Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Feb. 2018 - 4 AZR 678/16

ECLI:ECLI:DE:BAG:2018:280218.U.4AZR678.16.0
bei uns veröffentlicht am28.02.2018

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17. August 2016 - 8 Sa 119/16 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgeltdifferenzansprüche für die Zeit von Januar 2014 bis August 2015.

2

Der Kläger, der Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, ist seit dem 1. September 2000 bei der Beklagten beschäftigt. Er war zuletzt als Führer des Wasserfahrzeugs „G“, das mit Peiltechnik ausgerüstet ist und überwiegend zu Peilarbeiten eingesetzt wird, tätig und wird derzeit nach der Entgeltgruppe 7 Stufe 4 der Tabelle zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD/Bund) vergütet.

3

Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 bat der Kläger unter Hinweis auf die Einführung der neuen Entgeltordnung um „Prüfung einer Höhergruppierung“. Mit einem weiteren - undatierten - Schreiben machte er einen Anspruch „auf Zahlung des Entgelts nach Entgeltgruppe 8 [des Teils V. 2 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund] seit dem 1.1.2014 gemäß § 37 TVöD geltend“. Mit Schreiben vom 1. Juni 2015 wies die Beklagte das Begehren zurück.

4

Mit seiner Klage hat der Kläger eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TVöD/Bund für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. August 2015 begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, bei dem von ihm geführten Wasserfahrzeug „G“ handele es sich um ein Peilschiff im Tarifsinne. Die tarifliche Zuordnung sei nicht von dessen Größe abhängig. Aus den Vorbemerkungen zu den Abschnitten 1 bis 4 Nr. 1 und Nr. 2 Teil V der Anlage 1 zum Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund) ergebe sich, dass die Befähigung der Beschäftigten und nicht die Größe oder Kategorie des Wasserfahrzeugs für die Eingruppierung maßgebend sei.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Belang - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.065,68 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 5. September 2015 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei dem vom Kläger geführten Wasserfahrzeug „G“ handele es sich nicht um ein Peilschiff, sondern um ein Peilboot im tariflichen Sinne, das nicht ausschließlich für die Fachaufgaben des Peilens und der Gewässerkunde gebaut worden ist. Es sei vielmehr ein Standardboot, das etwa Mitte der neunziger Jahre mit der heute vorhandenen Linienpeiltechnik nachgerüstet worden sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in dem noch streitgegenständlichen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage insgesamt abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte der Klage auch nicht teilweise mit der von ihm gegebenen Begründung stattgeben dürfen. Ob der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund verlangen kann, kann der Senat nicht abschließend beurteilen, da der Sachverhalt noch nicht hinreichend festgestellt ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das führt, soweit das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

9

I. Die Revision der Beklagten ist zulässig.

10

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung einer Revision müssen die Revisionsgründe angegeben werden, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO. Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdacht hat. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (st. Rspr., etwa BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 323/14 - Rn. 8; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 16, BAGE 130, 119). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung nicht (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - Rn. 10 mwN; 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11 mwN).

11

2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung noch gerecht.

12

a) Das Landesarbeitsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die „G“ sei ein Peilschiff, da im Objektkatalog „Peilschiff“ und „Peilboot“ unter derselben Überschrift definiert würden. Als Abgrenzungskriterium dienten nach dem Willen der Tarifvertragsparteien weder die Art der Peilung noch die Schiffsklasse oder die Größe des Wasserfahrzeugs. Dies folge auch aus der Betrachtung der übrigen Entgeltgruppen, in denen entweder nach den Patentanforderungen oder der Funktion des Wasserfahrzeugs differenziert werde.

13

b) Mit dieser Begründung des Landesarbeitsgerichts hat sich die Revision hinreichend auseinandergesetzt. Insbesondere die Ausführungen zu den tariflichen Anforderungen an ein Peilschiff als eines Spezialschiffs lassen sowohl die Richtung des Revisionsangriffs als auch die von der Revision angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts ausreichend deutlich erkennen. Die Rügen sind geeignet, eine abweichende Entscheidung als möglich erscheinen zu lassen (vgl. BAG 27. Juli 2017 - 6 AZR 438/16 - Rn. 28).

