Landesarbeitsgericht München Urteil, 17. Feb. 2017 - 7 Sa 365/16

published on 17/02/2017 00:00
Landesarbeitsgericht München Urteil, 17. Feb. 2017 - 7 Sa 365/16
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Arbeitsgericht Kempten, 5 Ca 2236/15, 14/04/2016

Gericht

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Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 14.4.2016 - 5 Ca 2236/15 unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu Ziffern 2 und 3 abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger weitere € 4.731,52 brutto nebst Zinsen i. H. v. 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.4.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 12/100 und die Beklagte 88/100.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für die Monate April bis Oktober 2015 Anspruch auf Zahlung weiterer Nachtzuschläge hat.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 01.04.1996 beschäftigt, zuletzt als Schichtleiter im Betriebsteil „W.“. In diesem Betriebsteil, in dem Arbeiten rund um die Uhr anfallen, wird in folgenden Schichten gearbeitet:

20.00 Uhr - 05.00 Uhr (Sonntag - Donnerstag)

23.00 Uhr - 08.00 Uhr (Sonntag - Donnerstag)

05.00 Uhr - 14.00 Uhr (Montag - Freitag)

08.00 Uhr - 17.00 Uhr (Montag - Freitag)

14.00 Uhr - 23.00 Uhr (Montag - Freitag)

17.00 Uhr - 02.00 Uhr (Montag - Donnerstag)

Von den in diesem Bereich beschäftigten 179 Arbeitnehmer, wechseln 97 die Schicht wöchentlich und 82 sind auf eigenen Wunsch nur in einer Schicht tätig sind. Der Kläger arbeitet auf eigenen Wunsch in der Schicht (Sonntag - Donnerstag) von 20.00 Uhr - 5.00 Uhr.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer/Innen und für Angestellte des Speditions-, Transport- und Logistikgewerbes in Bayern, gültig ab 01.01.2015 (im Folgenden: MTV), Anwendung. § 11 MTV lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 11 Bestimmungen über Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

I. Allgemein

1. Für Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit wird ein Zuschlag zum tariflichen Stundenlohn bezahlt …

2. …

3. Beim Zusammentreffen von mehreren Zeitzuschlägen wird nur der jeweils höchste gewährt, es sei denn, es handelt sich um Mehrarbeit im Schichtdienst bzw. im zeitversetzten Dienst.

4. …

II. …

III. Nachtarbeit

1. Für Nachtarbeit in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr ist ein Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 50% zum tariflichen Stundenlohn zu zahlen.

2. .

IV. Sonn- und Feiertagsarbeit

1. Sonn- und Feiertagsarbeit ist die an diesen Tagen zwischen 00.00 Uhr und 24.00 Uhr geleistete Arbeit.

2. …

3. Die Zuschläge betragen:

a) für Sonntagsarbeit 50% zum tariflichen Stundenlohn

b) für Sonntagsnachtarbeit 100% zum tariflichen Stundenlohn

c) für Feiertagsarbeit 100% zum tariflichen Stundenlohn.

V. Schichtarbeit/zeitversetzter Dienst

1. Schichtarbeit kann eingeführt werden. Regelmäßige Schichtarbeit liegt vor, sofern sie länger als eine Woche dauert. Die Einteilung zur regelmäßigen Schichtarbeit ist dem Arbeitnehmer spätestens drei Arbeitstage vor ihrem Inkrafttreten mitzuteilen.

Anmerkung zum Begriff „Schichtarbeit“:

a) Schichtarbeit liegt vor, wenn in einem Betrieb oder Betriebsteil regelmäßig nach Schichtplan in mindestens zwei Schichten durchlaufend gearbeitet wird, wobei der Einsatz des Personals in regelmäßigen Wechsel zu erfolgen hat.

b) Zeitversetzter Dienst liegt vor, wenn von der regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit abgewichen wird. Sie wird nach den betrieblichen Notwendigkeiten einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer festgesetzt und ist mindestens drei Tage vorher bekannt zu geben.

Zeitversetzter Dienst ist nur dann gegeben, wenn mehr als drei Stunden von der regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit abgewichen wird. Zeitversetzter Dienst hat nichts mit gleitender Arbeitszeit zu tun. Teilbeschäftigung fällt ebenfalls nicht darunter.

2. Bei regelmäßiger Schichtarbeit wird für alle Stunden auf den tariflichen Stundenlohn ein Zuschlag von 10% bezahlt. Der Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III entfällt.

Bei zeitversetztem Dienst wird für alle Stunden ein Zuschlag von 5%, für alle Nachtarbeitsstunden ein Zuschlag von 10% auf den tariflichen Stundenlohn bezahlt. Der Nachtarbeitszuschlag gemäß Abs. III entfällt.

