Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 21. Aug. 2014 - 7 Sa 138/14
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2014 in Sachen 1 Ca 8685/12 wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Beklagten gegen dasselbe Urteil wird unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 22,6 % und der Beklagte 77,4 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen fristlosen, hilfsweise fristgerecht ausgesprochenen Kündigung vom 17.10.2012 nebst arbeitnehmerseitigem Weiterbeschäftigungsantrag, um Zahlungsansprüche der Klägerin aus der Zeit vor Ausspruch der Kündigung, um Annahmeverzugsansprüche der Klägerin für die Zeit nach Ausspruch der Kündigung und um eine Widerklage des Beklagten, die die Zahlung einer Vertragsstrafe zum Inhalt hat.
3Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils vom 10.01.2014 Bezug genommen.
4Zu ergänzen ist, dass die Klägerin noch im Laufe des 17.10.2012 zusammen mit ihrem Arbeitskollegen und Lebensgefährten, dem Kläger des Parallelverfahrens 7 Sa 320/14, eine Reise nach Polen angetreten hat. Der Zeitpunkt der Rückkehr nach Deutschland ist von den Parteien nicht mitgeteilt worden. Ferner hat der Beklagte nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils am 10.01.2014 mit Anwaltsschriftsätzen vom 19.01. und 04.02.2014 die Klägerin zur Aufnahme der Arbeit aufgefordert. Dies hat die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 12.02.2014 zum Anlass genommen, eine Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen.
5Das Arbeitsgericht Köln hat mit seinem Urteil vom 10.01.2014 die Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Annahmeverzugslohn ab dem 18.10.2012 abgewiesen, ansonsten aber der Kündigungsschutzklage, dem Weiterbeschäftigungsantrag sowie den Zahlungsanträgen für die Zeit vor Ausspruch der Kündigung stattgegeben und die Widerklage des Beklagten ebenfalls abgewiesen.
6Das Urteil des Arbeitsgerichts vom 10.01.2014 wurde dem Klägervertreter am 31.01.2014 zugestellt. Die Klägerin hat gegen das Urteil am 17.02.2014 Berufung eingelegt und diese am 17.03.2014 begründet.
7Dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten wurde das arbeitsgerichtliche Urteil am 20.01.2014 zugestellt. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schriftsatz vom 19.02.2014, welcher am selben Tag beim Berufungsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Nachdem am 20.03.2014 die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist des§ 66 Abs. 1 ArbGG bereits abgelaufen war, hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schriftsatz vom 24.03.2014, beim Berufungsgericht am selben Tag eingegangen, beantragt, „für die Berufungsbegründung eine stillschweigenden Fristverlängerung zum 22.04.2014 zu gewähren“. Nachdem das Berufungsgericht den Beklagtenvertreter sodann mit Schreiben vom 31.03.2014 darauf hingewiesen hatte, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits am 20.03.2014 abgelaufen war, eine Fristverlängerung daher nicht mehr in Betracht komme und die Berufung unzulässig sein dürfte, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 07.04.2014, beim Berufungsgericht eingegangen am 11.04.2014, wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich die Berufungsbegründung nachgeholt.
8Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ist der Auffassung, dem Beklagten sei wegen der versäumten Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hierzu führt der Prozessbevollmächtigte aus, er habe seiner erfahrenen und bis dahin stets sorgfältig arbeitenden Büroangestellten W die Sofortanweisung erteilt, die Fristen für die Berufung sowie die Berufungsbegründung zu notieren. Die Angestellte habe anschließend zwar die Berufungsfrist notiert, es versehentlich aber versäumt, die Berufungsbegründungsfrist zu notieren. Erst am 24.03.2014 sei die Angestellte im Zuge der allgemeinen Bearbeitung der in ihrem Arbeitszimmer liegenden Akten wieder auf die Akte zum vorliegenden Prozess gestoßen und habe diese sodann dem Unterzeichner vorgelegt. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten unterlegt diesen Vortrag mit einer eidesstattlichen Versicherung der K W vom 08.04.2014 (Bl. 174d. A.).
