ein.

2.

124

Die Berechnung und Feststellung der Überstunden erfolgt nach folgenden Grundsätzen:

125

Gemäß § 5 des Manteltarifvertrages sind Überstunden solche Arbeitsstunden, die für den einzelnen Arbeitnehmer über die nach § 3 vereinbarte tägliche Arbeitszeit hinausgehen. Bei Teilzeitbeschäftigten gelten diejenigen Arbeitsstunden als Überstunden, welche über die für den Betrieb oder die betreffende Abteilung geltende regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinausgehen (§ 3 I Ziffer 1).

126

Auf den Kläger finden die Vorschriften über die Teilzeit Anwendung. Gemäß § 3 des Manteltarifvertrages beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit in den neuen Bundesländern 38 Stunden. Ausweislich des Arbeitsvertrages des Klägers arbeitet der Kläger lediglich 33 Stunden wöchentlich. Danach ist er Teilzeitarbeitnehmer im Sinne des Tarifvertrages. Dementsprechend ist für den Kläger auf die für den Betrieb oder die betreffende Abteilung geltende regelmäßige tägliche Arbeitszeit abzustellen.

127

Bei der Beklagten schwanken die täglichen Arbeitszeiten zwischen drei Stunden und zehn Stunden. Die Schichteinteilung erfolgt jedoch auf Grund mitbestimmter Schichtplanung, welche ein Jahr im Voraus auf Grund der Betriebsvereinbarung erfolgt. Auf Grund der in der Betriebsvereinbarung eröffneten Möglichkeit der flexiblen Arbeitszeitgestaltung unter Verwendung des Arbeitszeitkontos variiert die Schichteinteilung und ermöglicht lediglich im Durchschnitt eine wöchentliche Arbeitszeit von 33 Stunden. Da es an einer betriebsüblichen täglichen Arbeitszeit fehlt, hingegen jedoch für jeden einzelnen Arbeitnehmer eine ein Jahr gültige Schichtplanung durch die Beklagte in Abstimmung mit dem Betriebsrat vorgenommen wird, ist in diesem konkreten Fall als betrieblich übliche tägliche Arbeitszeit die für den jeweiligen Tag vorgenommene Schichtplanung als übliche Arbeitszeit zu Grunde zu legen und sämtliche Stunden, die vor ursprünglichem Schichtbeginn bzw. nach Schichtende erbracht werden als Überstunden im Sinne des Tarifvertrages anzusehen. Sämtliche von dem Kläger geltend gemachte Stunden sind jeweils vor oder nach ursprünglicher Schichteinplanung erbracht worden. Diese waren auch betriebsnotwendig.

128

Gemäß § 8 ist maßgeblich für die Berechnung der Überstundenzuschläge die Lage der Schicht, für die der betreffende Arbeitnehmer an diesem Tag eingeteilt war. Dabei ist es unerheblich, ob diese Überstunden vor oder nach der Schicht des Tages geleistet werden. Auf die geleisteten Stunden, welche sich an die Frühschicht anschlossen ist daher ein Zuschlag von 25 Prozent zu zahlen und für die Stunden der Nachtschicht in Höhe von 18 Prozent, da die Zuschläge für Überstunden nicht neben der Nachtarbeit bezahlt werden und bei einem höheren Überstundenzuschlag lediglich die Differenz zum Nachtarbeitszuschlag gezahlt wird. Da ausweislich § 8 1. a) für die Stunden von 24:00 Uhr bis zum Ende der Nachtarbeitszeit je Stunde 52 Prozent gezahlt werden, beträgt die Differenz für den Überstundenzuschlag bei Nachtarbeit lediglich 18 Prozent.

3.

129

Die Betriebsvereinbarung über die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos lässt die Ansprüche auf Mehrarbeitszuschläge nicht entfallen.

a)

130

Bei den Ansprüchen des Klägers handelt es sich um tarifvertragliche Ansprüche. Gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Definition von Mehrarbeit und Überstunden sowie deren Zulagen werden üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt. Insoweit kann eine Betriebsvereinbarung nicht deren Entfallen regeln. Etwas anderes folgt vorliegend auch nicht aus § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG, wonach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht gilt, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarung ausdrücklich zulässt. Eine solche Öffnung ist in dem Tarifvertrag nicht enthalten. Zwar regelt § 3 II. „Verteilung der Arbeitszeit“ unter Ziffer 7, dass Arbeitszeitverteilungspläne mit unregelmäßiger Verteilung der Tages- und/oder Wochenarbeitszeit aus betrieblichen Gründen zulässig sind und durch Betriebsvereinbarungen Regelungen für die Planungsänderung durch kurzfristige An- und Absage von Arbeitszeit vereinbart werden können. Hierin ist jedoch gerade keine Öffnung im Hinblick auf zuschlagspflichtige Überstunden zu sehen. Des Weiteren enthält die Betriebsvereinbarung selbst die Regelung, dass die Arbeitnehmer die Zuschläge für die im Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit erhalten (§ 4.6 Mehrarbeit / Arbeitszeitkonto, Unterpunkt Entlohnung, erster Absatz). Insoweit beinhaltet die Betriebsvereinbarung selbst eine Regelung zu Zuschlägen, welche nicht dazu führt, dass solche entfallen. Im Übrigen wäre eine solche Regelung im Hinblick auf § 77 Abs. 3 BetrVG zudem unwirksam.

