Landesarbeitsgericht München Beschluss, 19. Juli 2018 - 4 TaBV 153/17

bei uns veröffentlicht am19.07.2018
vorgehend
Arbeitsgericht Rosenheim, 1 BV 31/17, 19.09.2017

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 19. September 2017 - 1 BV 31/17 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung eines Arbeitnehmers.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist Logistikdienstleisterin mit deutschlandweiten Niederlassungen, darunter eine in E-Stadt mit 36 dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Der Beteiligte zu 2 ist der für diesen Betrieb gewählte Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin vergütet die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dem Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Speditions-, Transportund Logistikgewerbes in Bayern, gültig ab dem 1. Oktober 2016, (im Folgenden: LTV STL)

Am 7. Juli 2017 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG über die Neueinstellung von Herrn AN1 zum 2. Oktober 2017, befristet bis zum 31. März 2018, sowie über dessen geplante Eingruppierung in die Lohngruppe 2 des LTV STL. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Unterrichtungsschreiben vom 7. Juli 2017 (Anlage AS 1 = Bl. 19 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Betriebsrat stimmte der Neueinstellung von Herrn AN1 mit Schreiben vom 13. Juli 2017 (Anlage AS 2 = Bl. 21 d.A.) zu, lehnte aber dessen Eingruppierung in die Lohngruppe 2 des LTV STL ab, weil Herr AN1 nach Auffassung des Betriebsrats richtigerweise in die Lohngruppe 3b des LTV STL einzugruppieren sei.

Der Arbeitnehmer AN1 wird über den Ablauf der Befristung bei der Arbeitgeberin bis dato beschäftigt (Bl. 171 d.A.).

Die Arbeitgeberin gruppiert derzeit die Beschäftigten im Bereich Lager/Umschlag grundsätzlich in Lohngruppe 2 des LTV STL ein. Nach der Funktionsbeschreibung eines Mitarbeiters in diesem Bereich (Anlage AS 4 = Bl. 23 d.A.) sind folgende Haupttätigkeiten zu verrichten:

- Ordnungsgemäße und warenschonende Be- bzw. Entladung der Transporteinheiten;

- Durchführung von Grob- und Feinsortierung der Sendungen (bis max. 31,5 kg);

- Durchführung einer ordnungsgemäßen Rücklaufkontrolle;

- Durchführung von Sonderabwicklungen;

- Sorgfältige Bedienung und Behandlung der Lagerumschlagsgeräte und Scanner sowie etwaiger Flurförderfahrzeuge und technischer Anlagen;

- AFNUS-Bearbeitung;

- Aufrechterhaltung der Ordnung und Sauberkeit am Standort;

- Ladungssicherung in den Transporteinheiten;

- Einhaltung der vorgegebenen Qualitäts- und Sicherheitsstandards.

- Bei der Arbeitgeberin gibt es am Standort E-Stadt unterschiedliche Arbeitsplätze, die abhängig von den Wünschen der Beschäftigten und deren Einarbeitungsstand besetzt werden. Ein Wechsel zwischen den Arbeitsplätzen ist grundsätzlich möglich. Innerhalb einer Schicht kann ein Wechsel erfolgen, wenn es mit Blick auf das Sendungsaufkommen erforderlich ist (Bl. 173 d.A.).

Der Umschlagprozess der Sendungen läuft am Standort E-Stadt in der Form ab, dass die Sendungen von den Wechselbrücken in der Zeit von 00:00 Uhr bis 7:00 Uhr händisch entladen werden. Pro Nachtschicht werden zirka 24 Wechselbrücken an drei Einschleusungsmöglichkeiten geleert; die Umsetzungsvorgänge der Wechselbrücken machen jeweils etwa zehn bis 15 Minuten aus. In dieser Zeit findet keine Entladung statt und es kann zu Wartezeiten des Personal kommen, die nicht als Pausenzeiten gewertet werden (Bl. 174 d.A.).

Die Entladung erfolgt regelmäßig durch zwei Personen und nur im Ausnahmefall durch eine Person (Bl. 14; 57; 172 d.A.), die sich auf der Wechselbrücke befinden und die überwiegend losen Sendungen auf Teleskopförderbänder, die in die Wechselbrücken hineingefahren werden und nicht nach untern absenkbar sind (Bl. 172 d.A.), legen. Da die Wechselbrücken im vorderen Bereich bis zur Decke bei einer Höhe von zirka 2,5 Meter lose befüllt sind, stehen Trittbretter als Hilfsmittel zur Verfügung. Die Füllhöhe der Wechselbrücken fällt nach hinten hin ab; nicht alle Wechselbrücken weisen einen Füllgrad von 100 Prozent auf (Bl. 173 d.A.). Teilweise befinden sich auf den Wechselbrücken Corletten, vergitterte Rollbehälter mit einer Fläche von 1,2 mal 1,2 Meter und einer Höhe von 1,96 Metern sowie einer Tür, die vor allem mit Tütensendungen befüllt sind, sowie Paletten, die überwiegend mit Weinlieferungen bepackt sind und zunächst per Stapler abgeladen und anschließend von Hand absortiert werden, wofür immer Dreh- und Laufbewegungen notwendig sind (Bl. 56; 172 d.A.). Manchmal liegen auf den Corletten längere Sendungen mit geringer Breite und geringem Gewicht, etwa Vorhangstangen oder eine Stoßstange, die vor dem Entladen der Corletten heruntergenommen werden müssen (Bl. 172 f. d.A.).

Vom Teleskopband werden Großteile mit mehr als 20 kg, die nicht während der gesamten Nachtschicht und mit saisonalen Schwankungen angeliefert werden (Bl. 56; 173 f. d.A.), manuell auf die Großteilestrecke geschoben; kleinere Pakete werden automatisch über die Bandanlage weitergeführt (Bl. 172 d.A.) und sortiert. Zu große oder zu schwere Tütensendungen müssten aussortiert und auf das normale Paketband gelegt werden, um Stauungen und hieraus resultierenden Bandabschaltungen zu vermeiden. Die Sendungen gelangen von der Anlage auf Abrutschschütten und werden von dort in Corletten verbracht (Bl. 55 d.A.). Das Befüllen der Corletten erfolgt bei Tütensendungen, indem diese bei geschlossener Tür von oben in die Corlette geworfen werden. Pakete werden bei geöffneter Tür tetri-sartig in der Corlette gestapelt (Bl. 172 d.A.).

Am 3. August 2017 belief sich das von zwölf Beschäftigten bearbeitete Aufkommen an Warensendungen in der Nachtschicht am Standort E-Stadt auf 20.819, wovon 19.715 über das Band abgewickelt werden konnten. Am 11. August 2017 hatten 14 Beschäftigte 19.484 Sendungen zu bearbeiten, von denen 18.406 über das Band abgewickelt werden konnten (Bl. 54 f. d.A.). Bei einer Schwankungsbreite von 15.000 bis 30.000 Sendungen werden pro Nachtschicht durchschnittlich 25.000 Sendungen bearbeitet (Bl. 173 d.A.). Rund 85% des Gesamtaufkommens machen Sendungen mit einem Gewicht zwischen 0,5 kg und 10 kg aus. Darunter fallen auch Tütensendungen mit einem Maximalgewicht von 2,5 kg, die rund 35% am gesamten Sendungsaufkommen ausmachen. Rund 10% der Sendungen weisen ein Gewicht zwischen 10 kg und 20 kg auf; 3-5% sind Sendungen mit einem Gewicht von 20 bis 25 kg (Bl. 13 d.A.), wobei Sendungen bis 31,5 kg zum Sendungsspektrum der Arbeitgeberin gehören. In Einzelfällen (0,1% der Sendungen) sind Sendungen mit einem darüberhinausgehenden Gewicht zu bearbeiten (Bl. 56 d.A.). Rund 35% des Gesamtsendungsaufkommens im Depot E-Stadt machen Sendungen der Firma F. aus, die leicht stapelbar sind (Bl. 172, 174 d.A.).

Die Arbeitgeberin vertrat vor dem Arbeitsgericht den Standpunkt, dass der Betriebsrat zu Unrecht die Zustimmung zur Eingruppierung in die Lohngruppe 2 verweigert habe und demzufolge die Zustimmung zu ersetzen sei. Für die vom Betriebsrat angenommene Eingruppierung in Lohngruppe 3b sei eine erhebliche körperliche Dauerbelastung zwingende Voraussetzung, die bei den im Lager zu verrichtenden Tätigkeiten nicht vorliege. Zwar ergäben sich aus dem Tarifwerk keine genauen Grenzwerte für erhebliche körperliche Belastungen. Zur Auslegung dieses Begriffs könnten die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes und die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 27. September 2000 - 10 ABR 48/99 -, juris) herangezogen werden. Körperlich schwere Arbeiten würden dort angenommen, wenn regelmäßig Lasten von mehr als 5 kg Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als 10 kg Gewicht - ohne mechanische Hilfsmittel - von Hand gehoben, bewegt oder befördert werden müssten. Bereits aus der Stellenbeschreibung ergebe sich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keiner erheblichen körperlichen Dauerbelastung ausgesetzt seien. Vom gesamten Sendungsaufkommen wiesen etwa 85% der Sendungen ein Gewicht zwischen 500 g und 10 kg auf, bei einem Großteil dieser Sendungen handle es sich um Tüten, so dass von einer körperlich erheblichen Dauerbelastung hier keine Rede sein könne. Nur in geringem Umfang seien schwerere Sendungen zu bearbeiten. Für die Entladung der Wechselbrücken stünden zudem technischen Hilfsmittel zur Verfügung.

Bei der Verladung und Entladung der Corletten liege keine erhebliche körperliche Belastung vor, weil diese bereits Hilfsmittel seien und gerollt beziehungsweise geschoben werden könnten und deutlich schwerere Corletten mit Hilfe eines Gabelstaplers verladen werden würden.

Soweit sich der Betriebsrat auf eine gestiegene Sendungsmenge berufe, sei dies durch erhöhtes Personal abgemindert worden, sodass die gemessene Produktivität der einzelnen Beschäftigten im Lager etwa gleichgeblieben sei.

Die Arbeitgeberin beantragte vor dem Arbeitsgericht:

Die von dem Antragsgegner und Beteiligten zu 2 verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Herrn AN1 als Lagerarbeiter in die Lohngruppe 2 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Speditions-, Transports- und Logistikgewerbes in Bayern vom 17. November 2017 [wohl 2016] wird ersetzt.

Der Betriebsrat beantragte vor dem Arbeitsgericht: Der Antrag wird abgewiesen.

Er ist der Auffassung, dass eine erhebliche körperliche Dauerbelastung im Sinne der Lohngruppe 3b vorliege. Aus der von der Arbeitgeberin zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gehe nicht hervor, dass eine körperlich schwere Belastung lediglich dann anzunehmen sei, wenn die Grenzen des § 4 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 MuSchG a.F. überschritten seien. Vielmehr müsse eine Gesamtschau der Arbeitsumstände unter Berücksichtigung aller Faktoren erfolgen. Es dürfe nicht nur auf die rein gewichtsmäßige Belastung abgestellt werden, sondern es gelte eine zusammenfassende Beurteilung sämtlicher Belastungsfaktoren vorzunehmen. Die Funktionsbeschreibung der Arbeitgeberin sei wenig geeignet, eine erhebliche körperliche Dauerbelastung im Sinne der Lohngruppe 3b auszuschließen. Diese stelle lediglich die Aufgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar, ohne eine qualitative oder quantitative Bewertung der einzelnen Teilaufgaben vorzunehmen.

Maßgeblich sei, dass die gesamte Sendungsmenge jeden Tag per Hand von den Beschäftigten aus den Wechselbrücken entladen und auf ein Teleskopförderband gelegt und von den Abrutschschütten in Corletten gestapelt werden müsste. Daher müssten die Beschäftigten regelmäßig Arbeiten über Kopf verrichten. Bei den zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln müsse beleuchtet werden, ob sie die angenommenen erheblichen körperlichen Dauerbelastungen signifikant verringern könnten, was bei den Trittbrettern mit Blick auf Zeitaufwand und Standsicherheit fraglich sei. Da die Arbeitgeberin bemüht sei, die Laufzeiten für die Kunden so kurz wie möglich zu halten, liege ein großer psychischer Druck bei den Beschäftigten, schnell mit der Arbeit fertig zu werden. Zudem hätten die Beschäftigten arbeitstäglich erhebliche Laufstrecken zurückzulegen.

Aus der von der zuständigen Einzelgewerkschaft vorgenommenen Bewertung, die auf die von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin herausgegebenen Leitmerkmalmethoden zur Beurteilung von Heben, Tragen und Halten abstelle, ergebe sich ein Punktwert von 85, was im kritischen Bereich liege, so dass von einer erheblichen körperlichen Dauerbelastung auszugehen sei.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze - jeweils gegebenenfalls nebst Anlagen - vom 1. August 2017 (Bl. 10 ff. d.A.) und 14. September 2017 (Bl. 52 ff. d.A.) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Anhörung vor dem Arbeitsgericht vom 19. September 2017 (Bl. 66 ff. d.A.).

Mit Beschluss vom 19. September 2017 hat das Arbeitsgericht die verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung von Herrn AN1 in Lohngruppe 2 des LTV STL ersetzt. Es vertrat die Auffassung, dass der Arbeitnehmer AN1 zutreffend in Lohngruppe 2 des LTV STL und nicht in Lohngruppe 3b desselben Tarifvertrags einzugruppieren sei, weshalb die Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat zu Unrecht erfolgt sei. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, dass das besondere Qualifizierungsmerkmal der Lohngruppe 3b, die Erbringung der Arbeitsleistung in erheblicher körperlicher Dauerbelastung, nicht gegeben sei.

Der von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Aufbau des Lohngruppenverzeichnisses im LTV STL entspreche dem Aufbau von Vergütungsgruppen, wie er in vielen Tarifverträgen durchgeführt werde. Dabei unterfielen der Lohngruppe 3b exakt dieselben Tätigkeiten wie der Lohngruppe 2, jedoch bedürfe es bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die bei Kurier-, Post-, Express- und Paketdiensten beschäftigt seien, der Erfüllung des zusätzlich qualifizierenden Merkmals, dass eine erhebliche körperliche Dauerbelastung bestehe. Weil der einzustellende Arbeitnehmer eindeutig im Bereich der Kurier-, Post-, Express- und Paketdienste Verwendung finden solle, gehe es beim streitgegenständlichen Verfahren ausschließlich darum, ob die Voraussetzungen der erheblichen körperlichen Dauerbelastung anzunehmen seien. Da die Tarifvertragsparteien nicht näher bestimmt hätten, was unter dem Begriff der Arbeit „mit erheblicher körperlicher Dauerbelastung“ zu verstehen sei und höchstrichterliche Rechtsprechung nur zum Begriff der „körperlich schweren Arbeit“ vorliege, bedürfe es der Auslegung unter Heranziehung der Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts zum Begriff der „körperlich schweren Arbeit“. Dabei müsse allerdings berücksichtigt werden, dass zwischen den Begriffen der „schweren Arbeit“ und der „erheblichen körperlichen Dauerbelastung“ durchaus unterschiedliche Strukturen bestünden, welche zu einer differenzierten Betrachtungsweise führen könnten. Bei der erheblichen körperlichen Dauerbelastung komme es nach Auffassung des Arbeitsgerichts nicht so sehr darauf an, ob regelmäßig oder überwiegend schwere Hebearbeiten, Haltearbeiten oder sonstige Arbeiten mit gewisser Dauer verrichtet werden müssten, sondern es sei eine gesamtheitliche Würdigung der Tätigkeit vorzunehmen. Eine erhebliche körperliche Dauerbelastung im Bereich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Kurier-, Post-, Express- und Paketdiensten liege immer dann vor, wenn die Gesamtumstände der Tätigkeit so gestaltet seien, dass sie entweder weitgehend ohne technische Hilfsmittel oder bei Vorhandensein von technischen Hilfsmitteln Hebe-, Trage- und Beförderungsarbeiten verrichtet werden müssten, wobei es nicht nur um die muskelmäßige Anspannung gehe, und sich die Tätigkeiten auf die gesamte Arbeitsschicht beziehen müssten. Das Merkmal der Dauerbelastung sei nur dann feststellbar, wenn sich mehr oder weniger die gesamte Arbeitszeit entweder aufgrund der hohen körperlichen Belastung oder der Zeitbelastungen oder sonstiger Umstände so darstelle, dass die einzelnen Beschäftigten ständig unter einem entsprechenden Druck stünden, schwere körperliche Arbeiten verrichten zu müssen und sich diese Tätigkeiten mehr oder weniger ausgeprägt durch die gesamte Zeit der Arbeitsschicht hinzögen. Wegen der Verwendung des Begriffs der Dauerbelastung müsse die Dauerbelastung das prägende Moment der gesamten Tätigkeit oder zumindest doch der wesentlichen Arbeitstätigkeit während der eingeteilten Zeit der Arbeitsleistung sein. Unter Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls sei das Merkmal der erheblichen körperlichen Dauerbelastung bei der Tätigkeit des einzustellenden Arbeitnehmers AN1 (noch) nicht gegeben. Außer Frage stehe, dass die zu verrichtenden Arbeiten trotz des Vorhandenseins technischer Hilfsmittel eine körperliche Belastung darstellten. Die Arbeit sei dadurch geprägt, dass unterschiedliche Mengen zur Verteilung anstünden. Der Ablauf der Arbeiten sei so geprägt, dass neben Zeiten des erheblichen Anfalls der Arbeitsleistung auch Zeiten mit geringerem Arbeitsanfall vorhanden seien, während derer eine Erholung möglich sei. Die exemplarischen Auswertungen vom 3. und 11. August 2017 bestätigten zwar, dass die Beschäftigten im Depot E-Stadt durchaus mit schwerer körperlicher Arbeit zu tun hätten. Nicht bestätigt werde dadurch das tarifliche Merkmal der Dauerbelastung, weil es daran fehle, dass sich zumindest die überwiegende Arbeitszeit als Dauerbelastung erweise.

Zwischen den Zeiten erheblicher Belastung lägen auch Arbeitsstunden, welche das Merkmal der körperlichen Dauerbelastung nicht rechtfertigen könnten. Zur Verneinung des Begriffs der Dauerbelastung sei es bereits ausreichend, dass zumindest überwiegend die Möglichkeit bestehe, von der Rollierung der Arbeit Gebrauch zu machen.

Auch unter Würdigung Bewertung auf Grundlagen der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin herausgegebenen Leitmerkmalmethoden ergebe sich kein anderes Ergebnis.

Gegen diesen, ihm am 7. November 2017 zugestellten Beschluss legte der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2017, bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen am 4. Dezember 2017, Beschwerde ein und begründete sie innerhalb der bis 26. Januar 2018 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist mit am selben Tag vorab per Telefax eingegangenem datumsgleichen Schriftsatz.

Nach Auffassung des Betriebsrats habe das Arbeitsgericht die Zustimmung zur Eingruppierung zu Unrecht ersetzt, da die Tätigkeit des Arbeitnehmers AN1 die Voraussetzungen einer erheblichen körperlichen Dauerbelastung erfülle. Noch zutreffend gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass die erhebliche körperliche Dauerbelastung erfüllt sei, wenn diese das prägende Element der Arbeitsleistung darstelle. Erforderlich sei eine Gesamtschau der Arbeitsumstände, wobei es neben der rein gewichtsmäßigen Belastung auch auf die ungünstige Körperhaltung und Bewegungen während der Arbeit, die Laufwege sowie den Faktor Stress ankomme. Der Begriff der erheblichen körperlichen Dauerbelastung sei daher weiter zu verstehen als der der körperlich schweren Arbeit (Bl. 127 f. d.A.).

Auch psychische Faktoren spielten eine Rolle. Nicht zuzustimmen sei dem Arbeitsgericht, wenn es verlange, dass die Dauerbelastung während der gesamten Arbeitszeit vorliegen müsse. Vielmehr müsse die Belastung nach der Gesamtschau der Umstände überwiegen; mögliche Phasen teilweiser Entlastung seien unschädlich. Zudem lasse das Gericht den psychischen Stress außer Acht, der sich aus dem erheblichen Zeitdruck, unter dem die Beschäftigten im Lager arbeiteten, ergebe (Bl. 128 d.A.).

Das Arbeitsgericht nehme keine Gesamtschau aller belastenden Umstände vor, sondern ziehe sich auf die gewichtsmäßige Belastung zurück. Belastbare Anhaltspunkte für die Annahme, es komme zu Zeiten geringerer Arbeitsleistung, lägen nicht vor (Bl. 128 d.A.).

Nicht gefolgt werden könne der Auffassung des Arbeitsgerichts, dass das rollierende System die Dauerbelastung ausschließe, denn obwohl ein solches System vorgesehen sei, werde es in der Praxis nicht umgesetzt. Nur die theoretische Möglichkeit eines Wechsels genüge nicht für eine Entlastung der betroffenen Beschäftigten (Bl. 129 d.A.).

Unterblieben sei schließlich eine Auseinandersetzung mit dem geänderten Umschlagsprozess (Bl. 129 d.A.).

Der Betriebsrat beantragt daher zweitinstanzlich:

I.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 19. September 2017 - 1 BV 31/17 - abgeändert.

II.

Der Antrag der Beteiligten zu 1, die vom Beteiligten zu 2 verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Herrn AN1 als Lagerarbeiter in die Lohngruppe 2 des Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer des Spe-ditions-, Transport- und Logistikgewerbes vom 17. November 2016 zu ersetzen, wird zurückgewiesen.

Die Arbeitgeberin beantragt zweitinstanzlich,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung sei zu Recht ersetzt worden. Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und führt darüber hinaus an, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers AN1 sowohl als Lagerarbeiter als auch Arbeitnehmer bei einem Kurier-, Post-, Express- und Paketdienst unter die Regelbeispiele der Lohngruppe 2 falle. Darüber hinausgehenden erheblichen körperlichen Dauerbelastungen sei er nicht ausgesetzt (Bl. 161 f. d.A.).

Die Lohngruppen des LTV STL bauten stufenartig aufeinander auf; es handle sich um sogenannte Aufbaufallgruppen. Damit eine Tätigkeit aus der Mindesteingruppierung ausgenommen werde, müssten besondere Umstände des Einzelfalles in Form eines Qualifizierungsmerkmals vorliegen. Die vom Betriebsrat angeführten Dreh- und Hebebewegungen sowie das Transportieren von schweren Sendungen seien typische Arbeitsbedingungen, die auch der Tätigkeit eines Lagerarbeiters i.S.d. Lohngruppe 2 immanent seien (Bl. 162 d.A.).

Es stelle sich aber bereits die Frage, ob es auf das Tätigkeitsmerkmal der „erheblichen körperlichen Dauerbelastung“ überhaupt ankomme. Lagerarbeiter seien in der Lohngruppe 2 aufgelistet. Wie der vorliegende Sachverhalt zeige, könnten sie jedoch auch unter die Gruppe der Arbeitnehmer bei einem Kurier-, Post-, Express- und Paketdienst gefasst werden. Gleichwohl hätten die Tarifvertragsparteien die Lagerarbeiter ohne Fachkenntnisse nochmals gesondert erfasst und ausschließlich der Lohngruppe 2 zugeordnet, was sich mit Blick auf die Lohngruppe 3a ergebe, in die lediglich Lagerarbeiter mit gründlichen Fachkenntnissen fielen. Die feinteilige Differenzierung zwischen Lagerarbeitern und Arbeitnehmern bei einem Kurier-, Post-, Express- und Paketdienst im Sinne der Lohngruppe 2 und Arbeitnehmer bei einem Kurier-, Express- und Paketdienst ohne die Postdienste in Lohngruppe 3b verdeutliche, dass jeder dieser Berufsgruppen unterschiedliche Tätigkeitsanforderungen zukämen. Bestätigt werde dies dadurch, dass die Höhergruppierung von Lagerarbeitern gemäß der Lohngruppe 3a nach anderen Qualifizierungsmerkmalen erfolge als die der Arbeitnehmer bei einem Kurier-, Express- und Paketdienst in der Lohngruppe 3b. Diese Herausnahme der Arbeit bei einem Postdienst in der Lohngruppe 3b zeige, dass es auf den vom Betriebsrat herausgehobene Zeitdruck, mit dem auch Beschäftigte von Postdiensten konfrontiert seien, nicht ankomme. Als alleiniges Unterscheidungskriterium komme der Kontakt mit dem Endkunden in Betracht. Sowohl die Lagerarbeiterinnen und -arbeiter im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe als auch die Postbediensteten seien im Unterschied zu den Beschäftigten von Kurier-, Express- und Paketdiensten, die dem Erfordernis einer persönlichen Zustellung unterlägen, nicht mit der persönlichen Überoder Herausgabe der Waren- oder Postsendungen, was mit einem im Voraus schwer kalkulierbaren Fahrplan und aufgrund der Kundenkontakte mit einer höheren nervlichen und sozialen Anspannung verbunden sei, betraut (Bl. 163 f. d.A.). Am persönlichen Kundenkontakt fehle es dem einzugruppierenden Arbeitnehmer AN1.

Selbst wenn man die Tätigkeit des Herr AN1 dem Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste zuordnete, hänge die Eingruppierung von der Erfüllung des Merkmals der „erheblichen körperlichen Dauerbelastung“ ab. Bei der Zuordnung sei die Tätigkeit im Lager ausgehend vom Arbeitsergebnis, Wareneingänge von den Transporteinheiten abzuladen, zu sortieren und wieder zu verladen, als einheitlicher Arbeitsvorgang zu qualifizieren. Die vom Betriebsrat beschriebenen Tätigkeiten oder Umstände stellten höchstens Teilaspekte des Arbeitsergebnisses dar (Bl. 164 f. d.A.).

Schon aus der Funktionsbeschreibung ergebe sich keine erhebliche körperliche Belastung (Bl. 165 d.A.). Zudem sei dem Tätigkeitsprofil des Lagerarbeiters ein gewisser Grad an körperlicher Belastung immanent. Lediglich 15% des Warenaufkommens könnten als körperlich schwere Sendungen verstanden werden; die überwiegend auszuübende Tätigkeit stelle eine normale körperliche Belastung im Sinne der Lohngruppe 2 dar, zu der auch psychischer Stress und die zeitweise Einnahme einer ungünstigen Körperhaltung gehörten (Bl. 166 f. d.A.).

Zutreffend habe das Arbeitsgericht angenommen, dass eine Dauerbelastung nur angenommen werden könne, wenn sich die auf erster Stufe festgestellte erhebliche körperliche Belastung gewissermaßen über die gesamte Arbeitsschicht erstrecke und die Beschäftigten unter einem ständigen Druck stünden. Diese Auslegung sei dem Wortteil „Dauer“ immanent. Sowohl die Phasen mit unterschiedlich hoher Arbeitsbelastung als auch die Möglichkeit, das rollierende System in Anspruch zu nehmen, sprächen gegen die Annahme einer Dauerbelastung, die nicht anhand jedes individuellen Einzelfalles gemessen werden könne (Bl. 167 f. d.A.).

Ergänzend wird Bezug genommen auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze - jeweils gegebenenfalls nebst Anlagen - vom 1. Dezember 2017 (Bl. 97 ff. d.A.), 12. Dezember 2017 (Bl. 114 d.A.), 26. Januar 2018 (Bl. 124 ff. d.A.), 19. Februar 2018 (Bl. 145 f. d.A.) und 28. März 2018 (Bl. 159 ff. d.A.) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht vom 7. Juni 2018 (Bl. 170 ff. d.A.).

B.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers AN1 ersetzt.

I.

Die Beschwerde ist nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie wurde gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1, § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt sowie begründet und genügt den Anforderungen der § 89 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 519 ZPO.

II.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers AN1 in die Lohngruppe 2 des LTV STL war zu ersetzen.

1. Der auf Ersetzung der Zustimmung gerichtete Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. An der Zulässigkeit fehlt es nicht etwa wegen der Gegenwartsbeziehungsweise Zukunftsbezogenheit der Eingruppierung, an der es fehlte, wenn der Arbeitnehmer, um dessen Eingruppierung sich der Streit der Beteiligten bewegt, aufgrund Ablaufs der Befristung nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt ist (vgl. dazu BAG, Beschluss vom 11. September 2013 - 7 ABR 29/12 -, juris, Rn. 25). Der Arbeitnehmer AN1 wurde zwar zunächst nur befristet bis zum 31. März 2018 eingestellt, nach übereinstimmender Erklärung beider Beteiligter aber über diesen Termin und noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht weiterbeschäftigt, so dass die streitige Eingruppierung nach wie vor Wirkungen zeitigt.

2. Der Antrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist begründet. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu Unrecht verweigert. Die Eingruppierung des Arbeitnehmers AN1 in die Lohngruppe 2 des LTV STL ist zutreffend.

1. a) Bei der streitigen Eingruppierung handelt es sich um eine zustimmungsbedürftige personelle Maßnahme i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Mit Blick darauf, dass allein im Depot E-Stadt 36 Personen beschäftigt sind, wird die personelle Schwelle von mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern überschritten.

Bei der personellen Maßnahme handelt es sich um eine Eingruppierung, da es um die erstmalige Einordnung eines Arbeitnehmers in eine bestimmte, im Tarifvertrag vorgesehene Lohngruppe, hier die Lohngruppe 2 des LTV STL, geht (vgl. dazu BAG, Beschluss vom 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 -, juris, Rn. 19).

b) Das Zustimmungsverfahren wurde von Seiten der Arbeitgeberin ordnungsgemäß eingeleitet, indem der Betriebsrat mit Schreiben vom 7. Juli 2017 (Anlage AS 1 = Bl. 19 f. d.A.) unterrichtet wurde. Darin angegeben sind die Personalien des einzustellenden und einzugruppierenden Arbeitnehmers, die Angabe der vorgesehenen Tätigkeit und die angenommene Einordnung in die Tarifgruppe. Der Betriebsrat hat nicht geltend gemacht, diese Angaben hätten es ihm nicht ermöglicht, zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist (vgl. BAG, Beschluss vom 27. September 2017 - 7 ABR 8/16 -, juris, Rn. 25).

c) Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht kraft gesetzlicher Fiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat mit Schreiben vom 13. Juli 2017 auf die Unterrichtung vom 7. Juli 2017 reagiert. Die Verweigerung der Zustimmung erfolgte mithin unter Wahrung der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und unter Angabe von Gründen i.S.d. Vorschrift, weil der Betriebsrat einen Verstoß gegen den LTV STL und damit einen Verweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG geltend macht.

d) Die Verweigerung ist jedoch zu Unrecht erfolgt. Die personelle Maßnahme in Form der Eingruppierung verstößt nicht gegen den LTV STL.

aa) Die Eingruppierung erfolgt gemäß § 2 Nr. I 1 LTV STL nach der überwiegend auszuübenden Tätigkeit im Sinne der Tabelle II und III.

(1) Nach dem allgemein anerkannten Grundsatz der Eingruppierung kann es sich dabei um eine einheitliche Tätigkeit handeln, aber auch um Teiltätigkeiten, die verschiedenen tariflichen Bewertungen unterliegen können (vgl. BAG, Urteil vom 24. Februar 2016 - 4 AZR 980/13 -, juris, Rn. 13; BAG, Beschluss vom 25. August 2010 - 4 ABR 104/08 -, juris, Rn. 15). Für die Eingruppierung kommt es zunächst darauf an, festzustellen, ob der Arbeitnehmer eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit, eine Teiltätigkeit, die die überwiegende darstellt, oder mehrere selbstständige Teiltätigkeiten zu erbringen hat, die tatsächlich trennbar und jeweils rechtlich selbstständig bewertbar sind. Bei der Zusammenfassung von Einzeltätigkeiten zu einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit oder mehreren jeweils eine Einheit bildenden Teiltätigkeiten gelten auch für Tarifverträge in der privaten Wirtschaft ist - soweit nicht gesonderte Regelungen bestehen - vergleichbare Regeln und Kriterien wie bei der Bestimmung des Arbeitsvorgangs nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag, lediglich die anzuwendenden Maßstäbe sind weniger streng. Die für eine Abgrenzung oder Verbindung von Tätigkeitsbereichen maßgebenden Kriterien sind aber vergleichbar (vgl. BAG, Urteil vom 24. Februar 2016 - 4 AZR 980/13 -, juris, Rn. 15; BAG, Beschluss vom 25. August 2010 - 4 ABR 104/08 -, juris, Rn. 15).

Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis maßgebend. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusam-mengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation der Arbeitgeberin als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer/s Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (vgl. BAG, Urteil vom 28. Februar 2018 - 4 AZR 816/16 -, juris, Rn. 24, m.w.N.).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze handelt es sich bei der vom Arbeitnehmer AN1 ausweislich der vorgelegten Funktionsbeschreibung (Anlage AS 4 = Bl. 23 d.A.) auszuübenden und ausgeübten Tätigkeit um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Das Arbeitsergebnis bei der Tätigkeit des Arbeitnehmers AN1 als Mitarbeiter Umschlag/Lager besteht darin, Sendungen abzuwickeln beziehungsweise umzuschlagen. Die einzelnen Arbeiten wie das Entladen der Wechselbrücken, das Verschieben von großen Sendungen auf das Großteileband, das Absortieren von Paletten, das Entleeren und Befüllen von Corletten sowie die Verladung der sortierten Sendungen auf Wechselbrücken sind allesamt Einzelschritte, die zur Herbeiführung des genannten Arbeitsergebnisses erforderlich sind. Damit dienen alle Aufgaben einer/s Beschäftigten Umschlag/Lager im Sinne einer vorgegebenen, einheitlichen Funktion diesem Arbeitsergebnis.

bb) Die Bewertung dieses Arbeitsvorgangs ergibt, dass der Arbeitnehmer AN1 überwiegend Tätigkeiten ausübt, die der Lohngruppe 2 und nicht der der Lohngruppe 3b LTV STL entsprechen.

(1) Die Tätigkeitsmerkmale des LTV STL lauten auszugsweise wie folgt:

Monatslohn

Stundenlohn

Lohngruppen

ab 01.01.2017 Euro

ab 01.01.2017 Euro

Lohngruppe 1

Arbeitnehmer ohne Fachkenntnisse in der Ein“

2.061

12,34

arbeitungszeit (maximal 3 Monate), z.B.: Lagerarbeiter, Möbelträger, Speditionsarbeiter, Transportarbeiter,

Arbeitnehmer bei Kurier-, Post-, Express- und

Paketdiensten

Lohngruppe 2

Arbeitnehmer mit Fachkenntnissen

2.125

12,72

oder

Arbeitnehmer nach der Einarbeitungszeit,

z. B.: Lagerarbeiter, Möbelträger, Speditionsarbeiter, Transportarbeiter, Arbeitnehmer bei Kurier-, Post-, Express- und

Paketdiensten

Lohngruppe 3a

13,03

Arbeitnehmer mit gründlichen Fachkenntnis“

2.175

sen,

z. B.: Beifahrer (Speditionsschaffner), Gabelstaplerfahrer, Möbelpacker, Lager-, Speditionsund Transportarbeiter

Lohngruppe 3b Arbeitnehmer bei Kurier-, Express- und Paketdiensten mit erheblicher körperlicher Dauerbelastung

2.175

13,03

Bei den Lohngruppen 1, 2, 3a und 3b handelt es sich nicht um Aufbaufallgruppen i.S.d. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Solche liegen nur dann vor, wenn das Tätigkeitsmerkmal ein „Herausheben“ aus dem in Bezug genommenen Tätigkeitsmerkmal der niedrigeren Lohngruppe durch eine zusätzliche Anforderung ausdrücklich vorsieht, nicht aber schon dann, wenn ein Tätigkeitsmerkmal im Vergleich zu einem anderen lediglich höhere Anforderungen stellt (vgl. BAG, Urteil vom 28. Februar 2018 - 4 AZR 678/16 -, juris, Rn. 37, m.w.N.).

Bei den Tätigkeitsmerkmalen der genannten Lohngruppen fehlt es an solchen Heraushebungsmerkmalen. Die Lohngruppe 3a stellt gegenüber der Lohngruppe 2 und diese wiederum gegenüber der Lohngruppe1 jeweils höhere Anforderungen an die Fachkenntnisse. Nichts Anderes gilt für das Merkmal der erheblichen körperlichen Dauerbelastung in Lohngruppe 3b, das andere Anforderungen, aber keine Heraushebung aus der Lohngruppe 2 bedeutet.

Gleichwohl verlangt das Bundearbeitsgericht, wenn die Tätigkeitsbeispiele der Lohngruppen aufeinander aufbauen, für die erforderliche Wertung, ob sich die Tätigkeit entsprechend dem Qualifizierungsmerkmal aus der niedrigeren Gehaltsgruppe „heraushebt“, eines Vergleichs mit den Tätigkeiten dieser Gehaltsgruppe (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 2016 - 4 AZR 916/13 -, juris, Rn. 32).

(2) Der Arbeitnehmer AN1 erfüllt nicht die Voraussetzungen der Lohngruppe 3b. Er ist kein Arbeitnehmer bei Kurier-, Express- und Paketdiensten mit erheblicher körperlicher Dauerbelastung. Dies ergibt sich nach Auslegung des Tarifvertrags.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können (BAG, Urteil vom 22. März 2018 - 6 AZR 29/17 -, juris, Rn. 12; BAG, Urteil vom 20. September 2017 - 6 AZR 143/16 -, juris, Rn. 33, m.w.N.; BAG, Beschluss vom 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 -, juris, Rn. 26; stRspr).

Bei der Wortlautauslegung ist, wenn die Tarifvertragsparteien einen Begriff nicht eigenständig definieren, erläutern oder einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden, vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Wird ein Fachbegriff verwendet, der in allgemeinen oder in fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen erkennbar sein müssen. Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel weiter davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (vgl. BAG, Urteil vom 26. April 2017 - 10 AZR 589/15 -, juris, Rn. 15; BAG, Urteil vom 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 -, juris, Rn. 15, m.w.N.).

(b) Unter Berücksichtigung dessen unterfällt der einzugruppierenden Arbeitnehmer dem Merkmal des Arbeitnehmers bei Paketdiensten.

(aa) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff des Paketdienstes nicht definiert. Unionsrechtlich ist der Begriff der Paketzustelldienste in Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) 2018/644 definiert. Darunter versteht man die Dienste im Zusammenhang mit der Abholung, dem Sortieren, dem Transport und der Zustellung von Paketen. Paket wiederum ist nach Art. 2 Nr. 1 der Verordnung eine Postsendung mit Waren mit oder ohne Handelswert außer einer Briefsendung mit einem Höchstgewicht von 31,5 kg. Die Verordnung ist zwar erst am 18. April 2018 ausgefertigt worden und am 22. Mai 2018 in Kraft getreten - beides Zeitpunkte, die nach dem Tarifabschluss am 17. November 2016 liegen. Allerdings beruht die Verordnung auf einem Legislativvorschlag (Celex-Nr. 52016PC0285), der bereits am 25. Mai 2016 ausgefertigt wurde. Darin wird der Paketzustelldienst wie in Art. 2 Nr. 2 der Verordnung definiert und die Zustellung von Sendungen bis 31,5 kg zu Grunde gelegt (Art. 2 Nr. 2 lit. a des Entwurfs). Nach Nr. 1.1. der Begründung soll die Verordnung auch vor dem Hintergrund erfolgen, dass der Begriff der „Paketdienste“ in den Mitgliedsstaaten divergierend definiert wird. Der Entwurf stellt ausweislich Nr. 3.5. der Begründung jedoch auf die gängige Praxis der Paketzustelldienste und der Mitgliedsstaaten ab. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Paketdienst im tarifvertraglichen Sinn nicht anders zu verstehen ist als der Rechtsbegriff des Paketzustelldienstes nach Art. 2 Nr. 2 der Verordnung 2018/644.

(bb) Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um einen Paketdienst in diesem Sinne. Sie befördert als Logistikdienstleisterin Sendungen bis zu einem Gewicht von 31,5 kg, indem sie diese abholt, sortiert, transportiert und zustellt.

(c) Die Heranziehung dieser Lohngruppe ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Arbeitnehmer AN1 als Mitarbeiter Lager/Umschlag bezeichnet ist und in Lohngruppe 2 der Lager-, der Speditions- und der Transportarbeiter als Regelbeispiel neben dem Arbeitnehmer bei Kurier-, Post-, Express- und Paketdiensten steht. Offenbleiben kann, ob sich die Regelbeispiele überhaupt gegenseitig ausschließen. Denn der Arbeitnehmer AN1 ist weder Lagerarbeiter noch Speditions- oder Transportarbeiter im Sinne des Tarifvertrags. Dies ergibt sich nach Auslegung dieser Regelbeispiele.

(aa) Unter einem Lagerarbeiter ist ein gewerblicher Arbeitnehmer zu verstehen, der in einem Lager arbeitet. Lager wiederum ist ein Raum, in dem Waren, unfertige und fertige Erzeugnisse bis zur Benutzung, zum Verbrauch aufbewahrt werden (vgl. Wahrig , Brockhaus Wahrig - Deutsches Wörterbuch, 1982), ein Platz, Raum, Gebäude für die Lagerung des Warenbestandes oder -vorrats (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/La-ger, zuletzt abgerufen am 13. Juli 2018). Nach den übereinstimmenden Schilderungen der Beteiligten sowie unter Berücksichtigung der Funktionsbeschreibung geht es um die Abwicklung und den Umschlag von Sendungen. Eine klassische Lagerfunktion wurde nicht genannt.

(bb) Die Tätigkeit erfüllt ferner nicht das Merkmal eines Speditionsarbeiters. Denn bei der Arbeitgeberin handelt es sich nicht um eine Spedition. Darunter ist ein Transportunternehmen, ein Betrieb zu verstehen, der die Spedition, das heißt die gewerbsmäßige Versendung von Gütern durchführt (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Spedition, zuletzt abgerufen am 13. Juli 2018). Bei der Arbeitgeberin handelt es sich nicht um ein Unternehmen das nur Transportleistungen erbringt, sondern diese Leistung in Verbindung mit der Abholung, dem Sortieren und der Zustellung erbringt.

(cc) Der Arbeitnehmer AN1 erfüllt ferner nicht die Voraussetzung eines Transportarbeiters. Darunter versteht man einen beim Be- und Entladen in einer Spedition oder Ähnlichem beschäftigten Arbeiter (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Transportarbeiter; zuletzt abgerufen am 13. Juli 2018), einen Arbeiter bei einem Transportunternehmen, der Kraftwagen, Schiffe Flugzeuge, Eisenbahnen oder ähnliches be- und entlädt. Ein Transportunternehmen wiederum ist ein Unternehmen, das Gütertransporte durchführt, eine Spedition (vgl. Wahrig , Brockhaus Wahrig - Deutsches Wörterbuch, 1984).

Bei der Arbeitgeberin handelt es sich nicht um ein Unternehmen das nur Transportleistungen erbringt, sondern diese Leistung in Verbindung mit der Abholung, dem Sortieren und der Zustellung erbringt. Zudem geht bei der Tätigkeit des Arbeitnehmers AN1 nach dem in der mündlichen Anhörung gewonnenen Tätigkeitbild nicht nur um das Be- und Entladen von Wechselbrücken, sondern um den gesamten Umschlagsvorgang, also auch das Umsortieren von Sendungen, so dass das Regelbeispiel jedenfalls nicht in vollem Umfang auf die ausgeübten Tätigkeiten zutrifft und auf das allgemeine Merkmal der Vergütungsgruppe zurückzugreifen ist (vgl. BAG, Urteil vom 24. August 2016 - 4 AZR 251/15 -, juris, Rn. 19; BAG, Urteil vom 19. November 2014 - 4 AZR 996/12 -, juris, Rn. 29; BAG, Urteil vom 20. Juni 2012 - 4 AZR 438/10 -, juris, Rn. 16).

(d) Die Tätigkeit des Arbeitnehmers AN1 ist jedoch nicht mit einer erheblichen körperlichen Dauerbelastung verbunden.

(aa) Den Begriff der erheblichen körperlichen Belastung wurde - soweit ersichtlich - höchstrichterlich bislang nicht definiert. Hohe körperliche Belastungen hat das Bundearbeitsgericht angenommen, wenn Belastungen aufgrund eines hohen Energie- und Kraftaufwandes zur körperlichen Beeinträchtigung führen oder sonst eine außerordentliche Belastung darstellen (vgl. BAG, Urteil vom 14. März 1984 - 4 AZR 433/81 -, juris, Rn. 17). Zum Begriff der „geringen körperlichen Belastungen“ hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass dieser mit dem der körperlich leichten Arbeit im Sinne der Rechtsprechung des Senats gleichzusetzen sei (vgl. BAG, Urteil vom 27. April 1988 - 4 AZR 707/87 -, juris, Rn. 13). Versteht man als Synonyme von „erheblich“ „gewaltig, groß, immens, imposant, ins Gewicht fallend, mächtig“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/erheblich; zuletzt abgerufen am 13. Juli 2018), liegt es nahe, den Begriff der erheblichen körperlichen Belastung mit dem der schweren Arbeit gleichzusetzen.

Für die Beurteilung der schweren Arbeit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die auf den Menschen belastend einwirken und zu körperlichen Reaktionen führen. Zu berücksichtigen sind bei der Beurteilung neben dem Ausmaß der Muskelbeanspruchung eine ausschließlich stehende Tätigkeit, notwendige Körperhaltung, taktgebundene, repetitive Arbeit, nervliche und sensorische Belastung, Lärm- und Umwelteinwirkung und soziale Belastungsfaktoren (vgl. BAG, Beschluss vom 27. September 2000 - 10 ABR 48/99 -, juris, Rn. 47, 52 ff.; BAG, Urteil vom 29. Juli 1992 - 4 AZR 502/91 -, juris, Rn. 20). Ausreichen kann, dass eine Tätigkeit schon nach dem Ausmaß der festgestellten Muskelbeanspruchung als körperlich schwere Arbeit anzusehen ist.

(bb) Unter Berücksichtigung der Tarifsystematik handelt es sich bei der in der Lohngruppe 3b benannten erheblichen körperlichen Dauerbelastung um eine solche, die in Form von sozialen Belastungsfaktoren aus dem Kundenkontakt herrühren.

(a) Zutreffend weist die Arbeitgeberin darauf hin, dass in Lohngruppe 2 als Regelbeispiel der Arbeitnehmer bei Kurier-, Post-, Express- und Paketdiensten genannt ist, während das Tarifmerkmal der Lohngruppe 3b allein aus diesem Regelbeispiel besteht, jedoch ohne den Postdienst. Da es bei der Lohngruppe 3b auf das Merkmal der erheblichen körperlichen Dauerbelastung ankommt, sind die Tarifvertragsparteien offensichtlich davon ausgegangen, dass eine solche bei Beschäftigten im Postdienst von Vorneherein ausgeschlossen ist, weshalb deren Nennung in Lohngruppe 3b unterblieben ist. Die Differenzierung kann mit dem Merkmal des Kundenkontakts und der aus dem Kundenkontakt herrührenden höheren sozialen Belastung begründet werden.

(aa) Dies gilt für Bedienstete bei Paketdiensten, die in der Zustellung tätig sind. Deren Tätigkeit ist weit überwiegend mit Kundenkontakt verbunden, weil die zu befördernden Sendungen regelmäßig einer persönlichen Übergabe bedürfen.

(ßß) Nichts Anderes gilt für Beschäftigte bei einem Kurierdienst, der nach der Legaldefinition in § 5 Abs. 2 Nr. 3 PostG Briefsendungen in der Weise befördert, dass einzelne nachgewiesene Sendungen im Interesse einer schnellen und zuverlässigen Beförderung auf dem Weg vom Absender zum Empfänger ständig begleitet werden und die Begleitperson die Möglichkeit hat, jederzeit auf die einzelne Sendung zuzugreifen und die erforderlichen Dispositionen zu treffen. Auch hier geht es mit Blick auf die permanente Begleitung der Sendung um die persönliche Abholung und Ablieferung der Sendungen.

(YY) Auch bei einem Expressdienst sind die mit Abholung und Zustellung betrauten Personen im unmittelbaren Kundendienst tätig. Bei einem Expressdienst handelt es sich um einen Logistikdienstleister, der Sendungen, die häufig keiner Beschränkung hinsichtlich Größe und Gewicht unterliegen, besonders schnell und innerhalb einer garantierten Laufzeit zustellt. Die Art der Sendungen, aber auch die garantierte Zustellung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt machen in der Regel eine persönliche Zustellung erforderlich.

(55) Anders ist es hingegen bei Beschäftigten von Postdiensten. Zwar ist hier der Kundenkontakt - anders als die Arbeitgeberin meint - nicht völlig ausgeschlossen. Postbedienstete sind jedoch in einem deutliche geringerem Umfang Kundenkontakten ausgesetzt als die Beschäftigten der anderen Logistikdienstleister.

Der Begriff des Postdienstes ist unionsrechtlich vorgegeben. Nach Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 97/67/EG sind Postdienste die Dienste im Zusammenhang mit der Abholung, dem Sortieren, dem Transport und der Zustellung von Postsendungen. Unter „Postsendung“ ist nach Art. 2 Nr. 6 der Richtlinie 97/67/EG eine adressierte Sendung in der endgültigen Form, in der sie von dem Anbieter von Universaldienstleistungen übernommen wird, zu verstehen; es handelt sich dabei neben Briefsendungen z. B. um Bücher, Kataloge, Zeitungen und Zeitschriften sowie um Postpakete, die Waren mit oder ohne Handelswert enthalten.

Nach nationalem Recht sind gemäß § 4 Nr. 1 PostG Postdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes folgende gewerbsmäßig erbrachte Dienstleistungen:

a) die Beförderung von Briefsendungen,

b) die Beförderung von adressierten Paketen, deren Einzelgewicht 20 Kilogramm nicht übersteigt, oder

c) die Beförderung von Büchern, Katalogen, Zeitungen oder Zeitschriften, soweit sie durch Unternehmen erfolgt, die Postdienstleistungen nach Buchstabe a oder b erbringen.

Geht man davon aus, dass jedenfalls Pakete, aber auch bestimmte Briefsendungen wie Einschreiben der persönlichen Übergabe bedürfen und folglich zu einem Kundenkontakt führen, kann der gänzliche Ausschluss von Kundenkontakten nicht zutreffen. Die Diversität, die das Sendungsspektrum bei Postdiensten kennzeichnet, macht jedoch deutlich, dass es im Unterschied zu den anderen Logistikdienstleistungsunternehmen gerade mit Blick auf die schlicht einzuwerfenden Briefsendungen, die gegenüber den Paketsendungen den überwiegenden Anteil am Gesamtsendungsaufkommen der Postdienste einnehmen, in erheblichem Umfang zu keinem zwingenden Kundenkontakt kommt.

(ee) Dass es für die erhebliche körperliche Dauerbelastung nicht auf die gewichtsmäßige Belastung angekommen kann, zeigt die Aufnahme der Beschäftigten bei Kurierdiensten in die Lohngruppe 3b. Denn Briefsendungen, die Kurierdienste nach der Legaldefinition befördern, sind nach § 4 Nr. 2 PostG adressierte schriftliche Mitteilungen, wobei Kataloge und wiederkehrend erscheinende Druckschriften wie Zeitungen und Zeitschriften nicht darunterfallen. Damit scheiden jedenfalls Sendungen von erheblichem Gewicht aus.

Ebenso wenig kann der Aspekt des zeitlichen Drucks das maßgebliche Kriterium für die Bestimmung der erheblichen körperlichen Dauerbelastung sein, da auch den Beschäftigten bei Postdiensten ein zeitlicher Druck bei der Abwicklung der Sendungen nicht abgesprochen werden kann.

(ß) Verlangt die Tarifgruppe 3b nach der Tarifsystematik mithin eine erhebliche körperliche Dauerbelastung, die aus der durch Kundenkontakte vermittelten sozialen Belastungssituation herrührt, kann diese hier nicht festgestellt werden. Der einzugruppierenden Arbeitnehmer AN1 ist unstreitig ausschließlich im Depot E-Stadt eingesetzt und mit Ent- und Be-ladungssowie Sortiertätigkeiten im Rahmen des Umschlagsprozesses beschäftigt. Kontakt zu Kunden hat er nicht.

(e) Selbst wenn man davon ausgeht, dass die erhebliche körperliche Belastung im Sinne des Tarifmerkmals nicht nur bei aus dem Kundenkontakt herrührender höherer nervlicher und sozialer Belastung gegeben sein kann, sondern aus der Gesamtschau aller Belastungsfaktoren zu ermitteln ist, erfüllt die vom Arbeitnehmer AN1 überwiegend auszuübende Tätigkeit nicht die Voraussetzung einer erheblichen körperlichen Dauerbelastung.

(aa) Eine Dauerbelastung liegt nach Auffassung des Beschwerdegerichts nur dann vor, wenn die erhebliche körperliche Belastung während nahezu des gesamten Arbeitsvorgangs besteht. Dies ergibt sich nach Auslegung des Merkmals „Dauerbelastung“.

Abzustellen ist, da insoweit keine tarifliche Definition vorliegt und es sich nicht um einen feststehenden Rechtsbegriff handelt, auf den allgemeinen Sprachgebrauch. Danach ist unter einer Dauerbelastung eine ständige Belastung (vgl. Wahrig-Burfeind , Deutsches Wörterbuch, 6. Aufl. 1997; Wahrig , Brockhaus Wahrig - Deutsches Wörterbuch, 1981), eine ständige, über längere Zeit bestehende Belastung (vgl. https://www.du-den.de/rechtschreibung/Dauerbelastung, zuletzt abgerufen am 13. Juli 2018; Drosdowski , Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 2. Aufl. 1993) zu verstehen. Synonym für „Dauer“ allein sind das (unbegrenzte) Fortbestehen, der Bestand, eine lange Zeit (vgl. Wahrig-Burfeind , Deutsches Wörterbuch, 6. Aufl. 1997; Wahrig , Brockhaus Wahrig - Deutsches Wörterbuch, 1981), das Andauern, das Fortbestehen, eine unbegrenzte Zeit (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Dauer, zuletzt abgerufen am 13. Juli 2018; Drosdowski , Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 2. Aufl. 1993).

(bb) Unter Berücksichtigung dessen handelt es sich bei der hier relevanten Tätigkeit als Mitarbeiter Umschlag/Lager nicht um eine solche, die mit einer erheblichen körperlichen Belastung verbunden ist, die dauerhaft vorliegt.

(a) Zwar ist von einer erheblichen körperlichen Belastung auszugehen, weil die einzelnen Beschäftigten im Lager pro Schicht Lasten von nicht unerhebliche Gewicht zu bewegen haben. Legt man die Prozentwerte der einzelnen Sendungsgrößen am Gesamtaufkommen, das jeweils durchschnittliche Gewicht sowie die Gesamtsendungszahl an den exemplarisch ausgewerteten Tagen (3. und 11. August 2017) zu Grunde, ergibt sich für den 3. August 2017 mit zwölf Beschäftigten eine durchschnittlich pro Arbeitnehmer/in zu bewegende Last von 11.017 kg und für den 11. August 2017 mit 14 Beschäftigten von 8.837 kg. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits eine Gesamtlast von 40 Zentnern unter Zuhilfenahme von Rollcontainern, allerdings bei einem überwiegenden Paketgewicht von 10 bis 15 kg ausreichen lassen, um eine schwere Arbeit anzunehmen (vgl. BAG, Urteil vom 29. Juli 1992 - 4 AZR 502/91 -, juris, Rn. 31). Im Falle des Arbeitnehmers AN1 kommt hinzu, dass aufgrund der teilweise bis zu einer Höhe von 2,5 Metern beladenen Wechselbrücken Arbeiten über Kopf anfallen und bei der Ent- und Beladung der Wechselbrücken mangels eines nach unten absenkbaren Teleskopbandes sowie bei der Befüllung von Corletten und dem Absortieren von Paletten zwangsläufig eine gebückte Haltung eingenommen werden muss. Hinzu kommt der zeitliche Druck, unter denen die Beschäftigten im Lager stehen. Unter Würdigung der gesamten Umstände ist daher nach Auffassung des Beschwerdegerichts von einer erheblichen körperlichen Belastung auszugehen.

(ß) Diese Belastung ist - wie schon das Arbeitsgericht festgestellt hat - nicht dauerhaft gegeben. Unstreitig gibt es Umsetzvorgänge bei den Wechselbrücken, die jeweils zehn bis 15 Minuten in Anspruch nehmen und während derer keine Entladung stattfindet. Dies zeigt, zum einen, dass in dieser Zeit Regenerationsphasen ohne zeitlichen Stress möglich sind, und zum anderen, dass - jedenfalls auf den Wechselbrücken - kein kontinuierlicher Fluss von Sendungen gegeben sein kann, auch wenn der Betriebsrat ausgeführt hat, dass immer Sendungen vorhanden seien und der Fluss nie aufhöre (Bl. 174 d.A.). Zudem hat der Betriebsrat unbestritten gelassen beziehungsweise eingeräumt, dass nicht die ganze Zeit Großteile angeliefert werden und das Sendungsspektrum unterschiedlich ist (Bl. 173 f. d.A.). Insbesondere bei den leicht zu stapelnden Sendungen der Firma F., die überwiegend sehr klein sind und im Depot E-Stadt rund 35% des gesamten Sendungsaufkommens ausmachen (Bl. 172, 174 d.A.), kann eine aus dem Gewicht und anstrengenden Bewegungen resultierende Belastungssituation nicht erkannt werden. Der zeitliche Druck allein vermag hier eine erhebliche körperliche Belastung nicht zu rechtfertigen. Auch das rollierende System, das zwar offensichtlich nicht konsequent eingehalten, aber dennoch durchgeführt wird, beispielsweise mit Wechseln zwischen Wechselbrücke und Großteileabwicklung (Bl. 173; 174 d.A.), spricht gegen eine dauerhafte Belastung, die aus dem repeti-tiven Charakter der Arbeit herrührt.

Unter Würdigung aller belastender Faktoren im Rahmen einer Gesamtschau ist damit nicht feststellbar, dass der einzugruppierende Arbeitnehmer einer erheblichen körperlichen Belastung während der gesamten Schichtdauer ausgesetzt ist.

(3) Die für die Erfüllung der Lohngruppe 2 erforderlichen Fachkenntnisse hat die Arbeitgeberin durch ihren Antrag zugestanden. Der Betriebsrat hat hiergegen jedenfalls keine Einwendungen erhoben. Anhaltspunkte, dass diese Eingruppierung unzutreffend wäre, sind nicht ersichtlich. Damit erweist sich die von der Arbeitgeberin beantragte Eingruppierung in Lohngruppe 2 des LTV STL als zutreffend.

III.

Einer Kostenentscheidung bedarf es mit Blick auf § 2 Abs. 2 GKG nicht.

IV.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 92 Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen zuzulassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht München Beschluss, 19. Juli 2018 - 4 TaBV 153/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht München Beschluss, 19. Juli 2018 - 4 TaBV 153/17

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht München Beschluss, 19. Juli 2018 - 4 TaBV 153/17 zitiert 15 §§.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen v

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 87 Grundsatz


(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. (2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 92 Rechtsbeschwerdeverfahren, Grundsatz


(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Sa

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 2 Kostenfreiheit


(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlich

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 89 Einlegung


(1) Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde gilt § 11 Abs. 4 und 5 entsprechend. (2) Die Beschwerdeschrift muß den Beschluß bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, daß gegen diesen Beschluß die Beschw

§ 4 Verbot der Mehrarbeit; Ruhezeit


(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau, die 18 Jahre oder älter ist, nicht mit einer Arbeit beschäftigen, die die Frau über achteinhalb Stunden täglich oder über 90 Stunden in der Doppelwoche hinaus zu leisten hat. Eine schwange

Postgesetz - PostG 1998 | § 4 Begriffsbestimmungen


Für dieses Gesetz gelten die folgenden Begriffsbestimmungen: 1. Postdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind folgende gewerbsmäßig erbrachte Dienstleistungen: a) die Beförderung von Briefsendungen,b) die Beförderung von adressierten Paketen, de

Postgesetz - PostG 1998 | § 5 Lizenzierter Bereich


(1) Einer Erlaubnis (Lizenz) bedarf, wer Briefsendungen, deren Einzelgewicht nicht mehr als 1.000 Gramm beträgt, gewerbsmäßig für andere befördert. (2) Einer Lizenz nach Absatz 1 bedarf nicht, wer 1. Briefsendungen als Verrichtungs- oder Erfüllun

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht München Beschluss, 19. Juli 2018 - 4 TaBV 153/17 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht München Beschluss, 19. Juli 2018 - 4 TaBV 153/17 zitiert 15 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. März 2018 - 6 AZR 29/17

bei uns veröffentlicht am 22.03.2018

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. November 2016 - 16 Sa 261/16 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - 4 AZR 816/16

bei uns veröffentlicht am 28.02.2018

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 2. November 2016 - 3 Sa 213/16 - insoweit teilweise aufgehoben, als das Landesarbeitsgerich

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - 4 AZR 678/16

bei uns veröffentlicht am 28.02.2018

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. August 2016 - 8 Sa 119/16 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 27. Sept. 2017 - 7 ABR 8/16

bei uns veröffentlicht am 27.09.2017

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Dezember 2015 - 8 TaBV 36/15 - teilweise aufgehoben, soweit darin die Zusti

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Sept. 2017 - 6 AZR 143/16

bei uns veröffentlicht am 20.09.2017

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 12. Januar 2016 - 1 Sa 232/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Apr. 2017 - 10 AZR 589/15

bei uns veröffentlicht am 26.04.2017

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. August 2015 - 5 Sa 87/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 02. Nov. 2016 - 10 AZR 615/15

bei uns veröffentlicht am 02.11.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. September 2015 - 10 Sa 787/15 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Aug. 2016 - 4 AZR 251/15

bei uns veröffentlicht am 24.08.2016

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. März 2015 - 6 Sa 68/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Feb. 2016 - 4 AZR 980/13

bei uns veröffentlicht am 24.02.2016

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 2013 - 12 Sa 359/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Jan. 2016 - 4 AZR 916/13

bei uns veröffentlicht am 27.01.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. September 2013 - 12 Sa 159/13 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Nov. 2014 - 4 AZR 996/12

bei uns veröffentlicht am 19.11.2014

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Teil-Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. September 2012 - 5 Sa 258/11 - teilweise aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 11. Sept. 2013 - 7 ABR 29/12

bei uns veröffentlicht am 11.09.2013

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 7. März 2012 - 2 TaBV 7/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Juni 2012 - 4 AZR 438/10

bei uns veröffentlicht am 20.06.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2010 - 3 Sa 203/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 19. Okt. 2011 - 4 ABR 119/09

bei uns veröffentlicht am 19.10.2011

Tenor 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. August 2009 - 17 TaBV 3/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 25. Aug. 2010 - 4 ABR 104/08

bei uns veröffentlicht am 25.08.2010

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2008 - 7 TaBV 6/08 - unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde i

Referenzen

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau, die 18 Jahre oder älter ist, nicht mit einer Arbeit beschäftigen, die die Frau über achteinhalb Stunden täglich oder über 90 Stunden in der Doppelwoche hinaus zu leisten hat. Eine schwangere oder stillende Frau unter 18 Jahren darf der Arbeitgeber nicht mit einer Arbeit beschäftigen, die die Frau über acht Stunden täglich oder über 80 Stunden in der Doppelwoche hinaus zu leisten hat. In die Doppelwoche werden die Sonntage eingerechnet. Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht in einem Umfang beschäftigen, der die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt des Monats übersteigt. Bei mehreren Arbeitgebern sind die Arbeitszeiten zusammenzurechnen.

(2) Der Arbeitgeber muss der schwangeren oder stillenden Frau nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden gewähren.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde gilt § 11 Abs. 4 und 5 entsprechend.

(2) Die Beschwerdeschrift muß den Beschluß bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, daß gegen diesen Beschluß die Beschwerde eingelegt wird. Die Beschwerdebegründung muß angeben, auf welche im einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird.

(3) Ist die Beschwerde nicht in der gesetzlichen Form oder Frist eingelegt oder begründet, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Der Beschluss kann ohne vorherige mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden ergehen; er ist unanfechtbar. Er ist dem Beschwerdeführer zuzustellen. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung ist nicht anwendbar.

(4) Die Beschwerde kann jederzeit in der für ihre Einlegung vorgeschriebenen Form zurückgenommen werden. Im Falle der Zurücknahme stellt der Vorsitzende das Verfahren ein. Er gibt hiervon den Beteiligten Kenntnis, soweit ihnen die Beschwerde zugestellt worden ist.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 7. März 2012 - 2 TaBV 7/11 - aufgehoben.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 17. März 2011 - 14 BV 80/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten zuletzt noch darüber, ob der Betriebsrat verlangen kann, dass die Arbeitgeberin drei Arbeitnehmer für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum umgruppiert und hierzu das Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG durchführt.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein zum Deutschen Bahn (DB) Konzern gehörendes Unternehmen, das in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Sie erbringt Leistungen im Schienenpersonennahverkehr und ist in Regionen gegliedert. Die Region Südost fasst - mit verschiedenen Verkehrsbetrieben - den DB-Nahverkehr in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in einer regionalen Einheit zusammen. Im „Wahlbetrieb Leipzig“ des Verkehrsbetriebs Mitteldeutschland ist der antragstellende und zu 1. beteiligte Betriebsrat gebildet.

3

Die Arbeitgeberin ist nach § 1 Abs. 1 Buchst. b iVm. der Anlage 1 des zwischen dem Arbeitgeberverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e.V. (Agv MoVe) und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) geschlossenen Tarifvertrags für Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen des Agv MoVe (LfTV) ein Unternehmen, für das der LfTV gilt. Nach § 58 Abs. 1 Satz 2 des am 1. März 2008 in Kraft getretenen LfTV vom 30. Januar 2008 ergeben sich die - für die Eingruppierung der Arbeitnehmer maßgeblichen - Entgeltgruppen (künftig: EG) und deren Tätigkeitsmerkmale aus dem Tätigkeitsgruppenverzeichnis einer Anlage 2 zum Tarifvertrag. In der Anlage 2 zum LfTV ist auszugsweise bestimmt:

        

„LF 3:

        

·       

Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, Steuerwagen oder Triebzüge (…)

                 

und darüber hinaus

                 

Arbeitnehmer fachlich ausbilden, fortbilden, anleiten und prüfen oder technische Fahrzeugabnahmen durchführen,

                 

wie z.B. Lehrlokomotivführer, Abnahmelokomotivführer

                 
        

LF 4: 

        

·       

Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, Steuerwagen oder Triebzüge (…)

                 

und darüber hinaus

                 

Arbeitnehmer fachlich ausbilden, fortbilden und anleiten,

                 

wie z.B. Ausbildungslokomotivführer

        

oder   

        

·       

…“    

4

Im Hinblick auf das Inkrafttreten des LfTV, mit dem die bis dahin geltende tarifliche Vergütungsstruktur geändert worden ist, ersuchte die Arbeitgeberin im Frühjahr 2008 den Betriebsrat um Zustimmung zu Umgruppierungen der Arbeitnehmer K, S und W jeweils in die EG LF 4 der Anlage 2 zum LfTV. Diese Arbeitnehmer sind Triebfahrzeugführer, fahren bei anderen Lokomotivführern mit und überprüfen deren Arbeitsausführungen. Der Betriebsrat, der anders als die Arbeitgeberin bei den drei Arbeitnehmern das Tätigkeitsmerkmal „prüfen“ iSd. EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV als erfüllt ansah, stimmte den Umgruppierungen nicht zu. Die Arbeitgeberin leitete daraufhin vor dem Arbeitsgericht Leipzig ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Im Termin zur Anhörung vor dem Arbeitsgericht am 6. Februar 2009 nahm die Arbeitgeberin ihren Antrag auf Zustimmung zur Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu den Umgruppierungen der Arbeitnehmer K, S und W in EG LF 4 der Anlage 2 zum LfTV zurück.

