Landesarbeitsgericht München Urteil, 24. Mai 2019 - 3 Sa 808/18

bei uns veröffentlicht am24.05.2019
vorgehend
Arbeitsgericht Rosenheim, 1 Ca 640/18, 16.10.2018

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 16.10.2018 - 1 Ca 640/18 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger A. einen Betrag in Höhe von 2.786,93 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger C. einen Betrag in Höhe von 3.223,68 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger E. einen Betrag in Höhe von 4.034,39 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger G. einen Betrag in Höhe von 3.811,29 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger I. einen Betrag in Höhe von 6.360,06 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger K. einen Betrag in Höhe von 4.080,05 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger M. einen Betrag in Höhe von 3.350,84 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger O. einen Betrag in Höhe von 3.363,65 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Q. einen Betrag in Höhe von 3.007,39 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger S. einen Betrag in Höhe von 3.275,03 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

11. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin U. einen Betrag in Höhe von 4.291,65 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger W. einen Betrag in Höhe von 3.856,88 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe verschiedener Vergütungsansprüche.

Die Klägerin und die Kläger waren bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt, und zwar im Einzelnen zu den im erstinstanzlichen Urteil, Seite 4, angegebenen Zeiträumen und Bedingungen.

Nach erheblichen Umsatzrückgängen und hohen Verlusten aufgrund eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags schlossen der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e.V. und die IG Metall, Bezirk Bayern, am 15.07.2016 einen Ergänzungstarifvertrag (im Folgenden: ETV; Anlage K1 = Bl. 8 ff. d. A.), der auszugsweise lautet:

„Präambel

…Ziel dieses Tarifvertrages ist es, durch vorübergehende tarifliche Abweichungen die aktuell schwierige Lage zu überbrücken.

§ 1 Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt für die Arbeitnehmer und Auszubildende der AA, die unter den persönlichen Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie fallen.

§ 2 Teil eines 13. Monatseinkommens 2017 (im Folgenden: „Weihnachtsgeld“)

Das Weihnachtsgeld nach dem Tarifvertrag über die Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens für das Jahr 2017 entfällt für Arbeitnehmer und Auszubildende zu 100%.

§ 3 Urlaubsgeld 2017

Das tarifliche Urlaubsgeld 2017 entfällt. Daher bemisst sich abweichend vom § 18 C. des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (MTV) für die Urlaubsansprüche 2017 das Urlaubsentgelt nicht nach dem 1,5-fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, sondern lediglich nach dem 1,0-fach durchschnittlichen Arbeitsverdienst - jedoch ohne Mehrarbeitsvergütung und -zuschläge -, den der Arbeitnehmer in den letzten drei Kalendermonaten vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. …

§ 4 Tariferhöhungen 2016/2017 und Pauschalbetrag

1. Es besteht keine Verpflichtung der AA, die Tariferhöhungen und den Pauschalbetrag gem. dem Verhandlungsergebnis/Entgelttarifvertrag vom 13.05.2016 der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie umzusetzen. …

§ 8 Inkrafttreten und Kündigung

Dieser Tarifvertrag tritt mit Unterzeichnung in Kraft und endet mit Ablauf des 31.12.2021.

Im Falle der Stellung eines Insolvenzantrags über das Vermögen der AA kann dieser Tarifvertrag von der IG Metall außerordentlich gekündigt werden.“

Am 29.12.2016 stellte die Insolvenzschuldnerin den Insolvenzantrag. Im Januar 2017 fanden erste Gespräche zwischen dem vorläufigen Insolvenzverwalter, dem Beklagten, und dem Betriebsrat statt. Am 24.02.2017 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Es bestand die Absicht, einen Investor zur Fortsetzung des Betriebs zu finden, was zunächst mit der Person des Herrn Me. gelang. Der Beklagte und die IG Metall verhandelten über eine nochmals abgesenkte Gehaltsstruktur, die durch einen Haustarifvertrag eingeführt und bei der geplanten Betriebsübernahme greifen sollte. Am 20.07.2017 zog der Investor Me. sein Angebot gegenüber dem Beklagten zurück. Die Suche nach einem neuen Investor wurde Anfang September 2017 ergebnislos eingestellt. Am 15.09.2017 schlossen der Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich über die Betriebsstilllegung am 31.12.2017. Mit dem am 22.09.2017 zugegangenen Schreiben vom 20.09.2017 machte die IG Metall von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht nach § 8 ETV Gebrauch. Der Beklagte vergütete die Kläger und die Klägerin für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 nach den Regelungen des ETV.

Mit Schreiben vom 24.02.2018 machten die Kläger und die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Differenzen zur monatlichen Vergütung, 13. Monatseinkommen und Urlaubsentgelt auf der Grundlage der regulären tariflichen Regelungen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie erfolglos geltend. Mit der hiesigen Klage verfolgen sie ihr Begehren weiter. Aufgrund der außerordentlichen Kündigung des ETV mit Schreiben vom 20.09.2017 würden ab Oktober 2017 wieder die regulären Tarifvorschriften der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie gelten. Die außerordentliche Kündigung sei wirksam. Es bedürfe keines wichtigen Grundes, jedenfalls liege ein solcher im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB vor. Ziel des ETV sei gewesen, durch vorübergehende tarifliche Abweichungen die schwierige wirtschaftliche Lage der Insolvenzschuldnerin zu überbrücken. Nachdem die Betriebsstilllegung im September 2017 beschlossen worden sei, habe ab diesem Zeitpunkt das im ETV erklärte Ziel nicht mehr erreicht werden können. Ein Abwarten bis zum Beendigungstermin 31.12.2021, § 8 Abs. 1 ETV, sei unzumutbar gewesen. Die Kündigung sei innerhalb angemessener Frist gemäß § 314 Abs. 3 BGB erfolgt. Es sei Anfang 2017 von dem außerordentlichen Kündigungsrecht kein Gebrauch gemacht worden, um die Suche nach einem Investor wegen der dann höheren Vergütungsansprüche der Belegschaft nicht zu erschweren bzw. unmöglich zu machen.

Die Beklagte hat für ihren Klageabweisungsantrag geltend gemacht, dass die außerordentliche Kündigung des ETV durch die IG Metall mit Schreiben vom 20.09.2017 unwirksam sei mit der Folge, dass der ETV auf die Arbeitsverhältnisse der Klageparteien weiterhin Anwendung fände. Es fehle für die außerordentliche Kündigung ein wichtiger Grund, der dann vorläge, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden könne. Der IG Metall sei das Abwarten bis zum Ablauf der Vertragslaufzeit nicht unzumutbar gewesen. Sie habe seit der Stellung des Insolvenzantrags neun Monate an Verhandlungen mit Investoren teilgenommen, ohne jeweils auch nur ansatzweise die Kündigung des ETV anzusprechen, anzudeuten oder gar auszusprechen. Zudem sei eine außerordentliche Kündigung immer nur dann wirksam, wenn keine andere Möglichkeit bestehe, die Unzumutbarkeit zu beseitigen. Die IG Metall habe vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung einen Versuch der Nachverhandlung nicht unternommen. Das Kündigungsrecht sei gemäß § 314 Abs. 3 BGB verfristet. Nach dieser Vorschrift, die auf das vereinbarte außerordentliche Kündigungsrecht anzuwenden wäre, könne der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt habe. Der Insolvenzantrag sei am 29.12.2016 gestellt worden und der Eröffnungsbeschluss über das Insolvenzverfahren datiere auf den 24.02.2017. Die Fristen im Sinne des § 314 Abs. 3 BGB würden sich in der Regel auf ein bis zwei Monate belaufen. Tatsächlich habe die IG Metall die außerordentliche Kündigung erst am 22.09.2017 und damit neun Monate nach der Insolvenzantragstellung erklärt. Zudem sei das außerordentliche Kündigungsrecht verwirkt. Neben dem Zeitmoment von neun Monaten liege ein Umstandsmoment vor, da die IG Metall an der Investorensuche, allen laufenden Verhandlungen mit Investoren und der Umstrukturierung teilgenommen habe und sich der Beklagte aufgrund dieses Verhaltens darauf eingerichtet habe, dass das außerordentliche Kündigungsrecht nicht mehr geltend gemacht werde. Schließlich sei die in § 8 ETV vorgesehene außerordentliche Kündigungsmöglichkeit im Falle der Stellung des Insolvenzantrags als sog. insolvenzbedingte Lösungsmöglichkeit gemäß §§ 119, 103 InsO unwirksam.