b)

131

Dass die von dem Kläger über die ursprüngliche Schichteinteilung hinaus geleisteten Stunden dem Arbeitszeitkonto gut geschrieben werden, führt zudem nicht zum Entfall der Zuschlagspflichtigkeit dieser Stunden. Auch bei Einführung einer flexiblen Arbeitszeit kann tarifliche Mehrarbeit entstehen. Diese entsteht auch dann, wenn die im Rahmen der flexiblen Arbeitszeit für den jeweiligen Arbeitstag per Betriebsvereinbarung festgelegte Arbeitszeit auf Grund einer Anordnung überschritten wird. Die dabei entstehende Mehrarbeit ist eine eigene arbeitszeitrechtliche Kategorie und fließt auch nicht in den Stundensaldo der flexiblen Arbeitszeit ein. Auf sie sind im Unterschied zu einem Plusstundensaldo grundsätzlich Mehrarbeitszuschläge zu leisten, auch dann, wenn die Mehrarbeitsstunden durch eine entsprechende bezahlte Zeitfreistellung ausgeglichen werden (vgl. BAG Urteil vom 25.10.2000 – Aktenzeichen 4 AZR 596/99 -).

132

Die Einstellung einer Mehrarbeitsstunde in ein Arbeitszeitkonto begründet gegebenenfalls einen Anspruch des Arbeitnehmers auf entsprechende Freistellung bzw. Bezahlung dieser Arbeitsstunde als reine Arbeitsstunde. Die bloße Einstellung in ein Arbeitszeitkonto führt jedoch nicht dazu, dass zugleich der Mehrarbeitszuschlag abgegolten würde. Vielmehr ist dieser bei Anfall von Mehrarbeit trotz Einstellung der reinen Zeitstunde in das Arbeitszeitkonto zusätzlich zu zahlen.

4.

133

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch keine stillschweigende Änderung des Arbeitsvertrages vor. Soweit die Beklagte hierfür die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts – Urteil vom 1. August 2001, Aktenzeichen 4 AZR 129/00, Rz. 44 – zitiert, ist die nicht einschlägig. Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass die widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer nach einem Änderungsangebot des Arbeitgebers gemäß §§ 133, 157 BGB dann als Annahme der Vertragsänderung angesehen werden könne, wenn diese sich unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis auswirke; nicht hingegen, so lange deren Folgen nicht hervorträten, da nur bei einer unmittelbar eintretenden Änderung im Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer Veranlassung habe dieser sofort zu widersprechen. Der Arbeitnehmer könne und müsse in einem solchen Fall erkennen, dass seine widerspruchslose Weiterarbeit als Einverständnis mit der angebotenen Vertragsänderung verstanden werde. In dem dort zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt wurde ein neuer Manteltarifvertrag abgeschlossen, auf dessen Regelung und Geltung der Kläger mit einem expliziten Schreiben hingewiesen wurde. Auf diese Schreiben hin reagierte der dortige Kläger nicht und arbeitete widerspruchslos weiter. Das Bundesarbeitsgericht hat insoweit angenommen, dass die Parteien einvernehmlich die Regelungen des Arbeitsverhältnisses neu getroffen hätten, indem der Kläger widerspruchslos weitergearbeitet habe und das Schreiben des Arbeitgebers als Änderungsangebot gewertet.

134

Vorliegend hat jedoch die Beklagte dem Kläger gerade kein Änderungsangebot im Sinne der §§ 133, 157 BGB unterbreitet. Vielmehr hat die Beklagtenseite mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Einführung eines Arbeitszeitkontos geschlossen. Gegen die Anwendung des Arbeitszeitkontos hat sich der Kläger nie gewehrt und sich diesen Regelungen unterworfen. Jedoch ist in dem Abschluss der Betriebsvereinbarung wie bereits ausgeführt gerade nicht zu erkennen, dass daraufhin tarifliche Regelungen zu Mehrarbeitszuschlägen entfallen sollen. Insoweit fehlt es bereits an einem einschlägigen Änderungsangebot, welches der Kläger hätte stillschweigend annehmen können.

5.

135

Unter Anwendung des Tarifvertrages ergeben sich für den Kläger folgende Ansprüche für den Monat April: Der Kläger hat für den Monat April 3,75 Überstunden im Sinne des Tarifvertrages in der Frühschicht und 4,5 Überstunden in der Nachtschicht geleistet. Die Ansprüche auf Mehrarbeitszuschlag für den Monat April sind auch nicht gemäß § 15 Ziffer 1 des Manteltarifvertrages verfallen. Hiernach müssen Ansprüche auf tarifliche Zuschläge innerhalb von zwei Wochen nach vorliegender Lohnabrechnung geltend gemacht werden. Die Ansprüche für den Monat April lagen dem Kläger mit Lohnabrechnung vom 10. Mai 2016 vor. Mit Schreiben vom 12. Mai 2016 hat der Kläger diese Ansprüche geltend gemacht. Dieses Schreiben ist der Beklagten unter dem 13.05.2016 ausweislich der Abzeichnung durch den Geschäftsführer zugegangen. Das Schreiben vom 12.05.2016, mit welchem der Kläger erklärt, dass ihm die tariflich zustehenden Überstundenzuschläge nicht ausgezahlt wurden, genügt einer Geltendmachung. Die Geltendmachung eines Anspruchs zur Wahrung einer Ausschlussfrist verlangt, dass die in Anspruch genommene Vertragspartei erkennen kann, welcher konkrete Anspruch ihr gegenüber erhoben wird. Dieser ist dem Grunde nach hinreichend deutlich zu bezeichnen. Eine Bezifferung der Forderung ist entbehrlich, wenn sie dem Schuldner der Höhe nach bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar davon ausgeht (BAG Urteil vom 25.04.2018 – Aktenzeichen 5 AZR 245/17 -).