5

Ab Mitte Dezember 2009 führten die Tarifvertragsparteien Verhandlungen über Änderungen des LfTV. Die Verhandlungen mündeten in den Abschluss des „2. Tarifvertrags zur Änderung des Tarifvertrags für Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen des Agv MoVe vom 31. Januar 2009“ vom 27. Januar 2010 (2. ÄTV LfTV 2009). Nach dessen § 1 Abs. 2, in Kraft getreten am 1. Mai 2010, lautet die EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV nunmehr wie folgt:

        

LF 3:

        

·       

Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, Steuerwagen oder Triebzüge (…)

                 

und darüber hinaus

                 

Arbeitnehmer oder Auszubildende fachlich ausbilden, fortbilden, anleiten und prüfen oder technische Fahrzeugabnahmen durchführen,

                 

wie z.B. Lehrlokomotivführer, Abnahmelokomotivführer

                 

Begriffsdefinition:            

                 

Prüfen im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals umfasst die verantwortliche

                 

·       

Abnahme des Nachweises der Befähigung zum Führen von Eisenbahnfahrzeugen durch eine theoretische und praktische Prüfung entsprechend der VDV-Schrift 753,

                 

·       

Abnahme der Ergänzungsprüfung für Betriebsverfahren und Zugbeeinflussungssysteme entsprechend der VDV-Schrift 753 bzw. prüfungsrelevante Tätigkeiten, die zur Änderung des Eisenbahnfahrzeugführerscheins bzw. dessen Beiblatt führen,

                 

·       

Durchführung der direkten Überwachung der Lokomotivführer am Arbeitsplatz.“

6

Eine Protokollnotiz zu § 2 Abs. 2 des 2. ÄTV LfTV 2009 lautet:

        

„Werden Arbeitnehmer am 01. Mai 2010 aufgrund der Ergänzung der Entgeltgruppe LF 3 um die neue Begriffsdefinition ‚Prüfen‘ in die Entgeltgruppe LF 3 höhergruppiert, wird unwiderlegbar vermutet, dass diesen Arbeitnehmern diese Tätigkeit bereits seit dem 01. Januar 2010 nicht nur vorübergehend übertragen ist. Diese Arbeitnehmer erhalten für den Zeitraum vom 01. Januar 2010 bis 30. April 2010 den Differenzbetrag zwischen ihrem bisherigen Monatstabellenentgelt und dem maßgeblichen Monatstabellenentgelt der Entgeltgruppe LF 3 mit der Entgeltzahlung für den Monat Juni 2010 als Einmalbetrag ausgezahlt.“

7

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 sind die Arbeitnehmer K, S und W - unter Beteiligung des Betriebsrats, der einem entsprechenden Zustimmungsersuchen der Arbeitgeberin vom 23. Februar 2011 entsprochen hat - in EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV (in der Fassung des 2. ÄTV LfTV 2009) umgruppiert.

8

Mit dem vorliegenden, am 18. August 2009 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat zunächst in erster Linie eine Verpflichtung der Arbeitgeberin geltend gemacht, die Arbeitnehmer K, S und W mit Wirkung ab dem 1. März 2008 „in eine andere als die EG LF 4 der Anlage 2 zum LfTV“ einzureihen. Wegen der ab dem 1. Januar 2010 vollzogenen Umgruppierung der drei Arbeitnehmer in EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV (in der Fassung des 2. ÄTV LfTV 2009) hat er sein Begehren zuletzt ausdrücklich (nur noch) auf den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 bezogen.

9

Der Betriebsrat hat - zuletzt - beantragt,

        

1.    

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Arbeitnehmer

                 

-  W, 

                 

-  K, 

                 

-  S   

                 

in eine andere als die Lohngruppe LF 4 des Tarifvertrags für Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen des Agv MoVe (LfTV) seit dem 1. März 2008 bis zum 31. Dezember 2009 umzugruppieren;

        

2.    

der Arbeitgeberin weiterhin aufzugeben, bei ihm, dem Betriebsrat, die Zustimmung für die Umgruppierung gemäß vorstehendem Antrag für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 zu beantragen;

        

3.    

der Arbeitgeberin des Weiteren aufzugeben, im Falle der Verweigerung der Zustimmung seiner (des Betriebsrats) Zustimmung zu einem Antrag gemäß vorstehendem Antrag das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis zum 31. Dezember 2009 zu betreiben.

10

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, in der Zeit vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 habe beim Tarifmerkmal „prüfen“ der EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV eine tarifliche Regelungslücke bestanden, weswegen vor dem 1. Januar 2010 kein „Beteiligungsverfahren“ des Betriebsrats durchzuführen gewesen sei.

11

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht ihnen entsprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Betriebsrat meint, die Rechtsbeschwerde sei teilweise unzulässig und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung.

12

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht den Anträgen des Betriebsrats entsprochen und eine der Mitbestimmung durch den Betriebsrat unterliegende Verpflichtung der Arbeitgeberin im Hinblick auf eine rein vergangenheitsbezogene Maßnahme angenommen.

13

I. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ist die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin (insgesamt) zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§ 92 Abs. 2 Satz 1, § 74 Abs. 1 ArbGG) sowie frist- und ordnungsgemäß begründet (§ 74 Abs. 1, § 94 Abs. 2 ArbGG). Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Dazu hat sie den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält (BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 13, BAGE 126, 176). Dem wird das Rechtsmittel der Arbeitgeberin gerecht. Die Rechtsbeschwerde setzt sich ausreichend mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses auseinander. Sofern der Betriebsrat seine Auffassung der teilweisen Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde darauf stützt, das Vorbringen der Arbeitgeberin zu den tarifvertraglichen Regelungen sei weder erforderlich noch notwendig, weil es vorliegend allein um die Sicherung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei Ein- oder Umgruppierungen nach § 101 BetrVG gehe, ist dies kein die Zulässigkeit des Rechtsmittels berührender Einwand.

14

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den zulässigen Anträgen zu Unrecht entsprochen.

15

1. Die Anträge sind zulässig, insbesondere sind sie hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist ausreichend bezeichnet, zu welchen Maßnahmen die Arbeitgeberin verpflichtet werden soll. Die Arbeitnehmer, um deren Umgruppierungen es gehen soll, sind namentlich benannt. Es kann dahinstehen, ob ein Betriebsrat, der wie hier in einem „ersten Schritt“ eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung eines Arbeitgebers und in einem „zweiten Schritt“ seine Beteiligung hieran verlangt, immer (auch) die Vergütungsordnung angeben muss, in welche die Ein- oder Umgruppierung erfolgen soll. Im Streitfall hat der Betriebsrat die Vergütungsordnung klar bezeichnet. Wie sich aus Wortlaut und Begründung des Antrags unmissverständlich ergibt, geht es dem Betriebsrat darüber hinaus darum, eine Zuordnung der benannten Arbeitnehmer zu der EG LF 4 der Anlage 2 zum LfTV auszuschließen. Außerdem hat der Betriebsrat die verlangte Maßnahme und seine Mitbestimmung hierbei zuletzt auf einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum begrenzt. Nur die so beschriebene Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Umgruppierung und zur Wahrung des Mitbestimmungsrechts ist Gegenstand des Verfahrens.

16

2. Die Anträge sind unbegründet.

17

a) Der Betriebsrat kann in Fällen, in denen der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen, ihn um Zustimmung zu ersuchen und im Falle der beachtlichen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen(vgl. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 16 mwN, BAGE 138, 39). Voraussetzung hierfür ist eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Ein- oder Umgruppierung (vgl. BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 112, 238). Eine solche betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung besteht nicht für Ein- oder Umgruppierungen, die einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum betreffen.

18

aa) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung oder Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. Eine Ein- oder Umgruppierung besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe oder jedenfalls einer Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Es handelt sich nicht - wie bei der Einstellung und Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG - um konstitutive rechtsgestaltende Akte, sondern um Akte der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht. Die Richtigkeit der betreffenden Beurteilung unterliegt der Mitbeurteilung des Betriebsrats (vgl. BAG 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 - zu B I 2 a der Gründe mwN, BAGE 107, 338). Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vorgenommen - also überhaupt eine Maßnahme getroffen - hat, die eine Ein- oder Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist( BAG 9. März 2011 - 7 ABR 118/09 - Rn. 13), oder er hierzu verpflichtet ist (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 112, 238).

19

bb) Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist die - erstmalige oder erneute - Einreihung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Umgruppierung ist jede Änderung dieser Einreihung. Eine Umgruppierung findetnicht nur statt, wenn dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer anderen Vergütungsgruppe entspricht, sondern etwa auch dann, wenn sich bei gleichbleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers die Vergütungsordnung ändert, also infolge einer Änderung der Vergütungsgruppenordnung eine „Neueingruppierung“ des Arbeitnehmers erforderlich wird ( vgl. BAG 27. Juli 1993 - 1 ABR 11/93 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 74, 10 ).

20

cc) Die Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung setzt eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus. Vergütungsordnung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 20, BAGE 138, 39; 12. Januar 2011 - 7 ABR 34/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 136, 359).

21

dd) Die verfahrensrechtlich durch eine entsprechende Anwendung von § 101 BetrVG gesicherte betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmern unter Beteiligung des Betriebsrats betrifft allein rechtsanwendende Akte mit Gegenwarts- und Zukunftsbezug.

22

(1) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht seine insoweit gegenteilige Ansicht - zutreffend - auf eine Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Mai 1994 gestützt (- 1 ABR 58/93 - BAGE 77, 1). In dieser Entscheidung ist ausgeführt, die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG bis zur Festlegung einer Entgeltgruppe durchzuführen, bestehe auch(fort), wenn sich die Maßnahme nur auf einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum beziehe (vgl. BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - zu B II 3 der Gründe, aaO).

23

(2) Hieran hält der - seit dem 1. Januar 2010 für betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten über die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen allein zuständige - Siebte Senat nicht fest.

24

(a) Gegenstand des Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist die Frage, ob eine konkrete personelle Einzelmaßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Der Aufhebungsantrag des Betriebsrats nach § 101 Satz 1 BetrVG dient der Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes, der dadurch eingetreten ist, dass der Arbeitgeber eine konkrete personelle Einzelmaßnahme ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durchführt oder aufrechterhält. Mit der Rechtskraft eines dem Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG stattgebenden Beschlusses wird der Arbeitgeber verpflichtet, den betriebsverfassungswidrigen Zustand durch Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme zu beseitigen. Entscheidungen im Aufhebungsverfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG haben damit nur Wirkung für die Zukunft; es geht nicht darum, ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war. Folgerichtig wird ein Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG unbegründet, wenn die im Antrag bezeichnete personelle Einzelmaßnahme etwa durch Zeitablauf geendet hat(BAG 14. Mai 2013 - 1 ABR 10/12 - Rn. 33; 9. November 2010 - 1 ABR 76/09 - Rn. 22; vgl. auch bereits 26. April 1990 - 1 ABR 79/89 - zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 65, 105; 6. Oktober 1978 - 1 ABR 75/76 - zu II 2 a der Gründe).

25

(b) Für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Ein- oder Umgruppierungen gilt nichts Abweichendes. Auch hier ist entscheidend, ob die Ein- oder Umgruppierung gegenwärtig und zukünftig als Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufrechterhalten werden kann. Deshalb ist die Zustimmung des Betriebsrats für die Betriebsparteien nur solange von Bedeutung, wie der von der Eingruppierung betroffene Arbeitnehmer noch im Betrieb beschäftigt oder die streitige Ein- oder Umgruppierung nicht durch eine andere Ein- oder Umgruppierung beendet worden ist (vgl. BAG 10. Februar 1999 - 10 ABR 49/98 - zu II 3 der Gründe; 26. April 1990 - 1 ABR 79/89 - zu B I 4 b der Gründe, BAGE 65, 105). Ist eine Ein- oder Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgt, spielt die Frage, ob der Arbeitnehmer früher zutreffend eingruppiert war, für das Verhältnis der Betriebsparteien zueinander keine Rolle mehr(BAG 1. Juli 2009 - 4 ABR 17/08 - Rn. 19 mwN; 30. Oktober 2001 - 1 ABR 8/01 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 99, 258).

26

(c) Weder Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei Ein- und Umgruppierungen nach § 99 BetrVG noch der besondere Sicherungszweck des § 101 BetrVG im Zusammenhang mit Ein- und Umgruppierungen gebieten eine Verpflichtung des Arbeitgebers, das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG durchzuführen, wenn sich die Ein- oder Umgruppierung allein auf einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum bezieht.

27

(aa) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG besteht bei Ein- und Umgruppierungen in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Es soll dazu beitragen, hinsichtlich der Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer bestimmten Vergütungsgruppe eines Entgeltschemas nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien möglichst zutreffende Ergebnisse zu erzielen. Die Beteiligung des Betriebsrats dient folglich einer „Richtigkeitskontrolle“ im Sinn der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung des Vergütungsschemas und damit der Durchsetzung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der Vergütungspraxis (vgl. BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 131, 1). Dem ist genügt, wenn der Betriebsrat an der gegenwarts- und zukunftsbezogenen Ein- oder Umgruppierungsentscheidung beteiligt ist oder wird.

28

(bb) Die Mitbestimmungssicherung nach § 101 BetrVG ist auf die Aufhebung oder Beseitigung einer betriebsverfassungswidrigen Maßnahme - nicht auf die nachträgliche Korrektur eines nicht mehr anhaltenden betriebsverfassungswidrigen Zustandes - gerichtet. Wenngleich sich die zustimmungsbedürftige Ein- oder Umgruppierung nicht wie eine Einstellung oder Versetzung in einem tatsächlichen Handeln, sondern in der Äußerung einer Rechtsansicht vollzieht, so ist sie doch für die Betriebspartner nur solange relevant, als der von der Ein- oder Umgruppierung betroffene Arbeitnehmer noch im Betrieb beschäftigt ist oder seine gegenwärtige Ein- oder Umgruppierung betroffen ist. Gerichtliche Entscheidungen darüber, ob der Arbeitgeber früher zu einer Ein- oder Umgruppierung verpflichtet oder ob der Arbeitnehmer früher zutreffend ein- oder umgruppiert war, würden lediglich dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber bestätigen, dass er recht gehabt habe (vgl. zu all dem BAG 26. April 1990 - 1 ABR 79/89 - zu B II der Gründe, BAGE 65, 105). Sie hätten auch allenfalls faktische Bedeutung für den individual-rechtlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe. Diesen Zwecken dient die Mitbestimmungssicherung nach § 101 BetrVG aber nicht. Die Regelung des Verfahrens nach § 101 BetrVG macht - im Gegenteil - gerade deutlich, dass ihr für das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis der Betriebspartner keine rückwirkende Bedeutung zukommt.

29

(cc) Aus der begrenzten Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung in einem Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG gegenüber dem Arbeitnehmer, um dessen Ein- oder Umgruppierung es geht(hierzu BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - zu B II 2 c bb der Gründe, BAGE 77, 1), folgt nichts anderes. § 101 BetrVG zielt auf die Sicherung der Mitbestimmung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen im Wege eines Anspruchs auf Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes und nicht auf die Klärung individual-rechtlicher Ansprüche.

30

b) Hiervon ausgehend kann der Betriebsrat sein Begehren nicht auf § 101 BetrVG stützen. Er hat zwar nach § 99 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Umgruppierung der im Antrag zu 1. benannten Arbeitnehmer. Denn in dem Unternehmen der Arbeitgeberin sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt (§ 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Auch gilt im Betrieb der Arbeitgeberin (unstreitig) eine kollektive Vergütungsordnung (der LfTV), in die die Arbeitgeberin die drei im Antrag zu 1. angeführten Arbeitnehmer einzureihen hat. Dem ist sie aber nachgekommen. Das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG hierzu ist abgeschlossen, nachdem der Betriebsrat der(aktuellen) Umgruppierung der Arbeitnehmer in EG LF 3 der Anlage 2 zum LfTV (idF des 2. ÄTV LfTV 2009) zugestimmt hat. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Umgruppierung dieser Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Schuh    

        

    M. Zwisler    

                 

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. August 2009 - 17 TaBV 3/09 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 17. Oktober 2008 - 8 BV 1/08 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Zustimmungsersetzungsantrag bezogen auf den Arbeitnehmer Dr. G als unzulässig zurückgewiesen wird.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten zuletzt noch um die Ersetzung der Zustimmung des bei der Arbeitgeberin (Antragstellerin) gebildeten Betriebsrats (Beteiligter zu 2) nach § 99 Abs. 4 BetrVG zur Eingruppierung des Arbeitnehmers Dr. G und hierbei allein um die Frage, ob diesem Arbeitnehmer ein Familienzuschlag zusteht.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Dienstleistungsunternehmen mit insgesamt ca. 2.000 Mitarbeitern an mehreren Standorten. Der Antragsgegner ist der am Standort H bestehende Betriebsrat, an dem die Arbeitgeberin ca. 25 Arbeitnehmer beschäftigt, unter anderem seit 1990 den 1955 geborenen ledigen Arbeitnehmer Dr. G. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde früher im Betrieb einheitlich der Vergütungstarifvertrag vom 11. Oktober 1996 (VTV) angewandt. Danach erhielten die Arbeitnehmer eine Vergütung, die sich aus den Bestandteilen Grundvergütung, Ortszuschlag und Stellenzulage zusammensetzte. Für die Grundvergütung war eine Vergütungstabelle maßgebend, die die entsprechenden Grundgehaltsbeträge der Bundesbesoldungsordnung übernahm. Hinsichtlich des Ortszuschlags unterschied der VTV zwischen der Stufe 1, die die ledigen Mitarbeiter erfasste, sofern sie das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, und der Stufe 2, der ua. verheiratete Mitarbeiter sowie ledige Mitarbeiter, die das 40. Lebensjahr vollendet hatten, zugeordnet wurden.

3

Zum 1. Januar 2001 traten eine Reihe von neuen, auf Arbeitgeberseite auch von der Arbeitgeberin als Tarifvertragspartei geschlossenen Tarifverträgen in Kraft, darunter der Tarifvertrag für Altbeschäftigte (TV Alt), der in seiner Fassung vom 23. Juli 2003 auf das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers Dr. G Anwendung findet. Der TV Alt lautet auszugsweise wie folgt:

        

„§ 2   

        

Vergütung

        

2.1     

Grundsätze

        

2.1.1 

Die Vergütung der Mitarbeiter erfolgt in Anlehnung an das für die Bundesbeamten geltende Besoldungsrecht.

                 

Die Eingruppierung in die zutreffende Vergütungsgruppe erfolgt gemäß den Eingruppierungsmerkmalen nach Anlage 1.

                 

...     

        

2.1.2 

Grundgehalt, Familienzuschlag und Stellenzulagen gemäß dem geltenden Besoldungsrecht für die Bundesbeamten sind in den Tabellen der Anlagen

                          

2.    

Grundgehaltssätze

                          

3.    

Familienzuschlag und

                          

4.    

Stellenzulagen

                 

dargestellt / festgelegt.

                 

...     

        

2.5     

Besitzstand

                 

Besitzstände bezüglich Eingruppierung bleiben gewahrt.

                 

Bezüglich der Einreihung in Leistungsstufen (früher Dienstaltersstufen) gilt das Besoldungsrecht für Bundesbeamte. Besitzstände werden dementsprechend mit einer Überleitungszulage ausgeglichen. Diese Überleitungszulage ist bei künftigen Gehaltserhöhungen abzubauen und zwar bei Leistungsstufen- und Gruppenvorrückungen um den vollen Erhöhungsbetrag, bei allgemeinen Besoldungserhöhungen um 1/3 des Erhöhungsbetrages.“

4

Für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Tarifverträge beschäftigten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin, welche nicht zum Kreis der „Altbeschäftigten“ im Sinne des TV Alt gehören, gilt ua. der Tarifvertrag vom 18. September 2000 über die erstmalige Eingruppierung der Mitarbeiter nach den Bestimmungen des Vergütungsrahmentarifvertrages (Überleitungs-TV). Danach werden die Arbeitnehmer zunächst nach den Bestimmungen des neuen Vergütungsrahmentarifvertrages eingruppiert. Sie erhalten jedoch dann, wenn ihre bisherige durchschnittliche Bruttomonatsvergütung höher sein sollte, als die nach dem neuen Tarifvertragswerk ermittelte, eine Differenzzulage gem. § 3 des Überleitungs-TV, welche aber auf tarifliche Erhöhungen etc. teilweise angerechnet werden soll.

5

Mit Schreiben vom 23. April 2008 ersuchte die Arbeitgeberin den Betriebsrat um die Zustimmung zur Ein-/Umgruppierung ua. des Arbeitnehmers Dr. G in die Vergütungsgruppe A15/12 des neuen Vergütungsrahmentarifvertrages, ohne dass sie einen Familienzuschlag auswies. Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 30. April 2008 die begehrte Zustimmung, „bezogen auf den Familienzuschlag“.

6

In einem am 13. Mai 2008 festgestellten gerichtlichen Vergleich haben sich die Beteiligten darauf geeinigt, dass die Arbeitgeberin die Zustimmungsersetzung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verlangen werde, woraufhin am 20. Mai 2008 von ihr das vorliegende Verfahren anhängig gemacht worden ist.

7

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Zuschlag „verheiratet“ sei an den Arbeitnehmer Dr. G nur noch als besitzstandswahrende Überleitungszulage zu zahlen, die auf künftige Gehaltserhöhungen anrechenbar sei. Die Anlage 3 zum TV Alt sehe keine Zulage für ledige Arbeitnehmer ohne Unterhaltsverpflichtungen mehr vor.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers Dr. G in Vergütungsgruppe A15/12 ohne Familienzuschlag des Tarifvertrages der TÜV Süd Holding AG für Altbeschäftigte vom 23. Juli 2003 zu ersetzen.

9

Der Betriebsrat hat sich für seinen Zurückweisungsantrag darauf berufen, dass der Familienzuschlag nach dem TV Alt ein Element der Eingruppierung sei. Die Besitzstandsregelung in § 2.5 TV Alt sei dahingehend auszulegen, dass die Beschäftigten, die vor der Tarifumstellung Anspruch auf den Ortszuschlag Stufe 2 hatten, nunmehr die Zahlung des Familienzuschlags Stufe 1 beanspruchen könnten.

10

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde der Arbeitgeberin den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren auf Zurückweisung des Antrages weiter. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

11

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist im Ergebnis begründet. Der Antrag der Arbeitgeberin auf Zustimmungsersetzung gem. § 99 Abs. 4 ArbGG ist nicht statthaft. Das Landesarbeitsgericht war daher an einer Sachentscheidung gehindert und hätte den Zustimmungsersetzungsantrag als unzulässig abweisen müssen.

12

1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung/Umgruppierung des Arbeitnehmers Dr. G in Vergütungsgruppe A15/12 des neuen Vergütungsrahmentarifvertrages ohne Familienzuschlag der Stufe 1 gem. § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen sei, weil ein Grund zur Zustimmungsverweigerung gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nicht vorliege. Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats erstrecke sich im Grundsatz nicht nur auf die Bestimmung der konkreten Lohngruppe, sondern auf alle Teile der Eingruppierung. Zu diesen gehöre auch die Frage, ob dem Arbeitnehmer Dr. G ein Familienzuschlag der Stufe 1 gem. Anlage 3 zum TV Alt zustehe oder nicht. Die Auslegung der Besitzstandsklausel in § 2.5 TV Alt ergebe jedoch, dass dem Arbeitnehmer Dr. G der im Streit stehende Familienzuschlag nicht zustehe.

13

2. Dem folgt der Senat nicht. Das Beschwerdegericht ist in Bezug auf den hier in Rede stehenden Familienzuschlag von einem unzutreffenden Ein- oder Umgruppierungsbegriff iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausgegangen(§ 546 ZPO). Da vorliegend keine Ein- oder Umgruppierung vorliegt, war das Beschwerdegericht entgegen seiner Rechtsauffassung an einer Sachentscheidung in Bezug auf die beantragte Zustimmungsersetzung gehindert.

14

a) Ein Antrag des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zu einer der in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufgeführten personellen Einzelmaßnahme voraus, wobei im Streitfall allein eine Ein- oder Umgruppierung in Betracht kommt. Der Antrag der Arbeitgeberin bedingt daher, dass die Betriebsparteien um eine Ein- oder Umgruppierung streiten, welcher der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert hat. Nicht erfasst von der Rechtsschutzmöglichkeit des § 99 Abs. 4 BetrVG sind sonstige Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

15

b) Bei der hier ausschließlich streitigen Frage, ob dem Arbeitnehmer Dr. G ein Familienzuschlag zusteht, handelt es sich jedoch nicht um eine Frage der Ein- oder Umgruppierung. Das Zustimmungsersetzungsverfahren ist daher nicht statthaft.

16

aa) Auf das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers Dr. G ist der TV Alt anwendbar. Er erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des § 1.3 TV Alt, also insbesondere eine vor dem 31. Dezember 1994 beginnende Betriebszugehörigkeit. Hiervon gehen die Beteiligten auch übereinstimmend aus.

17

bb) Unerheblich ist, ob es sich vorliegend um einen Zustimmungsersetzungsantrag zu einer „Eingruppierung“ oder einer „Umgruppierung“ iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt. Zwar spricht im Hinblick auf die sich im Verhältnis zu der früheren Eingruppierung des Arbeitnehmers nach Maßgabe des Vorläufertarifvertrages nunmehr in Rede stehenden veränderten Eingruppierung nach dem TV Alt mehr dafür, von einem Zustimmungsersetzungsantrag zu einer Umgruppierung auszugehen (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 51, BAGE 130, 286; 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 14, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 42). Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil es sich bei der allein streitigen Frage, ob dem Arbeitnehmer Dr. G ein Familienzuschlag zusteht, weder um eine solche der Ein- noch der Umgruppierung handelt.

18

(1) Eine Ein- oder Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG liegt nur dann vor, wenn es sich um die erstmalige Einreihung oder die Änderung der Zuordnung einer Tätigkeit des Arbeitnehmers in das kollektive betriebliche Entgeltschema handelt. Sie erfolgt unter Bewertung von Faktoren, die über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander von Bedeutung sind, nicht jedoch von sonstigen Gesichtspunkten, auch wenn diese sich auf die Höhe des Entgelts auswirken.

19

(a) Unter Eingruppierung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG versteht man die erstmalige Einordnung und unter Umgruppierung jede Änderung der bisherigen Einordnung eines Arbeitnehmers in ein kollektives betriebliches Entgeltschema. Ein solches ist eine kollektive, mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltende Regelung, die eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten, generell bestehenden Merkmalen vorsieht (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, BAGE 131, 1). Die Ein- oder Umgruppierung ist keine ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG besteht in diesen Fällen daher in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Es soll dazu beizutragen, hinsichtlich der Eingruppierung möglichst zutreffende Ergebnisse zu erzielen, und dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung des Vergütungsschemas und damit der Durchsetzung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der Vergütungspraxis (BAG 11. November 2008 - 1 ABR 68/07 - Rn. 23 f. mwN, BAGE 128, 265).

20

(b) Die Reichweite des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Ein- und Umgruppierung beschränkt sich zwar nicht auf die bloße Einreihung der Tätigkeit des entsprechenden Arbeitnehmers in eine bestimmte Vergütungsgruppe. Das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG ist ein einheitliches Verfahren, das die Ein- oder Umgruppierung in allen ihren Teilen erfasst. Auch wenn die Eingruppierungsentscheidung mehrere Fragestellungen beinhaltet, kann der Arbeitgeber das Mitbestimmungsverfahren nicht auf einzelne Teile beschränken. Eine nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtige Eingruppierung liegt nur dann vor, wenn alle Teilfragen zutreffend beurteilt worden sind; eine „Teileingruppierung“ steht einer unrichtigen, unzutreffenden Eingruppierung gleich (BAG 27. Juni 2000 - 1 ABR 36/99 - zu B I 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23 = EzA BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 3; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 51, BAGE 130, 286). Dementsprechend umfasst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch die Bestimmung der Fallgruppe einer bestimmten Lohngruppe, wenn damit unterschiedliche Rechtsfolgewirkungen (zB Bewährungsaufstieg) verbunden sein können (BAG 27. Juli 1993 - 1 ABR 11/93 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 74, 10), ferner die zutreffende Auswahl zwischen einer Vergütungsordnung mit und einer solchen ohne Aufstieg nach Lebensaltersstufen, sowie die Einreihung in die zutreffende, auch Beschäftigungszeiten oder Lebensaltersstufen berücksichtigende Vergütungs- und Fallgruppe (BAG 27. Juni 2000 - 1 ABR 36/99 - aaO).

21

(c) Das betriebliche Entgeltschema aufeinander aufbauender, nach bestimmten Kriterien unterschiedener Vergütungsgruppen spiegelt jedoch häufig nur einen Teil der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze wider. Die betriebliche Vergütungsordnung insgesamt besteht regelmäßig aus einer größeren Zahl von Entlohnungsgrundsätzen, als sie im jeweiligen Entgeltschema zum Ausdruck kommen. Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung, dh. die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Gesamtvergütung der Arbeitnehmer in abstrakter Weise ergibt. Maßgebend für die zutreffende Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist jedoch allein das betreffende Entgeltschema selbst, nicht die weiteren Teile der betrieblichen Entlohnungsgrundsätze. Für die Maßgeblichkeit des Entgeltschemas im Verhältnis von Arbeitgeber auf der einen und Betriebsrat oder Arbeitnehmer auf der anderen Seite kommt es dabei nicht darauf an, weshalb das Schema im Betrieb Anwendung findet, ob aufgrund einer bestehenden Tarifbindung, einer Betriebsvereinbarung, allgemein eingegangener vertraglicher Verpflichtung oder einseitiger Praxis des Arbeitgebers (BAG 11. November 2008 - 1 ABR 68/07 - Rn. 22 mwN, BAGE 128, 265). Ein Vergütungsschema ist Ausdruck der Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den einzelnen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätze niederschlägt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, BAGE 131, 1). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich darauf, welchen Platz der Arbeitnehmer in dieser Ordnung einnehmen soll.

22

(d) Hinsichtlich der Beteiligung des Betriebsrats an der Entscheidung über die Gewährung einer Zulage hat das Bundesarbeitsgericht dementsprechend danach unterschieden, ob diese über die Stellung des Arbeitnehmers innerhalb des Vergütungsschemas etwas aussagt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Zulage in das Vergütungsgruppensystem eingebunden ist, zB wenn die Zulage die Funktion einer Zwischengruppe erfüllt. Nicht mitbestimmungspflichtig ist dagegen die Gewährung einer Zulage, wenn sie Arbeitnehmern ohne Rücksicht auf die Zuordnung zu einer bestimmten Vergütungsgruppe generell für bestimmte Erschwernisse gezahlt wird, unter denen die Arbeit zu leisten ist, oder wenn sie - etwa nach dem BAT - allen Angestellten derselben Fallgruppe einer Vergütungsgruppe zu zahlen ist, ohne dass es noch auf weitere Voraussetzungen ankäme (BAG 2. April 1996 - 1 ABR 50/95 - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 138; 24. Juni 1986 - 1 ABR 31/84 - zu B II 4 b der Gründe, BAGE 52, 218).

23

(2) Damit erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen vorliegend nicht auf die Frage, ob dem Arbeitnehmer Dr. G ein Familienzuschlag nach der Anlage 3 zum TV Alt zusteht.

24

Gem. § 2.1.2 TV Alt ist der in Rede stehende Familienzuschlag zwar ein Bestandteil der dem Arbeitnehmer zustehenden Vergütung. Es handelt sich jedoch nicht um einen Entgeltfaktor, der den relativen Abstand der sich im Entgeltsystem niederschlagenden Wertigkeit von Arbeitnehmertätigkeiten ausdrückt. Der Familienzuschlag nach Anlage 3 zum TV Alt ist ein Vergütungsbestandteil, dessen Voraussetzungen mit der Tätigkeit des einzugruppierenden Arbeitnehmers in keinem Zusammenhang steht. Er ist hinsichtlich seiner Gewährung überhaupt und seiner Höhe allein von den persönlichen Verhältnissen des betreffenden Arbeitnehmers abhängig, nämlich seines Familienstandes und seiner Unterhaltsverpflichtungen. Dem entspricht, dass die Eingruppierung mit dem maßgeblichen Entgeltschema in § 2.1.1 nebst Anlage 1 zum TV Alt geregelt ist, der Familienzuschlag jedoch in § 2.1.2 nebst Anlage 3 zum TV Alt. Auf die rechtliche Mitprüfung, ob die dort und damit außerhalb des Vergütungsgruppensystems geregelten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht.

25

c) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Beteiligten sich in einem gerichtlichen Vergleich auf die Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens geeinigt haben. Der Gegenstand dieses gesetzlich geregelten Verfahrens steht nicht zur Disposition der Betriebsparteien. Sie können nicht eine beliebige Streitfrage zum Gegenstand eines Zustimmungsersetzungsverfahrens machen und die Gerichte für Arbeitssachen damit dazu zwingen, ihre Streitfrage, die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 99 BetrVG liegt, in dem in diesem Zusammenhang vorgesehenen Verfahren abschließend zu entscheiden. Dementsprechend hat der Senat auch nicht die gewöhnlich als Hilfsantrag im Zustimmungsersetzungsverfahren zu überprüfende Frage (vgl. dazu zB BAG 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 - zu II der Gründe, BAGE 60, 57) zu beantworten, ob die Zustimmung als erteilt gilt. Dies ist nur dann möglich, wenn der Widerspruch des Betriebsrats nicht form- oder fristgerecht eingelegt worden ist, insbesondere, wenn die Widerspruchsbegründung keinerlei Bezug zu einem der gesetzlichen Widerspruchsgründe enthält.

26

Vorliegend geht es nicht um einen Widerspruchsgrund zu einer Ein- oder Umgruppierung. Die Beteiligten haben im Anhörungstermin vor dem Senat ausdrücklich bestätigt, dass über die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Vergütungsgruppe des betrieblichen Entgeltschemas kein Streit besteht.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Steding    

                 

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Dezember 2015 - 8 TaBV 36/15 - teilweise aufgehoben, soweit darin die Zustimmung des Betriebsrats zur Ein- bzw. Umgruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen gemäß den Vorschriften des § 6 Manteltarifvertrag und des § 3 Vergütungstarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftliche Zentralbank in der Fassung vom 29. Oktober 2014, geschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. und der Gewerkschaft DHV, ersetzt wurde. In diesem Umfang wird die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 27. März 2015 - 13 BV 3/14 - zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Dezember 2015 - 8 TaBV 36/15 - mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Ein- bzw. Umgruppierung der genannten Arbeitnehmerinnen in die jeweilige Tarifgruppe/Berufsjahresgruppe gemäß den Vorschriften des § 6 Manteltarifvertrag und des § 3 Vergütungstarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftliche Zentralbank in der Fassung vom 6. Dezember 2016, geschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. und der Gewerkschaft DBV, ersetzt wird.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Ein- und Umgruppierung in die Vergütungsordnung eines tarifpluralen Betriebs.

2

Die Arbeitgeberin ist eine Bank und Mitglied im Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (AVR). Sie beschäftigt ca. 1.000 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 2. ist der für den Betrieb der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat.

3

Der AVR schloss am 18. April 1979 inhaltlich identische, aber rechtlich getrennte eigenständige Mantel- und Gehaltstarifverträge mit der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), dem Deutschen Bankangestellten-Verband (DBV) und der DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV). Diese Tarifverträge wurden zuletzt sowohl mit ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) als Rechtsnachfolgerin von DAG und HBV als auch mit DBV und DHV am 8. Juli 2004 gleichlautend neu gefasst (MTV/GTV AVR-ver.di/DBV/DHV 2004). Die Gehaltstarifverträge vom 8. Juli 2004 wurden von ver.di, DBV und DHV jeweils zum 31. Mai 2006 gekündigt. Ab 2008 kam es mit DBV und DHV zu einer Tarifeinigung über Mantel- und Vergütungstarifverträge. Mit ver.di scheiterten die Tarifvertragsverhandlungen.

4

Die mit DBV und DHV abgeschlossenen neuen Mantel- und Vergütungstarifverträge enthielten eine im Hinblick auf die Anrechnung von Berufsjahren und die Bildung von Berufsgruppen im Verhältnis zum MTV/GTV AVR-DBV bzw. AVR-DHV 2004 geänderte Vergütungsstruktur. In der Folge wurden zwischen AVR und DBV/DHV in den Jahren 2010, 2012 und 2014 aktualisierte Mantel- und Vergütungstarifverträge geschlossen (MTV/VTV AVR-DBV bzw. DHV). Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens wurden der MTV/VTV AVR-DBV bzw. AVR-DHV 2014 durch die Manteltarifverträge/Vergütungstarifverträge in der Fassung vom 6. Dezember 2016 (MTV/VTV AVR-DBV bzw. DHV 2016) ersetzt. Im November 2012 kündigte der AVR den MTV AVR-ver.di 2004 zum 28. Februar 2013.

5

Mit verschiedenen Schreiben unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat im April/Mai 2013 über die beabsichtigten Eingruppierungen der Arbeitnehmerinnen T, N, M, B und über die beabsichtigte Umgruppierung der Arbeitnehmerin K. Die Ein- bzw. Umgruppierung nahm die Arbeitgeberin dabei unter Angabe der jeweiligen Tarifgruppe und Berufsjahresgruppe jeweils nach den Grundsätzen des MTV/VTV AVR-DBV bzw. AVR-DHV 2012 und nicht nach MTV/GTV AVR-ver.di 2004 vor. Der Betriebsrat widersprach den Eingruppierungen und der Umgruppierung mit verschiedenen Schreiben. Zur Begründung seiner Zustimmungsverweigerung führte der Betriebsrat auszugsweise jeweils aus:

        

„Der Betriebsrat widerspricht ..., da die in der H Volksbank bisher gültige Eingruppierungsgrundlage, der zwischen ver.di und AVR abgeschlossene Manteltarifvertrag für die Genossenschaftsbanken, nicht angewendet wurde. Der MTV kennt keine Eingruppierung in ‚A‘ oder ‚B‘ Staffeln. Die im vorliegenden Fall erfolgte Eingruppierung ist daher fehlerhaft.

        

Ein Wechsel der Grundlage für Eingruppierungen, der Vergütungsordnung, ist mit dem Betriebsrat nicht abgesprochen worden. Eine Zustimmung wurde durch den Betriebsrat nie erteilt. ...“

6

Mit dem am 26. Februar 2014 eingeleiteten Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu den Ein- bzw. Umgruppierungen geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die für Ein- und Umgruppierungen maßgebliche betriebliche Vergütungsordnung ergebe sich aus dem jeweils geltenden MTV/VTV AVR-DBV bzw. DHV. Sie sei infolge ihrer Tarifgebundenheit verpflichtet, die jeweils geltenden aktuellen, zwischen AVR und DBV bzw. DHV geschlossenen Tarifverträge anzuwenden. Jedenfalls verdrängten sie im tarifpluralen Betrieb die lediglich auf nachwirkenden Tarifverträgen beruhende Vergütungsordnung aufgrund des gekündigten MTV/GTV AVR-ver.di 2004. Diese seien für die Arbeitnehmer auch günstiger. Zudem seien die mit ver.di vereinbarten Tarifverträge altersdiskriminierend und schon deshalb für Ein- und Umgruppierungen unbeachtlich.

7

Die Arbeitgeberin hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung von

        

a.    

Frau N in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 2. Berufsjahr (Stand 2014),

        

b.    

Frau M in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 10. Berufsjahr,

        

c.    

Frau B in die Tarifgruppe TG 5, Berufsjahresgruppe B, 4. Berufsjahr (Stand 2014),

        

d.    

Frau T in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 10. Berufsjahr und zur Umgruppierung von

        

e.    

Frau K von der Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 4. Berufsjahr (Stand 2013) in die Tarifgruppe TG 5, Berufsjahresgruppe B, 5. Berufsjahr (Stand 2014),

        

gemäß den Vorschriften des § 6 des Manteltarifvertrages und des § 3 des Vergütungstarifvertrages für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die Genossenschaftlichen Zentralbanken in der Fassung vom 29. Oktober 2014, geschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. und den Gewerkschaften DBV und DHV, zu ersetzen.

8

Der Betriebsrat hat die Zurückweisung der Zustimmungsersetzungsanträge und darüber hinaus - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin - ausgenommen es handelt sich um Mitglieder der Gewerkschaften DBV und DHV - verpflichtet ist, die Ein- und Umgruppierungen der Beschäftigten nach den Tarifgruppen gemäß dem MTV der Genossenschaftsbank vom 18. April 1979/8. Juli 2004, abgeschlossen zwischen den Gewerkschaften HBV und DAG/ver.di in Verbindung mit dem Gehaltstarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken vom 8. Juli 2004, konkret des § 2 des Tarifvertrages, wiederum abgeschlossen zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. vorzunehmen, solange keine Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung oder diese ersetzenden Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist.

9

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Widerfeststellungsantrag des Betriebsrats abzuweisen.

10

Der Betriebsrat hat den Standpunkt eingenommen, die Arbeitgeberin könne die betriebliche Vergütungsordnung, die sich aus MTV/GTV AVR-ver.di 2004 ergebe, nicht einseitig ändern und müsse Ein- und Umgruppierungen daher weiter hiernach vornehmen. Auf eine Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 1 TVG könne sich die Arbeitgeberin nicht berufen. Diese beseitige weder die nach Wegfall der Tarifgebundenheit hinsichtlich der ver.di-Tarifverträge bestehende tarifliche Entgeltordnung noch das hierauf bezogene Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

11

Das Arbeitsgericht hat dem Widerfeststellungsantrag des Betriebsrats stattgegeben und die Zustimmungsersetzungsanträge der Arbeitgeberin abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert, den Zustimmungsersetzungsanträgen der Arbeitgeberin stattgegeben und den Widerfeststellungsantrag des Betriebsrats abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

12

In der Anhörung vor dem Senat hat die Arbeitgeberin klargestellt, sie begehre nunmehr die Eingruppierung bzw. Umgruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen in den aktualisierten MTV/VTV AVR-DBV/DHV vom 6. Dezember 2016. Nachdem der Betriebsrat in der Rechtsbeschwerdebegründung die Tariffähigkeit der DHV in Frage gestellt hatte, hat die Arbeitgeberin in der Rechtsbeschwerdeerwiderung erklärt, sie beschränke die Zustimmungsersetzungsanträge „auf die Anwendung der DBV-Tarifverträge“. Darauf hat der Betriebsrat erklärt, er stimme einer teilweisen Antragsrücknahme nicht zu. In der Anhörung vor dem Senat hat die Arbeitgeberin sodann erklärt, für den Fall, dass der Senat vom Bestehen dreier Vergütungsordnungen ausgehe, beabsichtige sie keine Zuordnung der Mitarbeiter in den MTV/VTV DHV mehr.

13

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist teilweise begründet. Soweit das Landesarbeitsgericht seine Zustimmung zur Ein- bzw. Umgruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen in die Vergütungsordnung des MTV/VTV AVR-DHV 2014 ersetzt hat, sind die Zustimmungsersetzungsanträge unzulässig geworden. In diesem Umfang ist der abweisende Beschluss des Arbeitsgerichts wiederherzustellen. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats unbegründet. Die Zustimmung des Betriebsrats zu den Ein- bzw. Umgruppierungen der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen in das Vergütungssystem des MTV/VTV AVR-DBV ist gerichtlich zu ersetzen. Der Widerfeststellungsantrag des Betriebsrats ist unbegründet.

14

I. Die Zustimmungsersetzungsanträge sind teilweise unzulässig.

15

1. Gegenstand des Verfahrens sind nach wie vor die auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats in die Vergütungsordnung des MTV/VTV AVR-DBV und AVR-DHV gerichteten Zustimmungsersetzungsanträge. Zwar hat die Arbeitgeberin in der Rechtsbeschwerdeerwiderung im Hinblick auf die vom Betriebsrat aufgeworfene Frage, ob die Vergütungsordnung nach MTV/VTV AVR-DHV von der DHV als einer tariffähigen Arbeitnehmerkoalition abgeschlossen worden ist (die Frage der Tariffähigkeit der DHV ist Gegenstand des beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahrens - 1 ABR 37/16 -) erklärt, sie beschränke die Zustimmungsersetzungsanträge „auf die Anwendung der DBV-Tarifverträge“. Die Beschränkung des Verfahrensgegenstands durch eine teilweise Antragsrücknahme auf die Ein- und Umgruppierung in die Vergütungsordnung des MTV/VTV AVR-DBV ist jedoch unzulässig. In der Rechtsbeschwerdeinstanz kann ein Sachantrag nach § 92 Abs. 2 Satz 3 ArbGG nur mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden(vgl. BAG 25. September 1996 - 1 ABR 25/96 - zu B III 2 b der Gründe). Der Betriebsrat hat seine Zustimmung nicht erteilt.

16

2. Die Zustimmungsersetzungsanträge, die die Ein- und Umgruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen in die Vergütungsordnung des MTV/VTV AVR-DHV zum Gegenstand haben, sind unzulässig geworden, weil die Arbeitgeberin die personelle Maßnahme, zu der sie mit ihrem Antrag die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats begehrt, nicht mehr beabsichtigt. Dadurch ist insoweit das Rechtsschutzbedürfnis für den bislang verfolgten Zustimmungsersetzungsantrag entfallen.

17

a) Das Rechtsschutzbedürfnis verlangt als Sachentscheidungsvoraussetzung das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Inanspruchnahme der Gerichte. Fehlt es, ist ein Antrag als unzulässig abzuweisen. Bei Leistungs- und Gestaltungsklagen kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Antragsteller offensichtlich gerichtlicher Hilfe zur Erreichung seines Ziels nicht (mehr) bedarf (BAG 13. März 2013 - 7 ABR 39/11 - Rn. 22; 8. Dezember 2010 - 7 ABR 99/09 - Rn. 12 mwN). Der Antrag eines Arbeitgebers, die Zustimmung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten endgültigen personellen Maßnahme nach § 99 Abs. 4 BetrVG gerichtlich zu ersetzen, setzt deshalb voraus, dass der Arbeitgeber die Durchführung dieser Maßnahme noch beabsichtigt. Hat er diese Absicht aufgegeben, bedarf es der Zustimmung des Betriebsrats sowie einer diese Zustimmung ersetzenden gerichtlichen Entscheidung nicht (BAG 13. März 2013 - 7 ABR 39/11 - Rn. 24).

18

b) Hier hat die Arbeitgeberin die ursprünglich beabsichtigten Ein- und Umgruppierungen in die Vergütungsordnung des MTV/VTV AVR-DHV vor dem Hintergrund der vom Betriebsrat monierten möglichen Tarifunfähigkeit der DHV aufgegeben. In der Anhörung vor dem Senat hat die Arbeitgeberin erklärt, sie beabsichtige eine Zuordnung der genannten Arbeitnehmerinnen in den MTV/VTV AVR-DHV nicht mehr. Damit ist insoweit das Rechtsschutzbedürfnis für einen Zustimmungsersetzungsantrag entfallen. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin ihre Erklärung in der Anhörung vor dem Senat sinngemäß vom Bestehen voneinander unabhängiger Vergütungsordnungen auf Grundlage der Tarifverträge zwischen AVR einerseits und DHV bzw. DBV andererseits abhängig gemacht hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden sind, haben die Gewerkschaften jeweils inhaltlich identische, aber rechtlich getrennte Tarifverträge abgeschlossen. Auch der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts ist im Beschluss vom 23. August 2016 (- 1 ABR 15/14 -) zu denselben Tarifverträgen von „jeweils eigenständigen und inhaltsgleichen Mantel- und Gehaltstarifverträgen“ ausgegangen.

19

3. Soweit die in der Rechtsbeschwerde aktualisierten Zustimmungsersetzungsanträge die Ein- bzw. Umgruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen in die jeweiligen Tarifgruppen/Berufsjahresgruppen des MTV/VTV AVR-DBV 2016 betreffen, sind sie zulässig.

20

a) Die Anträge sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Über sie kann mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden. Es ist genau bezeichnet, gegen wen sich die Anträge richten, um welche personellen Einzelmaßnahmen es sich handelt, auf welcher Rechtsgrundlage die Ein- bzw. Umgruppierungen in welche Tarifgruppe vorgenommen werden und für welche ein- bzw. umzugruppierenden Arbeitnehmerinnen die Zustimmungen des Betriebsrats ersetzt werden sollen.

21

b) Auch das Rechtsschutzinteresse für die Zustimmungsersetzungsanträge nach § 99 Abs. 4 BetrVG besteht. Da die Arbeitgeberin in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, bedarf sie zur Ein- und Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Da dieser den Ein- bzw. Umgruppierungen seine Zustimmung verweigert hat, kann die Arbeitgeberin diese gerichtlich ersetzen lassen, § 99 Abs. 4 BetrVG.

22

c) Der Umstand, dass die Arbeitgeberin nach ihrer Erklärung gegenüber dem Senat zuletzt die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats in die jeweiligen Tarifgruppen/Berufsjahresgruppen des MTV/VTV AVR-DBV 2016 und nicht mehr wie in den Vorinstanzen in das Vergütungssystem des MTV/VTV AVR-DBV 2012 bzw. 2014 begehrt, führt nicht zu einer unzulässigen Antragsänderung. Das Tarifschema des MTV/VTV AVR-DBV 2016 entspricht demjenigen des MTV/VTV AVR-DBV 2012 bzw. 2014. Der Gegenstand der zukunftsbezogenen Zustimmungsanträge ist damit derselbe geblieben. Der Prüfung, ob eine Antragsänderung im Rechtsbeschwerdeverfahren ausnahmsweise zulässig wäre, bedarf es nicht (vgl. dazu BAG 19. April 2012 - 7 ABR 52/10 - Rn. 25; 1. Juni 2011 - 7 ABR 138/09 - Rn. 24 ff.).

23

II. Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Ein- bzw. Umgruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen in die jeweiligen Tarifgruppen/Berufsjahresgruppen des MTV/VTV AVR-DBV ist begründet. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu Unrecht verweigert. Die Zustimmung zu den Ein- bzw. Umgruppierungen ist nunmehr mit der Maßgabe zu ersetzen, dass diese in die aktualisierte Vergütungsordnung des MTV/VTV AVR-DBV 2016 und nicht mehr (wie im angefochtenen Beschluss) in den MTV/VTV AVR-DBV 2014 erfolgen.

24

1. Voraussetzung für eine gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch die Arbeitgeberin. Diese ist hier erfolgt.

25

a) Die Zustimmungsersuchen enthielten die Namen der betroffenen Arbeitnehmerinnen sowie die Angabe der beabsichtigten (und bzgl. der Arbeitnehmerin K auch der bisherigen) Einordnung in die jeweilige Tarifgruppe/Berufsjahresgruppe. Daneben sind die Tätigkeiten und Abteilungszugehörigkeit der Arbeitnehmerinnen angegeben. Der Betriebsrat hat nicht geltend gemacht, diese Angaben hätten es ihm nicht ermöglicht, zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist.

26

b) Der ordnungsgemäßen Einleitung des Zustimmungsverfahrens durch die Arbeitgeberin steht nicht entgegen, dass diese den Betriebsrat nicht zur Ein- bzw. Umgruppierung in die Vergütungsordnung der MTV/GTV AVR-ver.di 2004 angehört hat. Auch dann, wenn im Betrieb mehrere Vergütungsordnungen gelten, ist es im Hinblick auf die Beteiligung des Betriebsrats bei der Einordnung in eine der Vergütungsordnungen nicht geboten, anzunehmen, der Betriebsrat sei erst mit der Mitteilung über die Zuordnung in alle Vergütungsordnungen nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ordnungsgemäß unterrichtet worden. Zwar muss bei einem Nebeneinander mehrerer Vergütungsordnungen die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu jeder dieser betriebsverfassungsrechtlich geltenden Vergütungsordnungen vorgenommen werden (BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 19; 14. April 2015 - 1 ABR 66/13 - Rn. 32, BAGE 151, 212). § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gibt jedoch nicht vor, dass diese Zuordnung zwingend in einem einheitlichen Akt zu erfolgen hat. Es wäre nicht sinnvoll, immer bereits dann auf die Einleitung eines gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Eingruppierung in alle Vergütungsordnungen zu verweisen, wenn die Betriebsparteien nur über die inhaltlich richtige Zuordnung zu einer von mehreren Vergütungsordnungen streiten. Der Arbeitgeber hat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats zu der „geplanten Maßnahme“ einzuholen und ihn über diese zu unterrichten. Vorliegend plante die Arbeitgeberin keine Ein- bzw. Umgruppierung in die sich aus MTV/GTV AVR-ver.di 2004 ergebende Vergütungsordnung. Ihre Unterrichtung bleibt im Hinblick auf die Eingruppierung in das von ihr für richtig gehaltene Vergütungsschema ausreichend, wenn sie die beabsichtigte personelle Maßnahme auf dieses Tarifsystem beschränkt. Für den Betriebsrat entstehen keine Schutzlücken. Gelten in einem Betrieb mehrere Vergütungsordnungen und kommt der Arbeitgeber seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflicht zur Einreihung der betriebszugehörigen Arbeitnehmer nur bezüglich einer Vergütungsordnung nach, ist die betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung zu rechtsanwendenden Akten hinsichtlich der anderen Vergütungsordnungen verfahrensrechtlich durch eine entsprechende Anwendung von § 101 BetrVG gesichert. Der Anspruch des Betriebsrats aus § 101 Satz 1 BetrVG geht bei Ein- und Umgruppierungen dahin, dem Arbeitgeber die Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder - nach dessen Abschluss - die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufzugeben(BAG 14. April 2015 - 1 ABR 66/13 - Rn. 20, aaO; 30. September 2014 - 1 ABR 32/13 - Rn. 16, BAGE 149, 182).

27

2. Die Zustimmung des Betriebsrats zu den Ein- bzw. Umgruppierungen gilt nicht bereits nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat seine Zustimmungen jeweils innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG frist- und formgerecht und auch ansonsten ordnungsgemäß verweigert.

28

a) Die Zustimmungsverweigerungen sind jeweils schriftlich und innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erfolgt. Es besteht im Streitfall kein Anlass, hieran zu zweifeln, nachdem die Arbeitgeberin dies auch nicht geltend gemacht hat.

29

b) Der Betriebsrat hat seine Zustimmung ordnungsgemäß „unter Angabe von Gründen“ verweigert.

30

aa) Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer Ein- bzw. Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur aus den im Gesetz abschließend genannten Gründen verweigern. Er genügt der gesetzlichen Begründungspflicht, wenn es als möglich erscheint, dass er mit seiner schriftlich gegebenen Begründung einen der in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Verweigerungsgründe geltend macht. Eine Begründung, die sich in der Benennung einer der Nummern des § 99 Abs. 2 BetrVG oder in der Wiederholung von deren Wortlaut erschöpft, ist unbeachtlich. Gleiches gilt für eine Begründung, die offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nimmt. Die Begründung des Betriebsrats braucht nicht schlüssig zu sein. Konkrete Tatsachen müssen nur für die auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 BetrVG gestützte Verweigerung angegeben werden(vgl. für die st. Rspr. BAG 19. April 2012 - 7 ABR 52/10 - Rn. 45).

31

bb) Die Stellungnahmen des Betriebsrats werden den Anforderungen an die gesetzliche Begründungspflicht gerecht. Sie geben in ausreichender Weise Gründe für die Verweigerung der Zustimmung zu den beabsichtigten Ein- bzw. Umgruppierungen an. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung in den gleichlautenden Stellungnahmen ua. deshalb verweigert, weil der zwischen ver.di und AVR abgeschlossene Manteltarifvertrag nicht angewendet worden sei. Damit hat der Betriebsrat geltend gemacht, die Arbeitgeberin nehme Ein- bzw. Umgruppierungen in einen nicht zur Anwendung kommenden Tarifvertrag vor. Dies kann einen Grund für die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellen(vgl. BAG 13. März 2013 - 7 ABR 39/11 - Rn. 33). Darüber hinaus rügt der Betriebsrat, ein Wechsel der Vergütungsordnung sei ohne seine Beteiligung erfolgt. Auch diese Begründung kann § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zugeordnet werden. Die Eingruppierung in eine betriebliche Vergütungsordnung, die wegen Missachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unwirksam ist, stellt einen Gesetzesverstoß dar(vgl. BAG 30. Oktober 2001 - 1 ABR 8/01 - Rn. 20, BAGE 99, 258).

32

3. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu den im Antrag aufgeführten Ein- bzw. Umgruppierungen in das Vergütungsschema des MTV/VTV AVR-DBV zu Unrecht verweigert. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG liegen nicht vor. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.

33

a) Die Ein- bzw. Umgruppierungen in das Vergütungsschema des MTV/VTV AVR-DBV erfolgen in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Die sich aus dem MTV/GTV AVR-ver.di 2004 ergebende Vergütungsordnung ist nicht die alleinige im Betrieb der Arbeitgeberin betriebsverfassungsrechtlich geltende. Bei Ein- und Umgruppierungen iSv. § 99 BetrVG ist neben ihr zumindest diejenige Vergütungsordnung anzuwenden, die aus den mit dem DBV geschlossenen Tarifverträgen folgt(vgl. dazu ausführlich bereits BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 16 ff.).

34

aa) Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Zwar handelt es sich bei tariflichen Vergütungsregelungen nicht um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer maßgeblich sind, sondern um Inhaltsnormen, die nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend nur zwischen dem Arbeitgeber und den tarifgebundenen Arbeitnehmern gelten(vgl. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 22, BAGE 138, 39; 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29, BAGE 126, 176). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der tarifgebundene Arbeitgeber dennoch betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Dieses Verständnis geben die Funktion des Tarifvorbehalts in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG sowie der Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor(BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 18; 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 16, BAGE 139, 332).

35

bb) Ist der Arbeitgeber an zwei tarifliche Vergütungsordnungen gebunden, die zu einer Tarifpluralität führen, werden seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten durch das Bestehen zweier, unabhängig voneinander geltender Entgeltsysteme erweitert. Er ist dann grundsätzlich verpflichtet, die Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats den Entgeltgruppen der beiden betriebsverfassungsrechtlich geltenden Vergütungsordnungen zuzuordnen (BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 19; 14. April 2015 - 1 ABR 66/13 - Rn. 32, BAGE 151, 212). Ob sie einen vertraglichen Anspruch auf die Anwendung dieser Tarifverträge haben oder unmittelbar tarifgebunden sind, hat auf die gegenüber dem Betriebsrat bestehende Pflicht des Arbeitgebers aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG keinen Einfluss(BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 21 ff., BAGE 138, 39; vgl. auch 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 23, BAGE 132, 314).

36

cc) Danach ist die Arbeitgeberin jedenfalls auch an die sich aus dem MTV/VTV AVR-DBV 2016 ergebende tarifliche Vergütungsordnung gebunden.

37

(1) Die Arbeitgeberin war bis zum 31. Mai 2006 und bis zum 28. Februar 2013 an die mit ver.di und mit dem DBV getroffenen Tarifverträge und damit an Vereinbarungen unterschiedlicher Gewerkschaften unmittelbar und zwingend gebunden. Die zwischen AVR und DBV getroffenen Vereinbarungen wurden nicht aufgrund einer Tarifkonkurrenz verdrängt. Die Existenz zweier tariflicher Vergütungsordnungen, die mit unterschiedlichen Gewerkschaften vereinbart worden sind, führt vielmehr zu einer Tarifpluralität, bei der die jeweiligen Tarifnormen unabhängig voneinander für die jeweils tarifgebundenen Arbeitnehmer gelten (vgl. BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 22).

38

(2) Es kann dahinstehen, ob die Vergütungsordnung nach MTV/VTV AVR-DHV von der DHV als einer tariffähigen Arbeitnehmerkoalition abgeschlossen worden ist. Die DHV und der DBV haben voneinander unabhängige, rechtlich selbständige Tarifverträge abgeschlossen. Eine Tarifunfähigkeit der DHV führte daher nicht zur Nichtigkeit der vom DBV abgeschlossenen Tarifverträge (vgl. BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 24, BAGE 120, 182).

39

(3) Der Umstand, dass MTV/GTV AVR-ver.di 2004 gekündigt wurden, hat keine Auswirkungen auf das für den Betrieb maßgebliche kollektive Entgeltschema. Endet die unmittelbare und zwingende Wirkung eines Tarifvertrags aufgrund seiner Kündigung, bleiben die im Betrieb geltenden Grundsätze der betreffenden tariflichen Vergütungsordnung auch nach Eintritt der Nachwirkung iSd. § 4 Abs. 5 TVG das für den Betrieb maßgebliche kollektive Entgeltschema. Der Eintritt der Nachwirkung hat lediglich zur Folge, dass das im Betrieb geltende kollektive, abstrakte Entgeltschema und die in ihm zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze nicht mehr zwingend gelten. Das ändert jedoch nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb dort geltende Entlohnungsgrundsätze sind. Bis zu einem wirksamen Änderungsakt sind sie grundsätzlich betriebsverfassungsrechtlich weiter gültig (BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 22; 14. April 2010 - 7 ABR 91/08 - Rn. 14; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 28, BAGE 126, 237).

40

dd) Die Tarifverträge des DBV werden nicht gemäß § 4a TVG von denen - aus Sicht des Betriebsrats - repräsentativen Tarifverträgen von ver.di verdrängt. Die Anwendung der Kollisionsregel in § 4a TVG setzt nach § 13 Abs. 3 TVG voraus, dass eine Tarifkollision auf Grundlage von am 10. Juli 2015 noch nicht geltenden Tarifverträgen besteht (vgl. BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 21). Jedenfalls die Tarifverträge von ver.di galten bereits vorher. Im Übrigen kann nur eine Tarifkollision zwischen nach § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG normativ wirkenden Tarifverträgen durch § 4a TVG aufgelöst werden, nicht jedoch zwischen einem Tarifvertrag, an den der Arbeitgeber nach § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG gebunden ist und einem nach § 4 Abs. 5 TVG nachwirkenden Tarifvertrag(NK-GA/Bepler § 4a TVG Rn. 31; Däubler TVG/Zwanziger 4. Aufl. § 4a Rn. 41; ErfK/Franzen 17. Aufl. § 4a TVG Rn. 8).

41

ee) Auf den (unbegründeten, vgl. dazu BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 24) Einwand der Arbeitgeberin, das auf einem nachwirkenden Tarifvertrag beruhende und diskriminierende Vergütungssystem des MTV/GTV AVR-ver.di 2004 sei durch den Abschluss von günstigeren Tarifverträgen mit einer anderen Gewerkschaft abgelöst worden, kommt es vorliegend nicht an. Dieser Aspekt hat auf die Anwendbarkeit der sich aus dem MTV/VTV AVR-DBV 2016 ergebenden tariflichen Vergütungsordnung, auf die sich die Zustimmungsersetzungsanträge allein beziehen, jedenfalls keinen Einfluss.

42

b) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ist die vom AVR mit dem DBV vereinbarte tarifliche Vergütungsordnung nicht unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG und damit betriebsverfassungswidrig von der Arbeitgeberin eingeführt worden. Die Arbeitgeberin hat die im Betrieb geltende kollektive Vergütungsordnung nicht einseitig geändert. Die DBV-Tarifverträge sind ebenso Bestandteil der betrieblichen Vergütungsordnung wie die mit ver.di vereinbarten. Die Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin beruht auf ihrer Mitgliedschaft im AVR. Dieser hat jedenfalls seit 1979 eigenständige Tarifverträge mit ver.di und dem DBV geschlossen. Diese sind Teil der betrieblichen Vergütungsordnung unabhängig davon, ob sie inhaltsgleich sind oder nicht. Indem die Arbeitgeberin im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG Ein- und Umgruppierungen nach den mit dem DBV ab dem Jahr 2008 vereinbarten Tarifverträgen vornimmt, führt sie keine andere betriebliche Vergütungsordnung ein, sondern wendet eine bereits bestehende an (BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 25).

43

c) Die maßgebliche tarifliche Eingruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen in die zutreffende Vergütungsgruppe/Berufsjahresgruppe ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

44

III. Der Widerfeststellungsantrag des Betriebsrats ist unbegründet.

45

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

46

a) Der Antrag bedarf der Auslegung. Aus dem Wortlaut des Antrags wird nicht eindeutig ersichtlich, ob das Rechtsschutzziel des Betriebsrats darauf gerichtet ist, dass für Ein- oder Umgruppierungen auch oder nur die mit ver.di geschlossenen Tarifverträge zugrunde zu legen sind. Aus seinem Vorbringen ergibt sich aber, dass er gegenwarts- und zukunftsbezogen eine Pflicht der Arbeitgeberin festgestellt wissen will, im Rahmen von Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG die Ein- und Umgruppierung der Arbeitnehmer ausschließlich auf die Vergütungsordnung nach dem MTV/GTV AVR-ver.di 2004 zu stützen. Der Betriebsrat hält die Vergütungsordnung(en), die sich aus dem vom AVR mit DBV und DHV geschlossenen Tarifverträgen ergeben, im Rahmen von § 99 BetrVG für „unbeachtlich“. Er meint, diese „einseitig eingeführte Vergütungsordnung“, sei „nicht wirksam zu Stande gekommen“. Diese Annahme schließt ein Antragsverständnis aus, nach dem diese Vergütungsordnungen neben der Vergütungsordnung nach dem MTV AVR-ver.di 2004 iVm. dem GTV AVR-ver.di 2004 im Betrieb zur Anwendung kommen sollen (ebenso zu einem wortgleichen Antrag bereits BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 13). In diesem Sinne hat auch das Landesarbeitsgericht das Begehren des Betriebsrats verstanden. Es hat ausführt, sein Antrag ziele darauf ab, festzustellen, dass ohne Beachtung des Mitbestimmungsrechts Eingruppierungen nach den von DHV und DBV abgeschlossenen Tarifverträgen nicht vorgenommen werden dürften. Diesem Antragsverständnis ist der Betriebsrat nicht entgegengetreten.

