Landesarbeitsgericht München Urteil, 27. Okt. 2016 - 3 Sa 370/16

bei uns veröffentlicht am27.10.2016
vorgehend
Arbeitsgericht Kempten, 5 Ca 2239/15, 14.04.2016

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 14.04.2016 - 5 Ca 2239/15 - in Ziffern 2 und 3 abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.088,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.04.2016 zu zahlen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den erstinstanzlichen Kosten hat der Kläger 8/100 und die Beklagte 92/100 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 12/100 und der Beklagten zu 88/100 auferlegt.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für die Monate Mai 2015 bis Oktober 2015 Anspruch auf Zahlung von Zuschlägen für Nachtarbeit und Sonntagsnachtarbeit hat.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.09.2008 beschäftigt, und zwar zunächst als Lagerarbeiter in Wechselschicht und gegenwärtig als Gruppenleiter im Betriebsteil E. (KSt 88). Nach Ziff. 11 des Arbeitsvertrags vom 18.08.2008 finden die jeweils gültigen tarifvertraglichen Regelungen Anwendung. Der insoweit in Bezug genommene Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe in Bayern (Anlage K3 = Bl. 15 ff. d. A. und K20 = Bl. 170 ff. d. A.; im Fol genden: MTV) enthält in § 11 Bestimmungen über Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit:

„I. Allgemein

1. Für Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit wird ein Zuschlag zum tariflichen Stundenlohn bezahlt …

2. Jede angefangene halbe Stunde wird als halbe Stunde gerechnet und mit den jeweiligen Zuschlägen vergütet. Arbeitszeitüberschreitungen bis zu 10 Minuten werden nicht vergütet.

3. Beim Zusammentreffen von mehreren Zeitzuschlägen wird nur der jeweils höchste gewährt, es sei denn, es handelt sich um Mehrarbeit im Schichtdienst bzw. im zeitversetzten Dienst.

4. …

II. …

III. Nachtarbeit:

1. Für Nachtarbeit in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr ist ein Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 50% zum tariflichen Stundenlohn zu zahlen.

2. ...

IV. Sonn- und Feiertagsarbeit:

1. Sonn- und Feiertagsarbeit ist die an diesen Tagen zwischen 00.00 Uhr und 24.00 Uhr geleistete Arbeit.

3. Die Zuschläge betragen:

a) für Sonntagsarbeit 50% zum tariflichen Stundenlohn

b) für Sonntagsnachtarbeit 100% zum tariflichen Stundenlohn

c) für Feiertagsarbeit 100% zum tariflichen Stundenlohn.

V. Schichtarbeit/zeitversetzter Dienst:

1. Schichtarbeit kann eingeführt werden. Regelmäßige Schichtarbeit liegt vor, sofern sie länger als eine Woche dauert. Die Einteilung zur regelmäßigen Schichtarbeit ist dem Arbeitnehmer spätestens drei Arbeitstage vor ihrem Inkrafttreten mitzuteilen.

Anmerkung zum Begriff „Schichtarbeit“: a) Schichtarbeit liegt vor, wenn in einem Betrieb oder Betriebsteil regelmäßig nach Schichtplan in mindestens 2 Schichten durchlaufend gearbeitet wird, wobei der Einsatz des Personals in regelmäßigen Wechsel zu erfolgen hat.

b) Zeitversetzter Dienst liegt vor, wenn von der regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit abgewichen wird. Sie wird nach den betrieblichen Notwendigkeiten einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer festgesetzt und ist mindestens drei Tage vorher bekannt zu geben. Zeitversetzter Dienst ist nur dann gegeben, wenn mehr als drei Stunden von der regelmäßigen, täglichen betrieblichen Normalarbeitszeit abgewichen wird. Zeitversetzter Dienst hat nichts mit gleitender Arbeitszeit zu tun. Teilbeschäftigung fällt ebenfalls nicht darunter.

2. Bei regelmäßiger Schicht wird bei allen Stunden auf den tariflichen Stundenlohn ein Zuschlag von 10% bezahlt. Der Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III entfällt.

Bei zeitversetztem Dienst wird für alle Stunden ein Zuschlag von 5%, für alle Nachtarbeitsstunden ein Zuschlag von 10% auf den tariflichen Stundenlohn bezahlt. Der Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III entfällt.

3. Bei Schichtarbeit von weniger als einer Woche werden die üblichen Zeitzuschläge vergütet."

Nach § 24 MTV erlöschen Lohn-/Gehalts- und sonstige Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrer Entstehung schriftlich geltend gemacht werden (Ziff. 1) und im Fall der Ablehnung oder Nichterklärung durch die Gegenpartei nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden.

Im Betriebsteil E. (KSt 88) werden Lebensmittel angeliefert, gelagert, kommissioniert und ausgeliefert, wobei dies seit Jahren in der Zeit von Sonntag, 20:00 Uhr bis Freitag, 23:00 Uhr, rund um die Uhr im 24-Stunden-Betrieb erfolgt. Die dort zu erledigenden Arbeitsaufgaben, für deren Darstellung auf Bl. 111 bis 115 d. A. Bezug genommen wird, werden in Schichten wie folgt erbracht: 20:00 Uhr - 05:00 Uhr (Sonntag - Donnerstag) 23:00 Uhr - 08:00 Uhr (Sonntag - Donnerstag) 05:00 Uhr - 14:00 Uhr (Montag - Freitag) 08:00 Uhr - 17:00 Uhr (Montag - Freitag) 14:00 Uhr - 23:00 Uhr (Montag - Freitag) 17:00 Uhr - 02:00 Uhr (Montag - Donnerstag)

Dabei wechseln von den dort beschäftigten 179 Arbeitnehmern 97 Arbeitnehmer bzw. 54,2% die Schicht wöchentlich, während 82 Arbeitnehmer bzw. 45,8% auf eigenen Wunsch nur in einer Schicht beschäftigt sind. Der Kläger arbeitet auf seinen Wunsch ständig in der Schicht von 20:00 Uhr bis 05:00 Uhr. Die Beklagte räumte und räumt dem Kläger ausdrücklich das Recht ein, jederzeit am regelmäßigen Schichtwechsel im Betriebsteil E. (KSt 88) wieder teilzunehmen.

Die Beklagte zahlt an den Kläger einen Schichtzuschlag in Höhe von 5%, einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 10% und einen Zuschlag für Sonntagsarbeit in der Zeit von 00:00 bis 24:00 Uhr in Höhe von 50%.

Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 03.09.2015 hat der Kläger mit Klage vom 13.11.2015, die der Beklagten am 19.11.2015 zugestellt worden ist, und nachfolgenden Klageerweiterungen Nachtzuschläge in Höhe von 50% auf den tariflichen Stundenlohn gemäß § 11 Abs. III Ziff. 1 MTV und weitere Zuschläge für Sonntagsnachtarbeit gemäß § 11 Abs. IV Ziff. 3 b) MTV begehrt. Die Regelung in § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV, wonach der Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III entfalle, fände keine Anwendung, da der Kläger weder im Rahmen zeitversetzten Dienstes noch in regelmäßiger Wechselschicht eingesetzt sei. Bei der Regelung zum zeitversetzten Dienst handele es sich um eine Regelung zur vorübergehenden Gestaltung der Arbeitszeit, die durch den Tarifvertrag über flexible Arbeitszeit vom 11.11.2002 (Anlage K19 = Bl. 168 ff. d. A.) überholt sei. Seine Voraussetzungen - die einvernehmliche Festsetzung mit dem Arbeitnehmer und seine Bekanntgabe von mindestens drei Tagen zuvor - lägen nicht vor. Der Kläger arbeite auch nicht in regelmäßiger Schichtarbeit, weil er zu dieser entgegen der tariflichen Regelung in § 11 Abs. V Ziff. 1 Satz 3 MTV seitens der Beklagten nicht eingeteilt sei. Jedenfalls verstieße § 11 Abs. V Ziff. 1 b) und Ziff. 2 MTV als vollständige und abschließende Regelung der Dauernachtarbeit gegen § 6 Abs. 5 ArbZG, da die Dauernachtarbeit nicht angemessen ausgeglichen wäre. Während im Rahmen der Wechselschicht für jede geleistete Arbeitsstunde ein Zuschlag von 10% zum tariflichen Stundenlohn gezahlt werde, und nicht der überwiegende Teil der Stunden in regelmäßiger Schichtarbeit in Nachtarbeit zu leisten wäre, erhielten Arbeitnehmer in Dauernachtschicht bei der Beklagten für die Zeit von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr 10% und für die übrigen Stunden nur 5% Mehrvergütung. Dabei liege der dauerhafte Einsatz des Klägers in der Nachtschicht auch im Interesse der Beklagten. Sie dürfe nicht von den tariflichen Zahlungspflichten aufgrund seines Einverständnisses mit der Dauernachtschicht freigestellt werden. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, dem Kläger Nachtarbeitszuschläge gemäß § 11 Abs. III Ziff. 1 MTV zu zahlen, die sich für den Zeitraum Mai 2015 bis Oktober 2015 in Höhe von 4.088,40 € brutto berechneten. Sowohl für die Stunden, für die der streitgegenständliche Zuschlag geltend gemacht wird, als auch für die Berechnung der Forderung im Einzelnen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 29.01.2016 (Bl. 48 - 50 d. A.) und vom 06.04.2016 (Bl. 137 - 144 d. A.) Bezug genommen. Darüber hinaus schulde die Beklagte für die Sonntagsnachtarbeit in den Monaten Mai 2015 bis Oktober 2015 einen Zuschlag von weiteren 50% auf den tariflichen Stundenlohn in Höhe von 624,36 € brutto. § 11 Abs. IV Ziff. 3 b) MTV sei durch die Regelung in § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV nicht ausgeschlossen.