14

II. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen der Klage nicht - auch nicht teilweise - stattgeben. Ob der - ebenso wie die Beklagte tarifgebundene - Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund hat, vermag der Senat aufgrund der fehlenden Feststellungen nicht abschließend zu beurteilen.

15

1. Im Ausgangspunkt noch zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die §§ 12 und 13 TVöD/Bund iVm. TV EntgO Bund für die Eingruppierung des Klägers als maßgebend erachtet.

16

a) Gemäß § 24 TVÜ-Bund gelten im Grundsatz für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen, ab dem 1. Januar 2014 für Eingruppierungen die §§ 12 und 13 TVöD/Bund. Nach § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund erfolgt die Überleitung dieser Beschäftigten unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Nach der Protokollerklärung zu § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund gilt die vorläufige Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 2 oder 4 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung als Eingruppierung. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund nicht statt. Danach verbleibt es grundsätzlich auch nach dem 1. Januar 2014 bei der einmal anlässlich der Überleitung in den TVöD erfolgten Eingruppierung. Nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund sind die Beschäftigten auf deren Antrag, der nach Satz 2 der Tarifnorm bis zum 30. Juni 2015 gestellt werden konnte, in der Entgeltgruppe eingruppiert, die nach § 12 TVöD/Bund zutreffend ist, wenn sich nach dem TV EntgO Bund eine höhere Entgeltgruppe ergibt.

17

b) Zwar hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, seit wann der Kläger eine unveränderte Tätigkeit ausübt. Dies kann jedoch dahinstehen. Für den Fall, dass sich die vom Kläger auszuübende Tätigkeit seit dem 1. Januar 2014 geändert hat, gelten gemäß § 24 Satz 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) für die Eingruppierung die §§ 12 und 13 TVöD/Bund iVm. TV EntgO Bund. Andernfalls sind diese nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund anwendbar. Nach den Tätigkeitsmerkmalen des TV EntgO Bund ergibt sich - bei deren Vorliegen - für den Kläger eine höhere Entgeltgruppe.

18

aa) Der Kläger hat mit Schreiben vom 20. Juni 2014 und damit innerhalb der Frist des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund um Prüfung einer Höhergruppierung gebeten. Hierbei handelt es sich um einen Antrag nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund. Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass er eine Höhergruppierung anlässlich der Einführung der neuen Entgeltordnung begehrt.

19

bb) Auch ergibt sich - bei Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals - aus dem TV EntgO Bund eine höhere Entgeltgruppe als aufgrund der Überleitung gemäß §§ 3, 4, 26 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund unter Beibehaltung der Lohngruppe nach der bisherigen Entgeltordnung des MTArb-O.

20

(1) Gemäß § 21 Abs. 1, § 22 MTArb-O iVm. § 1 Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis des Bundes zum MTArb (TVLohngrV) vom 11. Juli 1966 ergeben sich die Lohngruppen und deren Tätigkeitsmerkmale aus dem Lohngruppenverzeichnis, Anlage 1 zum TVLohngrV. Im Streitfall ist das Sonderverzeichnis für Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und schwimmenden Geräten (SV 2 e) des Binnenschiffspersonals der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes einschlägig.

21

(a) Die maßgebenden Tätigkeitsmerkmale lauten:

        

Lohngruppe 5

        

…       

        

5.2     

Bootsführer, soweit nicht höher eingereiht

        

…       

        
        

Lohngruppe 6

        

…       

        
        

5.4     

Bootsführer

                 

a)    

auf Fahrzeugen über 65 kW (89 PS),*

                 

b)    

auf Schleppbooten sowie auf sonstigen Fahrzeugen, die in erheblichem Umfang im Schleppdienst eingesetzt sind,*

                 

c)    

auf dem Bereisungsboot ‚Meppen‘ der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes,*

                 

d)    

auf Meßfahrzeugen*“

22

(b) Danach ist ein Bootsführer höchstens in der Lohngruppe 6, dort Fallgr. 5.4, eingruppiert. Gemäß Anlage 2 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung kann eine Überleitung von der Lohngruppe 6 nur in die Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund erfolgen.

