Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 26. Sept. 2014 - 4 Sa 986/13
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.11.2013 – 12 Ca 5629/12 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen der Abwerbung von Mitarbeitern und um Unterlassungsansprüche hinsichtlich Äußerungen, die nach Behauptungen der Klägerin der hiesige Beklagte zu 1) getan haben soll.
3Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung an verschieden Standorten in Deutschland tätig. Ihr Schwerpunkt bei der Arbeitnehmerüberlassung liegt insbesondere in der Überlassung von Ingenieuren und Technikern, die in verschiedenen Drittunternehmen eingesetzt werden. Am Standort K verfügte die Klägerin Anfang April 2011 über knapp 100 Mitarbeiter. Einer der größten Kunden der Klägerin am Standort K war seit dem Jahre 2003 die D AG, der die Klägerin seit dem Jahr 2010 Arbeitnehmer im Wege der Arbeitnehmerüberlassung überließ. Zu Beginn des Jahres 2011 erhielt die Klägerin bei der D AG den Status als sogenannter „Preferred Supplier“. Dabei handelt es sich um Vertragspartner der D AG, die zunächst angefragt werden, wenn Bedarf für Mitarbeiter und Dienstleistungen besteht.
4Vorbehaltlich der von den Beklagten bestrittenen Wirksamkeit des als Anlage K 16 (Bl. 520 ff. d. A.) zu den Akten gereichten notariellen Vertrages vom 15.02.2011 (zu den Argumenten der Beklagten hinsichtlich der Wirksamkeit noch unten) war die Klägerin eine Gesellschaft der F -Gruppe, später der Able-Group, die mit rund 5.000,00 Mitarbeitern breitflächig im Bereich der Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland tätig ist. Bis zum Beginn des Jahres 2011 nannte sich der A -Konzern noch F -Gruppe.
5Zum 01.01.2011 weitete die entsprechende Holding-Gesellschaft der F -Gruppe ihre Gesellschafterstellung bei der alten M P M P - und K GmbH auf 100 % aus. Diese ehemalige M P M P - und K GmbH wurde im ersten Quartal 2011 mit dem notariellen Vertrag vom 15.02.2011 (K 16) in die Klägerin, die damals als o GmbH firmierte, und die p GmbH aufgespalten. Nach dem notariellen Vertrag sollte der Teilbetrieb „a “ auf die Klägerin (damals o GmbH) und der Teilbetrieb „A - und V “ auf die p GmbH übertragen werden.
6Danach wurde die Klägerin wieder in „M P M P - und K GmbH“ umfirmiert.
7In dem notariellen Vertrag (in der von der Klägerin eingereichten Anlage K 16 = Bl. 520 ff. d. A. sind eine Reihe von Vertragsteilen unkenntlich gemacht) ist in § 3 als Aufspaltungsstichtag der 01.09.2010, 0.00 Uhr genannt. Betreffend die o GmbH ist auf Seite 12 geregelt, dass die Arbeitnehmer mit einem gesonderten Schreiben vom 14.02.2011 gemäß § 613 Abs. 5 BGB informiert werden sollen. Nach Vortrag der Klägerin (Bl. 442 d. A.) ist der Bereich „a “ der früheren M P M P - und K GmbH zum 01.04.2011 auf die o GmbH und Co. KG übertragen worden. Im Anschluss an die Aufnahme sei die Rechtsform der o GmbH & Co. KG von einer GmbH & Co. KG in eine GmbH verändert worden. Diese formgewechselte GmbH sei „aus Imagegründen“ wieder in die M. P M P - und K GmbH, die hiesige Klägerin, umbenannt worden.
8Der Beklagte zu 1) war als Standortleiter am Standort K beschäftigt und hielt zur Koordinierung der Arbeitnehmerüberlassungen Kontakte zur D AG. Er kündigte zum 11.04.2011 sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos. Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass ihm wie den anderen betroffenen Arbeitnehmern wegen der Aufspaltung entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (21.02.2008 – 8 AZR 157/07) ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung zustand.
9Der Beklagte zu 2) war Teamleiter am Standort K und kündigte sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 14.04.2011 ebenfalls fristlos. Auch die Wirksamkeit dieser außerordentlichen Kündigung ist zwischen den Parteien nicht strittig.