47

b) Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Bestehen einer solchen Verpflichtung kann Gegenstand eines Feststellungsantrags nach § 256 Abs. 1 ZPO sein(vgl. BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 15).

48

2. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Die sich aus dem MTV AVR-ver.di 2004 iVm. dem GTV AVR-ver.di 2004 ergebende Vergütungsordnung ist nicht die alleinige im Betrieb der Arbeitgeberin betriebsverfassungsrechtlich geltende. Bei Ein- und Umgruppierungen iSv. § 99 BetrVG ist - wie oben ausgeführt - zumindest auch die aus den mit dem DBV geschlossenen Tarifverträgen folgende Vergütungsordnung anzuwenden(ausführlich BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 16 ff.).

        

    Kiel    

        

    Zimmermann    

        

    Waskow    

        

        

        

    Willms    

        

    Auhuber    

                 

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 2013 - 12 Sa 359/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist ausgebildete Industriekauffrau und hat eine einjährige Qualifizierung zur Fachkraft im Rechnungs- und Steuerwesen und der Wohnungswirtschaft absolviert. Sie ist seit Januar 2004 bei der Beklagten, die ua. Immobilien verwaltet und vermietet, bzw. deren Rechtsvorgängerin als Hauswartin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 5./7. November 2003 heißt es ua.:

        

§ 3 

        

Arbeitsbedingungen

        

Sofern für den Arbeitgeber kraft eigenen Abschlusses oder kraft Mitgliedschaft in einem tarifschließenden Arbeitgeberverband Tarifverträge zur Anwendung kommen, finden diese unabhängig von einer Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmerin in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.“

3

Für die Beklagte gilt der zwischen einer „Tarifgemeinschaft“ verschiedener namentlich aufgeführter LEG-Gesellschaften (darunter auch die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie diese selbst) und weiteren nordrhein-westfälischen Immobiliengesellschaften einerseits und der Gewerkschaft ver.di andererseits mit Wirkung ab dem 1. Juli 2006 geschlossene Manteltarifvertrag (MTV), der in einer Anlage eine Vergütungsordnung nach Tätigkeitsmerkmalen enthält. Seit dem 1. Oktober 2007 erhielt die Klägerin eine Vergütung nach der VergGr. 3a MTV. Im Jahr 2010 wurde die Rechtsvorgängerin auf die jetzige Beklagte verschmolzen.

4

Die Klägerin übt folgende Tätigkeiten aus: Sie betreut Mietbestände der Beklagten in R, wo sich ihr Büro befindet, und in H. Zu ihren Aufgabenbereichen gehört die Vermietung, die Kündigung von Mietverträgen, Maßnahmen zur Vorbereitung von Leerwohnungen und die Betreuung der Mieter im Rahmen bestehender Mietverhältnisse. Die Klägerin führt unter anderem eineinhalbstündige Sprechstunden an drei Wochentagen sowie - gemeinsam mit einer Kundenbetreuerin, die über weiter reichende Entscheidungsbefugnisse verfügt - eine ganztägige Sprechstunde am Mittwoch durch. Bei der Vermietung obliegt das Letztentscheidungsrecht zum Abschluss von Mietverträgen der Kundenbetreuerin. Aufgabe der Klägerin ist ua. die Durchführung von Besichtigungsterminen mit Mietinteressenten und die Sammlung deren erforderlicher Daten. Das Formular Wohnungsangebot zur Vorlage bei der Agentur für Arbeit füllt die Klägerin aus und unterzeichnet es für die Beklagte. Nach Abschluss des Mietvertrags führt sie die Wohnungsübergabe durch und erstellt dabei ein Protokoll auf der Grundlage des entsprechenden Formulars. Dieses versendet sie anschließend an das Kundencenter in E. Im Rahmen der Beendigung des Mietverhältnisses ist es jedenfalls originäre Aufgabe der Klägerin, eine Vorabnahme durchzuführen. Sie prüft den Zustand und vereinbart mit dem Mieter, in welchem Zustand die Wohnung übergeben werden muss. Sie hält zudem in einem Formular fest, welche Renovierungsmaßnahmen ihrer Einschätzung nach durchzuführen sind. Die endgültige Entscheidung hierzu trifft die Beklagte durch ihr Kundendienstcenter. Schließlich führt die Klägerin die Wohnungsabnahme durch. Dabei prüft sie, ob die Wohnung sich in einem, der Vorabnahme entsprechenden übernahmefähigen Zustand befindet. Etwaige Beanstandungen hält sie in einem Übernahmeprotokoll fest. Über etwaige Mängel fertigt die Klägerin Fotos an. Sie wird ggf. von der Beklagten als Zeugin in einem späteren Gerichtsverfahren benannt. Im Rahmen der Betreuung laufender Mietverhältnisse nimmt die Klägerin Reparaturmeldungen auf und erteilt Aufträge bis zu einem Wert von 300,00 Euro an Fachfirmen. Sie überprüft ua. die Ursache von Schimmelbefall und füllt Wohngeldanträge aus. Weiterhin druckt sie Mietbescheinigungen aus, klärt die Konten bei Mietrückständen und bearbeitet Beschwerden.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie übe jedenfalls seit dem 1. Januar 2012 Tätigkeiten nach der VergGr. 4 MTV aus. Dabei sei ihre gesamte Tätigkeit einheitlich zu bewerten. Dies ergebe sich aus der Nennung des „Hauswarts“ als Tätigkeitsbeispiel im MTV. Das zeige, dass die Tarifvertragsparteien diese Tätigkeit jedenfalls einer einheitlichen Bewertung zuführen wollten, auch wenn das Tätigkeitsbeispiel in mehreren Vergütungsgruppen aufgeführt sei. Innerhalb dieser Tätigkeit erfüllten zumindest die Arbeiten der Begründung und der Beendigung des Mietverhältnisses die Anforderungen der von ihr begehrten Vergütungsgruppe.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Januar 2012 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 4 Manteltarifvertrag LEG NRW und ver.di zu zahlen.

7

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Klägerin die Anforderungen der VergGr. 4 MTV nicht erfülle. Es handele sich bei ihrer Tätigkeit um verschiedene und tariflich unterschiedlich zu bewertende Teiltätigkeiten. Keine der Aufgaben verlange überwiegend selbständige Tätigkeiten oder gründliche Fachkenntnisse. Diese seien bei der Klägerin auch nicht vorhanden. Mit einer Bewertung und Ausübung von Gewährleistungs- und Mängelrechten habe sie nichts zu tun. Im Übrigen habe die Klägerin mit der Einreichung der umfangreichen Tätigkeitsübersicht ihrer Darlegungslast auch nicht genügt.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision, an deren Zulassung durch das Landesarbeitsgericht der Senat gebunden ist (st. Rspr., zB BAG 16. April 1997 - 4 AZR 653/95 - zu I der Gründe), ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin rechtsfehlerfrei zurückgewiesen. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage auszulegende und als solche zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin erfüllt die Anforderungen der VergGr. 4 MTV nicht.

10

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind die Vergütungs- und Eingruppierungsregelungen des MTV anzuwenden, der ua. von der Beklagten geschlossen worden ist. Dies haben die Parteien in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart.

11

II. Zur Eingruppierung enthalten der MTV und die zu ihm vereinbarte Anlage folgende Regelungen:

        

§ 11 

        

Eingruppierung nach Tätigkeitsmerkmalen

        

1.    

Der/die Beschäftigte wird in diejenige Vergütungsgruppe eingruppiert, in der die ihm/ihr übertragene und von ihm/ihr auszuübende Tätigkeit aufgeführt ist.

                 

Eine Anlage ‚Eingruppierung nach Tätigkeitsmerkmalen‘ ist Bestandteil dieses Tarifvertrages.

        

2.    

Der/die Beschäftigte ist höher zu gruppieren, wenn ihm/ihr durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers auf Dauer eine Tätigkeit übertragen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Vergütungsgruppe entspricht und der/die Beschäftigte diese Tätigkeit zu mehr als 50 %, bezogen auf die Tätigkeitsmerkmale der höheren Vergütungsgruppe, ausübt.

        

3.    

Das Grundgehalt der im Vergütungstarifvertrag aufgeführten Zwischengruppen (sogenannte a-Gruppen) ergibt sich aus Anlage 1 zum Vergütungstarifvertrag. Beschäftigte, die sich durch Ihre Tätigkeit wesentlich - mindestens 20 % - aus ihrer Vergütungsgruppe herausheben, ohne überwiegend die Tätigkeitsmerkmale der nächsthöheren Gruppe zu erfüllen, sind in die entsprechende Zwischengruppe einzugruppieren.

                 
                 
        

Anlage (§ 11 Abs. 1) zum Manteltarifvertrag

        

Vergütungsgruppe 1

        
        

…       

        
        

Vergütungsgruppe 2

                 
        

Tätigkeitsmerkmale

        

angelernte Beschäftigte mit Tätigkeiten, die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, wie sie unter anderem durch eine Ausbildung oder durch eine entsprechende Einarbeitung erworben werden.

        

Tätigkeitsbeispiele

        

Hauswarte, Hausmeister, Hauswarthelfer, Gartenarbeiter, Fahrer, Beschäftigte in der Fernsprechstelle, Empfang, Poststelle, Schreibkräfte, Bürogehilfen/innen

        

Vergütungsgruppe 3

        

Tätigkeitsmerkmale

        

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die unter Anleitung selbständig erledigt werden und für deren ordnungsgemäße Erfüllung eine abgeschlossene Berufsbildung erforderlich ist; anstelle einer entsprechenden Berufsausbildung müssen gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten vorliegen, die in mehrjähriger praktischer Tätigkeit erworben worden sind.

        

Tätigkeitsbeispiele

        

Facharbeiter, Hauswarte, Hausmeister, Beschäftigte in der Fernsprechstelle, Empfang, Poststelle, Schreibkräfte mit bürosachbearbeitender Tätigkeit, Bürosachbearbeiter/innen, Büroassistenten/innen, Sekretärinnen, kfm./ techn. Sachbearbeiter/innen in Anfangsstellung.

        

Vergütungsgruppe 4

        

Tätigkeitsmerkmale

        

Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung in überwiegend selbständigen Tätigkeiten mit gründlichen Fachkenntnissen ihres Sachgebietes oder Beschäftigte, die mehrjährig überwiegend selbständig tätig waren und vergleichbare Leistungen erbringen.

        

Tätigkeitsbeispiele

        

Facharbeiter, Hauswarte, Sekretärinnen, Büroassistent/innen, kfm./techn. Sachbearbeiter/innen, Bauzeichner/innen mit mehrjähriger Erfahrung.

        

…“    

12

III. Die nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat nicht dargelegt, dass die ihr übertragene und von ihr auszuübende Tätigkeit von der VergGr. 4 MTV erfasst ist.

13

1. Gegenstand der tariflichen Bewertung ist die der Arbeitnehmerin übertragene und von ihr auszuübende Tätigkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 1 MTV). Dabei kann es sich um eine einheitliche Tätigkeit handeln, aber auch um Teiltätigkeiten, die verschiedenen tariflichen Bewertungen unterliegen können. Diese im MTV getroffene Regelung entspricht einem allgemeinen tarifrechtlichen Grundsatz. So ist nach § 11 Abs. 2 MTV eine Höhergruppierung dann vorzunehmen, wenn eine neue Tätigkeit übertragen wird, die höheren als den bisher angewandten Vergütungsgruppen entspricht und zu mehr als 50 Prozent „ausgeübt“ wird. § 11 Abs. 3 MTV regelt den Fall, dass mehrere verschiedene und tariflich unterschiedlich bewertete Teil-Tätigkeiten ausgeübt werden und die 50-Prozent-Grenze durch die höherwertige Tätigkeit zwar nicht überschritten ist, diese aber mindestens 20 Prozent der Gesamttätigkeit ausmacht. Dann erfolgt eine Zuordnung zu einer Zwischengruppe, die durch die Anfügung eines „a“ an die bisherige Vergütungsgruppe entspricht, die durch die Mehrheitstätigkeit des Arbeitnehmers geprägt ist. Die Zwischengruppen sind in der Vergütungstabelle mit eigenen Werten ausgewiesen. Auch die Klägerin erhält ein Entgelt nach der VergGr. 3a MTV.

14

2. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin mindestens drei verschiedene und unabhängig voneinander zu bewertende Teiltätigkeiten ausübt, nämlich Vermietung, Betreuung der Mieter im Rahmen bestehender Mietverhältnisse, Kündigung des Mietvertrags und - zugunsten der Klägerin als damit zusammenhängend unterstellt - Maßnahmen zur Vorbereitung von Leerwohnungen. Dabei hat es auf die jeweiligen voneinander zu trennenden und abgrenzbaren Arbeitsergebnisse und Arbeitszwecke der Teiltätigkeiten abgestellt.

15

a) Bei der Ermittlung des jeweiligen Arbeitsergebnisses und Arbeitszwecks hat sich das Landesarbeitsgericht weitgehend an der Rechtsprechung zur Bestimmung von Arbeitsvorgängen nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes orientiert. Diese haben zur Frage der Bestimmung der tariflich zu bewertenden Arbeitseinheit ausdrückliche Regelungen getroffen (vgl. zB § 22 Abs. 2 BAT nebst Protokollnotiz). Die dazu ergangene Rechtsprechung stellt für die Abgrenzung der im BAT vorgesehenen Arbeitseinheit „Arbeitsvorgang“ auf das jeweilige Arbeitsergebnis ab. Darüber hinausgehend hat das Bundesarbeitsgericht auch für andere Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, zB den BMT-G für den Bereich der Arbeiter der Gemeinden oder für den TV-Ärzte, in denen sich eine entsprechende Regelung nicht findet, dieses Vorgehen zur Bestimmung der zu bewertenden Arbeitseinheit mit der Maßgabe angewandt, dass die dabei anzuwendenden Maßstäbe weniger streng seien (BAG 11. Oktober 2006 - 4 AZR 534/05 - Rn. 22; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 17, BAGE 127, 305; 18. April 2012 - 4 AZR 305/10 - Rn. 21). Auch für Tarifverträge in der privaten Wirtschaft ist - soweit nicht gesonderte Regelungen bestehen - diese Methode anzuwenden (BAG 25. August 2010 - 4 ABR 104/08 - Rn. 15 mwN).

16

b) Das Landesarbeitsgericht hat die drei genannten Teil-Tätigkeiten rechtsfehlerfrei jeweils einem Arbeitsergebnis zugeordnet und die auf dessen Erzielung gerichteten Arbeitsschritte der Klägerin benannt. Hiernach kommt es bei der Teiltätigkeit Vermietung zur Begründung eines neuen Mietverhältnisses. Mit der Betreuung des Mieters im laufenden Mietverhältnis beginnt eine neue Teiltätigkeit, die auf ein anderes abgegrenztes Arbeitsergebnis ausgerichtet ist und weder mit der Begründung noch mit der Beendigung des Mietverhältnisses zusammenhängt. Es geht dabei um die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen, den möglichst störungsfreien Verlauf des Mietverhältnisses und um die Beseitigung von dabei auftretenden Problemen. Bei der Beendigung von Mietverhältnissen gehört es zur dritten Teiltätigkeit der Klägerin, die Arbeitsschritte vorzunehmen, die in den anderen Teiltätigkeiten nicht vorkommen. Durch die Teilnahme der Klägerin an einer möglichen Verpflichtungserklärung zwischen dem bisherigen und dem neuen Mieter und an der Vorbereitung von Leerwohnungen zur Vermietung kann dieser Teiltätigkeit auch die Mitarbeit an der Instandsetzung der Wohnung in einen vermietungsfähigen Zustand zugerechnet werden.

17

3. Die gegen die Annahme von drei gesondert zu bewertenden Teiltätigkeiten gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.

18

Entgegen der Revision folgt aus dem MTV nicht, dass die Tätigkeit der Klägerin als Hauswartin notwendig und zwingend als einheitliche Gesamttätigkeit anzusehen und auch als solche tariflich zu bewerten ist. Abgesehen davon, dass die Bestimmung der zu bewertenden Arbeitseinheit grundsätzlich ohne Berücksichtigung der Tätigkeitsmerkmale oder tariflichen Richtbeispiele erfolgt (st. Rspr., vgl. zB BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58), ist es für die Erfüllung eines Tätigkeitsbeispiels ohne Bedeutung, ob diejenige Arbeitseinheit, die der genannten Tätigkeit entspricht, die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers ausmacht oder nur einen Teil davon. Das Tätigkeitsbeispiel kann sich immer nur auf eine einheitlich zu bewertende Arbeitseinheit beziehen. Welchen zeitlichen Anteil diese an der Gesamttätigkeit hat, ist für ihre eigenständige tarifliche Bewertung ohne Bedeutung. Die Größe des Anteils ist erst für die Bewertung der Gesamttätigkeit der Arbeitnehmerin entscheidend. Die Aufnahme eines Tätigkeitsbeispiels in die zu einer Vergütungsgruppe formulierten Anforderungen belegt nur, dass die Tarifvertragsparteien die abstrakten Anforderungen als erfüllt ansehen, wenn und soweit der Arbeitnehmer die konkrete Tätigkeit auch ausübt. Wird die konkrete Tätigkeit als Tätigkeitsbeispiel lediglich zu einer Vergütungsgruppe benannt, ist der Rückschluss erlaubt, dass diese Tätigkeit - wenn und soweit sie ausgeübt wird - nach Auffassung der Tarifvertragsparteien die abstrakten Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals erfüllt. So bedeutet etwa die Aufnahme von „Bauzeichner/innen mit mehrjähriger Erfahrung“ als Tätigkeitsbeispiel für die VergGr. 4 MTV, das sich an keiner anderen Stelle des Tarifvertrags findet, dass eine Arbeitnehmerin in dem Umfang, den diese (Teil-)Tätigkeit an ihrer Gesamttätigkeit hat, notwendig auch die abstrakten Anforderungen erfüllt und deshalb nach der VergGr. 4 MTV zu vergüten ist, wenn diese Tätigkeit von ihr überwiegend ausgeübt wird. Wenn dieses Tätigkeitsbeispiel nur bei einer Vergütungsgruppe aufgeführt wird, verknüpfen die Tarifvertragsparteien diese Tätigkeit „exklusiv“ mit der VergGr. 4 MTV, weshalb sie immer dieser Vergütungsgruppe zuzuordnen ist. Hieraus ist - entgegen der Auffassung der Revision - jedoch bereits logisch kein Rückschluss darauf zulässig, wie hoch der Anteil dieser Tätigkeit an der Gesamttätigkeit der Arbeitnehmerin ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Tätigkeitsbeispiel in verschiedenen Vergütungsgruppen genannt wird. Insoweit ist also noch nicht einmal mehr der eindeutige Rückschluss von der Ausübung einer solchen Tätigkeit auf die tarifliche Wertigkeit möglich. Bei dem Beispiel „Hauswart“ folgt aus der konkreten Nennung als Tätigkeitsbeispiel in drei Vergütungsgruppen allein, dass er nach VergGr. 2 MTV zu vergüten ist, soweit er Hauswart mit Tätigkeiten der entsprechenden Anforderungen ist, wobei - wegen der Nennung in mehreren Vergütungsgruppen - die allgemeinen Anforderungen dieser Vergütungsgruppe heranzuziehen sind. Erfüllt die Hauswartstätigkeit die Anforderungen der VergGr. 3 MTV nach dem entsprechenden Maßstab, gilt diese für ihn usw. Der Tarifvertrag geht also von mindestens drei unterschiedlich wertigen „Arten“ einer Hauswartstätigkeit aus, so dass auch deshalb jedenfalls allein aus der Tätigkeit als Hauswart weder ein Rückschluss auf die Bestimmung der zu bewertenden Arbeitseinheit (als einheitliche oder als Teiltätigkeit) noch auf deren tarifliche Bewertung möglich ist.

19

Dies räumt letztlich auch die Revisionsbegründung ein, wenn sie ausführt, ein Tätigkeitsbeispiel bilde die Klammer für alle Tätigkeiten des Arbeitnehmers, die der Beispielstätigkeit entsprechen. Daraus folgt - entgegen der Revision - keineswegs im Umkehrschluss, dass eine Teiltätigkeit, die ein tarifliches Beispiel erfüllt, allein deshalb auch als Gesamttätigkeit anzusehen wäre. Sie bleibt trotzdem eine Teiltätigkeit.

20

4. Die danach vom Landesarbeitsgericht zutreffend bestimmten Arbeitseinheiten der Klägerin erfüllen die tariflichen Anforderungen der VergGr. 4 MTV nicht.

21

a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass jedenfalls die Arbeitseinheit/Teiltätigkeit „Betreuung der laufenden Mietverhältnisse“ die abstrakten Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. 4 MTV nicht erfüllt. Dabei seien keine überwiegend selbständigen Tätigkeiten auszuführen, die überdies gründliche Fachkenntnisse des Sachgebietes erforderten. Das Landesarbeitsgericht hat dies ausführlich unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründet. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Die Revision hat hierzu auch keinerlei Beanstandungen erhoben.

22

b) Da eine Eingruppierung nach der VergGr. 4 MTV danach nur dann in Betracht käme, wenn die beiden verbleibenden Teiltätigkeiten „Begründung des Mietverhältnisses“ und „Beendigung des Mietverhältnisses incl. Vorbereitung der Weitervermietung“ zum einen die abstrakten Merkmale der begehrten Vergütungsgruppe erfüllten und zum anderen dann noch zusammen mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit ausmachen müssten, hat das Landesarbeitsgericht die Klage zu Recht als unschlüssig angesehen. Die Klägerin hat keinerlei Zeitanteile zu ihren Tätigkeiten mitgeteilt, obwohl sie vom Landesarbeitsgericht mehrfach darauf hingewiesen wurde. Das Berufungsgericht hat es auch zu Recht abgelehnt, aus einem umfangreichen, 167 Seiten umfassenden Anlagenkonvolut (kleine Schriftgröße, einzeilig, Blocksatz) mit zT minutenweiser Aufzeichnung ihrer konkreten Tätigkeiten in einem ausgewählten dreieinhalbmonatigem Zeitraum selbst eine Zuordnung der dort aufgeführten einzelnen Arbeitsschritte zu den jeweils tariflich zu bewertenden Teiltätigkeiten vorzunehmen. Einen entsprechenden Hinweis des Gerichts hat die Klägerin lediglich mit dem Bemerken beantwortet, der Kern ihrer Argumentation sei ohnehin, dass es sich um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit handele.

23

Auch hiergegen erhebt die Revision keinerlei Einwände. Die tarifliche Bewertung der Teiltätigkeit „Betreuung des laufenden Mietverhältnisses“ wird von ihr nicht angesprochen. Auch werden erneut keine Zeitanteile zu einer Teiltätigkeit benannt. Die Revision stellt lediglich darauf ab, dass ihrer Auffassung nach die Teiltätigkeiten „Begründung des Mietverhältnisses“ und „Beendigung des Mietverhältnisses“ für sich genommen die Anforderungen der VergGr. 4 MTV erfüllten und insofern eine Präzisierung des zeitlichen Anteils überflüssig sei. Aus der Einordnung der Klägerin in die Zwischengruppe 3a MTV ergebe sich, dass selbst die Beklagte insoweit von einem Anteil von mehr als 20 Prozent ausgehe. Dies ist zwar im Grunde zutreffend, wäre für die Entscheidung jedoch nur dann von Bedeutung, wenn es sich tatsächlich um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit der Klägerin handelte, was jedoch - wie dargelegt - nicht der Fall ist.

24

IV. Die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig. Sie ist nicht in der gesetzlich vorgesehenen Form begründet worden.

25

1. Wird eine Verfahrensrüge erhoben, muss die Revisionsbegründung die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO). Bezieht sich die Rüge auf die verfahrensrechtswidrige Unterlassung eines gebotenen richterlichen Hinweises, muss die Revision den unterlassenen Hinweis bezeichnen und angeben, wie darauf reagiert worden wäre. Dazu muss der Revisionskläger im Einzelnen darlegen, welchen tatsächlichen Vortrag er auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 10 mwN). Der zunächst unterbliebene Vortrag muss vollständig nachgeholt und über die Rüge aus § 139 ZPO schlüssig gemacht werden(BAG 5. Juli 1979 - 3 AZR 197/78 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 32, 56; BGH 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87 - zu I 2 der Gründe).

26

2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

27

a) Die Revision rügt die fehlende Erteilung eines rechtlichen Hinweises durch das Landesarbeitsgericht. Es habe bei seiner Bewertung drei selbständige Teiltätigkeiten der Klägerin zugrunde gelegt, während das Arbeitsgericht noch von vier Teiltätigkeiten ausgegangen sei. Ein Hinweis hierauf nach § 139 ZPO sei nicht erfolgt. Die unterschiedliche Auffassung über die Bestimmung der Teiltätigkeiten bewirke „für den durch [die] Klägerin zu erbringenden Sachvortrag … einen erheblichen Unterschied“.

28

b) Damit sind die gesetzlichen Anforderungen an eine Verfahrensrüge nicht erfüllt.

29

aa) Zunächst ergibt sich aus der Begründung schon nicht, warum das Landesarbeitsgericht den von der Klägerin vermissten Hinweis hätte erteilen müssen. Dass das Berufungsgericht die hier streitige Bestimmung der tariflich zu bewertenden Arbeitseinheit anders vornimmt als das Arbeitsgericht, gehört zu den jederzeit möglichen und von einem sorgfältigen Prozessbevollmächtigten von sich aus zu erwägenden und beachtenden Möglichkeiten. Das Berufungsgericht ist ohne besonderen Anhaltspunkt nicht verpflichtet, die Parteien darauf hinzuweisen, dass es hinsichtlich entscheidungserheblicher Fragen eine andere Auffassung vertritt als das erstinstanzliche Gericht, so lange die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen von den Parteien nicht erkennbar übersehen oder erkennbar für unerheblich gehalten werden (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Diese Voraussetzungen hat die Begründung der Verfahrensrüge vorzutragen.

30

bb) Die Revision legt weiterhin nicht dar, aus welchen Gründen die Frage, ob - wie das Arbeitsgericht angenommen hat - vier verschiedene Teiltätigkeiten vorliegen, oder - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - drei verschiedene Teiltätigkeiten vorliegen, für die Entscheidung des Berufungsgerichts maßgebend wäre. Hierzu hätte besonders deshalb Anlass bestanden, weil auch das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, und weil das Landesarbeitsgericht seine hinsichtlich der Anzahl der Teiltätigkeiten abweichende Ansicht ausdrücklich „zu Gunsten der Klägerin“ unterstellt hat, mithin - und zu Recht - davon ausgegangen ist, dass eine Zusammenfassung von zwei vom Arbeitsgericht noch als getrennt angesehenen Teiltätigkeiten sich im konkreten Fall notwendig zu Gunsten - und keineswegs zum Nachteil - der Klägerin auswirkt.

31

cc) Sodann ist auch nicht erkennbar, wie sich die Klägerin auf einen solchen Hinweis verhalten hätte. Die hierzu vorgebrachten Darlegungen sind unzureichend. Die Klägerin führt lediglich aus, sie hätte auf einen entsprechenden rechtlichen Hinweis „die Aufzeichnungen der Tätigkeiten hinsichtlich der zeitlichen Anteile der Teiltätigkeiten der Beendigung des Mietvertrags und der Teiltätigkeiten der Begründung des Mietverhältnisses als eine Einheit vorgenommen“. Abgesehen davon, dass das entsprechende Anlagenkonvolut überhaupt keine Zuordnungen der dort dokumentierten Arbeitsschritte zu - sei es den vom Arbeitsgericht oder den vom Landesarbeitsgericht angenommenen - Teiltätigkeiten aufwies, reicht eine derartige Ankündigung eines anderen Vorbringens schon grundsätzlich nicht aus; es muss in der Revisionsinstanz mit der Rüge nachgeholt werden. Das ist nicht geschehen.

32

V. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Mayr    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2008 - 7 TaBV 6/08 - unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. März 2008 - 19 BV 19/07 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Arbeitnehmers A Hi ab dem 1. Januar 2008 in die Lohngruppe 3a gemäß Entgelttarifvertrag (ETV) DB Services Nord als erteilt gilt.

2. Die weitergehenden Anträge der Arbeitgeberin werden zurückgewiesen.

3. Die Anträge des Betriebsrats werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des bei der Arbeitgeberin (Antragstellerin) bestehenden Betriebsrats (Beteiligter zu 2) zur Umgruppierung von Arbeitnehmern in die Vergütungsordnung des Entgeltrahmentarifvertrages für die Arbeitnehmer verschiedener Gesellschaften des Geschäftsfelds Services im UB Dienstleistungen vom 16. Dezember 2003 (ERTV DB Services - nachfolgend ERTV).

2

Die Arbeitgeberin ist zum 1. Januar 2006 aus verschiedenen Regionalgesellschaften im Wege der Abspaltung entstanden und erbringt Sicherheits- und Bewachungsdienste. Zuvor waren die Regionalgesellschaften für die Sicherheit der Fahrgäste der Deutschen Bahn AG verantwortlich. Die Arbeitsverhältnisse der bisher bei den Regionalgesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer gingen nach § 613a Abs. 1 BGB auf die Arbeitgeberin über. In der Niederlassung Nord, die für die Bundesländer Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zuständig ist, setzt die Arbeitgeberin in Hamburg, Hannover und Bremen Arbeitnehmer in der Ländereinsatzleitung ein, die auch als Lokale Einsatzleitung bezeichnet wird. In den Stellenausschreibungen für die neu geschaffene Funktion heißt es ua.:

        

Ländereinsatzleitung (LEL)         

        

Die Entwicklung der allgemeinen Sicherheitslage und der daraus abzuleitenden Risiken und Gefahren für den DB Konzern erfordern eine effektive und nachhaltige Weiterentwicklung der internen Sicherheitsorganisation. Der Beschluss des Konzernvorstandes vom 24.10.2006 trägt dem Rechnung.

        

Daher ist es erforderlich, zur konzerneinheitlichen Wahrnehmung der unternehmerischen Sicherheitsvorsorge Arbeitsplätze unter anderem in 3-S-Zentralen von DB Station&Service AG einzurichten. Die hier eingesetzten Securitymitarbeiter sind der OE Security (D.ZV-x-S) ‚Lokale Einsatzleitung’ (LEL) zugeordnet.

        

Diese neu einzurichtenden Lokalen Einsatzleitungen nehmen Sicherheitsaufgaben (Security) wahr, indem sie Mitarbeiter bei der Erbringung der Sicherheitsdienstleistungen geschäftsfeldübergreifend im Auftrag der bereits vorhandenen „Regionalen Einsatzleitung“ (REL) steuern und so weit die technischen Voraussetzungen gegeben sind, Videobeobachtungen unter Security - Gesichtspunkten durchführen.

        

…       

        

Aufgaben:           

        

-       

Durchführen der securityrelevanten Videobeobachtung

        

-       

Mitwirken beim Erkennen und Auswerten von Sicherheitslagen sowie Initiieren von Maßnahmen im Rahmen der verfügbaren Möglichkeiten

        

-       

Durchführen der Strafantragstellung (im Auftrag des Geschädigten)

        

-       

Koordinieren und Einsatzsteuerung der der LEL zugeordneten Mitarbeiter für Sicherheitsdienstleistungen unter Berücksichtigung auftragsgebundener Personalzuordnungen auf der Basis monatlich abgestimmter Dienstpläne in Abstimmung mit der regionalen Einsatzleitung (REL)

        

-       

Sicherstellen der Personalübersicht je Einsatzabschnitt

        

-       

Überwachen der An- und Abmeldung der lokal zugeordneten Mitarbeiter und entsprechende Nachweisführung

        

-       

Durchführen von Dienstplanänderungen bei kurzfristigem Bedarf und entsprechende Information an die zuständigen Stellen (REL, Bereichsleitung)

        

-       

Durchführen der Aktualisierung der lokalen Kommunikationsübersichten bezüglich der Mitarbeiter, Polizeidienststellen der Bundes- und Landespolizei, internen und externen Kunden

        

-       

Durchführen sofortiger Maßnahmen im Fall des Ausbleibens einer Meldung

        

-       

Informieren der zuständigen Stelle bei ‚Gefährlichen Ereignissen im Eisenbahnverkehr’

        

-       

Informieren der zuständigen disziplinarischen Vorgesetzten über Unregelmäßigkeiten der Dienstausführung

        

-       

Zusammenarbeiten mit den Einsatzstellen der Geschäftsfelder, der REL und den Dienstgruppenleitern der BPOL - Inspektionen und gegebenenfalls dem DB Lagezentrum

        

Besonderheiten:           

        

-       

Ansprechpartner der Regionalen Einsatzleitung (REL) bei allen lokalen Sicherheitslagen

        

-       

Führen des elektronischen Wachbuchs einschl. schriftlicher Nachweise der Dienstübergabe“

3

Der bei der Arbeitgeberin angewandte ERTV enthält in seinen Anlagen ua. das „Entgeltgruppenverzeichnis/Entgeltschlüssel für angestellte Arbeitnehmer“ (Anlage 1), das „Entgeltgruppenverzeichnis für gewerbliche Arbeitnehmer des Bereichs Gebäude- und Verkehrsdienste“ (Anlage 2) und das „Entgeltgruppenverzeichnis für gewerbliche Arbeitnehmer des Bereichs Sicherheitsdienste“ (Anlage 3). Der „Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer und Auszubildenden der DB Services Nord GmbH (ETV DB Services Nord)“ (nachfolgend ETV) beinhaltet in seinen Anlagen die maßgebenden Lohn- und Entgelttabellen.

4

Mit Schreiben vom 17. und 24. Juli 2007 beantragte die Arbeitgeberin bei dem zuständigen Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung von zehn Arbeitnehmern und deren Eingruppierung in die Lohngruppe 3a der Anlage 3 ERTV. Der Betriebsrat stimmte der Versetzung zu, verweigerte aber die Zustimmung zur Eingruppierung, weil er die Entgeltgruppe T 2 der Anlage 1 ERTV für zutreffend hielt. Aus den gleichen Gründen verweigerte er auch die Zustimmung zur Umgruppierung von zehn weiteren Arbeitnehmern, um die die Arbeitgeberin mit weiteren Schreiben vom 15. Oktober 2007 ersucht hatte.

5

Die Arbeitgeberin hat in dem von ihr eingeleiteten Verfahren zunächst die Feststellung begehrt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung als erteilt gilt und hilfsweise die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung der Arbeitnehmer. Der Betriebsrat habe seine Zustimmung nicht form- und fristgerecht verweigert. Auch sei die Lohngruppe 3a der Anlage 3 ERTV zutreffend. Die von den Lokalen Einsatzleitungen auszuübenden Tätigkeiten seien gewerbliche Tätigkeiten im Bereich der Sicherheits- und Ordnungsdienste, nicht aber technische iSd. Anlage 1 ERTV. Alleine der Einsatz eines Telefons und eines Beobachtungsbildschirmes genüge hierfür nicht. Die Steuerung der den Lokalen Einsatzleitungen zugeordneten Mitarbeiter an deren Einsatzstelle „vor Ort“ sowie die nur ausnahmsweise bei kurzfristigen Ausfällen von ihnen vorgenommenen Personaldispositionen führe nicht zu einer Tätigkeit als Angestellter. Das zeige schon die Vorgesetztenfunktion von Vorarbeitern, die auch gewerbliche Arbeitnehmer seien.

6

Die Arbeitgeberin hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Arbeitnehmer

        

Mi J, Si F, Be S, Jo O, N B, C Z, R L, J T und B M ab dem 1. August 2007

        

und der Arbeitnehmer St Da, M G, Jö K, M. Kl, Ma R, Sa D, Y E, Je H, A Hi und S Li ab dem 1. Januar 2008,

        

in die Lohngruppe 3a gemäß Entgelttarifvertrag (ETV) DB Services Nord als erteilt gilt,

        

hilfsweise

        

2.    

die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Arbeitnehmer

        

Mi J, Si F, Be S, Jo O, N B, C Z, R L, J T und B M ab dem 1. August 2007

        

und der Arbeitnehmer St Da, M G, Jö K, M. Kl, Ma R, Sa D, Y E, Je H, A H und S Li ab dem 1. Januar 2008

        

in die Lohngruppe 3a gemäß Entgelttarifvertrag (ETV) DB Services Nord zu ersetzen.

7

Der Betriebsrat hat die Abweisung der Anträge und durch Wideranträge beantragt

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Arbeitnehmer Mi J, Si F, Be S, Jo O, N B, C Z, R L, J T und B M ab dem 1. August 2007

        

und die Arbeitnehmer St Da, M G, Jö K, M. Kl, Ma R, Sa D, Y E, Je H, A H und S Li ab dem 1. Januar 2008

        

in die Entgeltgruppe T 2 ERTV DB Services Nord, hilfsweise in eine andere Entgeltgruppe als in die Lohngruppe 3a ERTV, umzugruppieren und zu dieser Umgruppierung die Zustimmung des Betriebsrats zu beantragen und im Fall ihrer Verweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben.

8

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Wideranträge beantragt.

9

Der Betriebsrat ist der Auffassung, die Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung übten eine Steuerungs- und Leitungstätigkeit aus. Es handele sich überwiegend um geistige und nicht um körperliche Tätigkeit. Da der ERTV im Angestelltenbereich nur zwischen kaufmännischen und technischen Tätigkeiten unterscheide und eine kaufmännische ausscheide, könne nur eine technische Tätigkeit in Betracht kommen. Für eine „einfache technische Tätigkeit“ iSd. Entgeltgruppe T 2 der Anlage 3 ERTV genüge außerdem ein Bezug zu technischen Tätigkeiten. Dieser sei gegeben, weil die Einsatzleiter technische Hilfsmittel wie EDV, Video, Funkgeräte und Mobiltelefone einsetzten. Für eine Eingruppierung in die Lohngruppe 3a der Anlage 3 ETRV fehle es an der von der Tarifvorschrift vorausgesetzten „Kundenbetreuung“. Die Mitarbeiter der LEL seien nicht mit einem Vorarbeiter vergleichbar, weil sie überwiegend von ihren Büroarbeitsplätzen aus arbeiteten, jedoch nicht körperlich vor Ort tätig seien. Sein eigener Antrag sei zulässig. Dem Arbeitgeber könne aufgegeben werden, die Ein- oder Umgruppierung erneut vorzunehmen und dabei den Betriebsrat ordnungsgemäß zu beteiligen.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag hinsichtlich eines Arbeitnehmers stattgegeben und ihn im Übrigen zurückgewiesen sowie dem Zustimmungsersetzungsantrag in Bezug auf die übrigen Arbeitnehmer entsprochen. Die Anträge des Betriebsrats hat es zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen die Stattgabe des Hilfsantrages der Arbeitgeberin und die Zurückweisung seiner Anträge zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat die Abweisung des Zustimmungsersetzungsantrages und seine Wideranträge weiter. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

11

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen die vom Arbeitsgericht ersetzte Zustimmung zu Unrecht zurückgewiesen. Demgegenüber erfolgte die Zurückweisung der Wideranträge des Betriebsrats zu Recht.

12

I. Der Antrag der Arbeitgeberin ist unbegründet. Der Betriebsrat hat die Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen eines Verstoßes gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag zu Recht verweigert. Die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Umgruppierung entspricht nicht den tariflichen Vorgaben. Die Arbeitnehmer üben keine Tätigkeit aus, die der Lohngruppe 3a der Anlage 3 ERTV zuzuordnen ist.

13

1. Die Eingruppierung der versetzten Arbeitnehmer richtet sich nach dem ERTV als der für den Betrieb der Arbeitgeberin maßgebenden Vergütungsordnung. Dabei handelt es sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten um die für den Betrieb der Arbeitgeberin einschlägige Vergütungsordnung, die auch auf die von der Umgruppierung betroffenen Arbeitnehmer anzuwenden ist.

14

2. Maßgebend für die Eingruppierung sind folgende Regelungen des ERTV:

        

„§ 2        

        

Entgeltgrundlagen           

        

(1)     

Der Arbeitnehmer erhält ein Entgelt, das nach Entgeltgruppen gemäß Anlage 1 für angestellte Arbeitnehmer sowie nach den Anlagen 2 bis 3 für gewerbliche Arbeitnehmer bemessen wird.

        

…       

        

§ 3      

        

Grundsätze für die Eingruppierung           

        

(1)     

Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine Entgeltgruppe richtet sich nach der von ihm ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach seiner Berufsbezeichnung.

        

(2)     

Werden dem Arbeitnehmer Tätigkeiten übertragen, die verschiedenen Entgeltgruppen zuzuordnen sind, so gilt für ihn die Entgeltgruppe, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht.

                 

a)    

Besteht die übertragene Tätigkeit aus zwei Tätigkeiten gleichen Umfangs, richtet sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers nach der Entgeltgruppe, die der höherwertigen Tätigkeit entspricht.

                 

b)    

Besteht die übertragene Tätigkeit aus mehr als zwei Tätigkeiten, werden zur Bestimmung der Entgeltgruppe nur die beiden Tätigkeiten berücksichtigt, die zusammen den größten Teil der Beschäftigung ausmachen.

        

…       

        

Anlage 1

        

zum ERTV DB Services

        

Entgeltgruppenverzeichnis/Entgeltschlüssel für angestellte Arbeitnehmer           

        

1.    

Entgeltgruppen:

        

Es werden zwei gestufte Entgeltgruppen gebildet; Gruppen K 1 bis K 5 für kaufmännische Tätigkeiten, Gruppen T 1 bis T 5 für technische Tätigkeiten. Die Zuordnung der angestellten Arbeitnehmer zu einer der Entgeltgruppen K oder T hängt von der überwiegenden Tätigkeit ab. Die Zuordnung zur jeweiligen Stufe 1 bis 5 richtet sich nach der Berufsausbildung und der praktischen Berufserfahrung.

        

…       

        

Anlage 3

        

zum ERTV DB Services

        

Entgeltgruppenverzeichnis für gewerbliche Arbeitnehmer des Bereichs Sicherheitsdienste           

        

Der gewerbliche Arbeitnehmer wird je nach ausgeübter Tätigkeit entsprechend der Tätigkeitsmerkmale in eine der nachfolgend aufgeführten Lohngruppen eingruppiert.

        

…       

        

Lohngruppe 3           

        

‚Sicherheits- und Ordnungsdienste in Bahnhöfen und Zügen (SOD)’           

                 

- SOD im Rahmen des 3-S-Systems

                 

- SOD in Zügen des Nacht- und Fernverkehrs (SDF)

                 

- SOD in Zügen des Nahverkehrs (SDN)

                 

- SOD in S-Bahnen (SDS)

        

(1)     

Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen mit Aufgaben der Kundenbetreuung (wie Informations- und Auskunftserteilung, Begleitung, Service u.a.) und nachstehenden Qualifikationsanforderungen:

                 

abgeschlossene Berufsausbildung als Kauffrau/Kaufmann im Verkehrsservice, Schwerpunkt Sicherheit und Service

                 

oder   

                 

Fachprüfung als Sicherheitsfachkraft im Verkehrswesen (VDEF)

                 

oder   

                 

IHK-Prüfung als Werkschutzfachkraft mit fachlicher Zusatzschulung in den verkehrsmittelbezogenen Besonderheiten (Grundlagen im Betriebsdienst, Tarifkunde, Kenntnisse UVV, Fahrplankunde)

                 

und      

                 

Erreichen der Tauglichkeits- und Eignungsvoraussetzungen.

                 

Als gleichwertiger Bildungsstand wird eine entsprechende abgeschlossene Ausbildung bei der Polizei im Vollzugsdienst mit fachlicher Zusatzschulung in verkehrsmittelbezogenen Besonderheiten (Grundlagen im Betriebsdienst, Tarifkunde, Kenntnisse UVV, Fahrplankunde) anerkannt.

                 

…“    

15

3. Danach ist für die Eingruppierung nach dem ERTV die vom Arbeitnehmer ausgeführte und nicht nur vorübergehend übertragene Tätigkeit maßgebend (§ 3 Abs. 1 ERTV). Nach § 3 Abs. 2 ERTV gehen die Tarifvertragsparteien bei der Eingruppierung in eine Entgeltgruppe davon aus, dass die auszuübende Tätigkeit eines Arbeitnehmers sich aus verschiedenen Teiltätigkeiten unterschiedlicher Entgeltgruppen zusammensetzen kann. Es handelt sich dabei um einen allgemein anerkannten Grundsatz der Eingruppierung (BAG 5. Juni 1985 - 4 AZR 527/83 - AP TV Arb Bundespost § 10 Nr. 2). Für diese kommt es daher zunächst darauf an, festzustellen, ob der Arbeitnehmer eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit, eine Teiltätigkeit, die die überwiegende darstellt, oder mehrere selbständige Teiltätigkeiten zu erbringen hat, die tatsächlich trennbar und jeweils rechtlich selbständig bewertbar sind. Bei der Zusammenfassung von Einzeltätigkeiten zu einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit oder mehreren jeweils eine Einheit bildenden Teiltätigkeiten gelten vergleichbare Regeln und Kriterien wie bei der Bestimmung des Arbeitsvorgangs nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag, lediglich die anzuwendenden Maßstäbe sind weniger streng. Die für eine Abgrenzung oder Verbindung von Tätigkeitsbereichen maßgebenden Kriterien sind aber vergleichbar (st. Rspr., etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 23 mwN, BAGE 129, 238 ).

16

4. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt eine Eingruppierung der Tätigkeit der Arbeitnehmer, die Aufgaben einer Lokalen Einsatzleitung ausüben, in die Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV nicht in Betracht. Dabei muss der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob es sich überhaupt um eine Tätigkeit handelt, die der ERTV als eine von gewerblichen Arbeitnehmern einordnet. Die Arbeitnehmer üben im Rahmen der Lokalen Einsatzleitung jedenfalls keine „Aufgaben der Kundenbetreuung“ aus, sodass eine Zuordnung zur Lohngruppe 3 ERTV bereits deshalb ausscheidet.

17

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer seien gewerbliche iSd. Anlage 3 zum ERTV, die das Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe 3a erfüllten, nicht aber technische Tätigkeiten ausübten. Zu den Aufgaben mit Kundenbetreuung gehörten die Durchführung der Videobeobachtung, das Mitwirken beim Erkennen und Auswerten der Sicherheitslage und das Initiieren von Maßnahmen im Rahmen verfügbarer Möglichkeiten, während die weiteren in der Stellenbeschreibung genannten Tätigkeiten sich in erster Linie auf innerdienstliche Angelegenheiten bezögen. Auch wenn es sich teilweise um Angestelltentätigkeiten handele, seien jedenfalls die Voraussetzungen der Entgeltgruppe T 2 der Anlage 1 ERTV nicht gegeben. Unabhängig davon, „wie groß ihr Anteil an der geschuldeten Arbeitszeit … sein mag“, werde die Tätigkeit auch nicht von den kaufmännischen oder technischen Entgeltgruppen der Anlage 1 ERTV erfasst. Dies könne dem Umstand geschuldet sein, dass die Aufgaben der Lokalen Einsatzleitung erst nach Inkrafttreten des ERTV geschaffen worden seien. Die überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer entspreche nach der Verkehrsanschauung auch derjenigen gewerblicher Arbeitnehmer. Sie übten zwar nicht überwiegend Aufgaben der Kundenbetreuung aus, sondern die der Führung und Leitung der Streifenmitarbeiter. Es fehle aber angesichts der Vielzahl der den Arbeitnehmern übertragenen Aufgaben an Gründen für die Annahme, dass ihnen überwiegend Tätigkeiten übertragen seien, die der Entgeltgruppe für angestellte Arbeitnehmer zuzuordnen sind. Für eine „Quantifizierung des Anteils der Koordinierung und Einsatzsteuerung“ fehle es an geeigneten tatsächlichen Anhaltspunkten. Der Betriebsrat habe dazu auch im Beschwerdeverfahren keine Angaben gemacht.

18

b) Das ist rechtsfehlerhaft. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann dem Antrag der Arbeitgeberin nicht stattgegeben werde.

19

aa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf dessen Annahme, es handele sich bei den arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten der Mitarbeiter der Lokalen Einsatzleitung um Tätigkeiten gewerblicher Arbeitnehmer im Sinne der Anlage 3 zum ERTV.

20

(1) Die Auslegung des ERTV (zu den Maßstäben der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages s. nur BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40, BAGE 124, 240) ergibt, dass die Begriffe der „angestellten“ und der „gewerblichen Arbeitnehmer“ in den Anlagen 1 und 3 ERTV mit der allgemeinen Bedeutung dieser Rechtsbegriffe übereinstimmen (vgl. ausf. BAG 21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - zu B II 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 185 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 127). Dem ERTV wie dem ETV sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, wonach die Tarifvertragsparteien eine vom allgemeinen Verständnis der Begriffe abweichende Inhaltsbestimmung vornehmen wollten. Die von den Tarifvertragsparteien in den Anlagen 1 bis 3 ERTV verwendeten Begriffe des „angestellten“ und „gewerblichen Arbeitnehmers“ sind zudem gleichbedeutend mit dem Begriffspaar „Angestellte“ und „Arbeiter“. Angestellte sind Arbeitnehmer, die nicht Arbeiter (= gewerbliche Arbeitnehmer) sind, wobei die Begriffe Arbeiter und gewerblicher Arbeitnehmer regelmäßig synonym verwendet werden (vgl. BAG 21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, aaO).

21

(2) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur bisher üblichen Abgrenzung der Angestellten von den Arbeitern in der Privatwirtschaft ist auf die Vorgehensweise des Bundessozialgerichts zur rentenversicherungsrechtlichen Einordnung eines Arbeitnehmers als Arbeiter oder Angestellter zurückzugreifen, wenn andere Anhaltspunkte fehlen. Andere Anhaltspunkte können sich aus der tariflichen Regelung ergeben, in denen die Tarifvertragsparteien Tätigkeiten von angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern beschreiben. Fehlen solche Anhaltspunkte, ist eine mehrstufige Prüfung vorzunehmen (21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - zu B II 3 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 185 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 127; 4. September 1996 - 4 AZR 168/95 - zu II 2 c aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bergbau Nr. 4; 4. August 1993 - 4 AZR 515/92 - zu II 1 b aa der Gründe, BAGE 74, 47). Zunächst ist zu prüfen, ob der Beschäftigte zu einer der in § 133 Abs. 2 SGB VI aF genannten Gruppen gehört. Ist dies nicht der Fall, so ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob die Tätigkeit im sogenannten Berufsgruppenkatalog des damaligen Reichsarbeitsministers vom 8. März 1924 (RGBl. I S. 274) mit den Änderungen vom 4. Februar 1927 (RGBl. I S. 58) und vom 15. Juli 1927 (RGBl. I S. 222) aufgeführt ist. Auf der dritten Stufe ist zu prüfen, ob die Beschäftigung derjenigen einer Berufsgruppe entspricht, deren Angehörige nach der Verkehrsanschauung allgemein als Angestellte betrachtet werden. Schließlich ist im vierten Prüfungsabschnitt erforderlichenfalls der Frage nachzugehen, ob die Beschäftigung vorwiegend geistig oder vorwiegend körperlich geprägt ist. Auch wenn diese Unterscheidung zunehmend schwieriger und auch kritischer geworden ist, ist sie dennoch möglich (BAG 21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - aaO).

22

Verrichtet der Arbeitnehmer teils die Tätigkeit eines gewerblichen Arbeitnehmers, teils die eines Angestellten, so ist für die Bestimmung dieser gemischten Tätigkeit entscheidend, welche der Tätigkeiten dem Arbeitsverhältnis in seiner Gesamtheit das Gepräge gibt. Dabei kommt es nicht auf den Zeitaufwand der Einzelarbeiten, sondern auf eine umfassende Betrachtung an (BAG 21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - zu II 3 d bb der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 185 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 127). Die Zeitdauer, die der Arbeitnehmer bei einer gemischten Tätigkeit für die eine oder andere Tätigkeitsart aufwendet, steht nicht als eigener Gesichtspunkt neben der Bedeutung der einen oder anderen Tätigkeitsart. Sie kann nur als eines von verschiedenen Merkmalen dafür herangezogen werden, welche der beiden Tätigkeitsarten die Hauptbedeutung hat und somit der gesamten Tätigkeit das Gepräge gibt(BAG 30. September 1954 - 2 AZR 65/53 - zu 8 der Gründe, BAGE 1, 92).

23

(3) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist hiernach rechtsfehlerhaft, soweit es die Anwendbarkeit der Anlage 3 ERTV angenommen hat, weil es sich um eine Tätigkeit als „gewerblicher Arbeitnehmer“ handele. Es hat nicht geprüft, welche Tätigkeiten die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die Aufgaben der Lokalen Einsatzleitung ausüben, prägen. Es hat vielmehr anknüpfend an die Regelung in § 3 Abs. 2 ERTV darauf abgestellt, welche „überwiegende Tätigkeit“ dieser Arbeitnehmer nach der Verkehrsanschauung derjenigen von gewerblichen Arbeitnehmern entspricht. Dabei hat es erkennbar nicht berücksichtigt, dass der Zeitanteil einer Tätigkeit nur als eines von mehreren Merkmalen zur Beurteilung herangezogen werden kann. Daneben fehlt es hinsichtlich der einzelnen Zeitanteile an den erforderlichen Feststellungen, in welchem zeitlichen Umfang die in der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben im Arbeitsverhältnis anfallen. Nur auf einer entsprechend konkreten Grundlage hätte beurteilt werden können, ob die Mitarbeiter der Lokalen Einsatzleitung als gewerbliche Arbeitnehmer einzustufen sind.

24

Darüber hinaus ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts auch in sich widersprüchlich. Es geht bei der Prüfung, ob es sich um Aufgaben eines Angestellten handelt, zunächst davon aus, die Tätigkeit bestehe „nicht überwiegend in der Kundenbetreuung, sondern in der Führung und Leitung der Streifenmitarbeiter“. Dazu steht im Widerspruch, wenn es sodann weiter ausführt, es fehle an Gründen für die Annahme, die „Koordinierung und Einsatzsteuerung“ der der Lokalen Einsatzleitung zugeordneten Mitarbeiter sei die überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer, um deren zutreffende Eingruppierung die Beteiligten streiten, und an anderer Stelle, dass es sich bei der Personaldisposition „keinesfalls um ein überwiegendes Tätigkeitselement“ der Lokalen Einsatzleitung handele, ohne jedoch einen zeitlichen Umfang näher zu bestimmen. Das Landesarbeitsgericht konnte zudem in diesem Zusammenhang nicht darauf abstellen, der Betriebsrat habe hierzu nicht ausreichend vorgetragen, weshalb es an tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Quantifizierung dieser Tätigkeit fehle. Es hätte die maßgebenden Umstände nach der Maßgabe des § 83 ArbGG selbst ermitteln müssen.

25

bb) Das Landesarbeitsgericht ist darüber hinaus auch rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Arbeitnehmer übten „Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen mit Aufgaben der Kundenbetreuung“ iSd. Lohngruppe 3 Anlage 3 des ERTV aus. Das ist auch unter Zugrundelegung eines eingeschränkten Prüfungsmaßstabes in der Rechtsbeschwerdeinstanz bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs (dazu etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN , BAGE 129, 238 ) nicht ohne Rechtsfehler. Es fehlt bereits an den erforderlichen Feststellungen, ob es sich bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer um eine einheitliche Gesamttätigkeit handelt oder ob sie sich aus mehreren Teiltätigkeiten zusammensetzt, welche davon gemäß § 3 Abs. 2 ERTV maßgebend sind und wie sich diese ggf. zusammensetzen, um bestimmen zu können, ob die Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals vorliegen. Dies wäre aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil das Landesarbeitsgericht selbst angenommen hat, die Tätigkeit bestehe „nicht überwiegend in der Kundenbetreuung“ und die in der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben „beziehen sich nicht in erster Linie auf die Aufgaben gegenüber dem Kunden“, sondern „auf innerdienstliche Angelegenheiten“.

26

c) Der Senat kann nach § 563 Abs. 3 ZPO iVm. § 92 Abs. 2, § 72 Abs. 5 ArbGG selbst entscheiden. Die Zustimmung des Betriebsrats ist nicht gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen. Dabei kann es dahinstehen, ob eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit vorliegt oder wie etwaige Einzeltätigkeiten zusammengefasst werden können. Denn bei jeder denkbaren Zusammenfassung trifft die von der Arbeitgeberin geltend gemachte Lohngruppe nicht zu, weil die Arbeitnehmer keine Aufgaben mit Kundenbetreuung im tariflich relevanten Umfang ausüben. Weder im Falle einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit noch hinsichtlich einer überwiegenden Teiltätigkeit werden von den Arbeitnehmern der Lokalen Einsatzleitung „Aufgaben der Kundenbetreuung“ in einem rechtlich relevanten Umfang wahrgenommen.

27

aa) Nach dem tariflichen Tätigkeitsmerkmal erfordert eine Eingruppierung in die Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV neben den dort genannten subjektiven Voraussetzungen in der Person des Arbeitnehmers die Ausübung von „Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen mit Aufgaben der Kundenbetreuung“. Damit wird nach dem eindeutigen Tarifwortlaut nicht jede Tätigkeit, die Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen zum Gegenstand hat, von dem tariflichen Tätigkeitsmerkmal erfasst, sondern nur solche Tätigkeiten, die auch mit den Aufgaben einer Kundenbetreuung verbunden sind. Das ergibt sich auch aus der Tarifsystematik. Die Arbeitgeberin geht in ihrem eigenen Vorbringen in der Sache zutreffend davon aus, dass sich eine Tätigkeit nach der Lohngruppe 3 der Anlage 3 des ERTV im Unterschied zu denjenigen der Lohngruppen 1 und 2 „sehr wesentlich“ aufgrund des zusätzlichen Merkmals der „geforderten Aufgaben der Kundenbetreuung“ bestimmt. Hierdurch wird die Tätigkeit nach der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV von den Tätigkeiten in den beiden niedrigeren Lohngruppen maßgebend abgegrenzt.

28

bb) Ein Kontakt zu Kunden, wie vom Tätigkeitsmerkmal gefordert wird, ist bereits nach der allgemeinen Tätigkeitsbeschreibung in der Stellenausschreibung nicht Inhalt der Tätigkeit. Danach nehmen die Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitungen Sicherheitsaufgaben wahr, „indem sie Mitarbeiter bei der Erbringung der Sicherheitsdienstleistungen geschäftsfeldübergreifend im Auftrag der bereits vorhandenen ‚Regionalen Einsatzleitung’ (REL) steuern und so weit die technischen Voraussetzungen gegeben sind, Videobeobachtungen unter Security - Gesichtspunkten durchführen“. Aufgaben der Kundenbetreuung sind hiermit nicht verbunden.

29

Nach dem Vorbringen der Beteiligten ist auch nicht ersichtlich, dass den betreffenden Arbeitnehmern Aufgaben der Kundenbetreuung, wie sie etwa in den Beispielen zum Tätigkeitsmerkmal genannt werden - „Informations- und Auskunftserteilung, Begleitung, Service“ - zur Ausübung übertragen worden sind. Allein der Umstand, dass es sich bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung um eine typische Aufgabe der Sicherheitsdienstleistung handelt, die - wie es das Landesarbeitsgericht meint - daher im Ergebnis auch „kundenbezogen“ sei, weil die Tätigkeit auch der Sicherheit der Bahnhofskunden diene, reicht nach dem Tarifwortlaut nicht aus. Erforderlich ist, wie auch die erläuternden Beispiele des Tätigkeitsmerkmals zeigen, der unmittelbare Kontakt mit dem jeweiligen Besucher oder Nutzer des Bahnhofs. Nur dann kann nach dem Tatbestandsmerkmal von Aufgaben der Kundenbetreuung iSd. Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV ausgegangen werden.

30

Ein unmittelbarer Kontakt zu den Kunden des Betreibers desjenigen Objekts, in dem die Arbeitgeberin Aufgaben des Sicherheits- und Ordnungsdienstes übernommen hat - hier also den Kunden des jeweiligen Bahnhofsbetreibers -, ist nach den vorliegenden Tätigkeitsbeschreibungen wenn überhaupt nur im Zusammenhang mit der in der Stellenbeschreibung genannten Aufgabe „Durchführen der Strafantragstellung (im Auftrag des Geschädigten)“ vorstellbar. Nach dem Vortrag der Beteiligten in den Tatsacheninstanzen ist jedoch selbst in diesem Zusammenhang eine „Kundenbetreuung“ fraglich. Soweit die Arbeitgeberin in der Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend macht, allein dem Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung obliege die Strafantragstellung und decke daher „als besonders elementare Serviceleistung auch gegenüber dem Laufkunden“ das Merkmal der Kundenbetreuung ab, bleibt bereits offen, ob das „Durchführen der Strafantragstellung“ mit einen Kundenkontakt verbunden ist, ob also Kunden die Lokale Einsatzleitung aufsuchen oder ob die dort tätigen Arbeitnehmer in anderer Weise mit Kunden in Kontakt treten. Ebenso ist es möglich, dass der Kontakt nur mit dem vor Ort tätigen Streifenmitarbeiter zustande kommt, die nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für die Sicherheit und die Kundenbetreuung auf den Bahnhöfen zuständig sind, und deshalb die unmittelbare Betreuung der Kunden bei diesem verbleibt. Sollte die Arbeitgeberin mit ihrem Vortrag weitergehend geltend machen wollen, bei der Durchführung der Strafantragstellung käme es zu einer Kundenbetreuung im Sinne eines unmittelbaren Kontakts, würde es sich um einen in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässigen neuen Tatsachenvortrag handeln, § 559 Abs. 1 ZPO. Der Betriebsrat hat zudem in den Tatsacheninstanzen in Abrede gestellt, dass die Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung Kontakt zu den Kunden haben.

31

Selbst wenn man aber in diesem Zusammenhang von einer Kundenbetreuung durch einen Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung ausgehen wollte, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass es sich um die überwiegende Tätigkeit des Arbeitnehmers iSd. § 3 Abs. 2 ERTV handelt. Es ist weder ersichtlich, dass es sich bei dieser Tätigkeit um die überwiegende Teiltätigkeit im Tarifsinne handelt, noch ist erkennbar, dass solche Einzelvorgänge im Rahmen einer Gesamttätigkeit oder einer überwiegenden Teiltätigkeit einen rechtserheblichen Zeitanteil beanspruchen (dazu BAG 22. März 1995 - 4 AZN 1105/94 - zu II der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 193), der dazu führen könnte, das Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV als erfüllt anzusehen. Selbst in der Rechtsbeschwerdeinstanz hat die Arbeitgeberin nicht vorgetragen, in welchem Umfang diese Aufgaben anfallen.

32

cc) Aufgaben der Kundenbetreuung ergeben sich auch nicht deshalb - wie die Arbeitgeberin in der mündlichen Anhörung vor dem Senat geltend gemacht hat -, weil Kunde iSd. Tätigkeitsmerkmals jeder Auftraggeber der Arbeitgeberin ist, für den die Sicherheits- und Ordnungsdienste ausgeübt werden. Diese Auffassung der Arbeitgeberin ist offensichtlich unzutreffend. Sie übersieht die eigenständige Erwähnung des Merkmals „Aufgaben der Kundenbetreuung“, welches auch gerade der Abgrenzung zu den Tätigkeiten der beiden anderen Lohngruppen dient, wie sie selbst vorgetragen hat (oben unter aa). Das Merkmal wäre kein Abgrenzungsmerkmal, sondern schlicht überflüssig, wenn ein derart weiter Kundenbegriff wie von ihr zuletzt vertreten zugrunde zu legen sein würde. Die von der Arbeitgeberin verrichteten Sicherheits- und Bewachungsdienste werden stets gegenüber einem Auftraggeber als „Kunden“ - hier der Deutschen Bahn AG und ihren Gesellschaften - ausgeübt. Anhaltspunkte für ein solches Tarifverständnis und damit für die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten ein überflüssiges Tatbestandsmerkmal in das Tätigkeitsmerkmal aufgenommen, können dem Tarifvertrag auch nicht entnommen werden. Im Gegenteil belegen die von den Tarifvertragsparteien gewählten Tätigkeitsbeispiele zur Lohngruppe 3 - „Informations- und Auskunftserteilung, Begleitung, Service“ - dass sie mit den „Kunden“ im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals die Nutzer der Bahnhöfe und/oder Züge und nicht diejenigen meinen, die den Auftrag zur Durchführung der Sicherheits- und Ordnungsdienste gegeben haben.

33

dd) Allein der Umstand, dass die Tätigkeit der Lokalen Einsatzleitung „durch ihre Bündelungsfunktion (‚innerdienstliche Tätigkeit’) eine der Sicherheitsleistung mit Aufgaben der Kundenbetreuung gleiche Wertigkeit“ besitzen mag, wie es die Rechtsbeschwerdeerwiderung anführt, führt nicht zu dem von ihr vorgetragenen Befund, dass bei diesen Arbeitnehmern die Abgrenzung anhand des Merkmals der „Kundenbetreuung“ überflüssig und auf dieses bei der Eingruppierung verzichtet werden kann. Hierzu gibt der Tarifwortlaut keine Anhaltspunkte.

34

ee) Ein anderes folgt nicht aus den vier einleitenden Spiegelstrichen der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV und vorliegend aus dem Tarifwortlaut „SOD im Rahmen des 3-S-Systems“. Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin handelt es sich hierbei nicht um tarifliche „Regelbeispiele“, die eine Prüfung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale erübrigen könnten.

35

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind zwar die allgemeinen Merkmale einer Vergütungsgruppe grundsätzlich erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeitsbeispiel zu dieser Vergütungsgruppe genannt ist. Das beruht darauf, dass die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten häufig vorkommende, typische Aufgaben einer bestimmten Vergütungsgruppe fest zuordnen können. Dieses Verständnis der Bedeutung von Richt-, Regel- oder Tätigkeitsbeispielen entspricht auch den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen die Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen typischerweise gerecht werden wollen (st. Rspr., zB 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 27 mwN , BAGE 129, 238).