9In der nachgeholten Berufungsbegründung setzt sich der Beklagte sodann ausführlich mit der Feststellung der Unwirksamkeit der streitigen Kündigung vom 17.10.2012 auseinander. Diese habe das Arbeitsgericht zu Unrecht angenommen. Vielmehr sei die Kündigung wirksam gewesen.
10Der Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz zunächst,
11ihm wegen der Versäumung der Berufungs- begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
12Sodann werden in der nachgeholten Berufungsbegründung des
13Beklagten folgende Anträge formuliert:
141. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2014, 1 Ca 8685/12, wird die der Klägerin zugesprochene Entgeltfortzahlung in Höhe von 85,50 € und Lohn in Höhe von 776,16 € brutto nebst Zinsen abgewiesen.
152. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2014, 1 Ca 8685/12, wird die Klägerin und Widerbeklagte kostenpflichtig verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger 687,96 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
163. Die Berufung der Klägerin vom 17.02.2014 wird zurückgewiesen.
174. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
18Die Klägerin und Berufungsbeklagte zu 2) beantragt ihrerseits,
19die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
20Im Wege ihrer eigenen Berufung beantragt die Klägerin und Berufungsklägerin zu 1),
211. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2014, 1 Ca 8685/12, den Beklagten zu verurteilen, weitere 705,60 € brutto zuzüglich5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 16.11.2012 zu bezahlen (Vergütung 18.10. bis 31.10.2012);
222. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2014, 1 Ca 8685/12, den Beklagten zu verurteilen, weitere 1.490,58 € brutto zuzüglich5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 16.12.2012 zu bezahlen (Vergütung November 2012).
23Des weiteren beantragt die Klägerin und Berufungsbeklagte zu 2),
24den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zurückzuweisen.
25Die Klägerin ist der Auffassung, ein Wiedereinsetzungsgrund für den Beklagten bestehe nicht. Dessen Berufung sei daher als unzulässig zu verwerfen.
26Zu der eigenen Berufung führt die Klägerin aus, dass das Arbeitsgericht Köln nach ihrer Auffassung die Ansprüche aus Annahmeverzug zu Unrecht abgewiesen habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts führe das Arbeitsplatzangebot der Firma R und C Gebäudereinigung GmbH mit Schreiben vom 17.10.2012 nicht dazu, dass ihr, der Klägerin, ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbes vorgehalten werden könne. Abgesehen davon, dass das Angebot der Firma R und C Gebäudereinigung GmbH unglaubwürdig und widersprüchlich sei, sei es auch völlig unbestimmt und nicht annahmefähig gewesen. Auch angesichts der außerordentlichen, vermeintlich verhaltensbedingten Kündigung des Beklagten, welcher bekanntlich Mit-Geschäftsführer der Firma R und C GmbH sei, sei es ihr nicht zumutbar gewesen, ein solches Angebot anzunehmen.
27Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den vollständigen Inhalt der in der Berufungsinstanz zur Akte gereichten beiderseitigen Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
29A.I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2014 ist wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist unzulässig.
301. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte dem Beklagten nicht gewährt werden.
31a. Das erstinstanzliche Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten ausweislich des von ihm unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 20.01.2014 zugestellt. Die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG lief somit am Donnerstag, dem 20. März 2014 ab. Bis zum 20.03.2014, 24.00 Uhr, ist keine Berufungsbegründungsschrift des Beklagten beim Berufungsgericht eingegangen.
32b. Erst am Montag, dem 24.03.2014, erreichte das Gericht ein am selben Tag vom Beklagtenvertreter verfasster Schriftsatz, in dem dieser die „stillschweigende Verlängerung“ der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist kann eine Fristverlängerung jedoch nachträglich nicht mehr gewährt werden.
33c. Erst nachdem das Berufungsgericht den Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit Schreiben vom 31.03.2014 auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und die daraus folgende Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen hatte, beantragte der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 07.04.2014, beim Berufungsgericht eingegangen am 11.04.2014, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
34d. Der Beklagte hat die Wiedereinsetzung zwar gemäß § 234 ZPO fristgerecht beantragt; denn gemäß § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO beträgt die Antragsfrist für die Wiedereinsetzung einen Monat, wenn die Frist zur Begründung der Berufung betroffen ist.