Die Beklagte hat für ihren Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, dass der Kläger zeitversetzten Dienst im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV leiste und deshalb keinen Anspruch auf Zahlung des Nachtzuschlags gemäß § 11 Abs. III MTV nach der Regelung in § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV habe. Im September 2015 seien im Betrieb D-Stadt 800 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Davon würden 57% täglich zwischen 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr arbeiten. Bei dieser Zeit handele es sich um die betriebliche Normalarbeitszeit. Hiervon arbeite der Kläger in der Schicht von 20:00 Uhr bis 05:00 Uhr mehr als drei Stunden abweichend. Zumindest aber werde im Betriebsteil E. (KSt 88) Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV geleistet, da die in diesem Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer überwiegend in Schichtarbeit beschäftigt seien. Bei der Frage, ob Schichtarbeit vorliege, sei eine Gesamtbetrachtung des Betriebsteils vorzunehmen und nicht auf den einzelnen Arbeitnehmer abzustellen. Die im Betriebsteil E.(KSt 88) zu verrichtenden Arbeitsaufgaben fielen rund um die Uhr, d.h. über einen erheblichen, längeren Zeitraum als es der regelmäßigen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers in diesem Betriebsteil entspreche, an und würden von mehreren Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmergruppen in einer geregelten zeitlichen Folge erbracht werden. Die Planung und der Einsatz der insgesamt 179 Arbeitnehmer erfolge durch einen wöchentlichen Schichtplan mit mind. zwei Schichten, die mind. eine Woche dauerten. Zudem erfolge der Einsatz des überwiegenden Personals in dem betreffenden Betriebsteil im regelmäßigen Wechsel. Die Dauerschicht eines Arbeitnehmers könne den Charakter der Schichtarbeit nicht ändern, insbesondere wenn die Beklagte allein auf Wunsch des betreffenden Arbeitnehmers hierzu ihr Einvernehmen erteilt habe. Der Arbeitgeber überlasse in diesem Fall das Bestimmungsrecht über den Einsatz in Wechsel- oder Dauerschicht dem Arbeitnehmer. Auch im Fall der regelmäßigen Schichtarbeit entfiele der Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III, § 11 Abs. V Ziff. 2 Satz 2 MTV. Der Kläger habe seine Klageforderung im Übrigen nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfristen geltend gemacht.

Das Arbeitsgericht Kempten hat nach Beweisaufnahme über die Lage der Arbeitszeiten aller Arbeitnehmer im Gesamtbetrieb durch Urteil vom 14.04.2016 - 5 Ca 2239/15 - der Klage im Umfang von 624,36 € brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Der Kläger habe Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags für Sonntagsnachtarbeit gemäß § 11 Abs. IV Ziff. 3 b) MTV, da dieser Zuschlag in § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV nicht ausgeschlossen sei. Die Beklagte habe weder die Lage noch den Umfang der Sonntagsnachtarbeit im streitgegenständlichen Zeitraum und die Berechnung der sich daraus ergebenden Zuschläge für Sonntagsnachtarbeit substantiiert bestritten, weshalb sie die Höhe dieser Zuschläge gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden habe. Der Zinsanspruch begründe sich aus §§ 291, 288 BGB.

Demgegenüber habe der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung des Nachtarbeitszuschlags gemäß § 11 Abs. III Ziff. 1 MTV für die Monate Mai 2015 bis Oktober 2015, weil der Kläger im zeitversetzten Dienst gemäß § 11 Abs. V Ziff. 1 b) MTV gearbeitet habe und der Nachtarbeitszuschlag gemäß § 11 Abs. III MTV in diesem Fall nach § 11 Abs. V Ziff. 2 Satz 2 MTV entfalle. Zeitversetzter Dienst sei gegeben, wenn von der regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit abgewichen werde und die Abweichung mehr als drei Stunden betrage. Nach der Beweisaufnahme sehe es das Gericht als bewiesen an, dass die regelmäßige, tägliche, betriebliche Normalarbeitszeit im Zeitkorridor von 05:00 Uhr bis 19:00 Uhr geleistet werde. Da der Kläger ständig in der Schicht von 20:00 Uhr bis 05:00 Uhr arbeite, arbeite er mehr als drei Stunden abweichend. Somit liege ein zeitversetzter Dienst im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 b), Satz 1 und 3 MTV vor. Die Regelung in § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV, wonach der Nachtarbeitszuschlag gemäß § 11 Abs. III MTV entfalle, verstoße nicht gegen § 6 Abs. 5 ArbZG. Die dortige Ausgleichspflicht stehe unter dem Vorbehalt, dass nicht bereits aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ein Ausgleich erfolge. Ein solcher Ausgleich liege mit § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV vor. Danach werde anstelle des Nachtarbeitszuschlags gemäß § 11 Abs. III MTV bei zeitversetztem Dienst für alle Stunden ein Zuschlag von 5% und für alle Nachtarbeitsstunden ein Zuschlag von 10% auf den tariflichen Stundenlohn gezahlt.

Gegen dieses, den Parteien jeweils am 22.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.05.2016 und die Beklagte am 20.05.2016 Berufung beim Landesarbeitsgericht München eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung mit dem am 22.07.2016 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist für ihn bis zum 22.07.2016 verlängert worden ist. Die Beklagte hat ihre Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.07.2016 mit dem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz vom 26.07.2016 begründet.

Der Kläger meint, dass ihm die geltend gemachten Zuschläge für Nachtarbeit gemäß § 11 Abs. III MTV zustünden. Der Tarifvertrag bedürfe der Auslegung. Die Dauernachtschicht, zu der er eingeteilt sei, sei nicht mit dem zeitversetzten Dienst gleichzusetzen. Bei diesem handele es sich um eine vorübergehende Gestaltung der Arbeitszeit, die einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer festzusetzen und mind. 3 Tage vorher bekanntzugeben sei. Demgegenüber werde Schichtarbeit nach § 11 Abs. V Ziff. 1 MTV „eingeführt“ und die Einteilung zu Schichtarbeit müsse spätestens 3 Tage vor ihrem Inkrafttreten mitgeteilt werden. Für diese Auslegung spreche auch der tarifliche Gesamtzusammenhang. Die tarifliche Regelung in § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV stelle keine ausreichende Kompensation für die Arbeit in Dauernachtschicht dar und habe dies bei ihrer Einführung auch nicht bezweckt.

Soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Zuschlägen für Sonntagsnachtarbeit wende, übersehe sie die eindeutige tarifvertragliche Regelung in § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV, die lediglich die Nachtarbeitszuschläge gemäß § 11 Abs. III entfallen lasse. Die Systematik des Tarifvertrages und die Gliederung des § 11 MTV in verschiedene Absätze zeigten, dass es sich um voneinander getrennte Zuschläge handele und nicht der Sonntagsnachtarbeitszuschlag als Unterbegriff unter den Nachtarbeitszuschlag als Oberbegriff fallen solle. § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV sei nicht lex specialis zu den anderen Zuschlagsregelungen in § 11 MTV, wie auch § 11 Abs. I Ziff. 3 MTV und die Praxis der Beklagten, Sonn- und Feiertagszuschläge nach § 11 Abs. III Ziff. 3 a) und c) MTV zu zahlen, belege.

Der Kläger beantragt unter Rücknahme seiner Berufung im Übrigen:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 14.04.2016, AZ: 5 Ca 2239/15 wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, 4.088,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

1. Die Beklagte beantragt,

  • 1.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 14.04.2016, Az. 5 Ca 2239/15, wird zurückgewiesen.

  • 2.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 14.04.2016, AZ: 5 Ca 2239/15, abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, dass dem Kläger Nachtarbeitszuschläge gemäß § 11 Abs. III Ziff. 1 MTV nicht zustünden. Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum seine Tätigkeit im zeitversetzten Dienst gemäß § 11 Abs. V Ziff. 1 b) MTV erbracht, weshalb gemäß § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV der Nachtarbeitszuschlag gemäß § 11 Abs. III Ziff. 1 MTV entfallen sei. Zeitversetzter Dienst könne nicht nur im Falle eines betrieblichen oder persönlichen Bedürfnisses nach einer Flexibilität der Arbeitszeit „ausnahmsweise“, sondern auch dann vorliegen, wenn die mind. 3 Tage vorher zu erfolgende Bekanntgabe des Einsatzes aufgrund des ohnehin vom Arbeitgeber angenommenen ausdrücklichen Wunsches des Arbeitnehmers eine unnötige Förmelei darstellen würde, § 151 Satz 1 BGB. Der Kläger könne auch nicht für sich in Anspruch nehmen, er leiste aufgrund der Lage seiner individuellen Arbeitszeit keine Schichtarbeit innerhalb des Betriebsteils. Der Manteltarifvertrag stelle bei der Frage, ob Schichtarbeit vorliege, gemäß § 11 Abs. V Ziff. 1 a) auf den Betrieb oder Betriebsteil ab. Ausdrücklich komme es nach der tarifvertraglichen Regelung nicht auf die individuellen Arbeitszeiten eines einzelnen Arbeitnehmers an. Insoweit sei dargelegt und unter Beweis gestellt worden, dass im gesamten Betriebsteil E. (KSt 88) Schichtarbeit stattfinde, wobei der Einsatz des Personals in diesem Betriebsteil mehrheitlich im regelmäßigen Wechsel der Schichten erfolge. Die Beklagte habe als Arbeitgeberin kraft ihres Direktionsrechts für alle Arbeitnehmer im betreffenden Betriebsteil Wechselschicht angeordnet. Der Kläger erbringe allein auf seinen ausdrücklichen Wunsch seine vertraglich geschuldete Schichtarbeit in einer der Schichten dauer haft. Auch diese Dauerschicht sei aufgrund der Schichtarbeit im gesamten Betriebsteil Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV. Eine auf den betreffenden Arbeitnehmer bezogene Einzelbetrachtung hätte zur Folge, dass innerhalb einer Schicht eines Betriebsteils verschiedene Arbeitnehmer für die identische Arbeit zur identischen Uhrzeit unterschiedliche Nachtarbeitszuschläge erhielten. Dies hätten die Tarifvertragsparteien durch die betriebs-(teil-)bezogene Definition der Schichtarbeit vermeiden wollen. Nur wenn der Kläger weder Schichtarbeit noch zeitversetzten Dienst leiste, habe er nach der von den Tarifvertragsparteien gewählten Methodik innerhalb des § 11 MTV auf den dortigen Nachtarbeitszuschlag nach Abs. III Anspruch. Bei Schichtarbeit und zeitversetztem Dienst betrage der Nachtzuschlag 10%.

Die tarifvertragliche Regelung, wonach der Nachtzuschlag gemäß § 11 Abs. III MTV bei regelmäßiger Schichtarbeit und zeitversetztem Dienst entfalle, verstoße nicht gegen § 6 Abs. 5 ArbZG. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts könne auch ein Zuschlag von 10% angemessen sein, wobei zwingend zu berücksichtigen sei, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen typischerweise um Teile eines „Gesamtpaketes“ handele.