136

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze konnte der Kläger davon ausgehen, dass der Beklagten die tariflichen Regelungen zu Überstunden bekannt sind. Da die Höhe der Überstunden zwischen den Parteien nie im Streit war, bedurfter es auch keiner Angabe der geleisteten Überstunden. Insoweit war weder eine Bezifferung der Überstunden als solche noch der sich aus dem Tarifvertrag ergebenden Überstundenzuschläge notwendig.

137

Der Kläger hat die Ansprüche aus dem Monat April mit Klagschrift vom 03.08.2016 - eingegangen am 04.08.2016 – geltend gemacht. Insoweit hat er auch § 15 Ziffer 3 gewahrt, wonach ein tariflicher Anspruch, den der andere Teil abgelehnt hat, innerhalb von zwölf Wochen seit der ausdrücklichen Ablehnung rechtshängig gemacht werden muss, gewahrt. Vorliegend kann dahinstehen, ob die Frist überhaupt zu laufen begonnen hat, da die Beklagtenseite diese Ansprüche nicht explizit abgelehnt hat. Jedenfalls hat der Kläger die Zwölf-Wochen-Frist gewahrt.

138

Die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche waren jedoch um 18,70 Euro für den Monat April zu reduzieren. Die Beklagtenseite hat insoweit die Ansprüche erfüllt.

139

Gemäß § 362 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Die Beklagtenseite hat mit der Saldierung des Arbeitszeitkontos im September 2016 Überstundenzuschläge in Höhe von 18,70 Euro gezahlt. Die Beklagtenseite ist insofern unzutreffend davon ausgegangen, dass Überstundenzuschläge lediglich auf ein Plusguthaben des Arbeitszeitkontos zu zahlen sind. Sofern der Kläger meint, eine Anrechnung auf konkrete Monatsüberstundenzuschläge könne nicht erfolgen, da nicht erkennbar sei, auf welche Monate gezahlt werden könne, kann dem insoweit nicht gefolgt werden.

140

Gemäß § 366 Abs. 1 BGB wird diejenige Schuld getilgt, wenn der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zur gleichartigen Leistung verpflichtet ist und das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden ausreicht, welche er bei der Leistung bestimmt.

141

Gemäß § 366 Abs. 2 BGB wird, sofern der Schuldner keine Bestimmung trifft, die zunächst fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleichsicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleichlästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.

142

Vorliegend macht der Kläger Ansprüche für April, Mai und Juni geltend. Insoweit handelt es sich bei den Ansprüchen aus April um die älteste Schuld. Eine Tilgungsbestimmung liegt seitens der Beklagten insoweit nicht vor, als sie sämtliche Mehrarbeitsstunden als abgegolten betrachtet. Dies hat selbst der Kläger vorgetragen, indem er meint, dass nicht zu erkennen ist, auf welche der möglichen Schulden die Beklagte zahlen wollte. Insoweit liegt gerade keine Tilgungsbestimmung vor und § 366 Abs. 2 BGB kommt mit der Folge zur Anwendung, dass die älteste Schuld getilgt wird.

7.

143

Für den Monat Juni hat der Kläger Anspruch auf Zahlung von 37,55 Euro Überstundenzuschläge. Der Kläger hat 3,5 Überstunden in Frühschicht geleistet und 6,5 Stunden in Nachtschicht, welche wiederum mit 18 Prozent Überstundenzuschlag zu vergüten waren sowie am 28.06. eine Stunde in der Spätschicht, welche mit 30 Prozent berücksichtigt werden musste. Diese Überstunden hat er mit Schreiben vom 13.07.2016 geltend gemacht. Die Lohnabrechnung für Juni 2016 lag dem Kläger am 10.07.2016 vor. Insoweit hat er die Zwei-Wochen-Frist des § 15 Manteltarifvertrages gewahrt. Darüber hinaus hat der Kläger Anspruch auf Zahlung für Zuschläge in der Frühschicht in Höhe von 12,47 Euro (25 Prozent) für drei Arbeitsstunden, welche am 12.07. sowie am 30.07. angefallen sind. Der Kläger hat auch hier die Ausschlussfrist des § 15 Manteltarifvertrages gewahrt.