3. …"

Die Beklagte zahlte bislang dem Kläger einen Schichtzuschlag von 5%, einen Nachtarbeitszuschlag von 10% für die Zeit von 20.00 Uhr - 6.00 Uhr sowie für Sonntagsarbeit in der Zeit von 0.00 Uhr - 24.00 Uhr einen Zuschlag von 50%.

Der Kläger hat mit seiner zum Arbeitsgericht erhobenen Klage gemeint, die Beklagte sei verpflichtet, ihm Nachtzuschläge gem. § 11 Abs. 3 Ziff. 1 MTV iHv. 50% zum tariflichen Stundenlohn zu zahlen, denn er arbeite weder in Schichtarbeit noch im zeitversetzten Dienst iSd. § 11 Abs. 5 MTV und die Regelungen des § 11 Abs. 5 MTV enthielten keine Regelung bezüglich einer Dauernachtarbeit. Schichtarbeit liege deswegen nicht vor, da er nicht im regelmäßigen Wechsel in mindestens zwei Schichten durchlaufend arbeite. Die Voraussetzungen für die zeitversetzte Arbeit iSd. MTV lägen ebenfalls nicht vor, denn kennzeichnend dafür seien flexible Arbeitszeiten, die jeweils drei Tage zuvor bekannt gegeben werden müssten und zudem eine einvernehmliche Festsetzung dieser Arbeitszeiten durch die Arbeitsvertragsparteien erforderten.

Er hat daher die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm Nachtarbeitszuschläge gem. § 11 Abs. 3 Ziff. 1 MTV zahlen. Für den Zeitraum April - Oktober 2015 ergebe dies einen Betrag iHv. 5371.90 € brutto. Bezüglich der Stunden, für die der streitgegenständliche Zuschlag geltend gemacht wird sowie hinsichtlich der Berechnung der Forderung, wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 06.04.2016 (Bl. 141 - 151 d. A.) und vom 29.01. 2016 (Bl. 51 - 53 d. A.) Bezug genommen). Der Kläger hat sich auch darauf berufen, dass, selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehe, dass zeitversetzter Dienst oder Schichtarbeit iSd. MTV vorliege, er auf jeden Fall Anspruch auf den Sonntagsnachtzuschlag gem. § 11 Abs. 4 Ziff. 3 b) MTV habe und da die Beklagte ihm für die Sonntagsarbeit nur 50% Zeitzuschlag gezahlt habe, schulde sie ihm weitere 50% Zeitzuschlag für die Sonntagsnachtarbeit. Der Kläger hat schließlich auch gemeint, dass die Regelung des § 11 Abs. 5 MTV gegen § 6 Abs. 5 ArbZG verstoße, da die tarifliche Regelung keinen angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit darstelle.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.371,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dass zum Zeitpunkt September 2015 im Betrieb M. 800 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien, von denen 57% täglich zwischen 08.00 Uhr und 16.00 Uhr arbeiten würden und dass es sich dabei um die betriebliche Normalarbeitszeit handle und dass der Kläger damit zeitversetzten Dienst iSd. § 11 Abs. 5 Ziff. 2 MTV leiste, da er mehr als drei Stunden abweichend von der betrieblichen Normalarbeitszeit arbeite. Deshalb habe er keinen Anspruch auf Zahlung des Nachtzuschlags gem. § 11 Abs. 3 MTV und jedenfalls werde im Betriebsteil „W.“ in M. zumindest „Schichtarbeit“ iSd. § 11 Abs. 5 Ziff. 1 a) MTV geleistet, da die in diesem Bereich beschäftigten 179 Arbeitnehmer überwiegend in Schichtarbeit beschäftigt seien (97 Arbeitnehmer von 179 Arbeitnehmern = 54,2%). Bei der Beurteilung, ob Schichtarbeit vorliege, sei eine Gesamtbetrachtung des Betriebsteils vorzunehmen und nicht auf den einzelnen Arbeitnehmer abzustellen und auch wenn der Kläger Nachtschicht leiste, stünden ihm auf jeden Fall die Zuschläge gem. § 11 Abs. 3 MTV aufgrund der ausdrücklichen Regelung des Tarifvertrages nicht zu.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Lage der Arbeitszeiten durch Einvernahme der Zeugin L.. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.04.2016(Bl. 188-189 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich des Zuschlags für Sonntagsnachtarbeit stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung des Nachtarbeitszuschlags gem. § 11 Abs. 3 Ziff. 1 MTV, da er im zeitversetzten Dienst arbeite. Nach der Beweisaufnahme sehe es das Gericht als bewiesen an, dass die regelmäßige, tägliche, betriebliche Normalarbeitszeit im Zeitkorridor von 05.00 - 19.00 Uhr geleistet werde. Nach der glaubwürdigen Aussage der Zeugin L. arbeiteten 57% der Mitarbeiter im Zeitkorridor von 05.00 - 19.00 Uhr und die Schicht, in der der Kläger ständig arbeite (20.00 - 05.00 Uhr), weiche davon mehr als drei Stunden ab und damit entfalle nach § 11 Abs. 5 Ziff. 2 MTV der Nachtarbeitszuschlag. Der Kläger berufe sich auch zu Unrecht darauf, dass diese Regelung gegen § 6 Abs. 5 ArbZG verstoße, denn bei zeitversetztem Dienst werde für alle Stunden ein Zuschlag von 5% und für alle Nachtstunden ein Nachtarbeitszuschlag von 10% auf den tariflichen Stundenlohn gezahlt werde und damit liege eine hinreichende tarifvertragliche Ausgleichsregelung iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG vor und deshalb entfalle § 6 Abs. 5 ArbZG als Anspruchsgrundlage. Der Vortrag des Klägers, dass in anderen Betrieben der Beklagten der Nachtarbeitszuschlag gem. § 11 Abs. 3 MTV gezahlt werde, sei vollkommen unsubstantiiert und es sei deshalb nicht möglich, zu überprüfen, ob ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes gegeben sei.