23

(2) Nach den Vorbemerkungen zu den Tätigkeitsmerkmalen für die Besatzungen von Schiffen und schwimmenden Geräten im Binnenbereich der Anlage 1 zum TV EntgO Bund sind Bootsführerinnen und Bootsführer hingegen Schiffsführerinnen und Schiffsführern gleichgestellt.

24

(a) Die für die vom Kläger begehrte Eingruppierung maßgebenden Tätigkeitsmerkmale des Unterabschnitts 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund lauten:

        

Vorbemerkungen zu den Abschnitten 1 bis 4

        

…       

        
        

3.    

Die Zuordnung der Wasserfahrzeugtypen richtet sich nach der Verwaltungsvorschrift der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes - Objektkatalog (ObKat) VV-WSV 1102 in der Fassung vom 31. Januar 2015.

        

…       

        
        

2.1. Besatzungen von Schiffen und schwimmenden Geräten

        

Vorbemerkungen

        

1.    

Dieser Unterabschnitt gilt für Besatzungen von Schiffen und schwimmenden Geräten auf Binnenschifffahrtsstraßen (Bundeswasserstraßen Rhein, Mosel und Donau sowie diejenigen Bundeswasserstraßen, auf denen die Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung gilt).

        

2.    

Der Begriff Schiffsführerinnen und Schiffsführer umfasst auch Bootsführerinnen und Bootsführer.

        

…       

        
        

Entgeltgruppe 8

        

1.    

Schiffsführerinnen und Schiffsführer mit nautischem Befähigungszeugnis mit Einschränkungen auf einem Peilschiff, hydrologischem Messschiff oder Eisbrecher.

        

2.    

Schiffsführerinnen und Schiffsführer sowie Geräteführerinnen und Geräteführer mit nautischem Befähigungszeugnis mit Einschränkungen, denen kein Schiff oder schwimmendes Gerät fest zugewiesen ist.

        

3.    

Schiffsführerinnen und Schiffsführer mit nautischem Befähigungszeugnis ohne Einschränkungen und entsprechender Tätigkeit.

        

4.    

Geräteführerinnen und Geräteführer mit nautischem Befähigungszeugnis ohne Einschränkungen und entsprechender Tätigkeit.

        

…       

        
        

8.    

Beschäftigte der Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 2,

                 

die zugleich als Geräteführerinnen oder Geräteführer tätig sind.

        

…       

        
        

Entgeltgruppe 7

        

1.    

Schiffsführerinnen und Schiffsführer sowie Geräteführerinnen und Geräteführer mit nautischem Befähigungszeugnis mit Einschränkungen.

        

2.    

Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung im technischen Bereich (z.B. Binnenschifferinnen und Binnenschiffer oder Metallbauerinnen und Metallbauer) und Zusatzqualifikation zur Maschinistin oder zum Maschinisten und entsprechender Tätigkeit.“

25

Die Verwaltungsvorschrift der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes - Objektkatalog (ObKat) VV-WSV 11 02 in der Fassung vom 31. Januar 2005 lautet auszugsweise:

        

        

„TEIL II

        
                 

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

        
                 

…       

        
                 

8.3.1 

Wasserfahrzeug

Fahrzeug - mit oder ohne Antrieb - zur Fortbewegung im Wasser, das aus einem oder mehreren schwimmfähigen Körpern besteht; Sammelbegriff für Schiffe (8.3.2) und schwimmende Geräte (8.3.27)

        
                                   

Hierzu gehören nicht schwimmende Anlagen (0.2.5) und Schwimmkörper wie Flöße (s. BinSchStrO, SeeSchStrO).