10In der ursprünglich beim Landgericht Köln erhobenen Klage hatte die Klägerin als Beklagte zu 1) die E E GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführer A D und R C (die hiesigen Beklagten zu 1 und 2) verklagt. Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der ursprünglichen beiden weiteren Beklagten, den hiesigen Beklagten zu 1) und 2), an das Arbeitsgericht verwiesen. Hinsichtlich der ehemaligen Beklagten zu 1) hat es den Rechtsstreit ausgesetzt.
11Die ehemalige Beklagte zu 1) (im folgenden E ) wurde im August 2010 zunächst unter dem Namen T S -GmbH gegründet. Ende März 2011 firmierte sie in E E GmbH um. Auf diese wurde die E GmbH entsprechend Gesellschafterbeschluss vom 11. Mai 2011 verschmolzen. Der jetzige Beklagte zu 2) wurde im März 2011 zunächst als alleiniger Geschäftsführer der E E GmbH Köln bestellt. Der Beklagte zu 1) war seit Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zunächst dort Mitarbeiter und ist seit Mai 2011 einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer neben dem Beklagten zu 2).
12Für die F Gruppe bestand seinerzeit ein Manteltarifvertrag und ein Entgelttarifvertrag. Wegen der Einzelheiten dieses Manteltarifvertrages und des Entgelttarifvertrages wird auf die Kopie des Manteltarifvertrages und des Entgelttarifvertrages (Anlage BK 1 = Anlagenband Bl. 150 ff.) Bezug genommen. Der Tarifvertrag enthält in § 8 eine Versetzungsklausel, nach der „F “ berechtigt ist, den Projektmitarbeiter auch in andere F -Niederlassungen zu versetzen.
13Bereits die o GmbH & Co. KG hatte einen Anerkennungstarifvertrag zu diesen Tarifverträgen mit der IG Metall geschlossen (Bl. 147 – 149 des Anlagenbandes).
14Im Zusammenhang mit dem Wirksamwerden der Tarifverträge aufgrund der Umstrukturierungsmaßnahmen schrieb Herr J L , der Personalleiter der Klägerin, Folgendes an deren Mitarbeiter (Bl. 146 des Anlagenbandes):
15„Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
16der vorliegende, mit der IG Metall abgeschlossene, Haustarifvertrag regelt die für Ihr Arbeitsverhältnis mit der M P GmbH maßgeblichen Arbeitsbedingungen und Entgelte. Er schafft damit die Grundlage für eine gute, verlässliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit, auch in rechtlicher Hinsicht.
17Entstanden ist er aus dem Haustarifvertrag mit der F E , ebenso wie die M P eine Gesellschaft der A GROUP. Ursprünglich wurde der Haustarifvertrag für die o GmbH & Co. KG abgeschlossen.
18Im 1. Quartal 2011 erfolgte eine Verschmelzung des Bereichs A der M P GmbH mit der C E S GmbH auf die o GmbH & Co. KG, verbunden mit einem Rechtsformwechsel in o GmbH. Die o GmbH wiederum wurde in M P M P - und K GmbH umbenannt.
19Diese Umbenennung betrifft dann folgerichtig auch den mit der o GmbH & Co. KG bestehenden Haustarifvertrag. Dessen Inhalte bleiben unverändert bestehen.
20Wir wünschen uns eine weiterhin konstruktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
21M P M P - und K GmbH
22– Personalabteilung –“
23Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Tarifvertrag geringere Gehälter vorsieht als sie bei der alten M P üblich waren. So sieht der Entgelttarifvertrag (B. 173 des Anlagenbandes) vor, dass Ingenieure mit 48 Monaten Betriebszugehörigkeit in den alten Bundesländern 2.640,00 € Grundgehalt verdienen. Bei der alten M P GmbH lag das Grundgehalt einer solchen Arbeitskraft bei 3.700,00 € Monatsgehalt, wie die Beklagten insoweit von der Klägerin unbestritten vorgetragen habe (Bl. 76 d. A.).
24Im Zusammenhang mit der Umstrukturierung fand eine Betriebsversammlung statt, zu deren Zeitpunkt der Beklagte zu 1) krank war. Die Präsentation der Umstrukturierung nahm der Personalleiter Herr L allein vor. Er bediente sich dabei der als BK 5 eingereichten Präsentation „Die neue M P “ (Bl. 203 ff. des Anlagenbandes).