Der Kläger habe aber einen Anspruch auf Zahlung des Sonntagsnachtzuschlags gem. § 11 Abs. 4 Ziff. 2 b) MTV, da in § 11 Abs. 5 Ziff. 2 MTV lediglich vorgesehen sei, dass der Nachtarbeitszuschlag gem. § 11 Abs. 3 MTV bei zeitversetztem Dienst entfalle. Nicht erwähnt werde der Zuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit in § 11 Abs. 4 Ziff. 3 MTV. Sonntagsnachtarbeit sei unstreitig geleistet worden, wobei der hierfür gewährte Sonntagszuschlag von 50% anzurechnen sei.

Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Seiten 6 - 10 (Bl. 197 - 202 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses Urteil vom 14.04.2016, dem Kläger zugestellt am 26.04.2016, legte dieser am 13.05.2016 Berufung ein, die er mit einem 22.07.2016 eingegangenen Schriftsatz begründete, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Die Beklagte legte gegen das ihr am 22.04.2016 zugestellte Urteil am 23.05.2016, einem Montag, ebenfalls Berufung ein, die sie mit einem am 26.07.2016 eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem die Berufungsbegründungsfrist zuvor bis diesem Tag verlängert worden war.

Der Kläger rügt, das Arbeitsgericht bejahe zu Unrecht einen zeitversetzten Dienst. Es lasse den Vortrag des Klägers hinsichtlich der Auslegung gänzlich außer Betracht. V. als Tarifvertragspartei sei nicht der Auffassung, dass eine Dauernachtschicht unter den Begriff und die Regelungsabsicht des zeitversetzten Dienstes falle und damit setze sich das Arbeitsgericht nicht auseinander. Die gebotene Auslegung des MTV ergebe, dass Dauernachtschicht nicht mit dem zeitversetzten Dienst gleichzusetzen sei. Laut v. sei die Regelung zum zeitversetzten Dienst eine „Uralt-Regelung“ im MTV und sie sei in den 70er-/80er-Jahren aufgenommen worden, um notwendige Änderungen der Regelarbeitszeit aufzufangen und flexible Arbeitszeiten seien damals noch unbekannt gewesen. Die Regelung zum zeitversetzten Dienst sei sozusagen der Vorläufer zum Tarifvertrag über flexible Arbeitszeit aus dem Jahr 2002. Beim zeitversetzten Dienst handle es sich um eine Regelung zur vorübergehenden Gestaltung der Arbeitszeit. Der MTV unterscheide zeitversetzten Dienst und Schichtarbeit. Während Schichtarbeit einseitig dauerhaft eingeführt werde, sollten die Regelungen für den zeitversetzten Dienst dagegen dem Bedürfnis nach Flexibilität des Arbeitgebers gerecht werden wobei der zeitversetzte Dienst einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer festzusetzen sei.

Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang und den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien gehe das Arbeitsgericht nicht ein. Unberücksichtigt bleibe auch, dass die Beklagte an anderen Standorten den Tarifvertrag offenbar anders auslege und Nachtzuschläge von 50% zahle. Hierbei handle es sich zwar um Tochter- oder Schwesterunternehmen der Beklagten in Baden-Württemberg, doch gelte dort ebenfalls der bayerische Tarifvertrag. Dass der Kläger den Vortrag nicht substantiieren könne, sei der Tatsache geschuldet, dass es ihm nicht möglich sei, an die Schichtpläne, Arbeitsverträge und Abrechnungen der dortigen Kollegen zu gelangen. Gleichwohl sei der Vortrag relevant für die Frage, wie der MTV auszulegen sei.