35e. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte dem Beklagten jedoch nicht gewährt werden; denn § 233 S. 1 ZPO setzt hierfür voraus, dass eine Parteiohne ihr Verschulden verhindert war, z. B. die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
36aa. Die Berufungsbegründungsfrist wurde vorliegend nicht ohne ein dem Beklagten zurechenbares Verschulden versäumt. Ein Fehler, der dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten einer Partei unterläuft und zur Versäumung der Berufungsbegründungsfrist führt, ist gemäß § 85 Abs. 2 ZPO der Partei selbst zuzurechnen. Unterläuft der zur Fristversäumung führende Fehler einem Dritten, z. B. einer Büroangestellten des Anwalts, so wird dieser Fehler der Partei grundsätzlich nicht zugerechnet, es sei denn, der Fehler beruht darauf, dass der Anwalt selbst Anleitungs-, Organisations- oder Kontrollpflichten versäumt hätte.
37bb. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten beruft sich hier zwar darauf, es sei für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ursächlich geworden, dass seine bis dahin stets zuverlässig arbeitende Büroangestellte es in diesem Fall versäumt gehabt habe, die Berufungsbegründungsfrist zu notieren. Dieser Fehler der Büroangestellten wird aber überlagert durch eine eigene Pflichtverletzung des Anwalts, die nach § 85 Abs. 2 ZPO dem Beklagten unmittelbar zuzurechnen ist. Ohne diese anwaltliche Pflichtverletzung wäre es trotz des vorangegangenen Fehlers der Büroangestellten nicht zu einer Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gekommen.
38aaa. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat die Frist zur Berufungsbegründung deshalb aufgrund eigenen Verschuldens versäumt, weil er die gebotene Fristenkontrolle nicht ausgeführt hat, als ihm die Akte zur Unterzeichnung der Berufungsschrift vorgelegt worden ist. Dies war am19. Februar 2014. Mit Schriftsatz vom 19.02.2014, der auch am selben Tage beim Berufungsgericht eingegangen ist, hat der Beklagtenanwalt nämlich die Berufung eingelegt.
39bbb. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit geteilt wird und der sich das Berufungsgericht ausdrücklich anschließt, obliegt einem Rechtsanwalt die Pflicht zur eigenverantwortlichen Prüfung, ob eine zu beachtende Frist richtig ermittelt und eingetragen worden ist, wenn ihm die Akten zur Bearbeitung vorgelegt werden (BGH Xa ZB 34/08 vom 20.01.2009, NJW – RR 2009, 642 f.; BGH vom 10.06.2008, VI ZB 2/08, NJW 2008, 3439; BGH vom 24.10.2001, VIII ZB 19/01, VersR 2002, 1391 f.; BGH vom 06.07.1994, VIII ZB 12/94, NJW 1994, 2831 f.).
40ccc. Die eigenverantwortliche Fristenkontrolle muss zwar nicht bei jeder Vorlage der Handakte, jedenfalls aber immer dann erfolgen, wenn die Akten dem Rechtsanwalt zur Bearbeitung einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt werden. Darauf, ob die Vorlage der Handakte wegen der Berufungsbegründungsfrist oder aus Anlass einer anderen fristgebundenen Prozesshandlung, wie hier der Einlegung der Berufung, erfolgt ist, kommt es nicht an (BGH vom 20.01.2009, a.a.O.); denn der Rechtsanwalt muss im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung eigenverantwortlich stets auch alle weiteren noch unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen. Dies stellt keine überzogene Formalanforderung dar, sondern liegt nicht zuletzt im ureigenen Interesse des Anwalts selbst; denn dieser muss sich arbeitsorganisatorisch darauf einstellen können, bis wann die weiteren fristgebundenen Prozesshandlungen erledigt sein müssen, kann es z. B. bei der Anfertigung einer Berufungsbegründung doch auch notwendig werden, noch Recherchen anzustellen, einen Besprechungstermin mit dem Mandanten anzuberaumen u.ä.