Dem Kläger stünden weitere Zuschläge für die geleistete Sonntagsnachtarbeit nach § 11 Abs. IV Ziff. 3 b) MTV nicht zu. Nach § 11 Abs. V Ziff. 2 Satz 3 MTV wird der Nachtarbeitszuschlag von 10% auf den tariflichen Stundenlohn für „alle Nachtarbeitsstunden“ gezahlt. Die Formulierung „alle“ lasse keine andere Interpretation zu, als dass die Nachtarbeitszeit von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr an allen sieben Wochentagen gemeint sei. § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV treffe als lex specialis für den zeitversetzten Dienst eine Spezialregelung. Gleiches gelte für die Sonntagsnachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV, da der Zuschlag von 10% ausdrücklich „für alle Stunden“ gezahlt werde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 22.07.2016 (Bl. 236 - 243 d. A.) und vom 29.08.2016 (Bl. 273 - 275 d. A.), die Schriftsätze der Beklagten vom 26.07.2016 (Bl. 251 - 256 d. A.), vom 23.09.2016 (Bl. 276 - 302 d. A.) und vom 20.10.2016 (Bl. 324 - 331 d. A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.10.2016 (Bl. 312 - 315 d. A.) Bezug genommen. Die Kammer hat unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten im Schriftsatz vom 20.10.2016 am 26.10.2016, 09:10 Uhr abschließend beraten.

Gründe

Die Berufungen der Parteien sind zulässig (I.), jedoch ist nur die Berufung des Klägers begründet (II.). Die Berufung der Beklagten ist dagegen unbegründet (III.).

I.

Die nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG statthaften Berufungen der Parteien sind formund fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung des Klägers ist begründet. Die Beklagte ist gemäß § 11 Abs. III Ziff. 1 MTV verpflichtet, an den Kläger weitere Zuschläge für in den Monaten Mai 2015 bis Oktober 2015 geleistete Nachtarbeit in Höhe von 4.088,40 € brutto zu zahlen. Diese Nachtarbeitszuschläge gemäß § 11 Abs. III Ziff. 1 MTV sind weder nach § 11 Abs. V Ziff. 2 Satz 1 und 2 MTV noch nach § 11 Abs. V Ziff. 2 Satz 3 und 4 MTV entfallen. Der Kläger leistete im streitgegenständlichen Zeitraum weder zeitversetzten Dienst im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 2 b) MTV noch regelmäßige Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV. Dies folgt aus der Auslegung des § 11 MTV.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhalts punkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG, Urteil vom 07.10.2015 - 7 AZR 945/13 - NZA 2016, 441, Rn. 24 m.w.N. zu seiner Rechtsprechung).

2. Danach hat der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keinen zeitversetzten Dienst im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 b) MTV geleistet.

a) Nach dieser Tarifnorm liegt ein zeitversetzter Dienst vor, wenn 1. von der regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit mehr als drei Stunden abgewichen, 2. die geänderte Arbeitszeit nach den betrieblichen Notwendigkeiten einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer festgelegt und 3. mindestens 3 Tage vorher bekannt gegeben wird. Bereits der Begriff der „regelmäßigen … Normalarbeitszeit“, von der abgewichen wird, weist darauf hin, dass der zeitversetzte Dienst lediglich ausnahmsweise zum Tragen kommt. Die weitere Voraussetzung „nach den betrieblichen Notwendigkeiten einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer festgesetzt“ erfordert aufgrund des Abweichens von einer regelmäßigen Normalarbeitszeit eine nachträgliche Änderung der Arbeitszeit im betrieblichen Interesse der beklagten Arbeitgeberin und im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer.

b) Diese Voraussetzungen werden bei der dauerhaften Zuweisung der Schicht von 20:00 Uhr bis 05:00 Uhr an den Kläger aufgrund der jeweiligen Schichtpläne, die die Beklagte erstellt, nicht erfüllt.

Die Arbeitszeit des Klägers entsprach von vornherein dem Schichtplan. Sie wurde nicht nachträglich geändert. Es lag auch keine betriebliche Notwendigkeit für eine etwaige Abweichung von der regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit vor. Schließlich fehlt es an einem Einverständnis des Klägers mit einer „Abweichung“. Der Kläger wünscht generell die Ableistung von Dauernachtschichtarbeit. Darüber hinaus dürfte in einem Betriebsteil, in dem unstreitig in sechs Schichten gearbeitet wird, keine Normalarbeitszeit bestehen, es sei denn, die Normalarbeitszeit wird im Sinne der Schichtarbeit verstanden. Gegen die empirische Feststellung der „regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit“ in Bezug auf den Gesamtbetrieb, wie es die Beklagte für den Monat September 2015 vorgenommen hat, spricht die fehlende Praktikabilität: Die Beklagte müsste monatlich die Arbeitszeiten auf Basis der Arbeitszeitpläne für die gewerblichen und kaufmännischen Bereiche feststellen, um über die Frage, ob der Kläger und andere Arbeitnehmer im zeitversetzten Dienst gearbeitet hätten und deshalb Nachtzuschläge gemäß § 11 Abs. III MTV nach § 11 Abs. V Ziff. 2 i.V.m. Ziff. 1 b) MTV entfielen, entscheiden zu können.

3. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum auch keine regelmäßige Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV geleistet.

a) Nach § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV liegt Schichtarbeit vor, wenn in einem Betrieb oder Betriebsteil regelmäßig nach Schichtplan in mindestens zwei Schichten durchlaufend gearbeitet wird, wobei der Einsatz des Personals in regelmäßigem Wechsel zu erfolgen hat. Die Schichtarbeit ist regelmäßig im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 Satz 2 MTV, sofern sie länger als eine Woche dauert. Damit haben die Tarifvertragsparteien in § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV als Schichtarbeit Wechselschichtarbeit definiert, deren wesentliches Merkmal ist, dass Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers regelmäßig wechseln (vgl. BAG, Urteil vom 12.03.2008 - 4 AZR 616/08 - NJOZ 2008, 4189, insbesondere Rn. 67).

b) Bereits nach dem Wortlaut unterfällt deshalb die Dauernachtschicht nicht der regelmäßigen Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV. Insoweit kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, sie entspreche lediglich dem Wunsch des Klägers bzw. sie habe das Bestimmungsrecht über den Einsatz in Wechsel- oder Dauerschicht dem Arbeitnehmer überlassen. Die Beklagte übt durch die Aufstellung von Schichtplänen, die dem Arbeitnehmer Arbeit zu einer bestimmten Schicht zuweist, ihr Direktionsrecht im Sinne des § 106 GewO aus. Die Bestimmung der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen umfasst auch das Interesse des Arbeitnehmers an einer bestimmten Lage der Arbeitszeit, das dieser vorab äußern kann. Deshalb begibt sich die Beklagte jedoch nicht ihres Direktionsrechts hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit.

Für diese Auslegung sprechen auch systematische Gründe. Die Tarifvertragsparteien haben mit dem mit „Nachtarbeit“ überschriebenen § 11 Abs. III MTV bestimmt, dass für Nachtarbeit grundsätzlich Zuschläge in Höhe von 50% zum tariflichen Stundenlohn zu zahlen sind. Die Regelung in § 11 Abs. V Ziffer 2, wonach dieser Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III unter den dort bestimmten Voraussetzungen entfällt, ist deshalb als Ausnahme zu verstehen. Dies bestätigt auch § 11 Abs. V Ziffer 3, der ausdrücklich festhält, dass bei Schichtarbeit von weniger als eine Woche die üblichen Zeitzuschläge vergütet werden. Ausnahmen von einer grundsätzlichen Regelung sind eng auszulegen (vgl. hierzu MünchKommBGB/Säcker, 6. Aufl. 2012, Eilnleitung Rn. 120 m.w.Nachw. und krit. Anm.).. Dementsprechend ist die durch Schichtpläne angeordnete Dauernachtarbeit nicht als regelmäßige Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV zu verstehen.

Dieses Verständnis wird gestützt durch den Sinn und Zweck der Zuschläge für Nachtarbeit. Sie dienen dem mittelbaren Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nachtarbeit. Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen. Dabei steigt die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinander folgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von 5 oder mehr hintereinander-liegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu. Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird. Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 -NZA 2016, 426, Rn. 17 m.w.N.; siehe auch ArbG Trier, Urteil vom 21.06.2016 - 3 Ca 1527/15 - BeckRS 2016, 71153 unter A. 2. b) aa) der Gründe). Durch den Nachtarbeitszuschlag wird die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für den Arbeitgeber weniger attraktiv sein.

Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.). Diese Zwecksetzung kann durch einen 50%-igen Nachtarbeitszuschlag, wie ihn § 11 Abs. III Ziff. 1 MTV vorsieht, erreicht werden, da er im mittleren Bereich der Bandbreite tariflich vereinbarter Nachtarbeitszuschläge von 10% bis 100% des tariflichen Bruttostundenlohns liegt (vgl. Poeche in Küttner, Personalbuch, 23. Aufl. 2016, Stichwort „Nachtarbeit“, Rn. 7). Für Arbeitnehmer, die dauerhaft auf Anweisung des Arbeitgebers Nachtarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes leisten, hat das Bundesarbeitsgericht einen Zuschlag wegen der damit verbundenen Mehrbelastung in Höhe von 30% auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl bezahlter freier Tage als angemessen im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., Rn. 28). Diesem Sinn und Zweck würde es widersprechen, Dauernachtschicht als regelmäßige Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) und Ziffer 2 S. 1 MTV anzusehen und damit den grundsätzlich in § 11 Abs. III vorgesehenen 50%-igen Nachtarbeitszuschlag entfallen zu lassen, obwohl Arbeitnehmer in Dauernachtschicht wie der Kläger die Erschwernisse haben, die mit Dauernachtschichtarbeit verbunden ist. Andererseits würden diesen Arbeitnehmern nicht einmal diejenigen Vorteile zuteil werden, die ihre Kollegen in regelmäßiger (Wechsel-)Schichtarbeit erhalten, nämlich Nachtarbeit in geringerem Umfange leisten zu müssen bei Erhalt eines Zuschlages von 10% auf den tariflichen Stundenlohn für alle Stunden, § 11 Abs. V Ziff. 2 Satz 1 und 2 MTV.

Die Auffassung, Zahlung des Nachtarbeitszuschlags in gleicher Höhe von 10% an die Arbeitnehmer der regelmäßigen Schichtarbeit im Sinne des § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV und an die Arbeitnehmer der Dauernachtschicht würde zudem die Frage aufwerfen, ob durch die tarifliche Regelung des § 11 Abs. V Ziff. 2 S. 2 MTV, wonach der Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III bei regelmäßiger Schichtarbeit entfällt, noch den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG und die Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG wahrt, zu deren Einhaltung auch die Tarifvertragsparteien verpflichtet sind (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., Rn. 31). Da bei der Auslegung eines Tarifvertrags im Zweifel davon auszugehen ist, dass die Tarifvertragsparteien eine wirksame Regelung vereinbaren wollten (vgl. BAG, Urteil vom 17.02.2009 - 9 AZR 611/07 -NJOZ 2009, 2740), ist auch aus dem Grund davon auszugehen, dass die Tarifvertrags parteien zwischen den verschiedenen Gruppen der Schichtarbeiter durch die Definition der Schichtarbeit in § 11 Abs. V Ziff. 1 a) MTV haben differenzieren wollen. Dieses Argument wird bestätigt durch die bereits erwähnte Regelung in § 11 Abs. V Ziffer 3 MTV.

c) Die gegen diese Auslegung seitens des Beklagten vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch.