Zu Unrecht verneine das Arbeitsgericht auch einen Anspruch aus § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Regelung für den zeitversetzten Dienst enthalte keine angemessene Ausgleichsregelung für Nachtarbeit in Dauernachtschicht, denn die Nachtzulage von 10% stelle keine angemessene Kompensation dar.

Der Kläger beantragt zuletzt, nachdem er seine Berufung iHv. € 640,38 zurückgenommen hat:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 14.04.2016, Az. 5 Ca 2236/15, wird abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, 4.731,52 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

  • 1.Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

  • 2.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 14.04.2016, Az. 5 Ca 2236/15, abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht gebe der Klage hinsichtlich der Sonntagsnachtarbeitszuschläge zu Unrecht statt. In § 11 Abs. 5 MTV sei für den zeitversetzten Dienst geregelt, dass für „alle“ Nachtarbeitsstunden ein Zuschlag von 10% auf den tariflichen Stundenlohn gezahlt werde und der „Nachtarbeitszuschlag gem. Abs. 3 entfalle“. Dem sei der Wille der Tarifvertragsparteien zu entnehmen, dass keinerlei Nachtarbeitszuschläge, sondern für alle Nachtarbeitsstunden ein Zuschlag von 10% auf den tariflichen Stundenlohn zu bezahlen seien. Zwar sei es zutreffend, dass der Wortlaut ausdrücklich nur regle, dass der Nachtarbeitszuschlag gem. Abs. 3 entfalle. Das Arbeitsgericht verkenne dabei aber, dass bereits vorangestellt sei, dass für „alle“ Nachtarbeitsstunden ein Zuschlag von 10% zu zahlen sei. Die Formulierung „alle“ lasse keine andere Interpretation zu, als dass die Nachtarbeit an allen sieben Wochentagen gemeint sei. Dasselbe gelte, wenn man nicht von einem zeitversetzten Dienst, sondern von Schichtarbeit ausgehen würde.

Die Berufung des Klägers hält die Beklagte für unbegründet. Das Arbeitsgericht habe zu Recht das Vorliegen eines zeitversetzten Dienstes bejaht. Da die Arbeitszeit des Klägers problemlos in die Arbeitszeitmodelle Schichtarbeit bzw. zeitversetzter Dienst eingeordnet werden könne, bestehe kein Bedürfnis nach einer Auslegung des MTV. Die hinsichtlich der Tarifgeschichte mit Bezug auf V. gemachten Ausführungen seien irrelevant und würden bestritten. V. müsse sich auch fragen lassen, weshalb der MTV nach wie vor eine Regelung zum zeitversetzten Dienst beinhalte, wenn dies ausdrücklich aufgrund des aus dem Jahre 2002 stammenden Tarifvertrages über flexible Arbeitszeit hinfällig geworden sei. Und selbst wenn die vom Kläger in die tarifliche Regelung hineininterpretierte Differenzierung bestünde, lege er nicht dar, welche Auswirkungen dies auf den streitgegenständlichen Sachverhalt haben solle, insbesondere weshalb dann in seinem Sinne weder zeitversetzter Dienst noch Schichtarbeit vorliegen solle.

Unrichtig sei die pauschale und unsubstantiierte Behauptung des Klägers, die Beklagte würde an anderen Standorten den MTV offenbar anders auslegen, denn er stelle die konkrete betriebliche Situation in den Unternehmen in Baden-Württemberg erst gar nicht dar. Im Übrigen sei damit noch nicht geklärt, an welchem Standort etwas falsch oder etwas richtig iS. der tarifvertraglichen Regelung angewandt werde, denn ihr sei nicht bekannt, ob an diesen Standorten tatsächlich Schichtarbeit oder zeitversetzter Dienst stattfinde. Auch werde bestritten, dass an diesen Standorten der bayerische MTV Anwendung finde und es werde auch bestritten, dass die Mitarbeiter dort 50% Nachtzuschläge erhielten. Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch einen Anspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG verneint. Da im zeitversetzten Dienst für alle Stunden ein Zuschlag von 5% und für alle Nachtarbeitsstunden von 10% auf den tariflichen Stundenlohn gezahlt werde, liege eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG vor und bei der Beurteilung der Angemessenheit sei der gesamte Tarifvertrag zu betrachten. Entscheidend sei, dass die Tarifvertragsparteien die Thematik erkannt und sodann eine einvernehmliche Lösung getroffen hätten. Nur für die unregelmäßige und planwidrige Nachtarbeit solle nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ein höherer Zuschlag gezahlt werden.