        
                 

8.3.2 

Schiffe

Sammelbegriff für Binnenschiffe (8.3.3) und Seeschiffe (8.3.4) ohne spezifische Unterscheidung

        
                 

8.3.3 

Binnenschiff

Wasserfahrzeug (8.3.1) ausschließlich oder vorwiegend für die Fahrt auf Binnengewässern (0.3.2)

        
                 

…       

                          
                 

8.3.6 

Peilschiff/ Peilboot/ Vermessungsschiff

Spezialschiff mit elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen (0.4.1)

        
                                   

Peilschiff mit < 15 m3 Verdrängung = Peilboot. Peiljollen sind Tochterboote von Peilschiffen.

        
                                   

Die entsprechenden Schiffe des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für Vermessungsarbeiten in den Küstengewässern (0.3.6) und auf dem übrigen Meer (0.3.5) heißen Vermessungsschiffe.

        
                 

TEIL III

        
                 

OBJEKT-ARTENGLIEDERUNG

        
                 

…       

        

Objektobergruppe OOGr

Objektgruppe
OGr

Objektuntergruppe
OUGr

800     

Fahrzeuge für mittelbare Aufgaben

…       

        

…       

        
        

830     

Wasserfahrzeuge-Spezialschiffe (Teil IV, Bl. 22)

831     

…       

                 

832     

Peilschiffe/Peilboote, Peilrahmen, Vermessungsschiffe

                 

…“    

        
26

(b) Danach können Bootsführerinnen und Bootsführer nunmehr nach dem TV EntgO Bund auch eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 erreichen. Damit kann sich für den Kläger - bei Vorliegen der entsprechenden Tätigkeitsmerkmale - eine höhere Eingruppierung ergeben als durch die Überleitung.

27

2. Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund seiner unzureichenden Feststellungen zu Unrecht angenommen, das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund sei erfüllt.

28

a) Es fehlt bereits an Feststellungen, aufgrund derer sich der Arbeitsvorgang oder die Arbeitsvorgänge bestimmen ließen.

29

aa) Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD/Bund ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Grundlage für die Bewertung der auszuübenden Tätigkeit ist danach der Arbeitsvorgang.

30

bb) Zwar sind die Parteien und die Vorinstanzen offenbar davon ausgegangen, dass die gesamte Tätigkeit des Klägers - wofür möglicherweise einiges sprechen mag - einen einheitlichen Arbeitsvorgang ausmacht. Der Begriff des Arbeitsvorgangs unterliegt jedoch als feststehender, abstrakter und den Parteien vorgegebener Rechtsbegriff in vollem Umfang der revisionsgerichtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht, das bei Vorliegen der erforderlichen Tatsachenfeststellungen die Arbeitsvorgänge auch selbst bestimmen kann (BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 552/96 - Rn. 34). An den erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlt es im Streitfall. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, welche Tätigkeiten dem Kläger im Einzelnen übertragen worden sind.

31

b) Auch für die tarifliche Bewertung der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit fehlt es an den erforderlichen Feststellungen.

32

aa) Das Landesarbeitsgericht hat schon nicht festgestellt, auf welcher Wasserstraße der Kläger seinen Dienst verrichtet. Deshalb konnte der Senat nicht beurteilen, ob das vom Kläger herangezogene Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund für sein Arbeitsverhältnis überhaupt einschlägig ist, da nach der Vorbemerkung Nr. 1 zu Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund dieser Unterabschnitt nur auf Besatzungen von Schiffen und schwimmenden Geräten auf Binnenschifffahrtsstraßen (Bundeswasserstraßen Rhein, Mosel und Donau sowie diejenigen Bundeswasserstraßen, auf denen die Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung gilt) Anwendung findet.

33

bb) Ferner hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, ob der Kläger - wie nach dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund gefordert - ein nautisches Befähigungszeugnis mit Einschränkungen hat.