Die Frage, ob regelmäßige Schichtarbeit vorliegt oder nicht, ist entsprechend der tarifvertraglichen Regelung in Bezug auf den Betrieb oder Betriebsteil beantwortet worden. Eine hiervon zu trennende Frage ist, ob der Kläger tarifvertraglich definierte regelmäßige Schichtarbeit leistet oder nicht. Die Zahlung der in § 11 MTV geregelten Zuschläge richtet sich nach der durch den einzelnen Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistung. Dies kommt auch in § 11 Abs. I Ziff. 2 MTV zum Ausdruck, der die Zuschlagsberechtigung der angefangenen Arbeitsstunden regelt.

Die unterschiedliche Vergütung von Nachtarbeit auch in ein- und derselben Schicht im selben Betriebsteil ist durch ihre verschiedenen Regelungen in § 11 Abs. III Ziff. 1 und Abs. V Ziff. 2 MTV angelegt. Hiervon gingen ausweislich des § 11 Abs. I Ziff. 3 MTV, wonach nur der jeweils höhere Zuschlag zu zahlen ist, auch die Tarifvertragsparteien aus. Solange es eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Vergütung von Nachtarbeit gibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen vergütet auch die Beklagte Nachtarbeit schon jetzt unterschiedlich.

Die Argumentation der Beklagten im Übrigen stützt sich auf die Annahme eines zeitversetzten Dienstes bei Arbeitnehmern, die in Dauernachtschicht arbeiten. Ein solcher liege indessen nicht vor, so dass auch die argumentativen Ableitungen der Beklagten keine Grundlage (mehr) haben.

4. Dem Kläger sind deshalb die geltend gemachten 4.088,40 € brutto zuzusprechen. Die Beklagte hat den Umfang der geltend gemachten Stunden und die Berechnung des Klägers im Einzelnen gemäß seinen Schriftsätzen vom 29.01.2016 und 06.04.2016 nicht bestritten. Die tarifliche Ausschlussfrist greift nicht ein. Insoweit wird auf die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 06.04.2016, S. 19 und 20, Bezug genommen, denen die Beklagte nicht entgegengetreten ist. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 BGB.

III.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht Kempten hat zu Recht und mit zutreffender Begründung dem Antrag auf Zahlung weiterer Zuschläge für die Sonntagsnachtarbeit gemäß § 11 Abs. IV Ziff. 3 b) MTV entsprochen.

1. Für die Tarifauslegung kommt es im Anschluss an die dargestellte ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf den Wortlaut der Tarifnorm an. § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV lässt zwar den „Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III“, nicht aber „die Zuschläge … für Sonntagsnachtarbeit“ nach Abs. IV Ziff. 3 b) MTV entfallen. Gegen die Auffassung der Beklagten, § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV sei lex specialis für alle Nachtarbeitsstunden, spricht, dass es dann der ausdrücklichen Regelung zum Nachtzuschlag gemäß § 11 Abs. III MTV nicht bedurft hätte. Im Übrigen setzt § 11 Abs. V Ziff. 2 MTV regelmäßige Schichtarbeit oder zeitversetzten Dienst voraus, die beide im vorliegenden Fall nicht gegeben sind.

2. Für die Berechnung des Anspruchs wird auf die Entscheidungsgründe des erstin-stanzlichen Urteils Bezug genommen, die mit der Berufung der Beklagten nicht angegriffen worden sind.

IV.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 516 Abs. 3 ZPO.

V.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 75 Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen


(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 6 Nacht- und Schichtarbeit


(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen. (2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht

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(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 16. Oktober 2013 - 19 Sa 79/12 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer befristeten Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. Dezember 2002 bei der Beklagten im Orchester des Nationaltheaters beschäftigt. Sie ist Mitglied der Deutschen Orchestervereinigung (DOV). Der Arbeitsvertrag vom 7. Januar 2003 lautet auszugsweise:

        

㤠3

        

Frau D ist zum Spielen der Instrumente 3., 1. Fagott und 2. Fagott verpflichtet. Ihr wird die Tätigkeit einer Fagottistin übertragen. Sie erhält die Tätigkeitszulage II.

                 
        

§ 4

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) vom 01. Juli 1971 in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen.

        

…“    

3

In dem Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern vom 1. Juli 1971 in der Fassung vom 31. Oktober 2009 (nachfolgend TVK) heißt es auszugsweise:

        

II. Abschnitt

        

ARBEITSBEDINGUNGEN

        

§ 3

        

Begründung des Arbeitsverhältnisses

        

(1)     

Mit dem Musiker ist ein Arbeitsvertrag nach dem diesem Tarifvertrag anliegenden Muster abzuschließen. … Zeitverträge dürfen nur abgeschlossen werden, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Musikers liegende Gründe vorliegen. …

                 

Der Abschluss von Zeitverträgen für die Dauer von mehr als drei Jahren ist unzulässig.

        

(2)     

Mit dem Musiker kann ein befristetes Probearbeitsverhältnis von bis zu 18 Monaten abgeschlossen werden. …

        

§ 6

        

Arbeitspflicht

        

(1)     

Der Musiker ist zum Spielen des (der) im Arbeitsvertrag genannten Instruments (Instrumente) in der ihm übertragenen Tätigkeit verpflichtet.

        

(2)     

Der Musiker ist im Rahmen seines Leistungsvermögens ferner verpflichtet,

                 

a)    

vorübergehend oder vertretungsweise auch eine andere als die ihm nach Absatz 1 obliegende Tätigkeit mit dem (den) im Arbeitsvertrag genannten Instrument (Instrumenten) auszuüben.

                 

…       

        
        

IV. Abschnitt

        

ENTGELT

        

…       

        

Unterabschnitt 2: Vergütung

        

…       

        

§ 20

        

Tätigkeitszulagen

        

(1)     

Der Arbeitgeber kann dem Musiker mit seiner Zustimmung bei der Einstellung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmte Tätigkeiten und das Spielen von Nebeninstrumenten übertragen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Der Arbeitgeber kann die Übertragung jederzeit widerrufen, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Der Widerruf bedarf der Schriftform. Er ist unwirksam, wenn er aus Gründen erfolgt, die nicht in der Leistungsfähigkeit oder der sonstigen Eignung des Musikers liegen.

        

(2)     

Der Musiker erhält während der Zeit, in der ihm eine der in Absatz 3 genannten Tätigkeiten oder das Spielen eines Nebeninstruments übertragen ist, eine Tätigkeitszulage. Die Höhe der Zulage richtet sich nach den Stufen der Absätze 3 und 5 und nach der Vergütungsgruppe des Orchesters, dem der Musiker angehört.

        

(3)     

Es werden zugeteilt:

                 

der Stufe 1

                 

die Tätigkeit als

                 

…       

                 

Erster (Solo-)Fagottist,

                 

…       

                 

der Stufe 2

                 

die Tätigkeit als

                 

…       

                 

Stellvertretender Erster (Solo-)Fagottist,

                 

…       

        

X. Abschnitt

        

ORCHESTERVORSTAND

        

§ 54

        

Wahl und Zusammensetzung des Orchestervorstands

        

(1)     

Die Musiker des Orchesters wählen sich in unmittelbarer, gleicher und geheimer Wahl einen Orchestervorstand.

        

…       

        
        

§ 57

        

Aufgaben und Befugnisse des Orchestervorstands

        

(1)     

Der Orchestervorstand … wird beteiligt

                 

…       

        
                 

b)    

bei der Auswahl von Bewerbern für freie Stellen im Orchester und bei der Ansetzung sowie der Durchführung von Probespielen,

                 

…       

        
                 

Der Orchestervorstand ermittelt

                 

a)    

bei Probespielen die Auffassung der Teilnehmer am Probespiel,

                 

…“    

        
4

Der Orchestervorstand des Nationaltheaters hat hinsichtlich seiner Beteiligung am Auswahlverfahren zur Besetzung freier Stellen im Orchester und an Probespielen eine Probespielordnung erlassen.

5

Die Klägerin war in der Fagottgruppe des Orchesters zunächst als Stellvertretende (Solo-)Fagottistin tätig. Ihr monatliches Bruttogehalt belief sich - einschließlich der Tätigkeitszulage iHv. 304,24 Euro brutto - auf 3.530,50 Euro brutto monatlich.

6

Im Januar 2008 erkrankte der damalige 1. (Solo-)Fagottist längerfristig. Unter dem 9. Oktober 2008 richtete die Beklagte folgendes Schreiben an die Klägerin:

        

„Vorübergehende Änderung Ihres Arbeitsvertrages

        

Sehr geehrte Frau D,

        

im gegenseitigen Einvernehmen wird Ihnen ab 01.10.2008 interimsweise die Tätigkeit einer ‚1. (Solo-)Fagottistin‘ übertragen. Ab diesem Zeitpunkt erhalten Sie die Tätigkeitszulage 1.

        

Diese Vereinbarung gilt bis zur Genesung des Stelleninhabers, längstens bis 30.07.2009, und endet, ohne dass es einer besonderen Kündigung bedarf. Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages vom 07.01.2003 gelten unverändert weiter. Die bisher gezahlte Tätigkeitszulage wird solange eingestellt.

        

Bitte, bestätigen Sie den Erhalt dieser vorübergehenden Vertragsänderung durch ihre Unterschrift.“

7

Die Klägerin unterzeichnete das Schreiben entsprechend der Aufforderung der Beklagten.

8

Seit der Übertragung der Tätigkeit der 1. (Solo-)Fagottistin erhielt die Klägerin an Stelle der bisherigen Tätigkeitszulage 2 iHv. 304,24 Euro brutto monatlich die Tätigkeitszulage 1 iHv. 608,49 Euro brutto monatlich.