Das Arbeitsgericht Rosenheim hat die Klagen durch Urteil vom 16.10.2018 - 1 Ca 640/18 - abgewiesen. Zwar sei davon auszugehen, dass die Klägerin und die Kläger durch ergänzende schriftsätzliche Angaben ihre Klageansprüche in Bezug auf deren Berechnung zwischenzeitlich substanziiert und nachvollziehbar dargelegt hätten. Jedoch seien die Ansprüche dem Grunde nach unbegründet, weil die außerordentliche Kündigung des ETV rechtsunwirksam sei mit der Folge, dass während der Laufzeit des Tarifvertrages weiterhin die teilweise abgesenkten Gehälter und sonstige Gehaltsbestandteile zugrunde zu legen seien. § 8 Abs. 2 ETV sei nicht gemäß §§ 119, 103 InsO unwirksam. Die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für Warenlieferungen oder auch für Energielieferungen entwickelten Kriterien seien nicht auf die Rechtssituation bei Sanierungstarifverträgen und deren vereinbarte außerordentliche Kündigungsmöglichkeit anzuwenden. Zweck der Vereinbarung im Sanierungstarifvertrag sei die Wiedererreichung der Rentabilität der AA-Firmengruppe gewesen, weshalb die darin getroffenen Maßnahmen lediglich eine vorübergehende Zeit erfassten und als zeitlich befristeter Beitrag der Beschäftigten zur Möglichkeit der Sanierung eines in wirtschaftliche Schieflage geratenen Unternehmens aufzufassen seien. Gegenstand von Sanierungstarifverträgen sei die Vergütung der menschlichen Arbeit, die für Arbeitnehmer existentiell sei. Aus diesem Grund werde eine Kündigungsmöglichkeit in Sanierungstarifverträgen regelmäßig von der Gewerkschaft angestrebt, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Stellung eines Insolvenzantrags zu rechnen sei. Dann würden die Sanierungsbemühungen möglicherweise nicht zu Erfolg führen. Die IG Metall sei auch berechtigt gewesen, aufgrund der Stellung des Insolvenzantrags den ETV außerordentlich zu kündigen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der tarifrechtlichen Bestimmung und dem Fehlen von Regelungen dahingehend, welche zusätzlichen Voraussetzungen für ein außerordentliches Kündigungsrecht erforderlich sein sollten, genüge für das Kündigungsrecht allein der Umstand, dass ein Insolvenzantrag in Bezug auf den Betrieb gestellt worden sei. Es sei in diesem Zusammenhang nicht angebracht, über den weiteren Sinngehalt der Regelungen Erwägungen anzustellen. Die außerordentliche Kündigung vom 20.09.2017 sei jedoch nach § 314 Abs. 3 BGB unwirksam. Nach dieser Vorschrift könne die Kündigung nur binnen angemessener Frist erklärt werden. Unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls würde eine Frist von fast neun Monaten, mithin 36 Wochen, zwischen der Stellung des Insolvenzantrags und der außerordentlichen Kündigung des ETV nicht mehr § 314 Abs. 3 BGB entsprechen. Die Entscheidung über die Eröffnung der Insolvenz oder die Abweisung des Antrags mangels Masse dauere gerechnet ab dem Zeitpunkt der Einleitung des Insolvenzverfahrens regelmäßig zwei bis drei Monate. Eine zeitnahe Kündigung nach Insolvenzeröffnung hätte im Ergebnis dazu geführt, dass Investoren aufgrund des dann wieder geltenden bisherigen Lohnniveaus möglicherweise jegliches Interesse an der Übernahme des Betriebs verloren hätten. Andererseits sei der Zeitraum, binnen welchem die außerordentliche Kündigung erklärt werden könne, nicht allzu sehr auszudehnen, wolle man der Bestimmung des § 314 Abs. 3 BGB Genüge tun. Es erscheine sachgerecht, der kündigungsberechtigten Tarifvertragspartei ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung - oder bei Vermögenslosigkeit ab der Abweisung des Antrags - einen überschaubaren Zeitraum von weiteren zwei Monaten zur Erklärung der außerordentlichen Kündigung einzuräumen. Die damit insgesamt zugrunde zu legende fünfmonatige Frist sei im vorliegenden Fall nicht eingehalten worden, nachdem sie bei Stellung des Insolvenzantrags am 29.12.2016 Ende Mai 2017 abgelaufen wäre und die außerordentliche fristlose Kündigung erst durch Schreiben vom 20.09.2017 erfolgt sei.

Gegen dieses, ihnen am 27.11.2018 zugestellte Urteil haben die Kläger und die Klägerin am 17.12.2018 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und am Montag, den 28.01.2019, begründet.

Die Kündigungserklärungsfrist sei unangemessen kurz bestimmt worden. Die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls führe im vorliegenden Fall dazu, dass neun Monate noch angemessen seien. Dies folge aus dem Sinn und Zweck des ETV, wie er sich aus der Präambel ergebe und bei der Prüfung der Angemessenheit im Sinne des § 314 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen sei. Sinn und Zweck des ETV bestehe darin, durch vorübergehende tarifliche Abweichung die schwierige wirtschaftliche Lage der Insolvenzschuldnerin zu überbrücken. Dieses Ziel habe erst dann nicht mehr erreicht werden können, als bekannt geworden sei, dass eine neue Investorensuche erfolglos sei. Erst ab diesem Zeitpunkt habe kein Grund mehr für das Festhalten am ETV bestanden.

Die Klageparteien beantragen unter Berufungsrücknahme im Übrigen,

  • 1.Das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 16.10.2018, Az.: 1 Ca 640/18 wird abgeändert.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger A. einen Betrag in Höhe von 2.786,93 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger C. einen Betrag in Höhe von 3.223,68 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 4.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger E. einen Betrag in Höhe von 4.034,39 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 5.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger G. einen Betrag in Höhe von 3.811,29 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 6.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger I. einen Betrag in Höhe von 6.360,06 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 7.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger K. einen Betrag in Höhe von 4.080,05 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 8.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger M. einen Betrag in Höhe von 3.350,84 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 9.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger O. einen Betrag in Höhe von 3.363,65 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 10.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Q. einen Betrag in Höhe von 3.007,39 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 11.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger S. einen Betrag in Höhe von 3.275,03 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 12.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin U. einen Betrag in Höhe von 4.291,65 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

  • 13.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger W. einen Betrag in Höhe von 3.856,88 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.05.2018.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, und verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die vereinbarte außerordentliche Kündigungsmöglichkeit sei als sog. insolvenzbedingte Lösungsklausel unwirksam. Der BGH verstehe unter einer Lösungsklausel eine solche Regelung, die es einer Partei erlaube, sich vom Vertrag zu lösen, oder die eine automatische Vertragsbeendigung vorsähe. Die Anwendung des § 119 InsO auf arbeits- oder tarifvertragliche Regelungen sei nicht ausgeschlossen. Zwar betreffe die Entscheidung des BGH vom 14.12.2006 - IX ZR 194/05 - keinen arbeitsoder tarifvertraglichen Sachverhalt. Sie finde aber auf den hiesigen Sachverhalt erst Recht Anwendung, weil dieser - wie im BGH-Fall - an die Insolvenz anknüpfe. Gemäß § 1 InsO sei es das Ziel des Insolvenzverfahrens, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung, insbesondere zum Erhalt des Unternehmens, getroffen werde. § 103 InsO würde vereitelt werden, wenn der Vertragspartner sich von seinem für die Masse günstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlaufen könne. Eine Kündigung des ETV, die wiederum zur Geltung des bestehenden Flächentarifvertrags geführt hätte, hätte die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters zur Fortführung des Geschäftsbetriebs verhindert. Darüber hinaus handele es sich bei arbeits- und tarifvertraglichen Vereinbarungen um solche, die vom Insolvenzverwalter nicht abgeschlossen würden, sondern übernommen werden müssten. Gerade deshalb sehe das Insolvenzrecht zu Gunsten des Insolvenzverwalters bei arbeitsrechtlichen Fällen besondere Lösungsmöglichkeiten (z.B. kürzere Kündigungsfristen etc.) vor. Die außerordentliche Kündigung sei zudem wegen widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) unwirksam. Die IG Metall verstehe § 8 ETV hinsichtlich des Ausübungszeitraums als sofortiges Kündigungsrecht, habe sich aber nicht danach verhalten, sondern monatelang mit Investoren und Arbeitgeber verhandelt. Die IG Metall habe auch zu keinem Zeitpunkt verbindlich erklärt, dass sie nach Aufnahme von Investorengesprächen und/oder bei deren Erfolg auf die Ausübung des Kündigungsrechts gemäß § 8 ETV verzichten werde. Ohne diese verbindliche Erklärung erscheine sogar die Fünf-Monatsfrist des Arbeitsgerichts als zu lang. Denn „wie ein Damoklesschwert“ habe die IG Metall über die Verhandlungen die Ausübung des Kündigungsrechts gemäß § 8 ETV schweben lassen, unabhängig davon, ob die Verhandlungen scheitern würden oder erfolgreich wären. Durch die Ausübung des Kündigungsrechts zu einem späteren Zeitpunkt wäre das Investitionskonzept zerstört worden. Diese Zerstörungsmöglichkeit habe sich die IG Metall offengehalten, was wiederum bedeute, dass unnötige Kosten und Gebühren produziert würden, indem der Insolvenzverwalter, Anwälte auf beiden Seiten, IG Metall und Betriebsrat Verhandlungen führten, obwohl sich die IG Metall im Hintergrund auch bei erfolgreicher Sanierung die Ausübung des Kündigungsrechts vorbehalten habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Klageparteien vom 28.01.2019 (Bl. 225 - 230 d. A.) und vom 10.05.2019 (Bl. 279 - 282 d. A.), den Schriftsatz des Beklagten vom 06.03.2019 (Bl. 259 - 268 d. A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2019 (Bl. 283 - 285 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

I.

Die nach § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO, und damit zulässig.

II.

Die Berufung ist - nach Rücknahme um die Position der Verzugskostenpauschale - auch begründet. Den Klageparteien stehen die im Schriftsatz vom 06.08.2018 näher dargelegten und zuletzt nicht mehr der Höhe nach bestrittenen Ansprüche auf Zahlung der Differenzbeträge zum monatlichen Entgelt gemäß § 15 Ziff. 1 MTV für die Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie i.V.m. den ERA-Tariftabellen, des Weihnachtsgeldes für 2017 gemäß Ziff. 1 und 2 des Tarifvertrags über die Absicherung eines Teils des 13. Monatseinkommens und des zusätzlichen Urlaubsentgelts für 2017 gemäß § 18 c) MTV für die Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie zu. Diese Tarifregelungen sind den Arbeitsverhältnissen der tarifgebundenen Klageparteien ab 01.10.2017 zugrunde zu legen, weil die vorübergehenden tariflichen Abweichungen des ETV aufgrund dessen außerordentlicher fristloser Kündigung vom 20.09.2017 mit Zugang am 22.09.2017 nicht mehr gelten. Die Kündigung der IG Metall vom 20.09.2017 ist wirksam.

1. Das in § 8 Abs. 2 ETV zu Gunsten der IG Metall geregelte außerordentliche Kündigungsrecht ist nicht gemäß § 119 InsO unwirksam.

a) Nach § 119 InsO sind Vereinbarungen, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 103 bis 108 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird, unwirksam. § 103 InsO regelt das Wahlrecht des Insolvenzverwalters bei gegenseitigen Verträgen: Ist ein solcher Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen (Abs. 1). Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen (Abs. 2 Satz 1). Dabei wird der Begriff des gegenseitigen Vertrags im Sinne des § 103 InsO in demselben Sinn wie bei §§ 320 ff. BGB verwendet.

Er liegt also vor mit einem vollkommen zweiseitig verpflichtenden Vertrag, der durch die synallagmatische Verknüpfung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten gekennzeichnet ist. Eine Partei geht ihre Leistungspflicht nur wegen der von der anderen Seite zugleich übernommenen Gegenleistungspflicht ein (vgl. MüKomInsO/Huber, 3. Aufl. 2013, § 103 Rn. 55).

b) Danach ist § 103 InsO nicht auf einen Tarifvertrag anzuwenden. Der normative Teil des Tarifvertrages stellt keinen gegenseitigen Vertrag dar (vgl. Uhlenbruck/Wegener, 15. Aufl. 2019, § 103 Rn. 54). Der schuldrechtliche Teil ist zwar ein gegenseitiger Vertrag, jedoch enthalten die dort begründeten Pflichten (z.B. Friedenspflicht) keine vermögensrechtlichen Verpflichtungen, die aus der Masse zu befriedigen wären, wie es § 103 InsO voraussetzt (vgl. MüKomInsO/Huber, a.a.O., Rn. 96 m.w.N.; Uhlenbruck/Wegener, a.a.O.).