36

Um Beispieltätigkeiten iSd. Rechtsprechung handelt es sich bei den der Lohngruppe 3 der Anlage 3 des ERTV vorangestellten vier Spiegelstrichen aber nicht. Es sind lediglich einleitende Überschriften, die einzelne Bereiche der Sicherheits- und Ordnungsdienste aufzählen, ohne aber Angaben zur auszuübenden Tätigkeit zu enthalten. Die genaue Tätigkeitsbeschreibung - Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen mit Aufgaben der Kundenbetreuung - folgt erst in Absatz 1 der Lohngruppe 3. Die Rechtsauffassung der Arbeitgeberin würde dazu führen, dass die einzelnen Tätigkeitsmerkmale in der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV überflüssig wären und jeglicher Sicherheits- und Ordnungsdienst in den dort genannten vier Bereichen dieser Lohngruppe zugeordnet wäre. In der Folge wären auch die in den Tätigkeitsmerkmalen ausführlich beschriebenen subjektiven Voraussetzungen ohne Bedeutung, da diese nicht mehr Inhalt der von der Arbeitgeberin angeführten „Regelbeispiele“ sind. Für einen solchen außergewöhnlichen Regelungswillen fehlt es ersichtlich an Anhaltspunkten.

37

5. Ob die Tätigkeit der Lokalen Einsatzleitung überhaupt von den Tätigkeitsmerkmalen der Anlagen 1 bis 3 ERTV erfasst wird, muss der Senat nicht abschließend entscheiden. Selbst wenn das Entgeltgruppenverzeichnis des ERTV lückenhaft sein sollte, könnte es nicht durch eine analoge Anwendung der Lohngruppe 3a der Anlage 3 ERTV geschlossen werden.

38

a) Erfüllt die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Geltungsbereich eines Tarifvertrages keines der in der tariflichen Vergütungsordnung geregelten Tätigkeitsmerkmale, handelt es sich um eine Tariflücke (BAG 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 23, AP TVG § 1 Nr. 57 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 46). Eine solche kann nur geschlossen werden, wenn es sich nicht um eine bewusste Auslassung der Tarifvertragsparteien handelt. Denn die Gerichte sind nicht befugt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“ oder eine schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei dadurch zu prämieren, dass ihr Vertragshilfe geleistet wird. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 20, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 215; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 24, aaO). Aber auch nicht jede unbewusste Tariflücke darf durch die Gerichte geschlossen werden. Dafür müssen sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Tarifvertragsparteien eine vollständige Regelung für alle im Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgeübten Tätigkeiten schaffen wollten und weiterhin eindeutige Hinweise darauf, wie die Tarifvertragsparteien die nicht berücksichtigte Tätigkeit bewertet hätten (BAG 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 25 mwN, aaO). Wenn hingegen mehrere Lösungsmöglichkeiten bestehen, muss die Wahl den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben (s. nur BAG 5. Oktober 1999 - 3 AZR 230/98 - zu I 5 der Gründe, BAGE 92, 310).

39

b) Selbst wenn man zugunsten der Arbeitgeberin in Anbetracht der neu geschaffenen Aufgaben der Lokalen Einsatzleitung eine unbewusste Regelungslücke annimmt und weiter davon ausgeht, die Tarifvertragsparteien hätten durch das Entgeltgruppenverzeichnis eine vollständige Regelung schaffen wollen, fehlt es an den erforderlichen eindeutigen Hinweisen, dass die Tätigkeit in der Lokalen Einsatzleitung nach der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV bewertet worden wäre. Das Tätigkeitsmerkmal der „Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen“ umfasst entgegen dem Wortlaut nicht jede Sicherheits- und Ordnungsdienstleistung, sondern nur solche, die entsprechend der Überschrift „in Bahnhöfen und Zügen“, also von den Streifenmitarbeitern „vor Ort“, ausgeführt werden. Vorbild für die Tätigkeiten der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV ist vor allem der Streifenmitarbeiter, nicht die (Lokale) Einsatzleitung, welche jenen steuert. Für einen Willen der Tarifvertragsparteien, auch derartige Arbeitnehmer der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV zuordnen zu wollen, fehlt jeder Anhaltspunkt.

40

II. Die Wideranträge des Betriebsrats sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat sie zu Recht zurückgewiesen.

41

1. Die hinreichend bestimmten Anträge (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO)des Betriebsrats sind entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht unzulässig. Es fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Bei dem Haupt- und dem Hilfsantrag handelt es sich um Leistungsanträge, für die kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich ist (BAG 19. Februar 2008 - 1 ABR 84/06 - Rn. 12, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 69 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 8; 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 68, 104). Ob dem Betriebsrat ein solcher Anspruch zusteht, ist eine Frage der Begründetheit.

42

2. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag sind unbegründet.

43

a) Dem Betriebsrat steht kein Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber zu, die Tätigkeit von Arbeitnehmern einer bestimmte Entgeltgruppe zuzuordnen. Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführt, beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Nimmt der Arbeitgeber eine Eingruppierung ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vor, kann dieser nach § 101 BetrVG die nachträgliche Einholung seiner Zustimmung und bei Verweigerung der Zustimmung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens verlangen(BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 112, 238; 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 68, 104). Der Betriebsrat hat jedoch im Bereich der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen - abgesehen von § 104 BetrVG - kein Initiativrecht, aufgrund dessen er vom Arbeitgeber eine bestimmte Ein- oder Umgruppierung verlangen könnte(BAG 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B II 2 f der Gründe, aaO). Dem Arbeitgeber kann nur die Einleitung eines ergebnisoffenen Zustimmungsverfahrens aufgegeben werden, nicht aber die Zuordnung einer ausgeübten Tätigkeit zu einer bestimmten Entgelt- oder Lohngruppe (BAG 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B II 2 f der Gründe, aaO; s. auch 12. Dezember 2006 - 1 ABR 13/06 - Rn. 10, BAGE 120, 303). Folglich besteht auf dieser Grundlage auch kein Anspruch auf die Durchführung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG.

44

b) Der Hilfsantrag des Betriebsrats ist gleichfalls unbegründet. Ein Anspruch des Betriebsrats auf Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens kommt erst dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber trotz rechtskräftiger Abweisung einer gerichtlich beantragten Zustimmungsersetzung ein erneutes Zustimmungsverfahren unterlässt. Der Betriebsrat kann nur dann die Einleitung eines erneuten Beteiligungsverfahrens beanspruchen, wenn der Arbeitgeber nach formell ordnungsgemäß eingeleitetem Mitwirkungsverfahren zu einer beabsichtigten Eingruppierung mit einem Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG endgültig erfolglos geblieben ist und seinen Zustimmungsantrag nicht wiederholt hat(vgl. BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - zu B II 2 b cc der Gründe, BAGE 77, 1). Deshalb scheidet der mit dem Hilfsantrag verfolgte Anspruch des Betriebsrats während eines noch nicht abgeschlossenen Zustimmungsersetzungsverfahrens grundsätzlich aus. Erst nach dessen Abschluss kann der Betriebsrat bei einer vom Arbeitgeber unterlassenen neuerlichen Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG die Fortsetzung des Beteiligungsverfahrens dadurch erzwingen, dass er dem Arbeitgeber aufgeben lässt, nunmehr eine andere als die ursprünglich beabsichtigte Eingruppierung vorzunehmen und hierzu seine Zustimmung einzuholen(vgl. BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - aaO). Ob ausnahmsweise dann ein anderes gilt, wenn der Arbeitgeber zu erkennen gibt, im Falle der Abweisung seines Zustimmungsersetzungsantrages kein erneutes Verfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG durchführen zu wollen, kann offenblieben. Solche Umstände werden weder vom Betriebsrat geltend gemacht noch sind sie ersichtlich.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Dierßen    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 2013 - 12 Sa 359/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist ausgebildete Industriekauffrau und hat eine einjährige Qualifizierung zur Fachkraft im Rechnungs- und Steuerwesen und der Wohnungswirtschaft absolviert. Sie ist seit Januar 2004 bei der Beklagten, die ua. Immobilien verwaltet und vermietet, bzw. deren Rechtsvorgängerin als Hauswartin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 5./7. November 2003 heißt es ua.:

        

§ 3 

        

Arbeitsbedingungen

        

Sofern für den Arbeitgeber kraft eigenen Abschlusses oder kraft Mitgliedschaft in einem tarifschließenden Arbeitgeberverband Tarifverträge zur Anwendung kommen, finden diese unabhängig von einer Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmerin in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.“

3

Für die Beklagte gilt der zwischen einer „Tarifgemeinschaft“ verschiedener namentlich aufgeführter LEG-Gesellschaften (darunter auch die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie diese selbst) und weiteren nordrhein-westfälischen Immobiliengesellschaften einerseits und der Gewerkschaft ver.di andererseits mit Wirkung ab dem 1. Juli 2006 geschlossene Manteltarifvertrag (MTV), der in einer Anlage eine Vergütungsordnung nach Tätigkeitsmerkmalen enthält. Seit dem 1. Oktober 2007 erhielt die Klägerin eine Vergütung nach der VergGr. 3a MTV. Im Jahr 2010 wurde die Rechtsvorgängerin auf die jetzige Beklagte verschmolzen.

4

Die Klägerin übt folgende Tätigkeiten aus: Sie betreut Mietbestände der Beklagten in R, wo sich ihr Büro befindet, und in H. Zu ihren Aufgabenbereichen gehört die Vermietung, die Kündigung von Mietverträgen, Maßnahmen zur Vorbereitung von Leerwohnungen und die Betreuung der Mieter im Rahmen bestehender Mietverhältnisse. Die Klägerin führt unter anderem eineinhalbstündige Sprechstunden an drei Wochentagen sowie - gemeinsam mit einer Kundenbetreuerin, die über weiter reichende Entscheidungsbefugnisse verfügt - eine ganztägige Sprechstunde am Mittwoch durch. Bei der Vermietung obliegt das Letztentscheidungsrecht zum Abschluss von Mietverträgen der Kundenbetreuerin. Aufgabe der Klägerin ist ua. die Durchführung von Besichtigungsterminen mit Mietinteressenten und die Sammlung deren erforderlicher Daten. Das Formular Wohnungsangebot zur Vorlage bei der Agentur für Arbeit füllt die Klägerin aus und unterzeichnet es für die Beklagte. Nach Abschluss des Mietvertrags führt sie die Wohnungsübergabe durch und erstellt dabei ein Protokoll auf der Grundlage des entsprechenden Formulars. Dieses versendet sie anschließend an das Kundencenter in E. Im Rahmen der Beendigung des Mietverhältnisses ist es jedenfalls originäre Aufgabe der Klägerin, eine Vorabnahme durchzuführen. Sie prüft den Zustand und vereinbart mit dem Mieter, in welchem Zustand die Wohnung übergeben werden muss. Sie hält zudem in einem Formular fest, welche Renovierungsmaßnahmen ihrer Einschätzung nach durchzuführen sind. Die endgültige Entscheidung hierzu trifft die Beklagte durch ihr Kundendienstcenter. Schließlich führt die Klägerin die Wohnungsabnahme durch. Dabei prüft sie, ob die Wohnung sich in einem, der Vorabnahme entsprechenden übernahmefähigen Zustand befindet. Etwaige Beanstandungen hält sie in einem Übernahmeprotokoll fest. Über etwaige Mängel fertigt die Klägerin Fotos an. Sie wird ggf. von der Beklagten als Zeugin in einem späteren Gerichtsverfahren benannt. Im Rahmen der Betreuung laufender Mietverhältnisse nimmt die Klägerin Reparaturmeldungen auf und erteilt Aufträge bis zu einem Wert von 300,00 Euro an Fachfirmen. Sie überprüft ua. die Ursache von Schimmelbefall und füllt Wohngeldanträge aus. Weiterhin druckt sie Mietbescheinigungen aus, klärt die Konten bei Mietrückständen und bearbeitet Beschwerden.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie übe jedenfalls seit dem 1. Januar 2012 Tätigkeiten nach der VergGr. 4 MTV aus. Dabei sei ihre gesamte Tätigkeit einheitlich zu bewerten. Dies ergebe sich aus der Nennung des „Hauswarts“ als Tätigkeitsbeispiel im MTV. Das zeige, dass die Tarifvertragsparteien diese Tätigkeit jedenfalls einer einheitlichen Bewertung zuführen wollten, auch wenn das Tätigkeitsbeispiel in mehreren Vergütungsgruppen aufgeführt sei. Innerhalb dieser Tätigkeit erfüllten zumindest die Arbeiten der Begründung und der Beendigung des Mietverhältnisses die Anforderungen der von ihr begehrten Vergütungsgruppe.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Januar 2012 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 4 Manteltarifvertrag LEG NRW und ver.di zu zahlen.

7

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Klägerin die Anforderungen der VergGr. 4 MTV nicht erfülle. Es handele sich bei ihrer Tätigkeit um verschiedene und tariflich unterschiedlich zu bewertende Teiltätigkeiten. Keine der Aufgaben verlange überwiegend selbständige Tätigkeiten oder gründliche Fachkenntnisse. Diese seien bei der Klägerin auch nicht vorhanden. Mit einer Bewertung und Ausübung von Gewährleistungs- und Mängelrechten habe sie nichts zu tun. Im Übrigen habe die Klägerin mit der Einreichung der umfangreichen Tätigkeitsübersicht ihrer Darlegungslast auch nicht genügt.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision, an deren Zulassung durch das Landesarbeitsgericht der Senat gebunden ist (st. Rspr., zB BAG 16. April 1997 - 4 AZR 653/95 - zu I der Gründe), ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin rechtsfehlerfrei zurückgewiesen. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage auszulegende und als solche zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin erfüllt die Anforderungen der VergGr. 4 MTV nicht.

10

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind die Vergütungs- und Eingruppierungsregelungen des MTV anzuwenden, der ua. von der Beklagten geschlossen worden ist. Dies haben die Parteien in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart.

11

II. Zur Eingruppierung enthalten der MTV und die zu ihm vereinbarte Anlage folgende Regelungen:

        

§ 11 

        

Eingruppierung nach Tätigkeitsmerkmalen

        

1.    

Der/die Beschäftigte wird in diejenige Vergütungsgruppe eingruppiert, in der die ihm/ihr übertragene und von ihm/ihr auszuübende Tätigkeit aufgeführt ist.

                 

Eine Anlage ‚Eingruppierung nach Tätigkeitsmerkmalen‘ ist Bestandteil dieses Tarifvertrages.

        

2.    

Der/die Beschäftigte ist höher zu gruppieren, wenn ihm/ihr durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers auf Dauer eine Tätigkeit übertragen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Vergütungsgruppe entspricht und der/die Beschäftigte diese Tätigkeit zu mehr als 50 %, bezogen auf die Tätigkeitsmerkmale der höheren Vergütungsgruppe, ausübt.

        

3.    

Das Grundgehalt der im Vergütungstarifvertrag aufgeführten Zwischengruppen (sogenannte a-Gruppen) ergibt sich aus Anlage 1 zum Vergütungstarifvertrag. Beschäftigte, die sich durch Ihre Tätigkeit wesentlich - mindestens 20 % - aus ihrer Vergütungsgruppe herausheben, ohne überwiegend die Tätigkeitsmerkmale der nächsthöheren Gruppe zu erfüllen, sind in die entsprechende Zwischengruppe einzugruppieren.

                 
                 
        

Anlage (§ 11 Abs. 1) zum Manteltarifvertrag

        

Vergütungsgruppe 1

        
        

…       

        
        

Vergütungsgruppe 2

                 
        

Tätigkeitsmerkmale

        

angelernte Beschäftigte mit Tätigkeiten, die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, wie sie unter anderem durch eine Ausbildung oder durch eine entsprechende Einarbeitung erworben werden.

        

Tätigkeitsbeispiele

        

Hauswarte, Hausmeister, Hauswarthelfer, Gartenarbeiter, Fahrer, Beschäftigte in der Fernsprechstelle, Empfang, Poststelle, Schreibkräfte, Bürogehilfen/innen

        

Vergütungsgruppe 3

        

Tätigkeitsmerkmale

        

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die unter Anleitung selbständig erledigt werden und für deren ordnungsgemäße Erfüllung eine abgeschlossene Berufsbildung erforderlich ist; anstelle einer entsprechenden Berufsausbildung müssen gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten vorliegen, die in mehrjähriger praktischer Tätigkeit erworben worden sind.

        

Tätigkeitsbeispiele

        

Facharbeiter, Hauswarte, Hausmeister, Beschäftigte in der Fernsprechstelle, Empfang, Poststelle, Schreibkräfte mit bürosachbearbeitender Tätigkeit, Bürosachbearbeiter/innen, Büroassistenten/innen, Sekretärinnen, kfm./ techn. Sachbearbeiter/innen in Anfangsstellung.

        

Vergütungsgruppe 4

        

Tätigkeitsmerkmale

        

Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung in überwiegend selbständigen Tätigkeiten mit gründlichen Fachkenntnissen ihres Sachgebietes oder Beschäftigte, die mehrjährig überwiegend selbständig tätig waren und vergleichbare Leistungen erbringen.

        

Tätigkeitsbeispiele

        

Facharbeiter, Hauswarte, Sekretärinnen, Büroassistent/innen, kfm./techn. Sachbearbeiter/innen, Bauzeichner/innen mit mehrjähriger Erfahrung.

        

…“    

12

III. Die nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat nicht dargelegt, dass die ihr übertragene und von ihr auszuübende Tätigkeit von der VergGr. 4 MTV erfasst ist.

13

1. Gegenstand der tariflichen Bewertung ist die der Arbeitnehmerin übertragene und von ihr auszuübende Tätigkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 1 MTV). Dabei kann es sich um eine einheitliche Tätigkeit handeln, aber auch um Teiltätigkeiten, die verschiedenen tariflichen Bewertungen unterliegen können. Diese im MTV getroffene Regelung entspricht einem allgemeinen tarifrechtlichen Grundsatz. So ist nach § 11 Abs. 2 MTV eine Höhergruppierung dann vorzunehmen, wenn eine neue Tätigkeit übertragen wird, die höheren als den bisher angewandten Vergütungsgruppen entspricht und zu mehr als 50 Prozent „ausgeübt“ wird. § 11 Abs. 3 MTV regelt den Fall, dass mehrere verschiedene und tariflich unterschiedlich bewertete Teil-Tätigkeiten ausgeübt werden und die 50-Prozent-Grenze durch die höherwertige Tätigkeit zwar nicht überschritten ist, diese aber mindestens 20 Prozent der Gesamttätigkeit ausmacht. Dann erfolgt eine Zuordnung zu einer Zwischengruppe, die durch die Anfügung eines „a“ an die bisherige Vergütungsgruppe entspricht, die durch die Mehrheitstätigkeit des Arbeitnehmers geprägt ist. Die Zwischengruppen sind in der Vergütungstabelle mit eigenen Werten ausgewiesen. Auch die Klägerin erhält ein Entgelt nach der VergGr. 3a MTV.

14

2. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin mindestens drei verschiedene und unabhängig voneinander zu bewertende Teiltätigkeiten ausübt, nämlich Vermietung, Betreuung der Mieter im Rahmen bestehender Mietverhältnisse, Kündigung des Mietvertrags und - zugunsten der Klägerin als damit zusammenhängend unterstellt - Maßnahmen zur Vorbereitung von Leerwohnungen. Dabei hat es auf die jeweiligen voneinander zu trennenden und abgrenzbaren Arbeitsergebnisse und Arbeitszwecke der Teiltätigkeiten abgestellt.

15

a) Bei der Ermittlung des jeweiligen Arbeitsergebnisses und Arbeitszwecks hat sich das Landesarbeitsgericht weitgehend an der Rechtsprechung zur Bestimmung von Arbeitsvorgängen nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes orientiert. Diese haben zur Frage der Bestimmung der tariflich zu bewertenden Arbeitseinheit ausdrückliche Regelungen getroffen (vgl. zB § 22 Abs. 2 BAT nebst Protokollnotiz). Die dazu ergangene Rechtsprechung stellt für die Abgrenzung der im BAT vorgesehenen Arbeitseinheit „Arbeitsvorgang“ auf das jeweilige Arbeitsergebnis ab. Darüber hinausgehend hat das Bundesarbeitsgericht auch für andere Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, zB den BMT-G für den Bereich der Arbeiter der Gemeinden oder für den TV-Ärzte, in denen sich eine entsprechende Regelung nicht findet, dieses Vorgehen zur Bestimmung der zu bewertenden Arbeitseinheit mit der Maßgabe angewandt, dass die dabei anzuwendenden Maßstäbe weniger streng seien (BAG 11. Oktober 2006 - 4 AZR 534/05 - Rn. 22; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 17, BAGE 127, 305; 18. April 2012 - 4 AZR 305/10 - Rn. 21). Auch für Tarifverträge in der privaten Wirtschaft ist - soweit nicht gesonderte Regelungen bestehen - diese Methode anzuwenden (BAG 25. August 2010 - 4 ABR 104/08 - Rn. 15 mwN).

16

b) Das Landesarbeitsgericht hat die drei genannten Teil-Tätigkeiten rechtsfehlerfrei jeweils einem Arbeitsergebnis zugeordnet und die auf dessen Erzielung gerichteten Arbeitsschritte der Klägerin benannt. Hiernach kommt es bei der Teiltätigkeit Vermietung zur Begründung eines neuen Mietverhältnisses. Mit der Betreuung des Mieters im laufenden Mietverhältnis beginnt eine neue Teiltätigkeit, die auf ein anderes abgegrenztes Arbeitsergebnis ausgerichtet ist und weder mit der Begründung noch mit der Beendigung des Mietverhältnisses zusammenhängt. Es geht dabei um die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen, den möglichst störungsfreien Verlauf des Mietverhältnisses und um die Beseitigung von dabei auftretenden Problemen. Bei der Beendigung von Mietverhältnissen gehört es zur dritten Teiltätigkeit der Klägerin, die Arbeitsschritte vorzunehmen, die in den anderen Teiltätigkeiten nicht vorkommen. Durch die Teilnahme der Klägerin an einer möglichen Verpflichtungserklärung zwischen dem bisherigen und dem neuen Mieter und an der Vorbereitung von Leerwohnungen zur Vermietung kann dieser Teiltätigkeit auch die Mitarbeit an der Instandsetzung der Wohnung in einen vermietungsfähigen Zustand zugerechnet werden.

17

3. Die gegen die Annahme von drei gesondert zu bewertenden Teiltätigkeiten gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.

18

Entgegen der Revision folgt aus dem MTV nicht, dass die Tätigkeit der Klägerin als Hauswartin notwendig und zwingend als einheitliche Gesamttätigkeit anzusehen und auch als solche tariflich zu bewerten ist. Abgesehen davon, dass die Bestimmung der zu bewertenden Arbeitseinheit grundsätzlich ohne Berücksichtigung der Tätigkeitsmerkmale oder tariflichen Richtbeispiele erfolgt (st. Rspr., vgl. zB BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58), ist es für die Erfüllung eines Tätigkeitsbeispiels ohne Bedeutung, ob diejenige Arbeitseinheit, die der genannten Tätigkeit entspricht, die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers ausmacht oder nur einen Teil davon. Das Tätigkeitsbeispiel kann sich immer nur auf eine einheitlich zu bewertende Arbeitseinheit beziehen. Welchen zeitlichen Anteil diese an der Gesamttätigkeit hat, ist für ihre eigenständige tarifliche Bewertung ohne Bedeutung. Die Größe des Anteils ist erst für die Bewertung der Gesamttätigkeit der Arbeitnehmerin entscheidend. Die Aufnahme eines Tätigkeitsbeispiels in die zu einer Vergütungsgruppe formulierten Anforderungen belegt nur, dass die Tarifvertragsparteien die abstrakten Anforderungen als erfüllt ansehen, wenn und soweit der Arbeitnehmer die konkrete Tätigkeit auch ausübt. Wird die konkrete Tätigkeit als Tätigkeitsbeispiel lediglich zu einer Vergütungsgruppe benannt, ist der Rückschluss erlaubt, dass diese Tätigkeit - wenn und soweit sie ausgeübt wird - nach Auffassung der Tarifvertragsparteien die abstrakten Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals erfüllt. So bedeutet etwa die Aufnahme von „Bauzeichner/innen mit mehrjähriger Erfahrung“ als Tätigkeitsbeispiel für die VergGr. 4 MTV, das sich an keiner anderen Stelle des Tarifvertrags findet, dass eine Arbeitnehmerin in dem Umfang, den diese (Teil-)Tätigkeit an ihrer Gesamttätigkeit hat, notwendig auch die abstrakten Anforderungen erfüllt und deshalb nach der VergGr. 4 MTV zu vergüten ist, wenn diese Tätigkeit von ihr überwiegend ausgeübt wird. Wenn dieses Tätigkeitsbeispiel nur bei einer Vergütungsgruppe aufgeführt wird, verknüpfen die Tarifvertragsparteien diese Tätigkeit „exklusiv“ mit der VergGr. 4 MTV, weshalb sie immer dieser Vergütungsgruppe zuzuordnen ist. Hieraus ist - entgegen der Auffassung der Revision - jedoch bereits logisch kein Rückschluss darauf zulässig, wie hoch der Anteil dieser Tätigkeit an der Gesamttätigkeit der Arbeitnehmerin ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Tätigkeitsbeispiel in verschiedenen Vergütungsgruppen genannt wird. Insoweit ist also noch nicht einmal mehr der eindeutige Rückschluss von der Ausübung einer solchen Tätigkeit auf die tarifliche Wertigkeit möglich. Bei dem Beispiel „Hauswart“ folgt aus der konkreten Nennung als Tätigkeitsbeispiel in drei Vergütungsgruppen allein, dass er nach VergGr. 2 MTV zu vergüten ist, soweit er Hauswart mit Tätigkeiten der entsprechenden Anforderungen ist, wobei - wegen der Nennung in mehreren Vergütungsgruppen - die allgemeinen Anforderungen dieser Vergütungsgruppe heranzuziehen sind. Erfüllt die Hauswartstätigkeit die Anforderungen der VergGr. 3 MTV nach dem entsprechenden Maßstab, gilt diese für ihn usw. Der Tarifvertrag geht also von mindestens drei unterschiedlich wertigen „Arten“ einer Hauswartstätigkeit aus, so dass auch deshalb jedenfalls allein aus der Tätigkeit als Hauswart weder ein Rückschluss auf die Bestimmung der zu bewertenden Arbeitseinheit (als einheitliche oder als Teiltätigkeit) noch auf deren tarifliche Bewertung möglich ist.

19

Dies räumt letztlich auch die Revisionsbegründung ein, wenn sie ausführt, ein Tätigkeitsbeispiel bilde die Klammer für alle Tätigkeiten des Arbeitnehmers, die der Beispielstätigkeit entsprechen. Daraus folgt - entgegen der Revision - keineswegs im Umkehrschluss, dass eine Teiltätigkeit, die ein tarifliches Beispiel erfüllt, allein deshalb auch als Gesamttätigkeit anzusehen wäre. Sie bleibt trotzdem eine Teiltätigkeit.

20

4. Die danach vom Landesarbeitsgericht zutreffend bestimmten Arbeitseinheiten der Klägerin erfüllen die tariflichen Anforderungen der VergGr. 4 MTV nicht.

21

a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass jedenfalls die Arbeitseinheit/Teiltätigkeit „Betreuung der laufenden Mietverhältnisse“ die abstrakten Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. 4 MTV nicht erfüllt. Dabei seien keine überwiegend selbständigen Tätigkeiten auszuführen, die überdies gründliche Fachkenntnisse des Sachgebietes erforderten. Das Landesarbeitsgericht hat dies ausführlich unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründet. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Die Revision hat hierzu auch keinerlei Beanstandungen erhoben.

22

b) Da eine Eingruppierung nach der VergGr. 4 MTV danach nur dann in Betracht käme, wenn die beiden verbleibenden Teiltätigkeiten „Begründung des Mietverhältnisses“ und „Beendigung des Mietverhältnisses incl. Vorbereitung der Weitervermietung“ zum einen die abstrakten Merkmale der begehrten Vergütungsgruppe erfüllten und zum anderen dann noch zusammen mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit ausmachen müssten, hat das Landesarbeitsgericht die Klage zu Recht als unschlüssig angesehen. Die Klägerin hat keinerlei Zeitanteile zu ihren Tätigkeiten mitgeteilt, obwohl sie vom Landesarbeitsgericht mehrfach darauf hingewiesen wurde. Das Berufungsgericht hat es auch zu Recht abgelehnt, aus einem umfangreichen, 167 Seiten umfassenden Anlagenkonvolut (kleine Schriftgröße, einzeilig, Blocksatz) mit zT minutenweiser Aufzeichnung ihrer konkreten Tätigkeiten in einem ausgewählten dreieinhalbmonatigem Zeitraum selbst eine Zuordnung der dort aufgeführten einzelnen Arbeitsschritte zu den jeweils tariflich zu bewertenden Teiltätigkeiten vorzunehmen. Einen entsprechenden Hinweis des Gerichts hat die Klägerin lediglich mit dem Bemerken beantwortet, der Kern ihrer Argumentation sei ohnehin, dass es sich um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit handele.

23

Auch hiergegen erhebt die Revision keinerlei Einwände. Die tarifliche Bewertung der Teiltätigkeit „Betreuung des laufenden Mietverhältnisses“ wird von ihr nicht angesprochen. Auch werden erneut keine Zeitanteile zu einer Teiltätigkeit benannt. Die Revision stellt lediglich darauf ab, dass ihrer Auffassung nach die Teiltätigkeiten „Begründung des Mietverhältnisses“ und „Beendigung des Mietverhältnisses“ für sich genommen die Anforderungen der VergGr. 4 MTV erfüllten und insofern eine Präzisierung des zeitlichen Anteils überflüssig sei. Aus der Einordnung der Klägerin in die Zwischengruppe 3a MTV ergebe sich, dass selbst die Beklagte insoweit von einem Anteil von mehr als 20 Prozent ausgehe. Dies ist zwar im Grunde zutreffend, wäre für die Entscheidung jedoch nur dann von Bedeutung, wenn es sich tatsächlich um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit der Klägerin handelte, was jedoch - wie dargelegt - nicht der Fall ist.

24

IV. Die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig. Sie ist nicht in der gesetzlich vorgesehenen Form begründet worden.

25

1. Wird eine Verfahrensrüge erhoben, muss die Revisionsbegründung die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO). Bezieht sich die Rüge auf die verfahrensrechtswidrige Unterlassung eines gebotenen richterlichen Hinweises, muss die Revision den unterlassenen Hinweis bezeichnen und angeben, wie darauf reagiert worden wäre. Dazu muss der Revisionskläger im Einzelnen darlegen, welchen tatsächlichen Vortrag er auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 10 mwN). Der zunächst unterbliebene Vortrag muss vollständig nachgeholt und über die Rüge aus § 139 ZPO schlüssig gemacht werden(BAG 5. Juli 1979 - 3 AZR 197/78 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 32, 56; BGH 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87 - zu I 2 der Gründe).

26

2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

27

a) Die Revision rügt die fehlende Erteilung eines rechtlichen Hinweises durch das Landesarbeitsgericht. Es habe bei seiner Bewertung drei selbständige Teiltätigkeiten der Klägerin zugrunde gelegt, während das Arbeitsgericht noch von vier Teiltätigkeiten ausgegangen sei. Ein Hinweis hierauf nach § 139 ZPO sei nicht erfolgt. Die unterschiedliche Auffassung über die Bestimmung der Teiltätigkeiten bewirke „für den durch [die] Klägerin zu erbringenden Sachvortrag … einen erheblichen Unterschied“.

28

b) Damit sind die gesetzlichen Anforderungen an eine Verfahrensrüge nicht erfüllt.

29

aa) Zunächst ergibt sich aus der Begründung schon nicht, warum das Landesarbeitsgericht den von der Klägerin vermissten Hinweis hätte erteilen müssen. Dass das Berufungsgericht die hier streitige Bestimmung der tariflich zu bewertenden Arbeitseinheit anders vornimmt als das Arbeitsgericht, gehört zu den jederzeit möglichen und von einem sorgfältigen Prozessbevollmächtigten von sich aus zu erwägenden und beachtenden Möglichkeiten. Das Berufungsgericht ist ohne besonderen Anhaltspunkt nicht verpflichtet, die Parteien darauf hinzuweisen, dass es hinsichtlich entscheidungserheblicher Fragen eine andere Auffassung vertritt als das erstinstanzliche Gericht, so lange die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen von den Parteien nicht erkennbar übersehen oder erkennbar für unerheblich gehalten werden (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Diese Voraussetzungen hat die Begründung der Verfahrensrüge vorzutragen.

30

bb) Die Revision legt weiterhin nicht dar, aus welchen Gründen die Frage, ob - wie das Arbeitsgericht angenommen hat - vier verschiedene Teiltätigkeiten vorliegen, oder - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - drei verschiedene Teiltätigkeiten vorliegen, für die Entscheidung des Berufungsgerichts maßgebend wäre. Hierzu hätte besonders deshalb Anlass bestanden, weil auch das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, und weil das Landesarbeitsgericht seine hinsichtlich der Anzahl der Teiltätigkeiten abweichende Ansicht ausdrücklich „zu Gunsten der Klägerin“ unterstellt hat, mithin - und zu Recht - davon ausgegangen ist, dass eine Zusammenfassung von zwei vom Arbeitsgericht noch als getrennt angesehenen Teiltätigkeiten sich im konkreten Fall notwendig zu Gunsten - und keineswegs zum Nachteil - der Klägerin auswirkt.

31

cc) Sodann ist auch nicht erkennbar, wie sich die Klägerin auf einen solchen Hinweis verhalten hätte. Die hierzu vorgebrachten Darlegungen sind unzureichend. Die Klägerin führt lediglich aus, sie hätte auf einen entsprechenden rechtlichen Hinweis „die Aufzeichnungen der Tätigkeiten hinsichtlich der zeitlichen Anteile der Teiltätigkeiten der Beendigung des Mietvertrags und der Teiltätigkeiten der Begründung des Mietverhältnisses als eine Einheit vorgenommen“. Abgesehen davon, dass das entsprechende Anlagenkonvolut überhaupt keine Zuordnungen der dort dokumentierten Arbeitsschritte zu - sei es den vom Arbeitsgericht oder den vom Landesarbeitsgericht angenommenen - Teiltätigkeiten aufwies, reicht eine derartige Ankündigung eines anderen Vorbringens schon grundsätzlich nicht aus; es muss in der Revisionsinstanz mit der Rüge nachgeholt werden. Das ist nicht geschehen.

32

V. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Mayr    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2008 - 7 TaBV 6/08 - unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. März 2008 - 19 BV 19/07 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Arbeitnehmers A Hi ab dem 1. Januar 2008 in die Lohngruppe 3a gemäß Entgelttarifvertrag (ETV) DB Services Nord als erteilt gilt.

2. Die weitergehenden Anträge der Arbeitgeberin werden zurückgewiesen.

3. Die Anträge des Betriebsrats werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des bei der Arbeitgeberin (Antragstellerin) bestehenden Betriebsrats (Beteiligter zu 2) zur Umgruppierung von Arbeitnehmern in die Vergütungsordnung des Entgeltrahmentarifvertrages für die Arbeitnehmer verschiedener Gesellschaften des Geschäftsfelds Services im UB Dienstleistungen vom 16. Dezember 2003 (ERTV DB Services - nachfolgend ERTV).

2

Die Arbeitgeberin ist zum 1. Januar 2006 aus verschiedenen Regionalgesellschaften im Wege der Abspaltung entstanden und erbringt Sicherheits- und Bewachungsdienste. Zuvor waren die Regionalgesellschaften für die Sicherheit der Fahrgäste der Deutschen Bahn AG verantwortlich. Die Arbeitsverhältnisse der bisher bei den Regionalgesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer gingen nach § 613a Abs. 1 BGB auf die Arbeitgeberin über. In der Niederlassung Nord, die für die Bundesländer Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zuständig ist, setzt die Arbeitgeberin in Hamburg, Hannover und Bremen Arbeitnehmer in der Ländereinsatzleitung ein, die auch als Lokale Einsatzleitung bezeichnet wird. In den Stellenausschreibungen für die neu geschaffene Funktion heißt es ua.:

        

Ländereinsatzleitung (LEL)         

        

Die Entwicklung der allgemeinen Sicherheitslage und der daraus abzuleitenden Risiken und Gefahren für den DB Konzern erfordern eine effektive und nachhaltige Weiterentwicklung der internen Sicherheitsorganisation. Der Beschluss des Konzernvorstandes vom 24.10.2006 trägt dem Rechnung.

        

Daher ist es erforderlich, zur konzerneinheitlichen Wahrnehmung der unternehmerischen Sicherheitsvorsorge Arbeitsplätze unter anderem in 3-S-Zentralen von DB Station&Service AG einzurichten. Die hier eingesetzten Securitymitarbeiter sind der OE Security (D.ZV-x-S) ‚Lokale Einsatzleitung’ (LEL) zugeordnet.

        

Diese neu einzurichtenden Lokalen Einsatzleitungen nehmen Sicherheitsaufgaben (Security) wahr, indem sie Mitarbeiter bei der Erbringung der Sicherheitsdienstleistungen geschäftsfeldübergreifend im Auftrag der bereits vorhandenen „Regionalen Einsatzleitung“ (REL) steuern und so weit die technischen Voraussetzungen gegeben sind, Videobeobachtungen unter Security - Gesichtspunkten durchführen.

        

…       

        

Aufgaben:           

        

-       

Durchführen der securityrelevanten Videobeobachtung

        

-       

Mitwirken beim Erkennen und Auswerten von Sicherheitslagen sowie Initiieren von Maßnahmen im Rahmen der verfügbaren Möglichkeiten

        

-       

Durchführen der Strafantragstellung (im Auftrag des Geschädigten)

        

-       

Koordinieren und Einsatzsteuerung der der LEL zugeordneten Mitarbeiter für Sicherheitsdienstleistungen unter Berücksichtigung auftragsgebundener Personalzuordnungen auf der Basis monatlich abgestimmter Dienstpläne in Abstimmung mit der regionalen Einsatzleitung (REL)

        

-       

Sicherstellen der Personalübersicht je Einsatzabschnitt

        

-       

Überwachen der An- und Abmeldung der lokal zugeordneten Mitarbeiter und entsprechende Nachweisführung

        

-       

Durchführen von Dienstplanänderungen bei kurzfristigem Bedarf und entsprechende Information an die zuständigen Stellen (REL, Bereichsleitung)

        

-       

Durchführen der Aktualisierung der lokalen Kommunikationsübersichten bezüglich der Mitarbeiter, Polizeidienststellen der Bundes- und Landespolizei, internen und externen Kunden

        

-       

Durchführen sofortiger Maßnahmen im Fall des Ausbleibens einer Meldung

        

-       

Informieren der zuständigen Stelle bei ‚Gefährlichen Ereignissen im Eisenbahnverkehr’

        

-       

Informieren der zuständigen disziplinarischen Vorgesetzten über Unregelmäßigkeiten der Dienstausführung

        

-       

Zusammenarbeiten mit den Einsatzstellen der Geschäftsfelder, der REL und den Dienstgruppenleitern der BPOL - Inspektionen und gegebenenfalls dem DB Lagezentrum

        

Besonderheiten:           

        

-       

Ansprechpartner der Regionalen Einsatzleitung (REL) bei allen lokalen Sicherheitslagen

        

-       

Führen des elektronischen Wachbuchs einschl. schriftlicher Nachweise der Dienstübergabe“

3

Der bei der Arbeitgeberin angewandte ERTV enthält in seinen Anlagen ua. das „Entgeltgruppenverzeichnis/Entgeltschlüssel für angestellte Arbeitnehmer“ (Anlage 1), das „Entgeltgruppenverzeichnis für gewerbliche Arbeitnehmer des Bereichs Gebäude- und Verkehrsdienste“ (Anlage 2) und das „Entgeltgruppenverzeichnis für gewerbliche Arbeitnehmer des Bereichs Sicherheitsdienste“ (Anlage 3). Der „Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer und Auszubildenden der DB Services Nord GmbH (ETV DB Services Nord)“ (nachfolgend ETV) beinhaltet in seinen Anlagen die maßgebenden Lohn- und Entgelttabellen.

4

Mit Schreiben vom 17. und 24. Juli 2007 beantragte die Arbeitgeberin bei dem zuständigen Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung von zehn Arbeitnehmern und deren Eingruppierung in die Lohngruppe 3a der Anlage 3 ERTV. Der Betriebsrat stimmte der Versetzung zu, verweigerte aber die Zustimmung zur Eingruppierung, weil er die Entgeltgruppe T 2 der Anlage 1 ERTV für zutreffend hielt. Aus den gleichen Gründen verweigerte er auch die Zustimmung zur Umgruppierung von zehn weiteren Arbeitnehmern, um die die Arbeitgeberin mit weiteren Schreiben vom 15. Oktober 2007 ersucht hatte.

5

Die Arbeitgeberin hat in dem von ihr eingeleiteten Verfahren zunächst die Feststellung begehrt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung als erteilt gilt und hilfsweise die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung der Arbeitnehmer. Der Betriebsrat habe seine Zustimmung nicht form- und fristgerecht verweigert. Auch sei die Lohngruppe 3a der Anlage 3 ERTV zutreffend. Die von den Lokalen Einsatzleitungen auszuübenden Tätigkeiten seien gewerbliche Tätigkeiten im Bereich der Sicherheits- und Ordnungsdienste, nicht aber technische iSd. Anlage 1 ERTV. Alleine der Einsatz eines Telefons und eines Beobachtungsbildschirmes genüge hierfür nicht. Die Steuerung der den Lokalen Einsatzleitungen zugeordneten Mitarbeiter an deren Einsatzstelle „vor Ort“ sowie die nur ausnahmsweise bei kurzfristigen Ausfällen von ihnen vorgenommenen Personaldispositionen führe nicht zu einer Tätigkeit als Angestellter. Das zeige schon die Vorgesetztenfunktion von Vorarbeitern, die auch gewerbliche Arbeitnehmer seien.

6

Die Arbeitgeberin hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Arbeitnehmer

        

Mi J, Si F, Be S, Jo O, N B, C Z, R L, J T und B M ab dem 1. August 2007

        

und der Arbeitnehmer St Da, M G, Jö K, M. Kl, Ma R, Sa D, Y E, Je H, A Hi und S Li ab dem 1. Januar 2008,

        

in die Lohngruppe 3a gemäß Entgelttarifvertrag (ETV) DB Services Nord als erteilt gilt,

        

hilfsweise

        

2.    

die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Arbeitnehmer

        

Mi J, Si F, Be S, Jo O, N B, C Z, R L, J T und B M ab dem 1. August 2007

        

und der Arbeitnehmer St Da, M G, Jö K, M. Kl, Ma R, Sa D, Y E, Je H, A H und S Li ab dem 1. Januar 2008

        

in die Lohngruppe 3a gemäß Entgelttarifvertrag (ETV) DB Services Nord zu ersetzen.

7

Der Betriebsrat hat die Abweisung der Anträge und durch Wideranträge beantragt

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Arbeitnehmer Mi J, Si F, Be S, Jo O, N B, C Z, R L, J T und B M ab dem 1. August 2007

        

und die Arbeitnehmer St Da, M G, Jö K, M. Kl, Ma R, Sa D, Y E, Je H, A H und S Li ab dem 1. Januar 2008

        

in die Entgeltgruppe T 2 ERTV DB Services Nord, hilfsweise in eine andere Entgeltgruppe als in die Lohngruppe 3a ERTV, umzugruppieren und zu dieser Umgruppierung die Zustimmung des Betriebsrats zu beantragen und im Fall ihrer Verweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben.

8

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Wideranträge beantragt.

9

Der Betriebsrat ist der Auffassung, die Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung übten eine Steuerungs- und Leitungstätigkeit aus. Es handele sich überwiegend um geistige und nicht um körperliche Tätigkeit. Da der ERTV im Angestelltenbereich nur zwischen kaufmännischen und technischen Tätigkeiten unterscheide und eine kaufmännische ausscheide, könne nur eine technische Tätigkeit in Betracht kommen. Für eine „einfache technische Tätigkeit“ iSd. Entgeltgruppe T 2 der Anlage 3 ERTV genüge außerdem ein Bezug zu technischen Tätigkeiten. Dieser sei gegeben, weil die Einsatzleiter technische Hilfsmittel wie EDV, Video, Funkgeräte und Mobiltelefone einsetzten. Für eine Eingruppierung in die Lohngruppe 3a der Anlage 3 ETRV fehle es an der von der Tarifvorschrift vorausgesetzten „Kundenbetreuung“. Die Mitarbeiter der LEL seien nicht mit einem Vorarbeiter vergleichbar, weil sie überwiegend von ihren Büroarbeitsplätzen aus arbeiteten, jedoch nicht körperlich vor Ort tätig seien. Sein eigener Antrag sei zulässig. Dem Arbeitgeber könne aufgegeben werden, die Ein- oder Umgruppierung erneut vorzunehmen und dabei den Betriebsrat ordnungsgemäß zu beteiligen.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag hinsichtlich eines Arbeitnehmers stattgegeben und ihn im Übrigen zurückgewiesen sowie dem Zustimmungsersetzungsantrag in Bezug auf die übrigen Arbeitnehmer entsprochen. Die Anträge des Betriebsrats hat es zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen die Stattgabe des Hilfsantrages der Arbeitgeberin und die Zurückweisung seiner Anträge zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat die Abweisung des Zustimmungsersetzungsantrages und seine Wideranträge weiter. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

11

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen die vom Arbeitsgericht ersetzte Zustimmung zu Unrecht zurückgewiesen. Demgegenüber erfolgte die Zurückweisung der Wideranträge des Betriebsrats zu Recht.

12

I. Der Antrag der Arbeitgeberin ist unbegründet. Der Betriebsrat hat die Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen eines Verstoßes gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag zu Recht verweigert. Die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Umgruppierung entspricht nicht den tariflichen Vorgaben. Die Arbeitnehmer üben keine Tätigkeit aus, die der Lohngruppe 3a der Anlage 3 ERTV zuzuordnen ist.

13

1. Die Eingruppierung der versetzten Arbeitnehmer richtet sich nach dem ERTV als der für den Betrieb der Arbeitgeberin maßgebenden Vergütungsordnung. Dabei handelt es sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten um die für den Betrieb der Arbeitgeberin einschlägige Vergütungsordnung, die auch auf die von der Umgruppierung betroffenen Arbeitnehmer anzuwenden ist.

14

2. Maßgebend für die Eingruppierung sind folgende Regelungen des ERTV:

        

„§ 2        

        

Entgeltgrundlagen           

        

(1)     

Der Arbeitnehmer erhält ein Entgelt, das nach Entgeltgruppen gemäß Anlage 1 für angestellte Arbeitnehmer sowie nach den Anlagen 2 bis 3 für gewerbliche Arbeitnehmer bemessen wird.

        

…       

        

§ 3      

        

Grundsätze für die Eingruppierung           

        

(1)     

Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine Entgeltgruppe richtet sich nach der von ihm ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach seiner Berufsbezeichnung.

        

(2)     

Werden dem Arbeitnehmer Tätigkeiten übertragen, die verschiedenen Entgeltgruppen zuzuordnen sind, so gilt für ihn die Entgeltgruppe, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht.

                 

a)    

Besteht die übertragene Tätigkeit aus zwei Tätigkeiten gleichen Umfangs, richtet sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers nach der Entgeltgruppe, die der höherwertigen Tätigkeit entspricht.

                 

b)    

Besteht die übertragene Tätigkeit aus mehr als zwei Tätigkeiten, werden zur Bestimmung der Entgeltgruppe nur die beiden Tätigkeiten berücksichtigt, die zusammen den größten Teil der Beschäftigung ausmachen.

        

…       

        

Anlage 1

        

zum ERTV DB Services

        

Entgeltgruppenverzeichnis/Entgeltschlüssel für angestellte Arbeitnehmer           

        

1.    

Entgeltgruppen:

        

Es werden zwei gestufte Entgeltgruppen gebildet; Gruppen K 1 bis K 5 für kaufmännische Tätigkeiten, Gruppen T 1 bis T 5 für technische Tätigkeiten. Die Zuordnung der angestellten Arbeitnehmer zu einer der Entgeltgruppen K oder T hängt von der überwiegenden Tätigkeit ab. Die Zuordnung zur jeweiligen Stufe 1 bis 5 richtet sich nach der Berufsausbildung und der praktischen Berufserfahrung.

        

…       

        

Anlage 3

        

zum ERTV DB Services

        

Entgeltgruppenverzeichnis für gewerbliche Arbeitnehmer des Bereichs Sicherheitsdienste           

        

Der gewerbliche Arbeitnehmer wird je nach ausgeübter Tätigkeit entsprechend der Tätigkeitsmerkmale in eine der nachfolgend aufgeführten Lohngruppen eingruppiert.

        

…       

        

Lohngruppe 3           

        

‚Sicherheits- und Ordnungsdienste in Bahnhöfen und Zügen (SOD)’           

                 

- SOD im Rahmen des 3-S-Systems

                 

- SOD in Zügen des Nacht- und Fernverkehrs (SDF)

                 

- SOD in Zügen des Nahverkehrs (SDN)

                 

- SOD in S-Bahnen (SDS)

        

(1)     

Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen mit Aufgaben der Kundenbetreuung (wie Informations- und Auskunftserteilung, Begleitung, Service u.a.) und nachstehenden Qualifikationsanforderungen:

                 

abgeschlossene Berufsausbildung als Kauffrau/Kaufmann im Verkehrsservice, Schwerpunkt Sicherheit und Service

                 

oder   

                 

Fachprüfung als Sicherheitsfachkraft im Verkehrswesen (VDEF)

                 

oder   

                 

IHK-Prüfung als Werkschutzfachkraft mit fachlicher Zusatzschulung in den verkehrsmittelbezogenen Besonderheiten (Grundlagen im Betriebsdienst, Tarifkunde, Kenntnisse UVV, Fahrplankunde)

                 

und      

                 

Erreichen der Tauglichkeits- und Eignungsvoraussetzungen.

                 

Als gleichwertiger Bildungsstand wird eine entsprechende abgeschlossene Ausbildung bei der Polizei im Vollzugsdienst mit fachlicher Zusatzschulung in verkehrsmittelbezogenen Besonderheiten (Grundlagen im Betriebsdienst, Tarifkunde, Kenntnisse UVV, Fahrplankunde) anerkannt.

                 

…“    

15

3. Danach ist für die Eingruppierung nach dem ERTV die vom Arbeitnehmer ausgeführte und nicht nur vorübergehend übertragene Tätigkeit maßgebend (§ 3 Abs. 1 ERTV). Nach § 3 Abs. 2 ERTV gehen die Tarifvertragsparteien bei der Eingruppierung in eine Entgeltgruppe davon aus, dass die auszuübende Tätigkeit eines Arbeitnehmers sich aus verschiedenen Teiltätigkeiten unterschiedlicher Entgeltgruppen zusammensetzen kann. Es handelt sich dabei um einen allgemein anerkannten Grundsatz der Eingruppierung (BAG 5. Juni 1985 - 4 AZR 527/83 - AP TV Arb Bundespost § 10 Nr. 2). Für diese kommt es daher zunächst darauf an, festzustellen, ob der Arbeitnehmer eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit, eine Teiltätigkeit, die die überwiegende darstellt, oder mehrere selbständige Teiltätigkeiten zu erbringen hat, die tatsächlich trennbar und jeweils rechtlich selbständig bewertbar sind. Bei der Zusammenfassung von Einzeltätigkeiten zu einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit oder mehreren jeweils eine Einheit bildenden Teiltätigkeiten gelten vergleichbare Regeln und Kriterien wie bei der Bestimmung des Arbeitsvorgangs nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag, lediglich die anzuwendenden Maßstäbe sind weniger streng. Die für eine Abgrenzung oder Verbindung von Tätigkeitsbereichen maßgebenden Kriterien sind aber vergleichbar (st. Rspr., etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 23 mwN, BAGE 129, 238 ).

16

4. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt eine Eingruppierung der Tätigkeit der Arbeitnehmer, die Aufgaben einer Lokalen Einsatzleitung ausüben, in die Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV nicht in Betracht. Dabei muss der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob es sich überhaupt um eine Tätigkeit handelt, die der ERTV als eine von gewerblichen Arbeitnehmern einordnet. Die Arbeitnehmer üben im Rahmen der Lokalen Einsatzleitung jedenfalls keine „Aufgaben der Kundenbetreuung“ aus, sodass eine Zuordnung zur Lohngruppe 3 ERTV bereits deshalb ausscheidet.

17

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer seien gewerbliche iSd. Anlage 3 zum ERTV, die das Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe 3a erfüllten, nicht aber technische Tätigkeiten ausübten. Zu den Aufgaben mit Kundenbetreuung gehörten die Durchführung der Videobeobachtung, das Mitwirken beim Erkennen und Auswerten der Sicherheitslage und das Initiieren von Maßnahmen im Rahmen verfügbarer Möglichkeiten, während die weiteren in der Stellenbeschreibung genannten Tätigkeiten sich in erster Linie auf innerdienstliche Angelegenheiten bezögen. Auch wenn es sich teilweise um Angestelltentätigkeiten handele, seien jedenfalls die Voraussetzungen der Entgeltgruppe T 2 der Anlage 1 ERTV nicht gegeben. Unabhängig davon, „wie groß ihr Anteil an der geschuldeten Arbeitszeit … sein mag“, werde die Tätigkeit auch nicht von den kaufmännischen oder technischen Entgeltgruppen der Anlage 1 ERTV erfasst. Dies könne dem Umstand geschuldet sein, dass die Aufgaben der Lokalen Einsatzleitung erst nach Inkrafttreten des ERTV geschaffen worden seien. Die überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer entspreche nach der Verkehrsanschauung auch derjenigen gewerblicher Arbeitnehmer. Sie übten zwar nicht überwiegend Aufgaben der Kundenbetreuung aus, sondern die der Führung und Leitung der Streifenmitarbeiter. Es fehle aber angesichts der Vielzahl der den Arbeitnehmern übertragenen Aufgaben an Gründen für die Annahme, dass ihnen überwiegend Tätigkeiten übertragen seien, die der Entgeltgruppe für angestellte Arbeitnehmer zuzuordnen sind. Für eine „Quantifizierung des Anteils der Koordinierung und Einsatzsteuerung“ fehle es an geeigneten tatsächlichen Anhaltspunkten. Der Betriebsrat habe dazu auch im Beschwerdeverfahren keine Angaben gemacht.

18

b) Das ist rechtsfehlerhaft. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann dem Antrag der Arbeitgeberin nicht stattgegeben werde.

19

aa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf dessen Annahme, es handele sich bei den arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten der Mitarbeiter der Lokalen Einsatzleitung um Tätigkeiten gewerblicher Arbeitnehmer im Sinne der Anlage 3 zum ERTV.

20

(1) Die Auslegung des ERTV (zu den Maßstäben der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages s. nur BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40, BAGE 124, 240) ergibt, dass die Begriffe der „angestellten“ und der „gewerblichen Arbeitnehmer“ in den Anlagen 1 und 3 ERTV mit der allgemeinen Bedeutung dieser Rechtsbegriffe übereinstimmen (vgl. ausf. BAG 21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - zu B II 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 185 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 127). Dem ERTV wie dem ETV sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, wonach die Tarifvertragsparteien eine vom allgemeinen Verständnis der Begriffe abweichende Inhaltsbestimmung vornehmen wollten. Die von den Tarifvertragsparteien in den Anlagen 1 bis 3 ERTV verwendeten Begriffe des „angestellten“ und „gewerblichen Arbeitnehmers“ sind zudem gleichbedeutend mit dem Begriffspaar „Angestellte“ und „Arbeiter“. Angestellte sind Arbeitnehmer, die nicht Arbeiter (= gewerbliche Arbeitnehmer) sind, wobei die Begriffe Arbeiter und gewerblicher Arbeitnehmer regelmäßig synonym verwendet werden (vgl. BAG 21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, aaO).

21

(2) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur bisher üblichen Abgrenzung der Angestellten von den Arbeitern in der Privatwirtschaft ist auf die Vorgehensweise des Bundessozialgerichts zur rentenversicherungsrechtlichen Einordnung eines Arbeitnehmers als Arbeiter oder Angestellter zurückzugreifen, wenn andere Anhaltspunkte fehlen. Andere Anhaltspunkte können sich aus der tariflichen Regelung ergeben, in denen die Tarifvertragsparteien Tätigkeiten von angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern beschreiben. Fehlen solche Anhaltspunkte, ist eine mehrstufige Prüfung vorzunehmen (21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - zu B II 3 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 185 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 127; 4. September 1996 - 4 AZR 168/95 - zu II 2 c aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bergbau Nr. 4; 4. August 1993 - 4 AZR 515/92 - zu II 1 b aa der Gründe, BAGE 74, 47). Zunächst ist zu prüfen, ob der Beschäftigte zu einer der in § 133 Abs. 2 SGB VI aF genannten Gruppen gehört. Ist dies nicht der Fall, so ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob die Tätigkeit im sogenannten Berufsgruppenkatalog des damaligen Reichsarbeitsministers vom 8. März 1924 (RGBl. I S. 274) mit den Änderungen vom 4. Februar 1927 (RGBl. I S. 58) und vom 15. Juli 1927 (RGBl. I S. 222) aufgeführt ist. Auf der dritten Stufe ist zu prüfen, ob die Beschäftigung derjenigen einer Berufsgruppe entspricht, deren Angehörige nach der Verkehrsanschauung allgemein als Angestellte betrachtet werden. Schließlich ist im vierten Prüfungsabschnitt erforderlichenfalls der Frage nachzugehen, ob die Beschäftigung vorwiegend geistig oder vorwiegend körperlich geprägt ist. Auch wenn diese Unterscheidung zunehmend schwieriger und auch kritischer geworden ist, ist sie dennoch möglich (BAG 21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - aaO).

22

Verrichtet der Arbeitnehmer teils die Tätigkeit eines gewerblichen Arbeitnehmers, teils die eines Angestellten, so ist für die Bestimmung dieser gemischten Tätigkeit entscheidend, welche der Tätigkeiten dem Arbeitsverhältnis in seiner Gesamtheit das Gepräge gibt. Dabei kommt es nicht auf den Zeitaufwand der Einzelarbeiten, sondern auf eine umfassende Betrachtung an (BAG 21. August 2003 - 8 AZR 430/02 - zu II 3 d bb der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 185 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 127). Die Zeitdauer, die der Arbeitnehmer bei einer gemischten Tätigkeit für die eine oder andere Tätigkeitsart aufwendet, steht nicht als eigener Gesichtspunkt neben der Bedeutung der einen oder anderen Tätigkeitsart. Sie kann nur als eines von verschiedenen Merkmalen dafür herangezogen werden, welche der beiden Tätigkeitsarten die Hauptbedeutung hat und somit der gesamten Tätigkeit das Gepräge gibt(BAG 30. September 1954 - 2 AZR 65/53 - zu 8 der Gründe, BAGE 1, 92).

23

(3) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist hiernach rechtsfehlerhaft, soweit es die Anwendbarkeit der Anlage 3 ERTV angenommen hat, weil es sich um eine Tätigkeit als „gewerblicher Arbeitnehmer“ handele. Es hat nicht geprüft, welche Tätigkeiten die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die Aufgaben der Lokalen Einsatzleitung ausüben, prägen. Es hat vielmehr anknüpfend an die Regelung in § 3 Abs. 2 ERTV darauf abgestellt, welche „überwiegende Tätigkeit“ dieser Arbeitnehmer nach der Verkehrsanschauung derjenigen von gewerblichen Arbeitnehmern entspricht. Dabei hat es erkennbar nicht berücksichtigt, dass der Zeitanteil einer Tätigkeit nur als eines von mehreren Merkmalen zur Beurteilung herangezogen werden kann. Daneben fehlt es hinsichtlich der einzelnen Zeitanteile an den erforderlichen Feststellungen, in welchem zeitlichen Umfang die in der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben im Arbeitsverhältnis anfallen. Nur auf einer entsprechend konkreten Grundlage hätte beurteilt werden können, ob die Mitarbeiter der Lokalen Einsatzleitung als gewerbliche Arbeitnehmer einzustufen sind.

24

Darüber hinaus ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts auch in sich widersprüchlich. Es geht bei der Prüfung, ob es sich um Aufgaben eines Angestellten handelt, zunächst davon aus, die Tätigkeit bestehe „nicht überwiegend in der Kundenbetreuung, sondern in der Führung und Leitung der Streifenmitarbeiter“. Dazu steht im Widerspruch, wenn es sodann weiter ausführt, es fehle an Gründen für die Annahme, die „Koordinierung und Einsatzsteuerung“ der der Lokalen Einsatzleitung zugeordneten Mitarbeiter sei die überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer, um deren zutreffende Eingruppierung die Beteiligten streiten, und an anderer Stelle, dass es sich bei der Personaldisposition „keinesfalls um ein überwiegendes Tätigkeitselement“ der Lokalen Einsatzleitung handele, ohne jedoch einen zeitlichen Umfang näher zu bestimmen. Das Landesarbeitsgericht konnte zudem in diesem Zusammenhang nicht darauf abstellen, der Betriebsrat habe hierzu nicht ausreichend vorgetragen, weshalb es an tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Quantifizierung dieser Tätigkeit fehle. Es hätte die maßgebenden Umstände nach der Maßgabe des § 83 ArbGG selbst ermitteln müssen.

25

bb) Das Landesarbeitsgericht ist darüber hinaus auch rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Arbeitnehmer übten „Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen mit Aufgaben der Kundenbetreuung“ iSd. Lohngruppe 3 Anlage 3 des ERTV aus. Das ist auch unter Zugrundelegung eines eingeschränkten Prüfungsmaßstabes in der Rechtsbeschwerdeinstanz bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs (dazu etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN , BAGE 129, 238 ) nicht ohne Rechtsfehler. Es fehlt bereits an den erforderlichen Feststellungen, ob es sich bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer um eine einheitliche Gesamttätigkeit handelt oder ob sie sich aus mehreren Teiltätigkeiten zusammensetzt, welche davon gemäß § 3 Abs. 2 ERTV maßgebend sind und wie sich diese ggf. zusammensetzen, um bestimmen zu können, ob die Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals vorliegen. Dies wäre aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil das Landesarbeitsgericht selbst angenommen hat, die Tätigkeit bestehe „nicht überwiegend in der Kundenbetreuung“ und die in der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben „beziehen sich nicht in erster Linie auf die Aufgaben gegenüber dem Kunden“, sondern „auf innerdienstliche Angelegenheiten“.

26

c) Der Senat kann nach § 563 Abs. 3 ZPO iVm. § 92 Abs. 2, § 72 Abs. 5 ArbGG selbst entscheiden. Die Zustimmung des Betriebsrats ist nicht gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen. Dabei kann es dahinstehen, ob eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit vorliegt oder wie etwaige Einzeltätigkeiten zusammengefasst werden können. Denn bei jeder denkbaren Zusammenfassung trifft die von der Arbeitgeberin geltend gemachte Lohngruppe nicht zu, weil die Arbeitnehmer keine Aufgaben mit Kundenbetreuung im tariflich relevanten Umfang ausüben. Weder im Falle einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit noch hinsichtlich einer überwiegenden Teiltätigkeit werden von den Arbeitnehmern der Lokalen Einsatzleitung „Aufgaben der Kundenbetreuung“ in einem rechtlich relevanten Umfang wahrgenommen.

27

aa) Nach dem tariflichen Tätigkeitsmerkmal erfordert eine Eingruppierung in die Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV neben den dort genannten subjektiven Voraussetzungen in der Person des Arbeitnehmers die Ausübung von „Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen mit Aufgaben der Kundenbetreuung“. Damit wird nach dem eindeutigen Tarifwortlaut nicht jede Tätigkeit, die Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen zum Gegenstand hat, von dem tariflichen Tätigkeitsmerkmal erfasst, sondern nur solche Tätigkeiten, die auch mit den Aufgaben einer Kundenbetreuung verbunden sind. Das ergibt sich auch aus der Tarifsystematik. Die Arbeitgeberin geht in ihrem eigenen Vorbringen in der Sache zutreffend davon aus, dass sich eine Tätigkeit nach der Lohngruppe 3 der Anlage 3 des ERTV im Unterschied zu denjenigen der Lohngruppen 1 und 2 „sehr wesentlich“ aufgrund des zusätzlichen Merkmals der „geforderten Aufgaben der Kundenbetreuung“ bestimmt. Hierdurch wird die Tätigkeit nach der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV von den Tätigkeiten in den beiden niedrigeren Lohngruppen maßgebend abgegrenzt.

28

bb) Ein Kontakt zu Kunden, wie vom Tätigkeitsmerkmal gefordert wird, ist bereits nach der allgemeinen Tätigkeitsbeschreibung in der Stellenausschreibung nicht Inhalt der Tätigkeit. Danach nehmen die Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitungen Sicherheitsaufgaben wahr, „indem sie Mitarbeiter bei der Erbringung der Sicherheitsdienstleistungen geschäftsfeldübergreifend im Auftrag der bereits vorhandenen ‚Regionalen Einsatzleitung’ (REL) steuern und so weit die technischen Voraussetzungen gegeben sind, Videobeobachtungen unter Security - Gesichtspunkten durchführen“. Aufgaben der Kundenbetreuung sind hiermit nicht verbunden.

29

Nach dem Vorbringen der Beteiligten ist auch nicht ersichtlich, dass den betreffenden Arbeitnehmern Aufgaben der Kundenbetreuung, wie sie etwa in den Beispielen zum Tätigkeitsmerkmal genannt werden - „Informations- und Auskunftserteilung, Begleitung, Service“ - zur Ausübung übertragen worden sind. Allein der Umstand, dass es sich bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung um eine typische Aufgabe der Sicherheitsdienstleistung handelt, die - wie es das Landesarbeitsgericht meint - daher im Ergebnis auch „kundenbezogen“ sei, weil die Tätigkeit auch der Sicherheit der Bahnhofskunden diene, reicht nach dem Tarifwortlaut nicht aus. Erforderlich ist, wie auch die erläuternden Beispiele des Tätigkeitsmerkmals zeigen, der unmittelbare Kontakt mit dem jeweiligen Besucher oder Nutzer des Bahnhofs. Nur dann kann nach dem Tatbestandsmerkmal von Aufgaben der Kundenbetreuung iSd. Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV ausgegangen werden.