9

Im Laufe der Spielzeit 2008/2009 trat der bisherige 1. (Solo-)Fagottist in den Ruhestand. Mit Schreiben vom 14. Juli 2009 wurde der Klägerin ab dem 14. September 2009 „im gegenseitigen Einvernehmen“ und „interimsweise“ die Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin „bis zur Besetzung der Stelle, längstens bis 12. September 2010“ übertragen. Entsprechende Schreiben wurden unterzeichnet am 19. Juli 2010 für die Zeit vom 13. September 2010 „bis zur Besetzung der Stelle, längstens bis zum 11. September 2011“ und am 15. Juli 2011 für die Zeit vom 12. September 2011 „bis zur Besetzung der Stelle, längstens bis zum 9. September 2012“.

10

Seit dem Dienstantritt des neuen Generalmusikdirektors zu Beginn der Spielzeit 2009/2010 schrieb die Beklagte die Stelle des 1. (Solo-)Fagotts von September 2009 bis April 2012 monatlich in der Zeitschrift „Das Orchester“ aus. Am 1. Juni 2010, 16. November 2010, 7. Februar 2011 und 14. März 2012 fanden die nach der Probespielordnung vor einer Stellenbesetzung vorgesehenen Probespiele statt. Aus den in den Jahren 2010 und 2011 durchgeführten Probespielen, an denen die Klägerin sich nicht beteiligt hatte, war kein geeigneter Kandidat hervorgegangen. Auch an dem Probespiel vom 14. März 2012 nahm die Klägerin nicht teil, obwohl sie der Beklagten mit Schreiben vom 4. Februar 2012 mitgeteilt hatte, sich um die Stelle bewerben zu wollen. Im September 2012 wurde die Stelle anderweitig besetzt.

11

Mit der am 4. April 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Tätigkeit als 1. (Solo-)Fagottistin sei dauerhafter Vertragsinhalt geworden, da die Befristung der Tätigkeitsübertragung unwirksam sei. Der Befristung stehe § 20 TVK entgegen, der nur einen Widerruf der Aufgabenübertragung aus Gründen der Leistungsfähigkeit oder sonstigen Eignung des Musikers gestatte. Die Befristungsabrede halte auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Die Inhaltskontrolle sei nach den Maßstäben des § 14 Abs. 1 TzBfG vorzunehmen. Ein Sachgrund für die Befristung liege nicht vor. Außerdem halte die Befristungsvereinbarung der unionsrechtlich gebotenen Rechtsmissbrauchskontrolle nicht stand. An dem Probespiel vom 14. März 2012 habe sie nicht teilgenommen, weil zwei Mitglieder der Fachgruppe im Vorfeld angekündigt hätten, ihr unabhängig von ihrer Leistung bei dem Probespiel die Stimme zu verweigern. Das habe bedeutet, dass sie die nach der Probespielordnung erforderliche 2/3-Mehrheit nicht habe erreichen können. Die Teilnahme an einem Probespiel sei ihr daher nicht zumutbar gewesen.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 7. Januar 2003 idF vom 15. Juli 2011 unbefristet mit der Maßgabe fortbesteht, dass der Klägerin die Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin nicht nur interimsweise übertragen ist.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung der Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-) Fagottistin sei wirksam. Die Befristung unterliege nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Bei der Befristung handele es sich nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Die Initiative zur befristeten Übertragung der Tätigkeit als 1. (Solo-)Fagottistin im Zusammenhang mit der Frühverrentung des früheren Stelleninhabers sei von der Klägerin ausgegangen. Im Übrigen werde die Klägerin durch die Befristung nicht unangemessen benachteiligt. Den Parteien sei bewusst gewesen, dass die Wiederbesetzung der Stelle aufgrund eines nach der Probespielordnung vorgesehenen Auswahlverfahrens erfolgen würde, und zwar nach Möglichkeit durch den neuen Generalmusikdirektor. Die Befristung sei auch wegen der Eigenart der Arbeitsleistung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

16

A. Die Klage ist zulässig.

17

I. Es handelt sich nicht um eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG, sondern um eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.

18

Die Klägerin macht geltend, die Tätigkeit als 1. (Solo-)Fagottistin sei dauerhafter Vertragsinhalt geworden, weil die vereinbarte Befristung der Übertragung dieser Tätigkeit unwirksam sei. Auf die Befristung der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit findet die besondere Feststellungsklage nach § 17 Satz 1 TzBfG keine Anwendung. Die Unwirksamkeit der Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen ist mit einer Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen(BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 19; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 10, BAGE 140, 191; 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 14 mwN, BAGE 132, 59).

19

II. Die Klage erfüllt die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO.

20

1. Die Klage ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 22; 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 19, BAGE 141, 259). So liegt der Fall hier. Die Parteien streiten über den arbeitsvertraglich dauerhaft geschuldeten Inhalt der Tätigkeit der Klägerin und damit über den Umfang ihrer Leistungspflicht.

21

2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an der begehrten Feststellung liegt vor, da sich die Beklagte auf die zum 9. September 2012 vereinbarte Befristung der Tätigkeitsübertragung beruft und damit die dauerhafte Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin auf die Klägerin in Abrede stellt.

22

B. Die Klage ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die vereinbarte Befristung der Übertragung der Tätigkeit der 1. (Solo-)Fagottistin wirksam ist. Sie verstößt nicht gegen § 20 TVK. § 3 Abs. 1 TVK steht der Wirksamkeit der Befristung ebenfalls nicht entgegen. Die Befristung hält auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.

23

I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass § 20 TVK, der jedenfalls aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden ist, der befristeten Übertragung der Tätigkeit als 1. (Solo-)Fagottistin nicht entgegensteht. Entgegen der Auffassung der Klägerin schließt § 20 TVK für die unter seinen Anwendungsbereich fallenden Arbeitsverhältnisse die Vereinbarung einer befristeten Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht aus. Dies ergibt die Auslegung dieser Tarifbestimmung.

24

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG 22. Januar 2014 - 7 AZR 243/12 - Rn. 28; 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 44 mwN, BAGE 145, 142).

25

2. Danach schließt § 20 TVK die befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht aus.

26

Der Wortlaut der Tarifregelung steht der Möglichkeit der Vereinbarung einer befristeten Tätigkeitsübertragung nicht entgegen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 TVK kann der Arbeitgeber dem Musiker mit seiner Zustimmung zu Beginn und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmte Tätigkeiten übertragen. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 TVK kann die Übertragung jederzeit widerrufen werden, wobei der Widerruf nach § 20 Abs. 1 Satz 5 TVK unwirksam ist, wenn er aus Gründen erfolgt, die nicht in der Leistungsfähigkeit oder der sonstigen Eignung des Musikers liegen. Diese Regelungen betreffen die dauerhafte Übertragung von Tätigkeiten an den Musiker und sehen insoweit eine Widerrufsmöglichkeit für den Arbeitgeber vor. Daraus ergibt sich nicht, dass die nur befristete Übertragung von Tätigkeiten ausgeschlossen sein soll. Dagegen spricht bereits § 6 Abs. 2 Buchst. a TVK, wonach der Musiker im Rahmen seines Leistungsvermögens verpflichtet ist, vorübergehend oder vertretungsweise auch eine andere als die nach dem Arbeitsvertrag übertragene Tätigkeit mit dem im Arbeitsvertrag genannten Instrument auszuüben.

27

Auch Sinn und Zweck der Regelung in § 20 Abs. 1 TVK gebieten es nicht, die Beendigung einer Tätigkeitsübertragung zwingend an die in § 20 Abs. 1 Satz 3 TVK geregelte Widerrufsmöglichkeit unter den in § 20 Abs. 1 Satz 5 TVK genannten Voraussetzungen zu binden und deshalb die Möglichkeit zur nur befristeten Tätigkeitsübertragung auszuschließen. Die Einschränkung der Widerrufsmöglichkeit dient im Wesentlichen dem Schutz des Musikers. Ihm soll die dauerhaft übertragene Tätigkeit nur unter bestimmten Voraussetzungen entzogen werden können. Dieses Schutzes bedarf es bei der befristet vereinbarten Tätigkeitsübertragung nicht, da die Befristung im Regelfall ohnehin an besondere Voraussetzungen gebunden ist. Gerade weil die Tätigkeitsübertragung nach § 20 TVK nur eingeschränkt widerrufbar ist und damit regelmäßig dauerhaft erfolgt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 20 TVK die Befristung einer Tätigkeitsübertragung, die in besonderen Bedarfssituationen geboten sein kann, ausschließen wollten. Auch die systematische Stellung der Bestimmung im Unterabschnitt 2 der Entgeltregelungen des Abschnitts IV des Tarifvertrags spricht dagegen, ihr den von der Klägerin befürworteten Regelungsinhalt beizumessen.

28

II. § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 TVK steht der Wirksamkeit der Befristung der Tätigkeitsübertragung ebenfalls nicht entgegen. Danach ist der Abschluss von Zeitverträgen für die Dauer von mehr als drei Jahren unzulässig. Der Klägerin war die Tätigkeit der 1. (Solo-)Fagottistin zwar insgesamt mehr als drei Jahre übertragen. § 3 Abs. 1 TVK betrifft jedoch nur die Befristung des gesamten Arbeitsvertrags, nicht jedoch die Befristung einzelner Vertragsbedingungen. § 3 TVK regelt, wie sich aus der Überschrift der Bestimmung ergibt, die Begründung des Arbeitsverhältnisses und damit dessen Bestand insgesamt.

29

III. Die Befristung der Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.

30

1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Befristung der Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin an die Klägerin einer Vertragsinhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB unterliegt.

31

a) Die Vertragskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird nicht durch die für die Befristung von Arbeitsverträgen geltenden Bestimmungen in §§ 14 ff. TzBfG verdrängt. Die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sind auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar (vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 29; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 18, BAGE 140, 191; 18. Juni 2008 - 7 AZR 245/07 - Rn. 19).

32

b) Die Vertragsinhaltskontrolle erstreckt sich - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - nur auf die letzte, am 15. Juli 2011 vereinbarte befristete Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin. Die Kontrolle der Befristung einer Arbeitsvertragsbedingung ist nur dann nicht auf die zuletzt getroffene Befristungsabrede beschränkt, wenn die Parteien in einer nachfolgenden Vereinbarung zur Befristung der Arbeitsvertragsbedingung dem Arbeitnehmer - ausdrücklich oder konkludent - das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung überprüfen zu lassen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 22, BAGE 132, 59; 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 115, 274). Dieses Recht haben die Parteien der Klägerin in der Vereinbarung vom 15. Juli 2011 nicht vorbehalten.

33

c) Es kann dahinstehen, ob die Vereinbarung vom 15. Juli 2011 Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 BGB enthält oder ob sie nur zur einmaligen Verwendung mit der Klägerin bestimmt war. § 307 Abs. 1 BGB findet jedenfalls nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf die Vereinbarung Anwendung.