Im Übrigen würde sich die Unwirksamkeit der Regelung eines außerordentlichen Kündigungsrechts gemäß § 8 Abs. 2 ETV auch nicht auf der Grundlage der seitens der Beklagten zitierten Entscheidung des BGH vom 15.11.2012 - IX ZR 169/11 - ergeben. Nach dieser Entscheidung gilt eine insolvenzabhängige Lösungsklausel dann nicht als nach § 119 InsO unwirksam, wenn die Vereinbarung einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012 - IX ZR 169/11 - Rn. 13). Bei Tarifverträgen ist eine außerordentliche Kündigung nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich zulässig (vgl. schon BAG, Urteil vom 14.11.1958 - 1 AZR 247/57 -), was sich nunmehr aus § 314 BGB analog begründet (vgl. BAG, Urteil vom 27.02.2013 - 4 AZR 78/11 - Rn. 19; ErfK/Franzen, 19. Aufl. 2019, § 1 Rn. 33). Im Übrigen sieht der BGH den Zweck des Erfüllungswahlrechts darin, die Masse zu schützen und im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren. Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlaufen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012 - IX ZR 169/11 - Rn. 13 a.E.). Liegt mit der Stellung des Insolvenzantrags nicht zugleich ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des ETV vor, sondern bedarf es hierzu zusätzlicher Voraussetzungen, wie dies vorliegend Fall ist (vgl. die nachfolgenden Ausführungen), ist die Rechtsfolge der Unwirksamkeit auch aus dem Sinn und Zweck des § 103 InsO nicht geboten.

Dem Beklagten war in diesem Zusammenhang keine weitere Erklärungsfrist einzuräumen. Das Arbeitsgericht hat eine Anwendung des § 103 InsO auf den ETV verneint. Eine Prüfung, ob diese Auffassung auf der Grundlage der konkreten insolvenzrechtlichen Bestimmung zutrifft, wäre geboten und möglich gewesen, zumal dies in der insolvenzrechtlichen Literatur erörtert wird.

2. Der ETV endete aufgrund außerordentlicher fristloser Kündigung der IG Metall mit deren Zugang am 22.09.2017. Die Kündigung ist wirksam.

a) § 8 Abs. 2 ETV räumt der IG Metall ein außerordentliches Kündigungsrecht „im Fall der Stellung des Insolvenzantrags“ ein, für dessen zulässige Ausübung ein Kündigungsgrund im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB analog vorliegen muss. Dies folgt aus der Auslegung der Tarifnorm.

aa) Die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen, die wie das Kündigungsrecht nach § 8 Abs. 2 ETV Bestandteil der schuldrechtlichen Vereinbarungen eines Tarifvertrages sind, erfolgt nach den für die Auslegung von Verträgen geltenden Grundsätzen gemäß §§ 133, 157 BGB (vgl. BAG, Urteil vom 27.02.2013 - 4 AZR 78/11 - Rn. 16). Maßgeblich sind danach der Wortlaut, der Gesamtzusammenhang der Regelung sowie deren Sinn und Zweck. Allerdings braucht der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien nicht im Wortlaut der schuldrechtlichen Regelung seinen Niederschlag gefunden haben. Das Argument der Rechtssicherheit der der Norm unterworfenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber trägt insoweit nicht, da die schuldrechtlichen Regelungen nur die vertragschließenden Tarifvertragsparteien betreffen (vgl. ErfK/Franzen, 19. Aufl. 2019, § 1 TVG, Rn. 95 m.w.N.).

bb) Danach erfordert § 8 Abs. 2 ETV für eine wirksame außerordentliche Kündigung das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB analog.

Durch die Formulierung „Im Fall der Stellung des Insolvenzantrages … kann dieser Tarifvertrag von der IG Metall außerordentlich gekündigt werden“ scheint der Gewerkschaft ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt worden zu sein, ohne dass es eines wichtigen Grundes im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB bedarf. Für diese Auslegung könnte auch sprechen, dass keine weitere Voraussetzung für den Gebrauch des Kündigungsrechts genannt ist. Allerdings bedarf das Recht, einen Tarifvertrag außerordentlich zu kündigen, grundsätzlich keiner ausdrücklichen Vereinbarung (vgl. BAG, Urteil vom 27.02.2013 - 4 AZR 78/11 - Rn. 18). Es müsste deshalb unterstellt werden, die Tarifvertragsparteien hätten mit dem außerordentlichen Kündigungsrecht in § 8 Abs. 2 ETV eine überflüssige Regelung getroffen.

Demgegenüber hätte § 8 Abs. 2 ETV dann Bedeutung, wenn mit den Worten „mit der Stellung des Insolvenzantrags“ der Eintritt eines bestimmten tatsächlichen Umstands geregelt worden wäre. Die Worte „im Fall der Stellung des Insolvenzantrages…“ wären als konditionale Verknüpfung zu verstehen, würden das Kündigungsrecht nicht vom Vorliegen eines wichtigen Grundes freistellen und auch nicht an den Zeitpunkt binden, in dem die Voraussetzung erstmals gegeben ist. Eine solche Regelungstechnik ist bei Tarifverträgen durchaus üblich (vgl. ErfK/Franzen, a.a.O., § 1 TVG, Rn. 33) und auch aus anderen Vertragsgestaltungen bekannt. Wird bei befristeten Arbeitsverträgen ein ordentliches Kündigungsrecht vereinbart (§ 15 Abs. 3 TzBfG), ist eine Kündigung - im Falle des Bestehens eines allgemeinen Kündigungsschutzes - nur wirksam, wenn ein Kündigungsgrund im Sinne des § 1 KSchG vorliegt.

Für diese Auslegung spricht auch der Sinn und Zweck der Tarifregelung. Die Klageparteien haben unbestritten vorgetragen, dass der Sinn und Zweck des außerordentlichen Kündigungsrechts in § 8 Abs. 2 ETV darin besteht, dass den Arbeitnehmern bei Scheitern der Sanierung zumindest wieder das volle Gehalt gewährt werden soll. Ob die Sanierung scheitert, beurteilt sich indessen nicht danach, ob ein Insolvenzantrag gestellt wird, sondern danach, ob es aufgrund des Insolvenzverfahrens, ggf. durch Unterstützung eines Investors, gelingt, den Betrieb fortzuführen. Solange eine Sanierung des Betriebs der Insolvenzschuldnerin in Betracht käme, dürfte die Gewerkschaft von ihrem Kündigungsrecht nicht Gebrauch machen. Die Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts der Gewerkschaft würde dann nicht „wie ein Damoklesschwert“ über den Vertragsverhandlungen mit einem Investor schweben. Ein Investitionskonzept könnte auch nicht nachträglich durch die Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts zerstört werden, wie die Beklagte befürchtet. Andererseits stünde die Gewerkschaft nicht unter Druck, den Sanierungstarifvertrag (vorzeitig) außerordentlich zu kündigen, um der Gefahr der Verfristung der Kündigungserklärung nach § 314 Abs. 3 BGB analog zu entgehen.

Schließlich führt diese Auslegung des § 8 Abs. 2 ETV im Umkehrschluss dazu, dass der IG Metall das grundsätzlich gegebene außerordentliche Kündigungsrecht bis zur Stellung des Insolvenzantrags nicht zustand, wodurch der Arbeitgeberin mit Inkrafttreten des ETV am 15.07.2016 eine verlässliche Planungsgrundlage gegeben war, die der Sanierung des Betriebs und damit auch dem Fortbestand der Arbeitsverhältnisse diente.

b) Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 ETV lagen bei Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigung der IG Metall am 22.09.2017 vor.

aa) Es ist am 29.12.2016 unstreitig ein Insolvenzantrag gestellt worden.

bb) Es liegt ein wichtiger Grund i.S.d. § 314 Abs. 1 BGB analog vor.

(1) Nach § 314 Abs. 1 BGB analog kann ein Tarifvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Tarifvertrages bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Danach war die IG Metall zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

Mit der Entscheidung des Insolvenzverwalters im September 2017 und der Vereinbarung des Interessenausgleichs vom 15.12.2017 stand verbindlich fest, dass der Betrieb der Insolvenzschuldnerin zum 31.12.2017 geschlossen werden würde und seine Sanierung gescheitert war. Die tariflichen Regelungen zur Absenkung der Vergütung der Arbeitnehmer konnten damit ihren Zweck nicht mehr erreichen. Die Geschäftsgrundlage des ETV war entfallen.

Der IG Metall war ein Festhalten am ETV bis zum Ablauf seiner Laufzeit am 31.12.2021 nicht zumutbar. Ab dem 01.01.2018 hätten weder der Betrieb noch die Arbeitsverhältnisse der Belegschaft bestanden; der Tarifvertrag konnte seine Rechtswirkungen nicht mehr ab 01.01.2018 nicht mehr entfalten. Es war der IG Metall auch nicht zumutbar, die absenkenden Vergütungsregelungen bis zum 31.12.2017 fortbestehen zu lassen. Die Arbeitnehmer hatten zu Gunsten der Masse und im Interesse der Bemühungen um die Fortführung des Betriebs der Insolvenzschuldnerin bereits seit Inkrafttreten des Tarifvertrags am 15.07.2016 auf Zahlung der ihnen (monatlich) zustehenden Vergütung verzichtet. Dieser Zeitraum von über einem Jahr war weit länger als den der verbleibenden drei Monate bis zur Schließung des Betriebs am 31.12.2017. Ein weiterer Verzicht auf die ihnen tarifvertraglich grundsätzlich zustehenden Vergütungsbestandteile war sinnlos. Eine weitere Vorleistung der Belegschaft lag darin, dass die sie vertretende Gewerkschaft auf ihr grundsätzlich bestehendes außerordentliches Kündigungsrecht bis zur Stellung des Insolvenzantrags verzichtet hatte. Die IG Metall musste nach dem ultimaratio-Prinzip keine Nachverhandlungen versuchen. Es ist zum einen fraglich, ob solche in den verbleibenden 12 Wochen noch zum Abschluss gekommen wären. Zum anderen gab es mit dem endgültigen Scheitern der Sanierung keinen Grund für die von der IG Metall vertretenen Arbeitnehmer, weiter auf ihre tariflichen Ansprüche teilweise zu verzichten.

c) Die IG Metall hat ihr Kündigungsrecht in angemessener Frist, § 314 Abs. 3 BGB analog, ausgeübt. Sie hat im September 2017 vom Kündigungsgrund des Scheiterns der Sanierung bzw. der Betriebsschließung Kenntnis erlangt und hat noch binnen Monatsfrist am 22.09.2017 die außerordentliche fristlose Kündigung des ETV erklärt. Auch der Beklagte hält eine solche Frist im Anschluss an Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl. 2017, § 1 Rn. 1609 für angemessen.