34

cc) Überdies hat das Landesarbeitsgericht auch nicht festgestellt, mit welchen elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen das Wasserfahrzeug „G“ ausgerüstet ist. Das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund setzt die Tätigkeit „auf einem Peilschiff“ voraus. Die Zuordnung der Wasserfahrzeugtypen richtet sich gemäß der Vorbemerkung Nr. 3 zu den Abschnitten 1 bis 4 Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund nach dem Objektkatalog. Nach 8.3.6 ObKat ist ein Peilschiff ein Spezialschiff mit elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen. Die Verwendung des Plurals in 8.3.6 ObKat spricht dafür, dass mindestens zwei elektronische Einrichtungen zur Tiefenmessung auf Wasserstraßen erforderlich wären. Dazu ergibt sich weder etwas aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus dem Vortrag der Parteien.

35

dd) Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum die Parteien - offenbar mit Blick auf eine Wasserverdrängung von weniger als 15 m³ gemäß 8.3.6 ObKat - überhaupt davon ausgehen, das Wasserfahrzeug „G“ sei im technischen Sinne als Boot und nicht als Schiff zu qualifizieren. Zwar hat das Arbeitsgericht im Tatbestand, den das Landesarbeitsgericht in Bezug genommen hat, ausgeführt, die maximale Wasserverdrängung der „G“ betrage 6,5 m³. Demgegenüber geht aus der - von der Beklagten selbst mit der Revisionsbegründung vorgelegten „Bordliste“ eine „Verdrängung [von] 28,5 m³“ hervor. Welche Angabe zutreffend ist, vermochten die Parteien auch auf Nachfrage des Senats nicht zu erklären.

36

III. Sollten nach den vom Landesarbeitsgericht noch zu treffenden Feststellungen die Befähigung des Klägers, die von ihm befahrene Binnenwasserstraße und die technische Ausstattung der „G“ den tariflichen Anforderungen entsprechen, kommt ein Vergütungsanspruch des Klägers nach der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund grundsätzlich in Betracht.

37

1. Zwar ist das Landesarbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, bei den Entgeltgruppen 7 Fallgr. 1 und 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund handele es sich um Aufbaufallgruppen. Aufbaufallgruppen liegen nur dann vor, wenn das Tätigkeitsmerkmal ein „Herausheben“ aus dem in Bezug genommenen Tätigkeitsmerkmal der niedrigeren Gehaltsgruppe durch eine zusätzliche Anforderung ausdrücklich vorsieht, nicht aber schon dann, wenn ein Tätigkeitsmerkmal im Vergleich zu einem anderen lediglich höhere Anforderungen stellt (BAG 27. Januar 2016 - 4 AZR 916/13 - Rn. 32). Bei dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund fehlt es an einem solchen Heraushebungsmerkmal. Es stellt lediglich im Vergleich zur Entgeltgruppe 7 Fallgr. 1 die höhere Anforderung, dass die Tätigkeit des Schiffsführers mit nautischem Befähigungszeugnis mit Einschränkungen auf einem Peilschiff, hydrologischem Messschiff oder Eisbrecher ausgeübt wird.

38

2. Das Landesarbeitsgericht hat aber im Ergebnis zu Recht angenommen, ein Peilboot könne ein Peilschiff iSd. Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund sein.

39

a) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht für sein Auslegungsergebnis rechtsfehlerhaft eine Niederschrift vom 22. November 1991 der Tarifvertragsparteien bei den Tarifverhandlungen zum BAT über die Eingruppierung der Angestellten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes herangezogen. Dem steht schon entgegen, dass es sich dabei um eine Niederschrift zu einem anderen Tarifvertrag handelt und die Entgeltgruppen von Unterabschnitt 2.1. Teil V (Beschäftigte bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung - Binnenbereich) der Anlage 1 zum TV EntgO Bund andere Tätigkeitsmerkmale enthalten als die der Vergütungsgruppen von Teil III Abschnitt B Unterabschnitt I (Angestellte im nautischen und schiffsmaschinentechnischen Dienst der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes) der Anlage 1a zum BAT.