34

aa) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist § 307 BGB bei Verbraucherverträgen auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann anzuwenden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Arbeitsverträge sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 BGB(vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 31; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 17, BAGE 140, 191).

35

bb) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der letzten Befristungsabrede um eine von der Beklagten vorformulierte Vertragsbestimmung, auf deren Inhalt die Klägerin keinen Einfluss nehmen konnte. Die Beklagte hat sich zwar darauf berufen, dass die Initiative zur befristeten Tätigkeitsübertragung von der Klägerin ausgegangen sei und ihrem Wunsch entsprochen habe. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch die Befristung als solche dem Wunsch der Klägerin entsprach. Das wäre nur dann der Fall, wenn Umstände vorlägen, aus denen geschlossen werden könnte, dass die Klägerin die Übertragung der Tätigkeit auch dann befristet vereinbart hätte, wenn ihr die unbefristete Tätigkeitsübertragung angeboten worden wäre (vgl. BAG 18. Januar 2006 - 7 AZR 191/05 - Rn. 34). Derartige Umstände sind weder festgestellt noch von der Beklagten vorgetragen.

36

d) Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB ist nicht nach § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

37

aa) Nach § 307 Abs. 3 BGB unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Bei anderen Bestimmungen ist die Inhaltskontrolle auf den Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt. Der nur eingeschränkten Kontrolle unterliegen deklaratorische Vertragsklauseln, die in jeder Hinsicht mit einer bestehenden gesetzlichen Regelung übereinstimmen (BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 34; 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - zu B II 1 e aa der Gründe, BAGE 115, 274). Ebenfalls nur eingeschränkt zu kontrollieren sind Abreden über den Umfang der von den Parteien geschuldeten Hauptleistungen, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder andere Rechtsvorschriften unterliegen, sondern von den Vertragsparteien festgelegt werden müssen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 115, 372).

38

bb) Danach ist die Befristungsabrede der uneingeschränkten Inhaltskontrolle zu unterziehen. Die Befristungsabrede ist nicht deshalb nur beschränkt kontrollfähig, weil sie sich auf die Tätigkeit und die damit verbundene Vergütung bezieht. Gegenstand der Inhaltskontrolle ist nicht die vereinbarte Tätigkeit und die damit verbundene (höhere) Vergütung und somit der Umfang der von den Parteien zu erbringenden Hauptleistungen, sondern deren zeitliche Einschränkung durch die Befristung (vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 36; 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - zu B II 1 e bb der Gründe, BAGE 115, 274).

39

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die Befristung der Tätigkeitsübertragung nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

40

a) Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Betrifft die Inhaltskontrolle einen Verbrauchervertrag, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen(st. Rspr., vgl. etwa BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 46; 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 21, BAGE 140, 191).

41

b) Für die bei der Befristung einzelner Vertragsbedingungen vorzunehmende Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB gelten damit andere Maßstäbe als für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG. Während die Befristung des gesamten Arbeitsvertrags - von den Fällen der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung abgesehen - daraufhin zu überprüfen ist, ob sie durch einen sachlichen Grund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, unterliegt die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB einer Angemessenheitskontrolle, die anhand einer Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vorzunehmen ist.

42

aa) Trotz des unterschiedlichen Prüfungsmaßstabs sind jedoch bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle der Befristung einzelner Vertragsbedingungen Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnten, nicht ohne Bedeutung. Sie können sich bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitgebers auswirken(BAG 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 22, BAGE 140, 191; 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 30, 38, BAGE 132, 59). Liegt der Befristung ein Sachverhalt zugrunde, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit einem Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG rechtfertigen könnte, überwiegt in aller Regel das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Vereinbarung der Vertragsbedingung das Interesse des Arbeitnehmers an deren unbefristeter Vereinbarung. Dies ergibt sich aus den im Teilzeit- und Befristungsgesetz zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungsmaßstäben. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf Seiten des Arbeitnehmers kann in Ausnahmefällen eine andere Beurteilung in Betracht kommen (BAG 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 30, 38, aaO).

43

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats können ausnahmsweise zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung durch die Befristung einer Vertragsbedingung Umstände erforderlich sein, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt rechtfertigen würden. Dies hat der Senat für den Fall der Befristung einer erheblichen Aufstockung der Arbeitszeit angenommen, da die dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zugrundeliegende Wertung, dass der unbefristete Vertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme ist, auch für die Vereinbarung des Umfangs der Arbeitszeit gilt. Das sozialpolitisch erwünschte - auch seinem Inhalt nach - unbefristete Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitnehmer ein dauerhaftes Auskommen sichern und zu einer längerfristigen Lebensplanung beitragen. Für diese Planung des Arbeitnehmers ist regelmäßig auch die Höhe des von ihm erzielten Einkommens maßgebend. Diese hängt ua. vom Umfang seiner Arbeitszeit ab. Eine längerfristige Planungssicherheit wird dem Arbeitnehmer daher nicht schon allein durch den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ermöglicht, sondern nur dann, wenn auch der Umfang der Arbeitszeit unbefristet vereinbart wird (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 23, BAGE 140, 191; 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - zu B II 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 115, 274). Daher bedarf die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang besonderer berechtigter Belange auf Arbeitgeberseite. Sie liegen nicht vor, wenn nicht auch ein zusätzlicher, über das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert abgeschlossener Arbeitsvertrag insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG zulässig hätte befristet werden können(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 AZR 394/10 - Rn. 24, aaO).

44

cc) Die Grundsätze, die der Senat zur befristeten Erhöhung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang entwickelt hat, sind auf die befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht uneingeschränkt übertragbar. Das nach der gesetzgeberischen Wertung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sozialpolitisch erwünschte unbefristete Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitnehmer in erster Linie ein bestimmtes dauerhaftes Einkommen sichern, nicht aber einen bestimmten Tätigkeitsinhalt oder eine bestimmte hierarchische Stellung. Deshalb kann die Sicherung eines bestimmten Auskommens des Arbeitnehmers bei einer befristeten Tätigkeitsübertragung allenfalls dann beeinträchtigt sein, wenn diese mit einer ebenso befristeten und erheblichen Anhebung der Vergütung verbunden ist.

45

c) Danach wird die Klägerin durch die Befristung der Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin nicht iSv. § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt.

46

aa) Es kann dahinstehen, ob die Befristung vorliegend auf Umständen beruht, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG rechtfertigen könnten. Solche Umstände sind zu der Annahme, dass die Klägerin durch die Befristung nicht iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt wird, nicht erforderlich. Eine erhebliche Anhebung der Vergütung, die ausnahmsweise einen Sachgrund erfordern könnte, liegt bei der Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin nicht vor. Es handelt sich zwar um eine höherwertige und höher vergütete Tätigkeit als die Tätigkeit einer Fagottistin mit der Verpflichtung zum Spielen des 3., 1. und 2. Fagotts. Allerdings beläuft sich die Vergütungsdifferenz lediglich auf 304,25 Euro brutto monatlich und damit auf etwa 9 % der monatlichen Gesamtvergütung. Die längerfristige, durch die Höhe des Einkommens beeinflusste Lebensplanung wird durch die möglicherweise zu erwartende Rückkehr zu der dauerhaft vertraglich vereinbarten Tätigkeit nach dem Befristungsende nicht in ähnlicher Weise beeinträchtigt wie bei der befristeten Erhöhung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang.

47

bb) Die somit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmende Berücksichtigung und Bewertung der rechtlich anzuerkennenden Interessen der Parteien führt nicht dazu, dass die Klägerin durch die Befristung unangemessen benachteiligt wird.

48

Die Klägerin hat zwar, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der unbefristeten Übertragung der Tätigkeit der 1. (Solo-)Fagottistin. Hierbei handelt es sich um eine hervorgehobene Position innerhalb des Orchesters, die zudem mit der Zahlung einer höheren Zulage als derjenigen für die dauerhaft vertraglich geschuldete Tätigkeit verbunden ist, auch wenn sich die Vergütungsdifferenz lediglich auf ca. 9 % der monatlichen Gesamtvergütung beläuft.

49

Demgegenüber hatte die Beklagte bei der letzten befristeten Übertragung der Tätigkeit an die Klägerin am 15. Juli 2011 ein berechtigtes Interesse daran, der Klägerin die Tätigkeit nicht unbefristet zu übertragen. Die Stelle des 1. (Solo-)Fagotts war zwar nach dem Ausscheiden des früheren Stelleninhabers dauerhaft zu besetzen. Die Beklagte war jedoch gehindert, der Klägerin diese Tätigkeit dauerhaft zu übertragen, da die Beklagte gehalten war, die nach § 57 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b und Satz 3 Buchst. a TVK vorgesehene Beteiligung des Orchestervorstands bei der Auswahl von Bewerbern für freie Stellen im Orchester und bei der Ansetzung und Durchführung von Probespielen zu beachten. Zur Ermittlung der Meinungsbildung des Orchesters sieht die vom Orchestervorstand aufgestellte Probespielordnung ein bestimmtes Verfahren vor. Es ist ein berechtigtes Anliegen der Beklagten, ohne das positive Votum des Orchesters nach der Probespielordnung keine dauerhafte Besetzung der Position des 1. (Solo-)Fagotts vorzunehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte rechtlich verpflichtet ist, bei Besetzungsentscheidungen die Vorgaben der Probespielordnung und etwaige abweichende Meinungen des Orchesters zu beachten. Jedenfalls liegt auch die ggf. nur freiwillige Einhaltung der Vorgaben der Probespielordnung im berechtigten Interesse der Beklagten. Für die Frage der Eignung und Befähigung eines Orchestermusikers spielen neben dessen fachlicher Qualifikation auch die - durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten - subjektiven künstlerischen Vorstellungen des Orchesterträgers bzw. -leiters sowie die Befähigung zur Zusammenarbeit mit den anderen Orchestermitgliedern eine nicht unerhebliche Rolle (vgl. BAG 15. August 1984 - 7 AZR 228/82 - zu II 5 b der Gründe, BAGE 46, 163). Die Beachtung der Meinungsbildung des Orchesters bei der Stellenbesetzung und dessen Beteiligung im Rahmen des Probespiels entspricht auch einer ständigen, allgemein üblichen Vorgehensweise in Orchestern. Es ist demgemäß nicht zu beanstanden, dass auch die Beklagte dieses Verfahren einhält. Daraus und aus der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung des Orchesterbetriebs bis zur dauerhaften Stellenbesetzung ergab sich das Erfordernis, für eine begrenzte Übergangszeit eine befristete Besetzung der Position des 1. (Solo-)Fagotts vorzunehmen.