144

Für den Monat Juli hat der Kläger Anspruch auf Bezahlung von zwei Überstunden in der Frühschicht in Höhe von 25% in Höhe von 12,47 €. Dem Kläger wurde die Lohnabrechnung für den Monat Juli auf Grund Urlaubs am 23.08.2016 übergeben. Damit lief die Frist von zwei Wochen am 06.09.2016 ab. Der Kläger hat die Ansprüche bereits am 05.09.2016 gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

8.

145

Die Ansprüche des Klägers sind nicht auf Grund Verwirkung untergegangen. Nach § 242 BGB verstößt die Geltendmachung eines Rechts im Rahmen einer Gesamtschau dann gegen Treu und Glauben, wenn der Gläubiger längere Zeit zugewartet hat, obwohl er in der Lage war, das Recht geltend zu machen, der Schuldner nach dem Verhalten des Gläubigers davon ausgehen konnte, Ansprüche würden nicht mehr gestellt werden, er sich darauf eingestellt hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, und daraufhin eigene Disposition getroffen hat bzw. es ihm auf Grund besonderer Umstände nicht zuzumuten ist, sich auf die nunmehr geltend gemachten Ansprüche einzulassen. Zwischen den ein Vertrauen begründenden Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umständen sind, und das umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen sind, je länger der abgelaufene Zeitraum ist. Allerdings gilt die Einschränkung, dass wer keine Kenntnis von einem möglichen Anspruch eines Dritten hat, auf das Ausbleiben einer entsprechenden Forderung allenfalls allgemeine, nicht aber konkret hinsichtlich eines bestimmten Anspruchs vertrauen kann. Den Schutz vor unbekannten Forderungen hat das Verjährungsrecht zu gewährleisten, nicht aber der Grundsatz von Treu und Glauben (Landesarbeitsgericht Hamm, 20.05.2015 – Aktenzeichen 17 Sa 1746/14).

146

Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 Abs. 1, Abs. 4 BGB begründet.

III.

147

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

IV.

148

Gründe, die Revision zuzulassen sind, nicht gegeben.

149

Die Entscheidung erfolgt unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 366 Anrechnung der Leistung auf mehrere Forderungen


(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung be

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Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. März 2017 - 14 Sa 877/16 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung d

Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 20. Mai 2015 - 17 Sa 1746/14

bei uns veröffentlicht am 20.05.2015

Tenor Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.11.2014 – 4 Ca 1050/14 – unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie fol

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(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. März 2017 - 14 Sa 877/16 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. August 2016 - 4 Ca 161/16 - hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 69,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2016 abgeändert und die Klage abgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird auf die Revision der Klägerin das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. März 2017 - 14 Sa 877/16 - aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. August 2016 - 4 Ca 161/16 - mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Urteils des Arbeitsgerichts zur Klarstellung wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin erforderliche Zeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung bestehend aus Poloshirt und Sicherheitsschuhen im Betrieb der Beklagten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt und von der Beklagten zu vergüten ist.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung für Umkleidezeiten.

2

Die Klägerin ist seit 1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen, zuletzt als Mitarbeiterin in der stationären Dienstleistung im Betrieb in D beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das bundesweit im Bereich Geld- und Werttransporte sowie Geldbearbeitung tätig ist. Der schriftliche Arbeitsvertrag der Klägerin vom 18. April 1994 bestimmt ua.:

        

§ 1   

Beginn des Arbeitsverhältnisses

        

(1)     

…       

        

(2)     

Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen und der Gewerkschaft ÖTV abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

        

…       

        
        

§ 4     

Entgelt

                 

Es werden … die … vereinbarten Arbeitsstunden vergütet.

                 

Der Brutto-Stundenlohn beträgt …“

3

Der Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 1. Dezember 2006 (iF MRTV) enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 4   

Allgemeine Bestimmungen

        

1.    

Der Dienst beginnt mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Übergabe der Arbeitsmittel und endet mit der Beendigung der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Rückgabe der Arbeitsmittel. …

        

…       

        
        

§ 6     

Arbeitszeit

        

1.1.   

Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden nicht überschreiten. …

        

…       

        
        

§ 10   

Ausrüstung und Bekleidung

        

1.    

Die für den Dienst erforderliche Ausrüstung und die erforderliche Dienstkleidung sind dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber in ordnungsgemäßem Zustand unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, diese Sachen im Dienst zu gebrauchen. Zum Gebrauch außer Dienst ist er ohne ausdrückliche Genehmigung der Betriebsleitung nicht befugt.

        

…       

        
        

§ 12   

Ausschlussfristen

        

1.    

Sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen beiderseits drei Monate nach Fälligkeit, von oder gegen ausgeschiedene Arbeitnehmer jedoch nicht später als einen Monat nach Fälligkeit der Ansprüche für den Kalendermonat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, sofern sie nicht vorher unter Angabe der Gründe schriftlich geltend gemacht worden sind.

        

2.    

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

        
4

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 hat die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste e.V. mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 11. November 2013 eine Rahmenvereinbarung für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland (iF RVB) vereinbart, die ua. bestimmt:

        

§ 2   

Besitzstandsfortschreibung und Arbeitsortprinzip

        

…       

        
        

1.    