Nach Auffassung der Kammer wäre die Kündigungserklärungsfrist des § 314 Abs. 3 BGB analog aber auch dann gewahrt, wenn die IG Metall von ihrem außerordentlichen Kündigungsrechts schon „im Fall der Stellung eines Insolvenzantrags“ und ohne weitere Voraussetzungen den ETV hätte Gebrauch machen können. Denn entsprechend dem Rechtsgedanken des § 203 BGB verlängert sich die Kündigungserklärungsfrist, wenn Verhandlungen über den Anspruch bzw. die den Anspruch begründenden Umstände schweben (vgl. Löwisch/Rieble, a.a.O., § 1 Rn. 1609). Zu den den Anspruch begründenden Umstände zählen ausweislich des in der Präambel niedergelegten Sinn und Zweck des ETV die Sanierungsbemühungen, die endgültig erst dann gescheitert waren, als der Beklagte im September 2017 entschied, den Betrieb zum Jahresende stillzulegen.

d) Das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des ETV hat die IG Metall schließlich nicht verwirkt, § 242 BGB. Es fehlt in Bezug auf den Kündigungsgrund des Scheiterns der Sanierung bzw. beschlossenen Betriebsschließung im September 2017 sowohl am Zeit- als auch am Umstandsmoment für ein etwaiges Vertrauen des Beklagten, die IG Metall werde ihr außerordentliches Kündigungsrecht nicht ausüben.

3. Den Klageparteien stehen die geltend gemachten Ansprüche auch der Höhe nach zu. Der Beklagte hat die Ansprüche zuletzt nicht mehr konkret und im Einzelnen bestritten. Soweit er erstinstanzlich gerügt hat, warum und auf Grundlage welcher konkreten Vorschrift sich die angeblich von der jeweiligen Klagepartei geforderte Eingruppierung ergeben könne, liegt weder ein substanziiertes (§ 138 Abs. 2 ZPO) noch ein zulässiges (§ 138 Abs. 4 ZPO) Bestreiten vor. Die Klageparteien haben diejenige Eingruppierung für die Berechnung ihrer Ansprüche zugrunde gelegt, die auch der Beklagte für die abgesenkte Vergütung herangezogen hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Grund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG gegeben ist. Die hiesige Entscheidung betrifft die Auslegung des schuldrechtlichen Teils eines Tarifvertrages und beruht auf den Grundsätzen bereits getroffener höchstrichterlicher Entscheidungen.

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30. Dezember 2010 - 3 Sa 894/10 - wird zurückgewiesen.

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(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.

Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

Vereinbarungen, durch die im voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.

13
cc) Eine insolvenzabhängige Lösungsklausel ist bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie nach § 119 InsO unwirksam, wenn sie im Voraus die Anwendung des § 103 InsO ausschließt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vereinbarung einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 Rn. 11). Die vom Rechtsausschuss des Bundestages befürwortete Zulässigkeit vertraglicher Lösungsklauseln (BT-Drucks. 12/7302, S. 170 zu § 137 RegE) hat im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden und widerspricht den Zielsetzungen des § 103 InsO. Der Zweck des Erfüllungswahlrechts ist es, die Masse zu schützen und im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 13. Aufl., § 103 Rn. 1 ff; zu § 17 KO vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1988 - IX ZR 50/88, BGHZ 106, 236, 244). Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlaufen kann (HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Dahl, NJWSpezial , 2008, 373, 374).

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30. Dezember 2010 - 3 Sa 894/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Jahressonderzahlung sowie die Zahlung einer monatlichen Zulage und in diesem Zusammenhang über die Wirksamkeit der Kündigung eines Tarifvertrages.

2

Die Klägerin ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Gewerkschaft ver.di) und seit dem 1. Mai 1990 bei der Beklagten und ihrem Rechtsvorgänger, dem Schwalm-Eder-Kreis, als Krankenschwester beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging vom Schwalm-Eder-Kreis auf die Schwalm-Eder-Kliniken GmbH (GmbH) über, deren Gesellschafter zunächst die vormalige Arbeitgeberin war. Die GmbH war bis zum Ende des Jahres 2008 Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen e. V. (KAV). Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH beschloss der Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises im Jahre 2004 ein Rahmensanierungskonzept, das neben dem Abschluss eines sog. Notlagentarifvertrages ua. einen Krankenhausneubau in O vorsah. Am 21. Juli 2004 schlossen die Gewerkschaft ver.di einerseits sowie der KAV und die GmbH andererseits die „Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 761, Bezirklicher Tarifvertrag über einen Beitrag der Arbeitnehmer zur Sanierung der Schwalm-Eder-Kliniken GmbH“ (TV Nr. 761), die die Tarifvertragsparteien mit der „Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 797“ mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 in Anbetracht des zum gleichen Tag in Kraft tretenden Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (vom 13. September 2005 - TVöD) sowie für den Bereich der Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen des Besonderen Teils Krankenhäuser (BT-K) anpassten. Der TV Nr. 761 sieht eine Verkürzung der Arbeitszeit ohne Entgeltausgleich (§ 4)und den Ausschluss von betriebsbedingten Beendigungskündigungen (§ 7) vor. Daneben regelt der Tarifvertrag ua. noch Folgendes:

        

㤠5 Jahressonderzahlung, Sonderzahlung

        

...     

        

(3)     

Für die Jahre 2007 und 2008 beträgt die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD

                 

in den Entgeltgruppen 1 - 8

15,84 v. H.,

                 

in den Entgeltgruppen 9 - 12

6,48 v. H.,

                 

in den Entgeltgruppen 13 - 15

4,86 v. H.

                 

des tariflich maßgebenden Entgelts.

        

...     

        
        

§ 12 In-Kraft-Treten, Laufzeit, Außer-Kraft-Treten

        

(1)     

Diese Tarifvertragliche Vereinbarung tritt mit Wirkung vom 1. Juli 2004 in Kraft.

        

(2)     

Sie endet mit Ablauf des 31. Dezember 2008, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

(3)     

Wenn der Krankenhausneubau O nicht in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen aufgenommen wird, kann diese Tarifvertragliche Vereinbarung von jeder Partei mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden. Diese Tarifvertragliche Vereinbarung endet dann zu diesem Zeitpunkt. Eine Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG ist ausgeschlossen.

        

(4)     

Abgesehen von den in § 7 Abs. 2 Unterabs. 3 Satz 2, § 11 Abs. 2 Satz 2 und § 12 Abs. 3 dieser Tarifvertraglichen Vereinbarung geregelten Sonderkündigungsrechten ist eine vorherige Kündigung ausgeschlossen.

        

(5)     

Eine Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG ist ausgeschlossen.“

3

Die Gesellschafterversammlung der GmbH beschloss am 21. März 2006 kein neues Krankenhaus in O zu errichten. Am 3. Juli 2006 hob der Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises die Beschlüsse zum Rahmensanierungskonzept einschließlich des Krankenhausneubaus in O auf. In dem gegen Ende des Jahres 2006 veröffentlichten Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen, war ein Krankenhausneubau in O nicht vorgesehen. Der Schwalm-Eder-Kreis veräußerte im Jahre 2007 seine Gesellschaftsanteile an der GmbH, die nachfolgend in die jetzige Beklagte umfirmierte. In den ab Juni 2008 zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Beklagten geführten Verhandlungen über einen neuen Sanierungstarifvertrag konnte keine Einigung erreicht werden. Die Gewerkschaft ver.di kündigte im September 2008 den TV Nr. 761 zum 31. Oktober 2008 unter Hinweis auf das in § 12 Abs. 3 TV Nr. 761 geregelte Kündigungsrecht.

4

Die Beklagte zahlte der Klägerin in Anwendung des § 5 Abs. 3 Fall 1 TV Nr. 761 mit dem Entgelt für den Monat November 2008 eine Jahressonderzahlung iHv. 492,97 Euro. Im April 2009 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Zahlung einer ungekürzten Jahressonderzahlung für das Jahr 2008 sowie einer Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD für die Monate November und Dezember 2008 erfolglos geltend.

5

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, der TV Nr. 761 sei wirksam zum 31. Oktober 2008 gekündigt worden.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.369,90 Euro brutto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 1. Dezember 2008 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 50,00 Euro brutto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 25,00 Euro seit dem 1. Dezember 2008 und aus 25,00 Euro seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Meinung, in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 sei ein außerordentliches Kündigungsrecht vereinbart, das die Gewerkschaft ver.di nicht binnen angemessener Frist nach Kenntnis über die Nichtaufnahme des Krankenhausneubaus in O in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 ausgeübt habe. Das Kündigungsrecht sei im Jahre 2008 auch verwirkt gewesen. In den Tarifvertragsverhandlungen im Jahre 2008 sei eine vorzeitige Kündigung nie thematisiert worden. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn eine Partei den Tarifvertrag erst kurz vor Ende der vereinbarten Laufzeit kündige, um eine ungekürzte Jahressonderzahlung zu erreichen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat deren Berufung zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist begründet. Die von der Gewerkschaft ver.di ausgesprochene Kündigung hat den TV Nr. 761 mit Ablauf des 31. Oktober 2008 beendet. Der Klägerin steht daher eine Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD zu. Weiterhin kann sie eine Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD verlangen.

10

I. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Jahressonderzahlung für das Kalenderjahr 2008 in der nach § 20 TVöD maßgebenden Höhe ergibt sich aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG.

11

1. Die Klägerin kann nach § 20 Abs. 2 TVöD eine Jahressonderzahlung iHv. 90 vH des ihr in den Monaten Juli bis September 2008 durchschnittlich gezahlten Entgelts beanspruchen.