30

Ein unmittelbarer Kontakt zu den Kunden des Betreibers desjenigen Objekts, in dem die Arbeitgeberin Aufgaben des Sicherheits- und Ordnungsdienstes übernommen hat - hier also den Kunden des jeweiligen Bahnhofsbetreibers -, ist nach den vorliegenden Tätigkeitsbeschreibungen wenn überhaupt nur im Zusammenhang mit der in der Stellenbeschreibung genannten Aufgabe „Durchführen der Strafantragstellung (im Auftrag des Geschädigten)“ vorstellbar. Nach dem Vortrag der Beteiligten in den Tatsacheninstanzen ist jedoch selbst in diesem Zusammenhang eine „Kundenbetreuung“ fraglich. Soweit die Arbeitgeberin in der Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend macht, allein dem Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung obliege die Strafantragstellung und decke daher „als besonders elementare Serviceleistung auch gegenüber dem Laufkunden“ das Merkmal der Kundenbetreuung ab, bleibt bereits offen, ob das „Durchführen der Strafantragstellung“ mit einen Kundenkontakt verbunden ist, ob also Kunden die Lokale Einsatzleitung aufsuchen oder ob die dort tätigen Arbeitnehmer in anderer Weise mit Kunden in Kontakt treten. Ebenso ist es möglich, dass der Kontakt nur mit dem vor Ort tätigen Streifenmitarbeiter zustande kommt, die nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für die Sicherheit und die Kundenbetreuung auf den Bahnhöfen zuständig sind, und deshalb die unmittelbare Betreuung der Kunden bei diesem verbleibt. Sollte die Arbeitgeberin mit ihrem Vortrag weitergehend geltend machen wollen, bei der Durchführung der Strafantragstellung käme es zu einer Kundenbetreuung im Sinne eines unmittelbaren Kontakts, würde es sich um einen in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässigen neuen Tatsachenvortrag handeln, § 559 Abs. 1 ZPO. Der Betriebsrat hat zudem in den Tatsacheninstanzen in Abrede gestellt, dass die Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung Kontakt zu den Kunden haben.

31

Selbst wenn man aber in diesem Zusammenhang von einer Kundenbetreuung durch einen Arbeitnehmer der Lokalen Einsatzleitung ausgehen wollte, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass es sich um die überwiegende Tätigkeit des Arbeitnehmers iSd. § 3 Abs. 2 ERTV handelt. Es ist weder ersichtlich, dass es sich bei dieser Tätigkeit um die überwiegende Teiltätigkeit im Tarifsinne handelt, noch ist erkennbar, dass solche Einzelvorgänge im Rahmen einer Gesamttätigkeit oder einer überwiegenden Teiltätigkeit einen rechtserheblichen Zeitanteil beanspruchen (dazu BAG 22. März 1995 - 4 AZN 1105/94 - zu II der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 193), der dazu führen könnte, das Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV als erfüllt anzusehen. Selbst in der Rechtsbeschwerdeinstanz hat die Arbeitgeberin nicht vorgetragen, in welchem Umfang diese Aufgaben anfallen.

32

cc) Aufgaben der Kundenbetreuung ergeben sich auch nicht deshalb - wie die Arbeitgeberin in der mündlichen Anhörung vor dem Senat geltend gemacht hat -, weil Kunde iSd. Tätigkeitsmerkmals jeder Auftraggeber der Arbeitgeberin ist, für den die Sicherheits- und Ordnungsdienste ausgeübt werden. Diese Auffassung der Arbeitgeberin ist offensichtlich unzutreffend. Sie übersieht die eigenständige Erwähnung des Merkmals „Aufgaben der Kundenbetreuung“, welches auch gerade der Abgrenzung zu den Tätigkeiten der beiden anderen Lohngruppen dient, wie sie selbst vorgetragen hat (oben unter aa). Das Merkmal wäre kein Abgrenzungsmerkmal, sondern schlicht überflüssig, wenn ein derart weiter Kundenbegriff wie von ihr zuletzt vertreten zugrunde zu legen sein würde. Die von der Arbeitgeberin verrichteten Sicherheits- und Bewachungsdienste werden stets gegenüber einem Auftraggeber als „Kunden“ - hier der Deutschen Bahn AG und ihren Gesellschaften - ausgeübt. Anhaltspunkte für ein solches Tarifverständnis und damit für die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten ein überflüssiges Tatbestandsmerkmal in das Tätigkeitsmerkmal aufgenommen, können dem Tarifvertrag auch nicht entnommen werden. Im Gegenteil belegen die von den Tarifvertragsparteien gewählten Tätigkeitsbeispiele zur Lohngruppe 3 - „Informations- und Auskunftserteilung, Begleitung, Service“ - dass sie mit den „Kunden“ im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals die Nutzer der Bahnhöfe und/oder Züge und nicht diejenigen meinen, die den Auftrag zur Durchführung der Sicherheits- und Ordnungsdienste gegeben haben.

33

dd) Allein der Umstand, dass die Tätigkeit der Lokalen Einsatzleitung „durch ihre Bündelungsfunktion (‚innerdienstliche Tätigkeit’) eine der Sicherheitsleistung mit Aufgaben der Kundenbetreuung gleiche Wertigkeit“ besitzen mag, wie es die Rechtsbeschwerdeerwiderung anführt, führt nicht zu dem von ihr vorgetragenen Befund, dass bei diesen Arbeitnehmern die Abgrenzung anhand des Merkmals der „Kundenbetreuung“ überflüssig und auf dieses bei der Eingruppierung verzichtet werden kann. Hierzu gibt der Tarifwortlaut keine Anhaltspunkte.

34

ee) Ein anderes folgt nicht aus den vier einleitenden Spiegelstrichen der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV und vorliegend aus dem Tarifwortlaut „SOD im Rahmen des 3-S-Systems“. Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin handelt es sich hierbei nicht um tarifliche „Regelbeispiele“, die eine Prüfung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale erübrigen könnten.

35

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind zwar die allgemeinen Merkmale einer Vergütungsgruppe grundsätzlich erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeitsbeispiel zu dieser Vergütungsgruppe genannt ist. Das beruht darauf, dass die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten häufig vorkommende, typische Aufgaben einer bestimmten Vergütungsgruppe fest zuordnen können. Dieses Verständnis der Bedeutung von Richt-, Regel- oder Tätigkeitsbeispielen entspricht auch den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen die Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen typischerweise gerecht werden wollen (st. Rspr., zB 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 27 mwN , BAGE 129, 238).

36

Um Beispieltätigkeiten iSd. Rechtsprechung handelt es sich bei den der Lohngruppe 3 der Anlage 3 des ERTV vorangestellten vier Spiegelstrichen aber nicht. Es sind lediglich einleitende Überschriften, die einzelne Bereiche der Sicherheits- und Ordnungsdienste aufzählen, ohne aber Angaben zur auszuübenden Tätigkeit zu enthalten. Die genaue Tätigkeitsbeschreibung - Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen mit Aufgaben der Kundenbetreuung - folgt erst in Absatz 1 der Lohngruppe 3. Die Rechtsauffassung der Arbeitgeberin würde dazu führen, dass die einzelnen Tätigkeitsmerkmale in der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV überflüssig wären und jeglicher Sicherheits- und Ordnungsdienst in den dort genannten vier Bereichen dieser Lohngruppe zugeordnet wäre. In der Folge wären auch die in den Tätigkeitsmerkmalen ausführlich beschriebenen subjektiven Voraussetzungen ohne Bedeutung, da diese nicht mehr Inhalt der von der Arbeitgeberin angeführten „Regelbeispiele“ sind. Für einen solchen außergewöhnlichen Regelungswillen fehlt es ersichtlich an Anhaltspunkten.

37

5. Ob die Tätigkeit der Lokalen Einsatzleitung überhaupt von den Tätigkeitsmerkmalen der Anlagen 1 bis 3 ERTV erfasst wird, muss der Senat nicht abschließend entscheiden. Selbst wenn das Entgeltgruppenverzeichnis des ERTV lückenhaft sein sollte, könnte es nicht durch eine analoge Anwendung der Lohngruppe 3a der Anlage 3 ERTV geschlossen werden.

38

a) Erfüllt die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Geltungsbereich eines Tarifvertrages keines der in der tariflichen Vergütungsordnung geregelten Tätigkeitsmerkmale, handelt es sich um eine Tariflücke (BAG 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 23, AP TVG § 1 Nr. 57 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 46). Eine solche kann nur geschlossen werden, wenn es sich nicht um eine bewusste Auslassung der Tarifvertragsparteien handelt. Denn die Gerichte sind nicht befugt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“ oder eine schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei dadurch zu prämieren, dass ihr Vertragshilfe geleistet wird. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 20, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 215; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 24, aaO). Aber auch nicht jede unbewusste Tariflücke darf durch die Gerichte geschlossen werden. Dafür müssen sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Tarifvertragsparteien eine vollständige Regelung für alle im Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgeübten Tätigkeiten schaffen wollten und weiterhin eindeutige Hinweise darauf, wie die Tarifvertragsparteien die nicht berücksichtigte Tätigkeit bewertet hätten (BAG 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 25 mwN, aaO). Wenn hingegen mehrere Lösungsmöglichkeiten bestehen, muss die Wahl den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben (s. nur BAG 5. Oktober 1999 - 3 AZR 230/98 - zu I 5 der Gründe, BAGE 92, 310).

39

b) Selbst wenn man zugunsten der Arbeitgeberin in Anbetracht der neu geschaffenen Aufgaben der Lokalen Einsatzleitung eine unbewusste Regelungslücke annimmt und weiter davon ausgeht, die Tarifvertragsparteien hätten durch das Entgeltgruppenverzeichnis eine vollständige Regelung schaffen wollen, fehlt es an den erforderlichen eindeutigen Hinweisen, dass die Tätigkeit in der Lokalen Einsatzleitung nach der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV bewertet worden wäre. Das Tätigkeitsmerkmal der „Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen“ umfasst entgegen dem Wortlaut nicht jede Sicherheits- und Ordnungsdienstleistung, sondern nur solche, die entsprechend der Überschrift „in Bahnhöfen und Zügen“, also von den Streifenmitarbeitern „vor Ort“, ausgeführt werden. Vorbild für die Tätigkeiten der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV ist vor allem der Streifenmitarbeiter, nicht die (Lokale) Einsatzleitung, welche jenen steuert. Für einen Willen der Tarifvertragsparteien, auch derartige Arbeitnehmer der Lohngruppe 3 der Anlage 3 ERTV zuordnen zu wollen, fehlt jeder Anhaltspunkt.

40

II. Die Wideranträge des Betriebsrats sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat sie zu Recht zurückgewiesen.

41

1. Die hinreichend bestimmten Anträge (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO)des Betriebsrats sind entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht unzulässig. Es fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Bei dem Haupt- und dem Hilfsantrag handelt es sich um Leistungsanträge, für die kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich ist (BAG 19. Februar 2008 - 1 ABR 84/06 - Rn. 12, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 69 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 8; 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 68, 104). Ob dem Betriebsrat ein solcher Anspruch zusteht, ist eine Frage der Begründetheit.

42

2. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag sind unbegründet.

43

a) Dem Betriebsrat steht kein Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber zu, die Tätigkeit von Arbeitnehmern einer bestimmte Entgeltgruppe zuzuordnen. Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführt, beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Nimmt der Arbeitgeber eine Eingruppierung ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vor, kann dieser nach § 101 BetrVG die nachträgliche Einholung seiner Zustimmung und bei Verweigerung der Zustimmung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens verlangen(BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 112, 238; 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 68, 104). Der Betriebsrat hat jedoch im Bereich der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen - abgesehen von § 104 BetrVG - kein Initiativrecht, aufgrund dessen er vom Arbeitgeber eine bestimmte Ein- oder Umgruppierung verlangen könnte(BAG 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B II 2 f der Gründe, aaO). Dem Arbeitgeber kann nur die Einleitung eines ergebnisoffenen Zustimmungsverfahrens aufgegeben werden, nicht aber die Zuordnung einer ausgeübten Tätigkeit zu einer bestimmten Entgelt- oder Lohngruppe (BAG 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B II 2 f der Gründe, aaO; s. auch 12. Dezember 2006 - 1 ABR 13/06 - Rn. 10, BAGE 120, 303). Folglich besteht auf dieser Grundlage auch kein Anspruch auf die Durchführung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG.

44

b) Der Hilfsantrag des Betriebsrats ist gleichfalls unbegründet. Ein Anspruch des Betriebsrats auf Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens kommt erst dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber trotz rechtskräftiger Abweisung einer gerichtlich beantragten Zustimmungsersetzung ein erneutes Zustimmungsverfahren unterlässt. Der Betriebsrat kann nur dann die Einleitung eines erneuten Beteiligungsverfahrens beanspruchen, wenn der Arbeitgeber nach formell ordnungsgemäß eingeleitetem Mitwirkungsverfahren zu einer beabsichtigten Eingruppierung mit einem Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG endgültig erfolglos geblieben ist und seinen Zustimmungsantrag nicht wiederholt hat(vgl. BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - zu B II 2 b cc der Gründe, BAGE 77, 1). Deshalb scheidet der mit dem Hilfsantrag verfolgte Anspruch des Betriebsrats während eines noch nicht abgeschlossenen Zustimmungsersetzungsverfahrens grundsätzlich aus. Erst nach dessen Abschluss kann der Betriebsrat bei einer vom Arbeitgeber unterlassenen neuerlichen Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG die Fortsetzung des Beteiligungsverfahrens dadurch erzwingen, dass er dem Arbeitgeber aufgeben lässt, nunmehr eine andere als die ursprünglich beabsichtigte Eingruppierung vorzunehmen und hierzu seine Zustimmung einzuholen(vgl. BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - aaO). Ob ausnahmsweise dann ein anderes gilt, wenn der Arbeitgeber zu erkennen gibt, im Falle der Abweisung seines Zustimmungsersetzungsantrages kein erneutes Verfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG durchführen zu wollen, kann offenblieben. Solche Umstände werden weder vom Betriebsrat geltend gemacht noch sind sie ersichtlich.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Dierßen    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 2. November 2016 - 3 Sa 213/16 - insoweit teilweise aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 2014 nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 24. März 2016 - 5 Ca 4247/15 - zurückgewiesen.

3. Von den Kosten der ersten und zweiten Instanz hat die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen. Von den Kosten der Revision hat die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist auf der Basis des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 2. September 2002 bei der Beklagten als Geschäftsstellenverwalterin und Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am Bundesverwaltungsgericht beschäftigt. Nach dessen § 2 bestimmt sich

        

„Das Arbeitsverhältnis … nach dem Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Ausgenommen ist der Beihilfe-Tarifvertrag vom 15. Juni 1959 i. d. F. des Ergänzungstarifvertrages vom 26. Mai 1964.“

3

Die Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichts gliedert sich in sechs Arbeitsgruppen, die jeweils von einer Beamtin oder einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden. Die Aufgaben der Geschäftsstelle sind in der Geschäftsstellenordnung für das Bundesverwaltungsgericht (GStO-BVerwG) festgelegt, in der es ua. heißt:

        

§ 5   

        

Geschäfte des mittleren Dienstes

        

…       

        

3.    

Die Beschäftigten des mittleren Dienstes haben insbesondere folgende Aufgaben zu erledigen:

                 

a)    

Urkundsbeamte/r Geschäftsstellenverwalter/in

                          

●       

Führung der Register, Verzeichnisse usw. nach Maßgabe dieser Geschäftsstellenordnung und aufgrund von Entscheidungen über die Geschäftsverteilung in den einzelnen Senaten

                          

●       

Erfassung und Pflege von Verfahrensdaten gemäß GO§A-Anwenderhandbuch, Verwaltung des Schriftguts, Aktenführung einschließlich Aktenrücksendung, Überwachung des Aktenumlaufs und Fristenkontrolle

                          

●       

Erledigung des Schreibwerks

                          

●       

Schreiben von Entscheidungen und Gutachten einschließlich des Lesens

                          

●       

Protokollführung einschließlich der Übersendung von Protokollabschriften

                          

●       

Rücksendung der Prozessakten und Beiakten nach Beendigung des Rechtsmittelverfahrens

                          

●       

Zustellungs- und Verkündungsvermerke auf Urteilen

                          

●       

Vermerk der Übergabe des Urteils an die Geschäftsstelle

                          

●       

Vermerk eines Berichtigungsbeschlusses auf der Urschrift der Entscheidung und/bzw. den Ausfertigungen

                          

●       

Gewährung und Überwachung der Akteneinsicht

                          

●       

Erteilung von Auszügen und Abschriften aus den Gerichts- und Beiakten

                          

●       

Erteilung von Notfristzeugnissen

                          

●       

Bearbeitung von Aktenanforderungen im Wege der Amtshilfe

                          

●       

Beglaubigung von Abschriften

                          

●       

Erstellung der Senatsstatistiken über den Stand der Verfahren und besonderer statistischer Aufstellungen für den jeweiligen Senat

                          

●       

Mitwirkung im Sinne der Kostenverfügung

                          

●       

Anonymisierung von Entscheidungen gemäß Anlage 2 der Dienstanweisung über die Erstellung von Schriftgut beim Bundesverwaltungsgericht für den Versand

                 

b)    

Kostenbeamte/r

                          

…“    

4

Bis zum 30. September 2005 erhielt die Klägerin eine Vergütung nach der VergGr. VIb der Anlage 1a zum BAT-O. Nach Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) am 1. Oktober 2005 wurde sie in die Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund mit einer individuellen Zwischenstufe zwischen den Stufen 5 und 6 übergeleitet. Seit dem 1. Oktober 2007 erhält sie eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 TVöD/Bund.

5

Mit Schreiben vom 26. November 2014 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat unter Hinweis auf die Protokollerklärung zu Teil III Nr. 20 des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund) um die Überprüfung ihrer Eingruppierung.

6

Mit einem weiteren Schreiben vom 24. Juni 2015 nahm die Klägerin auf ihren Antrag vom 26. November 2014 Bezug und führte aus, sie

        

„… weise zunächst zur Klarstellung darauf hin, dass es sich um einen Antrag auf Höhergruppierung gemäß § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund handelt.“

7

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30. Juni 2015, das der Beklagten am folgenden Tag zugegangen ist, machte die Klägerin eine Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9a Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund geltend.

8

Im Juli 2015 wies die Beklagte das Begehren der Klägerin zurück und übersandte ihr aus Anlass der Tarifvertragsänderung eine Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 14. Juli 2015 „mit Wirkung vom 01.01.2014“. Diese lautet auszugsweise:

        

„4.5. 

Der Arbeitsplatzinhaber hat folgende Zeichnungs- und Feststellungsbefugnisse

                 

Wahrnehmung der Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gemäß § 153 Abs. 5 GVG

                 

Führung des Protokolls bei mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen

                 

Aufgaben einer Kostenbeamtin/eines Kostenbeamten

        

5.    

Beschreibung der Tätigkeiten, die eine Bildung von Arbeitsvorgängen und deren tarifliche Bewertung ermöglicht, einschließlich der dazu benötigten Fachkenntnisse

        

I.    

Tätigkeiten

                 

Fortlaufend nummerieren: 5.1., 5.2. u.s.w.

Zeitanteil

                 

5.1 a)

Verteilung der neu eingegangen Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan; Feststellung des zuständigen Richters gemäß senatsinternem Geschäftsverteilungsplan

3 %     

                 

5.1 b)

Prüfen der Rechtsmittelfristen sowie der Vertretungsbefugnis

7 %     

                 

5.2.   

Schriftgutverwaltung, wie Stammdaten- und Verfahrensdatenerfassung und -pflege, Zuordnung eingehender Schriftsätze zu den Verfahren einschließlich Umlaufverwaltung

18 %   

                 

5.3.   

Aktenführung (unter Beachtung der getrennten Aktenführung) der Prozess-, Senats-, Sach- und Handakten sowie Sonderhefte in Papierform und elektronischer Form einschl. Überwachung von Akteneinsicht

7 %     

                 

5.4.   

Aktenrücksendung nach Abschluss des Verfahrens an die Vorinstanzen, bei erstinstanzlichen Verfahren an die Behörde

3 %     

                 

5.5.   

Fertigung des Schreibwerks, wie Abarbeiten von Verfügungen sowie Schreiben, Korrigieren und Formatieren von Gutachten und Entscheidungen einschließlich Lesen

30 %   

                 

5.6.   

Beglaubigung von gerichtlichen Schreiben, Erteilen von Bescheinigungen, wie Rechtskraftbescheinigungen, Notfristzeugnisse, Verkündungsvermerke sowie Bescheinigung des Eingangs von Senatsentscheidungen in der Geschäfts-stelle

5 %     

                 

5.7.   

Führen der Eingangsregister und weiterer Verzeichnisse

2 %     

                 

5.8.   

Bearbeitung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen, insbesondere von Verfahrensbeteiligten

1 %     

                 

5.9.   

Aufgaben des Kostenbeamten

12 %   

                 

5.10. 

Vorbereitung von mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen, wie Beratungstermine, Erörterungstermine einschl. Erstellen der Sitzungsaushänge

5 %     

                 

5.11. 

Protokollführung in mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen

5 %     

                 

5.12. 

Kontrolle von sonstigen Fristen und Zustellnachweisen

2 %“   

9

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar. Die ihr übertragenen Aufgaben seien organisatorisch nicht voneinander getrennt. Dieser Arbeitsvorgang enthalte mit der Prüfung der Rechtsmittelfristen, dem Führen der Eingangsregister, der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen sowie der Protokollführung und ihrer Tätigkeit als Kostenbeamtin in rechtserheblichem Ausmaß schwierige Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppe 9a, hilfsweise der Entgeltgruppe 8 Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Mai 2014 nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate ab Mai 2014 ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen;

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Mai 2014 nach der Entgeltgruppe 8 TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate seit Mai 2014 ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die Klägerin erfülle weder ein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 9a noch der Entgeltgruppe 8 TV EntgO Bund. Sie sei zutreffend in der Entgeltgruppe 6 TV EntgO Bund eingruppiert. Die ihr übertragene Tätigkeit untergliedere sich in sieben Arbeitsvorgänge. Die Beglaubigungen und die Auskunftserteilung seien nicht Bestandteil der Aktenführung und deshalb gesondert zu bewerten; für die Durchführung von Beglaubigungen werde die Akte nur als Arbeitsmittel benötigt. Auch bei der Beantwortung von Sachstandsanfragen handele es sich um eine vom Führen und Verwalten der Gerichtsakten zu trennende Serviceleistung, bei der die Akte lediglich als Erkenntnismittel genutzt werde. Die eigentliche Prüfung der Form- und Fristerfordernisse bei neu eingehenden Verfahren obliege nicht der Klägerin, sondern den Beamten des gehobenen Dienstes. Der Klägerin kämen insoweit nur unterstützende Aufgaben zu. Lediglich die Arbeitsvorgänge Kostensachen mit 12 %, Protokollführung mit 10 %, Eingangszuteilung mit 3 %, Beglaubigungen mit 5 % und Auskunftserteilung mit 1 %, also insgesamt nur 31 % der Gesamttätigkeit, seien schwierig im Sinne des tariflichen Tätigkeitsmerkmals.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Der Klägerin steht lediglich für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 ein Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu. Einen weiter gehenden Vergütungsanspruch für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 2014 hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht bejaht. Ein möglicher Entgeltanspruch für diesen Zeitraum ist wegen der nicht rechtzeitigen Geltendmachung nach § 37 TVöD verfallen. Das führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Hilfsantrag fällt nicht mehr zur Entscheidung an.

14

I. Die als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage auch im Hinblick auf die Verzinsungspflicht (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 10 mwN) zulässige (st. Rspr., sh. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 13 mwN) Klage ist entgegen der Auffassung der Revision für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund.

15

1. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme der BAT-O sowie der diesen mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2005 ersetzende TVöD für den Bereich des Bundes iVm. dem TVÜ-Bund Anwendung finden.

16

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts richtet sich die Eingruppierung der Klägerin allerdings nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TVöD/Bund sowie den Tätigkeitsmerkmalen des TV EntgO Bund, sondern nach § 22 BAT-O und den in diesem geregelten Tätigkeitsmerkmalen. Die Anwendung der Tätigkeitsmerkmale des TV EntgO Bund durch das Landesarbeitsgericht beruht auf einem unzutreffenden Verständnis von § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund.

17

a) Gemäß § 24 TVÜ-Bund gelten im Grundsatz für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen, ab dem 1. Januar 2014 für Eingruppierungen die §§ 12 und 13 TVöD/Bund. Nach § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund erfolgt die Überleitung dieser Beschäftigten unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Nach der Protokollerklärung zu § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund gilt die vorläufige Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 2 oder 4 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung als Eingruppierung. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund nicht statt. Danach verbleibt es bei unveränderter Tätigkeit grundsätzlich auch nach dem 1. Januar 2014 bei der einmal anlässlich der Überleitung vom BAT-O in den TVöD erfolgten Eingruppierung.

18

b) Nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund sind die Beschäftigten auf deren Antrag, der nach Satz 2 der Vorschrift bis zum 30. Juni 2015 gestellt werden konnte, in der Entgeltgruppe eingruppiert, die nach § 12 TVöD/Bund zutreffend ist, wenn sich nach dem TV EntgO Bund eine höhere Entgeltgruppe ergibt. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

19

aa) Die Tarifvertragsparteien haben die Vergütung der übergeleiteten Beschäftigten im Grundsatz in der Weise geregelt, dass - bei unveränderter Tätigkeit - die vorläufige Eingruppierung ab 1. Januar 2014 als „richtige“ Eingruppierung gilt. Hierdurch sollten eine „Eingruppierungswelle“ vermieden und die öffentlichen Arbeitgeber entlastet werden (vgl. Effertz TVöD Jahrbuch Bund 2017 IV.01 S. 843 zu 2.1; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand 1/2018 B 218 B 2.2 § 26 TVÜ-Bund Erl. 1 Rn. 1, 3; Litschen in Adam/Bauer/Bettenhausen/ua. Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Stand Dezember 2015 Teil II § 26 TVÜ-Bund B I Rn. 3; zur vergleichbaren Regelung des § 29a TVÜ-Länder sh. Augustin ZTR 2012, 484). Für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit gilt ein Bestandsschutz für die bisherige Entgeltgruppe. Liegt keine „unverändert auszuübende Tätigkeit“ vor, entfällt dieser. Da aber durch den am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen TV EntgO Bund im Vergleich zur früheren Tariflage vielfach höhere Eingruppierungen tariflich vereinbart worden sind, eröffnet § 26 TVÜ-Bund den Beschäftigten den Zugang zum neuen Entgeltsystem dann, wenn sie bei Zugrundelegung der Tätigkeitsmerkmale des - neuen - TV EntgO Bund eine Vergütung nach einer höheren Entgeltgruppe verlangen können. Umgekehrt kann sich allerdings im Einzelfall - beispielsweise durch Anrechnung des Höhergruppierungsgewinns auf einen möglicherweise nach § 12 TVÜ-Bund zustehenden Strukturausgleich oder aufgrund des geringeren Bemessungssatzes der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2, Abs. 3 TVöD/Bund bei Höhergruppierungen aus der Entgeltgruppe 8 in die Entgeltgruppe 9a oder 9b oder aus der Entgeltgruppe 12 in die Entgeltgruppe 13 - trotz einer höheren Eingruppierung ein finanzieller Nachteil ergeben(sh. auch Rundschreiben des BMI vom 24. März 2014 idF der 6. Ergänzung vom 27. Januar 2017 - D 5 - 31003/2#4 - Teil E Ziff. 1.4.4). Deshalb räumt § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund den betroffenen Beschäftigten durch das tarifliche Antragserfordernis ein Wahlrecht zwischen einer Vergütung nach der bisherigen und der neuen Entgeltordnung ein(Litschen aaO). Die Korrektur einer schon nach der bisherigen Vergütungsordnung erfolgten fehlerhaften Eingruppierung war dagegen nicht Ziel von § 26 TVÜ-Bund.

20

bb) Im Streitfall ergibt sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des TV EntgO Bund keine höhere Entgeltgruppe. Die Klägerin macht lediglich geltend, ihre Tätigkeit enthalte nicht, wie von der Beklagten angenommen, nur zu mindestens einem Fünftel, sondern zu mindestens der Hälfte schwierige Tätigkeiten. Übt die Klägerin zu mindestens einem Fünftel schwierige Tätigkeiten aus, war sie nach der Vergütungsordnung des BAT-O in der VergGr. VIb der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und nach der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in die Entgeltgruppe 6 überzuleiten. Übt die Klägerin zu mindestens der Hälfte der ihr übertragenen Tätigkeiten schwierige Tätigkeiten aus, war sie - nach unstreitiger dreijähriger Bewährung - in der VergGr. Vb der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und nach der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in die Entgeltgruppe 9 sowie gemäß § 27 Abs. 3 TVÜ-Bund iVm. Satz 1 Buchst. a Anhang zu § 16 TVöD/Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in die Entgeltgruppe 9a überzuleiten. Danach führt die Überleitung bei - aus Sicht der Klägerin - zutreffender Eingruppierung in die Vergütungsordnung des BAT-O ebenso wie auch die Eingruppierung nach dem TV EntgO Bund zu einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund. Es verbleibt deshalb bei der Anwendung der bislang für die Eingruppierung maßgebenden Tarifregelungen des BAT-O.

21

3. Die Klägerin war in Anwendung von § 22 BAT-O in die VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und entsprechend in die Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund überzuleiten.

22

a) Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BAT-O ist die Klägerin in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

23

aa) Hiernach ist Bezugsobjekt der tariflichen Bewertung der Arbeitsvorgang.

24

(1) Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis maßgebend (st. Rspr., etwa BAG 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 146, 22; 15. September 2004 - 4 AZR 396/03 - zu I 1 d aa der Gründe, BAGE 112, 39). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vorneherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (st. Rspr., zB BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, aaO; grdl. 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN). Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer/s Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 773/12 - Rn. 19; 22. September 2010 - 4 AZR 149/09  - Rn. 17 mwN).

25

(2) Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten angeführt haben. Damit haben sie die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, nicht aber die Bestimmung von Arbeitsvorgängen vorgegeben, die gerade nicht nach der Wertigkeit der Einzeltätigkeiten, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf diese vorzunehmen ist. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen (BAG 31. Oktober 1990 - 4 AZR 260/90 -; 14. August 1985 - 4 AZR 21/84 - BAGE 49, 250) ausgeführt hat, die gewöhnlichen Aufgaben eines Geschäftsstellenverwalters und die „schwierigen Tätigkeiten“ im Tarifsinne seien verschiedenen Arbeitsvorgängen zuzuordnen, beruht dies auf der Annahme, tatsächlich trennbare tariflich verschieden zu bewertende Tätigkeiten könnten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. An dieser Rechtsprechung hat der Senat in seiner nunmehr ständigen Rechtsprechung nicht mehr festgehalten (sh. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, BAGE 146, 22). Es kommt für die tarifliche Bewertung nicht darauf an, ob und inwieweit Einzelaufgaben verwaltungstechnisch verschiedenen Beschäftigten zugewiesen werden könnten, solange sie im Zusammenhang als eine einheitliche Arbeitsaufgabe tatsächlich einer Person übertragen sind (grdl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN).

26

(3) Der Begriff des Arbeitsvorgangs unterliegt als feststehender, abstrakter und den Parteien vorgegebener Rechtsbegriff in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht, das bei Vorliegen der erforderlichen Tatsachenfeststellungen die Arbeitsvorgänge auch selbst bestimmen kann (BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 552/96 - Rn. 34).

27

bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist bei natürlicher Betrachtungsweise ein abgrenzbares Arbeitsergebnis (vgl. Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-O) die Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens. Zu ihm gehören sämtliche mit der Aktenführung und -betreuung im Zusammenhang stehende Tätigkeiten einschließlich der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen sowie - darüber hinaus - der Fertigung des Schreibwerks und der Verteilung der Neueingänge. Diese Einzelaufgaben und -tätigkeiten sind als einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten.

28

(1) Das Landesarbeitsgericht hat zunächst zutreffend die Aktenführung im engeren Sinne (Ziff. 5.3. der Tätigkeitsbeschreibung = 7 %), die Aktenrücksendung (Ziff. 5.4. = 3 %), die Schriftgutverwaltung (Ziff. 5.2. = 18 %), das Führen der Eingangsregister (Ziff. 5.7. = 2 %), die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Prüfung von Rechtsmittelfristen und Vertretungsbefugnissen (Ziff. 5.1b = 7 %) und die Kontrolle von sonstigen Fristen (Ziff. 5.12. = 2 %) sowie die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen (Ziff. 5.6. = 5 % und Ziff. 5.8. = 1 %) einem einheitlichen Arbeitsvorgang zugeordnet.

29

(a) Der Senat hat in der Vergangenheit angenommen, in aller Regel sei die Tätigkeit eines gerichtlichen Geschäftsstellenverwalters ein Arbeitsvorgang, weil alle seine Aufgaben im Sinne einer vorgegebenen, einheitlichen Funktion einem Arbeitsergebnis dienen, das in der Verwaltung der Geschäftsstelle mit allen dazugehörigen Aufgaben besteht (zB BAG 14. August 1985 - 4 AZR 21/84 - BAGE 49, 250). Zu diesen gehören - bei einheitlicher Übertragung - auch die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen.

30

(aa) Auch im Streitfall sind der Klägerin diese Tätigkeiten aus Gründen der Praktikabilität (vgl. dazu BAG 14. September 1994 - 4 AZR 787/93 -) im Zusammenhang mit der ihr obliegenden Aktenführung einheitlich und alleinverantwortlich im Sinne einer sinnvollen Verwaltungsübung übertragen worden. Das wird auch durch § 5 der GStO-BVerwG bestätigt. Die Vorschrift differenziert nicht zwischen verschiedenen Aufgaben im Zusammenhang mit der Aktenführung, sondern vielmehr nur zwischen den Aufgaben der Urkundsbeamtin und Geschäftsstellenverwalterin auf der einen und denen der Kostenbeamtin auf der anderen Seite.

31

(bb) Die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen stehen zudem in einem inneren Zusammenhang mit der Betreuung des Aktenvorgangs in der Geschäftsstelle, weil die Klägerin die Akte durch die sonstigen ihr übertragenen Arbeitsschritte kennt und sie bei der Beglaubigung heranzieht.

32

(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen von der Aktenführung als solcher trennbar wären. Die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt gemäß § 22 BAT-O „bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten“ und damit abhängig von der diesem konkret übertragenen Tätigkeit. Entscheidend ist danach im Streitfall, dass sie der Klägerin im Interesse einer zügigen Bearbeitung einheitlich übertragen sind. Unerheblich ist, dass es theoretisch möglich wäre, durch organisatorische Maßnahmen einen Arbeitsvorgang aufzuteilen und die Bearbeitung dieser Teile auf verschiedene Mitarbeiter zu übertragen (vgl. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34 mwN; 2. Dezember 1992 - 4 AZR 140/92 -). Dies ist im Falle der Klägerin tatsächlich gerade nicht erfolgt.

33

(2) Dieselben Erwägungen gelten für die Aufgabe der Fertigung des Schreibwerks, die der Klägerin ebenso im Zusammenhang mit der Betreuung der Aktenvorgänge - einheitlich - übertragen worden ist.

34

(3) Schließlich ist diesem Arbeitsvorgang die Verteilung der Neueingänge zuzuordnen. Sie ist bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise nicht auf ein anderes Arbeitsergebnis gerichtet, sondern vielmehr auch Teil der Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle (zur Neuanlage von Akten durch einen Kriminalaktenverwalter vgl. auch BAG 15. November 1995 - 4 AZR 557/94 - zu II 2 c der Gründe).

35

cc) Der so bestimmte Arbeitsvorgang macht 78 % der der Klägerin übertragenen Gesamttätigkeit aus. Ob darüber hinaus die weiteren Teiltätigkeiten der Protokollführung und die Wahrnehmung der Aufgaben der Kostenbeamtin diesem Arbeitsvorgang zuzuordnen sind, kann dahinstehen, da die der Klägerin übertragene Tätigkeit bei jedem insoweit denkbaren Zuschnitt das Tätigkeitsmerkmal der „schwierigen Tätigkeit“ im Tarifsinne erfüllt.

36

b) Die Bewertung des maßgeblichen Arbeitsvorgangs ergibt, dass die Klägerin überwiegend Tätigkeiten ausübt, die das Tarifmerkmal der VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O erfüllen.

37

aa) Die vorliegend maßgebenden Tätigkeitsmerkmale lauten:

        

I.    

Angestellte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften

        
        

Vergütungsgruppe V b

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie schwierig ist,

        
                          

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1.

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
        

Vergütungsgruppe V c

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie schwierig ist.

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
        

Vergütungsgruppe VI b

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig ist. (Das Tätigkeitsmerkmal ist auch erfüllt, wenn die schwierigen Tätigkeiten zusammen mit der selbständigen Fertigung von Inhaltsprotokollen in Strafsachen mindestens 35 vom Hundert der Gesamttätigkeit ausmachen.) - Fußnote 1 -

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
                                   
        

Vergütungsgruppe VII

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften.*

                 

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)

        

…       

        

Protokollnotizen:

        

1.    

Geschäftsstellenverwalter sind Angestellte, die Schriftgut verwalten und mindestens zu einem Drittel ihrer Gesamttätigkeit die sonstigen, in den Geschäftsordnungen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften für ihr Arbeitsgebiet dem mittleren Dienst zugewiesenen Tätigkeiten wahrnehmen.

        

…       

        
        

2.    

Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind zum Beispiel:

                 

a)    

die Anordnung von Zustellungen, die Ladung von Amts wegen und die Vermittlung von Zustellungen im Parteibetrieb, die Heranziehung und die Ladung der ehrenamtlichen Richter, die Besorgung der öffentlichen Zustellung und Ladung,

                 

b)    

die Erteilung von Rechtskraft- und Notfristzeugnissen sowie die Erteilung von Vollstreckungsklauseln, die Vollstreckbarkeitsbescheinigung in Strafsachen,

                 

…       

        
                 

e)    

die Aufgaben des Kostenbeamten, die Aufgaben der Geschäftsstelle bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung, die Festsetzung und Anweisung der den Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richtern sowie den Beteiligten zu gewährenden Entschädigungen (einschl. etwaiger Vorschüsse),

                 

…       

        
                 

g)    

die unterschriftsreife Vorbereitung von Beschlüssen und Verfügungen sowie Anordnungen für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger, die Vorprüfung von Klagen und Anschuldigungsschriften, Anträgen sowie Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen in Gerichtsverfahren (Spruchkörperzuständigkeit, Ermittlung des Berichterstatters, Fristwahrung, Beweisangebote in patentgerichtlichen Verfahren u.ä.), die Überprüfung fristgebundener Gebührenzahlungen in patentgerichtlichen Verfahren,

                 

h)    

die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art sowie die Überwachung von Akteneinsichten in patentgerichtlichen Verfahren.

                 

Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind auch die Aufgaben als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle beim Bundesverfassungsgericht, bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes und bei dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof.

        

…“    

        
38

bb) Das Merkmal der schwierigen Tätigkeiten, das in den Protokollnotizen der maßgebenden Vergütungsgruppen konkretisiert ist, ist im Umfang von mindestens der Hälfte erfüllt, wenn Arbeitsvorgänge, die mindestens die Hälfte der gesamten Arbeitszeit der Klägerin in Anspruch nehmen, schwierige Tätigkeiten enthalten. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs zeitlich überwiegend anfallen (BAG 17. Mai 2017 - 4 AZR 798/14 - Rn. 27 mwN). Vielmehr genügt es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt würde (BAG 17. April 2013 - 4 AZR 915/11 - Rn. 40; vgl. dazu 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93  -).

39

cc) Gemessen daran übt die Klägerin mindestens zur Hälfte der ihr übertragenen Tätigkeit schwierige Tätigkeiten im Sinne der VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O aus.

40

(1) Im Rahmen der Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle fallen schwierige Tätigkeiten in rechtlich erheblichem Umfang an.

41

(a) Die Bearbeitung von Sachstandsanfragen mit Auskunftsersuchen sind nach der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. h Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O, die Beglaubigung von gerichtlichen Schreiben und Erteilung von Bescheinigungen wie Rechtskraftzeugnisse ua. sind gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. b Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O schwierige Tätigkeiten im Sinne des Tarifmerkmals. Auch sind die Verteilung der neu eingegangenen Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan und die Feststellung des zuständigen Richters gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. g Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O schwierig im Sinne des Tätigkeitsmerkmals. Der Anteil dieser Tätigkeiten an der von der Klägerin auszuübenden Gesamttätigkeit beträgt damit insgesamt 9 Prozentpunkte. Das macht bezogen auf den Arbeitsvorgang einen Anteil von 11,54 % (9 % von 78 %) aus.

42

(b) Damit erreicht der Anteil der schwierigen Tätigkeiten innerhalb dieses Arbeitsvorgangs ein rechtserhebliches Ausmaß. Dabei kann dahinstehen, ob dieses überhaupt quantitativ bestimmt werden kann. Jedenfalls sind die schwierigen Tätigkeiten im Streitfall nicht von nur untergeordneter Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit - bezogen auf den von ihm bestimmten Arbeitsvorgang „Aktenführung“ - in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, ohne die Arbeitsschritte der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen könne ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht erzielt werden (vgl. dazu BAG 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - zu III 3 b bb der Gründe).

43

(2) Offenbleiben kann deshalb, welche Tätigkeiten die Klägerin im Zusammenhang mit der Kontrolle von Rechtsmittelfristen und der Führung des Eingangsregisters auszuüben hat, was zwischen den Parteien streitig ist. Insoweit kann vielmehr zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass diese der Klägerin übertragenen Tätigkeiten nicht schwierig im tariflichen Sinne sind.

44

(3) Auch bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die Aufgaben der Klägerin als Kostenbeamtin, die das Landesarbeitsgericht zu Recht gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. e Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O als schwierige Tätigkeit bewertet hat, sowie der Protokollführung in mündlichen Verhandlungen, die als solche dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle obliegen (§ 105 VwGO iVm. § 159 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und deshalb gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Abs. 2 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O ebenfalls eine schwierige Tätigkeit im Tarifsinne ist, im Rahmen eines einheitlichen großen Arbeitsvorgangs oder als gesonderte Arbeitsvorgänge zu berücksichtigen sind. Bei jedem insoweit denkbaren Zuschnitt erfüllen Arbeitsvorgänge im Umfang von mehr als der Hälfte der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals.

45

dd) Da die Klägerin sich schließlich in der Zeit vom 1. September 2002 bis zum 31. August 2005 (und damit bereits vor Inkrafttreten des TVöD) in ihrer nach der VergGr. Vc Fallgr. 1 der Anlage 1a zum BAT-O zu bewertenden Tätigkeit bewährt hat, erfüllt sie auch die geforderte dreijährige Bewährung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vb BAT-O. Von einer solchen Bewährung gehen die Parteien übereinstimmend aus. Die Beklagte hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal ausdrücklich bestätigt.

46

4. Mit ihrem der Beklagten - unstreitig - am folgenden Tag zugegangenen Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2015 hat die Klägerin die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD hinsichtlich der Ansprüche ab dem Monat Januar 2015 gewahrt. Dagegen hat die Beklagte auch zu keinem Zeitpunkt Einwendungen erhoben.

47

II. Hinsichtlich der sich aus der Eingruppierungsfeststellungsklage für das Jahr 2014 ergebenden Zahlungsansprüche ist die Klage unbegründet. Insoweit sind die Ansprüche verfallen, weil die Klägerin die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD nicht gewahrt hat.

48

1. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, für die von der Klägerin im Wege der Feststellungsklage geltend gemachten Ansprüche fände die Ausschlussfrist des § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund Anwendung. Das trifft jedoch schon deshalb nicht zu, weil die Voraussetzungen der Norm nicht gegeben sind. Daher kann dahinstehen, ob die Vorschrift - wie das Landesarbeitsgericht meint - generell eine Spezialregelung gegenüber der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD darstellt(so wohl auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand 1/2018 B 218 B 2.2 § 26 TVÜ-Bund Erl. 2 Rn. 6; Litschen in Adam/Bauer/Bettenhausen/ua. Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Stand Dezember 2015 Teil II § 26 TVÜ-Bund B I Rn. 4; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Januar 2018 Teil IV/3 Rn. 372), oder ob sich diese lediglich auf den Wechsel in das neue tarifliche Entgeltsystem bezieht und es hinsichtlich der sich aus der Ausübung des Antragsrechts folgenden Zahlungsansprüche bei der allgemeinen Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD verbleibt(so für § 29a Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder BeckOK TV-L/Dannenberg Stand 1. Januar 2013 TVÜ-Länder § 29a Rn. 38; Augustin ZTR 2012, 484) und wann diese ggf. fällig werden.

49

2. Nach § 37 Abs. 1 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Nach § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällig werdende Leistungen aus.

50

a) Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die nach Auffassung des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können. Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und nicht rechnen muss, geschützt werden (BAG 22. September 2016 - 6 AZR 432/15 - Rn. 13).

51

b) Ausgehend von diesem Zweck ist die Ausschlussfrist nur gewahrt, wenn der Anspruchsteller unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (BAG 15. Dezember 2016 - 6 AZR 578/15 - Rn. 26). Das ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer lediglich „um Prüfung“ bittet, ob die Voraussetzungen eines näher bezeichneten Anspruchs vorliegen, weil er damit nicht zum Ausdruck bringt, den Arbeitgeber auch unabhängig vom Ergebnis der Prüfung auf Zahlung von Vergütung nach einer bestimmten Entgeltgruppe in Anspruch nehmen zu wollen (vgl. zu § 70 BAT BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 228/96 - zu II 6 der Gründe).

52

3. Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin die Ansprüche für das Jahr 2014 nicht fristwahrend geltend gemacht.

53

a) Mit Schreiben vom 26. November 2014 hat sie lediglich um Überprüfung ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 gebeten und die Protokollerklärung Nr. 1 Buchst. e zu Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund zitiert. Abgesehen davon, dass sie nicht zum Ausdruck gebracht hat, die Beklagte auch unabhängig vom Ergebnis der Prüfung auf Zahlung von Vergütung in Anspruch nehmen zu wollen, ist dem Schreiben auch nicht zu entnehmen, welche Entgeltgruppe die Klägerin für sich in Anspruch nehmen wollte. Sie hat weder ausdrücklich die begehrte Entgeltgruppe genannt noch hat sie durch die zitierte Protokollerklärung zum Ausdruck gebracht, nach welcher Entgeltgruppe sie meint, vergütet werden zu müssen. Auf die Protokollerklärung Nr. 1 wird sowohl in der Entgeltgruppe 6 als auch in der Entgeltgruppe 8 als auch in der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund verwiesen. Der entscheidende Unterschied zwischen den Entgeltgruppen ist der Umfang der schwierigen Tätigkeiten.

54

b) Das Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2015, welches der Beklagten erst am 1. Juli 2015 zugegangen ist, vermochte die Ausschlussfrist für Ansprüche betreffend die Monate Mai bis Dezember 2014 nicht zu wahren. Diese wurden gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD jeweils am Monatsletzten fällig, mithin für Dezember 2014 am 31. Dezember 2014. Der für die schriftliche Geltendmachung vorgesehene Sechs-Monats-Zeitraum endete folglich mit Ablauf des 30. Juni 2015 ( § 187 Abs. 1 iVm. § 188 Abs. 2 BGB ).

55

III. Die Kosten waren gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zwischen den Parteien entsprechend ihrem Obsiegen und Unterliegen verhältnismäßig zu teilen. Die weiter gehende Kostentragungspflicht der Klägerin in der Revisionsinstanz beruht auf §§ 565, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, da sie ihre - klageerweiternde - Anschlussrevision zurückgenommen hat.

        

    Eylert    

        

    Klose     

        

    Rinck     

        

        

        

    Edda Redeker    

        

    Bredendiek     

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. August 2016 - 8 Sa 119/16 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgeltdifferenzansprüche für die Zeit von Januar 2014 bis August 2015.

2

Der Kläger, der Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, ist seit dem 1. September 2000 bei der Beklagten beschäftigt. Er war zuletzt als Führer des Wasserfahrzeugs „G“, das mit Peiltechnik ausgerüstet ist und überwiegend zu Peilarbeiten eingesetzt wird, tätig und wird derzeit nach der Entgeltgruppe 7 Stufe 4 der Tabelle zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD/Bund) vergütet.

3

Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 bat der Kläger unter Hinweis auf die Einführung der neuen Entgeltordnung um „Prüfung einer Höhergruppierung“. Mit einem weiteren - undatierten - Schreiben machte er einen Anspruch „auf Zahlung des Entgelts nach Entgeltgruppe 8 [des Teils V. 2 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund] seit dem 1.1.2014 gemäß § 37 TVöD geltend“. Mit Schreiben vom 1. Juni 2015 wies die Beklagte das Begehren zurück.

4

Mit seiner Klage hat der Kläger eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TVöD/Bund für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. August 2015 begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, bei dem von ihm geführten Wasserfahrzeug „G“ handele es sich um ein Peilschiff im Tarifsinne. Die tarifliche Zuordnung sei nicht von dessen Größe abhängig. Aus den Vorbemerkungen zu den Abschnitten 1 bis 4 Nr. 1 und Nr. 2 Teil V der Anlage 1 zum Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund) ergebe sich, dass die Befähigung der Beschäftigten und nicht die Größe oder Kategorie des Wasserfahrzeugs für die Eingruppierung maßgebend sei.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Belang - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.065,68 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 5. September 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei dem vom Kläger geführten Wasserfahrzeug „G“ handele es sich nicht um ein Peilschiff, sondern um ein Peilboot im tariflichen Sinne, das nicht ausschließlich für die Fachaufgaben des Peilens und der Gewässerkunde gebaut worden ist. Es sei vielmehr ein Standardboot, das etwa Mitte der neunziger Jahre mit der heute vorhandenen Linienpeiltechnik nachgerüstet worden sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in dem noch streitgegenständlichen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage insgesamt abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte der Klage auch nicht teilweise mit der von ihm gegebenen Begründung stattgeben dürfen. Ob der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund verlangen kann, kann der Senat nicht abschließend beurteilen, da der Sachverhalt noch nicht hinreichend festgestellt ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das führt, soweit das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

9

I. Die Revision der Beklagten ist zulässig.

10

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung einer Revision müssen die Revisionsgründe angegeben werden, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO. Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdacht hat. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (st. Rspr., etwa BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 323/14 - Rn. 8; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 16, BAGE 130, 119). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung nicht (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - Rn. 10 mwN; 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11 mwN).

11

2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung noch gerecht.

12

a) Das Landesarbeitsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die „G“ sei ein Peilschiff, da im Objektkatalog „Peilschiff“ und „Peilboot“ unter derselben Überschrift definiert würden. Als Abgrenzungskriterium dienten nach dem Willen der Tarifvertragsparteien weder die Art der Peilung noch die Schiffsklasse oder die Größe des Wasserfahrzeugs. Dies folge auch aus der Betrachtung der übrigen Entgeltgruppen, in denen entweder nach den Patentanforderungen oder der Funktion des Wasserfahrzeugs differenziert werde.

13

b) Mit dieser Begründung des Landesarbeitsgerichts hat sich die Revision hinreichend auseinandergesetzt. Insbesondere die Ausführungen zu den tariflichen Anforderungen an ein Peilschiff als eines Spezialschiffs lassen sowohl die Richtung des Revisionsangriffs als auch die von der Revision angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts ausreichend deutlich erkennen. Die Rügen sind geeignet, eine abweichende Entscheidung als möglich erscheinen zu lassen (vgl. BAG 27. Juli 2017 - 6 AZR 438/16 - Rn. 28).

14

II. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen der Klage nicht - auch nicht teilweise - stattgeben. Ob der - ebenso wie die Beklagte tarifgebundene - Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund hat, vermag der Senat aufgrund der fehlenden Feststellungen nicht abschließend zu beurteilen.

15

1. Im Ausgangspunkt noch zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die §§ 12 und 13 TVöD/Bund iVm. TV EntgO Bund für die Eingruppierung des Klägers als maßgebend erachtet.

16

a) Gemäß § 24 TVÜ-Bund gelten im Grundsatz für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen, ab dem 1. Januar 2014 für Eingruppierungen die §§ 12 und 13 TVöD/Bund. Nach § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund erfolgt die Überleitung dieser Beschäftigten unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Nach der Protokollerklärung zu § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund gilt die vorläufige Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 2 oder 4 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung als Eingruppierung. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund nicht statt. Danach verbleibt es grundsätzlich auch nach dem 1. Januar 2014 bei der einmal anlässlich der Überleitung in den TVöD erfolgten Eingruppierung. Nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund sind die Beschäftigten auf deren Antrag, der nach Satz 2 der Tarifnorm bis zum 30. Juni 2015 gestellt werden konnte, in der Entgeltgruppe eingruppiert, die nach § 12 TVöD/Bund zutreffend ist, wenn sich nach dem TV EntgO Bund eine höhere Entgeltgruppe ergibt.

17

b) Zwar hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, seit wann der Kläger eine unveränderte Tätigkeit ausübt. Dies kann jedoch dahinstehen. Für den Fall, dass sich die vom Kläger auszuübende Tätigkeit seit dem 1. Januar 2014 geändert hat, gelten gemäß § 24 Satz 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) für die Eingruppierung die §§ 12 und 13 TVöD/Bund iVm. TV EntgO Bund. Andernfalls sind diese nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund anwendbar. Nach den Tätigkeitsmerkmalen des TV EntgO Bund ergibt sich - bei deren Vorliegen - für den Kläger eine höhere Entgeltgruppe.

18

aa) Der Kläger hat mit Schreiben vom 20. Juni 2014 und damit innerhalb der Frist des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund um Prüfung einer Höhergruppierung gebeten. Hierbei handelt es sich um einen Antrag nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund. Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass er eine Höhergruppierung anlässlich der Einführung der neuen Entgeltordnung begehrt.

19

bb) Auch ergibt sich - bei Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals - aus dem TV EntgO Bund eine höhere Entgeltgruppe als aufgrund der Überleitung gemäß §§ 3, 4, 26 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund unter Beibehaltung der Lohngruppe nach der bisherigen Entgeltordnung des MTArb-O.

20

(1) Gemäß § 21 Abs. 1, § 22 MTArb-O iVm. § 1 Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis des Bundes zum MTArb (TVLohngrV) vom 11. Juli 1966 ergeben sich die Lohngruppen und deren Tätigkeitsmerkmale aus dem Lohngruppenverzeichnis, Anlage 1 zum TVLohngrV. Im Streitfall ist das Sonderverzeichnis für Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und schwimmenden Geräten (SV 2 e) des Binnenschiffspersonals der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes einschlägig.

21

(a) Die maßgebenden Tätigkeitsmerkmale lauten:

        

Lohngruppe 5

        

…       

        

5.2     

Bootsführer, soweit nicht höher eingereiht

        

…       

        
        

Lohngruppe 6

        

…       

        
        

5.4     

Bootsführer

                 

a)    

auf Fahrzeugen über 65 kW (89 PS),*

                 

b)    

auf Schleppbooten sowie auf sonstigen Fahrzeugen, die in erheblichem Umfang im Schleppdienst eingesetzt sind,*

                 

c)    

auf dem Bereisungsboot ‚Meppen‘ der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes,*

                 

d)    

auf Meßfahrzeugen*“

22

(b) Danach ist ein Bootsführer höchstens in der Lohngruppe 6, dort Fallgr. 5.4, eingruppiert. Gemäß Anlage 2 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung kann eine Überleitung von der Lohngruppe 6 nur in die Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund erfolgen.

23

(2) Nach den Vorbemerkungen zu den Tätigkeitsmerkmalen für die Besatzungen von Schiffen und schwimmenden Geräten im Binnenbereich der Anlage 1 zum TV EntgO Bund sind Bootsführerinnen und Bootsführer hingegen Schiffsführerinnen und Schiffsführern gleichgestellt.

24

(a) Die für die vom Kläger begehrte Eingruppierung maßgebenden Tätigkeitsmerkmale des Unterabschnitts 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund lauten:

        

Vorbemerkungen zu den Abschnitten 1 bis 4

        

…       

        
        

3.    

Die Zuordnung der Wasserfahrzeugtypen richtet sich nach der Verwaltungsvorschrift der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes - Objektkatalog (ObKat) VV-WSV 1102 in der Fassung vom 31. Januar 2015.

        

…       

        
        

2.1. Besatzungen von Schiffen und schwimmenden Geräten

        

Vorbemerkungen

        

1.    

Dieser Unterabschnitt gilt für Besatzungen von Schiffen und schwimmenden Geräten auf Binnenschifffahrtsstraßen (Bundeswasserstraßen Rhein, Mosel und Donau sowie diejenigen Bundeswasserstraßen, auf denen die Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung gilt).

        

2.    

Der Begriff Schiffsführerinnen und Schiffsführer umfasst auch Bootsführerinnen und Bootsführer.

        

…       

        
        

Entgeltgruppe 8

        

1.    

Schiffsführerinnen und Schiffsführer mit nautischem Befähigungszeugnis mit Einschränkungen auf einem Peilschiff, hydrologischem Messschiff oder Eisbrecher.

        

2.    

Schiffsführerinnen und Schiffsführer sowie Geräteführerinnen und Geräteführer mit nautischem Befähigungszeugnis mit Einschränkungen, denen kein Schiff oder schwimmendes Gerät fest zugewiesen ist.

        

3.    

Schiffsführerinnen und Schiffsführer mit nautischem Befähigungszeugnis ohne Einschränkungen und entsprechender Tätigkeit.

        

4.    

Geräteführerinnen und Geräteführer mit nautischem Befähigungszeugnis ohne Einschränkungen und entsprechender Tätigkeit.

        

…       

        
        

8.    

Beschäftigte der Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 2,

                 

die zugleich als Geräteführerinnen oder Geräteführer tätig sind.

        

…       

        
        

Entgeltgruppe 7

        

1.    

Schiffsführerinnen und Schiffsführer sowie Geräteführerinnen und Geräteführer mit nautischem Befähigungszeugnis mit Einschränkungen.

        

2.    

Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung im technischen Bereich (z.B. Binnenschifferinnen und Binnenschiffer oder Metallbauerinnen und Metallbauer) und Zusatzqualifikation zur Maschinistin oder zum Maschinisten und entsprechender Tätigkeit.“

25

Die Verwaltungsvorschrift der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes - Objektkatalog (ObKat) VV-WSV 11 02 in der Fassung vom 31. Januar 2005 lautet auszugsweise:

        

        

„TEIL II

        
                 

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

        
                 

…       

        
                 

8.3.1 

Wasserfahrzeug

Fahrzeug - mit oder ohne Antrieb - zur Fortbewegung im Wasser, das aus einem oder mehreren schwimmfähigen Körpern besteht; Sammelbegriff für Schiffe (8.3.2) und schwimmende Geräte (8.3.27)

        
                                   

Hierzu gehören nicht schwimmende Anlagen (0.2.5) und Schwimmkörper wie Flöße (s. BinSchStrO, SeeSchStrO).

        
                 

8.3.2 

Schiffe

Sammelbegriff für Binnenschiffe (8.3.3) und Seeschiffe (8.3.4) ohne spezifische Unterscheidung

        
                 

8.3.3 

Binnenschiff

Wasserfahrzeug (8.3.1) ausschließlich oder vorwiegend für die Fahrt auf Binnengewässern (0.3.2)

        
                 

…       

                          
                 

8.3.6 

Peilschiff/ Peilboot/ Vermessungsschiff

Spezialschiff mit elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen (0.4.1)

        
                                   

Peilschiff mit < 15 m3 Verdrängung = Peilboot. Peiljollen sind Tochterboote von Peilschiffen.

        
                                   

Die entsprechenden Schiffe des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für Vermessungsarbeiten in den Küstengewässern (0.3.6) und auf dem übrigen Meer (0.3.5) heißen Vermessungsschiffe.

        
                 

TEIL III

        
                 

OBJEKT-ARTENGLIEDERUNG

        
                 

…       

        

Objektobergruppe OOGr

Objektgruppe
OGr

Objektuntergruppe
OUGr

800     

Fahrzeuge für mittelbare Aufgaben

…       

        

…       

        
        

830     

Wasserfahrzeuge-Spezialschiffe (Teil IV, Bl. 22)

831     

…       

                 

832     

Peilschiffe/Peilboote, Peilrahmen, Vermessungsschiffe

                 

…“    

        
26

(b) Danach können Bootsführerinnen und Bootsführer nunmehr nach dem TV EntgO Bund auch eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 erreichen. Damit kann sich für den Kläger - bei Vorliegen der entsprechenden Tätigkeitsmerkmale - eine höhere Eingruppierung ergeben als durch die Überleitung.

27

2. Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund seiner unzureichenden Feststellungen zu Unrecht angenommen, das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund sei erfüllt.

28

a) Es fehlt bereits an Feststellungen, aufgrund derer sich der Arbeitsvorgang oder die Arbeitsvorgänge bestimmen ließen.

29

aa) Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD/Bund ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Grundlage für die Bewertung der auszuübenden Tätigkeit ist danach der Arbeitsvorgang.

30

bb) Zwar sind die Parteien und die Vorinstanzen offenbar davon ausgegangen, dass die gesamte Tätigkeit des Klägers - wofür möglicherweise einiges sprechen mag - einen einheitlichen Arbeitsvorgang ausmacht. Der Begriff des Arbeitsvorgangs unterliegt jedoch als feststehender, abstrakter und den Parteien vorgegebener Rechtsbegriff in vollem Umfang der revisionsgerichtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht, das bei Vorliegen der erforderlichen Tatsachenfeststellungen die Arbeitsvorgänge auch selbst bestimmen kann (BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 552/96 - Rn. 34). An den erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlt es im Streitfall. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, welche Tätigkeiten dem Kläger im Einzelnen übertragen worden sind.

31

b) Auch für die tarifliche Bewertung der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit fehlt es an den erforderlichen Feststellungen.

32

aa) Das Landesarbeitsgericht hat schon nicht festgestellt, auf welcher Wasserstraße der Kläger seinen Dienst verrichtet. Deshalb konnte der Senat nicht beurteilen, ob das vom Kläger herangezogene Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund für sein Arbeitsverhältnis überhaupt einschlägig ist, da nach der Vorbemerkung Nr. 1 zu Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund dieser Unterabschnitt nur auf Besatzungen von Schiffen und schwimmenden Geräten auf Binnenschifffahrtsstraßen (Bundeswasserstraßen Rhein, Mosel und Donau sowie diejenigen Bundeswasserstraßen, auf denen die Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung gilt) Anwendung findet.

33

bb) Ferner hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, ob der Kläger - wie nach dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund gefordert - ein nautisches Befähigungszeugnis mit Einschränkungen hat.

34

cc) Überdies hat das Landesarbeitsgericht auch nicht festgestellt, mit welchen elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen das Wasserfahrzeug „G“ ausgerüstet ist. Das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund setzt die Tätigkeit „auf einem Peilschiff“ voraus. Die Zuordnung der Wasserfahrzeugtypen richtet sich gemäß der Vorbemerkung Nr. 3 zu den Abschnitten 1 bis 4 Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund nach dem Objektkatalog. Nach 8.3.6 ObKat ist ein Peilschiff ein Spezialschiff mit elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen. Die Verwendung des Plurals in 8.3.6 ObKat spricht dafür, dass mindestens zwei elektronische Einrichtungen zur Tiefenmessung auf Wasserstraßen erforderlich wären. Dazu ergibt sich weder etwas aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus dem Vortrag der Parteien.

35

dd) Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum die Parteien - offenbar mit Blick auf eine Wasserverdrängung von weniger als 15 m³ gemäß 8.3.6 ObKat - überhaupt davon ausgehen, das Wasserfahrzeug „G“ sei im technischen Sinne als Boot und nicht als Schiff zu qualifizieren. Zwar hat das Arbeitsgericht im Tatbestand, den das Landesarbeitsgericht in Bezug genommen hat, ausgeführt, die maximale Wasserverdrängung der „G“ betrage 6,5 m³. Demgegenüber geht aus der - von der Beklagten selbst mit der Revisionsbegründung vorgelegten „Bordliste“ eine „Verdrängung [von] 28,5 m³“ hervor. Welche Angabe zutreffend ist, vermochten die Parteien auch auf Nachfrage des Senats nicht zu erklären.

36

III. Sollten nach den vom Landesarbeitsgericht noch zu treffenden Feststellungen die Befähigung des Klägers, die von ihm befahrene Binnenwasserstraße und die technische Ausstattung der „G“ den tariflichen Anforderungen entsprechen, kommt ein Vergütungsanspruch des Klägers nach der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund grundsätzlich in Betracht.

37

1. Zwar ist das Landesarbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, bei den Entgeltgruppen 7 Fallgr. 1 und 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund handele es sich um Aufbaufallgruppen. Aufbaufallgruppen liegen nur dann vor, wenn das Tätigkeitsmerkmal ein „Herausheben“ aus dem in Bezug genommenen Tätigkeitsmerkmal der niedrigeren Gehaltsgruppe durch eine zusätzliche Anforderung ausdrücklich vorsieht, nicht aber schon dann, wenn ein Tätigkeitsmerkmal im Vergleich zu einem anderen lediglich höhere Anforderungen stellt (BAG 27. Januar 2016 - 4 AZR 916/13 - Rn. 32). Bei dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund fehlt es an einem solchen Heraushebungsmerkmal. Es stellt lediglich im Vergleich zur Entgeltgruppe 7 Fallgr. 1 die höhere Anforderung, dass die Tätigkeit des Schiffsführers mit nautischem Befähigungszeugnis mit Einschränkungen auf einem Peilschiff, hydrologischem Messschiff oder Eisbrecher ausgeübt wird.

38

2. Das Landesarbeitsgericht hat aber im Ergebnis zu Recht angenommen, ein Peilboot könne ein Peilschiff iSd. Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund sein.

39

a) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht für sein Auslegungsergebnis rechtsfehlerhaft eine Niederschrift vom 22. November 1991 der Tarifvertragsparteien bei den Tarifverhandlungen zum BAT über die Eingruppierung der Angestellten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes herangezogen. Dem steht schon entgegen, dass es sich dabei um eine Niederschrift zu einem anderen Tarifvertrag handelt und die Entgeltgruppen von Unterabschnitt 2.1. Teil V (Beschäftigte bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung - Binnenbereich) der Anlage 1 zum TV EntgO Bund andere Tätigkeitsmerkmale enthalten als die der Vergütungsgruppen von Teil III Abschnitt B Unterabschnitt I (Angestellte im nautischen und schiffsmaschinentechnischen Dienst der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes) der Anlage 1a zum BAT.

40

b) Gleichwohl kann die Bootsführertätigkeit des Klägers auf der „G“ eine Tätigkeit auf einem „Peilschiff“ iSd. Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund sein.

41

(1) Gemäß der Vorbemerkung Nr. 3 zu den Abschnitten 1 bis 4 Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund richtet sich die Zuordnung der Wasserfahrzeugtypen nach dem Objektkatalog. Punkt 8.3.6 ObKat definiert die Begriffe „Peilschiff/Peilboot/Vermessungsschiff“ als Spezialschiff mit elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen. Ein Peilboot ist ein Peilschiff mit einer Wasserverdrängung von weniger als 15 m3. Danach handelt es sich bereits dem Wortlaut nach auch bei einem Peilboot um ein - wenn auch kleineres - Peilschiff. Entsprechend sind Peilschiffe/Peilboote, Peilrahmen und Vermessungsschiffe im ObKat Teil III - Artengliederung - unter der Objektgruppe 830 (Wasserfahrzeuge - Spezialschiffe) einheitlich in der Objektuntergruppe 832 aufgelistet. Eine Unterscheidung zwischen Peilschiffen auf der einen und Peilbooten auf der anderen Seite wird nicht vorgenommen.