Die Tarifparteien vereinbaren für die Laufzeit dieser Tarifvereinbarung, dass zunächst alle bis 31. Dezember 2013 für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen gültigen oder nachwirkenden regionalen Tarifverträge und der Mantelrahmentarifvertrag vom 1. Dezember 2006 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen ab 1. Januar 2014 weitergelten, sofern nachfolgend nichts anderes vereinbart ist.

                 

…       

        

3.    

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung für die mobile Dienstleistung im Tarifsinne für inländische Unternehmen der Ort ist, an dem die Arbeit aufgenommen und beendet wird.

                 

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass für die stationäre Dienstleistung in der Geldbearbeitung Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ort ist, an dem die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum aufgenommen und beendet wird.

        

…       

        
        

§ 12   

Ausschlussfristen

                 

…       

                 

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis entfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

                 

Lehnt die Gegenpartei die Ansprüche schriftlich ab, sind die Ansprüche innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist von drei Monaten ab Zugang der schriftlichen Ablehnung gerichtlich geltend zu machen.

        

§ 13   

Sonderregelung Berlin und Brandenburg

                 

…       

                 

Für die Bundesländer Berlin und Brandenburg werden die Tarifvertragsparteien manteltarifliche Regelungen vereinbaren.

                 

…“    

5

Die manteltariflichen Sonderregelungen Berlin und Brandenburg gem. § 13 RVB vom 11. November 2013 für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland (iF Sonderregelungen Berlin-Brandenburg) enthalten folgende Bestimmung:

        

6. Dienstbeginn und -ende

        

Der vergütungspflichtige Dienst beginnt mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Übergabe der Arbeitsmittel (Ausrüstungsgegenstände) und endet mit der Beendigung der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Rückgabe der Arbeitsmittel.“

6

Die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste e.V. hat mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 11. November 2013 auch einen Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland (iF BLTV 2013) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 und mit Wirkung ab 1. Januar 2017 den Bundeslohntarifvertrag vom 1. Februar 2017 (iF BLTV 2017) vereinbart. In § 2 BLTV 2013 und BLTV 2017 werden die Stundenlöhne für mobile und stationäre Dienstleistung in Abhängigkeit vom jeweiligen Bundesland und bestimmten Stichtagen festgesetzt. In BLTV 2013 und BLTV 2017 wird gleichlautend ua. bestimmt:

        

§ 5   

Arbeitsortprinzip

        

1.    

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung für die mobile Dienstleistung im Tarifsinne für inländische Unternehmen der Ort ist, an dem die Arbeit aufgenommen und beendet wird.

        

2.    

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass für die stationäre Dienstleistung in der Geldbearbeitung Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ort ist, an dem die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum aufgenommen und beendet wird.“

7

Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di, die Beklagte ist Mitglied der Arbeitgebervereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste. Die Beklagte vergütet die Arbeit in der stationären Dienstleistung vom Beginn der dienstplanmäßigen Tätigkeit bis zur Betätigung der Stempeluhr nach Arbeitsende mit 15,29 Euro brutto/Stunde. Neben der Stempeluhr am Haupteingang befinden sich weitere Stempeluhren vor den Abteilungen. Die Arbeitnehmer sind angewiesen, unmittelbar nach Tätigkeitsende die Stempeluhr vor der jeweiligen Abteilung zu bedienen.

8

Die Klägerin ist im Geldbearbeitungszentrum in der obersten Etage tätig. Wenn sie sich im Betrieb umzieht, sucht sie die Umkleideräume im Untergeschoss auf und legt dort ihre Dienstkleidung an. Diese besteht aus Sicherheitsschuhen und einem schwarzen Poloshirt, auf dem sich auf Vorder- und Rückseite in gelber Schrift das Firmenlogo befindet. Danach betätigt die Klägerin die Stempeluhr vor ihrer Abteilung, verrichtet ihre Tätigkeit, betätigt unmittelbar nach deren Beendigung erneut die Stempeluhr vor der Abteilung und begibt sich wieder in die Umkleideräume. Manche Arbeitnehmer erscheinen bereits in Dienstkleidung zur Arbeit und legen damit auch den Weg nach Hause zurück.

9

Mit Schreiben vom 2. November 2015 hat die Klägerin Vergütung für Umkleidezeiten vom 7. September bis 23. Oktober 2015 verlangt. Mit ihrer der Beklagten am 14. Januar 2016 zugestellten Klage hat sie die Feststellung der Vergütungspflicht für Umkleidezeiten im Betrieb und die Zahlung der sich ergebenden Bruttovergütung für die Zeit von 7. September bis 30. November 2015 gefordert.

10

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, Umkleidezeiten seien Teil der von der Beklagten zu vergütenden Arbeitszeit. Die Vergütungspflicht sei nicht durch Tarifvertrag ausgeschlossen. Sie hat behauptet, sie kleide sich jeweils vor ihrer Tätigkeit im Betrieb um. Bei einem tariflichen Stundenlohn von 15,29 Euro brutto im Jahr 2015 schulde die Beklagte Vergütung für Umkleidezeiten von 275 Minuten, insgesamt 69,00 Euro brutto.

11

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Zeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung im Betrieb der Beklagten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt und von der Beklagten zu vergüten ist,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 69,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die zur Verfügung gestellte Dienstkleidung sei nicht besonders auffällig, weshalb die Umkleidezeit keine zu vergütende Arbeitszeit sei. Jedenfalls seien die von der Klägerin erfassten Umkleidezeiten überhöht.