40

b) Gleichwohl kann die Bootsführertätigkeit des Klägers auf der „G“ eine Tätigkeit auf einem „Peilschiff“ iSd. Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund sein.

41

(1) Gemäß der Vorbemerkung Nr. 3 zu den Abschnitten 1 bis 4 Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund richtet sich die Zuordnung der Wasserfahrzeugtypen nach dem Objektkatalog. Punkt 8.3.6 ObKat definiert die Begriffe „Peilschiff/Peilboot/Vermessungsschiff“ als Spezialschiff mit elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen. Ein Peilboot ist ein Peilschiff mit einer Wasserverdrängung von weniger als 15 m3. Danach handelt es sich bereits dem Wortlaut nach auch bei einem Peilboot um ein - wenn auch kleineres - Peilschiff. Entsprechend sind Peilschiffe/Peilboote, Peilrahmen und Vermessungsschiffe im ObKat Teil III - Artengliederung - unter der Objektgruppe 830 (Wasserfahrzeuge - Spezialschiffe) einheitlich in der Objektuntergruppe 832 aufgelistet. Eine Unterscheidung zwischen Peilschiffen auf der einen und Peilbooten auf der anderen Seite wird nicht vorgenommen.

42

(2) Dass die Tarifvertragsparteien lediglich zwischen Schiffen und schwimmenden Geräten unterschieden haben, ergibt sich auch aus der Vorbemerkung Nr. 2 zu den Abschnitten 1 bis 4 Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund. Dort heißt es jeweils „Beschäftigte auf Schiffen und schwimmenden Geräten“. Regelungen für Beschäftigte auf Booten gibt es - anders als noch nach dem MTArb iVm. dem TVLohngrV - dagegen nicht (mehr).

43

(3) Entgegen der Ansicht der Beklagten lassen sich aus der üblichen Größe der weiteren in der Entgeltgruppe 8 Fallgr. 1 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund genannten Fahrzeugtypen, dh. des hydrologischen Messschiffs und des Eisbrechers, keine Rückschlüsse darauf ziehen, dass nur das Führen relativ großer Wasserfahrzeuge das Tätigkeitsmerkmal erfüllen könnte. Die im TVLohngrV gebräuchliche Differenzierung nach der Größe der Wasserfahrzeuge sowie der Motorenstärke in kW bzw. PS ist vom TV EntgO Bund nicht übernommen worden und findet auch im Objektkatalog keine Berücksichtigung.

44

(4) Der Qualifikation des Motorboots „G“ als Peilschiff steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Peiltechnik erst nachträglich eingebaut wurde. Voraussetzung ist lediglich, dass elektronische Einrichtungen für Tiefenmessungen auf Wasserstraßen auf dem Schiff vorhanden sind. Ob diese schon beim Bau des Schiffes oder erst nachträglich eingebaut worden sind, ist für die tarifliche Zuordnung der Tätigkeit eines Beschäftigten unerheblich.

45

3. Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht einen Anspruch des Klägers auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Unterabschnitt 2.1. Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund dem Grunde nach für gegeben erachten sollte, wird es überdies zu prüfen haben, ob der Kläger die Ausschlussfrist des § 37 TVöD gewahrt hat.

        

    Eylert    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Redeker    

        

    Bredendiek    

                 

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 551 Revisionsbegründung


(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen. (2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründun

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2009 - 20 Sa 1136/09 - wird als unzulässig verworfen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Weiterzahlung der Zulage für Angestellte im Schreibdienst nach den Protokollnotizen Nr. 3 und Nr. 6 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT in der bis zum 31. Dezember 1983 geltenden Fassung (zukünftig: Funktionszulage Schreibdienst) und die Berechtigung der Beklagten, allgemeine Entgelterhöhungen auf diese Zulage anzurechnen.