Hilfsweise verweist die Beklagte darauf, dass jedenfalls Schichtarbeit iSd. § 11 Abs. 5 Ziff. 1 a) MTV vorliegen dürfte, da eine Vielzahl der Arbeiten rund um die Uhr anfiele und seit dem Jahr 1998 werde deshalb ein Mehrschichtsystem praktiziert. 97 Arbeitnehmer, d. h. 54,2% wechselten regelmäßig nach Schichtplan wöchentlich die Schicht und 82 Arbeitnehmer seien auf eigenen Wunsch ständig nur in einer Schicht tätig. Der überwiegende Teil des Personals arbeite demnach im regelmäßigen Wechsel. § 11 Abs. 5 Ziff. 1 a) MTV stelle auf eine Gesamtbetrachtung des Betriebsteils ab und der MTV stelle nicht auf die individuellen Arbeitszeiten eines Einzelarbeitnehmers ab. Ob der Kläger Schichtarbeit leiste bzw. nicht leiste, sei nicht von der individuellen Lage seiner Arbeitszeit aus zu beurteilen, sondern ausschließlich betriebs- oder betriebsteilbezogen und im Betriebsteil des Klägers finde Schichtarbeit statt.

Die Beklagte meint auch, eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.2015 -10 AZR 156/15 unterscheide sich vom vorliegenden Sachverhalt in wesentlichen Punkten, denn in diesem Fall seien die Parteien nicht tarifgebunden gewesen und der dortige Kläger sei infolge der Ausübung des Direktionsrechts dauerhaft in Nachtarbeit tätig gewesen. Vorliegend habe die Beklagte aber für alle Arbeitnehmer Wechselschicht angeordnet und allein auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers erbringe dieser die vertraglich geschuldete Schichtarbeit in einer der Schichten dauerhaft. § 6 Abs. 5 ArbZG falle als Anspruchsgrundlage aus, da mit § 11 Abs. 5 MTV eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung vorliege und das Bundesarbeitsgericht weise in der zitierten Entscheidung darauf hin, dass auch ein Zuschlag von 10% angemessen sein könne und es führe auch weiter aus, dass sich Verfügbarkeitszeiten reduzierend auf einen angemessenen Nachtarbeitsausgleich auswirken könnten. Im Sinne dieses Rechtsgedankens sei zu berücksichtigen, dass der Kläger allein auf sein Verlangen und seinen Wunsch hin Arbeitszeit während der Nachtzeit erbringe. Hinsichtlich der Auslegung des § 11 Abs. 5 MTV habe v. auf eine Anfrage der Beklagten am 20.11.2015 mitgeteilt, dass dieser eine eindeutige und klare Interpretation zugunsten der gewerkschaftlichen Auslegung bzw. zugunsten der Arbeitgeberposition nicht zulasse und deshalb in den kommenden Tarifverhandlungen versucht werde, eine eindeutige Regelung zu finden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 22.07.2016 (Bl. 259 ff. d. A.), 26.07.2016 (Bl. 274 ff. d. A.), 29.08.2016 (Bl. 296 ff. d. A.), 13.09.2016 (Bl. 325 ff. d. A.), 20.10.2016 (Bl. 354 ff. d. A.) samt ihren Anlagen verwiesen.

Gründe

I.

Die Berufungen sind zulässig. Sie sind nach § 64 Abs. 2 und 3 ArbGG statthaft sowie frist-und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die geltend gemachten Nachtzuschläge. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, da das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat, dass dem Kläger die geltend gemachten Feiertagsnachtzuschläge zustehen.

Die Kammer teilt die Rechtsauffassung, die die 9. und die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts München zu Parallelverfahren vertreten haben (Urteile vom 27.10.2016 - 3 Sa 370/16 und 08.11.2016 - 9 Sa 367/16). Die folgenden Ausführungen übernehmen die Erwägungen dieser Kammern.

1. Der Kläger hat aus § 11 Abs. 3 Ziff. 1 MTV Anspruch auf einen Zuschlag von 50% für die zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Arbeit. Dieser Anspruch entfällt nicht nach § 11 Abs. 5 Ziff. 2 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 1 Satz 2 MTV.

1.1 Die Tarifvertragsparteien haben in § 11 Abs. 3 Ziff. 1 MTV geregelt, dass für Nachtarbeit in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr ein Nachtarbeitszuschlag von 50% des tariflichen Stundenlohns zu bezahlen ist. Hiervon kann nach § 11 Abs. 5 Ziff. 2 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 1 Satz 2 MTV nur im Falle von Schichtarbeit oder bei zeitversetztem Dienst abgewichen werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger leistet weder zeitversetzten Dienst noch Schichtarbeit i. S. d. § 11 Abs. 5 MTV.

1.1.1 Der Nachtzuschlag nach § 11 Abs. 3 Ziff. 1 MTV entfällt nicht nach § 11 Abs. 5 Ziff. 2 Abs. 2 Satz 2 MTV, da der Kläger keinen zeitversetzten Dienst leistet.

Zeitversetzter Dienst liegt vor, wenn von der regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit mehr als drei Stunden abgewichen wird. Es ist eine einvernehmliche Festsetzung erforderlich und der zeitversetzte Dienst ist mindestens drei Tage vorher bekanntzugeben.