13

Das Arbeitsgericht hat - soweit in der Revision von Bedeutung - der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungs- und Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), denn die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung für Umkleidezeiten im Betrieb der Beklagten. Der Feststellungsantrag ist begründet. Das kann der Senat nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden, weil das Landesarbeitsgericht die hierfür erforderlichen Feststellungen getroffen hat. Hinsichtlich des Zahlungsbegehrens ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil es an Feststellungen zum Umfang der Umkleidezeiten der Klägerin fehlt.

15

I. Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht für Umkleidezeiten ist - in der gebotenen Auslegung - als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig und begründet.

16

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig, bedarf allerdings der Auslegung. Er ist dahin zu verstehen, dass mit ihm die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten im Betrieb der Beklagten unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin festgestellt werden soll.

17

a) Für die Auslegung von Klageanträgen gelten die für Willenserklärungen maßgeblichen Auslegungsregeln, §§ 133, 157 BGB. Die Gerichte sind gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Im Zweifel ist gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 26, BAGE 154, 337). Danach war der Feststellungantrag bereits mit Klageerhebung nur auf Umkleidezeiten im Betrieb sowie auf Zeiten des An- und Ablegens des von der Beklagten zur Verfügung gestellten Poloshirts nebst Sicherheitsschuhen gerichtet. Darüber hinaus ergibt die Auslegung des Antrags unter Berücksichtigung des Inhalts der Klageschrift, dass lediglich die unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin erforderlichen Umkleidezeiten vom Feststellungsantrag erfasst sein sollen. In dieser Auslegung ist er zulässig und hinreichend bestimmt.

18

b) Der so verstandene Antrag ist in Form der Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

19

Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann die Klägerin zugleich mit der Hauptklage - hier der Zahlungsklage auf Vergütung für Umkleidezeiten - auf Feststellung eines die Entscheidung bedingenden, dh. vorgreiflichen Rechtsverhältnisses klagen. Damit wird ein Element aus der Gesamtentscheidung verselbständigt und mit eigener Rechtskraft versehen, weil hierdurch Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für mögliche Folgestreitigkeiten hergestellt wird. Eine Zwischenfeststellungsklage bedingt daher, dass die Frage nach dem Bestehen des Rechtsverhältnisses notwendig auch bei der Entscheidung über den Hauptantrag beantwortet werden muss, aber darüber hinaus auch für andere denkbare Folgestreitigkeiten Bedeutung haben kann (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 25, BAGE 138, 287). Diese Vorgreiflichkeit ist hier gegeben. Die Feststellung der Vergütungspflicht für Umkleidezeiten ist eine Vorfrage, die jedenfalls bei der Entscheidung über den Leistungsantrag beantwortet werden muss. Zugleich reicht sie über das dort erfasste Rechtsschutzziel der Klägerin hinaus. Denn der in der Leistungsklage geltend gemachte Anspruch ist auf die Zeit vom 7. September bis zum 30. November 2015 begrenzt.

20

2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten folgt aus § 611 Abs. 1 BGB. Sie ist nicht durch Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen.

21

a) Bei den von der Klägerin benötigten Umkleidezeiten zum An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611 Abs. 1 BGB.

22

aa) Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an. Zu den „versprochenen Diensten“ iSd. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient(BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 12 mwN).

23

bb) Um vergütungspflichtige Arbeit handelt es sich bei dem An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung. An der Offenlegung der von ihm ausgeübten beruflichen Tätigkeit gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares eigenes Interesse. Die Notwendigkeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung und der damit verbundene Zeitaufwand des Arbeitnehmers beruhen auf der Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen der Dienstkleidung während der Arbeitszeit. Daher schuldet der Arbeitgeber Vergütung für die durch den Arbeitnehmer hierfür im Betrieb aufgewendete Zeit (BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 13 mwN).

24

Das Ankleiden mit einer vorgeschriebenen Dienstkleidung ist nicht lediglich fremdnützig und damit keine Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und - ohne besonders auffällig zu sein - auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann. Gleiches gilt, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen. Dann dient das Umkleiden außerhalb des Betriebs nicht nur einem fremden Bedürfnis, weil der Arbeitnehmer keine eigenen Kleidungsstücke auf dem Arbeitsweg einsetzen muss oder sich aus anderen, selbstbestimmten Gründen gegen das An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb entscheidet (BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 13 mwN).

25

cc) Danach ist die für das An- und Ablegen der Dienstkleidung, bestehend aus Poloshirt und Sicherheitsschuhen, im Betrieb benötigte Zeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen.

26

(1) Die bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer sind unstreitig zum Tragen der Dienstkleidung verpflichtet.