42

(2) Dass die Tarifvertragsparteien lediglich zwischen Schiffen und schwimmenden Geräten unterschieden haben, ergibt sich auch aus der Vorbemerkung Nr. 2 zu den Abschnitten 1 bis 4 Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund. Dort heißt es jeweils „Beschäftigte auf Schiffen und schwimmenden Geräten“. Regelungen für Beschäftigte auf Booten gibt es - anders als noch nach dem MTArb iVm. dem TVLohngrV - dagegen nicht (mehr).

43

(3) Entgegen der Ansicht der Beklagten lassen sich aus der üblichen Größe der weiteren in der Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund genannten Fahrzeugtypen, dh. des hydrologischen Messschiffs und des Eisbrechers, keine Rückschlüsse darauf ziehen, dass nur das Führen relativ großer Wasserfahrzeuge das Tätigkeitsmerkmal erfüllen könnte. Die im TVLohngrV gebräuchliche Differenzierung nach der Größe der Wasserfahrzeuge sowie der Motorenstärke in kW bzw. PS ist vom TV EntgO Bund nicht übernommen worden und findet auch im Objektkatalog keine Berücksichtigung.

44

(4) Der Qualifikation des Motorboots „G“ als Peilschiff steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Peiltechnik erst nachträglich eingebaut wurde. Voraussetzung ist lediglich, dass elektronische Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen auf dem Schiff vorhanden sind. Ob diese schon beim Bau des Schiffes oder erst nachträglich eingebaut worden sind, ist für die tarifliche Zuordnung der Tätigkeit eines Beschäftigten unerheblich.

45

3. Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht einen Anspruch des Klägers auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund dem Grunde nach für gegeben erachten sollte, wird es überdies zu prüfen haben, ob der Kläger die Ausschlussfrist des § 37 TVöD gewahrt hat.

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Redeker    

        

    Bredendiek    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. September 2013 - 12 Sa 159/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und in diesem Zusammenhang über daraus resultierende Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum von Januar 2008 bis einschließlich September 2011.

2

Die Beklagte erbringt Dienstleistungen im Bereich des Mobilfunks. Die Klägerin ist bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen seit dem 1. Januar 2001 tätig und war zunächst als „Sekretärin/Sachbearbeiterin“ beschäftigt.

3

Die E-Plus Mobilfunk GmbH, eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, schloss mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung ‚Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze‘“ vom 30. Juni 2000 (nachfolgend GBV). Diese enthält ua. Regelungen zur Eingruppierung nach Gehaltsgruppen und Gehaltsbändern. Die verschiedenen Tätigkeiten werden in der GBV als „Funktionen“ erfasst und dann Funktionscodes, Funktionsbezeichnungen und Gehaltsgruppen zugeordnet. In der Anlage 2.4 „Gehaltsgruppenzuordnung/Funktionsgruppenmerkmale“ werden im Funktionscode 429 der Funktionsbezeichnung „Bauleiter“ die Gehaltsgruppen D bis F zugeordnet. Die konkrete Entgelthöhe innerhalb der jeweiligen Gehaltsgruppe wird bei der Beklagten nach sog. Gehaltsbändern bestimmt, die neben einem unteren und oberen Wert auch einen sog. Mittelwert aufweisen.

4

Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 teilte die E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG der Klägerin mit, dass sie „mit Wirkung vom 01.07.2003 … als Bauleiterin, FC 429, im Teilbereich Technische Realisierung, Geschäftsstelle Nord, Standort H“ tätig wird. Seither wird sie nach der Gehaltsgruppe D der Anlage 2.4 GBV (nachfolgend Gehaltsgruppe D GBV) vergütet. Im Jahr 2005 hat die Klägerin ihre Diplomprüfung im Studiengang Bauingenieurwesen an der Universität Hannover erfolgreich abgeschlossen. Seit dem 1. Januar 2006 ist die Klägerin im Bereich „Regional Network North“ tätig und als Bauleiterin im Bereich „Neubau“ eingesetzt. Dort ist sie zuständig für die Baumaßnahmen im Bereich VUM, MFR und MMFR. Nach dem der Klägerin am 28. Februar 2007 erteilten Zwischenzeugnis umfasst ihre Tätigkeit folgende „Hauptaufgabengebiete“:

        

„•    

Koordination der Korrekturmassnahmen und Mängelbeseitigung an sämtlichen Netzelementen

        

•       

Programm-Management für die externe Bauleitung in Bezug auf Korrekturmassnahmen

        

•       

Koordination Abbau und Wiederaufbau von Netzelementen

        

•       

Koordination Umbau von Netzelementen

        

•       

Qualitätssicherung in Bezug auf Planung und Realisierung“

5

Zum 1. März 2007 übernahm die Beklagte, vormals unter A-L firmierend, von der E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG deren Mobilfunknetz. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging zum gleichen Datum aufgrund der rechtsgeschäftlichen Übernahme von Betrieben, Betriebsteilen und Nebenbetrieben durch die Beklagte auf diese über. Die Klägerin erhielt bis zum Ende des Monats Juni 2010 ein monatliches Entgelt iHv. 3.287,16 Euro brutto und seit dem 1. Juli 2010 iHv. 3.352,90 Euro brutto.

6

Mit ihrer am 30. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin ein Entgelt nach der Gehaltsgruppe E GBV in Höhe des Mittelwerts des Gehaltsbands von monatlich 4.017,00 Euro brutto ab Beginn des Jahres 2008 bis zum 30. Juni 2010 und danach iHv. 4.098,00 Euro brutto verlangt. Sie hat ausgeführt, sie erstelle Neubauten, Umbauten, Aufrüstungen, Erweiterungen, Techniktausch und Nachrüstungen. Hauptaufgabe der Bauleitung sei die Vorbereitung und Koordination der Konstruktion und der Infrastrukturerstellung, deren Kontrolle sowie die entsprechende Dokumentation. Sie überprüfe, ob an vorgeschlagenen Standorten sich ein Gewerk aus bautechnischer Sicht realisieren lasse. Sie habe die Prüfung der Ausführungsplanung zu koordinieren. Im Falle der Auftragserteilung kontrolliere sie das erstellte Angebot in technischer Hinsicht, erteile eigenverantwortlich die Baufreigabe an die Baufirma und begleite die Fertigstellung während der Bauphase.

7

Die Klägerin hat zuletzt in der Sache beantragt:

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 35.276,48 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Höhe und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Oktober 2011 bis zum 30. Juni 2012 Vergütung nach der Gehaltsgruppe E Mittelwert der Gesamtbetriebsvereinbarung Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze vom 30. Juni 2000 zu zahlen und etwaige monatliche Bruttonachzahlungsbeträge jeweils seit dem 1. des Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Klägerin werde zutreffend nach der Gehaltsgruppe D GBV vergütet. Aufgrund umfassender Vorgaben für die Planung, Realisierung und Wartung von Bauvorhaben sei sie in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt. Ihr Vortrag lasse nicht erkennen, warum sich ihre Tätigkeiten aus denen der Ausgangsgehaltsgruppe herausheben. Im Übrigen könne die Klägerin nur den unteren Wert des Gehaltsbands beanspruchen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO).

11

I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die auch hinsichtlich des Antrags zu 2. als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage (sh. nur BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 10 mwN) sowie in Bezug auf die begehrten Zinsen (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 10 mwN) insgesamt zulässige Klage nicht stattgegeben werden.

12

Nach dessen Feststellungen ist bereits weder ersichtlich, auf welcher Grundlage die GBV für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend sein soll, noch kann beurteilt werden, ob die von der Klägerin vorgelegten Gehaltsbänder für den streitgegenständlichen Zeitraum Anwendung finden.

13

1. Nach dem Vorbringen der Parteien - die beide offensichtlich von der Geltung der GBV ausgehen - ist nicht geklärt, ob die GBV überhaupt die maßgebende kollektivrechtliche Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin darstellen kann. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und damit auch der Schaffung von Eingruppierungsregelungen mithilfe einer Gesamtbetriebsvereinbarung(zum Umfang des Mitbestimmungsrechts vgl. etwa BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 17; 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, BAGE 131, 1), wäre nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ggf. dann ausgeschlossen, wenn eine zwingende tarifliche Regelung bestand (BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 111/14 - Rn. 26 f. mwN). Dass eine solche nicht vorliegt, hat das Landesarbeitsgericht weder für die E-Plus Mobilfunk GmbH, die die GBV im Jahr 2000 mit abgeschlossen hat, noch für deren Rechtsnachfolgerin, die E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG, festgestellt.

14

2. Eine kollektivrechtliche Weitergeltung der vormals von der E-Plus Mobilfunk GmbH geschlossenen GBV bei der jetzigen Beklagten käme überdies nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Fortgeltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen nach einem Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 BGB nur in Betracht, wenn die Identität des Betriebs gewahrt geblieben ist oder ein übernommener Betriebsteil als selbständiger Betrieb weitergeführt wurde(BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 111/14 - Rn. 29 mwN). Andernfalls wäre vorbehaltlich des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB von einer Transformation der Regelungen der GBV in das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB auszugehen(BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 111/14 - Rn. 29 mwN). Hierzu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.

15

3. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist auch nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände die beiden von der Klägerin eingereichten Seiten, die - insoweit unstreitig - eine Gehaltsstruktur der „A-L“ ab dem 1. Juli 2007 und dem 1. Juli 2010 abbilden, nach dem Betriebsübergang Bestandteil einer zunächst mit der E-Plus Mobilfunk GmbH geschlossenen und ggf. kollektivrechtlich weitergeltenden GBV geworden sind oder - namentlich im Falle einer Transformation der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB - aus welchem anderen Grund sie für die Entgeltansprüche der Klägerin maßgebend sein sollen. Die Gehaltsstruktur der „A-L“ ab dem 1. Juli 2007 bzw. 1. Juli 2010 kann schon aufgrund des zeitlichen Ablaufs nicht ohne Weiteres rechtlicher Bestandteil der bereits im Jahr 2000 abgeschlossenen GBV sein.

16

II. Der Senat kann die Sache auch nicht abschließend zu Lasten der Klägerin entscheiden, weil deren Tätigkeit in keinem Fall die Anforderungen des von ihr in der Revisionsinstanz allein noch in Anspruch genommenen Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe E GBV - „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachlicher Verantwortung“ - erfüllt.

17

1. Die von der E-Plus Mobilfunk GmbH mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat vereinbarte GBV lautet auszugsweise wie folgt:

        

3. Eingruppierung          

        

Die Eingruppierung von MA wird anhand dieser Vereinbarung sowie der Funktionen und deren

                          

-       

Tätigkeitsmerkmalen

                          

-       

sowie Tätigkeitsbeispielen

        

durchgeführt (s. Anlagen 2 - 2.5).

        

...     

        

Die Gehaltsfindung wird innerhalb der Gehaltsgruppen und deren Gehaltsbandbreiten unter Beachtung von

                          

-       

Qualifikation

                          

-       

Persönlicher Berufserfahrung

                          

-       

Leistungsniveau

                          

-       

Marktbedingungen

        

vorgenommen.

        

…       

        

Gehaltsgruppenzuordnung/Funktionsgruppenmerkmale

        

Anlage 2.4

        

zur     

        

Gesamtbetriebsvereinbarung

        

Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze

        

…       

        

Funktionsbereich Technik/DV

        

…       

        

Funktionscode

Funktionsbezeichnung

Gehaltsgruppen

        

…       

                 
        

429     

Bauleiter

D - F 

        

…       

                 
                 
        

Funktionsgruppenmerkmale

        

…       

        

D       

                 

•      

Bearbeitet selbständig mehr als ein spezielles Segment eines Systems /Netzes / Kundenkreises / Verwaltungsteilbereiches hinaus, d.h.: administriert, analysiert, plant, berät

                 

•       

Tätigkeiten qualifizierter Art, für die eine IHK-Ausbildung und einschlägige, nachweisbare Berufserfahrung oder eine erweiterte Ausbildung (z.B. Technikerabschluß) oder Studium erforderlich ist

                 

•        

Einarbeitung als Studienabsolvent

                                   
        

FC    

Funktionsbezeichnung

Tätigkeitsbeispiele für Funktionen

        

…       

                 
        

429     

Bauleiter

Baubegehung, Bauvorbereitung, Baubegleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen

        

…       

                 
                 
        

E       

                 

•        

Bearbeitet selbständig mehr als ein spezielles Segment eines Systems / Netzes / Kundenkreis / Verwaltungsteilbereiches mit Entscheidungsverantwortung, d.h.: administriert, analysiert, plant, berät

                 

•        

Tätigkeiten erhöht qualifizierter Art, für die zusätzlich besondere Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen notwendig sind sowie Entscheidungsverantwortung

                                   
        

FC    

Funktionsbezeichnung

Tätigkeitsbeispiele für Funktionen

        

…       

                 
        

429    

Bauleiter

Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachlicher Verantwortung

        

…       

                 
                 
        

…       

        

Protokollnotiz zu den Tätigkeitsmerkmalen für Funktionen:            

        

Die Eingruppierung in eine Gehaltsgruppe verlangt die Erfüllung der Kriterien der vorhergehenden Gehaltsgruppe als Mindestbedingungen.

18

2. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, für einen Anspruch nach der Gehaltsgruppe E GBV sei es ausreichend, wenn lediglich die Anforderungen eines Tätigkeitsbeispiels verwirklicht sind. Das hat der Senat für die vorliegende GBV bereits mehrfach entschieden (ausf. BAG 18. Februar 2015 - 4 AZR 778/13 - Rn. 40 ff. mwN; 8. Juli 2015 - 4 AZR 111/14 - Rn. 19). Soweit die Beklagte meint, den Tätigkeitsbeispielen könne keine eigenständige Bedeutung zukommen, weil identische Beispiele in mehreren Gehaltsgruppen zu finden seien, ist dies unzutreffend. Identisch sind lediglich die Funktionsbezeichnungen. Demgegenüber sind die Tätigkeitsbeispiele, worauf das Landesarbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, bei den gleichen Funktionsbezeichnungen stets unterschiedlich ausgestaltet.

19

3. Die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Tätigkeit der Klägerin erfülle die Anforderungen des Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe E - FC 429 - GBV, ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Die Sache ist allerdings vor dem Hintergrund der bisherigen Erörterungen des Rechtsstreits in den Tatsacheninstanzen nicht entscheidungsreif (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG wird das Landesarbeitsgericht den Parteien Gelegenheit zu weiterem tatsächlichen Vortrag geben müssen.

20

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klägerin ihrer Darlegungslast nachgekommen, „wann und in welcher Form der Arbeitgeber“ ihr die „höherwertigen Aufgaben übertragen hat“ bzw. „wann und in welcher Form ihr diese qualifizierte Tätigkeit übertragen“ wurde.

21

aa) Die Eingruppierung einer Arbeitnehmerin richtet sich grundsätzlich nach der durch den Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit. Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit kann zwar für die Auslegung des Arbeitsvertrags, insbesondere hinsichtlich der genauen Bestimmung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit dann von Bedeutung sein, wenn der schriftliche Arbeitsvertrag hierzu keine oder unzureichende Angaben enthält. Entscheidend ist letztlich jedoch die - wie auch immer bestimmte - vertraglich vereinbarte und geschuldete Tätigkeit (BAG 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 17; 25. Oktober 1995 - 4 AZR 479/94 -).

22

bb) Danach ist die mit Schreiben vom 23. Juni 2003 vorgenommene Arbeitsvertragsänderung maßgebend. Mit dieser hat sich der Inhalt der vertraglich geschuldeten Tätigkeit der Klägerin geändert; sie ist ab dem 1. Juli 2003 „als Bauleiterin, FC 429, im Teilbereich Technische Realisierung“ tätig. Eine ausdrückliche Vereinbarung, geschuldet sei lediglich eine Tätigkeit, die der einer Bauleiterin der Gehaltsgruppe D GBV entspreche, nicht aber der Gehaltsgruppe E GBV, haben die damaligen Arbeitsvertragsparteien nicht vereinbart. Das ergibt sich auch nicht aus der Formulierung im Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Klägerin sei „entsprechend den Regelungen unserer Betriebsvereinbarung ‚Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze‘ … in der Gehaltsgruppe D eingruppiert“. Der Nennung der Gehaltsgruppe kommt nach den Auslegungsgrundsätzen des Senats (21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12 ff. mwN, BAGE 146, 29) jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit nur die Wirkung einer deklaratorischen Angabe der von Seiten der Arbeitgeberin für maßgebend gehaltenen Gehaltsgruppe in Form einer sog. Wissenserklärung zu.

23

cc) In der Folge bestimmt sich die Eingruppierung der Klägerin nach der ihr von der Beklagten in Umsetzung der im Jahre 2003 geschlossenen Abrede übertragenen Tätigkeit. Eines ausdrücklichen formellen „Übertragungsakts“ einer „fachlichen Verantwortung“ bedarf es nicht (vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 261/13 - Rn. 35 ff. mwN). Dass die Klägerin eine andere als den vertraglichen Vereinbarungen entsprechende zugewiesene Tätigkeit ausübt, behauptet auch die Beklagte nicht.

24

b) Es fehlt allerdings an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu der von der Klägerin tatsächlich ausgeübten Tätigkeit.

25

aa) Die tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung über die zutreffende Eingruppierung sind von den Gerichten für Arbeitssachen zu ermitteln und festzustellen. Die bloße ausschnittweise Wiedergabe eines vom Arbeitgeber verfassten Zwischenzeugnisses und die dort schlagwortartig umschriebenen „Hauptaufgabengebiete“ ersetzen die erforderlichen Feststellungen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die auf die Eingruppierung nach einer Gesamtbetriebsvereinbarung übertragen werden kann, auch dann nicht, wenn die Angaben von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt werden. Ebenso wie eine Stellenbeschreibung dient ein Zwischenzeugnis lediglich der Dokumentation der Tätigkeit der Stelleninhaberin. Als Grundlage für eine Tätigkeitsbeschreibung kommt sie allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt (für Stellenbeschreibungen grdl. BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 18 mwN), was aber ggf. ausdrücklich festzustellen ist.

26

bb) Danach mangelt es im Entscheidungsfall an den notwendigen Feststellungen. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand ausschließlich die Beschreibung der „Hauptaufgabengebiete“ im Zwischenzeugnis vom 28. Februar 2007 wiedergegeben. Überdies ist unklar, ob in diesem Zeugnis Tätigkeiten wiedergegeben werden, die die Klägerin im Streitzeitraum ab Januar 2008 durchgehend ausgeübt hat. Zudem erschließt sich nicht, welche Tätigkeiten in welchem zeitlichen Umfang durch „die Baumaßnahmen im Bereich VUM, MFR und MMFR“ erfasst sein sollen. Auch die weiteren schlagwortartigen Umschreibungen der Tätigkeit der Klägerin in den Entscheidungsgründen, die gleichfalls dem Zwischenzeugnis aus dem Jahr 2007 entnommen sind, lassen weder erkennen, welchen näheren Inhalt die Tätigkeit der Klägerin hat, noch ist ersichtlich, ob und wie einzelne Arbeitsschritte aufeinander bezogen sind.

27

III. Das führt zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird das Landesarbeitsgericht neben der Geltung oder Anwendbarkeit der GBV und der vorgelegten Gehaltsstruktur der „A-L“ ab dem 1. Juli 2007 und dem 1. Juli 2010, bei der ggf. § 77 Abs. 3 BetrVG zu prüfen sein wird(vgl. BAG 18. Februar 2015 - 4 AZR 778/13 - Rn. 24 ff.), insbesondere Folgendes zu beachten haben:

28

1. Das Landesarbeitsgericht wird zunächst festzustellen haben, ob es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder mehrere Teiltätigkeiten handelt (zur Prüfung BAG 18. Februar 2015 - 4 AZR 778/13 - Rn. 44). Soweit es offenbar davon ausgegangen ist, aufgrund der Funktion als „Bauleiterin“ sei von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit auszugehen, weil diese „im Rahmen der Eingruppierung nicht in Teiltätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit aufgeteilt“ werden kann, übersieht es, dass es sich bei der Funktionsbezeichnung „Bauleiter“ weder um ein Tätigkeitsmerkmal noch um ein Tätigkeitsbeispiel handelt. Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Umstand, dass die Parteien wohl von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit ausgegangen sind. Die Bestimmung und Abgrenzung der konkreten Tätigkeiten als eine Gesamttätigkeit oder mehrere Teiltätigkeiten im Sinne der vorliegenden GBV ist eine rechtliche Bewertung, über die die Beteiligten nicht einvernehmlich verfügen können (st. Rspr., BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08 - Rn. 45 mwN, BAGE 129, 208).

29

2. Anschließend wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Klägerin in allen im Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe D - FC 429 - GBV genannten Bereichen tätig ist.

30

a) Derzeit erschließt sich anhand der Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht, ob mit den angenommenen „Aufgabenschwerpunkten“ „der Erstellung von Neubauten, Umbauten, Aufrüstungen, Erweiterungen und Nachrüstungen“ tatsächlich alle genannten Tätigkeitsfelder erfasst sind. Ausweislich des Tatbestands der angegriffenen Entscheidung hat die Beklagte ausgeführt, die Klägerin führe keine Wartungsmaßnahmen aus. Das ist allerdings auch nicht zwingend erforderlich. Das Tätigkeitsbeispiel nennt lediglich die Koordination von Wartungsarbeiten, fordert aber nicht die Durchführung durch den betreffenden Mitarbeiter. Aber auch insoweit fehlt es an Feststellungen.

31

b) Für den Fall, dass die Klägerin nicht mit der „Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen“ als vertraglich geschuldeter Tätigkeit betraut sein sollte, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die genannte Koordinierungstätigkeit kumulativ zu den anderen Tätigkeiten „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme“ vorliegen muss oder ob durch die Konjunktion „sowie“ (zu deren möglicher Bedeutung etwa BGH 5. April 1990 - IX ZR 111/89 - zu II 2 der Gründe) zum Ausdruck gebracht werden sollte, es reiche für die Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels aus, wenn - alternativ - einer der beiden Bereiche von der Tätigkeit umfasst wird. Für ein solches Verständnis könnte sprechen, dass die gesonderte Erwähnung der Koordinierung von Umbauten anderenfalls überflüssig wäre, weil sie regelmäßig schon durch die „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme“ mit erfasst sein dürfte. Schließlich geht auch die Beklagte, obwohl sie der Auffassung ist, die Klägerin erfülle nicht die von ihr für notwendig erachtete Durchführung von Wartungsarbeiten, davon aus, diese sei jedenfalls nach der Gehaltsgruppe D GBV zu vergüten.

32

3. Bei den hier einschlägigen Tätigkeitsbeispielen der Gehaltsgruppen D und E - jeweils FC 429 - GBV handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um Aufbaufallgruppen iSd. ständigen Senatsrechtsprechung. Solche liegen immer nur dann vor, wenn das Tätigkeitsmerkmal ein „Herausheben” aus dem in Bezug genommenen Tätigkeitsmerkmal der niedrigeren Gehaltsgruppe durch eine zusätzliche Anforderung ausdrücklich vorsieht, nicht aber schon dann, wenn ein Tätigkeitsmerkmal im Vergleich zu einem anderen lediglich höhere Anforderungen stellt (BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - Rn. 20 mwN). Gleichwohl bedarf es, wenn die Tätigkeitsbeispiele der Gehaltsgruppe D - FC 429 - GBV und der Gehaltsgruppe E - FC 429 - GBV aufeinander aufbauen, für die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erforderliche Wertung, ob sich die Tätigkeit entsprechend dem Qualifizierungsmerkmal aus der niedrigeren Gehaltsgruppe „heraushebt“, eines Vergleichs mit den Tätigkeiten dieser Gehaltsgruppe (zu Tätigkeitsbeispielen BAG 13. November 2013 - 4 ABR 16/12 - Rn. 35 mwN; zu Richtbeispielen 4. Juli 2012 - 4 AZR 694/10 - Rn. 24 mwN).

33

a) Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Entscheidung den erforderlichen wertenden Vergleich vorzunehmen haben. Feststellungen dazu, welche Anforderungen an das Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe D GBV zu stellen sind und weshalb die Tätigkeit der Klägerin sich durch das Qualifizierungsmerkmal des maßgebenden Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe E GBV heraushebt, hat es bisher nicht getroffen.

34

b) Weiterhin wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass die tatsächlichen Aufgaben oder Anforderungen, die zur Erfüllung der Merkmale einer bestimmten (niedrigeren) Gehaltsgruppe herangezogen werden, nicht nochmals bei der Prüfung eines Qualifizierungsmerkmals der höheren Gehaltsgruppe verwendet werden können (BAG 19. Februar 2003 - 4 AZR 265/02 - zu II 5 a der Gründe; 5. März 1989 - 4 AZR 631/88 -). Es hat in der angefochtenen Entscheidung jedoch die Tätigkeiten der Klägerin hinsichtlich der Koordination von Korrekturmaßnahmen und Mängelbeseitigung sowohl für die Beurteilung herangezogen, ob ihre Tätigkeit die Anforderungen der Gehaltsgruppe D GBV als auch die der Gehaltsgruppe E GBV erfüllt.

35

4. Für den Fall einer Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin zur Gehaltsgruppe E GBV weist der Senat noch auf Folgendes hin:

36

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Arbeitgeber durch Nr. 3 Satz 5 GBV in zulässiger Weise ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 Abs. 1 Halbs. 1 BGB nach Maßgabe der dort genannten Kriterien eingeräumt wird (BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 111/14 - Rn. 36 mwN) und ein Arbeitnehmer regelmäßig ohne weitere Darlegung den „Mittelwert“ beanspruchen kann (dazu im Einzelnen BAG 18. Februar 2015 - 4 AZR 778/13 - Rn. 51 mwN).

37

b) In Bezug auf die beanspruchten Zinsen wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass diese möglicherweise erst ab dem Folgetag der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung verlangt werden können.

38

aa) Der Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB entsteht - da Verzug erst ab Fälligkeit eintreten kann - frühestens ab der Fälligkeit der Forderung. Gleiches gilt für Prozesszinsen nach § 291(§ 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB, vgl. BAG 18. März 2014 - 3 AZR 249/12 - Rn. 35; zur Frage, ob Prozesszinsen im Falle der Leistungsbestimmung durch Gestaltungsurteil zugesprochen werden können vgl. BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 23, BGHZ 167, 139). Die Fälligkeit von Entgeltforderungen tritt bei gerichtlicher Bestimmung aufgrund eines Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB erst mit Rechtskraft ein(BAG 18. März 2014 - 3 AZR 249/12 - Rn. 34 mwN; BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 22, aaO). Dem Gläubiger verbleibt dann lediglich die Möglichkeit, im Falle einer pflichtwidrig verzögerten Leistungsbestimmung etwaige Zinsschäden unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB zu verlangen(vgl. BGH 4. Juli 2013 - III ZR 52/12 - Rn. 37). Solche sind derzeit nicht dargelegt.

39

bb) Das Landesarbeitsgericht wird allerdings zu prüfen haben, ob sich nach Sinn und Zweck der Regelung in Nr. 3 Satz 5 GBV über die Gehaltsfindung, die zugleich Teil der Eingruppierung iSd. Nr. 3 GBV ist, eine Rückwirkung der gerichtlichen Leistungsbestimmung vorgesehen ist (zu dieser Möglichkeit BGH 30. Mai 2003 - V ZR 216/02 - zu II 5 der Gründe; sh. auch 1. März 1996 - V ZR 327/94 -), die auch konkludent erfolgen kann (BGH 30. Mai 2003 - V ZR 216/02 - aaO). Eine solche Möglichkeit kommt im Hinblick auf eine Gegenleistung insbesondere in Betracht, wenn der Schuldner wie hier bereits früher in den Genuss der Leistung gelangt ist (Soergel/Wolf BGB 12. Aufl. Bd. 2 § 315 Rn. 44). Das liegt bei Dauerschuldverhältnissen nahe (Staudinger/Rieble 2015 § 315 BGB Rn. 409).

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Treber    

        

        

        

    Klotz    

        

    Lippok    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. November 2016 - 16 Sa 261/16 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 2. Februar 2016 - 24 Ca 6458/15 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Erteilung eines sog. Job-Tickets.

2

Die Beklagte, ein Tochterunternehmen der DB Netz AG, übernimmt im gesamten Bundesgebiet die Grün- und Landschaftspflege an den Gleisanlagen sowie die Sicherung von Gleisarbeiten. Ihre Niederlassung Mitte mit Sitz in F ist eine von sieben Regionalniederlassungen und verfügt über vier Servicebereiche. Der Servicebereich F erstreckt sich vom Großraum F bis in den Raum G. Diesem ist der Kläger organisatorisch zugeordnet, der als Fahrwegpfleger in Einsatzwechseltätigkeit mit Landschaftspflegearbeiten an ständig wechselnden Einsatzstellen entlang der Eisenbahnstrecken eingesetzt wird. Dabei fährt der Kläger, ohne dass dies auf einer Anweisung der Beklagten beruht, morgens von seinem Wohnort zum Depot der Beklagten in der Kstraße, F und zieht sich dort um. Im Anschluss fährt er, bei freier Platzkapazität, in dem zum Materialtransport bestimmten Dienstfahrzeug zum jeweiligen Einsatzort mit.

3

Auf das Arbeitsverhältnis ist der zum 1. April 2013 in Kraft getretene Tarifvertrag zum Job-Ticket für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (KonzernJob-TicketTV) vom 6. Dezember 2012 anzuwenden. Dieser enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

        

㤠2

        

DB Job-Ticket

        

Der Arbeitnehmer erhält auf schriftlichen Antrag ein DB Job-Ticket für die Fahrt zwischen Wohnort und Arbeitsstätte auf den Schienenstrecken der Verkehrsunternehmen, die zum DB Konzern gehören …

        

…       

        

§ 7

        

Gültigkeit und Dauer

        

…       

        

(3)     

Sind bereits oder werden zukünftig in einem Firmentarifvertrag bzw. unternehmensbezogenen Verbandstarifvertrag Regelungen zu ‚Job-Tickets‘ oder diesen entsprechende Regelungen vereinbart oder bestehen anderweitige Regelungen zu einer Kostenerstattung/-abgeltung oder -bezuschussung für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte, haben diese Ansprüche Vorrang; insoweit hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch nach dem KonzernJob-TicketTV. Mit Wegfall der in Satz 1 genannten anderweitigen Regelungen bestehen die Ansprüche aus diesem Tarifvertrag.“

4

Bereits am 7. Juni 2012 hatte sich die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat auf eine zum 1. September 2012 in Kraft getretene Gesamtbetriebsvereinbarung Verfahrensweise bei Einsatzwechseltätigkeit und Fahrtkostenzuschuss (im Folgenden GBV) geeinigt. Diese enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

        

㤠2 Fahrtkostenerstattung

        

1)    

Grundsätzlich gilt, dass es in die Obliegenheiten des Arbeitnehmers fällt, von seinem Wohnort an seinen Arbeitsort zu gelangen. …

        

2)    

Erfolgt die Nutzung des privaten Pkw für Fahrten zwischen Wohnort und wechselndem Einsatzort/Einsatzstelle, wird davon ausgegangen, das 51 km Gesamtwegstrecke (Hin- und Rückfahrt) zu den privaten Obliegenheiten des Arbeitnehmers gehört.

                 

Als Ausgleich für weitere Entfernungen zu ständig wechselnden Einsatzorten/Einsatzstellen werden folgende Ausgleichszahlungen - jeweils für Gesamtwegestrecke (HR) gewährt:

                 

…       

                 

Mit dieser Staffelung wird der besonderen Belastung für ständig wechselnde und weit vom Wohnort entfernte Einsatzorte verstärkt Rechnung getragen. …

        

…       

        
        

5)    

Erforderlich werdende Fahrten zu ständig wechselnden Einsatzorten/Einsatzstellen mit dem öffentlichen Nahverkehr werden nach ausdrücklichem Auftrag durch den Arbeitgeber auf Basis der 2. Klasse (Bahn) abzüglich 6,- € je Fahrt erstattet. …“

5

Die Beklagte lehnte den Formularantrag des Klägers auf Erteilung eines Job-Tickets gemäß § 2 KonzernJob-TicketTV für die Fahrten zwischen seinem Wohnort und dem Depot der Beklagten in der Kstraße, F ab. Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger diesen Anspruch weiter.

6

Er meint, der Begriff der „Arbeitsstätte“ im KonzernJob-TicketTV sei fachspezifisch unter Rückgriff auf das Einkommenssteuergesetz auszulegen. Das Depot der Beklagten in der Kstraße, F stelle für ihn die „erste Tätigkeitsstätte“ und damit seine Arbeitsstätte iSd. § 2 KonzernJob-TicketTV dar. Folge man dem nicht, sei von einer planwidrigen Regelungslücke dieser Tarifnorm auszugehen, die mit dem gleichen Ergebnis zu schließen sei. Der Kläger meint zudem, die GBV schließe seinen Anspruch auf Erteilung eines Job-Tickets für die Fahrten zwischen Wohnort und dem Depot in der Kstraße, F nicht aus. Diese normiere lediglich die Fahrtkostenerstattung für Fahrten zwischen Wohnort und Einsatzort. Auch bestünden Ansprüche nach dem KonzernJob-TicketTV insoweit, als sie über Ansprüche aus der GBV hinausgingen.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein DB Job-Ticket gemäß § 2 KonzernJob-TicketTV für die Fahrt zwischen seinem Wohnort und dem Servicebereich der Beklagten, Kstraße 12, F zu erteilen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie meint, aus der steuerrechtlichen Begriffsbestimmung ergebe sich gerade, dass im Falle des Klägers keine erste Tätigkeitsstätte und damit keine Arbeitsstätte iSd. § 2 KonzernJob-TicketTV bestehe. Jedenfalls stelle die GBV eine vorrangige, die Anwendung des KonzernJob-TicketTV ausschließende Regelung dar.

9

Das Landesarbeitsgericht hat die gegen die stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt diese weiterhin Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet, weil die Klage unbegründet ist. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger das begehrte DB Job-Ticket zu erteilen.

11

I. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger, jedenfalls solange mit der GBV eine anderweitige Regelung iSd. § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 Alt. 2 KonzernJob-TicketTV besteht, keinen Anspruch aus § 2 KonzernJob-TicketTV(§ 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KonzernJob-TicketTV). Dies ergibt eine Auslegung des Tarifvertrags.

12

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können (BAG 20. September 2017 - 6 AZR 143/16 - Rn. 33 mwN).

13

2. Danach stellt die GBV eine den Anspruch aus § 2 KonzernJob-TicketTV für die Dauer ihres Bestehens verdrängende anderweitige Regelung dar.

14

a) Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 KonzernJob-TicketTV hat der Arbeitnehmer insoweit keinen Anspruch nach diesem Tarifvertrag, als bereits in einem Firmentarifvertrag bzw. unternehmensbezogenen Verbandstarifvertrag Regelungen zu „Job-Tickets“ oder diesen entsprechende Regelungen vereinbart sind oder zukünftig vereinbart werden (Halbs. 1 Alt. 1) oder anderweitige Regelungen zu einer Kostenerstattung/-abgeltung oder -bezuschussung für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte bestehen (Halbs. 1 Alt. 2). Diese Ansprüche haben Vorrang. Erst mit Wegfall der in Satz 1 genannten anderweitigen Regelungen bestehen die Ansprüche aus dem KonzernJob-TicketTV (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KonzernJob-TicketTV).

15

b) Eine anderweitige Regelung im Sinne der zweiten Alternative kann auch eine (Gesamt-)Betriebsvereinbarung sein. Dies folgt zum einen aus dem Tarifwortlaut. Von dem weitgefassten Begriff der „Regelung“ sind sowohl individualvertragliche, als auch kollektivvertragliche Vereinbarungen erfasst. Es wird zum anderen durch den systematischen Zusammenhang mit der ersten Alternative des ersten Halbsatzes des Satzes 1 belegt. Während die Tarifvertragsparteien dort ausdrücklich nur Firmentarifverträgen bzw. unternehmensbezogenen Verbandstarifverträgen Vorrang einräumen, enthält die zweite Alternative den umfassenderen Begriff der „anderweitigen Regelung“. Dies entspricht zudem Sinn und Zweck der Tarifnorm. Mit § 7 Abs. 3 KonzernJob-TicketTV wollten die Tarifvertragsparteien den Vorrang speziellerer, sachnäherer Regelungen sicherstellen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass diese die spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Betriebs oder Unternehmens besser abbilden können und zu sachgerechteren Lösungen führen. Dies kann auch durch eine (Gesamt-)Betriebsvereinbarung geschehen.

16

c) § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 Alt. 2 KonzernJob-TicketTV räumt, anders als die erste Alternative, ausweislich dessen Wortlauts nicht nur anderweitigen Regelungen zu Job-Tickets Vorrang ein. Ausreichend ist eine Regelung zu den Kosten für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte.

17

d) Die Auslegung ergibt darüber hinaus, dass entgegen der Annahme des Klägers § 2 KonzernJob-TicketTV während des Bestehens einer anderweitigen Regelung nicht ergänzend anzuwenden ist, sondern für die Dauer deren Geltung vollständig hinter diese zurücktritt. Erst wenn eine solche anderweitige Regelung wegfällt und nicht (mehr) besteht, können sich Ansprüche aus dem KonzernJob-TicketTV ergeben (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KonzernJob-TicketTV). Dies gilt somit auch für den Fall, dass die Ansprüche aus der anderweitigen Regelung hinter denen aus dem KonzernJob-TicketTV zurückbleiben.

18

e) Hiernach schließt die GBV mögliche Ansprüche des Klägers nach § 2 KonzernJob-TicketTV aus.

19

aa) Bei der GBV handelt es sich um eine zwischen der Beklagten und dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung und damit um eine anderweitige Regelung iSd. § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 Alt. 2 KonzernJob-TicketTV. Ausweislich ihrer Bezeichnung sowie des Inhalts von § 2 GBV regelt sie ua. Ansprüche auf Erstattung der Kosten für die Nutzung eines privaten Pkw für Fahrten zwischen Wohnort und wechselndem Einsatzort/Einsatzstelle bzw. für hierbei erforderlich werdende Fahrten mit dem öffentlichen Nahverkehr. Sie ergänzt die Regelung zum Ersatz von Übernachtungskosten bei einem Einsatz an ständig wechselnden Einsatzstellen in § 3 Abs. 2 des Entgelttarifvertrags für die Arbeitnehmer der DB Fahrwegdienste GmbH idF des 9. Tarifvertrags zur Änderung der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der DB Fahrwegdienste GmbH vom 22. Mai 2012. Die GBV enthält somit Regelungen zu einer Kostenerstattung für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte iSd. § 7 Abs. 3 Satz 1 KonzernJob-TicketTV. Ob diese für den Kläger günstiger sind oder ob sich möglicherweise aus dem KonzernJob-TicketTV weiter gehende Ansprüche des Klägers ergäben, braucht nicht entschieden zu werden. § 7 Abs. 3 KonzernJob-TicketTV ordnet den Vorrang der GBV unabhängig davon an, ob diese für den Kläger günstiger ist oder nicht.

20

bb) Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der GBV sind nicht ersichtlich und von keiner der Parteien vorgebracht. Insbesondere verstößt sie nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. § 7 Abs. 3 KonzernJob-TicketTV ordnet selbst den Vorrang anderweitiger Regelungen zu einer Kostenerstattung für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte an. Er lässt den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen damit ausdrücklich zu (§ 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG).

21

II. Aufgrund des Vorstehenden braucht der Senat nicht zu entscheiden, wie der Begriff der Arbeitsstätte iSd. § 2 KonzernJob-TicketTV auszulegen ist und ob das Depot der Beklagten in der Kstraße, F für den Kläger dessen Arbeitsstätte iSd. genannten Tarifnorm darstellt.

22

III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Fischermeier    

        

    Krumbiegel     

        

    Heinkel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    Kohout    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 12. Januar 2016 - 1 Sa 232/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche Verminderung der Sollarbeitszeit der Klägerin.

2

Diese ist als Krankenschwester in einem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt. Sie arbeitet nach einem Dienstplan, der Wechselschichten an allen sieben Tagen in der Woche vorsieht. Innerhalb dieses Rahmens wird die Klägerin an fünf Tagen mit jeweils 7,7 Stunden eingesetzt.

3

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung die Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) vom 1. August 2006 Anwendung. Diese lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 6   

Regelmäßige Arbeitszeit

        

(1)     

1Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen für

                 

…       

        
                 

b)    

die Beschäftigten im Tarifgebiet West durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich, ...

                 

... 3Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen/dienstlichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden.

        

…       

        
        

(3)     

1Soweit es die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse zulassen, wird die/der Beschäftigte am 24. Dezember und am 31. Dezember unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 von der Arbeit freigestellt. 2Kann die Freistellung nach Satz 1 aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht erfolgen, ist entsprechender Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten zu gewähren. 3Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für den 24. Dezember und 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden.“

4

Die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K lautet:

        

„Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Beschäftigten, die wegen des Dienstplans frei haben und deshalb ohne diese Regelung nacharbeiten müssten.“

5

§ 6.1 TVöD-K bestimmt auszugsweise Folgendes:

        

Arbeit an Sonn- und Feiertagen

        
        

In Ergänzung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 gilt für Sonn- und Feiertage Folgendes:

        
        

(1)     

1Die Arbeitszeit an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, wird durch eine entsprechende Freistellung an einem anderen Werktag bis zum Ende des dritten Kalendermonats - möglichst aber schon bis zum Ende des nächsten Kalendermonats - ausgeglichen, wenn es die betrieblichen Verhältnisse zulassen. 2Kann ein Freizeitausgleich nicht gewährt werden, erhält die/der Beschäftigte je Stunde 100 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe nach Maßgabe der Entgelttabelle. 3Ist ein Arbeitszeitkonto eingerichtet, ist eine Buchung gemäß § 10 Abs. 3 zulässig. 4§ 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d bleibt unberührt.

        

(2)     

1Für Beschäftigte, die regelmäßig nach einem Dienstplan eingesetzt werden, der Wechselschicht- oder Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht, vermindert sich die regelmäßige Wochenarbeitszeit um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, wenn sie an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt,

                 

a)    

Arbeitsleistung zu erbringen haben oder

                 

b)    

nicht wegen des Feiertags, sondern dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind und deswegen an anderen Tagen der Woche ihre regelmäßige Arbeitszeit erbringen müssen.

                 

2Absatz 1 gilt in diesen Fällen nicht. 3§ 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d bleibt unberührt.“

6

Die Beklagte verwendet für die Dienstplanung und Arbeitszeitverwaltung der Schicht- und Wechselschichtdienst leistenden Beschäftigten (Schichtdienstleistende) ein Computerprogramm, welches für jeden Kalendermonat die jeweilige Sollarbeitszeit ermittelt. Die Berechnung basiert auf der Regelarbeitszeit der nicht im Schichtdienst beschäftigten Arbeitnehmer (Normaldienstleistende), welche in Vollzeit tätig sind. Diese erbringen ihre Arbeitsleistung von Montag bis einschließlich Freitag im Umfang von 7,7 Stunden täglich. Zur Ermittlung der Sollarbeitszeit der Schichtdienstleistenden werden deshalb die Tage von Montag bis Freitag mit dem Faktor 7,7 multipliziert. Gesetzliche Feiertage, die auf einen Tag von Montag bis Freitag fallen, werden dabei nicht berücksichtigt. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Sollarbeitszeit der Schichtdienstleistenden und der Normaldienstleistenden identisch ist.

7

Am 1. Januar 2011 und 24. Dezember 2011 hatte die Klägerin dienstplanmäßig frei. Bei beiden Tagen handelte es sich um Samstage. Die Beklagte hat für diese Tage keine Sollstundenreduzierung in Ansatz gebracht.

8

Die Klägerin hat demgegenüber die Ansicht vertreten, ihre Sollarbeitszeit habe sich gemäß § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K im Umfang von jeweils 7,7 Stunden vermindert. Der Samstag sei ein Werktag.

9

Die Klägerin hat daher zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, die Sollarbeitszeit der Klägerin im Monat Januar 2011 um 7,7 Stunden und im Monat Dezember 2011 um 7,7 Stunden zu vermindern sowie die Zeitabrechnungen zu korrigieren;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin bezahlten Freizeitausgleich im Umfang von 15,4 Stunden ohne Abzug der dadurch ausgefallenen Arbeitsstunden zu gewähren.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. Der Samstag sei kein Werktag im Tarifsinn. Anderenfalls wären die Normaldienstleistenden benachteiligt, da sie ihre Arbeitsleistung von Montag bis einschließlich Freitag erbringen müssten und ein auf einen Samstag fallender (Vor-)Feiertag keine Auswirkungen auf ihre Sollarbeitszeit habe. Schichtdienstleistende hätten hingegen wegen der Verminderung ihrer Sollarbeitszeit eine geringere Leistung bei ungeschmälerter Vergütung zu erbringen. Dies stünde im Widerspruch zur beabsichtigten Gleichbehandlung der Beschäftigten und wäre nicht zu rechtfertigen. Das Tabellenentgelt, welches Normaldienst- und Schichtdienstleistende für die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit erhalten, sei identisch. Die besonderen Belastungen des (Wechsel-)Schichtdienstes würden nur durch diesbezügliche Zulagen und Zuschläge ausgeglichen.

11

Das Arbeitsgericht hat den vorstehend angeführten Anträgen stattgegeben und den diesbezüglichen Streitwert auf 386,46 Euro festgesetzt. Eine Entscheidung darüber, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, wurde nicht in den Urteilstenor aufgenommen. Das Urteil wurde am 20. August 2013 verkündet. Mit ihrem am 2. September 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die Beklagte die Zulassung der Berufung begehrt. Mit Ergänzungsbeschluss vom 15. Oktober 2013 hat das Arbeitsgericht die Berufung zugelassen. Die Entscheidung wurde ohne mündliche Verhandlung durch die beiden ehrenamtlichen Richter getroffen, die an der Urteilsfindung beteiligt waren. Der Vorsitzende war zwischenzeitlich an ein anderes Arbeitsgericht abgeordnet worden.

12

Das Landesarbeitsgericht hat die daraufhin eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Anträge.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zulässige Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

14

I. Die Unbegründetheit der Revision folgt nicht aus einer Unzulässigkeit der Berufung der Beklagten. Die Berufung war statthaft, auch wenn über ihre Zulassung allein die ehrenamtlichen Richter entschieden haben.

15

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach der Berufungseinlegung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Das gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat (BAG 26. April 2017 - 10 AZR 275/16 - Rn. 11; 19. Juli 2016 - 2 AZR 637/15 - Rn. 16 mwN). Ist die Berufung unzulässig, hat das Revisionsgericht eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung als unzulässig zu verwerfen (BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 519/15 - Rn. 9; 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 14, BAGE 151, 66).

16

2. Die Berufung konnte hier nicht aufgrund des Wertes des Beschwerdegegenstands nach § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG eingelegt werden. Danach ist die Berufung zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt. Nach der nicht offensichtlich unrichtigen Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts beläuft sich der Streitwert für die Anträge, denen das Arbeitsgericht stattgegeben hat, auf insgesamt 386,46 Euro (zur eingeschränkten Überprüfung der Streitwertbemessung vgl.: BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 519/15 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 3 AZR 111/09 - Rn. 18). Nur in diesem Umfang ist die Beklagte beschwert.

17

3. Das Arbeitsgericht hatte entgegen § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG keine Entscheidung, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, in den Urteilstenor aufgenommen. Die Beklagte hat daraufhin innerhalb von zwei Wochen ab Verkündung des Urteils gemäß § 64 Abs. 3a Satz 2 ArbGG eine entsprechende Ergänzung des Urteils beantragt. Mit Ergänzungsbeschluss vom 15. Oktober 2013 wurde die Berufung zugelassen. Die Zulassung ist wirksam.

18

a) Die Entscheidung konnte gemäß § 64 Abs. 3a Satz 3 ArbGG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

19

b) Die ehrenamtlichen Richter waren ohne Mitwirkung des Vertreters des Vorsitzenden zur Entscheidung über die Zulassung der Berufung befugt.

20

aa) Bei der Entscheidung über die nachträgliche Zulassung der Berufung müssen, da es sich um eine § 320 Abs. 1 ZPO vergleichbare Auslassung in der Urteilsformel handelt, dieselben Richter wie am Urteil selbst mitwirken(vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 406/10 (A) - Rn. 9; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 26, BAGE 139, 69; Hohmann ArbGG 3. Aufl. § 64 Rn. 6; ErfK/Koch 17. Aufl. § 64 ArbGG Rn. 6; Pfeiffer in Natter/Gross ArbGG 2. Aufl. § 64 Rn. 28; GK-ArbGG/Vossen Stand Dezember 2014 § 64 Rn. 62b; im Ergebnis auch GMP/Germelmann 8. Aufl. § 64 Rn. 33; aA: BeckOK ArbR/Klose Stand 1. Juni 2017 ArbGG § 64 Rn. 9; Düwell/Lipke/Maul-Sartori 4. Aufl. § 64 Rn. 44; Schwab/Weth/Schwab 4. Aufl. ArbGG § 64 Rn. 56). Das führt zur entsprechenden Anwendung des § 320 Abs. 4 Satz 2 ZPO. In der Konsequenz gilt auch § 320 Abs. 4 Satz 3 ZPO, wonach im Falle der Verhinderung eines Richters bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag gibt. Der Gesetzgeber hat damit bei Verhinderung des Vorsitzenden die Entscheidung nur durch die verbliebenen Richter vorgesehen. Folglich haben im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei Verhinderung des Vorsitzenden die an der Urteilsfindung beteiligten ehrenamtlichen Richter ohne Mitwirkung des Vertreters des Vorsitzenden über die Zulassung der Berufung zu entscheiden.

21

bb) Dies ist hier geschehen. Der Vorsitzende war wegen seiner Abordnung an ein anderes Arbeitsgericht verhindert. Die beteiligten ehrenamtlichen Richter haben daraufhin ohne Hinzuziehung eines Vertreters die Berufung zugelassen.

22

II. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

23

1. Das Landesarbeitsgericht hat die beiden Anträge einheitlich dahingehend ausgelegt, dass die in Anspruch genommene tarifliche Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit bei der Dienstplangestaltung für den Monat nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens durch eine Reduzierung der zu leistenden Arbeitszeit um 15,4 Stunden umgesetzt werden soll. Dieses Antragsverständnis entspricht dem in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht klargestellten Begehren der Klägerin und wurde im Revisionsverfahren nicht in Frage gestellt.

24

2. Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Der verbleibende Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn er bezeichnet die begehrte Leistung so genau, dass die Beklagte ohne weiteres erkennen kann, durch welche Verhaltensweise sie dem Urteilsspruch nachkommen kann. Die Antragstellung berücksichtigt, dass sich die begehrte Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K nicht durch einen gestaltenden Akt des Arbeitgebers, sondern von Rechts wegen gleichsam „automatisch“ vollzieht(vgl. BAG 17. November 2016 - 6 AZR 465/15 - Rn. 18). Die Rechtsfolge der verminderten regelmäßigen Arbeitszeit muss vom Arbeitgeber bei der Dienstplangestaltung, der Arbeitszeiterfassung und der Vergütung umgesetzt werden (vgl. BAG 24. September 2015 - 6 AZR 510/14 - Rn. 12, BAGE 152, 378; 27. März 2014 - 6 AZR 621/12 - Rn. 21; 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 19 f.). Hierauf ist der Klageantrag gerichtet.

25

III. Die Klage ist begründet. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin hat sich nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K um insgesamt 15,4 Stunden vermindert, weil sie im Rahmen von Wechselschichtarbeit am Feiertag des 1. Januar 2011 und am 24. Dezember 2011 dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt war. Da die Beklagte diese Arbeitszeitreduzierung bislang nicht berücksichtigt hat, ist sie nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K zur Beseitigung des tarifwidrigen Zustands verpflichtet und hat die Verminderung der Arbeitszeit bei der Dienstplangestaltung nunmehr antragsgemäß umzusetzen.

26

1. Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K bzw. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K ist für schichtdienstleistende Beschäftigte eine Verminderung der Sollarbeitszeit vorgesehen, wenn sie an bestimmten Vorfeiertagen oder gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind.

27

a) § 6 Abs. 3 TVöD-K regelt die Arbeitszeit an den sog. Vorfeiertagen des 24. Dezember oder 31. Dezember. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TVöD-K sind die Beschäftigten, soweit es die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse zulassen, an diesen Tagen unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freigestellt. Ist eine solche Freistellung nicht möglich, ordnet § 6 Abs. 3 Satz 2 TVöD-K die Gewährung entsprechenden Freizeitausgleichs innerhalb von drei Monaten an. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K betrifft den Fall, dass Beschäftigte an den Vorfeiertagen des 24. Dezember oder 31. Dezember nach dem Dienstplan nicht arbeiten müssen und die Vorfeiertage auf einen Werktag fallen. Ohne diese Regelung müssten die nach Dienstplan arbeitenden Beschäftigten zur Erreichung der vollen Vergütung die am Vorfeiertag dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden an einem anderen Tag ableisten. Die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K greift diesen Regelungsgehalt auf. Arbeitsstunden fallen dienstplanmäßig iSv. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K aus, wenn nach dem Dienstplan an bestimmten Kalendertagen Freizeit vorgesehen ist(BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 39).

28

b) § 6.1 TVöD-K ergänzt § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K bzgl. der Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Mit § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K haben die Tarifvertragsparteien eine Sonderregelung für Beschäftigte im (Wechsel-)Schichtdienst geschaffen (vgl. § 6.1 Abs. 2 Satz 2 TVöD-K). Nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K vermindert sich die regelmäßige Wochenarbeitszeit von Beschäftigten, die regelmäßig nach einem Dienstplan eingesetzt werden, der Wechselschicht- oder Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht, um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, wenn sie an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, nicht wegen des Feiertags, sondern dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind und deswegen an anderen Tagen der Woche ihre regelmäßige Arbeitszeit erbringen müssen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K muss demgegenüber individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Vorfeiertagsarbeit herangezogen worden wäre. Nur diese Stundenzahl ist von der Sollarbeitszeit abzusetzen (BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 48).

29

2. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K und § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K verfolgen jedoch denselben Zweck. Dieser entspricht wiederum dem des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT, welcher wie § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K formuliert ist, aber die Verminderung der Sollarbeitszeit um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden auch bzgl. gesetzlicher Feiertage anordnet.

30

a) § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT erfasst ebenfalls die Konstellation, dass ein Beschäftigter nach einem Dienstplan feiertagsunabhängig freigestellt ist und ohne Sonderregelung die am Feiertag „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden“ an einem anderen Tag ableisten müsste(zu Teilzeitbeschäftigten vgl. BAG 24. September 2015 - 6 AZR 510/14 - Rn. 27, BAGE 152, 378). Ein Schichtdienstleistender wäre damit schlechtergestellt als ein Normaldienstleistender (vgl. zur früheren Rechtslage nach § 15 BAT und der diesbezüglichen Kritik Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand November 2014 E § 6 Rn. 41a f.; Burger in Burger TVöD 3. Aufl. § 6 Rn. 50). Zur Vermeidung einer solchen Schlechterstellung soll jeder, der an einem Wochenfeiertag nicht zu arbeiten braucht, für weniger Arbeit die gleiche Vergütung erhalten. Bei feiertagsunabhängiger Freistellung wird deshalb das für den vollen Vergütungsanspruch maßgebliche Arbeitszeitsoll herabgesetzt. Die Tarifvertragsparteien erfüllten damit eine Forderung nach Gleichstellung feiertagsunabhängiger und feiertagsbedingter Freistellung an gesetzlichen Feiertagen (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 42 f.). Dieser Zweck des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT kommt in der ihn erläuternden Protokollerklärung zum Ausdruck(vgl. BAG 8. Dezember 2010 - 5 AZR 667/09 - Rn. 14, BAGE 136, 290). Die Regelung gilt auch bei einer dienstplanmäßig nur teilweisen Freistellung am Feiertag (BAG 24. September 2015 - 6 AZR 510/14 - Rn. 19, aaO). Eine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT kann zudem dazu führen, dass Überstunden in einem zeitlichen Rahmen entstehen, der ohne die Verminderung noch von der regelmäßigen Arbeitszeit umfasst wäre(BAG 27. März 2014 - 6 AZR 621/12 - Rn. 21).

31

b) § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K regelt im Unterschied zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT ausschließlich die Vorfeiertage des 24. Dezember und 31. Dezember und nicht auch die gesetzlichen Feiertage, denn § 6.1 TVöD-K übernimmt die für Krankenhäuser speziellere Regelung des § 49 TVöD-BT-K(BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 48). Die identische Zielsetzung der Tarifnormen bleibt hiervon unberührt.

32

3. Entgegen der Revision steht diese Zielsetzung einer Einordnung des Samstags als Werktag iSv. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K nicht zwingend entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass es sich bei dem Samstag um einen Werktag im tariflichen Sinne handelt. Dies ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang.

33

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können (BAG 27. Juli 2017 - 6 AZR 701/16 - Rn. 19).

34

b) § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K definieren den Begriff „Werktag“ nicht. Der allgemeine Sprachgebrauch, nach dem der Werktag ein Tag ist, an dem gearbeitet wird, lässt auch bei Annahme des Gegensatzes „Sonntag“ oder „Feiertag“ (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Werktag“) nicht mit hinreichender Sicherheit darauf schließen, dass der Samstag auch ein Werktag im Sinne der hier auszulegenden Tarifnormen ist. Dies folgt schon daraus, dass die Regelungen nach ihrem dargestellten Sinn und Zweck einen Bezug zu den Normaldienstleistenden aufweisen, welche ihre Arbeitsleistung typischerweise von Montag bis einschließlich Freitag erbringen.

35

c) Aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich jedoch, dass der Samstag als Werktag iSv. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K anzusehen ist.

36

aa) Diese Normen sind Teil der in Abschnitt II TVöD-K enthaltenen Regelungen zur Arbeitszeit. § 6 TVöD-K bestimmt die regelmäßige Arbeitszeit und sieht in § 6 Abs. 1 Satz 3 TVöD-K vor, dass diese auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen/dienstlichen Gründen jedoch auch auf sechs Tage verteilt werden kann. Die Tarifvertragsparteien haben damit regelmäßige Arbeit an Samstagen auch außerhalb von Schichtdienst ermöglicht. Dem entspricht, dass § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f TVöD-K für Arbeit an Samstagen von 13:00 bis 21:00 Uhr einen Zeitzuschlag von 20 vH je Stunde vorsieht, wenn diese Arbeit nicht im Rahmen von Wechselschicht- oder Schichtarbeit anfällt. Von dieser Regelung profitieren folglich nur Normaldienstleistende, wenn sie samstags in dieser Zeitspanne arbeiten. Umgekehrt ist ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien die Arbeit eines Normaldienstleistenden am Samstagvormittag nicht als ausgleichsbedürftig angesehen haben.

37

bb) Unabhängig von der Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf fünf oder sechs Tage definiert § 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-K Wechselschichtarbeit dahingehend, dass Wechselschichten wechselnde Arbeitsschichten sind, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Dies zeigt das tarifliche Grundverständnis des Begriffs „Werktag“. Demnach ist - entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch - Werktag jeder Tag, der nicht ein Sonn- oder Feiertag ist.

38

cc) Ausgehend von diesem Grundverständnis haben die Tarifvertragsparteien die Fälle gesondert geregelt, bei denen der Samstag ausnahmsweise einem Sonn- oder Feiertag gleichgestellt wird.

39

(1) Dies betrifft die Pauschale für Rufbereitschaft. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 TVöD-K beträgt sie für Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das Vierfache statt das Zweifache des tariflichen Stundenentgelts.

40

(2) Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD-K erfolgt die Entgeltzahlung am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein von der/dem Beschäftigten benanntes Konto. Fällt der Zahltag auf einen Samstag, einen Wochenfeiertag oder den 31. Dezember, gilt der vorhergehende Werktag, fällt er auf einen Sonntag, gilt der zweite vorhergehende Werktag als Zahltag ( § 24 Abs. 1 Satz 3 TVöD-K). Die Tarifvertragsparteien haben damit bzgl. der Fälligkeit des Entgelts den Samstag einem Wochenfeiertag gleichgestellt. Schon deshalb kann entgegen der Revision aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Sonnabend bei der Berechnung der Zahlungsfrist für die Entrichtung der Miete nach § 556b Abs. 1 BGB nicht als Werktag anzusehen ist(BGH 13. Juli 2010 - VIII ZR 129/09 - Rn. 42 ff.), kein Rückschluss auf die Einordnung des Samstags im Rahmen des TVöD-K gezogen werden. Die Tarifvertragsparteien haben den Besonderheiten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs mit § 24 Abs. 1 Satz 3 TVöD-K auch bezogen auf den Samstag Rechnung getragen.

41

dd) Demgegenüber sehen § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K keine Spezialregelung für den Samstag vor. Eine solche lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Rechtsfolge des § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K die Verminderung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ist. Die Regelung lässt zwar erkennen, dass die Tarifvertragsparteien entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 3 TVöD-K von einer fünftägigen Arbeitswoche als Normalfall ausgegangen sind. Dies betrifft aber nur die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf eine bestimmte Anzahl von Wochentagen, wobei der Samstag nicht ausgenommen ist. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K verwenden den Begriff „Werktag“ ohne Differenzierung danach, ob die Vollzeitbeschäftigten an fünf oder sechs Tagen in der Woche arbeiten und ob der Samstag hierbei zu den Arbeitstagen zählt. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz, dass Werktag jeder Tag ist, der nicht ein Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand März 2014 Teil II/3.1 BT-K § 49 Rn. 6; BeckOK TVöD/Welkoborsky Stand 1. Juni 2016 TVöD-AT § 6 Rn. 21). Dies umfasst den Samstag.

42

d) Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass in der Konsequenz eine punktuelle Besserstellung von Schichtdienstleistenden gegenüber Normaldienstleistenden, die ihre regelmäßige Arbeitszeit von Montag bis einschließlich Freitag zu erbringen haben, eintritt. Fällt ein (Vor-)Feiertag auf einen Samstag, hat dies für solche Normaldienstleistenden keine Auswirkung auf das Volumen der zu leistenden Arbeitszeit. Anders verhält es sich bei einem im Schichtdienst Beschäftigten, welcher dienstplanmäßig an diesem Samstag ebenfalls nicht zu arbeiten hat. Seine Sollarbeitszeit vermindert sich gemäß § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K. In dieser Konstellation hat der Schichtdienstleistende für das Tabellenentgelt weniger Arbeitsleistung als der Normaldienstleistende zu erbringen. Entgegen der Revision steht dies einer Einordnung des Samstags als Werktag aber nicht zwingend entgegen. Bei dem Zusammenfallen eines (Vor-)Feiertags mit einem Samstag handelt es sich viel-mehr um eine Ausnahmesituation, welche von den Tarifvertragsparteien nicht speziell geregelt wurde und einer solchen Regelung auch nicht bedurfte.

43

aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen(BAG 22. März 2017 - 4 ABR 54/14 - Rn. 25; 15. Dezember 2015 - 9 AZR 611/14 - Rn. 27). Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Den Tarifvertragsparteien steht hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und der betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zu. Sie sind nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (BAG 22. September 2016 - 6 AZR 432/15 - Rn. 22 mwN). Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 27. Juli 2017 - 6 AZR 701/16 - Rn. 32; 26. April 2017 - 10 AZR 856/15 - Rn. 28). Bei der Regelung von Massenerscheinungen liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 32, BAGE 140, 83).

44

bb) Die Tarifvertragsparteien haben mit § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K ihren Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

45

(1) Normaldienstleistende und Schichtdienstleistende sind vollumfänglich gleichgestellt, soweit der (Vor-)Feiertag auf einen Werktag fällt und der Normaldienstleistende deswegen bei unveränderter Vergütung nicht arbeiten muss (vgl. § 2 Abs. 1 EFZG bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 TVöD-K). Ist ein Schichtdienstleistender an diesem Tag ebenfalls wegen des (Vor-)Feiertags von seiner Arbeitspflicht befreit, gilt für ihn dasselbe.

46

(2) Muss der Schichtdienstleistende nicht wegen des auf einen Werktag fallenden (Vor-)Feiertags, sondern hiervon unabhängig nach seinem Dienstplan nicht arbeiten, greift die Sollstundenreduzierung nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K und bewirkt im Normalfall die Gleichstellung mit dem Normaldienstleistenden hinsichtlich des für eine reguläre Vergütung zu erbringenden Arbeitszeitvolumens. Im Regelfall wird die Arbeitszeit des Normaldienstleistenden bei Vollzeitbeschäftigung auf Montag bis einschließlich Freitag verteilt sein. Dies entspricht der zB im Verwaltungsbereich üblichen Praxis. Da (Vor-)Feiertage häufiger auf diesen Zeitraum als auf Samstage entfallen, haben die Tarifvertragsparteien eine weitgehende Gleichstellung der Beschäftigten geschaffen.

47

(3) Demgegenüber handelt es sich um einen Ausnahmefall, wenn der (Vor-)Feiertag auf einen Samstag fällt, an dem die Normaldienstleistenden ohnehin nicht arbeiten müssen. Nur in dieser Konstellation entsteht die von der Revision angeführte Besserstellung von Schichtdienstleistenden. Die Tarifvertragsparteien durften dies hinnehmen, auch wenn die ursprünglich angestrebte Gleichstellung der Schichtdienstleistenden mit den Normaldienstleistenden insoweit in eine Besserstellung umschlägt. Dies folgt schon daraus, dass die Tarifvertragsparteien im Grundsatz berechtigt sind, unterschiedliche Arbeitszeitregelungen für Schichtdienstleistende und Normaldienstleistende zu vereinbaren. Beide Gruppen sind hinsichtlich der Verteilung ihrer Arbeitszeit nicht vergleichbar, da es sich bei Schichtdienst um ein besonderes Arbeitszeitmodell handelt. Dem haben die Tarifvertragsparteien neben § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K mit § 7 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 8 Buchst. c TVöD-K sowie § 8 Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-K Rechnung getragen. Angesichts der mit Wechselschicht- und Schichtarbeit verbundenen Belastungen konnten die Tarifvertragsparteien auch eine geringfügige Besserstellung der Schichtdienstleistenden im Falle eines auf einen Samstag fallenden (Vor-)Feiertags begründen.

48

4. Die Beklagte ist demnach gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K zur Beseitigung des tarifwidrigen Zustands verpflichtet, die um 15,4 Stunden verminderte Sollarbeitszeit der Klägerin bei der Dienstplangestaltung für den Monat nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens umzusetzen.