50

Bei dieser Sachlage ist das Interesse der Beklagten an der nur befristeten Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin an die Klägerin höher zu bewerten als das Interesse der Klägerin an der dauerhaften Tätigkeitsübertragung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es der Klägerin freistand, an dem Bewerbungsverfahren zur dauerhaften Besetzung der Stelle teilzunehmen. Daran war die Klägerin trotz der von ihr behaupteten Äußerungen der beiden der Fagottgruppe angehörenden Musiker, ihr unabhängig von ihrer Leistung bei dem Probespiel die Stimme zu verweigern, nicht gehindert. Diese angeblichen Äußerungen sind im Übrigen für die Bewertung der Interessenlage der Parteien zum Zeitpunkt des Abschlusses der Befristungsvereinbarung am 15. Juli 2011 nicht von Bedeutung, da die Äußerungen erst im Anschluss an die von der Klägerin zu Beginn der Spielzeit 2011/2012 geäußerte Absicht, sich auf die Stelle zu bewerben und damit nach Abschluss der Vereinbarung vom 15. Juli 2011 gefallen sein sollen. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 15. Juli 2011 hatte sich die Klägerin weder auf die Stelle beworben noch an vorherigen Probespielen teilgenommen.

51

Eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin durch die Befristung ergibt sich auch nicht daraus, dass ihr die Tätigkeit der 1. (Solo-)Fagottistin aufgrund von vier Vereinbarungen nahezu vier Jahre lang übertragen war. Die relativ lange Dauer der Überbrückung bis zur Neubesetzung der Stelle beruht darauf, dass zunächst der erkrankte Stelleninhaber zu vertreten war und nach dessen Ausscheiden noch der Dienstantritt des neuen Generalmusikdirektors abgewartet werden sollte. Da nach dem Ausscheiden des früheren Stelleninhabers die Stelle ab September 2009 monatlich ausgeschrieben wurde und mehrere Probespiele stattfanden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte nicht die Absicht hatte, die Stelle endgültig zu besetzen, sondern sich auf Dauer mit der befristeten Übertragung der Tätigkeit an die Klägerin behelfen wollte.

52

IV. Da die Klägerin durch die Befristung der Übertragung der Tätigkeit einer 1. (Solo-)Fagottistin - auch unter Berücksichtigung der Gesamtdauer der Tätigkeit und der Anzahl der Befristungsvereinbarungen - nicht unangemessen benachteiligt wird, kann auch nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Vertragsgestaltung ausgegangen werden. Es kann deshalb offenbleiben, ob bei der Überprüfung der Wirksamkeit der Befristung einer Vertragsbedingung überhaupt eine Rechtsmissbrauchskontrolle nach den vom Senat zur Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG entwickelten Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs(vgl. etwa BAG 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 24 ff.; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 38 ff., BAGE 142, 308) vorzunehmen ist.

53

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

    Gräfl    

        

        

        

    Krollmann    

        

    Maaßen     

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

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aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Fahrtkosten für die Zeit von Januar bis September sowie für November und Dezember von insgesamt 390,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten aus 322,60 € seit dem 11.12.2015 und aus 68,30 € seit dem 05.02.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Nachtzuschläge in Höhe von 803,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten aus 755,19 € seit dem 11.12.2015 sowie aus 48,89 € seit dem 05.02.2016 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Der Streitwert wird auf 1.194,88 € festgesetzt.

5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Fahrtkosten und Nachtzuschläge.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 01.10.2010 als Zusteller beschäftigt. Er arbeitet in einer 6-Tage-Woche, und zwar ausschließlich nachts. Gemäß Anlage 2 seines Arbeitsvertrages erhält er pro Zeitungszustellung 1,87 € Stücklohn nebst einer "steuerfreien Zulage" i.H.v. 0,47 € (= 25 %), was den von der Beklagten gezahlten Nachtzuschlag bezeichnet. Anlässlich des zum 01.01.2015 in Kraft getretenen Mindestlohngesetzes diente die Beklagte dem Kläger eine Änderung des Arbeitsvertrages an, der keinen Stück-, sondern einen Stundenlohn vorsieht, bei einem Nachtzuschlag von nur noch 10 %; zudem sollten die dem Kläger bislang gezahlten Fahrtkosten von monatlich 120,00 € künftig nach Kilometern abgerechnet werden, wobei der Kläger seine Arbeit anstatt mit seinem Pkw nunmehr nachts mit einem Zweirad verrichten sollte. Der Kläger unterschrieb den neuen Arbeitsvertrag nicht. Gleichwohl zahlte ihm die Beklagte seit Januar 2015 lediglich einen 10%igen Nachtzuschlag sowie Fahrtkosten in unterschiedlicher Höhe, namentlich für Januar bis September 81,61 € / 88,96 € / 89,33 € / 83,41 € / 65,32 € / 59,94 € / 55,84 € / 39,29 € / 41,54 € sowie für November und Dezember 2015 jeweils

3

51,70 €. Mit der Abrechnung für Oktober 2015 zahlte sie darüber hinaus 132,02 € an Fahrtkosten nach. Der Kläger begehrt nun die restlichen Fahrtkosten sowie die Differenz der Nachtzuschläge in Höhe von (25 - 10 =) 15%.

4

Hierzu beruft er sich zum einen auf den Arbeitsvertrag und vertritt insoweit die Ansicht, der dort ausgewiesene Nachtzuschlag von 25% gelte weiterhin, auch wenn die Beklagte nicht mehr stück-, sondern stundenbezogen vergüte. Des Weiteren ergebe sich ein 25%iger Nachtzuschlag aus § 6 Abs. 5 ArbZG.

5

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn

6

1. rückständige Fahrkosten für die Zeit von Januar bis September sowie für die Monate November und Dezember insgesamt 390,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 322,60 € seit Zustellung der ursprünglichen Klage und aus weiteren 68,30 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 01.02.2016 zu zahlen;

7

2. rückständige Nachtzuschläge in Höhe von 803,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 755,19 € seit Zustellung der Klage sowie aus 48,89 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 01.02.2016 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie vertritt hinsichtlich der Nachtzuschläge die Ansicht, die im Arbeitsvertrag ausgewiesenen 25% seien nur auf den vereinbarten Stücklohn bezogen, nicht aber auf einen Stundenlohn nach dem Mindestlohngesetz. Die von ihr gezahlten 10% seien im Rahmen von § 6 Abs. 5 ArbZG auch angemessen, da nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Zweck des Nachtzuschlages darin liege, den Arbeitgeber durch Verteuerung von Nachtarbeit von dieser abzuhalten. Könne dieser Zweck von vornherein nicht erreicht werden, weil bestimmte Arbeiten – wie etwa die von Zeitungszustellern – nur nachts ausgeübt werden könnten, laufe dieser Sanktionscharakter leer, was einen Abschlag von den grundsätzlich angemessenen 25% i.H.v. 15% rechtfertige.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

12

Die Klage ist zulässig und vollumfänglich begründet. Dem Kläger stehen sowohl die geltend gemachten Fahrtkosten wie auch die geltend gemachten Nachtzuschläge in der eingeklagten Höhe zu.

13

1. Hinsichtlich der Fahrtkosten hat die Beklagte keine spezifischen Einwände erhoben und dies mit Schriftsatz vom 14.03.2016 auch zum Ausdruck gebracht. Der Kläger erhielt unstreitig monatlich 120,00 €. Ein Grund, diese Fahrtkosten nunmehr einseitig anders zu bemessen, ist weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen. Daher war dem Klageantrag zu 1, dessen Höhe der Kläger substantiiert dargelegt hat, stattzugeben.

14

2. Gleiches gilt für die geltend gemachten Nachtzuschläge (die ausweislich der Klagebegründung als Bruttobetrag eingeklagt werden sollten, so dass der Klageantrag entsprechend auszulegen war).

15

a) Dies ergibt sich zunächst schon aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag. Dieser sieht unstreitig einen 25%igen Nachtzuschlag ("steuerfreie Zulage") auf den Grundlohn vor. Warum sich an diesem Satz allein dadurch etwas ändern soll, dass die Beklagte den Grundlohn nicht mehr stückbezogen, sondern entsprechend dem Mindestlohngesetz stundenbezogen vornimmt, erschließt sich der Kammer nicht. Unabhängig davon, dass die vertragliche Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien weder einvernehmlich noch wirksam einseitig geändert wurde – und damit fortgilt –, ist der Nachtzuschlag "auf" den dem Kläger in jedem Fall zustehenden Lohn, also den Mindestlohn, zu zahlen, d. h. zusätzlich zu diesem. Die Beklagte kann sich in diesem Rahmen nicht darauf berufen – wie es im Kammertermin anklang –, dass der stückbezogene Nachtzuschlag nach dem Arbeitsvertrag lediglich für die Zeitungszustellungen, nicht aber für die Zustellungen anderer Druckwerke vorgesehen gewesen sei, wohingegen der stundenbezogene Mindestlohn sämtliche Arbeitsleistungen erfasse, weshalb von den vertraglichen 25% ein Abschlag vorzunehmen sei. Nach dem Mindestlohngesetz ist der Zuschlag "auf" den Mindestlohn zu zahlen und daher noch nicht in diesem enthalten, weder ganz noch teilweise. Die Beklagte selbst bringt in ihrem Arbeitsvertrag deutlich zum Ausdruck, dass die steuerfreie Zulage zusätzlich zu dem Grundlohn für die Zeitungszustellung in Höhe von 25% zu zahlen ist. Nur zu diesem "Grundlohn" verhält sich das Mindestlohngesetz, weshalb dem Kläger die 8,50 € pro Stunde ohne Anrechnung auf Nachtzuschläge zustehen.