27

(2) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin durch den Schriftzug auf dem Poloshirt in der Öffentlichkeit als Mitarbeiterin der Beklagten eindeutig zu erkennen. Die hierauf gestützte Annahme des Berufungsgerichts, bei dem zu tragenden Poloshirt handele es sich um besonders auffällige Dienstkleidung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

28

(3) Eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit liegt auch beim Tragen der Sicherheitsschuhe vor. Das Landesarbeitsgericht hat zwar dahinstehen lassen, ob diese eine besonders auffällige Dienstkleidung darstellen. Doch kann der Senat aufgrund der getroffenen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Denn die Klägerin erfüllt mit dem Tragen von Sicherheitsschuhen kein eigenes Bedürfnis, sondern kommt damit dem Erfordernis zur Nutzung einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Schutzkleidung während ihrer Tätigkeit nach.

29

b) In welchem zeitlichen Umfang Umkleidezeiten zur Arbeitszeit rechnen, ergibt sich - soweit eine anderweitige Regelung nicht besteht - nach allgemeinen Grundsätzen. Der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht willkürlich selbst bestimmen, er muss vielmehr unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Dieser modifizierte subjektive Maßstab gilt auch für das Umkleiden. Nur die Zeitspanne, die dazu für den einzelnen Arbeitnehmer unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlich ist, zählt zur Arbeitszeit (BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 28, BAGE 157, 116).

30

c) Die Vergütung der Umkleidezeiten ist nicht durch arbeitsvertragliche Vereinbarung und entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch nicht durch Tarifvertrag ausgeschlossen.

31

aa) Mit der Einordnung der Umkleidezeiten als Teil der iSv. § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Dienste“ ist noch nicht geklärt, wie sie zu vergüten sind. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Umkleidezeiten getroffen werden (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 226/16 - Rn. 23 mwN).

32

(1) Der Arbeitsvertrag selbst schließt die Vergütung der Umkleidezeiten nicht aus. § 4 Arbeitsvertrag regelt lediglich die Höhe der Vergütung pro Arbeitsstunde.

33

(2) Aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf Tarifregelungen ergibt sich ebenfalls kein Ausschluss der Vergütung. Das Landesarbeitsgericht hat ohne jede Begründung angenommen, die Regelungen des BLTV (2013/2017) fänden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. Gemäß § 5 BLTV sei eine Vergütung für Umkleidezeiten nicht vorgesehen. Mit dieser Vorgehensweise hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass nach seinen Feststellungen eine Tarifbindung der Parteien nicht bestand und die Bezugnahmeklausel des § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag den zwischen der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste e.V. und ver.di abgeschlossenen Tarifvertrag nicht einbezieht. Danach finden die zwischen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen und der ÖTV abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. Hierzu zählen zwar auch die von ver.di als Rechtsnachfolger der ÖTV abgeschlossenen Tarifverträge (BAG 7. Dezember 2016 - 4 AZR 414/14 - Rn. 27) und damit der MRTV, nicht jedoch der BLTV, der auf Arbeitgeberseite von der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste abgeschlossen wurde.

34

(3) Auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellten beiderseitigen Tarifbindung im Streitzeitraum verbleibt es bei dem gefundenen Ergebnis. Denn die dann anwendbare RVB regelt nicht - insbesondere nicht in § 2 Nr. 3 - Beginn und Ende der vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Dort ist nur bestimmt, dass für die stationäre Dienstleistung in der Geldbearbeitung Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ort ist, an dem die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum aufgenommen und beendet wird. Eine Regelung zu Beginn und Ende der tariflichen Arbeitszeit oder eine Zuordnung, welche Tätigkeiten zur Arbeitszeit zählen, enthält diese Tarifnorm nicht. Gleiches gilt für § 5 BLTV 2013 und BLTV 2017. Das darin geregelte Arbeitsortprinzip dient nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang der Zuordnung der Sicherheitsmitarbeiter zu den in § 2 BLTV aufgeführten und je nach Bundesland unterschiedlich festgelegten Stundenlohnsätzen.

35

(4) Die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten ist auch nicht nach § 4 Nr. 1 MRTV iVm. § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Diese Norm regelt Beginn und Ende des Dienstes. Dieser beginnt „mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Übergabe der Arbeitsmittel“ und endet „mit der Beendigung der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Rückgabe der Arbeitsmittel“. Was „Aufnahme der Tätigkeit“ bedeutet, bestimmt der Tarifvertrag nicht näher. Denkbar ist zwar, dass damit auf die konkrete Arbeitsleistung in den jeweiligen, vom fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags erfassten Arbeitsbereichen, im Fall der Klägerin die Geldbearbeitung, abgestellt wird. Dann würde das An- und Ablegen der Dienstkleidung noch nicht zum „Dienst“ und damit nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören. Doch erlaubt der Tarifwortlaut gleichermaßen die Auslegung, als Beginn der Tätigkeit „gemäß Dienstanweisung“ bereits das Umkleiden einzubeziehen, denn zum Tragen der Dienstkleidung ist die Klägerin durch eine Anweisung der Beklagten verpflichtet. Der tarifliche Gesamtzusammenhang ist zur Beantwortung der Frage eines möglichen Ausschlusses der Vergütungspflicht von Umkleidezeiten nicht ergiebig. Ein klarer übereinstimmender Regelungswille der Tarifvertragsparteien lässt sich dem Tarifvertrag nicht entnehmen. Wollen die Tarifvertragsparteien die grundsätzliche bestehende Vergütungspflicht des Arbeitgebers ausschließen, bedarf dies jedoch einer klaren Regelung (zur tariflichen Festlegung einer abweichenden Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts nach § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG vgl. BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 53/09 - Rn. 12, BAGE 133, 101). Daran fehlt es in § 4 Nr. 1 MRTV.