25Ebenfalls von Herrn L sowie darüber hinaus von dem Geschäftsführer B G unterschrieben war das auf den 14.02.2011 datierte „Unterrichtungsschreiben gemäß § 613 a Abs. 5 BGB zum Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die o GmbH & Co. KG“. Wegen des genauen Inhalts des Unterrichtungsschreibens wird auf Blatt 19 ff. des Anlagenbandes Bezug genommen. Darin heißt es auszugsweise:
26„5. Rechtliche Folge: Betriebsübergang
27Als Folge des Betriebsübergangs gehen alle bestehenden Arbeitsverhältnisse der bei der M P beschäftigten Mitarbeiter auf die o (und damit auf die neueM P ) über. Rechtliche Folge für Sie ist, dass die o in die Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses mit der M P gemäß § 613 a Abs. 1 BGB eintritt.
28Dies bedeutet für Ihr Arbeitsverhältnis:
29a) Auch Ihr Arbeitsverhältnis wird deshalb gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem Vollzug des Betriebsübergangs voraussichtlich mit Ablauf des 31.03.2011, 24:00 Uhr, auf die o übergehen. Es kommt zu einem Vertragspartnerwechsel auf Arbeitgeberseite, der das zwischen Ihnen und der M P bestehende Arbeitsverhältnis inhaltlich – bis auf den Arbeitgeberwechsel – unverändert lässt. Sämtliche Rechte und Pflichten aus Ihrem derzeit bestehenden Arbeitsverhältnis einschließlich solcher aus betrieblicher Übung gelten im Verhältnis zur o unverändert fort. Dies gilt auch für die in der Vergangenheit bei anderen A -Gesellschaften erworbenen Beschäftigungszeiten, die von der o übernommen werden …“.
30Weiterhin heißt es unter f) Kollektivrechtliche Auswirkungen:
31„aa) M P – derzeit keine Tarifbindung
32Die M P ist nicht tarifgebunden. Es fanden daher bislang keine tarifrechtlichen Regelungen auf Ihr Arbeitsverhältnis Anwendung, es sei denn durch individualvertragliche Inbezugnahme.
33bb) o Firmentarifvertrag
34Die O ist tarifgebunden. O ist zwar nicht im Arbeitgeber-Verband, hat aber per Anerkennungstarifvertrag vom 31.05.2007 den zwischen der F E GmbH und IG Metall am 31.05.2007 abgeschlossenen Manteltarifvertrag und den Entgelttarifvertrag vom 01.06.2010 anerkannt. …
35…
36(Abs. 4:) Daraus folgt, dass der Tarifvertrag für alle Mitarbeiter gilt, die im Projektmitarbeiterstatus angestellt und Mitglied der IG Metall sind. Sind sie im Projektmitarbeiterstatus tätig und Mitglied der IG Metall, dann löst dieser Entgelttarifvertrag der onmotive Ihre bisherige arbeitsvertragliche Regelung mit Wirkung zum Betriebsübergangszeitpunkt, voraussichtlich dem 01.04.2011 ab…
37…
38(Abs. 5:) Wenn Sie nicht Mitglied der IG Metall oder nicht im Projektmitarbeiterstatus im zuvor beschriebenen Sinne tätig sind, finden die bei o geltenden Tarifverträge keine Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis. Es gilt das unter Ziffer 5. a gesagte, nämlich dass sämtliche Rechte und Pflichten aus Ihrem derzeit bestehenden Arbeitsverhältnis, einschließlich solcher aus betrieblicher Übung im Verhältnis zur o unverändert fortgelten.
39Die neue M P wird jedoch bemüht sein, eine Anwendung der eigenen tarifrechtlichen Regelungen einzelvertraglich zu erzielen, und zwar für alle Mitarbeiter, die Projektmitarbeiterstatus tätig sind (vgl. Ziffer 5. h).
40…
41h) In Aussicht gestellte Maßnahmen
42Wie erwähnt, ist es Ziel der neuen M P , bei allen Mitarbeitern, die im Projektmitarbeiterstatus arbeiten, die Geltung des o Manteltarifvertrages und des Entgelttarifvertrags zu erreichen. Beabsichtigt ist, im Jahr 2011 mit allen betroffenen Mitarbeitern Gespräche zu führen und gemeinsam die Geltung der o Tarifverträge zu erzielen. Der Haustarifvertrag entspricht inhaltlich dem Haustarifvertrag, der bei der F E GmbH gilt.“
43Ferner heißte es unter Ziffer 7.