Es kann dahinstehen, ob § 11 Abs. 5 Ziff. 1 b) MTV mit der regelmäßigen, täglichen, betrieblichen Normalarbeitszeit nur Arbeitszeitmodelle meint, bei denen alle Arbeitnehmer im Betrieb regelmäßig zur selben Zeit arbeiten, oder ob damit auch Arbeitszeitmodelle im Schichtbetrieb gemeint sind. In beiden Fällen liegt ein zeitversetzter Dienst des Klägers nicht vor.

Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Wortlaut zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (ständige Rechtsprechung des beispielhaft: BAG 22.10.2003 - 10 AZR 152/03).

1.1.1.1 Geht man davon aus, dass mit regelmäßiger, täglicher, betrieblicher Normalarbeitszeit nur Arbeitszeitmodelle gemeint sind, bei denen alle Arbeitnehmer im Betrieb regelmäßig zur selben Zeit arbeiten, was der Wortlaut und die Klarstellung, dass zeitversetzter Dienst nichts mit Gleitzeitarbeit zu tun hat, nahelegen, wäre bereits der Anwendungsbereich der Norm nicht eröffnet. Im Beschäftigungsbetrieb des Klägers gibt es keine feste Arbeitszeit in diesem Sinne, da alle Arbeitnehmer in Schicht arbeiten. Dass diese Schichten mehrheitlich in einen bestimmten Zeitkorridor fallen mögen, ändert daran nichts. Ein Zeitkorridor, in den die Mehrheit der Schichten fallen möge, bildet nicht die regelmäßige tägliche Arbeitszeit ab, sondern den Rahmen der Arbeitszeit der Mehrheit der Mitarbeiter. Eine konkrete regelmäßige Arbeitszeit wird durch einen derartigen Zeitkorridor aber nicht abgebildet.

1.1.1.2 Versteht man den Begriff regelmäßige, tägliche, betriebliche Arbeitszeit weiter und versteht darunter auch Arbeit im Schichtbetrieb, was nach dem Sinn und Zweck der Regelung naheliegt, ist die regelmäßige, tägliche, betriebliche Arbeitszeit eines Betriebes nicht eine von mehreren Schichten, sondern das gesamte Schichtmodell.

Die regelmäßige, tägliche, betriebliche Normalarbeitszeit im Betrieb des Klägers ist ein Schichtmodell mit insgesamt sechs unterschiedlichen Schichten. Die betriebliche Arbeitszeitordnung besteht aus diesem Schichtmodell insgesamt. Das Schichtmodell insgesamt wiederholt sich regelmäßig. Keine der insgesamt sechs Schichten ist „normaler“ oder „regelmäßiger“ als die andere. Vielmehr sind alle Schichten die regelmäßige, tägliche, betriebliche Arbeitszeit.

Der Kläger arbeitet dauerhaft in einer dieser Schichten und damit in der betrieblichen Normalarbeitszeit. Eine zum Schichtmodell gehörende Schicht ist kein zeitversetzter Dienst i. S. d. § 11 Abs. 5 Ziff. 1 b) MTV. Bereits dem Wortlaut nach ist ein zeitversetzter Dienst etwas anderes als eine Schicht. Der MTV unterscheidet zwischen Schicht und Dienst, macht den Einsatz der Mitarbeiter in einer bestimmten Schicht oder im zeitversetzten Dienst von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig und knüpft unterschiedliche Rechtsfolgen daran an. Während die Einteilung in die regelmäßige Schichtarbeit einseitig durch den Arbeitgeber erfolgen kann (§ 11 Abs. 5 Ziff. 1 MTV), kann der Einsatz im zeitversetzten Dienst nur nach betrieblicher Notwendigkeit einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer festgesetzt werden (§ 11 Abs. 5 Ziff. 1 b, Abs. 1 MTV). Zeitversetzter Dienst ist demnach eine im Einzelfall nach betrieblicher Notwendigkeit im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer vorgenommene Verschiebung der Lage der Arbeitszeit um mehr als drei Stunden, nicht eine zum betrieblichen Arbeitszeitmodell gehörende regelmäßig gearbeitete Schicht.

1.1.2 Der Nachtzuschlag nach § 11 Abs. 3 Ziff. 1 MTV entfällt auch nicht nach § 11 Abs. 5 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 MTV, da der Kläger keine Schichtarbeit i. S. d. § 11 Abs. 5 MTV leistet.