49

a) Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin verminderte sich gemäß § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K für den gesetzlichen Feiertag am 1. Januar 2011 um 7,7 dienstplanmäßig ausgefallene Stunden. Die Klägerin hat ihre Arbeitsleistung unstreitig nach den Vorgaben eines Dienstplans zu erbringen, der Wechselschichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht. Sie war dienstplanmäßig am 1. Januar 2011 nicht zur Arbeit eingeteilt. Bei diesem Tag handelte es sich um einen Feiertag (Neujahr), der auf einen Samstag und damit aus den genannten Gründen auf einen Werktag im Tarifsinn fiel. Die Verminderung der Sollarbeitszeit beläuft sich auf 7,7 Stunden, da es sich hierbei um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden handelt.

50

b) Eine weitere Verminderung der Sollarbeitszeit um 7,7 Stunden folgt aus § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K. Die Klägerin hatte am 24. Dezember 2011 dienstplanmäßig frei. Dieser Tag war ebenfalls ein Samstag. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass an diesem Tag 7,7 Stunden dienstplanmäßig ausgefallen sind.

51

IV. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Uwe Zabel     

        

    Augat    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. August 2015 - 5 Sa 87/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung tarifvertraglicher Mehrarbeitszuschläge für von ihr über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinaus geleistete Arbeitsstunden.

2

Die Klägerin arbeitet bei der Beklagten, einem Cateringunternehmen, als Verkäuferin. Ihre monatliche Arbeitszeit beträgt 97,6 Stunden. Sie erhält eine Vergütung von 9,49 Euro brutto pro Stunde. Bei der Beklagten werden zusätzlich geleistete Arbeitsstunden einschließlich etwaig anfallender Mehrarbeitszuschläge stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Ein Arbeitszeitkonto wird für die Arbeitnehmer nicht geführt.

3

Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten abgeschlossenen Haustarifverträge Anwendung, insbesondere der Manteltarifvertrag vom 15. Juni 2013 (MTV). Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3 – Arbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten

        

1.    

Arbeitszeit (bis 31.12.2014)

                 

Die durchschnittliche Arbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt bis zum 31.12.2014 wöchentlich 40 Stunden. Diese sind an 5 Arbeitstagen innerhalb der Woche von Montag (0.00 Uhr) bis Sonntag (24.00 Uhr) abzuleisten. Dabei sind folgende Ober- und Untergrenzen für Vollzeitkräfte zu berücksichtigen:

                 

1.    

Die tägliche Arbeitszeit darf 5 Stunden nicht unter- und 10 Stunden nicht überschreiten.

                 

2.    

Die wöchentliche Arbeitszeit darf 28 Stunden nicht unter- und 48 Stunden nicht überschreiten.

                 

3.    

Die monatliche Arbeitszeit darf 139 Stunden nicht unter- und 200 Stunden nicht überschreiten.

                 

Für Teilzeitkräfte gelten die obigen Arbeitszeitgrenzen entsprechend des Verhältnisses der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur Vollzeitarbeit. Davon abweichende Ober- und Untergrenzen können gelten, sofern der/die Arbeitnehmer/in ausdrücklich sein/ihr Einverständnis erklären.

                 

…       

        

§ 4 – Zuschlagspflichtige Tätigkeiten

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist zu vermeiden.

                 

Die über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde, ist Mehrarbeit. Diese ist mit dem tariflichen Stundenlohn, zuzüglich 25 % Zuschlag, zu vergüten.

                 

Mehrarbeit kann im Folgequartal in Freizeit oder in Geld abgegolten werden. Hierüber ist eine einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin in jedem Einzelfall herzustellen. Freizeit wird im Verhältnis 1:1 gewährt. Die anfallenden Mehrarbeitszuschläge von 25 % werden in Geld bezahlt.“

4

In § 13 MTV ist eine zweistufige Ausschlussfrist geregelt. Danach müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ua. innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

5

Die Klägerin leistete von April bis September 2014 über ihre vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von monatlich 97,6 Stunden hinaus folgende weitere Arbeitsstunden:

        

April:

98,41 Stunden

        

Mai:   

64,41 Stunden

        

Juni: 

57,41 Stunden

        

Juli: 

86,41 Stunden

        

August:

63,20 Stunden

        

September:

82,41 Stunden

6

Die Beklagte vergütete diese zusätzlichen Arbeitsstunden mit dem vereinbarten Stundenlohn. Einen Mehrarbeitszuschlag von 25 % zahlte die Beklagte jedenfalls für die Monate Mai, Juni und August 2014 nicht. Ob die Beklagte an die Klägerin für die Monate April und Juli 2014 für 22,5 bzw. 10,5 Stunden Mehrarbeitszuschläge gezahlt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Für den Monat September 2014 zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Mehrarbeitszuschlag für 6,5 Arbeitsstunden.

7

Mit Schreiben vom 29. August 2014, welches der Beklagten am 8. September 2014 zugegangen ist, beanspruchte die Klägerin tarifvertragliche Mehrarbeitszuschläge für alle von April bis Juni 2014 über ihre vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinausgehenden Arbeitsstunden. Mit ihrer im November 2014 erhobenen Klage begehrt die Klägerin tarifliche Mehrarbeitszuschläge für die von ihr im Zeitraum April bis September 2014 geleisteten zusätzlichen Arbeitsstunden abzüglich der bereits für September gezahlten Zuschläge für 6,5 Stunden.

8

Die Klägerin hat gemeint, der tarifvertragliche Mehrarbeitszuschlag sei für jede Arbeitsstunde, die sie über ihre individuell vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von monatlich 97,6 Stunden hinaus leiste, zu zahlen. Außer für 6,5 Stunden im September 2014 habe die Beklagte keine Mehrarbeitszuschläge an sie gezahlt. Die Mehrarbeitszuschläge für April 2014 seien nicht verfallen, da diese nach der tarifvertraglichen Regelung erst nach Ablauf des Quartals fällig gewesen seien.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.057,55 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2014 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, eine Auslegung des MTV ergebe, dass Mehrarbeitszuschläge nur für die Arbeitsstunden zu zahlen seien, die die tarifvertragliche monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers von 173,5 Stunden überstiegen. Die danach begründeten Mehrarbeitszuschläge für die Monate April, Juli und September 2014 habe die Beklagte an die Klägerin ausgezahlt. Der von der Klägerin für den Monat April 2014 geforderte Mehrarbeitszuschlag sei Ende Mai 2014 zur Zahlung fällig gewesen und mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen und die Beklagte lediglich zur Zahlung von 24,91 Euro brutto zuzüglich Zinsen als Zuschlag für 10,5 Mehrarbeitsstunden im Juli 2014 verurteilt. Hinsichtlich dieses Teils ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die vollständige Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrten tarifvertraglichen Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden, die nur ihre individuell vereinbarte monatliche Arbeitszeit übersteigen. Dies ergibt eine Auslegung von § 4 Nr. 1 MTV(dazu I.). Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden der Klägerin im April 2014, die die Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, sind mangels rechtzeitiger Geltendmachung gemäß § 13 Nr. 1 MTV verfallen(dazu II.).

13

I. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln.

14

1. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 14 mwN).

15

2. Bei der Wortlautauslegung ist, wenn die Tarifvertragsparteien einen Begriff nicht eigenständig definieren, erläutern oder einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden, vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Wird ein Fachbegriff verwendet, der in allgemeinen oder in fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen erkennbar sein müssen. Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel weiter davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 15 mwN).

16

3. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sind Mehrarbeitszuschläge nach § 4 Nr. 1 MTV nur für Arbeitsstunden zu zahlen, die die tarifvertraglich geregelte Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, nicht aber schon für Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung der Klägerin hinausgehen.

17

a) Der Begriff „Mehrarbeit“ der tarifvertraglichen Regelung hat für sich betrachtet keinen hinreichend konkreten Regelungsgehalt. Soweit man aus dem Wortlaut etwas ableiten kann, spricht dies allerdings eher für ein Verständnis, wonach „Mehrarbeit“ nur die Arbeitsstunden betrifft, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.

18

aa) Nach § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 MTV ist „Mehrarbeit“ die „über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde“. Diese Definition lässt offen, ob die „regelmäßige“ Arbeitszeit individuell oder betrieblich zu verstehen ist. Zwar kann die Bezeichnung von Arbeitszeit als „regelmäßig“ in einem Tarifvertrag darauf hindeuten, dass es um die dort geregelte Arbeitszeit geht, die Vollzeitarbeitnehmer betrifft. Allerdings folgt auch die einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten „Regelungen“, wie sie die Vertragsparteien getroffen haben.

19

bb) Der Begriff der „Mehrarbeit“ wird weder im allgemeinen Sprachgebrauch noch im juristischen Bereich in klarer Abgrenzung gegenüber dem Begriff der „Überstunden“ verwendet. Ein allgemein gültiges Begriffsverständnis des Inhalts, dass mit „Mehrarbeit“ stets nur Arbeitsstunden bezeichnet werden, die über die im Betrieb übliche Arbeitszeit hinaus geleistet werden, während sich „Überstunden“ auf das Überschreiten der individuellen Arbeitszeit beziehen, besteht nicht.

20

(1) Dies zeigen schon § 7 Abs. 6 und 7 TVöD-AT bzw. TV-L. Dort wird der Begriff „Mehrarbeit“ gerade umgekehrt auf ein Überschreiten der individuellen Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten bezogen und der Begriff „Überstunden“ an der Arbeitszeit von Vollbeschäftigten gemessen. Auch in dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag wird in § 3 Abs. 4 betreffend das Weisungsrecht von Vorgesetzten der Begriff „Mehrarbeit“ offenkundig mit dem Überschreiten der individuellen Arbeitszeit in Verbindung gebracht.

21

(2) Demgegenüber wird in der Rechtsprechung verschiedentlich Mehrarbeit „nach dem arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch“ bzw. „nach der herkömmlichen arbeitsrechtlichen Begriffsverwendung“ nicht auf individuelle Vereinbarungen bezogen, sondern als die Arbeit angesehen, die über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgeht (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 176/06 - Rn. 21; 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - zu A II 1 b aa (1) der Gründe, BAGE 104, 73). Aber selbst im arbeitsrechtlichen Schrifttum werden die Begriffe „Mehrarbeit“ und „Überstunden“ nicht klar voneinander getrennt (vgl. ErfK/Wank 17. Aufl. § 3 ArbZG Rn. 23).

22

(3) Soweit der Begriff „Mehrarbeit“ in gesetzlichen Regelungen verwendet wird, bezieht er sich allerdings durchweg nicht auf das Überschreiten einer individuell vereinbarten Arbeitszeit, sondern auf die regelmäßige betriebliche oder gesetzlich höchstzulässige Arbeitszeit (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 MuSchG, § 21 Abs. 2 iVm. § 8 JArbSchG sowie den bis 30. Juni 1994 geltenden § 15 AZO). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für den in § 124 SGB IX(vgl. 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - zu A II 1 b aa der Gründe, BAGE 104, 73) und in § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG (vgl. BAG 7. Februar 1985 - 6 AZR 370/82 -) verwendeten Begriff „Mehrarbeit“.

23

b) Der Begriff „regelmäßige Arbeitszeit“ spricht nach Wortlaut und seiner systematischen Verwendung im MTV bereits deutlich für eine Auslegung, wonach „Mehrarbeit“ nur die Arbeitsstunden betrifft, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.

24

Zwar ist in § 3 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 MTV, der die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten regelt, von der „durchschnittlichen Arbeitszeit“ die Rede und nicht - wie in § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 MTV, der zuschlagpflichtige Mehrarbeit betrifft - von der „regelmäßigen Arbeitszeit“. Darin liegt aber kein inhaltlicher Unterschied. Die Begriffe „durchschnittlich“ und „regelmäßig“ werden im MTV synonym verwendet. Dies zeigt § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 MTV, der von einer „regelmäßigen 40-Stunden-Woche“ spricht. Die dort geregelte Arbeitszeitverkürzung wird für Teilzeitbeschäftigte in § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 6 MTV aus einer Gegenüberstellung der „tatsächlich geleisteten, mindestens aber der vereinbarten Arbeitszeit“ eines Teilzeitbeschäftigten mit der „regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit“ gebildet. Dies spricht für das Verständnis, wonach mit „regelmäßiger Arbeitszeit“ - auch im Sinne von § 4 Nr. 1 MTV - die betriebliche Arbeitszeit (eines Vollzeitbeschäftigten) gemäß § 3 MTV gemeint ist.

25

c) Die übrige Systematik der tarifvertraglichen Regelung macht deutlich, dass die „regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“ iSv. § 4 Nr. 1 MTV die betriebliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers meint und nicht die individuelle Arbeitszeit eines Teilzeitarbeitnehmers.

26

Der MTV beinhaltet eine Reihe von Sonderregelungen für Teilzeitbeschäftigte (vgl. § 3 Nr. 1 Abs. 3 MTV (durchschnittliche Arbeitszeit bis 31. Dezember 2014), § 3 Nr. 2 Abs. 3 MTV (durchschnittliche Arbeitszeit ab 1. Januar 2015), § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 6 MTV (Arbeitszeitverkürzung für Teilzeitbeschäftigte), § 5 Nr. 4 Abs. 2 MTV (Entgeltfortzahlung), § 5 Nr. 5 Abs. 2 MTV (regelmäßiges Monatseinkommen), § 8 Nr. 13 Abs. 3 Satz 2 MTV (zusätzliches Urlaubsgeld), § 10 Abs. 2 MTV (Jahressonderzuwendung)). Bezüglich der Zuschlagpflicht von Mehrarbeit gemäß § 4 Nr. 1 MTV fehlt eine solche Sonderregel für Teilzeitbeschäftigte. Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien, die die besondere Stellung von Teilzeitarbeitnehmern im Übrigen vielfältig bedacht haben, für die Zuschlagpflicht von Mehrarbeitsstunden keine Veranlassung sahen, eine Stundengrenze abweichend von der für Vollzeitarbeitnehmer zu schaffen. Soweit im MTV besondere Regelungen für Teilzeitarbeitnehmer getroffen sind, wird dort ferner durchweg von der „vereinbarten“ oder der „tatsächlich geleisteten, mindestens aber der vereinbarten“ Arbeitszeit gesprochen. Diese Systematik unterstreicht, dass der Wortlaut von § 4 Nr. 1 MTV („regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“) nicht auf die mit Teilzeitbeschäftigten vereinbarte Arbeitszeit bezogen ist.

27

d) Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung bestätigen dieses Auslegungsergebnis.

28

aa) Eine tarifvertragliche Bestimmung, die den Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge allein davon abhängig macht, dass über ein bestimmtes Tages- oder Wochenarbeitsvolumen oder das Monatssoll hinaus gearbeitet wurde, bezweckt regelmäßig, eine grundsätzlich zu vermeidende besondere Arbeitsbelastung durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 358/10 - Rn. 26; 27. August 2008 - 5 AZR 647/07 - Rn. 12 mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Tarifvertrag selbst Anhaltspunkte dafür enthält, dass andere Regelungszwecke im Vordergrund stehen. Ohne solche Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass es den Tarifvertragsparteien darum geht, durch Verteuerung der über die individuell geschuldete Arbeitsleistung hinausgehenden Arbeitszeiten den individuellen Freizeitbereich zu schützen (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu III 1 der Gründe; 20. Juni 1995 - 3 AZR 684/93 - zu II 2 b der Gründe). Auf die Frage, welcher Zweck typischerweise mit einer Tarifregelung verfolgt wird, kann es jedoch nicht ankommen, wenn bei mehreren denkbaren Zwecken der von den Tarifvertragsparteien gewollte Zweck durch Tarifauslegung ermittelt werden kann. Dann ist allein dieser Zweck maßgebend, weil er Inhalt der durch die Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) geschützten kollektiven Regelung geworden ist (BAG 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 83, 327).

29

bb) Die tarifvertragliche Regelung benennt selbst nicht unmittelbar den Zweck der Mehrarbeitszuschläge. Zwar kann § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 MTV - wonach Mehrarbeit zu vermeiden ist - für das häufig von Gewerkschaftsseite verfolgte arbeitsmarktpolitische Ziel der Verteilung der Arbeit auf Arbeitslose und der Sicherung von Arbeitsplätzen sprechen. Dies könnte darauf hindeuten, dass Regelungszweck die Zuschlagpflicht für alle Arbeitsstunden ist, die die individuell vereinbarte Arbeitszeit übersteigen. Die Bestimmung kann aber auch so verstanden werden, dass Mehrarbeit wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Belastungen zu vermeiden ist. Insoweit würde ein systematischer Zusammenhang mit der Regelung von Zuschlägen für Nachtarbeit in § 4 Nr. 2 MTV bestehen, die eine vom Gesetzgeber als gesundheitlich belastende Tätigkeit betrifft(vgl. § 1 Nr. 1 iVm. § 6 ArbZG). Dann wäre Anknüpfungspunkt der Zuschläge das Übersteigen einer bestimmten Arbeitszeitdauer, die für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte nicht unterschiedlich zu beurteilen wäre. Demgegenüber könnten die ebenfalls in § 4 MTV geregelten Zuschläge für Arbeit an Feiertagen(§ 4 Nr. 3 MTV)und an Sonntagen (§ 4 Nr. 4 MTV) für den Schutz des individuellen Freizeitbereichs sprechen, wenngleich sie aber auch den Ausgleich von Erschwernissen für Arbeit zu ungünstigen Zeiten betreffen (vgl. BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 28).

30

cc) Die quartalsbezogene Betrachtung und Ausgleichsmöglichkeit in § 4 Nr. 1 MTV zeigt aber deutlich, dass die tarifvertragliche Regelung nicht den Schutz des individuellen Freizeitbereichs bezweckt. Eingriffe des Arbeitgebers in den individuellen Freizeitbereich des Arbeitnehmers können ggfs. ohne Mehrarbeitszuschläge dadurch kompensiert werden, dass der Arbeitnehmer in anderen Zeiträumen Freizeit erhält, ohne darüber selbst - etwa im Rahmen eines Arbeitszeitkontos - bestimmen zu können. Damit verbleibt es bei dem regelmäßigen Zweck eines Mehrarbeitszuschlags, durch das zusätzliche Entgelt eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen. Dieser Zweck verlangt einen finanziellen Ausgleich erst dann, wenn die Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter überschritten wird.

31

dd) Soweit die Klägerin meint, mit dem Zuschlag könne kein Ausgleich für die besondere mit der Mehrarbeit verbundene Arbeitsbelastung bezweckt werden, da in § 4 Nr. 1 MTV an das Quartal und nicht die arbeitstägliche Arbeitszeit oder die Wochenarbeitszeit angeknüpft werde, trifft dies nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht hat auch bei einem Ausgleichszeitraum von einem Monat als Ausgleichszweck eines Mehrarbeitszuschlags die erhöhten Arbeitsbelastungen durch die Mehrarbeit angesehen (vgl. BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 12; 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu III 2 e der Gründe). Auch mit § 4 Nr. 1 MTV soll eine Dauerbelastung im Zeitraum eines Quartals ausgeglichen werden. Belastungen innerhalb des Quartals, die über die flexible Arbeitszeitgestaltung ausgeglichen werden, sollen demgegenüber nicht zuschlagpflichtig sein. Diese Annahme liegt in der Einschätzungsprärogative und dem Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien. Ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste oder zweckmäßigste Lösung gefunden haben, unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle. Das Abstellen auf längere Ausgleichszeiträume ist im Übrigen auch dem ArbZG nicht fremd (vgl. bspw. § 3 Satz 2 ArbZG).

32

e) Angesichts des nach Systematik und Zweck der tarifvertraglichen Regelung klaren Auslegungsergebnisses kommt es auf die Entstehungsgeschichte, die dieses bestätigen würde, nicht weiter an. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, die tarifvertragsschließende Gewerkschaft habe bei den letzten Tarifvertragsverhandlungen im Dezember 2011 ohne Erfolg gefordert, dass künftig durch eine neue Formulierung Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitarbeitnehmern schon ab Überschreiten der individuell vereinbarten Arbeitszeit gezahlt werden sollen.

33

4. Das vorstehende Auslegungsergebnis verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG(vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 -; EuGH 15. Dezember 1994 - C-399/92 -). Eine Ungleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten ist nicht gegeben. Für die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden wird für Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmer die gleiche Gesamtvergütung geschuldet.

34

II. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung weiterer Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden zu, die im streitgegenständlichen Zeitraum die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten übersteigen.

35

1. Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum nur in den Monaten April, Juli und September 2014 die tarifvertragliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers überschritten, nicht aber in den Monaten Mai, Juni und August 2014. Den insoweit für 6,5 Mehrarbeitsstunden im September 2014 geschuldeten und nicht Gegenstand der Klage gewesenen Zuschlag hat die Beklagte an die Klägerin gezahlt. Zur Zahlung eines Zuschlags für 10,5 Mehrarbeitsstunden im Juli 2014 ist die Beklagte vom Landesarbeitsgericht rechtskräftig verurteilt worden.

36

2. Betreffend 22,5 Mehrarbeitsstunden im April 2014 ist die Klage auf Zahlung eines Zuschlags unbegründet. Der diesbezügliche Anspruch der Klägerin ist mangels rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung gemäß § 13 Nr. 1 MTV verfallen.

37

a) Nach § 13 Nr. 1 MTV müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, anderenfalls sind sie ausgeschlossen.

38

b) Das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 29. August 2014, welches auch Mehrarbeitszuschläge für April 2014 betraf, ist erst am 8. September 2014 bei der Beklagten eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die dreimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs bereits abgelaufen, da der Anspruch bereits Ende Mai 2014 zur Zahlung fällig war.

39

aa) Allerdings sieht die Regelung in § 4 Nr. 1 MTV eine quartalsmäßige Betrachtung und Bezahlung von Mehrarbeit vor. In diesem Fall wäre die schriftliche Geltendmachung rechtzeitig gewesen.

40

bb) Vorliegend haben sich die Parteien aber auf eine von § 4 Nr. 1 MTV abweichende Fälligkeit geeinigt. Mehrarbeitsstunden und deren Zuschläge werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Beklagten stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Der entsprechenden Handhabung der Beklagten hat die Klägerin konkludent zugestimmt, wie ihre eigene auf die einzelnen Monate bezogene Berechnung zeigt. Da der MTV nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme gilt, konnten die Parteien durch konkludente Vereinbarung von einer quartalsmäßigen Betrachtung und Bezahlung absehen. Die einfache Schriftformklausel in § 9 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags steht dem nicht entgegen(vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 17, BAGE 139, 156).

41

cc) Selbst bei unterstellter beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien und normativer Geltung des MTV würde sich nichts anderes ergeben. Die monatliche Betrachtung der Mehrarbeit und die Fälligkeit der Zuschläge am Ende des Folgemonats stellen im Rahmen des gebotenen Sachgruppenvergleichs (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 27 ff. mwN, BAGE 151, 221) eine Regelung zugunsten der Klägerin iSv. § 4 Abs. 3 TVG dar. Mehrarbeitsstunden eines Monats können - anders als von § 4 Nr. 1 Abs. 1 MTV vorgesehen - nicht mit Freizeit in einem anderen Monat des Quartals unter Fortfall der Zuschläge ausgeglichen werden. Die Klägerin hätte bei einer quartalsmäßigen Betrachtung bspw. im zweiten Quartal 2014 keinerlei Mehrarbeitszuschläge zu beanspruchen, da die von ihr geleisteten 513,03 Arbeitsstunden die Mehrarbeitsgrenze von 520,5 Stunden (3 x 173,5 Stunden) nicht überschritten haben. Ferner führt die monatliche Betrachtungsweise zu einer durchweg früheren Fälligkeit der Ansprüche, was ebenfalls für die Klägerin günstiger ist. Die Ausschlussfrist des § 13 Nr. 1 MTV knüpft allein an die Fälligkeit des Anspruchs an, so dass eine frühere Fälligkeit nur zu einer Verschiebung, nicht aber zu einer Verkürzung der Ausschlussfrist führt. Dabei kann die Klägerin bei der monatlichen Betrachtungsweise in dem Maße, wie die Fälligkeit früher eintritt, auch früher feststellen, ob ihr ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge zusteht.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    R. Bicknase    

        

    Rudolph    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. September 2015 - 10 Sa 787/15 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 22. April 2015 - 2 Ca 1076/14 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer tarifvertraglichen Zulage für Zeiten der Teilnahme an einer Schulung.

2

Der Kläger arbeitet bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, als Flugbegleiter (Cabin Manager). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Vergütungstarifvertrag Nr. 2 für das in Berlin stationierte Kabinenpersonal der Easyjet Airline Company Ltd. (VTV Kabine 2) vom 14. Mai 2013, abgeschlossen zwischen der Easyjet Airline Company Ltd. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), gültig ab 1. Januar 2013, Anwendung.

3

Der Kläger absolvierte am 19., 20. und 21. April 2014 in Unterrichtsräumen der Beklagten jeweils von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr eine luftfahrtrechtlich vorgeschriebene, jährlich wiederkehrende Schulung für Flugbegleiter.

4

Für die Zeit der Teilnahme an der Schulung erhielt der Kläger von der Beklagten die ihm nach § 5 Abs. 2 VTV Kabine 2 zustehende Basisvergütung, aber keine Zulagen. Solche sind in § 5 Abs. 3 ff. VTV Kabine 2 geregelt und betreffen ua. eine Trainerzulage, Schichtzulage, Zulagen für geflogene Sektoren, beherrschte Sprachen, Übernachtungen an auswärtigen Flughäfen, „Airport Standby“-Dienste, Positioning-Einsätze, Arbeiten in den freien Tag oder Tätigwerden als „Upranker“. § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 hat folgenden Wortlaut:

        

„Für jegliche sonstige Dienstzeit am Boden auf Anweisung von easyJet (Office duty) erhält der Mitarbeiter eine Zulage von

        

1,5 nominalen Sektor bis 4 Stunden Dienstzeit

        

und     

        

3,0 nominalen Sektoren ab vier Stunden Dienstzeit.“

5

Ein „nominaler Sektor“ entspricht nach der ab 1. Januar 2014 gültigen Tabelle in § 4 Abs. 2 VTV Kabine 2 für Cabin Manager 24,49 Euro. Weiter heißt es in § 9 Abs. 4 VTV Kabine 2:

        

„Für individualrechtliche Ansprüche aus diesem Tarifvertrag vereinbaren die Tarifparteien …, dass im Streitfalle die deutsche Fassung bindend ist.“

6

Der Kläger begehrt mit seiner Klage von der Beklagten die Zahlung einer Zulage für die drei Schulungstage im April 2014 im Umfang von jeweils drei nominalen Sektoren in unstreitiger Höhe von insgesamt 220,41 Euro.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Teilnahme an der Schulung sei zulagenpflichtig nach § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2. Dies ergebe sich aus dem klaren Wortlaut der tariflichen Norm. Es handele sich um „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden“. Der Klammerzusatz „Office duty“ sei in diesem Zusammenhang ohne Belang. Übersetzt habe er nur die Bedeutung „Innendienst“, was alle Tätigkeiten umfasse, die nicht Flugdienst seien.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 220,41 Euro brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Sie hat gemeint, schon aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 könne der Kläger seinen Anspruch nicht ableiten. Die dort geregelte Zulage betreffe nur Bürodienst im engeren Sinn wie Sekretariat, Verwaltungsaufgaben und Büroorganisation, nicht aber Schulungen, wie die Formulierung „Office duty“ zeige. Dies folge insbesondere auch aus der Entstehungsgeschichte des vorhergehenden Vergütungstarifvertrags Nr. 1 für das in SXF/BER stationierte Kabinenpersonal der Easyjet Airline Company Ltd. (VTV Kabine 1) vom 4. November 2011, abgeschlossen zwischen der Easyjet Airline Company Ltd. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), gültig ab 1. Mai 2011, und einem Vergleich mit dem Vergütungstarifvertrag Nr. 1 für das in SXF/BER stationierte Cockpitpersonal der Easyjet Airline Company Ltd. (VTV Cockpit 1) vom 4. November 2011, abgeschlossen zwischen der Easyjet Airline Company Ltd. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), gültig ab 1. Mai 2011.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte tarifvertragliche Zulage. Dies ergibt eine Auslegung von § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2.

13

I. Die Klage des Klägers ist unbegründet. Die Voraussetzungen des als Anspruchsgrundlage für sein Begehren allein in Betracht kommenden § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 sind nicht erfüllt. Die vom Kläger am 19., 20. und 21. April 2014 absolvierte Schulung ist nicht eine „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden auf Anweisung von easyJet (Office duty)“. Die anderslautende Auslegung der Tarifnorm durch das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft.

14

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 701/12 - Rn. 13 mwN). Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 11. November 2015 - 10 AZR 719/14 - Rn. 17, BAGE 153, 215).

15

2. Bei der Wortlautauslegung ist, wenn die Tarifvertragsparteien einen Begriff nicht eigenständig definieren, erläutern oder einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden, vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Wird ein Fachbegriff verwendet, der in allgemeinen oder in den fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen erkennbar sein müssen (BAG 8. Juli 2009 - 10 AZR 672/08 - Rn. 23 mwN). Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel weiter davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (vgl. BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 936/07 - Rn. 15, BAGE 133, 62).

16

3. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie ergibt vielmehr, dass der in § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 verwendete Begriff „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden auf Anweisung von easyJet (Office duty)“ nicht so verstanden werden kann, dass damit auch die Teilnahme an Schulungen gemeint ist.

17

a) Allerdings spricht der Wortlaut der Tarifvorschrift zunächst eher für die Annahme des Klägers, dass auch die Teilnahme an einer Schulung unter diese Regelung fällt und einen Anspruch auf eine Zulage begründet. Er ist aber nicht eindeutig.

18

aa) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden auf Anweisung von easyJet (Office duty)“ nicht selbst bestimmt, so dass davon auszugehen ist, dass sie diesen Tarifbegriff in seiner allgemeinen bzw. fachspezifischen Bedeutung verstanden wissen wollen.

19

(1) Der Begriff „Dienstzeit“ wird zwar in der Tabelle zu § 3 VTV Kabine 2 benutzt und meint im Rahmen dieser Überleitungsvorschrift offenbar die (gesamte) Dauer des Bestandes des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag. Es gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff „Dienstzeit“ in dieser Sonderregelung gleichbedeutend mit dem Begriff „Dienstzeit“ in der Zulagenregelung des § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 verwendet haben, zumal an anderer Stelle die Dauer des Bestandes des Arbeitsverhältnisses als „beschaeftigungszeit“(§ 7 Abs. 2 Satz 1 VTV Kabine 2) bezeichnet wird. Im Übrigen verwenden die Tarifvertragsparteien den Begriff „Dienstzeit“ im Zusammenhang mit Positioning-Einsätzen (§ 5 Abs. 10 VTV Kabine 2), notwendiger Gewerkschafts- und Betriebsratstätigkeit (§ 5 Abs. 13 VTV Kabine 2)sowie Personalvertretungstätigkeiten und Tätigkeiten in der ver.di-Tarifkommission (§ 7 Abs. 3 VTV Kabine 2), ohne ihn näher zu definieren.

20

(2) Der Begriff „Dienstzeit“ ist ein Fachbegriff im luftfahrtrechtlichen Bereich. Nach der Definition in § 2 Abs. 1 der 2. DV LuftBO ist Dienstzeit „jede Zeitspanne, während der ein Besatzungsmitglied auf der Grundlage von Rechtsvorschriften, tariflichen und betrieblichen Regelungen oder von der Aufsichtsbehörde genehmigten Verfahren arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt“. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 iVm. Anhang III Abschn. Q OPS 1.1095 Nr. 1.4. der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 224) gehören zum Dienst „alle Aufgaben, die ein Besatzungsmitglied im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb des Inhabers eines Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) wahrzunehmen hat“. Nach Nr. 1.5. dieser Vorschrift ist Dienstzeit „der Zeitraum, der beginnt, wenn ein Besatzungsmitglied auf Verlangen des Luftfahrtunternehmers den Dienst beginnt, und der endet, wenn das Besatzungsmitglied frei von allen dienstlichen Verpflichtungen ist“. Dem wird sowohl in Nr. 1.6. dieser Vorschrift als auch in § 2 Abs. 3 der 2. DV LuftBO die enger gefasste „Flugdienstzeit“ gegenübergestellt, die Tätigkeiten in einem Luftfahrzeug oder nach der 2. DV LuftBO auch in einem Flugübungsgerät als Besatzungsmitglied betrifft. Diese Fachterminologie spricht für ein weites Wortlautverständnis von „Dienstzeit am Boden“, welches auch die vom Kläger absolvierte Schulung umfasst. Aufgrund von Art. 1 iVm. Anhang III Abschn. O OPS 1.1015 und OPS 1.1020 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 190) sind „Wiederkehrende Schulungen“ für die Kabinenbesatzung verpflichtend durchzuführen. Während der in den Schulungsräumen der Beklagten durchgeführten Schulung hat der Kläger der Beklagten zur Verfügung gestanden und eine Aufgabe wahrgenommen, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Beklagten steht.

21

(3) Diese Auslegung des Begriffs „Dienstzeit“ wird durch die Verwendung des Pronomens „jegliche“ im Sinne von „jede“ und des Adjektivs „sonstige“ im Sinne von „sonst noch vorhanden“ oder „anderweitig“ verstärkt. Die Tarifvertragsparteien geben mit dieser Wortwahl in § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 zu verstehen, dass jede wie auch immer geartete Dienstzeit am Boden einen Zulagenanspruch begründen soll.

22

bb) Das aus dem Begriff „Dienstzeit“ hergeleitete Normverständnis von § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 wird allerdings durch den Klammerzusatz „Office duty“ in Frage gestellt.

23

(1) Die Berücksichtigung des Klammerzusatzes „Office duty“ scheidet nicht deshalb aus, weil nach § 9 Abs. 4 VTV Kabine 2 im Streitfall die deutsche Fassung des Tarifvertrags bindend ist. Der vorgelegte VTV Kabine 2 ist die deutsche Fassung des Tarifvertrags. Dem steht nicht entgegen, dass dort einzelne englischsprachige Begriffe (zB „Flight Attendant“ (§ 2 Abs. 2), „Legs“ (§ 5 Abs. 5), „Night Stops“ (§ 5 Abs. 7), „Working into the day off“ (§ 5 Abs. 11), „Crew Food“ (§ 8)) verwendet werden. Diese englischsprachigen Begriffe sind Teil der deutschen Fassung des Tarifvertrags und bei der Auslegung zu berücksichtigen.

24

(2) Der Klammerzusatz „Office duty“ in § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 spricht für eine Auslegung, wonach nur solche Dienstzeiten am Boden zulagenpflichtig sein sollen, die im Büro anfallende Arbeit, also im Wesentlichen verwaltende Tätigkeiten betreffen, nicht aber die Teilnahme an Schulungen.

25

(a) Klammerzusätze zu einem bestimmten Begriff haben im Allgemeinen den Sinn, diesen Begriff zu erläutern. Das kann dazu führen, dass der durch Klammerzusatz erläuterte Begriff einen anderen Sinn erhält, als ihm nach seinem Wortlaut und dem allgemeinen Sprachgebrauch ohne den Klammerzusatz zuzuerkennen wäre. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag kommt damit einem Klammerzusatz für die Bestimmung eines vorangestellten Begriffs entscheidende Bedeutung zu (BAG 2. März 1988 - 4 AZR 604/87 -; 28. April 1982 - 4 AZR 642/79 - BAGE 38, 332).

26

(b) Ein Fall, bei dem wie bei einer staatlichen Normsetzung der wesentliche Teil der Begriffsbestimmung vor der Klammer steht (vgl. hierzu BAG 10. Mai 1994 - 3 AZR 721/93 - zu B II 2 a der Gründe), liegt nicht vor. Es gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Einleitungshalbsatz von § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 enthalte eine „Legaldefinition“ für die Formulierung „Office duty“. Eine solche wird verwendet, um eine vorangestellte längere Umschreibung für folgende Passagen mit einem zusammenfassenden kurzen Wort zu bezeichnen. Der in § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 verwendete Klammerzusatz kehrt im Folgetext aber nicht wieder.

27

(c) Die Erläuterung des Begriffs „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden auf Anweisung von easyJet“ durch den Klammerzusatz „Office duty“ hat erkennbar einschränkende Bedeutung, die dem zunächst sehr weit gefassten Wortlaut einen auf bestimmte Tätigkeiten bezogenen Wortsinn gibt. Sonst hätte es des Klammerzusatzes nicht bedurft. Dieser ist nur erforderlich, um die zunächst nicht begrenzte Zulagenpflicht für Dienstzeit am Boden einzuengen. Den Tarifvertragsparteien kann nicht unterstellt werden, dass sie im Bereich von Vergütungsregelungen überflüssige Klammerzusätze verwendet haben.

28

(d) Die Reichweite dieser Einschränkung hängt von der inhaltlichen Bedeutung des Klammerzusatzes ab.

29

(aa) Die Übersetzung des englischsprachigen Begriffs „Office duty“ ist nicht eindeutig. Verschiedentlich wird „Office duty“ mit „Innendienst“ übersetzt, wie es auch der Kläger annimmt, die Pluralfassung „Office duties“ hingegen mit „Bürotätigkeiten“, was der Ansicht der Beklagten entspräche.

30

(bb) Selbst wenn man den Klammerzusatz „Office duty“ mit dem deutschen Begriff „Innendienst“ gleichsetzt, rechtfertigte dies nicht, darunter auch unbeschränkt die Teilnahme an luftfahrtrechtlich erforderlichen Schulungen zu verstehen. „Innendienst“ ist die Arbeit, die ein Arbeitnehmer auf dem Gelände bzw. in den Bürogebäuden eines Unternehmens leistet, im Gegensatz zum „Außendienst“ etwa eines Vertreters, der Kunden besucht. Das vom Kläger gebildete Begriffspaar „Außendienst“ (Tätigkeit, die im Flugzeug verrichtet wird) und „Innendienst“ (alle Tätigkeiten, die nicht im Flugzeug verrichtet werden) wird den Arbeitsaufgaben eines Flugbegleiters nicht gerecht. Der Flugbegleiter leistet im Flugzeug keinen „Außendienst“ im üblichen Begriffsverständnis, da er keine Kunden besucht. Diese kommen vielmehr zum Luftfahrzeug seines Arbeitgebers. Ferner bezieht sich „Innendienst“ auf die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit oder arbeitsvertraglichen Hauptpflicht im administrativen Bereich. Ein Innendienstmitarbeiter wird aber nicht angestellt, um an Schulungen teilzunehmen. Die Teilnahme an Schulungen stellt allenfalls die Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar, die Innen- wie Außendienstmitarbeiter treffen kann.

31

(cc) Angesichts dessen spricht viel dafür, die inhaltliche Bedeutung des Begriffs „Office duty“ - selbst wenn man ihn mit „Innendienst“ übersetzt - auf die Erfüllung arbeitsvertraglicher Hauptpflichten im Bürobereich zu beziehen. Wegen der den weit gefassten Begriff „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden“ einengenden Funktion des Begriffs „Office duty“ kann damit nicht von einem klaren, eindeutigen Wortlaut von § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 ausgegangen werden, wonach auch die Teilnahme an Schulungen darunter fällt.

32

b) Die Systematik des VTV Kabine 2 gibt keinen klaren Aufschluss darüber, ob die Teilnahme an Schulungen nach § 5 Abs. 9 zulagenpflichtig ist.

33

aa) Die Vergütung von Schulungen ist im VTV Kabine 2 weder ausdrücklich geregelt noch erwähnt. § 5 VTV Kabine 2 regelt die Zusammensetzung der Monatsvergütung, die nach Abs. 1 aus einer Basisvergütung gemäß Abs. 2 und weiteren Zulagen nach den Abs. 3 bis 11 besteht. Dies könnte zumindest ein Anhaltspunkt dafür sein, dass jedenfalls die Aufzählung der Zulagen in § 5 VTV Kabine 2 abschließend ist. Allerdings entspricht schon die Angabe der Abs. 3 bis 11 für Zulagen in § 5 VTV Kabine 2 nicht der Systematik des VTV Kabine 2, da auch in § 5 Abs. 12 VTV Kabine 2 - sogar dem Wortlaut nach - eine Zulage geregelt wird und die Vergütung für Gewerkschafts- und Betriebsratstätigkeit in § 5 Abs. 13 VTV Kabine 2 mit 3,5 nominalen Sektoren pro Tag der Sache nach auch eine Zulage darstellt, da sie neben der Basisvergütung gezahlt wird. Die in § 5 Abs. 10 VTV Kabine 2 angesprochene Positioning-Zulage wird zudem in § 4 Abs. 4 VTV Kabine 2 inhaltlich ausgestaltet.

34

bb) Die Systematik der tarifvertraglichen Regelung spricht jedenfalls gegen die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, dass es sich bei § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 um eine „Auffangregelung“ handelt.

35

(1) Eine „Auffangregelung“ wäre am ehesten am Schluss einer Tarifnorm zu erwarten, wenn nach der Regelung von Spezialfällen nicht konkret genannte Tatbestände einer pauschalierenden Lösung zugeführt werden. Denkbar wäre dies auch am Anfang einer Tarifnorm als „Grundregelung“, der dann einzelne Spezialfälle nachfolgen. Die Stellung von § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 zu Beginn des letzten Drittels einer längeren Aufzählung von Einzelfällen der Zulagenpflicht spricht deshalb eher dafür, dass auch hier nur ein bestimmter Fall geregelt wird. Zwar ist der Wortlaut des ersten Halbsatzes von § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 weit gefasst, was für eine „Auffangregelung“ sprechen könnte. Der Klammerzusatz bezieht dies aber wieder nur auf einen bestimmten Fall und ist nicht etwa mit dem Zusatz „zum Beispiel“ versehen.

36

(2) Ebenfalls gegen eine „Auffangregelung“ spricht der Umstand, dass die Zulagenregelung in § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 umfangreicher sein kann als die in anderen Absätzen geregelten speziellen Zulagentatbestände. Von einer Auffangregelung würde man erwarten, dass sie ein Grundniveau sicherstellt, aber nicht über speziellere Regelungen hinausgeht. So wird ein „Airport Standby“- Dienst nach § 5 Abs. 8 VTV Kabine 2 grundsätzlich erst dann mit einem nominalen Sektor als Zulage vergütet, wenn er wenigstens vier Stunden dauert, während nach § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 jegliche sonstige Dienstzeit am Boden von einer Minute bis vier Stunden Dienstzeit mit 1,5 nominalen Sektoren als Zulage vergütet wird. Dabei sind „Dienstzeit“ nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 2 der 2. DV LuftBO bzw. in Art. 1 iVm. Anhang III Abschn. Q OPS 1.1095 Nr. 1.3. der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 224) auch Pausen. „Bereitschaft“ zählt nach Art. 1 iVm. Anhang III Abschn. Q OPS 1.1125 Nr. 1.2. der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 228) demgegenüber sogar vollständig bei der Berechnung der kumulativen Dienststunden und wird ausweislich der Formulierung in § 5 Abs. 8 VTV Kabine 2 auch von den Tarifvertragsparteien als „Dienst“ angesehen.

37

c) Sinn und Zweck der Tarifnorm sprechen maßgeblich gegen einen Zulagenanspruch bei Teilnahme an Schulungen.

38

aa) Die Zulagenregelung in § 5 VTV Kabine 2 betrifft ganz unterschiedliche Bereiche. Tendenziell beziehen sich die Zulagen auf die Tätigkeit als Besatzungsmitglied im Flugzeug und damit in Zusammenhang stehende Arbeitsabläufe oder auf besondere Kenntnisse, Erschwernisse und Aufwendungen. Dies spricht dagegen, Schulungen über die Basisvergütung hinaus mit Zulagen zu vergüten, da sie weder zur produktiven Tätigkeit eines Flugbegleiters gehören noch mit besonderen Belastungen, Erschwernissen oder Anforderungen verbunden sind.

39

bb) Der Sinn des Zulagenanspruchs für „Office duty“ ergibt sich daraus, dass Flugbegleiter, die nicht in ihrer eigentlichen Funktion als Besatzungsmitglied tätig sind, sondern im Büro eingesetzt werden und deshalb keine Zulage für „geflogene Sektoren“ nach § 5 Abs. 5 VTV Kabine 2 erhalten, für diese finanziell unattraktive nichtfliegerische Sonderverwendung einen Ausgleich erhalten sollen. Zweck der tariflichen Zulagenregelung ist es hingegen nicht, jede Art von Dienst zusätzlich zu vergüten, wie schon das Beispiel der „Airport Standby“-Dienste mit unter vier Stunden Dauer in § 5 Abs. 8 VTV Kabine 2 zeigt.

40

Bei der Teilnahme an Schulungen können den Flugbegleitern zwar Zulagen nach § 5 Abs. 5 VTV Kabine 2 entgehen. Andererseits haben die Schulungen jedoch eine überschaubare Dauer, die - wie bei „kurzen“ „Airport Standby“-Diensten bis vier Stunden - nicht als ausgleichsbedürftig eingestuft werden muss. Hinzu kommt, dass die Teilnahme an Schulungen für alle Flugbegleiter verpflichtend ist und keine individuelle Sonderbelastung darstellt. Demgegenüber erhalten Flugbegleiter, die im Bürobereich eingesetzt werden - etwa für die Bedienung des Urlaubsbeantragungssystems oder des Systems zum Tausch von Diensten - gegebenenfalls längerfristig oder dauerhaft keine Zulage für geflogene Sektoren und Positioning-Einsätze. Der Zweck der Zulage nach § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 lässt sich für diese Konstellation mit dem Ausgleich für entgangene Zulagen im Flugdienst begründen, die nur einzelne Flugbegleiter aufgrund einer Sonderverwendung betrifft.

41

d) Dieses Verständnis der Tarifnorm wird von der Tarifgeschichte und einem Vergleich mit dem Inhalt eines von denselben Tarifvertragsparteien zeitlich parallel abgeschlossenen Vergütungstarifvertrags für das Cockpitpersonal bestätigt.

42

aa) Bleiben nach der Auslegung einer Tarifnorm nach Wortlaut, Wortsinn und tariflichem Gesamtzusammenhang Zweifel an deren Inhalt und dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien, kann auf die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags zurückgegriffen werden (BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 34 mwN).

43

bb) Die Entstehungsgeschichte der Tarifnorm verdeutlicht, dass die Teilnahme an Schulungen keinen Zulagenanspruch begründet.

44

(1) In einem Entwurf der Gewerkschaft ver.di vom Dezember 2010 für den VTV Kabine 1 war ursprünglich sowohl ein Zulagenanspruch für „sämtliche Trainingseinheiten am Boden sowie Schulungen“ im Umfang von zwei nominalen Sektoren pro Einheit (vgl. § 4 Abs. 8) als auch für „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden“ im Umfang von einem nominalen Sektor pro zwei Stunden Dienstzeit (vgl. § 4 Abs. 11) enthalten. Der Begriff „Office duty“ taucht in diesem Entwurf nicht auf.

45

In der Folgezeit schlossen die Tarifvertragsparteien eine „Vereinbarung zu den Tarifverhandlungen vom 18. Juli 2011“, in welcher die bislang erzielten Verhandlungsergebnisse als Zwischenstand festgehalten sind. Dort heißt es unter A I (Kabinenpersonal, Entgelt) ua.:

        

„3. Weitere Entgeltbestandteile

        

…       

        
        

d.    

Buerotage (Office duty): fuer Kabinenmanager und fuer Flugbegleiter gelten ab dem 1. August 2011 folgende Werte:

                 

1.5     

Nominalsektoren bis vier Stunden

                 

3.0     

Nominalsektoren ab vier Stunden“

46

Am 4. November 2011 schlossen die Tarifvertragsparteien rückwirkend zum 1. Mai 2011 den VTV Kabine 1 ab. Dort ist in § 4 Abs. 9 eine Zulagenregelung für „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden (Office duty)“ enthalten, die fast gleichlautend mit der streitgegenständlichen Regelung in § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2 ist. Anders als noch im Entwurf der Gewerkschaft ver.di vorgesehen, enthalten weder der VTV Kabine 1 - wie auch später der VTV Kabine 2 - noch das schriftlich niedergelegte Verhandlungszwischenergebnis eine Zulagenregelung für „sämtliche Trainingseinheiten am Boden sowie Schulungen“. Die ursprünglich ausdrücklich erhobene Forderung hat keinen Eingang in den Tarifvertrag gefunden.

47

(2) Ergänzend kommt hinzu, dass in der Vereinbarung zu den Tarifverhandlungen vom 18. Juli 2011 erstmals der Begriff „Office duty“ in A I 3 d erwähnt und in Zusammenhang mit der Formulierung „Buerotage“ gebracht wird. Dies spricht für die einengende Auslegung, wonach nicht jede Form von Dienstzeit und damit auch Schulungen zulagenpflichtig sind, sondern nur Bürotätigkeiten im Sinne verwaltender Arbeiten.

48

cc) Schließlich kann die von den Tarifvertragsparteien im Rahmen eines anderen Tarifvertrags verwendete Systematik nicht unbeachtet bleiben.

49

(1) Zwar können zur Auslegung eines Tarifvertrags andere Tarifverträge nicht ohne weiteres herangezogen werden. Da es entscheidend auf den Willen der Vertragschließenden ankommt, ist nur bei gewichtigen Anhaltspunkten davon auszugehen, dass der Sprachgebrauch anderer Tarifvertragsparteien und die von ihnen getroffene Regelung von Bedeutung sein sollen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn mehrere Tarifverträge eine gewisse Einheit bilden (vgl. BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 41 mwN, BAGE 129, 238).

50

(2) Gleichzeitig mit dem VTV Kabine 1 haben dieselben Tarifvertragsparteien den VTV Cockpit 1 verhandelt und am selben Tag abgeschlossen, was auf einen engen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang beider Tarifverträge hinweist. Ferner zeigt bereits das gemeinsame Zwischenergebnis dieser Tarifvertragsverhandlungen vom 18. Juli 2011, dass die Tarifvertragsparteien beide Tarifverträge als einen zusammenhängenden Verhandlungskomplex betrachtet haben.

51

(3) Die Tarifvertragsparteien des VTV Cockpit 1 haben die Teilnahme an Schulungen offenkundig nicht als vom Tatbestandsmerkmal „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden (Office duty)“ erfasst angesehen. In diesem Tarifvertrag haben sie vielmehr getrennte Zulagenregelungen für „sämtliche Trainingseinheiten am Boden sowie Schulungen“ (§ 4 Abs. 8 VTV Cockpit 1) einerseits und für „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden (Office duty)“ andererseits (§ 4 Abs. 11 VTV Cockpit 1) in jeweils identischer Höhe von zwei nominalen Sektoren vereinbart. Der Regelung in § 4 Abs. 8 VTV Cockpit 1 bedürfte es nicht, wenn Schulungen schon von § 4 Abs. 11 VTV Cockpit 1 erfasst wären. Man kann den Tarifvertragsparteien aber nicht unterstellen, dass sie mit § 4 Abs. 8 VTV Cockpit 1 eine inhaltlich überflüssige Regelung haben treffen wollen.

52

dd) Die Ausführungen zur Entstehungsgeschichte des VTV Kabine 1 gelten in gleicher Form für den VTV Kabine 2. Dieser ist im Wesentlichen eine Fortschreibung des vorangegangenen Tarifvertrags. § 4 Abs. 9 VTV Kabine 1 ist - bis auf den neu hinzugekommenen, noch stärker begrenzenden Einschub „auf Anweisung von easyJet“ - fast wortidentisch mit § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2. Für das Verständnis dieser Tarifvorschrift und die Frage der Einbeziehung von Schulungen in die Zulagenpflicht kann auf die Entstehungsgeschichte des in seinem Kern unverändert gebliebenen Wortlauts der Vorgängerregelung zurückgegriffen werden. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, dass der im Wesentlichen wortgleich verwendete Begriff „jegliche sonstige Dienstzeit am Boden (Office duty)“ in § 4 Abs. 9 VTV Kabine 1 eine andere Bedeutung hat als in § 5 Abs. 9 VTV Kabine 2(vgl. BAG 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - Rn. 19, BAGE 134, 34).

53

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten von Berufung und Revision zu zahlen.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Großmann    

        

    Züfle    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. März 2015 - 6 Sa 68/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist langjährig bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern als Maschinist beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft EVG abgeschlossenen (Haus-)Tarifverträge, darunter der zum 1. November 2011 in Kraft getretene Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der DB Bahnbau Gruppe GmbH (ETV BBG). Der Kläger erhält eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 4 (VG 4) ETV BBG.

3

Aufgabe des Klägers ist es, Schienenfräsmaschinen zu warten und sie für den Einsatz vorzubereiten. Der Anteil der Wartungs- und Vorbereitungsarbeiten an der Gesamtarbeitszeit des Klägers beträgt 90 vH. Während der übrigen Arbeitszeit bewegt er die Schienenfräsmaschine zum Zweck der Durchführung von Wartungsarbeiten im Abstellbereich. Die Schienenschleifarbeiten als solche erfolgen in den Nachtstunden und werden nicht vom Kläger, sondern von anderen Mitarbeitern durchgeführt.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn nach der VG 3 ETV BBG zu vergüten. Er erfülle das Tätigkeitsbeispiel „Maschinenbediener 3“ des Abschn. IV des Vergütungsgruppenverzeichnisses 1 zum ETV BBG (VGV 1). Der Tarifbegriff „Bedienen“ sei nicht auf das Führen der Schienenfräsmaschine während des Schienenschleifens beschränkt, sondern erfasse auch die von ihm überwiegend ausgeführten Reinigungs- und Wartungsarbeiten.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.443,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Januar 2013 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit erfülle nicht die tariflichen Voraussetzungen der VG 3 ETV BBG. Zwar würden die von ihm auszuführenden Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an einer Hochleistungsgroßbaumaschine erbracht. Damit „bediene“ der Kläger aber die Maschine nicht im Tarifsinne. Der bestimmungsgemäße Einsatz der Hochleistungsgroßbaumaschinen im Sinne des Tarifmerkmals beziehe sich ausschließlich auf das Schleifen von Schienen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit sie den noch streitgegenständlichen Antrag betrifft, abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht durfte zwar allein mit der von ihm gegebenen Begründung die Klage nicht abweisen. Die Entscheidung stellt sich aber gleichwohl im Ergebnis als richtig dar. Die Revision war deshalb gem. § 561 ZPO zurückzuweisen.

9

A. Die Revision ist zulässig.

10

I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision gehört die Angabe der Revisionsgründe (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO. Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss sie eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und auf die Rechtslage genau durchdacht hat. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (st. Rspr., etwa BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 324/14 - Rn. 8; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 16, BAGE 130, 119). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt deshalb nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - Rn. 10 mwN; 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11 mwN).

11

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Zwar setzt der Kläger sich nicht mit den vom Landesarbeitsgericht angeführten Gründen für die fehlende Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der VG 3 VGV 1 ETV BBG auseinander. Soweit er meint, das Landesarbeitsgericht habe lediglich das Tätigkeitsmerkmal des „Maschinenführers 1“, nicht jedoch das des „Maschinenbedieners 3“ geprüft, geht dessen Einwand offensichtlich an der berufungsgerichtlichen Entscheidungsbegründung vorbei. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Richtbeispiel lediglich zum Zweck der systematischen Tarifauslegung herangezogen. Mit seinem Hinweis, das Landesarbeitsgericht habe das allgemeine Tätigkeitsmerkmal (Obersatz) des VGV 2 ETV BBG nicht geprüft, hat der Kläger hingegen einen zulässigen Angriff gegen das Berufungsurteil geführt. Ein solcher einzelner Angriff genügt den Anforderungen an die Revisionsbegründung (GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 74 Rn. 55; zur Berufung vgl. BAG 6. März 2003 - 2 AZR 596/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 105, 200).

12

B. Die Revision ist jedoch unbegründet.

13

I. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht bereits deshalb unbegründet, weil die Berufung des Klägers unzulässig gewesen wäre. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, der Kläger habe das erstinstanzliche Urteil entscheidungserheblich angegriffen, indem er seine Auffassung verteidigt habe, auch die Inbetriebnahme der Schienenfräsmaschine zu Wartungs- und Reinigungszwecken sowie die Durchführung dieser Arbeiten stelle eine Bedienung im tariflichen Sinne dar.

14

II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Kläger erfülle das Tätigkeitsmerkmal der VG 3 VGV 1 ETV BBG nicht. Zwar hätte es darüber hinaus die Erfüllung der Anforderung des Obersatzes der VG 3 VGV 2 ETV BBG prüfen müssen. Die Entscheidung stellt sich aber gleichwohl im Ergebnis als richtig dar, weil die Klage insoweit unschlüssig ist.

15

1. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten die Haustarifverträge der Beklagten, insbesondere der ETV BBG kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit.

16

2. Dabei sind die folgenden Bestimmungen des ETV BBG für die Entscheidung von Bedeutung:

        

§ 2   

        

Entgeltgrundlage

        

(1)     

Die Arbeitnehmer werden in eine der Vergütungsgruppen der Anlage 3 oder Anlage 4 eingruppiert.

        

(2)     

Die Höhe des Monatstabellenentgelts ergibt sich aus den Anlagen 1 und 2.

        

§ 3     

        

Grundsätze der Eingruppierung

        

(1)     

Die Eingruppierung der Arbeitnehmer in eine Vergütungsgruppe richtet sich nach der von ihnen ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach ihrer Berufsbezeichnung.

        

(2)     

Die Vergütungsgruppen und deren Tätigkeitsmerkmale ergeben sich aus dem Vergütungsgruppenverzeichnis 1 - Tätigkeiten - und dem Vergütungsgruppenverzeichnis 2 - Obersätze - (Anlagen 3 und 4).

        

(3)     

Werden Arbeitnehmern Tätigkeiten übertragen, die verschiedenen Vergütungsgruppen zuzuordnen sind, so gilt für sie grundsätzlich die Vergütungsgruppe, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht.

        

a)    

Besteht die übertragene Tätigkeit aus zwei Tätigkeiten gleichen Umfangs, richtet sich die Eingruppierung nach der Vergütungsgruppe, die der höherwertigen Tätigkeit entspricht.

        

b)    

Besteht die übertragene Tätigkeit aus mehr als zwei Tätigkeiten, werden zur Bestimmung der Vergütungsgruppe nur die beiden Tätigkeiten berücksichtigt, die zusammen den größten Teil der Beschäftigung ausmachen.“

17

Das Vergütungsgruppenverzeichnis 1 (VGV 1) lautet auszugsweise:

        

Tätigkeiten

        

…       

        

IV. Tätigkeitsgruppe Maschinentechnik / Werkstätten

        

…       

        

Vergütungsgruppe 3 (VG 3)

        

Vorarbeiter Werkstatt bzw. Vorhaltung / Facharbeiter Werkstatt 3

        

Facharbeitertätigkeit mit fachlicher Anleitung der zugeordneten Werkstattmitarbeiter oder Facharbeiter mit Spezialtätigkeiten, z.B. Rahmenschweißen an dynamisch beanspruchten Bauteilen oder elektronisches Einstellen der Hochleistungsgroßbaumaschinen, u.a. des Mehrkanalschreibers (MKS)

        

Maschinenführer 1

        

Führen und selbständiges Bedienen von einfachen Großbaumaschinen einschließlich fachliche Führung der zugewiesenen Maschinenbediener und Verantwortung für die Durchführung der Instandhaltungstätigkeiten an der Maschinentechnik sowie Wahrnehmen der Auftragsverantwortung für die definierte Bauausführung

        

Maschinenbediener 3

        

Selbständiges Bedienen von Hochleistungsgroßbaumaschinen, z.B. Stopf- und Fräsmaschinen, Umbauzügen (inkl. Portalkran SUM), Reinigungsmaschinen und / oder Maschinenbedienung mit Streckenfahrten

        

Vergütungsgruppe 4 (VG 4)

        

Maschinenbediener 2

        

zusätzlich selbständiges Bedienen von mittleren Großbaumaschinen wie z.B. Eisenbahndrehkränen bis 40 t und Portalkränen, mittlere Bedientätigkeiten auf Umbauzügen; selbständiges Durchführen von Vor- und Abnahmemessungen

        

Facharbeiter Werkstatt 2 / Facharbeiter Vorhaltung 2

        

zusätzlich mit Zusatzfunktionen, wie z.B. Instandhaltung Bremsen (div. Bremstypen), Schutzgasschweißverfahren, Instandhaltung Pneumatik und Hydraulik

        

Vergütungsgruppe 5 (VG 5)

        

Facharbeiter Werkstatt 1 / Facharbeiter Vorhaltung 1

        

Facharbeiter mit mindestens 2 1/2-jähriger einschlägiger Berufsausbildung, z.B. als Schlosser, Elektriker, Mechatroniker

        

Maschinenbediener 1

        

mindestens 2 1/2jährige einschlägige Berufsausbildung und selbständiges Bedienen von einfachen Großbaumaschinen wie z.B. Schienenladeeinheiten, Material-Förder- und Siloeinheiten (MFS) und Verladestation; einfache Bedientätigkeiten auf Umbauzügen“

18

Im Vergütungsgruppenverzeichnis 2 (VGV 2) heißt es:

        

Obersätze

        

…       

        

Vergütungsgruppe 3 (VG 3)

        

Tätigkeiten, die zu ihrer Ausführung eine erfolgreich abgeschlossene fachspezifische Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren erfordern

        

oder   

        

eine einschlägige betriebliche Ausbildung mit vertieften Fachkenntnissen und beruflichen Erfahrungen voraussetzen

        

und die zusätzliche einschlägige Zusatzqualifikationen (z.B. Lehrgänge mit Prüfung, Werkpolier) mit allgemein anerkanntem Abschluss erfordern

        

und die höhere Anforderungen stellen als in Vergütungsgruppe 4.

        

Tätigkeiten mit umfassenden fachspezifischen Aufgaben und schwierige Tätigkeiten werden selbständig und eigenverantwortlich erfüllt. Es bestehen grundsätzlich fachliche Führungsaufgaben für Mitarbeiter.

        

Vergütungsgruppe 4 (VG 4)

        

Tätigkeiten, die zu ihrer Ausführung eine erfolgreich abgeschlossene fachspezifische Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren erfordern

        

oder   

        

eine einschlägige betriebliche Ausbildung mit vertieften Fachkenntnissen und beruflichen Erfahrungen voraussetzen

        

und die höhere Anforderungen stellen als in Vergütungsgruppe 5.

        

Die vorstrukturierten Tätigkeiten des Aufgabengebietes werden selbständig und eigenverantwortlich erfüllt.“

19

3. Gem. § 2 ETV BBG werden die Arbeitnehmer in eine der Vergütungsgruppen der Anlage 3 oder 4 eingruppiert. Danach muss die vom Arbeitnehmer ausgeführte und ihm nicht nur vorübergehend übertragene Tätigkeit (§ 3 Abs. 1 ETV BBG) entweder die Tarifmerkmale der VGV 1 oder der VGV 2 erfüllen. Bei den im VGV 1 genannten Merkmalen handelt es sich dabei um sog. Richt- oder Regelbeispiele, bei den im VGV 2 aufgeführten Obersätzen um die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der jeweiligen Vergütungsgruppen. Eine kumulative Erfüllung der Tarifmerkmale ist nicht erforderlich. Diese Regelungssystematik entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Tarifverträgen. Danach sind die Anforderungen einer Entgeltgruppe regelmäßig dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine dem in der Vergütungsgruppe genannten Beispiel entsprechende Tätigkeit ausübt. Wird die vom Arbeitnehmer verrichtete Tätigkeit jedoch nicht oder nicht vollständig von einem Beispiel erfasst, ist auf die allgemeinen Merkmale der Vergütungsgruppe zurückzugreifen (vgl. nur BAG 19. November 2014 - 4 AZR 996/12 - Rn. 29; 20. Juni 2012 - 4 AZR 438/10 - Rn. 16).

20

4. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Kläger erfülle nicht das Tätigkeitsmerkmal (Richtbeispiel) der VG 3 des VGV 1 ETV BBG „Maschinenbediener 3“. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der dem Kläger übertragenen Tätigkeit um - wie die Revision meint - eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder um Einzeltätigkeiten handelt, die jede für sich zu bewerten sind. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt bei jedem denkbaren Zuschnitt der von ihm ausgeübten Einzeltätigkeiten das Richtbeispiel nicht.

21

a) Unter das Richtbeispiel „Maschinenbediener 3“ fällt zunächst die Tätigkeit des selbständigen Bedienens von Hochleistungsgroßbaumaschinen, welche exemplarisch in dem Richtbeispiel aufgeführt sind. Alternativ („und / oder“) dazu wird das Richtbeispiel auch durch die Tätigkeit der Maschinenbedienung mit Streckenfahrten erfüllt.

22

b) Der Kläger erfüllt keine der beiden Alternativen.

23

aa) Er „bedient“ keine Hochleistungsgroßbaumaschinen im tariflichen Sinne. Dabei kann zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass es sich bei der Schienenfräsmaschine um eine Hochleistungsgroßbaumaschine in diesem Sinne handelt.

24

(1) Dem Wortlaut nach bedeutet „bedienen“ im Zusammenhang mit größeren Geräten „handhaben“ oder „steuern“ (Duden Deutsches Universalwörterbuch 5. Aufl.). In diesem Sinne kann die Tätigkeit des Klägers, soweit sie die Fahrten auf dem Abstellgleis zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit im Rahmen der Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten betrifft, zwar noch als das „Bedienen“ von Maschinen im Wortsinne angesehen werden.

25

(2) Aus der Tarifsystematik ergibt sich jedoch, dass die Tätigkeit des - selbständigen - Bedienens nur den bestimmungsgemäßen Gebrauch der fraglichen Maschine, dh. im Streitfall das Schienenschleifen als solches, erfasst. In den Vergütungsgruppen VG 5, VG 4 und VG 3 VGV 1 ETV BBG differenziert die tarifliche Regelung zwischen dem Maschinenbediener 1, 2 und 3 auf der einen und dem Facharbeiter Werkstatt 1, 2 und 3 auf der anderen Seite. Während der Facharbeiter Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten auszuführen hat, hat der Maschinenbediener die Geräte selbständig zu bedienen. Würden die Instandhaltungsarbeiten, deren Erfolg der betreffende Facharbeiter bei lebensnaher Betrachtungsweise - und wie im Fall des Klägers zwischen den Parteien auch unstreitig - durch ein kurzzeitiges Bedienen auf dem Abstellgleis zu überprüfen hat, stets auch ein „Bedienen“ im tariflichen Sinne umfassen, hätte das Richtbeispiel des Facharbeiters Werkstatt kaum einen eigenen Anwendungsbereich. Es kann nicht angenommen werden, dass sich die Richtbeispiele nach dem Willen der Tarifvertragsparteien derart weitgehend überschneiden sollten.