2

Die Klägerin ist bei der beklagten Stiftung seit dem 15. Juni 1994 als Angestellte im Schreibdienst beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag(BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Die Klägerin erhielt zunächst eine Vergütung nach VergGr. VIII der Anlage 1a zum BAT. Die Parteien schlossen am 27. Februar 1995 mit Wirkung zum 15. Dezember 1994 folgende Nebenabrede:

        

„Eine Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 6 zu Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT in der am 31. Dezember 1983 geltenden Fassung steht bis zu einer tariflichen Neuregelung nur nach Maßgabe der Nr. 1 des Rundschreibens des Bundesministers des Innern vom 2. September 1986 - D III 1 - 220 254/9 - in seiner jeweiligen Fassung zu.“

3

Das Arbeitsverhältnis wurde zum 1. Oktober 2005 in den TVöD übergeleitet. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin in die VergGr. VII der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. In das Vergleichsentgelt ist die Funktionszulage Schreibdienst nicht einbezogen worden. Mit Schreiben vom 28. November 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die bisherige Funktionszulage für Angestellte im Schreibdienst ab 1. Oktober 2005 als außertarifliche persönliche Besitzstandszulage längstens bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung erhalte. Bei allgemeinen Entgeltanpassungen und sonstigen Entgelterhöhungen werde der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf diese Besitzstandszulage angerechnet. Die Tariferhöhungen zum 1. Januar 2008 und zum 1. Januar 2009 sind sodann jeweils zu einem Drittel auf die Funktionszulage angerechnet worden.

4

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass eine Anrechnung von Tariferhöhungen nicht erfolgen dürfe. Die Kürzung sei rechtswidrig, da kein Widerruf erfolgt sei und ein eventuell erklärter Widerruf nur Wirkung für die Zukunft entfalten könne. Im Übrigen handele es sich bei der Nebenabrede als Allgemeine Geschäftsbedingung um eine überraschende Klausel, die wegen ihrer Intransparenz nicht wirksam sei. Zu einer neuen Entgeltordnung, die auch die Frage der Schreibdienstzulagen regele, sei es bisher tarifvertraglich nicht gekommen. Soweit die Funktionszulage als außertarifliche persönliche Besitzstandszulage gezahlt worden sei, habe sich dies allein auf Mitarbeiter bezogen, die keine ausdrückliche Nebenabrede zum Arbeitsvertrag geschlossen hätten. Im Übrigen handele es sich bei der Kürzung um einen unzulässigen Eingriff in das Vertragsverhältnis. Widerruf und etwaiger Freiwilligkeitsvorbehalt der bisherigen Zahlung würden an § 308 Nr. 4 BGB scheitern.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr die Schreibkräftezulage ab dem 1. Januar 2008 ungekürzt weiterzugewähren.

6

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Das Zulagenversprechen sei befristet gewesen; mit der tarifvertraglichen Neuregelung im Jahr 2005 sei der Anspruch auf Zahlung einer Funktionszulage entfallen. Der BAT sei durch den TVöD umfassend ersetzt worden; eine spezielle Regelung für Angestellte im Schreibdienst enthielten die Regelungen des TVöD nicht mehr. Die Zahlung ab dem 1. Oktober 2005 sei auf neuer Rechtsgrundlage mit der Maßgabe der Anrechnung von Entgelterhöhungen erfolgt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist mangels ausreichender Begründung unzulässig und daher nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen.

9

I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden.

10

Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung des Revisionsgerichts beitragen (st. Rspr., zB BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 16, BAGE 130, 119; 27. Oktober 2005 - 6 AZR 408/05 - Rn. 9). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - Rn. 12, AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54; 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11, AP ZPO § 551 Nr. 66 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 10).

11

II. Dem wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

12

Eine Verfahrensrüge hat die Revisionsklägerin nicht erhoben. Hinsichtlich der erhobenen Sachrügen setzt sich die Revisionsbegründung vom 23. Juni 2010 nicht mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander.