Was Schichtarbeit i. S. d. § 11 Abs. 5 MTV ist, wird in § 11 Abs. 5 Ziff. 1 und der Anmerkung a) hierzu definiert. Danach liegt regelmäßige Schichtarbeit vor, wenn sie länger als eine Woche dauert und in einem Betrieb oder Betriebsteil regelmäßig nach Schichtplan in mindestens zwei Schichten durchlaufend gearbeitet wird, wobei der Einsatz des Personals in regelmäßigen Wechsel zu erfolgen hat. Eine Auslegung dieser Regelung ergibt, dass der Kläger nicht in Schichtarbeit i. S. d. § 11 Abs. 5 MTV tätig ist.

1.1.2.1 Bereits eine Auslegung nach dem Wortlaut der Regelung ergibt, dass der Kläger nicht Schichtarbeit i. S. d. § 11 Abs. 5 MTV arbeitet. Diese setzt voraus, dass im Betrieb oder Betriebsteil der Einsatz des Personals in regelmäßigem Wechsel erfolgt. Das ist vorliegend nicht der Fall. Lediglich ein Teil des Personals wird im regelmäßigen Wechsel eingesetzt. Nur 97 der 179 Arbeitnehmer arbeiten in Wechselschicht. 82 Arbeitnehmer, d. h. gut 45% der Arbeitnehmer arbeiten in Dauerschicht. Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 5 Ziff. 1 Anm. a) MTV genügt es jedoch nicht, wenn das Personal nur teilweise oder auch überwiegend in Wechselschicht eingesetzt wird.

Da der Kläger zu dem Teil der Belegschaft gehört, der nicht in Wechselschicht arbeitet, kann hier dahinstehen, ob vor dem Hintergrund, dass die Tarifvertragsparteien den Fall einer in „Wechselschichtler“ und „Dauerschichtler“ aufgeteilten Belegschaft nicht bedacht haben mögen, der Wortlaut eine Anwendung des § 11 Abs. 5 MTV auf den in Wechselschicht arbeitenden Teil der Belegschaft gleichwohl zulässt. Die hier fragliche Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 11 Abs. 5 MTV auf den in Dauerschicht arbeitenden Teil der Belegschaft ist jedenfalls vom Wortlaut nicht gedeckt.

1.1.2.2 Auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich keine Anwendung des § 11 Abs. 5 Ziff. 2 Abs. 1 MTV auf das Arbeitsverhältnis des Klägers.

Betrachtet man die Regelungen in § 11 Abs. 3 Ziff. 1, § 11 Abs. 5 Ziff. 1 mit Anm. a) und § 11 Abs. 5 Ziff. 2 Abs. 1 MTV im Zusammenhang, so ergibt sich, dass die Tarifvertrags parteien grundsätzlich die zusätzliche Belastung durch Nachtarbeit großzügiger als vom Gesetzgeber in § 6 Abs. 5 ArbZG in der Zeit von 20.00 Uhr - 6.00 Uhr mit einem Zuschlag von 50% ausgleichen wollten. Für Betriebe, in denen das Personal in Wechselschicht arbeitet, soll dieser Zuschlag entfallen. Stattdessen wird für alle Stunden, d. h. auch für die Stunden außerhalb der in § 11 Abs. 3 MTV definierten Nachtarbeitszeit, ein Zuschlag von 10% gezahlt. In einem Wechselschichtsystem, in dem der einzelne Arbeitnehmer aufgrund der wechselnden Schichten immer auch Arbeitszeiten außerhalb der tariflichen Nachtarbeitszeit hat, wird der wegfallende Nachtzuschlag dabei dadurch kompensiert, dass auch für die Zeiten außerhalb der Nachtarbeit ein Zuschlag gezahlt wird. Der Tarifvertrag sieht deshalb im Grundsatz einen Nachtzuschlag von 50% vor, der nur im Wechselschichtbetrieb anfällt. Dies wird jedoch dadurch ausgeglichen, dass auch die Stunden außerhalb der im MTV definierten Nachtarbeitszeit mit einem Schichtzuschlag von 10% zu vergüten sind.

Diese Auslegung führt zu einer sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Zulagenregelung im MTV. Ein Arbeitnehmer, der stets in derselben Schicht außerhalb der tariflichen Nachtarbeitszeit arbeitet, erhält das dafür vorgesehene tarifliche Entgelt, jedoch keinen Zuschlag, was sachgerecht ist, da hier keine besondere Belastung auszugleichen ist. Ein Arbeitnehmer, der ausnahmsweise zu einer mehr als drei Stunden versetzten Zeit arbeitet, erhält einen Zuschlag von 5%, soweit die Arbeitszeit in die tarifliche Nachtarbeitszeit reicht, von 10%. Arbeitnehmer, die in Wechselschicht arbeiten, erhalten für alle gearbeiteten Stunden einen Zuschlag von 10%. Derjenige, der Dauernachtschicht arbeitet, erhält einen Zuschlag von 50%. Die Tarifvertragsparteien haben damit ein abgestuftes Zulagensystem geschaffen, das den Belastungen, durch kurzfristiges Abweichen von der Normalarbeitszeit, Wechselschicht und Nachtschicht, differenziert Rechnung trägt.