36

(5) § 10 Nr. 1 MRTV schließt ebenfalls die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten nicht aus. Die Bestimmung regelt die Pflicht des Arbeitsgebers zur unentgeltlichen Bereitstellung der Dienstkleidung und die Tragepflicht des Arbeitnehmers. Die Vergütung der Umkleidezeiten ist darin indes nicht angesprochen.

37

(6) Entgegen der Auffassung der Revision kann Nr. 6 der Sonderregelungen Berlin-Brandenburg zur Auslegung des MRTV nicht herangezogen werden. Dem steht entgegen, dass diese Tarifregelungen von anderen Tarifvertragsparteien für einen anderen örtlichen Geltungsbereich abgeschlossen worden ist. Da es entscheidend auf den Willen der Vertragschließenden ankommt, ist nur ausnahmsweise bei gewichtigen Anhaltspunkten davon auszugehen, dass der Sprachgebrauch anderer Tarifvertragsparteien und die von ihnen getroffene Regelung für die Auslegung des in Streit stehenden Tarifvertrags von Bedeutung ist. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn mehrere Tarifverträge eine gewisse Einheit bilden (BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 327/16 - Rn. 28). Die Sonderregelungen Berlin-Brandenburg bilden jedoch keine Einheit mit dem MRTV.

38

II. Die Revision ist auch begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Zahlungsantrag der Klägerin zurückgewiesen hat. Ob und in welcher Höhe das Zahlungsbegehren begründet ist, vermag der Senat nicht zu entscheiden. Es fehlt an Feststellungen zum Umfang der Umkleidezeiten der Klägerin. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

39

1. Der Zahlungsantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin begehrt Vergütung für Umkleidezeiten für insgesamt 275 Minuten in der Zeit von 7. September bis 30. November 2015 in Höhe von jeweils 0,25 Euro brutto. Damit ist der Antrag für den streitbefangenen Zeitraum als abschließende Gesamtklage zu verstehen (BAG 23. Januar 2018 - 9 AZR 854/16 - Rn. 13 mwN).

40

2. Die Vergütungspflicht für die Umkleidezeiten folgt aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. Arbeitsvertrag. Ob und in welcher Höhe der Antrag begründet ist, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben. Der bisherige Vortrag der Klägerin hierzu ist nicht ausreichend substantiiert. Sie verweist lediglich auf die Anlage zur Klageschrift. Die Bezugnahme auf Anlagen ersetzt jedoch grundsätzlich keinen Sachvortrag (BAG 23. Oktober 2013 - 5 AZR 667/12 - Rn. 14). Die Beklagte hat die Behauptungen der Klägerin zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Steht fest, dass Umkleidezeiten im Streitzeitraum entstanden sind, kann aber die Klägerin ihrer Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, hat das Gericht die erforderlichen Umkleidezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO zu schätzen (BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 28 mwN).

41

3. Besteht ein Zahlungsanspruch, hat die Klägerin die Ausschlussfristen gemäß § 12 MRTV bzw. § 12 RVB eingehalten.

42

a) Die Geltendmachung eines Anspruchs zur Wahrung einer Ausschlussfrist verlangt, dass die in Anspruch genommene Vertragspartei erkennen kann, welcher konkrete Anspruch ihr gegenüber erhoben wird. Dieser ist dem Grunde nach hinreichend deutlich zu bezeichnen. Eine Bezifferung der Forderung ist entbehrlich, wenn sie dem Schuldner der Höhe nach bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar davon ausgeht (BAG 26. September 2017 - 1 AZR 717/15 - Rn. 36).

43

b) Bereits die der Beklagten am 14. Januar 2016 zugestellte Klageschrift wahrt sowohl die erste als auch die zweite Stufe der Ausschlussfrist nach § 12 MRTV bzw. § 12 RVB. Die Klägerin hat die im streitgegenständlichen Zeitraum ihrer Auffassung nach angefallenen Umkleidezeiten aufgeführt und mit Schreiben vom 2. November 2015 auch die Bemessung des Entgelts „Monatsbasis“ angegeben. Die Vergütung für den Monat September 2015 war sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BLTV 2013 als auch nach § 8 Nr. 2 Satz 3 MRTV zum 15. Oktober 2015 fällig, die Frist zur schriftlichen Geltendmachung nach § 12 Nr. 1 MRTV bzw. § 12 Abs. 1 RVB ist erst am 15. Januar 2016 abgelaufen.

44

III. Das Landesarbeitsgericht wird über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Linck    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    E. Bürger    

        

    Jens M. Schubert    

                 

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.

(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.11.2014 – 4 Ca 1050/14 – unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.097,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 972,72 € seit dem 14.07.2014 und aus 1.134,72 € seit dem 07.03.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt der Kläger zu   91 %, die Beklagte zu 9 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens  trägen der Kläger zu   81 %, die Beklagte und der Nebenintervenient zu jeweils 9,5 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.


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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.