12

2. Die Regelung des § 20 Abs. 2 TVöD wird nicht durch diejenige in § 5 Abs. 3 Fall 1 TV Nr. 761 nach dem sog. Spezialitätsprinzip verdrängt (dazu etwa BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 312/01 - Rn. 31 mwN, BAGE 125, 314). An dem nach § 20 Abs. 1 TVöD maßgebenden Stichtag(1. Dezember 2008) bestand zwischen dem TV Nr. 761 und dem TVöD keine Tarifkonkurrenz mehr, die einer Auflösung bedurft hätte. Der TV Nr. 761 endete aufgrund fristgemäßer Kündigung der Gewerkschaft ver.di mit Ablauf des 31. Oktober 2008 ohne Nachwirkung iSd. § 4 Abs. 5 TVG, die nach § 12 Abs. 3 Satz 3 TV Nr. 761 in zulässiger Weise ausgeschlossen wurde( dazu etwa BAG 11. Januar 2011 - 1 AZR 310/09 - Rn. 14, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 24; 8. Oktober 1997 - 4 AZR 87/96 - zu II 2 der Gründe, BAGE 86, 366).

13

a) Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefasst - angenommen, § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 regele kein außerordentliches Kündigungsrecht, sondern enthalte ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Tarifvertrages. Die Nichtaufnahme des Krankenhausneubaus in O in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen rechtfertige die Kündigung des Tarifvertrages. Die Kündigung sei nicht verfristet iSd. § 314 Abs. 3 BGB. Das Kündigungsrecht sei weiterhin weder verwirkt noch stelle sich dessen Ausübung im Übrigen als rechtsmissbräuchlich dar.

14

b) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen.

15

aa) Dies gilt zunächst für die Auslegung der Kündigungsbestimmung in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761.

16

(1) Die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen, die sich - wie vorliegend das Kündigungsrecht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 als Bestandteil der schuldrechtlichen Vereinbarungen eines Tarifvertrages - nicht in typisierten Vertragsvereinbarungen ausdrücken, obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Das Revisionsgericht kann die Auslegung von Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht nur daraufhin überprüfen, ob es die Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB eingehalten hat, ob gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist, ob alle erheblichen Tatsachen für die Auslegung herangezogen worden sind und ob eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist(BAG 19. September 2007 - 4 AZR 656/06 - Rn. 17, AP AÜG § 10 Nr. 17 = EzA AÜG § 13 Nr. 1).

17

(2) Die Beklagte hat keinen revisiblen Auslegungsfehler aufgezeigt.

18

(a) Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, der Begriff „Sonderkündigungsrecht“ in § 12 Abs. 4 TV Nr. 761 weise bei einem befristeten, für eine feste Laufzeit geschlossenen Tarifvertrag darauf hin, dass eine im Übrigen nicht bestehende ordentliche Kündigungsmöglichkeit geschaffen werden soll. Die Revision übersieht, dass ein außerordentliches Kündigungsrecht grundsätzlich keiner ausdrücklichen Vereinbarung bedarf (vgl. nur BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 363/96 - zu II 1.1 der Gründe, BAGE 88, 81). Deshalb ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen „gerade dieser besonders wichtige Fall“, von dem die Revision ausgeht, die Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts erforderlich machen soll. In der Folge konnte das Landesarbeitsgericht von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Vereinbarung einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit ausgehen.

19

(b) Entgegen der Auffassung der Revision musste das Landesarbeitsgericht auch nicht annehmen, die „Kürze der Frist“ in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 streite für ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund iSd. § 314 Abs. 1 BGB. Es ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Tarifvertragsparteien die Kündigungsfrist autonom bestimmen konnten. Deshalb ist der weitere Einwand der Beklagten, eine vereinbarte Kündigungsfrist, die die dreimonatige Frist des § 77 Abs. 5 BetrVG unterschreite, spreche für ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund, vorliegend unzutreffend. Die Beklagte verkennt, dass in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 nach seinem Wortlaut(nur) „ein Grund“ und nicht „ein wichtiger Grund“ iSd. § 314 Abs. 1 BGB für eine Kündigung bestimmt wird. Ob ein wichtiger Grund gegeben sein muss, ist erst durch Auslegung der Kündigungsbestimmung zu ermitteln, kann aber nicht vorausgesetzt werden.

20

(c) Weiterhin konnte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit solle nur in den vertraglich bestimmten Fällen bestehen. Zwar können die Tarifvertragsparteien, wie die Revision es meint, eine „ordentliche Kündbarkeit ohne Angabe von Gründen“ vereinbaren. Die Möglichkeit steht aber in Anbetracht des klaren Wortlauts in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 nicht der Annahme des Landesarbeitsgerichts entgegen.

21

(d) Es erweist sich auch nicht als revisibler Fehler, wenn das Landesarbeitsgericht das Wort „wenn“ in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 als eine konditionale Verknüpfung versteht. Der Wortlaut „nicht in das Krankenhausinvestitionsprogramm … aufgenommen wird“ kann ohne Rechtsfehler dahingehend ausgelegt werden, die Kündigungsmöglichkeit des § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 beziehe sich nur auf den Eintritt der genannten Voraussetzung, bindet die Ausübung des Rechts aber nicht an den Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen gegeben sind. Die Beklagte setzt auch insoweit lediglich ihre Auffassung gegen die des Landesarbeitsgerichts.

22

(e) Die weitere Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht sei bei seiner teleologischen Auslegung davon ausgegangen, ein wichtiger Grund setze ein schuldhaftes Verhalten voraus, ist unzutreffend. Das Gericht hat vielmehr ausgeführt, „typische Gründe für eine außerordentliche Kündigung eines Tarifvertrages“ seien schwere Pflichtverletzungen. Die weitere Erwägung, im Falle eines vereinbarten außerordentlichen Kündigungsgrundes läge auch die Vereinbarung einer Nachverhandlungspflicht nahe, ist nicht zu beanstanden und entspricht zudem der Rechtsprechung des Senats (so ausdrücklich 18. Juni 1997 - 4 AZR 710/95 - zu II 2.1.4 der Gründe, AP TVG § 1 Kündigung Nr. 2 = EzA TVG § 1 Fristlose Kündigung Nr. 3).

23

bb) Die Revision rügt weiterhin ohne Erfolg die vom Senat ebenfalls nur beschränkt überprüfbare Würdigung des Landesarbeitsgerichts (zu den Maßstäben BAG 15. Juni 2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 22 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Rückgruppierung Nr. 7)zur fehlenden Verwirkung des Kündigungsrechts auf aufgrund des fehlenden Umstandsmoments (dazu etwa BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 42 ff. mwN).

24

(1) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, etwaige unterlassene betriebsbedingte Kündigungen durch die Beklagte seien dem bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wirksamen Verbot betriebsbedingter Kündigungen in § 7 Abs. 1 TV Nr. 761 geschuldet und könnten schon deshalb keine Vermögensdispositionen im Vertrauen auf einen zukünftigen Verzicht der Gewerkschaft ver.di auf ein bestehendes Kündigungsrecht sein.

25

(2) Ein „besonders“ schützenswertes Vertrauen, von einem Kündigungsrecht nicht Gebrauch zu machen, musste das Landesarbeitsgericht auch nicht aufgrund des von der Betriebsgruppe im Juli 2008 der Gewerkschaft ver.di verteilten „Infoblatts“ annehmen. In diesem wird - zum damaligen Zeitpunkt zutreffend - lediglich auf die Laufzeit des TV Nr. 761 hingewiesen.

26

(3) Das Landesarbeitsgericht ist in der Sache weiterhin rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, es obliege der autonomen Entscheidung einer Tarifvertragspartei, ob und unter welchen Umständen sie von einem „an sich“ bestehenden Kündigungsrecht Gebrauch mache. Nach dem Inhalt der maßgebenden tariflichen Regelung ist diese nicht, wie es offensichtlich die Beklagte meint, an bestimmte Kündigungsmotive gebunden.

27

(4) Deshalb ist auch ihr weiterer Einwand unzutreffend, es gelte ein „Verbot des Bereithaltens eines Kündigungsgrundes ‚auf Vorrat‘“. Das entstandene Kündigungsrecht geriet nicht allein durch eine weitere Geltung des Tarifvertrages in Wegfall. Das Landesarbeitsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise mit Recht auf die komplexen, bei Tarifvertragsverhandlungen zu berücksichtigenden Umstände hingewiesen, von der eine Ausübung eines Kündigungsrechts abhängen kann. Deshalb könnten die Maßstäbe bei einer arbeitgeberseitigen (verhaltensbedingten) Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht auf die vorliegende Situation übertragen werden.

28

cc) Schließlich lässt die gleichfalls nur eingeschränkt überprüfbare Würdigung des Landesarbeitsgerichts (oben I 2 b bb), die Gewerkschaft ver.di habe „das für die Arbeitnehmer günstige Ergebnis“ der „Jahressonderzahlung“ bei der Ausübung des Kündigungsrechts ohne Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) berücksichtigen können, keinen Rechtsfehler erkennen. Dass die Beklagte von dem ihr gleichfalls zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, führt nicht zu einem Rechtsmissbrauch durch die kündigende Gewerkschaft ver.di. Es trifft auch nicht zu, dass durch den Kündigungszeitpunkt nur „zugunsten der Arbeitnehmer alle Vorteile aus dem Notlagentarifvertrag realisiert waren“. Die Beklagte musste ua. in den vorangegangenen Jahren lediglich eine gegenüber § 20 TVöD geminderte Jahressonderzahlung leisten.

29

II. Die Klägerin kann weiterhin für die Monate November und Dezember 2008 eine Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD verlangen.

30

III. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB, § 24 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 5 Satz 1 TVöD.

31

IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Steding    

        

    Rupprecht    

                 

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

13
cc) Eine insolvenzabhängige Lösungsklausel ist bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie nach § 119 InsO unwirksam, wenn sie im Voraus die Anwendung des § 103 InsO ausschließt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vereinbarung einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 Rn. 11). Die vom Rechtsausschuss des Bundestages befürwortete Zulässigkeit vertraglicher Lösungsklauseln (BT-Drucks. 12/7302, S. 170 zu § 137 RegE) hat im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden und widerspricht den Zielsetzungen des § 103 InsO. Der Zweck des Erfüllungswahlrechts ist es, die Masse zu schützen und im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 13. Aufl., § 103 Rn. 1 ff; zu § 17 KO vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1988 - IX ZR 50/88, BGHZ 106, 236, 244). Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlaufen kann (HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Dahl, NJWSpezial , 2008, 373, 374).

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30. Dezember 2010 - 3 Sa 894/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Jahressonderzahlung sowie die Zahlung einer monatlichen Zulage und in diesem Zusammenhang über die Wirksamkeit der Kündigung eines Tarifvertrages.