Würde man hingegen § 11 Abs. 5 Ziff. 2 MTV entgegen dem Wortlaut der Anm. a) zu § 11 Abs. 5 Ziff. 1 MTV, wie von der Beklagten vertreten, auch auf Personal anwenden, das nicht in Wechselschicht eingesetzt ist, würde dies dazu führen, dass sowohl Arbeitnehmer, die dauerhaft in Tagschicht eingesetzt sind, als auch Arbeitnehmer, die dauerhaft in Nachtschicht eingesetzt sind, unter Wegfall des Nachtarbeitszuschlags jeweils einen Zuschlag von 10% je Stunde erhalten. Dies kann von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt sein. Ein derartiges Ergebnis würde die Arbeitnehmer, die dauerhaft Tagschicht arbeiten, ohne erkennbaren Grund privilegieren. Vor allem würde es aber den Arbeitnehmern, die wie der Kläger dauerhaft Nachtschicht arbeiten, eine angemessene Entschädigung für diese Belastung vorenthalten. Dies ließe sich weder mit § 6 Abs. 5 ArbZG noch mit § 11 Abs. 3 MTV vereinbaren. Dort haben die Tarifvertragsparteien gerade zum Ausdruck gebracht, dass sie grundsätzlich einen Zuschlag von 50% für einen angemessenen Ausgleich für Nachtarbeit halten.

1.2 Dem Anspruch auf Nachtzuschlag nach § 11 Abs. 3 MTV steht nicht entgegen, dass der Kläger mit der Nachtarbeit einverstanden ist oder er die Arbeit sogar auf seinen Wunsch in Dauernachtschicht erbringt.

Der Nachtschichtzuschlag entfällt nach § 11 Abs. 5 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 MTV nur, wenn Wechselschicht gearbeitet wird (s. o.). Der MTV enthält keine Regelung des Inhalts, dass der Nachtzuschlag entfällt, wenn der Arbeitnehmer mit Dauernachtschicht einverstanden ist oder diese auf seinen Wunsch in Abweichung von einer eigentlich im Betrieb vorgesehenen Wechselschicht erbracht wird.

Im Wunsch, Dauernachtschicht zu arbeiten, liegt auch kein konkludenter Verzicht auf den tariflichen Nachtzuschlag. Darüber hinaus wäre eine vom MTV abweichende Vereinbarung oder gar ein Verzicht auf den entstandenen Nachtzuschlag nach § 4 Abs. 3 und 4 TVG ohnehin unwirksam.

1.3 Für die Monate April - Oktober 2015 hat der Kläger deshalb den der Höhe nach unbestrittenen Anspruch auf Zahlung von Nachtzuschlägen von zuletzt beantragten 4.731,52 € brutto.

2. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 640,38 € brutto als Sonntagsnachtarbeitszuschlag, die ihm vom Arbeitsgericht bereits zugesprochen wurde.

Er hat einen Anspruch auf einen Sonntagsnachtarbeitszuschlag von 100% für die an Sonntagen geleistete Nachtarbeit aus § 11 Abs. 4 b) MTV. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass dieser Zuschlag nach § 11 Abs. 5 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 1 MTV entfiele, weil dort jeweils geregelt sei, dass auf „alle“ Stunden ein Zuschlag von 10% bzw. 5% zu zahlen sei. Wie bereits ausgeführt, sind die Regelungen des § 11 Abs. 5 Ziff. 2 MTV vorliegend bereits nicht einschlägig (s. o.). Darüber hinaus würde, selbst wenn deren Anwendungsbereich eröffnet wäre, der Sonntagsnachtarbeitszuschlag nicht entfallen. Vielmehr läge in diesem Fall ein Zusammentreffen mehrerer Zuschläge vor, das durch die Kollisionsregelung des § 11 Abs. 1 Ziff. 3 MTV dahingehend geregelt ist, dass der jeweils höhere Zuschlag zu zahlen ist.

Da die Beklagte auf die auf einen Sonntag fallenden Stunden bereits einen Zuschlag von 50% gezahlt hat, ist hier lediglich noch ein Zuschlag von weiteren 50% geschuldet. Für die Berechnung des Anspruchs wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen, die mit der Berufung nicht angegriffen worden sind.

3. Die Beklagte ist nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, den Zahlungsbetrag seit dem Eintritt der Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO.

IV.

Die Revision war aus grundsätzlichen Erwägungen zuzulassen, da in Parallelverfahren die 9. und die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts München bereits die Revision zugelassen haben.

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
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published on 27/10/2016 00:00

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 14.04.2016 - 5 Ca 2239/15 - in Ziffern 2 und 3 abgeändert und wie folgt gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.088,40 €
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Annotations

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.