16

b) Unabhängig hiervon steht dem Kläger ein Anspruch auf die Zahlung eines 25%igen Nachtzuschlags aus § 6 Abs. 5 ArbZG zu. Danach hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtarbeit geleisteten Arbeitsstunden einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (das in der vorgenannten Norm enthaltene Wahlrecht des Arbeitgebers hat die Beklagte vorliegend durch die stetige Zahlung eines Nachtzuschlages ausgeübt [vgl. BAG 09.12.2015 NZA 2016, 426 Rn. 56], weshalb der Klageantrag nicht auf eine wahlweise Verurteilung zur Zahlung oder Arbeitsfreistellung zu richten war). "Angemessen" i.S.v. § 6 Abs. 5 ArbZG ist regelmäßig ein Nachtzuschlag von 25% (BAG 27.05.2003 AP Nr. 5 zu § 6 ArbZG; 11.02.2009 AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG Rn. 19; 09.12.2015 NZA 2016, 426 Rn. 16, 21, 23 ff.; LAG Berlin-Brandenburg 17.09.2009 – 26 Sa 809/09 – Rn. 33; 25.10.2012 – 18 Sa 1021/12 – Rn. 119; LAG Hamburg 10.10.2012 – H 6 Sa 35/12; 09.04.2014 – 6 Sa 106/13 – Rn. 76; LAG Düsseldorf 19.11.2014 – 7 Sa 645/14 – Rn. 78; LAG München 29.01.2015 – 4 Sa 557/14 – Rn. 27; 26.06.2015 – 7 Sa 839/14; LAG Thüringen 07.11.2013 – 4 Sa 254/13 – Rn. 35). Von diesem Grundsatz kann indes nach oben wie nach unten abgewichen werden. So ist bei einem Arbeitnehmer, der in Dauernachtarbeit tätig wird, wegen der damit verbundenen höheren Belastung ein Nachtzuschlag von 30% als angemessen anzusehen (BAG 09.12.2015 NZA 2016, 426 Rn. 28). Umgekehrt kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch ein geringerer Ausgleich genügen, wenn in die Zeit der Nachtarbeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt (BAG 11.02.2009 AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG Rn. 18 f.; 31.08.2005 NZA 2006, 324 Rn. 17; 09.12.2015 NZA 2016, 426 Rn. 29) oder wenn der vom Gesetzgeber mit dem Nachtzuschlag verfolgte Zweck, Nachtarbeit zu verteuern und dadurch einzuschränken, wegen der Art der Arbeitsleistung nicht zum Tragen kommen kann, weil die Nachtarbeit aus zwingenden technischen oder zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung unvermeidbar ist (BAG 09.12.2015 NZA 2016, 426 Rn. 29; ähnlich schon BAG 31.08.2005 NZA 2006, 324 Rn. 16 f.; 11.02.2009 AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG Rn. 12; 18.05.2011 NZA-RR 2011, 581 Rn. 25). Auf letzteres beruft sich vorliegend die Beklagte mit der Begründung, Tageszeitungen könnten nur nachts und nicht tagsüber zugestellt werden. Daher laufe der den Arbeitgeber "sanktionierende" Anteil des Nachtzuschlags, der ihn von Nachtarbeit abhalten solle, leer, weshalb nur noch der dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers dienende Anteil des Nachtzuschlags verbleibe. Dieser sei mit 10% hinreichend bedient (ebenso für Zeitungszusteller LAG Köln 02.09.2005 – 12 Sa 132/05).

17

Dieser Argumentation der Beklagten und der von ihr insoweit in Bezug genommenen Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts schließt sich die erkennende Kammer ausdrücklich nicht an.

18

aa) Der Gesetzgeber will den Arbeitgeber von Nachtarbeit abhalten, weil diese das Privatleben des Arbeitnehmers in gravierendem Maße beeinträchtigt und seiner Gesundheit abträglich ist. Auch ohne eine Vertiefung der evolutionsbiologischen Zugehörigkeit des Menschen zu den tagaktiven Primaten ist hinlänglich bekannt, dass es seiner Gesundheit schadet, wenn der dem natürlichen Tageslicht korrespondierende Circadiane Rhythmus (Schlaf-Wach-Rhythmus / Biorhythmus) des Menschen beeinträchtigt wird, indem ihm die Nacht als typische, von der Natur vorgesehene Ruhe-, Regenerations- und Erholungsphase genommen und er nicht nur wachgehalten, sondern zudem noch mit Arbeitstätigkeiten und damit einhergehenden Sorgfaltspflichten betraut wird. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber ausdrücklich dazu verpflichtet, angesichts der "nachgewiesenen Schädlichkeit (von Nachtarbeit) für die menschliche Gesundheit" Regelungen zum "Schutz der Arbeitnehmer vor (diesen) schädlichen Folgen" zu treffen, um so dem Recht des Arbeitnehmers "auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) Genüge zu tun" (BVerfG 28.01.1992 NZA 1992, 270, 273). Dieser Gedanke des Gesundheitsschutzes findet sich denn naheliegenderweise auch in der Begründung des seinerzeitigen Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 12/5888, S. 21), den Erwägungsgründen der europäischen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG (Nr. 7-10) sowie in Art. 3 des IAO-Übereinkommens Nr. 171 über Nachtarbeit v. 26.06.1990.

19

Für den menschlichen Biorhythmus spielt es nun aber keine Rolle, ob die nächtliche Arbeit nach Bewertung der Gesellschaft oder der Juristen "zwingend" nur nachts erbracht werden kann. Biologisch bleibt die Beeinträchtigung identisch (bzw. steigt bei bestimmten Tätigkeiten im Vergleich zur normalen "Tagesbeanspruchung" sogar auf bis zu 150% an, vgl. HK-ArbSchR/Habich, 2014, § 6 ArbZG Rn. 1 mwN zur sog. "Verstärkerfunktion" von Nachtarbeit; ferner Anzinger/Kobers-ki, ArbZG, 4. Aufl. 2014, § 2 Rn. 84 mwN).

20

Zudem ändert sich die Bewertung, ob eine Tätigkeit "zwingend" nachts zu erbringen ist, mit den Ansprüchen der jeweiligen Gesellschaft. Dass – wie hier – Tageszeitungen nachts ausgetragen werden, ist mittlerweile zweifellos üblicher Standard, aber weder in den Worten des Bundesarbeitsgerichts "technisch zwingend" noch aus anderen Gründen "zwingend", zumal sich gerade angesichts des enormen Stellenwerts der digitalen Medien und ihrer Verbreitung in unserer modernen Industriegesellschaft die Aktualität von Nachrichten mittlerweile stündlich überholt. Wenn die Gesellschaft es nicht nur als sinnvoll, sondern entsprechend den Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts als "unvermeidbar" betrachtet, Zeitungen nachts zustellen zu lassen, hat sie hierfür einen Preis zu zahlen, der der dadurch hervorgerufenen "spezifischen Gesundheitsgefährdung" und der "erschwerten Teilhabe am sozialen Leben" der betroffenen Arbeitnehmer Rechnung trägt (BAG 27.05.2003 AP Nr. 5 zu § 6 ArbZG; 09.12.2015 NZA 2016, 426 Rn. 18). Diesen Arbeitnehmern den üblichen Nachtzuschlag von 25% noch unter das Regelmaß herabzusetzen mit der Begründung, ihre Tätigkeit könne nun einmal nur nachts erbracht werden (was ihre Beeinträchtigung ja gerade noch erhöht), würde dem eigentlichen Sinn und Zweck, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, geradezu Hohn sprechen. Für ihn macht die Art der Tätigkeit die Nacht nicht zum Tag. Bleibt seine gesundheitliche Beeinträchtigung aber gleich, gibt es keine Veranlassung, den Nachtzuschlag (der ähnlich wie eine Gefahrenzulage eine besondere Gesundheitsgefährdung durch die Tätigkeit abgelten soll) unter das übliche, angemessene Maß abzusenken. Die Verteuerung von Nachtarbeit ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Sie dient dem erkennbar übergeordneten, finalen Ziel des Gesundheitsschutzes des Nachtarbeitnehmers bzw. einem Ausgleich der bei ihm hervorgerufenen Gesundheitsgefährdung. Soweit Tätigkeiten nachts aus technischen, gesellschaftlichen oder sonstigen Gründen durchgeführt werden "müssen", ändert dies an dieser Gefährdungs-/Beeinträchtigungssituation für den Arbeitnehmer nichts, weshalb der Ausgleich (Nachtzuschlag) auch in diesen Fällen in voller Höhe zu zahlen ist. Im übrigen dienen die Regelungen des § 6 ArbZG selbst nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts "in erster Linie" dem Schutz des Arbeitnehmers und sehen eine Verteuerung von Nachtarbeit "im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers" vor (BAG 05.09.2002 NZA 2003, 563, 567; 31.08.2005 NZA 2006, 324 Rn. 16; 11.02.2009 AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG Rn. 12; 18.05.2011 NZA-RR 2011, 581 Rn. 25; 09.12.2015 NZA 2016, 426 Rn. 29). Die Regelung des § 6 Abs. 5 ArbZG soll die mit Nachtarbeit verbundenen körperlichen Beeinträchtigungen der Arbeitnehmer "ausgleichen" bzw. "abgelten" (BAG 05.09.2002 NZA 2003, 563, 567; 27.05.2003 AP Nr. 5 zu § 6 ArbZG; 31.08.2005 NZA 2006, 324 Rn. 12, 14, 17; 11.02.2009 AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG Rn. 12; 09.12.2015 NZA 2016, 426 Rn. 16, 23). Ein solcher Ausgleich ist aber auch dann noch möglich, wenn die Tätigkeit als solche nachts erbracht werden muss und die daraus resultierende Beeinträchtigung des Arbeitnehmers unmittelbar nicht vermieden werden kann.

21

bb) Selbst wenn man sich dem aber nicht anschließen wollte, ändert sich vorliegend am Ergebnis nichts. Nach Auffassung der Kammer kommt dem Zweck des Gesundheitsschutzes jedenfalls eine so überragende Bedeutung zu, dass für den anderen vom Bundesarbeitsgericht genannten, hier dann wohl leerlaufenden Zweck der Verteuerung von Nachtarbeit zwecks ihrer Unterbindung, allenfalls ein Abschlag von 5% vorzunehmen wäre. Da nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einem in Dauernachtschicht tätigen Arbeitnehmer ein Zuschlag von 30% zusteht und es sich bei dem Kläger unstreitig um einen Dauernachtarbeitnehmer handelt – er arbeitet 6 Tage die Woche ausschließlich nachts –, wäre der ihm damit an sich zustehende Nachtzuschlag von 30% jedenfalls nicht auf weniger als die hier eingeklagten 25% abzusenken (ebenso werten dies ausdr. und zutr. LAG Berlin-Brandenburg 11.01.2013 – 6 Sa 1490/12 – Rn. 26 ["Nachtstewardess" im Zug] und LAG München 23.05.2013 – 4 Sa 893/12 – Rn. 33 ["Schlafwagenschaffner"]).

22

3. Daher war der Klage insgesamt stattzugeben.

B.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

C.

24

Die Berufung war vorliegend nicht gesondert zuzulassen, da es hierfür an den Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG fehlt. Insbesondere ist die Abweichung der Rechtsansicht der erkennenden Kammer von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht alleinentscheidend für die vollumfängliche Klagestattgabe.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.