2

Die Klägerin ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Gewerkschaft ver.di) und seit dem 1. Mai 1990 bei der Beklagten und ihrem Rechtsvorgänger, dem Schwalm-Eder-Kreis, als Krankenschwester beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging vom Schwalm-Eder-Kreis auf die Schwalm-Eder-Kliniken GmbH (GmbH) über, deren Gesellschafter zunächst die vormalige Arbeitgeberin war. Die GmbH war bis zum Ende des Jahres 2008 Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen e. V. (KAV). Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH beschloss der Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises im Jahre 2004 ein Rahmensanierungskonzept, das neben dem Abschluss eines sog. Notlagentarifvertrages ua. einen Krankenhausneubau in O vorsah. Am 21. Juli 2004 schlossen die Gewerkschaft ver.di einerseits sowie der KAV und die GmbH andererseits die „Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 761, Bezirklicher Tarifvertrag über einen Beitrag der Arbeitnehmer zur Sanierung der Schwalm-Eder-Kliniken GmbH“ (TV Nr. 761), die die Tarifvertragsparteien mit der „Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 797“ mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 in Anbetracht des zum gleichen Tag in Kraft tretenden Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (vom 13. September 2005 - TVöD) sowie für den Bereich der Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen des Besonderen Teils Krankenhäuser (BT-K) anpassten. Der TV Nr. 761 sieht eine Verkürzung der Arbeitszeit ohne Entgeltausgleich (§ 4)und den Ausschluss von betriebsbedingten Beendigungskündigungen (§ 7) vor. Daneben regelt der Tarifvertrag ua. noch Folgendes:

        

㤠5 Jahressonderzahlung, Sonderzahlung

        

...     

        

(3)     

Für die Jahre 2007 und 2008 beträgt die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD

                 

in den Entgeltgruppen 1 - 8

15,84 v. H.,

                 

in den Entgeltgruppen 9 - 12

6,48 v. H.,

                 

in den Entgeltgruppen 13 - 15

4,86 v. H.

                 

des tariflich maßgebenden Entgelts.

        

...     

        
        

§ 12 In-Kraft-Treten, Laufzeit, Außer-Kraft-Treten

        

(1)     

Diese Tarifvertragliche Vereinbarung tritt mit Wirkung vom 1. Juli 2004 in Kraft.

        

(2)     

Sie endet mit Ablauf des 31. Dezember 2008, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

(3)     

Wenn der Krankenhausneubau O nicht in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen aufgenommen wird, kann diese Tarifvertragliche Vereinbarung von jeder Partei mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden. Diese Tarifvertragliche Vereinbarung endet dann zu diesem Zeitpunkt. Eine Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG ist ausgeschlossen.

        

(4)     

Abgesehen von den in § 7 Abs. 2 Unterabs. 3 Satz 2, § 11 Abs. 2 Satz 2 und § 12 Abs. 3 dieser Tarifvertraglichen Vereinbarung geregelten Sonderkündigungsrechten ist eine vorherige Kündigung ausgeschlossen.

        

(5)     

Eine Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG ist ausgeschlossen.“

3

Die Gesellschafterversammlung der GmbH beschloss am 21. März 2006 kein neues Krankenhaus in O zu errichten. Am 3. Juli 2006 hob der Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises die Beschlüsse zum Rahmensanierungskonzept einschließlich des Krankenhausneubaus in O auf. In dem gegen Ende des Jahres 2006 veröffentlichten Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen, war ein Krankenhausneubau in O nicht vorgesehen. Der Schwalm-Eder-Kreis veräußerte im Jahre 2007 seine Gesellschaftsanteile an der GmbH, die nachfolgend in die jetzige Beklagte umfirmierte. In den ab Juni 2008 zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Beklagten geführten Verhandlungen über einen neuen Sanierungstarifvertrag konnte keine Einigung erreicht werden. Die Gewerkschaft ver.di kündigte im September 2008 den TV Nr. 761 zum 31. Oktober 2008 unter Hinweis auf das in § 12 Abs. 3 TV Nr. 761 geregelte Kündigungsrecht.

4

Die Beklagte zahlte der Klägerin in Anwendung des § 5 Abs. 3 Fall 1 TV Nr. 761 mit dem Entgelt für den Monat November 2008 eine Jahressonderzahlung iHv. 492,97 Euro. Im April 2009 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Zahlung einer ungekürzten Jahressonderzahlung für das Jahr 2008 sowie einer Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD für die Monate November und Dezember 2008 erfolglos geltend.

5

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, der TV Nr. 761 sei wirksam zum 31. Oktober 2008 gekündigt worden.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.369,90 Euro brutto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 1. Dezember 2008 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 50,00 Euro brutto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 25,00 Euro seit dem 1. Dezember 2008 und aus 25,00 Euro seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Meinung, in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 sei ein außerordentliches Kündigungsrecht vereinbart, das die Gewerkschaft ver.di nicht binnen angemessener Frist nach Kenntnis über die Nichtaufnahme des Krankenhausneubaus in O in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 ausgeübt habe. Das Kündigungsrecht sei im Jahre 2008 auch verwirkt gewesen. In den Tarifvertragsverhandlungen im Jahre 2008 sei eine vorzeitige Kündigung nie thematisiert worden. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn eine Partei den Tarifvertrag erst kurz vor Ende der vereinbarten Laufzeit kündige, um eine ungekürzte Jahressonderzahlung zu erreichen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat deren Berufung zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist begründet. Die von der Gewerkschaft ver.di ausgesprochene Kündigung hat den TV Nr. 761 mit Ablauf des 31. Oktober 2008 beendet. Der Klägerin steht daher eine Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD zu. Weiterhin kann sie eine Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD verlangen.

10

I. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Jahressonderzahlung für das Kalenderjahr 2008 in der nach § 20 TVöD maßgebenden Höhe ergibt sich aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG.

11

1. Die Klägerin kann nach § 20 Abs. 2 TVöD eine Jahressonderzahlung iHv. 90 vH des ihr in den Monaten Juli bis September 2008 durchschnittlich gezahlten Entgelts beanspruchen.

12

2. Die Regelung des § 20 Abs. 2 TVöD wird nicht durch diejenige in § 5 Abs. 3 Fall 1 TV Nr. 761 nach dem sog. Spezialitätsprinzip verdrängt (dazu etwa BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 312/01 - Rn. 31 mwN, BAGE 125, 314). An dem nach § 20 Abs. 1 TVöD maßgebenden Stichtag(1. Dezember 2008) bestand zwischen dem TV Nr. 761 und dem TVöD keine Tarifkonkurrenz mehr, die einer Auflösung bedurft hätte. Der TV Nr. 761 endete aufgrund fristgemäßer Kündigung der Gewerkschaft ver.di mit Ablauf des 31. Oktober 2008 ohne Nachwirkung iSd. § 4 Abs. 5 TVG, die nach § 12 Abs. 3 Satz 3 TV Nr. 761 in zulässiger Weise ausgeschlossen wurde( dazu etwa BAG 11. Januar 2011 - 1 AZR 310/09 - Rn. 14, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 24; 8. Oktober 1997 - 4 AZR 87/96 - zu II 2 der Gründe, BAGE 86, 366).

13

a) Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefasst - angenommen, § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 regele kein außerordentliches Kündigungsrecht, sondern enthalte ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Tarifvertrages. Die Nichtaufnahme des Krankenhausneubaus in O in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen rechtfertige die Kündigung des Tarifvertrages. Die Kündigung sei nicht verfristet iSd. § 314 Abs. 3 BGB. Das Kündigungsrecht sei weiterhin weder verwirkt noch stelle sich dessen Ausübung im Übrigen als rechtsmissbräuchlich dar.

14

b) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen.

15

aa) Dies gilt zunächst für die Auslegung der Kündigungsbestimmung in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761.

16

(1) Die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen, die sich - wie vorliegend das Kündigungsrecht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 als Bestandteil der schuldrechtlichen Vereinbarungen eines Tarifvertrages - nicht in typisierten Vertragsvereinbarungen ausdrücken, obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Das Revisionsgericht kann die Auslegung von Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht nur daraufhin überprüfen, ob es die Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB eingehalten hat, ob gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist, ob alle erheblichen Tatsachen für die Auslegung herangezogen worden sind und ob eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist(BAG 19. September 2007 - 4 AZR 656/06 - Rn. 17, AP AÜG § 10 Nr. 17 = EzA AÜG § 13 Nr. 1).

17

(2) Die Beklagte hat keinen revisiblen Auslegungsfehler aufgezeigt.

18

(a) Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, der Begriff „Sonderkündigungsrecht“ in § 12 Abs. 4 TV Nr. 761 weise bei einem befristeten, für eine feste Laufzeit geschlossenen Tarifvertrag darauf hin, dass eine im Übrigen nicht bestehende ordentliche Kündigungsmöglichkeit geschaffen werden soll. Die Revision übersieht, dass ein außerordentliches Kündigungsrecht grundsätzlich keiner ausdrücklichen Vereinbarung bedarf (vgl. nur BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 363/96 - zu II 1.1 der Gründe, BAGE 88, 81). Deshalb ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen „gerade dieser besonders wichtige Fall“, von dem die Revision ausgeht, die Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts erforderlich machen soll. In der Folge konnte das Landesarbeitsgericht von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Vereinbarung einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit ausgehen.

19

(b) Entgegen der Auffassung der Revision musste das Landesarbeitsgericht auch nicht annehmen, die „Kürze der Frist“ in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 streite für ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund iSd. § 314 Abs. 1 BGB. Es ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Tarifvertragsparteien die Kündigungsfrist autonom bestimmen konnten. Deshalb ist der weitere Einwand der Beklagten, eine vereinbarte Kündigungsfrist, die die dreimonatige Frist des § 77 Abs. 5 BetrVG unterschreite, spreche für ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund, vorliegend unzutreffend. Die Beklagte verkennt, dass in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 nach seinem Wortlaut(nur) „ein Grund“ und nicht „ein wichtiger Grund“ iSd. § 314 Abs. 1 BGB für eine Kündigung bestimmt wird. Ob ein wichtiger Grund gegeben sein muss, ist erst durch Auslegung der Kündigungsbestimmung zu ermitteln, kann aber nicht vorausgesetzt werden.

20

(c) Weiterhin konnte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit solle nur in den vertraglich bestimmten Fällen bestehen. Zwar können die Tarifvertragsparteien, wie die Revision es meint, eine „ordentliche Kündbarkeit ohne Angabe von Gründen“ vereinbaren. Die Möglichkeit steht aber in Anbetracht des klaren Wortlauts in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 nicht der Annahme des Landesarbeitsgerichts entgegen.