13

1. Das Landesarbeitsgericht begründet ausführlich, warum sich aus der getroffenen Nebenabrede kein Anspruch auf Weiterzahlung der Funktionszulage Schreibdienst ergebe. Es nimmt eine Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB im Hinblick auf die vereinbarte auflösende Bedingung vor. Dabei hält es die Klausel für hinreichend transparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und verneint eine Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Funktionszulage sei tariflich nicht mehr geschuldet gewesen, die Arbeitgeberseite habe die Praxis der Vereinbarung einer außertariflichen Weiterzahlung bereits 1997 eingestellt und die Befristung beziehe sich auf eine tarifliche Neuregelung. Ebenso liege kein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB vor, da ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nicht vorliege. Der Eintritt der Bedingung sei vielmehr vom Willen des Arbeitgebers unabhängig. Das in der Bezugnahme auf die jeweilige Fassung des Rundschreibens des Bundesministers des Innern liegende Vertragsänderungsrecht sei unerheblich, da es sich um eine selbstständige und von der Befristung abtrennbare Regelung handele. Die vereinbarte Bedingung sei eingetreten. Der TVöD iVm. § 5 TVÜ-Bund enthalte hinsichtlich der Funktionszulagen eine Neuregelung, die keinen tariflichen Anspruch vorsehe. Es könne dahinstehen, ob ein Anspruch aufgrund des Schreibens vom 28. November 2005 oder aus betrieblicher Übung entstanden sei. Jedenfalls stehe dieser unter dem Vorbehalt der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen. Dieser Vorbehalt sei wirksam, da ein besonderer Leistungszweck mit der Zulage nicht verbunden sei.

14

2. Die Revisionsbegründung der Klägerin setzt sich mit dem differenziert begründeten Urteil nicht auseinander. Teilweise wiederholt sie lediglich bereits in den Vorinstanzen geäußerte Rechtsauffassungen in zusammengefasster Form, teilweise weist sie lediglich schlagwortartig auf die angebliche Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Entscheidung hin.

15

Zunächst wird die Auffassung vertreten, das Landesarbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, die Nebenabrede sei wirksam auflösend bedingt gewesen und die Bedingung sei eingetreten. Vielmehr „dürfte es sich hierbei um eine Befristung einer Zulagenregelung gehandelt haben“. Eine solche erziele das gleiche Ergebnis wie ein Widerrufsvorbehalt. Welche Folgen sich aus dieser Auffassung ergeben würden, führt die Revision nicht aus. Weiter wird behauptet, das Landesarbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass der Vertragswortlaut der Nebenabrede eindeutig gefasst worden sei. Dabei wird nicht erläutert, worin der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts liegen soll und was eine aus Sicht der Klägerin zutreffende Auslegung der Klausel ergäbe. Sodann wird dem Landesarbeitsgericht vorgeworfen, es widerspreche dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, indem es fälschlicherweise von einer Trennbarkeit der verschiedenen Klauselbestandteile ausgehe. Auch dies wird nicht begründet und es wird nicht einmal behauptet, dass der zweite Teil der Klausel unwirksam sei. Im letzten Teil der Revisionsbegründung wird lediglich darauf hingewiesen, dass durch die Tarifvertragsparteien nicht sämtliche (welche?) bestehenden Zulagen einer neuen Regelung zugeführt worden seien und dass offen sei, ob es sich um eine bewusste Regelung der Tarifvertragsparteien oder um eine Tariflücke gehandelt habe. Schlussfolgerungen für den konkreten Fall werden nicht gezogen, eine argumentative Auseinandersetzung mit dem Landesarbeitsgericht findet nicht statt. Schließlich wird hinsichtlich „des Anspruchs der Klägerin auf weitere Zahlung der Funktionszulage als außertarifliche Besitzstandszulage“ auf die Ausführungen im Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen, ohne auf die anderen Grundannahmen des Landesarbeitsgerichts einzugehen.

16

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Kiel    

        

    Walter Huber