26

(3) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der vom Kläger vorgelegten Stellenbeschreibung für die Tätigkeiten eines Maschinisten weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas anderes.

27

(a) Die Stellenbeschreibung ist für die Auslegung des Tarifmerkmals ohne Belang (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. nur 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 111, 204; 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - mwN, BAGE 98, 35). Sie belegt weder das Begriffsverständnis der Tarifvertragsparteien noch die praktische Tarifübung. Es fehlt insoweit bereits an einer Beteiligung der tarifschließenden Gewerkschaft EVG. Abgesehen davon bezieht sich die in der Stellenbeschreibung genannte Stellenbewertung ersichtlich auf einen völlig anderen Tarifvertrag.

28

(b) Die Stellenbeschreibung ist auch in tatsächlicher Hinsicht für die Eingruppierung des Klägers ohne Belang.

29

(aa) Die Eingruppierung des Arbeitnehmers richtet sich gem. § 3 Abs. 1 ETV BBG nach der ausgeführten Tätigkeit, nicht hingegen nach der Berufsbezeichnung. Die abstrakte Bezeichnung der Stelle ist danach tariflich nicht relevant.

30

(bb) Auch hinsichtlich der vom Kläger ausgeführten Tätigkeit ist die Stellenbeschreibung nicht maßgebend. Der bloße Verweis auf eine vom Arbeitgeber verfasste Stellenbeschreibung und die dort genannten, auszuübenden Tätigkeiten ersetzt die von den Gerichten für Arbeitssachen vorzunehmenden Feststellungen selbst dann nicht, wenn die Angaben von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt werden. Eine Stellenbeschreibung dient lediglich der Dokumentation der Tätigkeit des Stelleninhabers. Als Grundlage für eine Tätigkeitsbeschreibung kommt sie allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt (BAG 18. November 2015 - 4 AZR 534/13 - Rn. 22; grdl. 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 18 mwN). Das ist vorliegend nicht der Fall. Insbesondere ergeben sich aus der Stellenbeschreibung weder die vom Kläger tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten - vor allem die „zu bedienenden“ Maschinen - noch deren Zeitanteile an der Gesamtarbeitszeit.

31

bb) Die Tätigkeit des Klägers umfasst auch keine „Maschinenbedienung mit Streckenfahrten“ im tariflichen Sinne. Das Landesarbeitsgericht hat dies zwar nicht als gesondertes Tarifmerkmal geprüft. Dessen bedurfte es aber bereits deshalb nicht, weil der Kläger dies weder für die Schienenfräsmaschine noch für andere - ggf. auch einfache oder mittlere - Großbaumaschinen behauptet hat. Dies hat er in der Revision nochmals ausdrücklich klargestellt.

32

cc) Schließlich hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich die Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals des Facharbeiters Werkstatt 3 VG 3 VGV 1 ETV BBG ergäbe. Er hat nicht behauptet, als Facharbeiter mit Spezialtätigkeiten, insbesondere mit dem „elektronischen Einstellen der Hochleistungsgroßbaumaschinen“ betraut zu sein.

33

5. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt schließlich nicht das allgemeine Tätigkeitsmerkmal (Obersatz) der VG 3 des VGV 2 ETV BBG. Es fehlt insoweit an substantiiertem Vortrag des Klägers. Bereits das Arbeitsgericht hat die Erfüllung des allgemeinen Tätigkeitsmerkmals unter Hinweis auf die fehlende Schlüssigkeit des Vortrags verneint. In der Revision hat der Kläger auf Nachfrage erklärt, er erfülle nicht die tarifliche Anforderung der fachlichen Führungsaufgaben für Mitarbeiter und stütze deshalb das Eingruppierungsbegehren nicht mehr auf den Obersatz.

34

III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Dierßen    

        

    Bredendiek    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Teil-Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. September 2012 - 5 Sa 258/11 - teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 18. August 2011 - 6 Ca 2302/10 - wird auch insoweit zurückgewiesen, als der Kläger die Feststellung beantragt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. Dezember 2010 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe G des Entgeltrahmentarifvertrages für die Brot- und Backwarenindustrie vom 1. März 1991 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, ist bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen seit dem Jahr 2000 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die „Tarifverträge für die Unternehmen der Brot- und Backwarenindustrie“ in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

3

Im Werk der Beklagten wird maschinell Brot hergestellt. Der Kläger ist an einer Schneide- und Verpackungsmaschine tätig. In der „Aufgabenbeschreibung/Arbeitsplatzbeschreibung“ vom 19. September/30. Oktober 2008 wird seine Tätigkeit als „Anlagenführer, stellv. Anlagenführer Ganzbrotverpackung“, in der „Rollenbeschreibung der Funktionsgruppe“ vom 30. April 2009 als „Maschinenführer Verpackung“ bezeichnet. Aufgabe des Klägers ist es, die Schneide- und Verpackungsmaschine nach vorgegebenen Backplänen einzustellen und ihren Lauf zu überwachen. Dazu gehört der Einsatz von Beuteln und Clipbandrollen, das Wechseln des Drehtellers, die Einstellung der Seitenführung und der Austausch der „Paddel“, mithilfe derer die Verpackungstüten zur Befüllung gespreizt werden. Bei Bedarf hat der Kläger defekte Messer auszutauschen und Kleinreparaturen (zB Reinigung der Saugfilter) vorzunehmen. Die übrigen Reparaturen werden von den Arbeitnehmern der werkseigenen Schlosserei durchgeführt. Der Kläger ist ferner für die Reinigung und Desinfektion der Maschinen verantwortlich. Er hat die Zuführbänder abzufegen und ein Desinfektionsmittel aufzusprühen. Für jede Schicht muss er einen Bericht anfertigen, in dem die Brotsorten sowie Zeit, Art und Umfang der Verpackung festgehalten werden.

4

Der Kläger erhielt zuletzt ein Entgelt nach der Gruppe E des Entgelt-Rahmentarifvertrags für alle Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und Auszubildenden der Brot- und Backwarenindustrie und Großbäckereien in den fünf neuen Bundesländern einschließlich Berlin-Ost vom 26. Februar 1991 (ERTV). Im November 2010 forderte er die Beklagte vergeblich auf, ihm ein Entgelt nach der Gruppe H ERTV zu zahlen.

5

Mit Schriftsatz vom 30. November 2010 hat der Kläger hinsichtlich der Entgeltdifferenzen für den Zeitraum von November 2007 bis Oktober 2010 Zahlungsklage, für die Zeit ab dem 1. Dezember 2010 Feststellungsklage erhoben. Mit Schriftsatz vom 21. März 2011 hat er die Zahlungsklage hinsichtlich der Entgeltdifferenz für den Monat November 2010 sowie verschiedener Zuschläge erweitert. Er hat die Auffassung vertreten, er sei in die Gruppe H ERTV, hilfsweise in die Gruppe G oder F ERTV eingruppiert. Er sei als Anlagen- und Maschinenführer und nicht lediglich als Maschinenbediener tätig.

6

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Belang, beantragt

        

festzustellen, dass er ab dem 1. Dezember 2010 in die Gruppe G des Entgeltrahmentarifvertrags für die Brot- und Backwarenindustrie (ERTV) einzugruppieren ist.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, der Kläger sei zutreffend in Gruppe E ERTV eingruppiert. Bei den ihm übertragenen Aufgaben handele es sich um eine angelernte Tätigkeit mit möglicher Einflussnahme auf den Arbeitsablauf im Sinne dieser Tarifgruppe. Die Tätigkeit könne nach einer Anlernphase von zwei bis max. drei Wochen selbständig ausgeübt werden.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts durch Teil-Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass der Kläger ab dem 1. Dezember 2010 in die Gruppe G ERTV eingruppiert ist. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers hinsichtlich des Feststellungsantrags zurückgewiesen. Die Entscheidung über den Zahlungsantrag hat es dem Schlussurteil vorbehalten. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung des Feststellungsantrags in vollem Umfang.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht festgestellt, der Kläger habe einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der Gruppe G ERTV. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Ob dem Kläger wenigstens ein Entgelt nach der Gruppe F ERTV zusteht, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Sache war insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

10

I. Das Landesarbeitsgericht durfte durch Teilurteil entscheiden.

11

1. Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ein Teil des Anspruchs zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil als Teilurteil zu erlassen (§ 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils gegeben sind, hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu überprüfen (BAG 17. April 2013 - 4 AZR 361/11 - Rn. 15).

12

2. Die Entscheidungsreife iSv. § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass das Teilurteil unabhängig vom Schlussurteil erlassen werden kann. Zwischen dem durch ein Teilurteil entschiedenen Teil auf der einen und dem noch nicht entschiedenen Teil auf der anderen Seite darf kein Widerspruch entstehen (BAG 17. April 2013 - 4 AZR 361/11 - Rn. 12). Die Gefahr eines Widerspruchs ist namentlich gegeben, wenn in einem Teilurteil aufgrund einer materiell-rechtlichen Verzahnung zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über die verbleibenden Ansprüche noch einmal stellt oder stellen kann (BGH 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10 - Rn. 14, BGHZ 189, 356). Dabei kommt es nicht nur auf das entscheidende Gericht selbst an, sondern auch auf eine mögliche abweichende Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht (BGH 27. Oktober 1999 - VIII ZR 184/98 -). Die notwendige Widerspruchsfreiheit bezieht sich jedoch nicht auf den Tenor des Teilurteils. Dieser ist für das Gericht nach § 318 ZPO bindend(BAG 17. April 2013 - 4 AZR 361/11 - Rn. 13).

13

3. Danach war der Erlass des Teilurteils im Streitfall zulässig. Der Feststellungsantrag war entscheidungsreif. Eine Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen bestand nicht. Der Zahlungsantrag und der Feststellungsantrag beziehen sich auf unterschiedliche Zeiträume. Aber selbst im Falle sich überschneidender Zeiträume wäre eine Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht gegeben gewesen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag enthält mit Ausnahme der im Tenor ohnehin zum Ausdruck kommenden und damit nach § 318 ZPO bindenden Feststellung keine Begründungselemente, die für die Entscheidung über den Zahlungsantrag von Bedeutung sein könnten.

14

II. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Antrag bedarf jedoch der Auslegung.

15

1. Dem Wortlaut nach hat der Kläger zuletzt die Feststellung begehrt, dass er in die Gruppe G ERTV „einzugruppieren“ ist. In dieser Form wäre der Antrag unzulässig. Bei der Eingruppierung handelt es sich um den schlichten Akt der wertenden Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Tätigkeitsmerkmal einer Vergütungsordnung. Für die Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten ist ein gesondertes Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO nicht erkennbar(vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 735/07 - Rn. 16). In der Sache begehrt der Kläger jedoch - wie aus dem Zahlungsantrag ersichtlich - die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn entsprechend der begehrten Eingruppierung „zu vergüten“. So verstanden handelt es sich bei dem Feststellungsantrag um einen auch in der Privatwirtschaft allgemein zulässigen Eingruppierungsfeststellungsantrag (zur Zulässigkeit eines Eingruppierungsfeststellungsantrags vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 903/08 - Rn. 17 mwN). Für einen solchen besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Dieses ergibt sich aus der Zukunftsgerichtetheit des Begehrens.

16

2. Der Antrag des Klägers ist ferner dahingehend auszulegen, dass er nicht nur auf die alleinige Feststellung einer Vergütungspflicht nach der Gruppe G ERTV, sondern hilfsweise auch nach der Gruppe F ERTV gerichtet ist. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung ausgeführt, er begehre - höchst hilfsweise - auch „eine Eingruppierung“ in die Gruppe F ERTV. Die Gerichte für Arbeitssachen sind deshalb mit Blick auf § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht daran gehindert, über einen Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Gruppe F ERTV zu entscheiden.

17

III. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm eine Vergütung nach der Gruppe G ERTV zu zahlen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war bereits deshalb aufzuheben. Ob darüber hinaus die von der Beklagten erhobenen Verfahrensrügen zulässig und begründet sind, bedarf keiner Entscheidung.

18

1. Die maßgebenden Tarifvorschriften lauten:

        

§ 2 - Eingruppierung und Umgruppierung

        

2.1     

Maßgebend für die Ein- und/oder Umgruppierung der Arbeitnehmer sind die nachstehenden Grundsätze.

        

2.2     

Dieser Tarifvertrag enthält die Merkmale der Tarifgruppen und darunter Beispiele für typische Tätigkeiten.

                 

Die aufgeführten Beispiele sind kein Ausschließlichkeitskatalog, sondern sie stellen Richtbeispiele dar und dienen der Erläuterung zur Ein- und Umgruppierung der Arbeitnehmer.

        

2.3     

Maßgebend für die Ein- und Umgruppierung sind an erster Stelle die ‘Oberbegriffe‘ (Gruppenmerkmale) der Tarifgruppen.

        

2.4     

Bei der Einstufung oder Umgruppierung sind nicht berufliche oder betriebliche Bezeichnungen, sondern ausschließlich die Anforderungen/Tätigkeitsmerkmale des Arbeitsplatzes und die Art der verrichteten Arbeit maßgebend.

                 

Bei der Einstufung und Umgruppierung können u.a. folgende Merkmale von Bedeutung sein:

                 

…       

                 

Entscheidend für die Einstufung und/oder Umgruppierung des Arbeitnehmers ist die von ihm überwiegend ausgeübte Tätigkeit.

                 

…       

        

2.5     

Soweit für die Ein- und Umgruppierung eine Berufsausbildung von Bedeutung ist, gilt folgendes:

                 

Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt eine bestandene einschlägige Prüfung.

                 

Eine einschlägige Prüfung kann ersetzt werden durch Kenntnisse und Fertigkeiten, die auch durch eine andere Ausbildung oder eine entsprechende zeitlich angepasste praktische Tätigkeit erworben worden sein kann.

        

...     

        
        

§ 4 - Tarifgruppen

        

...     

        

Gruppe E

./.     

90%     

        

Oberbegriff:

        

Angelernte Tätigkeiten mit möglicher Einflußnahme auf den Arbeitsablauf und Einsetzbarkeit auf verschiedenen Arbeitsplätzen;

        

Tätigkeiten, denen in Einzelbereichen eine Berufsausbildung zugrunde liegt.

        

Tätigkeitsmerkmale, z.B.:

        

...     

        

Gruppe F

./.     

95%     

        

Oberbegriff:

        

Angelernte Tätigkeiten mit Einflußnahme auf den Arbeitsablauf und Tätigkeiten, die besonderen Anforderungen entsprechen;

        

Tätigkeiten, denen in Einzelbereichen eine Berufsausbildung zugrunde liegt.

        

Tätigkeitsmerkmale, z.B.:

        

Bedienen von Siloanlagen;

        

Abwiegen und Zusammenstellen der Backmittel;

        

...     

        

Gruppe G

./.     

100%   

        

Oberbegriff:

        

Tätigkeiten, die eine abgeschlossene Berufsausbildung erfordern; die abgeschlossene Berufsausbildung kann durch langjährige nachgewiesene Berufserfahrung ersetzt werden, die einen umfassenden Einsatz im Fachbereich ermöglicht.

        

Tätigkeitsmerkmale, z.B.:

        

...     

        

Steuern einer Siloanlage;

        

Einrichten von Schneide- und Verpackungsanlagen;

        

...“   

19

2. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen des Regelbeispiels „Einrichten von Schneide- und Verpackungsanlagen“ der Gruppe G ERTV. Dagegen hat sich der Kläger nicht mehr gewandt.

20

3. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger erfülle die Anforderungen des Oberbegriffs der Gruppe G ERTV. Es hat die objektiven Voraussetzungen des Tarifmerkmals und damit auch die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers verkannt.

21

a) Ein Vergütungsanspruch nach Gruppe G ERTV setzt nach § 2 Ziff. 2.4 Abs. 3 ERTV voraus, dass der Arbeitnehmer überwiegend Tätigkeiten ausübt, die eine abgeschlossene Berufsausbildung erfordern. Dabei genügt es - wie aus einem systematischen Vergleich mit den Gruppen E und F ERTV deutlich wird - nicht, dass den Tätigkeiten lediglich in Einzelbereichen eine Berufsausbildung zugrunde liegt. Vielmehr bezieht sich das Erfordernis auf alle ihrem Umfang nach relevanten Aufgaben. Die Regelung, dass die abgeschlossene Berufsausbildung durch langjährige nachgewiesene Berufserfahrung ersetzt werden kann, die einen umfassenden Einsatz im Fachbereich ermöglicht, modifiziert die objektiven Anforderungen an die Tätigkeit nicht. Sie bezieht sich ihrem Wortlaut nach nicht auf das Erfordernis der Ausbildung für die betreffende Tätigkeit, sondern auf die Ausbildung als solche und damit ausschließlich auf die subjektive Qualifikation des Arbeitnehmers. Dieses Verständnis entspricht auch der Regelung des § 2 Ziff. 2.5 ERTV. Danach sind Kenntnisse und Fertigkeiten, die durch eine - zeitlich angepasste - praktische Tätigkeit erworben wurden, geeignet, die einschlägige Prüfung zu ersetzen. Auch diese Regelung betrifft allein die Anforderungen an die subjektive Qualifikation des Arbeitnehmers. Die objektiven Anforderungen an die Tätigkeit werden davon nicht berührt.

22

b) Nach § 2 Ziff. 2.4 ERTV sind für die Einstufung nicht berufliche oder betriebliche Bezeichnungen, sondern ausschließlich die Anforderungen/Tätigkeitsmerkmale des Arbeitsplatzes und die Art der verrichteten Tätigkeit maßgebend. Danach ist die Bezeichnung des Arbeitsplatzes in der „Aufgabenbeschreibung/Arbeitsplatzbeschreibung“ sowie der „Rollenbeschreibung der Funktionsgruppe“ für die Eingruppierung des Klägers unerheblich. Etwas anderes kann allenfalls dann angenommen werden, wenn die Stellenbeschreibung die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt (BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 18; 16. November 2011 - 4 AZR 773/09 - Rn. 23). Das ist hier aber nicht der Fall.

23

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es auch nicht darauf an, ob die Tätigkeit des Klägers dem Bild eines Ausbildungsberufs zuzuordnen ist. Maßgebend ist nach den ausdrücklichen Vorgaben des Oberbegriffs von Gruppe G ERTV vielmehr, dass die überwiegend ausgeübten Tätigkeiten eine abgeschlossene Berufsausbildung „erfordern“. Zur Darlegung dieser Erforderlichkeit bedarf es einer Gegenüberstellung der übertragenen Tätigkeiten auf der einen und der durch die - einschlägige - Berufsausbildung vermittelten Kenntnisse auf der anderen Seite. Anhand dessen ist aufzuzeigen, dass es für die Ausübung der übertragenen Aufgaben einer entsprechenden Berufsausbildung bedarf.

24

d) Der für das Vorliegen des Tätigkeitsmerkmals darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat die Voraussetzungen des abstrakten Entgeltgruppenmerkmals der Gruppe G ERTV nicht hinreichend dargetan (zu den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast im Eingruppierungsrechtsstreit zB BAG 11. Februar 2004 - 4 AZR 684/02 - zu I 3 c bb (1) der Gründe, BAGE 109, 321; 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 e der Gründe). Er hat nicht die notwendigen Tatsachen vorgetragen, die für einen Schluss auf das Vorliegen der objektiven Anforderungen der beanspruchten Entgeltgruppe erforderlich sind. Ob er das subjektive Merkmal des Oberbegriffs erfüllt, bedarf deshalb keiner Entscheidung.

25

aa) Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der ihm übertragenen Tätigkeit um - wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat - eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder um Einzeltätigkeiten handelt, die jede für sich zu bewerten sind. Der Kläger hat das Erfordernis einer Berufsausbildung für jede denkbare Zusammenfassung der von ihm ausgeübten Einzeltätigkeiten nicht hinreichend dargelegt.

26

bb) Der umfangreiche Vortrag des Klägers beschränkt sich auf die Darstellung, welche Tätigkeiten er ausübt, sowie auf die Behauptung, diese entsprächen derjenigen eines Anlagenführers. Es fehlt hingegen an der notwendigen Darlegung der Kenntnisse und Fertigkeiten, die er für die überwiegend ausgeübte Tätigkeit benötigt. Deshalb kann der Senat nicht beurteilen, ob sie denjenigen entsprechen, die in einer Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer vermittelt werden (vgl. dazu die MaschFüAusbV vom 27. April 2004).

27

IV. Ob der Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach der Gruppe F ERTV hat, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit einem solchen Anspruch - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - nicht befasst und dementsprechend keine Feststellungen getroffen. Dies wird es unter Gewährung rechtlichen Gehörs sowie Beachtung der folgenden Erwägungen nachzuholen haben.

28

1. Der Kläger erfüllt kein „Tätigkeitsmerkmal“ der Gruppe F ERTV.

29

a) Bei den „Tätigkeitsmerkmalen“ handelt es sich um sog. Richt- oder Regelbeispiele (siehe § 2 Ziff. 2.2 Unterabs. 2 ERTV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Tarifverträgen sind die Anforderungen einer Entgeltgruppe regelmäßig dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine dem in der Vergütungsgruppe genannten Beispiel entsprechende Tätigkeit ausübt (BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 438/10 - Rn. 16; 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 27, BAGE 129, 238). Wird die vom Arbeitnehmer verrichtete Tätigkeit jedoch nicht oder nicht vollständig von einem Beispiel erfasst, ist auf die allgemeinen Merkmale der Vergütungsgruppe zurückzugreifen (vgl. nur BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 438/10 - aaO; 25. September 1991 - 4 AZR 87/91 - zu II 2 a der Gründe).

30

b) Die Tätigkeit des Klägers fällt nicht unter eines der in der Gruppe F ERTV genannten Beispiele. Er arbeitet an einer Schneide- und Verpackungsmaschine und bedient deshalb weder eine Siloanlage noch wiegt er Backmittel ab oder stellt sie zusammen. Das Bedienen einer Schneide- und Verpackungsmaschine ist als Richtbeispiel in der Gruppe C ERTV genannt.

31

2. Die Anforderungen des „Oberbegriffs“ erfüllt der Kläger nur, wenn er angelernte Tätigkeiten mit Einflussnahme auf den Arbeitsablauf ausübt, die besonderen Anforderungen entsprechen. Den Tätigkeiten muss darüber hinaus in Einzelbereichen eine Berufsausbildung zugrunde liegen.

32

a) Der Oberbegriff erfasst „Tätigkeiten mit Einflussnahme auf den Arbeitsablauf und Tätigkeiten, die besonderen Anforderungen entsprechen“. Nach dem Wortlaut der Tarifnorm („und“) muss die auszuübende Tätigkeit beide Voraussetzungen erfüllen, dh. die in der Entgeltgruppe genannten Anforderungen müssen kumulativ erfüllt sein. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb festzustellen haben, ob der Kläger durch die ihm übertragenen und von ihm überwiegend ausgeübten Tätigkeiten „Einfluss auf den Arbeitsablauf“ hat und ob die Tätigkeiten „besonderen Anforderungen entsprechen“.

33

b) Den Tätigkeiten muss nach dem Oberbegriff darüber hinaus in Einzelbereichen eine Berufsausbildung zugrunde liegen. Auch dabei handelt es sich um eine kumulative, nicht um eine alternative Anforderung. Das ergibt sich aus der Tarifsystematik. Das Erfordernis der Ausübung von „Tätigkeiten, denen in Einzelbereichen eine Berufsausbildung zugrunde liegt“, sieht der Tarifvertrag im Oberbegriff sowohl der Gruppe E als auch der Gruppe F ERTV vor. Gleichwohl kommt den der Gruppe F ERTV zuzuordnenden Tätigkeiten eine höhere Wertigkeit zu. Diese kann sich nur aus einer kumulativen Erfüllung der übrigen Anforderungen ergeben. Dementsprechend wird das Landesarbeitsgericht prüfen müssen, ob und in welchen Einzelbereichen die dem Kläger übertragene Tätigkeit eine Berufsausbildung erfordert.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Rinck    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Redeker    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2010 - 3 Sa 203/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 18. März 2009 - 11 Ca 1415/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils zur Klarstellung wie folgt neu formuliert wird:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Januar 2008 nach der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg-Vorpommern zu vergüten.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist staatlich anerkannter Krankenpfleger. Er ist seit 2001 als Pflegefachkraft in einem psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Vereinbarung die von der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs e. V. mit Wirkung zum 1. Januar 2008 neu gefassten Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs e. V. (AVR DWM) Anwendung. Die Beklagte hat den Kläger ab Januar 2008 der Entgeltgruppe 7 der Anlage 1 zu den AVR DWM zugeordnet.

3

Das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten verfügt über 61 Plätze. 48 Plätze stehen für eine offene und 13 Plätze für eine geschlossene Heimunterbringung zur Verfügung. Die Beklagte hat die Konzeption des Pflegeheims in einem „Leitbild für das psychiatrische Pflegeheim“ zusammengefasst und ua. ausgeführt:

        

„...   

        

2.    

Art der Einrichtung und Zielgruppe

        

...     

        
        

Sowohl die Leistungen der Pflege im Sinne des SGB XI, die eindeutig im Vordergrund stehen, als auch die Leistungen der Eingliederungshilfe werden mit dem Ziel erbracht, eine ganzheitliche individuelle Pflege und Betreuung der Bewohner entsprechend dem personenzentrierten Ansatz zu gewährleisten und einen hohen Grad an Autonomie jedes einzelnen Bewohners zu erreichen.

        

Mit dem Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern und dem Landkreis L ist abgestimmt, daß sich das Leistungsangebot insbesondere auf die Versorgung der folgenden Personenkreise erstreckt:

        

Personenkreis/Versorgungsbedarf

Einzugsbereich

        

1.    

Chronisch psychisch kranke Erwachsene mit einer Pflegestufe, die in anderen psychiatrischen Einrichtungen aufgrund ihres Pflegebedarfs nicht (mehr) angemessen versorgt werden können

vorrangig Landkreis L

        

2.    

Pflegebedürftige Menschen mit einer Pflegestufe nach SGB XI, die aufgrund ihrer psychischen Beeinträchtigung in (Alten-)Pflegeheimen nicht (mehr) angemessen versorgt werden können

vorrangig Landkreis L

        

3.    

Erwachsene mit einem erhöhten Pflege- und Betreuungsbedarf infolge einer Chorea-Erkrankung

landesweites Spezialangebot

        

4.    

Nach § 1906 BGB geschlossen unterzubringende pflegebedürftige Erwachsene

vorrangig Landkreis L

                                   
        

Personenkreis 1 (Chronisch psychisch kranke Menschen mit einem erhöhten Pflegebedarf)

        

Im Landkreis L besteht bislang keine speziell auf chronisch psychisch kranke Menschen ausgerichtete Pflegeeinrichtung, die einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen hat. Insofern ist das Psychiatrische Pflegeheim N ein Element der gemeindepsychiatrischen Versorgung, das Menschen des Kreises offensteht, die aufgrund ihres Pflegebedarfs in den anderen psychiatrischen Einrichtungen der Region nicht (mehr) angemessen betreut werden können.

        

Personenkreis 2 (Pflegebedürftige Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung)

        

Pflegebedürftige Menschen mit einer Pflegestufe nach SGB XI, die gleichzeitig eine schwerwiegende psychische Beeinträchtigung haben, können häufig in (Alten-)Pflegeheimen nicht (mehr) angemessen betreut werden. Die psychiatrische Erkrankung macht eine intensive Pflege und Betreuung erforderlich, die nur durch ein zusätzlich im psychiatrischen Bereich ausgebildetes Fachpersonal gewährleistet werden kann.

        

Personenkreis 3 (Menschen mit Chorea-Huntington)

        

Chorea Huntington (Veitstanz) zählt mit einer Prävalenz von fast 10:100000 zu den häufigsten neurologischen Erbkrankheiten. Die Krankheit tritt meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf. Im Krankheitsverlauf kommt es nicht nur zu neurologischen Veränderungen, sondern auch zu schweren psychischen Symptomen wie Unruhe, Ängste, Schlafstörungen, Depressionen, Suizidalität, Affektlabilität, Aggressivität und zu schizophrenieähnlichen Wahnvorstellungen. Da die Versorgung von Chorea-Patienten besonders hohe Anforderungen an die Pflege stellt und zugleich Kompetenz im Umgang mit psychiatrischen Erkrankungen erfordert, sind (Alten-)Pflegeheime in der Regel mit dieser Aufgabe überfordert. In unserer Einrichtung können 3 Bewohner mit Chorea Huntington gepflegt und betreut werden.

        

...     

        
        

8.    

Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsbereich § 39 BSHG) in Ergänzung der Leistungen nach SGB XI

        

Neben den in aller Regel deutlich überwiegenden pflegerischen Hilfen benötigen die Bewohner des Psychiatrischen Pflegeheims auch Hilfen zur Erhaltung und Weiterentwicklung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die geeignet sind, dem Menschen mit Behinderung die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Obwohl Leistungen der Pflege bei diesem Personenkreis im Vordergrund stehen, sind zusätzlich zum Bedarf an den genannten Pflegeleistungen die im Folgenden näher beschriebenen Hilfen erforderlich. Ein Teil dieser Hilfen ist der aktivierenden Pflege nach SGB XI zuzuordnen, jedoch läßt er sich nicht ganz von den Leistungen der Eingliederungshilfe trennen.

        

Psychiatrische Hilfen

        

Um die Beeinträchtigung des Einzelnen durch die psychische Behinderung zu bewältigen bzw. zu vermindern, sind individuelle Hilfen in unterschiedlicher Intensität erforderlich:

                 

-       

Beobachtung, Information und Beratung bezüglich der Erkrankung, des Krankheitsverlaufes sowie über Kompensationsmöglichkeiten

                 

-       

Unterstützung bei der Erarbeitung von Krankheitseinsicht

                 

-       

Unterstützung bei der Bewältigung der Krankheitsfolgen, zur Erarbeitung und Einübung von alternativen bzw. krankheitsangepassten Verhaltensweisen

                 

-       

Unterstützung und Motivation zur Erschließung von Hilfsmöglichkeiten bzw. zur Inanspruchnahme von Therapiemöglichkeiten

                 

-       

entlastende und/oder konfrontierende Gespräche

                 

-       

Hilfestellung bei der Sinnorientierung und bei der Entwicklung von Lebensperspektiven, wenn die Sinngebung des eigenen Lebens nicht zur Bewältigung der Schwierigkeiten ausreicht

                 

-       

Rückfallprophylaxe: Erkennen von Signalen und Situationen, die zu einer erneuten Dekompensation führen können, Schulung der Wahrnehmung von Frühwarnsymptomen, Kompetenzerweiterung zur Verhinderung eines Rückfalles

                 

-       

Krisenintervention: akute Soforthilfen zur Überwindung von Krisen, zur Wiedererlangung des psychischen und sozialen Gleichgewichtes und zur Verhinderung einer ungünstigen Weiterentwicklung bzw. Verfestigung des Problems (z. B. plötzliche Angst- und Erregungszustände), Erarbeiten von Krisenbewältigungsstrategien

        

Hilfen zur Förderung und Gestaltung sozialer Beziehungen

        

Um die Aufnahme und Gestaltung persönlicher Beziehungen zu unterstützen, wird ein sozialer Raum bereitgestellt, in dem sich der Bewohner selbständig orientieren und erproben kann. Konflikte in der Gruppe werden zum Gegenstand bewusster Auseinandersetzung und Inhalt therapeutischer Arbeit gemacht. Um die Kompetenzen zum Leben in der sozialen Gemeinschaft innerhalb der Wohngruppe sowie in Bezug auf Freundschaften und Partnerschaften zu fördern, werden folgende Hilfen geleistet:

                 

...     

        

Hilfen und Anleitung im täglichen Leben

        

Aus eigenen Erfahrungen in der täglichen Arbeit ist zu beobachten, dass es seelisch kranken Menschen häufig schwer fällt, die sie betreffenden Angelegenheiten zu überschauen. Deshalb unterstützen wir unsere Bewohner bei der Bewältigung und Gestaltung des Alltags mit dem Ziel, ihre Selbständigkeit und Selbstbestimmung zu fördern. Im Einzelnen gehören hierzu die folgenden Angebote:

                 

...     

        

Soziale Betreuung/Hilfen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

        

Aufgrund der psychischen Erkrankung bereitet es vielen Bewohnern Schwierigkeiten, sich sinnvoll die Zeit einzuteilen und eigene Ziele zu entwickeln und zu verfolgen. Um dem Bewohner eine befriedigende Freizeitgestaltung sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, werden folgende Hilfen geleistet:

                 

...     

        

Ergo- und Bewegungstherapie

        

Die Hilfen zur Eingliederung, die durch die multiprofessionellen Teams auf den Wohngruppen geleistet werden, werden ergänzt durch therapeutische Maßnahmen im Rahmen der Ergo- und Bewegungstherapie.

        

...     

        

9. Therapeutische Leistungen (Leistungsbereich SGB V)

        

Die ärztliche Versorgung ist durch die niedergelassene Ärzteschaft und durch ergänzende Vereinbarungen mit dem sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises L sichergestellt. Die Einrichtung sorgt dafür, dass Bewohner Leistungen von niedergelassenen Ärzten sowie therapeutische Leistungen, die ärztlich verordnet wurden, in Anspruch nehmen. Dazu zählen unter anderem:

        

-       

Diagnostik und medizinische Versorgung bei kurrenten und chronischen Erkrankungen

        

-       

Psychosoziale Beratung

        

-       

Psychotherapie

        

-       

Logopädie

        

-       

Musiktherapie

        

-       

Physiotherapie“

4

Der Kläger ist ausschließlich im Bereich der offenen Heimunterbringung in den Wohngruppen A und B tätig, in denen 13 Bewohner mit der Pflegestufe 1, fünf Bewohner mit der Pflegestufe 2 sowie ein Bewohner mit der Pflegestufe 3 betreut werden. Die Heimbewohner haben Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis (9 Bewohner) und hirnorganischen Störungen (primär Korsakow-Syndrom; 10 Bewohner).

5

Der Kläger hat nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung vom 7. Mai 2008 mit seiner Klage die Auffassung vertreten, er erfülle mit seiner Tätigkeit die Anforderungen des Richtbeispiels der Entgeltgruppe 8 AVR DWM „Gesundheitspfleger in der Psychiatrie“. Das psychatrische Pflegeheim der Beklagten sei eine Einrichtung der „Psychatrie“ iSd. AVR DWM. Sowohl die Aufnahme in den Psychiatrieplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern als auch dessen Konzeption sprächen für eine Einrichtung der Psychiatrie. Der Einsatz in dieser Einrichtung stelle an die Pflegefachkräfte neben der pflegerischen Tätigkeit weitere, darüberhinausgehende Anforderungen. Es seien vor allem pflegerische Leistungen (Grund- und Behandlungspflege) gegenüber verwirrten, desorientierten und psychisch kranken Menschen zu erbringen. Neben der pflegerischen Kompetenz würde ein besonderes Verständnis von und im Umgang mit psychischen Erkrankungen verlangt. Es würden vertiefte und erweiterte Kenntnisse über psychiatrische Krankheiten sowie über deren angemessenen Umgang und ihre therapeutischen Möglichkeiten für die Tätigkeit benötigt. Die Hauptlast der psychiatrischen Pflege liege bei den Pflegefachkräften. Zu ihren Aufgaben gehöre die Umsetzung der Pflegeplanung. Den therapeutischen Kräften sei es nur zu einem geringen Anteil des Tages möglich, sich um die Patienten therapeutisch zu kümmern. Die Rund-um-die-Uhr-Versorgung und Betreuung erfolge durch die Pflegefachkräfte.

6

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn ab dem 1. Januar 2008 nach der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs e. V. zu vergüten.

7

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei in der Entgeltgruppe 7 AVR DWM zutreffend eingruppiert. Er erfülle das Richtbeispiel der Entgeltgruppe 8 AVR DWM „Gesundheitspfleger in der Psychiatrie“ nicht. Der Begriff der „Psychiatrie“ betreffe nur das medizinische Fachgebiet in einem psychiatrischen Krankenhaus. In den Wohngruppen A und B des Pflegeheims seien heterogene Betreuungsteams im Einsatz, die psychologischen bzw. psychiatrischen Aufgaben würden von geschultem Fachpersonal wahrgenommen. Der Kläger erbringe ausschließlich pflegerische Tätigkeiten. Dies entspreche sowohl seiner Tätigkeits- als auch der konkreten Arbeitsplatzbeschreibung. Seine Beschäftigung sei nicht mit einer klassischen Tätigkeit „in der Psychiatrie“ zu vergleichen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist begründet. Die nach der Klarstellung des Antrages in der Revisionsverhandlung als allgemeine Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage (zu den dabei anzuwendenden Maßstäben nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats vgl. nur BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308)ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Eingruppierungsregelungen der AVR DWM unzutreffend ausgelegt und angewandt. Der Kläger ist in der Entgeltgruppe 8 AVR DWM eingruppiert. Die Beklagte hat ihm das sich daraus ergebende Entgelt zu zahlen.

10

I. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich kraft vertraglicher Vereinbarung der Parteien nach der Anlage 1 zu den AVR DWM.

11

Danach gelten für die Eingruppierung des Klägers folgende Regelungen:

        

㤠12 Eingruppierung

        

(1) Der Mitarbeiter ist nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in die Entgeltgruppen gemäß der Anlage 1 eingruppiert. Die Tätigkeiten müssen ausdrücklich übertragen sein (z. B. im Rahmen von Aufgaben- oder Stellenbeschreibungen). Der Mitarbeiter erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die er eingruppiert ist. …

        

(2) Die Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale er erfüllt und die der Tätigkeit das Gepräge geben. Gepräge bedeutet, dass die entsprechende Tätigkeit unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrages ist.

        

(3) Für die Eingruppierung ist nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit des Mitarbeiters maßgebend. Entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel die erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation des Mitarbeiters.

        

(4) Die Eingruppierung des Mitarbeiters richtet sich nach den Obersätzen der Entgeltgruppe, die für die Tätigkeitsbereiche in den Untersätzen näher beschrieben werden. Den Sätzen sind Richtbeispiele zugeordnet, die häufig anfallende Tätigkeiten in dieser Eingruppierung benennen.“

12

In dem Eingruppierungskatalog der Anlage 1 zu den AVR DWM heißt es ua.:

        

Entgeltgruppe 7 (Anm. 5, 6, 11, 15)

        

A.    

Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen

                 

Hierzu gehören Mitarbeiter

                 

1.    

mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben

                          

(Anm. 6) in den Tätigkeitsbereichen

                          

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

                          

...     

                 

2.    

...     

                          

Richtbeispiele:

                          

Alten-, Gesundheits- und Krankenpfleger,

                          

...     

        

Entgeltgruppe 8 (Anm. 6, 7, 10, 11, 14)

        

A.    

Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen

                 

Hierzu gehören Mitarbeiter mit

                 

1.    

eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen

                          

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

                          

...     

                 

2.    

...     

                          

Richtbeispiele:

                          

Gesundheitspfleger im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie,

                          

Erzieher mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen,

                 

...     

        
        

B.    

Mitarbeiter der Entgeltgruppe 7

                 

1.    

mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) und Leitungsaufgaben (Anm. 11) in den Tätigkeitsbereichen

                          

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

                          

...     

                 

2.    

...     

                          

Richtbeispiele:

                          

Stationsleiter,

                          

Wohnbereichsleiter,

                          

...“   

13

Die entsprechenden Anmerkungen lauten ua.:

        

„(6) Die eigenständig wahrgenommenen Aufgaben der Entgeltgruppe 7 und 8 setzen Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die i.d.R. durch eine dreijährige Fachschulausbildung, aber auch anderweitig erworben werden können. Eigenständig wahrgenommen bedeutet, dass für die Erledigung der übertragenen Aufgaben Entscheidungen über Mittel und Wege zur Erreichung von Arbeitsergebnissen selbst getroffen werden. Die Aufgaben, die im Klientenbezug weitergehende emotionale und soziale Kompetenz erfordern, beinhalten Tätigkeiten, die in verschiedenen Arbeitssituationen in unterschiedlichem Maße anfallen und wechselnde Anforderungen stellen.

        

(7) Die verantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben der Entgeltgruppe 8 setzen vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die i.d.R. durch eine dreijährige Fachschulausbildung oder eine mindestens zweieinhalbjährige Berufsausbildung mit Weiterqualifikationen aber auch anderweitig erworben werden können. Verantwortlich wahrgenommen bedeutet, dass Ziele und die dazu benötigten Lösungswege selbstständig erarbeitet werden.

        

(11) Leitungsaufgaben werden Mitarbeitern neben ihrer Tätigkeit ausdrücklich übertragen und umfassen nicht alle der in der Anmerkung 10 beschriebenen Aspekte der Leitung.

        

(14) Schwierige Aufgaben weisen fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten auf, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern.“

14

II. Hiernach hat der Kläger einen Entgeltanspruch nach der Entgeltgruppe 8 AVR DWM. Seine Tätigkeit entspricht den Anforderungen des dort aufgeführten Richtbeispiels eines „Gesundheitspflegers in der Psychiatrie“.

15

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zwar nicht um Tarifverträge im Sinne des Tarifvertragsgesetzes, weil sie nicht nach dessen Maßgabe zustande gekommen sind (st. Rspr., BAG 19. Februar 2003 -  4 AZR 11/02  - BAGE 105, 148; 20. März 2002 -  4 AZR 101/01  - BAGE 101, 9 ; 15. November 2001 -  6 AZR 88/01  - EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 48). Gleichwohl erfolgt aber die Auslegung der Arbeitsvertragsrichtlinien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind (BAG 14. Januar 2004 -  10 AZR 188/03  - mwN, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 3; 18. Mai 2000 - 6 AZR 53/99 - ZTR 2001, 172). Danach ist vom Wortlaut der AVR auszugehen und anhand dessen der Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Richtliniengeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Vorschriften der AVR ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist auch auf den systematischen Zusammenhang.

16

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Tarifverträgen sind die Erfordernisse eines Tätigkeitsmerkmales einer Entgeltgruppe regelmäßig dann als erfüllt anzusehen sind, wenn der Arbeitnehmer eine dem in der Vergütungsgruppe genannten Regel- oder Richtbeispiel entsprechende Tätigkeit ausübt (BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 27, BAGE 129, 238; 18. April 2007 - 4 AZR 696/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Telekom Nr. 8). Das beruht darauf, dass die Tarifvertragsparteien selbst im Rahmen ihrer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gewisse häufig vorkommende und typische Aufgaben einer bestimmten Vergütungsgruppe fest zuordnen können. Dies entspricht den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen im Allgemeinen gerecht werden wollen (BAG 19. August 2004 - 8 AZR 375/03 - EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 7). Auf die allgemeinen Merkmale muss nur dann zurückgegriffen werden, wenn die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel nicht oder nicht voll erfasst wird ( BAG 25. September 1991 - 4 AZR 87/91  - mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 7 = EzA TVG § 4 Großhandel Nr. 2). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Richtbeispiel in mehreren Vergütungsgruppen genannt ist oder wenn es selbst einen unbestimmten Rechtsbegriff enthält, der nicht aus sich selbst heraus ausgelegt werden kann. Dann sind die Merkmale der allgemeinen Anforderungen heranzuziehen (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 333/08 - Rn. 20 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95). Soweit es nach der Tarifsystematik ausreicht, dass ein Regel- oder Richtbeispiel erfüllt ist, ist ein Rückgriff auf die Obersätze aber nicht nur überflüssig, sondern verbietet sich. Ansonsten würde die von dem Normgeber bewusst vorgenommene pauschalierende Bewertung, die er mit einem Richtbeispiel umgesetzt hat, nicht als solche akzeptiert, sondern in ihrer Plausibilität einer erneuten gerichtlichen Kontrolle unterworfen. Diese für tarifliche Vergütungsordnungen entwickelte Auslegungsregel gilt entsprechend auch für die hier streitigen Tätigkeitsmerkmale der AVR DWM (ebenso die Rechtsprechung des Kirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland - KGH EKD - zB 26. April 2010 - I-0124/R51-09 - Rn. 22, zum - hier streitigen - Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ der Entgeltgruppe 8 AVR Diakonie).

17

3. Das in der Entgeltgruppe 8 AVR DWM aufgeführte Richtbeispiel eines „Gesundheitspflegers in der Psychiatrie“ wird vom Kläger durch seine Tätigkeit im psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten erfüllt. Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik der Regelungen ergibt sich, dass ein Gesundheitspfleger immer dann in der Entgeltgruppe 8 AVR DWM eingruppiert ist, wenn er „in der Psychiatrie“ tätig ist.

18

a) Der Begriff des Gesundheitspflegers und seine Tätigkeit werden von der Entgeltordnung der AVR DWM vorausgesetzt. Der Begriff entspricht der gesetzlichen Definition im Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442). Die Tätigkeit als Alten-, Gesundheits- und Krankenpfleger und -pflegerinnen wird im Grundsatz nach Entgeltgruppe 7 AVR DWM vergütet.

19

b) Soweit ein Gesundheitspfleger „in der Psychiatrie“ beschäftigt ist, erfüllt er das Richtbeispiel der Entgeltgruppe 8 AVR DWM. Die entsprechenden Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 8 AVR DWM gehen sowohl in den abstrakten Obersätzen als auch in den zusätzlichen Merkmalen in den Richtbeispielen von erhöhten Anforderungen aus, die für die jeweiligen Tätigkeiten verlangt werden. Im Vergleich zu den Richtbeispielen eines Alten-, Gesundheits- oder Krankenpflegers der Entgeltgruppe 7 AVR DWM muss nach den Richtbeispielen der Entgeltgruppe 8 AVR DWM ein Gesundheitspfleger „im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie“ tätig sein. Die Anknüpfung an die Einrichtung, in der der Gesundheitspfleger tätig ist, erfolgt aufgrund einer typisierenden Bewertung des Normgebers, wonach Gesundheitspflege in solch speziellen Einrichtungen regelmäßig mit erhöhten Anforderungen verbunden ist. Damit knüpft die Entgeltordnung und das Richtbeispiel zur Entgeltgruppe 8 AVR DWM an ein bestimmtes, institutionelles Merkmal an. Die Einrichtung, in der der Gesundheitspfleger tätig wird, muss „der Psychiatrie“ zuzuordnen sein.

20

c) Diese Auslegung wird durch systematische Überlegungen gestützt. Die Entgeltordnung stellt darauf ab, dass dann, wenn bestimmte Tätigkeiten in bestimmten Einrichtungen oder unter bestimmten Umständen ausgeübt werden, bereits die allgemeinen Anforderungen des jeweiligen Obersatzes einer höheren Entgeltgruppe erfüllt sind. Hinsichtlich der Gesundheitspfleger der Entgeltgruppe 7 AVR DWM ist eine solche pauschalierende Bewertung für diejenigen getroffen worden, die in der Psychiatrie, im OP-Dienst oder in der Intensivpflege tätig sind. Die dabei regelmäßig auftretenden besonderen Belastungen oder Anforderungen sind vom Normgeber der AVR DWM so typisierend bewertet worden, dass sie stets eine Eingruppierung in die höhere Entgeltgruppe 8 rechtfertigen.

21

Die Verknüpfung von bestimmten Tätigkeiten mit dem Ort oder der Art der Einrichtung, in der sie ausgeübt werden, sieht die Entgeltordnung der AVR DWM in einigen Entgeltgruppen vor. So sind in der Entgeltgruppe 2 die Reinigungskräfte „in Wohn-, Betreuungs- und Behandlungsräumen“ als Richtbeispiele genannt. Entgeltgruppe 3 zählt hierzu die „Mitarbeiter im Empfang, in der Registratur und in der Telefonzentrale“. Entgeltgruppe 4 nennt „Mitarbeiter in der Buchhaltung, Patientenverwaltung oder dem Einkauf“. Auch bei höherwertigen Tätigkeiten werden bestimmte Institutionen genannt, etwa bei der Entgeltgruppe 9: „Leiter einer kleineren Schule für Alten-, Kranken- oder Entbindungspflege“.

22

Dieser Anbindung von Tätigkeiten an eine Institution, in der sie ausgeübt werden, steht die daneben in anderen Richtbeispielen der Entgeltordnung der AVR DWM enthaltene Qualifizierung einer höherwertigen Tätigkeit durch inhaltliche, qualitativ zu bewertende Anforderungen gegenüber. So ist zu derselben Entgeltgruppe 8 ua. das Richtbeispiel „Erzieher mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen“ geregelt (ebenso Heilerziehungspfleger; vgl. auch etwa zu Entgeltgruppe 5: einerseits Altenpfleger- und Heilerziehungshelfer mit speziellen Aufgaben, andererseits Unterstützungskraft in Kindertagesstätten). Die Charakterisierung einer Aufgabe als speziell, die unmittelbar im Richtbeispiel genannt ist, bedarf daher immer einer qualitativen, im Regelfall vergleichenden Wertung im Einzelfall der jeweiligen Tätigkeit, bei der auf die Anforderungen der Obersätze zurückgegriffen werden kann und muss. Diese qualitative Bewertung der Richtbeispiele ist bei den an die Tätigkeit in einer bestimmten Institution angebundenen Richtbeispielen durch den Normgeber der AVR DWM bereits abschließend vorgenommen worden. Hieran sind die Gerichte für Arbeitssachen gebunden. Sie dürfen daher bei einer solchen Tätigkeit keine Überprüfung dahingehend vornehmen, ob der bei der pauschalierenden Bewertung des Normgebers generell vermutete Grund für die Höherbewertung im Einzelfall auch nach Maßgabe der Obersätze tatsächlich vorliegt.

23

d) Soweit die Rechtsprechung des KGH EKD hiervon abweicht, folgt ihr der Senat nicht.

24

aa) Der KGH EKD hält das Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ für mehrdeutig und meint, es sei so zu verstehen, dass von ihm nur die Mitarbeiter erfasst würden, die in psychiatrischen Einrichtungen eine die Gesamttätigkeit prägende Pflegetätigkeit ausübten, die auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet seien (KGH EKD 26. April 2010 - I-0124/R60-09 -).

25

bb) Nach Auffassung des erkennenden Senats kann der in § 12 Abs. 2 AVR DWM formulierte Begriff des „Gepräges“ für die Auslegung dieser Tätigkeitsmerkmale und Richtbeispiele nicht herangezogen werden. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist das „Gepräge“ erst heranzuziehen, wenn mehrere Tätigkeitsmerkmale erfüllt sind und festzustellen ist, welches der - erfüllten - Tätigkeitsmerkmale bzw. der zugrundeliegenden Teiltätigkeiten der gesamten Tätigkeit (dem „Arbeitsauftrag“, § 12 Abs. 2 Satz 2 AVR DWM) das Gepräge gibt.

26

Zudem trägt eine Anwendung des Geprägebegriffs bereits bei der Auslegung von Richtbeispielen und Tätigkeitsmerkmalen im Allgemeinen dem Charakter von Richtbeispielen nicht hinreichend Rechnung. Bei dieser methodischen Vorgehensweise käme es zu einer qualitativ-wertenden Einbeziehung der in den Obersätzen formulierten Anforderungen bei der Auslegung der Richtbeispiele. Danach wäre das Richtbeispiel eines Gesundheitspflegers in der Psychiatrie wie folgt zu lesen: „Gesundheitspfleger in der Psychiatrie, wenn und soweit pflegerische Tätigkeiten anfallen, die auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet sind“ (vgl. dazu KGH EKD 26. April 2010 - I-0124/R60-09 -). Ein solches Richtbeispiel hat der Normgeber aber nicht formuliert. Auch würde dabei eine qualitative Betrachtung erforderlich werden, die in der nach dem Wortlaut rein örtlichen und einrichtungsbezogenen Bestimmung nicht enthalten ist.

27

e) Die Voraussetzungen des Richtbeispiels der Entgeltgruppe 8 AVR DWM „Gesundheitspfleger in der Psychiatrie“ sind gegeben.

28

aa) Der Kläger ist Gesundheitspfleger iSd. Regelung. Mit der Reform des Krankenpflegerechts durch das Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege vom 16. Juli 2003, in Kraft ab 1. Januar 2004 (aktuelle Fassung vom 1. April 2012) ist die Berufsbezeichnung der bisherigen „Krankenpfleger“ in „Gesundheits- und Krankenpfleger“ geändert worden (§ 23 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Krankenpflegegesetz). Der Kläger ist staatlich anerkannter Krankenpfleger und erfüllt daher - auch nach Auffassung der Parteien - unter der Arbeitsvertragsbezeichnung „Pflegefachkraft“ die entsprechende Anforderung des hier fraglichen Tätigkeitsmerkmales.

29

bb) Der Kläger übt seine Gesundheitspflegertätigkeit auch „in der Psychiatrie“ aus. Unter dem vom Normgeber der AVR DWM im Richtbeispiel gewählten Begriff der „Psychiatrie“ fallen nicht nur die psychiatrischen Kliniken im engeren Sinne, sondern auch psychiatrische Einrichtungen anderer Art, in denen die spezifischen Aufgaben einer psychiatrischen Klinik ohne deren strikten institutionellen Rahmen - ganz oder teilweise - erfüllt werden. Dies ist bei dem psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten der Fall.

30

(1) Der Begriff „Psychiatrie“ wird im Allgemeinen in zweifacher Hinsicht gebraucht. Er bedeutet zum einen ein „Fachgebiet der Medizin, das sich mit der Erkennung u. Behandlung psych. Krankheiten befasst“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. S. 1177; ebenso Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Bd. 7). Zum anderen bezeichnet er umgangssprachlich eine „psychiatr. Klinik“ (Wahrig aaO) bzw. „(Jargon) psychiatrische Abteilung, Klinik“ (Duden aaO). Der im Richtbeispiel gewählte Begriff orientiert sich erkennbar an der zweitgenannten Bedeutung und erfasst daher den Gesundheitspfleger in einer „psychiatrischen Einrichtung“ („Klinik, Abteilung“).

31

(2) „Die Psychiatrie“ im Sinne der Regelung ist danach nicht auf die „klassische“ psychiatrische Klinik begrenzt. Nach Sinn und Zweck der Norm werden auch die Einrichtungen erfasst, die gemeinsam das Netz der psychiatrischen Versorgung des Landes Mecklenburg-Vorpommern bilden.

32

(3) Der Begriff der „Psychiatrie“ ist nicht notwendig identisch mit dem Begriff der „psychiatrischen Klinik“. Eine solche Begrenzung wäre unmittelbar nur aus dem Tatbestandsmerkmal „psychiatrische Klinik“ oder aus einer vergleichbar eindeutigen Bezugnahme, etwa auf entsprechende Begriffe im Krankenversicherungsrecht (zB § 118 SGB V), zu folgern. Der Systematik ist lediglich zu entnehmen, dass mit dem Begriff der „Psychiatrie“ die Institution gekennzeichnet werden soll, in der die Pflegetätigkeit erbracht wird, nicht dagegen die jeweils konkrete Subsumtion einer speziellen, von einem einzelnen Gesundheitspfleger in einer Einrichtung ausgeübten Pflegetätigkeit.

33

(4) Für eine Erstreckung des Begriffs der Psychiatrie auf psychiatrische Pflegeheime, wie das der Beklagten, sprechen weiter die folgenden Gesichtspunkte:

34

Die „Psychiatrie“ ist kein Begriff, der quasi wissenschaftlich definiert ist. Er ist eher der Umgangssprache zuzuordnen (Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 263. Aufl. S. 1721). Wenn die Zugehörigkeit einer Institution zur „Psychiatrie“ als Merkmal genannt wird, besteht sprachlich keine Möglichkeit, diese Zugehörigkeit schon vom Wortlaut her präzise abzugrenzen. Es geht vielmehr um eine allgemeine Zuordnung zu Einrichtungen, in denen psychiatrisch erkrankte Patienten behandelt und ggf. gepflegt werden.

35

Dem entspricht, dass die „psychiatrische Versorgung“ im Allgemeinen und speziell im Land Mecklenburg-Vorpommern nicht auf psychiatrische Kliniken begrenzt ist. Die allgemeine gesundheitspolitisch-administrative Festlegung der Landesregierung in diesem Bereich wird als „Psychiatrieplan“ bezeichnet (vgl. das Geleitwort der Ministerin zum „Plan zur Weiterentwicklung eines integrativen Hilfesystems für psychisch kranke Menschen in Mecklenburg-Vorpommern“ von August 2011). Dazu heißt es in § 6 Abs. 3 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke vom 13. April 2000 (PsychKG M-V):

        

        

„Für den Versorgungsbereich eines psychiatrischen Krankenhauses oder einer psychiatrischen Abteilung eines Allgemeinkrankenhauses werden Beauftragte (Psychiatriekoordinatoren) bestellt, die in Zusammenarbeit mit den in Absatz 2 aufgeführten Stellen (ua. „den psychiatrischen Krankenhäusern und sonstigen psychiatrischen Einrichtungen …“) die Betreuung der psychisch Kranken im Versorgungsbereich des Krankenhauses koordinieren. … Die Versorgungsbereiche werden durch den Sozialminister … im Rahmen eines Psychiatrieplans festgelegt.“

36

Daraus ergibt sich, dass der Begriff der Psychiatrie sowohl nach der Terminologie des (Landes-)Gesetzgebers als auch nach der der Exekutive deutlich weiter reicht als dies eine Wertung als bloßes Synonym für „psychiatrische Klinik“ fassen würde.

37

(5) Das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten wird von dem Psychiatrieplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern 1994 erfasst. Das ergibt sich sowohl aus dem Psychiatrieplan 1994 selbst, als auch aus der von der Beklagten selbst erstellten Konzeption für das psychiatrische Pflegeheim. Die Konzeption weist neben den offenen Bereichen, in denen der Kläger tätig ist, auch eine geschlossene Abteilung auf. Die Unterbringung, bspw. nach § 1906 BGB oder nach § 9 ff. PsychKG M-V erfolgt in der Regel in psychiatrischen Kliniken, die von dem tariflichen Begriff der „Psychiatrie“ ohne Weiteres erfasst werden. Eine Unterbringung kann aber auch in dem psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten (dort: Personenkreis 4) erfolgen. Dem entspricht, dass die Beklagte selbst stets darauf verwiesen hat, der Kläger habe mit dem Bereich der geschlossenen Unterbringung in ihrer Einrichtung nichts zu tun. Wenn die Frage der Zugehörigkeit zu „der Psychiatrie“ aber keine Frage der konkreten Tätigkeit des Klägers ist, sondern einer Eigenschaft der Institution, in der er tätig ist, käme eine Differenzierung nach den konkreten Tätigkeiten nur in Betracht, wenn das psychiatrische Pflegeheim nach dem geschlossenen und dem offenen Teil als zwei getrennte Institutionen zu werten wäre. Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Gerade der integrative Charakter der verschiedenen Teile der psychiatrischen Einrichtungen wird häufig als Merkmal einer modernen Versorgung im Bereich „der Psychiatrie“ verstanden.

38

Auch die konkreten Erscheinungsformen psychiatrischer Krankheiten in den verschiedenen Abteilungen im Heim der Beklagten legen eine Gesamtbetrachtung nahe. Nach der Konzeption der Beklagten gibt es zwischen den Diagnosen für den offenen und für den geschlossenen Bereich keine Differenzierungen. Lediglich hinsichtlich der gerichtlich überprüften Notwendigkeit einer Unterbringung ist bei deren Vorliegen die Aufnahme in die geschlossene Abteilung vorgesehen. Das PsychKG M-V sieht dafür in § 11 eine gegenwärtige erhebliche Gefahr einer Selbstschädigung oder für die öffentliche Sicherheit vor, die nicht anders abgewendet werden kann. Diese muss auf der psychischen Erkrankung beruhen. Die Unterbringung ist daher nicht Patienten mit bestimmten, besonders schweren psychischen Erkrankungen vorbehalten, sondern orientiert sich an einer aktuellen Selbst- oder Fremdgefährdung, bei welchem Krankheitsbild auch immer. Dementsprechend finden sich auch in den offenen Wohnbereichen in den Wohngruppen A und B Patienten mit Diagnosen schwerer psychischer Erkrankungen, wie schizophrene und affektive Psychosen und hirnorganischen Psychosyndromen (vgl. Konzeption S. 5). Die Psychose ist, auch wenn sie in unterschiedlichen Verlaufsformen auftritt, eine der schwersten psychischen Erkrankungen. Es handelt sich um eine komplexe psychische Störung mit gestörtem Selbst- und Realitätsbezug, die durch Denk-, Wahrnehmungs- und motorische Störungen, abnorme Erlebnisse und Erfahrungen eines gesteigerten subjektiven Bedeutungsbewusstseins gekennzeichnet ist (Pschyrembel Psychiatrie - Klinische Psychologie - Psychotherapie S. 649). Symptome einer schizophrenen Psychose sind schwere Wahnvorstellungen und Halluzinationen (vgl. dazu detailliert Möller/Laux/Kapfhammer Psychiatrie und Psychotherapie 2. Aufl. S. 1066 ff.). Häufigste Todesursache ist der Suizid. Affektive Psychosen äußern sich zumeist in einem Wechsel zwischen schweren Depressionen mit Antriebsarmut bis zur völligen Lähmung jeder Aktivität und Wahngedanken einerseits sowie manischen Zuständen, in denen sich Hyperaktivität und völlige Überschätzung der eigenen Möglichkeiten sich bis zu wahnhaften Größenvorstellungen steigern (Springer Lexikon Medizin S. 1779 f.). Zu den Hauptsymptomen der hirnorganischen Psychosyndrome zählen die Demenz, das Delirium, die Amnesie und der Aufmerksamkeitsverlust (Springer Lexikon Medizin S. 1776 ff.). Ferner trifft man oft auf Sprachstörungen und Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression, Bewusstseinstrübung, Veränderungen der Psychomotorik und unwillkürliche Bewegungen. Zu den hirnorganischen Psychosyndromen zählt auch Chorea Huntington. Die im Heim der Beklagten aufgenommenen Chorea Huntington-Patienten sind in offenen Wohngruppen untergebracht, in denen auch der Kläger tätig ist. Nach dem Konzeptionspapier der Beklagten (S. 4) kommt es bei diesen Patienten nicht nur zu neurologischen Veränderungen, sondern auch zu schweren psychischen Symptomen wie Unruhe, Ängste, Schlafstörungen, Depressionen, Suizidalität, Affektlabilität, Aggressivität und zu schizophrenieähnlichen Wahnvorstellungen. Hinsichtlich dieser Patientengruppe stellt die Aufnahme in das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten ein „landesweites Spezialangebot“ (Konzeption S. 4) dar.

39

Die moderne Psychiatrie ist - wie auch die Konzeption der Beklagten und der Psychiatrieplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern - ganzheitlich ausgerichtet und hat einen deutlich integrativen Charakter. Die frühere strenge Abtrennung bei der Behandlung psychisch Kranker in geschlossenen Abteilungen ist - insbesondere in der langfristigen Folge des grundlegenden Berichts zur Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland (sog. Enquéte-Kommission Psychiatrie, BT-Drucks. 7/4200 vom 25. November 1975) - bewusst zugunsten eines flexibleren Systems der psychiatrischen Versorgung aufgegeben worden (Asanger/Wenninger Handwörterbuch Psychologie 1999 S. 574 ff. Stichwort: Psychiatrie; detailliert Schott/Tölle Geschichte der Psychiatrie, passim, insbes. S. 311 ff.). Die Einweisungen und die Anordnung der Unterbringung sind deutlich seltener geworden, weil derartige Erkrankungen differenzierter diagnostiziert und behandelt werden. Dementsprechend ist das Behandlungs- und Pflegeangebot differenzierter geworden.

40

Ist daher der Begriff „der Psychiatrie“ deutlich weiter gefächert als früher und erstreckt er sich insbesondere weit über geschlossene psychiatrische Kliniken oder Abteilungen hinaus, ist davon auszugehen, dass die frühere Unterscheidung aufgehoben worden ist und sich in dem weiten Begriff der „Psychiatrie“ niederschlägt und deshalb durch eine einheitliche Eingruppierung der Pflegekräfte nachvollzogen worden ist.

41

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte als Unterlegene zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Dierßen    

        

    Fritz    

                 

(1) Einer Erlaubnis (Lizenz) bedarf, wer Briefsendungen, deren Einzelgewicht nicht mehr als 1.000 Gramm beträgt, gewerbsmäßig für andere befördert.

(2) Einer Lizenz nach Absatz 1 bedarf nicht, wer

1.
Briefsendungen als Verrichtungs- oder Erfüllungsgehilfe desjenigen befördert, dem eine Erlaubnis nach Absatz 1 erteilt worden ist,
2.
Briefsendungen befördert, die einer anderen Sendung beigefügt sind und ausschließlich deren Inhalt betreffen,
3.
Briefsendungen in der Weise befördert, daß einzelne nachgewiesene Sendungen im Interesse einer schnellen und zuverlässigen Beförderung auf dem Weg vom Absender zum Empfänger ständig begleitet werden und die Begleitperson die Möglichkeit hat, jederzeit auf die einzelne Sendung zuzugreifen und die erforderlichen Dispositionen zu treffen (Kurierdienst).

Für dieses Gesetz gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

1.
Postdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind folgende gewerbsmäßig erbrachte Dienstleistungen:
a)
die Beförderung von Briefsendungen,
b)
die Beförderung von adressierten Paketen, deren Einzelgewicht 20 Kilogramm nicht übersteigt, oder
c)
die Beförderung von Büchern, Katalogen, Zeitungen oder Zeitschriften, soweit sie durch Unternehmen erfolgt, die Postdienstleistungen nach Buchstabe a oder b erbringen.
2.
Briefsendungen sind adressierte schriftliche Mitteilungen. Kataloge und wiederkehrend erscheinende Druckschriften wie Zeitungen und Zeitschriften sind keine schriftlichen Mitteilungen im Sinne des Satzes 1. Mitteilungen, die den Empfänger nicht mit Namen bezeichnen, sondern lediglich mit einer Sammelbezeichnung von Wohnung oder Geschäftssitz versehen sind, sind nicht adressiert im Sinne des Satzes 1.
3.
Beförderung ist das Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern von Postsendungen an den Empfänger.
4.
Geschäftsmäßiges Erbringen von Postdiensten ist das nachhaltige Betreiben der Beförderung von Postsendungen für andere mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
5.
Postsendungen sind Gegenstände im Sinne der Nummer 1, auch soweit sie geschäftsmäßig befördert werden.
6.
Marktbeherrschend ist jedes Unternehmen, das nach § 18 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen als marktbeherrschend anzusehen ist.

(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.

(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.

(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.

(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.

(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.