21

(d) Es erweist sich auch nicht als revisibler Fehler, wenn das Landesarbeitsgericht das Wort „wenn“ in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 als eine konditionale Verknüpfung versteht. Der Wortlaut „nicht in das Krankenhausinvestitionsprogramm … aufgenommen wird“ kann ohne Rechtsfehler dahingehend ausgelegt werden, die Kündigungsmöglichkeit des § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 beziehe sich nur auf den Eintritt der genannten Voraussetzung, bindet die Ausübung des Rechts aber nicht an den Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen gegeben sind. Die Beklagte setzt auch insoweit lediglich ihre Auffassung gegen die des Landesarbeitsgerichts.

22

(e) Die weitere Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht sei bei seiner teleologischen Auslegung davon ausgegangen, ein wichtiger Grund setze ein schuldhaftes Verhalten voraus, ist unzutreffend. Das Gericht hat vielmehr ausgeführt, „typische Gründe für eine außerordentliche Kündigung eines Tarifvertrages“ seien schwere Pflichtverletzungen. Die weitere Erwägung, im Falle eines vereinbarten außerordentlichen Kündigungsgrundes läge auch die Vereinbarung einer Nachverhandlungspflicht nahe, ist nicht zu beanstanden und entspricht zudem der Rechtsprechung des Senats (so ausdrücklich 18. Juni 1997 - 4 AZR 710/95 - zu II 2.1.4 der Gründe, AP TVG § 1 Kündigung Nr. 2 = EzA TVG § 1 Fristlose Kündigung Nr. 3).

23

bb) Die Revision rügt weiterhin ohne Erfolg die vom Senat ebenfalls nur beschränkt überprüfbare Würdigung des Landesarbeitsgerichts (zu den Maßstäben BAG 15. Juni 2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 22 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Rückgruppierung Nr. 7)zur fehlenden Verwirkung des Kündigungsrechts auf aufgrund des fehlenden Umstandsmoments (dazu etwa BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 42 ff. mwN).

24

(1) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, etwaige unterlassene betriebsbedingte Kündigungen durch die Beklagte seien dem bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wirksamen Verbot betriebsbedingter Kündigungen in § 7 Abs. 1 TV Nr. 761 geschuldet und könnten schon deshalb keine Vermögensdispositionen im Vertrauen auf einen zukünftigen Verzicht der Gewerkschaft ver.di auf ein bestehendes Kündigungsrecht sein.

25

(2) Ein „besonders“ schützenswertes Vertrauen, von einem Kündigungsrecht nicht Gebrauch zu machen, musste das Landesarbeitsgericht auch nicht aufgrund des von der Betriebsgruppe im Juli 2008 der Gewerkschaft ver.di verteilten „Infoblatts“ annehmen. In diesem wird - zum damaligen Zeitpunkt zutreffend - lediglich auf die Laufzeit des TV Nr. 761 hingewiesen.

26

(3) Das Landesarbeitsgericht ist in der Sache weiterhin rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, es obliege der autonomen Entscheidung einer Tarifvertragspartei, ob und unter welchen Umständen sie von einem „an sich“ bestehenden Kündigungsrecht Gebrauch mache. Nach dem Inhalt der maßgebenden tariflichen Regelung ist diese nicht, wie es offensichtlich die Beklagte meint, an bestimmte Kündigungsmotive gebunden.

27

(4) Deshalb ist auch ihr weiterer Einwand unzutreffend, es gelte ein „Verbot des Bereithaltens eines Kündigungsgrundes ‚auf Vorrat‘“. Das entstandene Kündigungsrecht geriet nicht allein durch eine weitere Geltung des Tarifvertrages in Wegfall. Das Landesarbeitsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise mit Recht auf die komplexen, bei Tarifvertragsverhandlungen zu berücksichtigenden Umstände hingewiesen, von der eine Ausübung eines Kündigungsrechts abhängen kann. Deshalb könnten die Maßstäbe bei einer arbeitgeberseitigen (verhaltensbedingten) Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht auf die vorliegende Situation übertragen werden.

28

cc) Schließlich lässt die gleichfalls nur eingeschränkt überprüfbare Würdigung des Landesarbeitsgerichts (oben I 2 b bb), die Gewerkschaft ver.di habe „das für die Arbeitnehmer günstige Ergebnis“ der „Jahressonderzahlung“ bei der Ausübung des Kündigungsrechts ohne Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) berücksichtigen können, keinen Rechtsfehler erkennen. Dass die Beklagte von dem ihr gleichfalls zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, führt nicht zu einem Rechtsmissbrauch durch die kündigende Gewerkschaft ver.di. Es trifft auch nicht zu, dass durch den Kündigungszeitpunkt nur „zugunsten der Arbeitnehmer alle Vorteile aus dem Notlagentarifvertrag realisiert waren“. Die Beklagte musste ua. in den vorangegangenen Jahren lediglich eine gegenüber § 20 TVöD geminderte Jahressonderzahlung leisten.

29

II. Die Klägerin kann weiterhin für die Monate November und Dezember 2008 eine Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD verlangen.

30

III. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB, § 24 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 5 Satz 1 TVöD.

31

IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Steding    

        

    Rupprecht    

                 

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30. Dezember 2010 - 3 Sa 894/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Jahressonderzahlung sowie die Zahlung einer monatlichen Zulage und in diesem Zusammenhang über die Wirksamkeit der Kündigung eines Tarifvertrages.

2

Die Klägerin ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Gewerkschaft ver.di) und seit dem 1. Mai 1990 bei der Beklagten und ihrem Rechtsvorgänger, dem Schwalm-Eder-Kreis, als Krankenschwester beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging vom Schwalm-Eder-Kreis auf die Schwalm-Eder-Kliniken GmbH (GmbH) über, deren Gesellschafter zunächst die vormalige Arbeitgeberin war. Die GmbH war bis zum Ende des Jahres 2008 Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen e. V. (KAV). Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH beschloss der Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises im Jahre 2004 ein Rahmensanierungskonzept, das neben dem Abschluss eines sog. Notlagentarifvertrages ua. einen Krankenhausneubau in O vorsah. Am 21. Juli 2004 schlossen die Gewerkschaft ver.di einerseits sowie der KAV und die GmbH andererseits die „Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 761, Bezirklicher Tarifvertrag über einen Beitrag der Arbeitnehmer zur Sanierung der Schwalm-Eder-Kliniken GmbH“ (TV Nr. 761), die die Tarifvertragsparteien mit der „Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 797“ mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 in Anbetracht des zum gleichen Tag in Kraft tretenden Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (vom 13. September 2005 - TVöD) sowie für den Bereich der Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen des Besonderen Teils Krankenhäuser (BT-K) anpassten. Der TV Nr. 761 sieht eine Verkürzung der Arbeitszeit ohne Entgeltausgleich (§ 4)und den Ausschluss von betriebsbedingten Beendigungskündigungen (§ 7) vor. Daneben regelt der Tarifvertrag ua. noch Folgendes:

        

㤠5 Jahressonderzahlung, Sonderzahlung

        

...     

        

(3)     

Für die Jahre 2007 und 2008 beträgt die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD

                 

in den Entgeltgruppen 1 - 8

15,84 v. H.,

                 

in den Entgeltgruppen 9 - 12

6,48 v. H.,

                 

in den Entgeltgruppen 13 - 15

4,86 v. H.

                 

des tariflich maßgebenden Entgelts.

        

...     

        
        

§ 12 In-Kraft-Treten, Laufzeit, Außer-Kraft-Treten

        

(1)     

Diese Tarifvertragliche Vereinbarung tritt mit Wirkung vom 1. Juli 2004 in Kraft.

        

(2)     

Sie endet mit Ablauf des 31. Dezember 2008, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

(3)     

Wenn der Krankenhausneubau O nicht in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen aufgenommen wird, kann diese Tarifvertragliche Vereinbarung von jeder Partei mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden. Diese Tarifvertragliche Vereinbarung endet dann zu diesem Zeitpunkt. Eine Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG ist ausgeschlossen.

        

(4)     

Abgesehen von den in § 7 Abs. 2 Unterabs. 3 Satz 2, § 11 Abs. 2 Satz 2 und § 12 Abs. 3 dieser Tarifvertraglichen Vereinbarung geregelten Sonderkündigungsrechten ist eine vorherige Kündigung ausgeschlossen.

        

(5)     

Eine Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG ist ausgeschlossen.“

3

Die Gesellschafterversammlung der GmbH beschloss am 21. März 2006 kein neues Krankenhaus in O zu errichten. Am 3. Juli 2006 hob der Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises die Beschlüsse zum Rahmensanierungskonzept einschließlich des Krankenhausneubaus in O auf. In dem gegen Ende des Jahres 2006 veröffentlichten Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen, war ein Krankenhausneubau in O nicht vorgesehen. Der Schwalm-Eder-Kreis veräußerte im Jahre 2007 seine Gesellschaftsanteile an der GmbH, die nachfolgend in die jetzige Beklagte umfirmierte. In den ab Juni 2008 zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Beklagten geführten Verhandlungen über einen neuen Sanierungstarifvertrag konnte keine Einigung erreicht werden. Die Gewerkschaft ver.di kündigte im September 2008 den TV Nr. 761 zum 31. Oktober 2008 unter Hinweis auf das in § 12 Abs. 3 TV Nr. 761 geregelte Kündigungsrecht.

4

Die Beklagte zahlte der Klägerin in Anwendung des § 5 Abs. 3 Fall 1 TV Nr. 761 mit dem Entgelt für den Monat November 2008 eine Jahressonderzahlung iHv. 492,97 Euro. Im April 2009 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Zahlung einer ungekürzten Jahressonderzahlung für das Jahr 2008 sowie einer Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD für die Monate November und Dezember 2008 erfolglos geltend.

5

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, der TV Nr. 761 sei wirksam zum 31. Oktober 2008 gekündigt worden.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.369,90 Euro brutto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 1. Dezember 2008 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 50,00 Euro brutto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 25,00 Euro seit dem 1. Dezember 2008 und aus 25,00 Euro seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Meinung, in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 sei ein außerordentliches Kündigungsrecht vereinbart, das die Gewerkschaft ver.di nicht binnen angemessener Frist nach Kenntnis über die Nichtaufnahme des Krankenhausneubaus in O in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 ausgeübt habe. Das Kündigungsrecht sei im Jahre 2008 auch verwirkt gewesen. In den Tarifvertragsverhandlungen im Jahre 2008 sei eine vorzeitige Kündigung nie thematisiert worden. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn eine Partei den Tarifvertrag erst kurz vor Ende der vereinbarten Laufzeit kündige, um eine ungekürzte Jahressonderzahlung zu erreichen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat deren Berufung zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist begründet. Die von der Gewerkschaft ver.di ausgesprochene Kündigung hat den TV Nr. 761 mit Ablauf des 31. Oktober 2008 beendet. Der Klägerin steht daher eine Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD zu. Weiterhin kann sie eine Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD verlangen.