41ddd. Die Berufungsbegründungsfrist beginnt gemäß § 66 Abs. 1 S. 2 ArbGG mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Ihr Ablauf steht daher im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits fest. Auch wenn Handakten im Zusammenhang mit der Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, beschränkt sich die Kontrollpflicht daher nicht auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist notiert ist; sie erstreckt sich vielmehr auch auf die Erledigung der Notierung der Berufungsbegründungsfrist (BGH vom 20.01.2009, a.a.O.; BGH vom 21.04.2004, XII ZB 243/03, FamRZ 2004, 1183 f.).
42eee. Es trifft zwar zu, dass in dem Fall, der der Entscheidung des BGH vom 20.01.2009 zugrundelag, die Berufungsbegründungsfrist zwar notiert, aber falsch berechnet worden war. Die dargestellten Grundsätze der BGH-Rechtsprechung gelten jedoch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Berufungsbegründungsfrist überhaupt nicht notiert worden war, erst recht. Dies bestätigt der BGH ausdrücklich am Ende der Gründe seiner Entscheidung vom 20.01.2009: Dort setzt sich der BGH – gerade umgekehrt zu der Argumentation des hiesigen Beklagtenvertreters – nämlich mit der Frage auseinander, ob die zuvor genannten Grundsätze sich nicht nur auf die Notierung der Berufungsbegründungsfrist als solcher erstreckt, sondern auch auf die richtige Berechnung dieser Frist.
43fff. Wäre der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, als er am 19.02.2014 die Berufungsschrift unterzeichnete, seiner Pflicht nachgekommen, auch die Notierung und Berechnung der Berufungsbegründungsfrist zu kontrollieren, so wäre ihm der Fehler seiner Mitarbeiterin sofort aufgefallen. Dieser Fehler hätte sich sodann im Weiteren nicht mehr nachteilig auswirken können. Mit geringstem Aufwand, nämlich mit einem Blick auf den Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils, hätte der Prozessbevollmächtigte sofort feststellen und notieren (lassen) können, dass die Berufungsbegründungsfrist am 20.03.2014 ablaufen würde.
44II. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2014 ist demgegenüber zulässig. Die Berufung der Klägerin ist gemäߧ 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Die Klägerin hat ihre Berufung auch fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.
45B. Die Berufung der Klägerin konnte jedoch ebenfalls keinen Erfolg haben; denn sie ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin zu Recht keine Annahmeverzugsansprüche für die Zeit nach Zugang der Kündigung, also für die Zeit ab dem 18.10.2012, zugesprochen. Solche Ansprüche bestehen nicht.
461. Es kann dabei zur Überzeugung des Berufungsgerichts dahingestellt bleiben, ob Ansprüche der Klägerin auf Vergütung aus Annahmeverzug (auch) deshalb nicht gegeben sind, weil die Klägerin es im Sinne von § 615 S. 2 BGB böswillig unterlassen hat, in der Zeit nach dem 18.10.2012 durch anderweitige Verwendung ihrer Dienste Zwischenverdienst zu erzielen.
47a. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann dies allerdings nicht schon mit der Begründung verneint werden, dass das Schreiben der Firma R und C Gebäudereinigung GmbH vom 17.10.2012 die näheren Konditionen des angebotenen Arbeitsplatzes in keiner Weise erkennen lässt. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 615 S. 2, 2. Hs. BGB sind nämlich nicht dieselben Kriterien anzulegen wie an ein Vertragsangebot, das im Rahmen einer Änderungskündigung unterbreitet wird. Die näheren Konditionen des Angebots hätte die Klägerin nämlich „bei Interesse“, wie es in Satz 2 des Schreibens vom 17.10.2012 heißt, leicht bei der dort angegebenen Stelle erfragen können.
48b. Maßgeblich wäre vielmehr alleine gewesen, ob die Annahme des Arbeitsplatzangebots gemäß Schreiben vom 17.10.2012 für die Klägerin zumutbar gewesen wäre. In diesem Zusammenhang wäre dann gegebenenfalls auch aufzuklären gewesen, ob es sich tatsächlich um ein ernstzunehmendes Angebot gehandelt hätte und mit welchen näheren Konditionen es verbunden gewesen wäre.