10

I. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Jahressonderzahlung für das Kalenderjahr 2008 in der nach § 20 TVöD maßgebenden Höhe ergibt sich aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG.

11

1. Die Klägerin kann nach § 20 Abs. 2 TVöD eine Jahressonderzahlung iHv. 90 vH des ihr in den Monaten Juli bis September 2008 durchschnittlich gezahlten Entgelts beanspruchen.

12

2. Die Regelung des § 20 Abs. 2 TVöD wird nicht durch diejenige in § 5 Abs. 3 Fall 1 TV Nr. 761 nach dem sog. Spezialitätsprinzip verdrängt (dazu etwa BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 312/01 - Rn. 31 mwN, BAGE 125, 314). An dem nach § 20 Abs. 1 TVöD maßgebenden Stichtag(1. Dezember 2008) bestand zwischen dem TV Nr. 761 und dem TVöD keine Tarifkonkurrenz mehr, die einer Auflösung bedurft hätte. Der TV Nr. 761 endete aufgrund fristgemäßer Kündigung der Gewerkschaft ver.di mit Ablauf des 31. Oktober 2008 ohne Nachwirkung iSd. § 4 Abs. 5 TVG, die nach § 12 Abs. 3 Satz 3 TV Nr. 761 in zulässiger Weise ausgeschlossen wurde( dazu etwa BAG 11. Januar 2011 - 1 AZR 310/09 - Rn. 14, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 24; 8. Oktober 1997 - 4 AZR 87/96 - zu II 2 der Gründe, BAGE 86, 366).

13

a) Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefasst - angenommen, § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 regele kein außerordentliches Kündigungsrecht, sondern enthalte ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Tarifvertrages. Die Nichtaufnahme des Krankenhausneubaus in O in das Krankenhausinvestitionsprogramm 2007 bis 2011 des Landes Hessen rechtfertige die Kündigung des Tarifvertrages. Die Kündigung sei nicht verfristet iSd. § 314 Abs. 3 BGB. Das Kündigungsrecht sei weiterhin weder verwirkt noch stelle sich dessen Ausübung im Übrigen als rechtsmissbräuchlich dar.

14

b) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen.

15

aa) Dies gilt zunächst für die Auslegung der Kündigungsbestimmung in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761.

16

(1) Die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen, die sich - wie vorliegend das Kündigungsrecht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 als Bestandteil der schuldrechtlichen Vereinbarungen eines Tarifvertrages - nicht in typisierten Vertragsvereinbarungen ausdrücken, obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Das Revisionsgericht kann die Auslegung von Willenserklärungen durch das Landesarbeitsgericht nur daraufhin überprüfen, ob es die Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB eingehalten hat, ob gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist, ob alle erheblichen Tatsachen für die Auslegung herangezogen worden sind und ob eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist(BAG 19. September 2007 - 4 AZR 656/06 - Rn. 17, AP AÜG § 10 Nr. 17 = EzA AÜG § 13 Nr. 1).

17

(2) Die Beklagte hat keinen revisiblen Auslegungsfehler aufgezeigt.

18

(a) Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, der Begriff „Sonderkündigungsrecht“ in § 12 Abs. 4 TV Nr. 761 weise bei einem befristeten, für eine feste Laufzeit geschlossenen Tarifvertrag darauf hin, dass eine im Übrigen nicht bestehende ordentliche Kündigungsmöglichkeit geschaffen werden soll. Die Revision übersieht, dass ein außerordentliches Kündigungsrecht grundsätzlich keiner ausdrücklichen Vereinbarung bedarf (vgl. nur BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 363/96 - zu II 1.1 der Gründe, BAGE 88, 81). Deshalb ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen „gerade dieser besonders wichtige Fall“, von dem die Revision ausgeht, die Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts erforderlich machen soll. In der Folge konnte das Landesarbeitsgericht von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Vereinbarung einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit ausgehen.

19

(b) Entgegen der Auffassung der Revision musste das Landesarbeitsgericht auch nicht annehmen, die „Kürze der Frist“ in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 streite für ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund iSd. § 314 Abs. 1 BGB. Es ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Tarifvertragsparteien die Kündigungsfrist autonom bestimmen konnten. Deshalb ist der weitere Einwand der Beklagten, eine vereinbarte Kündigungsfrist, die die dreimonatige Frist des § 77 Abs. 5 BetrVG unterschreite, spreche für ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund, vorliegend unzutreffend. Die Beklagte verkennt, dass in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 nach seinem Wortlaut(nur) „ein Grund“ und nicht „ein wichtiger Grund“ iSd. § 314 Abs. 1 BGB für eine Kündigung bestimmt wird. Ob ein wichtiger Grund gegeben sein muss, ist erst durch Auslegung der Kündigungsbestimmung zu ermitteln, kann aber nicht vorausgesetzt werden.

20

(c) Weiterhin konnte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit solle nur in den vertraglich bestimmten Fällen bestehen. Zwar können die Tarifvertragsparteien, wie die Revision es meint, eine „ordentliche Kündbarkeit ohne Angabe von Gründen“ vereinbaren. Die Möglichkeit steht aber in Anbetracht des klaren Wortlauts in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 nicht der Annahme des Landesarbeitsgerichts entgegen.

21

(d) Es erweist sich auch nicht als revisibler Fehler, wenn das Landesarbeitsgericht das Wort „wenn“ in § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 als eine konditionale Verknüpfung versteht. Der Wortlaut „nicht in das Krankenhausinvestitionsprogramm … aufgenommen wird“ kann ohne Rechtsfehler dahingehend ausgelegt werden, die Kündigungsmöglichkeit des § 12 Abs. 3 Satz 1 TV Nr. 761 beziehe sich nur auf den Eintritt der genannten Voraussetzung, bindet die Ausübung des Rechts aber nicht an den Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen gegeben sind. Die Beklagte setzt auch insoweit lediglich ihre Auffassung gegen die des Landesarbeitsgerichts.

22

(e) Die weitere Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht sei bei seiner teleologischen Auslegung davon ausgegangen, ein wichtiger Grund setze ein schuldhaftes Verhalten voraus, ist unzutreffend. Das Gericht hat vielmehr ausgeführt, „typische Gründe für eine außerordentliche Kündigung eines Tarifvertrages“ seien schwere Pflichtverletzungen. Die weitere Erwägung, im Falle eines vereinbarten außerordentlichen Kündigungsgrundes läge auch die Vereinbarung einer Nachverhandlungspflicht nahe, ist nicht zu beanstanden und entspricht zudem der Rechtsprechung des Senats (so ausdrücklich 18. Juni 1997 - 4 AZR 710/95 - zu II 2.1.4 der Gründe, AP TVG § 1 Kündigung Nr. 2 = EzA TVG § 1 Fristlose Kündigung Nr. 3).

23

bb) Die Revision rügt weiterhin ohne Erfolg die vom Senat ebenfalls nur beschränkt überprüfbare Würdigung des Landesarbeitsgerichts (zu den Maßstäben BAG 15. Juni 2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 22 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Rückgruppierung Nr. 7)zur fehlenden Verwirkung des Kündigungsrechts auf aufgrund des fehlenden Umstandsmoments (dazu etwa BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 42 ff. mwN).

24

(1) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, etwaige unterlassene betriebsbedingte Kündigungen durch die Beklagte seien dem bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wirksamen Verbot betriebsbedingter Kündigungen in § 7 Abs. 1 TV Nr. 761 geschuldet und könnten schon deshalb keine Vermögensdispositionen im Vertrauen auf einen zukünftigen Verzicht der Gewerkschaft ver.di auf ein bestehendes Kündigungsrecht sein.

25

(2) Ein „besonders“ schützenswertes Vertrauen, von einem Kündigungsrecht nicht Gebrauch zu machen, musste das Landesarbeitsgericht auch nicht aufgrund des von der Betriebsgruppe im Juli 2008 der Gewerkschaft ver.di verteilten „Infoblatts“ annehmen. In diesem wird - zum damaligen Zeitpunkt zutreffend - lediglich auf die Laufzeit des TV Nr. 761 hingewiesen.

26

(3) Das Landesarbeitsgericht ist in der Sache weiterhin rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, es obliege der autonomen Entscheidung einer Tarifvertragspartei, ob und unter welchen Umständen sie von einem „an sich“ bestehenden Kündigungsrecht Gebrauch mache. Nach dem Inhalt der maßgebenden tariflichen Regelung ist diese nicht, wie es offensichtlich die Beklagte meint, an bestimmte Kündigungsmotive gebunden.

27

(4) Deshalb ist auch ihr weiterer Einwand unzutreffend, es gelte ein „Verbot des Bereithaltens eines Kündigungsgrundes ‚auf Vorrat‘“. Das entstandene Kündigungsrecht geriet nicht allein durch eine weitere Geltung des Tarifvertrages in Wegfall. Das Landesarbeitsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise mit Recht auf die komplexen, bei Tarifvertragsverhandlungen zu berücksichtigenden Umstände hingewiesen, von der eine Ausübung eines Kündigungsrechts abhängen kann. Deshalb könnten die Maßstäbe bei einer arbeitgeberseitigen (verhaltensbedingten) Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht auf die vorliegende Situation übertragen werden.

28

cc) Schließlich lässt die gleichfalls nur eingeschränkt überprüfbare Würdigung des Landesarbeitsgerichts (oben I 2 b bb), die Gewerkschaft ver.di habe „das für die Arbeitnehmer günstige Ergebnis“ der „Jahressonderzahlung“ bei der Ausübung des Kündigungsrechts ohne Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) berücksichtigen können, keinen Rechtsfehler erkennen. Dass die Beklagte von dem ihr gleichfalls zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, führt nicht zu einem Rechtsmissbrauch durch die kündigende Gewerkschaft ver.di. Es trifft auch nicht zu, dass durch den Kündigungszeitpunkt nur „zugunsten der Arbeitnehmer alle Vorteile aus dem Notlagentarifvertrag realisiert waren“. Die Beklagte musste ua. in den vorangegangenen Jahren lediglich eine gegenüber § 20 TVöD geminderte Jahressonderzahlung leisten.

29

II. Die Klägerin kann weiterhin für die Monate November und Dezember 2008 eine Zulage nach § 52 Abs. 3 TVöD-BT-K iVm. § 15 Abs. 1 TVöD verlangen.

30

III. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB, § 24 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 5 Satz 1 TVöD.

31

IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Steding    

        

    Rupprecht    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.