492. Die Frage des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs kann jedoch dahingestellt bleiben, da schon dem Grunde nach die Voraussetzungen eines Annahmeverzuges für die Zeit ab dem 18.10.2012 ersichtlich nicht gegeben sind.
50a. Die Klägerin hat unstreitig noch am 17.10.2012, noch bevor ihr die Kündigung des Beklagten zugehen konnte und zugegangen ist, zusammen mit ihrem Kollegen X, dem Kläger des Parallelverfahrens 7 Sa 320/14, eine Reise unbekannter Dauer nach Polen angetreten. Deutlicher konnte die Klägerin nicht zum Ausdruck bringen, dass sie in der Zeit ab 18.10.2012 weder willens noch in der Lage war, ihre Arbeitsleistung für den Beklagten fortzusetzen.
51b. Wenn die Klägerin glaubt, für die Zeit ab 18.10.2012 einen Anspruch auf Vergütung ohne Arbeitsleistung gegen den Beklagten zu haben, obwohl sie jedenfalls zunächst wegen ihrer Reise unbekannter Dauer nach Polen weder arbeitsbereit noch arbeitsfähig war, so wäre es an ihr gewesen, substantiiert darzulegen und im Bestreitensfalle nachzuweisen, wann sie für welchen Zeitraum Urlaub beantragt haben will und wer ihr diesen Urlaub wann genehmigt haben soll. Der Beklagte jedenfalls hat von Anfang an vorgetragen, dass es sich nicht um genehmigten Urlaub gehandelt habe, ja sogar, dass zur damaligen Zeit wegen der Herbstferien in seinem Betrieb Urlaubssperre geherrscht habe.
52aa. Die Klägerin hat zwar – weit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist – im Schriftsatz vom 16.05.2014 zweimal lapidar von „genehmigtem Urlaub“ gesprochen. Eine auch nur ansatzweise nähere Substantiierung dieser Behauptung hat die Klägerin jedoch weder in dem Schriftsatz vom 16.05.2014 noch zu einem anderen Zeitpunkt im Prozess vorgenommen. In ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10.04.2013 heißt es sogar: „Die Klägerin hat keinen Urlaub erhalten“.
53bb. Aus dem gesamten erst- wie zweitinstanzlichen Parteivortrag der Klägerin geht nicht hervor, wie lange die Reise nach Polen gedauert hat bzw. wann die Klägerin von ihrer Reise nach Deutschland zurückgekehrt ist, für welchen Zeitraum sie Urlaub beantragt und genehmigt bekommen haben will und wie es um den Umfang ihrer noch offenen Urlaubsansprüche im Zeitpunkt des Antritts der Reise am 17.10.2012 bestellt war.
54c. Aus den genannten Gründen scheiden Zahlungsansprüche der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit ab dem 18.10.2012 aus.
55d. Ebenso wenig könnten die mit der Berufung geltend gemachten Zahlungsansprüche der Klägerin etwa unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung Erfolg haben. Hierfür fehlt es schon an Ausführungen dazu, wie hoch ihr vertraglicher Urlaubsanspruch war und ob bzw. wann und in welchem Umfang sie im laufenden Urlaubsjahr bereits Urlaub in Anspruch genommen hatte.
56C.1. Bleiben die Berufungen beider Parteien erfolglos, hat das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2014 weiterhin Bestand. Dementsprechend musste es auch bei der erstinstanzlich festgelegten Quote der Kostenverteilung bleiben.
57Dabei musste das Berufungsgericht davon ausgehen, dass sich die – im Ergebnis unzulässige – Berufung des Beklagten entgegen dem Wortlaut der ausformulierten Anträge unter Abschnitt II der nachgereichten Berufungsbegründung vom 08.04.2014 sich gegen den gesamten Urteilsinhalt richtete, soweit das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hatte. Dies folgt für das Berufungsgericht daraus, dass der Beklagte sich mit dem weitaus größten Teil seiner Berufungsbegründung umfangreich damit auseinandersetzt, dass das Arbeitsgericht aus seiner Sicht den Kündigungsschutzanträgen zu Unrecht stattgegeben habe.
582. Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.
59R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
60Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen. Auf § 72 a ArbGG wird vorsorglich hingewiesen.
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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.