44„Eigenes außerordentliches und fristloses Kündigungsrecht
45An der Stelle der Möglichkeit, dem Betriebsübergang zu widersprechen, haben Sie in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf Grund eines Sonderkündigungsrechts die Möglichkeit, Ihr Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen. In diesem Fall scheiden Sie mit sofortiger Wirkung der Kündigungserklärung aus dem Arbeitsverhältnis aus.
46Dieses Kündigungsrecht steht Ihnen innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis von der Eintragung des Aufspaltungs- und Übernahmevertrages durch Aufnahme in das Handelsregister zu.
47…“.
48Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Zwei-Wochen-Frist gemäß Ziffer 7 des vorgenannten Schreibens bis zum 18.04.2011 reichte.
49Zumindest fünf Mitarbeiter der Klägerin – B , S , U , Pe und P – wurden am 12.04.2011 gezielt – teilweise während der Arbeitszeit bei der D AG – angesprochen und zur Teilnahme an einem Informationsgespräch in einem Wohnmobil mit dem Beklagten zu 1) veranlasst. Der Beklagte zu 2) war bei keinem der Gespräche zugegen. Der genaue Inhalt der Gespräche ist streitig. Ebenso ist streitig, ob die weiter von der Klägerin in der Klageschrift genannten Mitarbeiter auf die gleiche Weise angesprochen wurden und inhaltsgleiche Gespräche – wie sie die Klägerin für die zuvor genannten Personen behauptet – mit diesen geführt wurden. Dabei ist auch streitig, ob überhaupt mit den anderen dort genannten Mitarbeitern jeweils entsprechende Gespräche geführt wurden oder ob diese sich aus eigener Initiative an die Beklagten wandten.
50Bei den Gesprächen mit den fünf zuvor genannten Mitarbeitern teilte der Beklagte zu 1) jedenfalls diesen mit, dass er selbst bei der Klägerin gekündigt habe und die jeweiligen Mitarbeiter über neue Möglichkeiten informieren wolle. Dabei wies er die Mitarbeiter auf Regelungen in den genannten Tarifverträgen hin.
51Jedenfalls kündigten im Laufe der zweiten Aprilhälfte 2011 65 bei der Klägerin am Standort K tätige Mitarbeiter aufgrund des ihnen nach der oben zitierten Mitteilung der Klägerin zustehenden außerordentlichen Sonderkündigungsrechtes. Die kündigenden Mitarbeiter waren nicht alle bei der D AG eingesetzt. Nach insoweit nicht bestrittenem Vortrag der Klägerin war aber ein Großteil davon bei der D AG eingesetzt. Die meisten dieser Kündigungen hatten gleichen Wortlaut und gleiches Layout (nach Vortrag der Klägerin „fast alle“). Die Kündigungen sind auf den 16.04.2011 datiert. Auf die von der Klägerin eingereichten Kopien von Kündigungsschreiben im Anlagenkonvolut K 5 (Bl. 32 – 97 des Anlagenbandes) wird Bezug genommen.
52Den oben namentlich genannten Arbeitnehmern wurde zugleich ein Anstellungsvertrag mit der E vorgelegt. Auf den Herrn B vorgelegten Vertrag (Anlage K 7 = Bl. 99 des Anlagenbandes) wird Bezug genommen. Nicht alle oben namentlich genannten Arbeitnehmer unterzeichneten das Kündigungsschreiben und den ihnen vorgelegten Arbeitsvertrag. Herr B löste sein mit der E begründetes Arbeitsverhältnis wieder auf und kehrte zu der Klägerin zurück. Herr S entschied sich gegen den Wechsel. Auch Herr R kehrte zurück. Die ganz überwiegende Zahl der übrigen Mitarbeiter, die ebenfalls gekündigt hatten, kehrte nicht zu der Klägerin zurück.
53Die Klägerin hat mit ihrer Klageschrift zunächst hinsichtlich des Schadensersatzes Feststellungsklage erhoben und diese später beziffert (dazu noch unten). Ferner macht sie Unterlassungsansprüche gegen die Beklagten zu 1) und 2) wegen der nach ihrer Behauptung im Zusammenhang mit der Abwerbung getätigten Aussagen geltend.
54Die Klägerin hat behauptet, die Kündigungen seien auf von langer Hand geplante Abwerbemaßnahmen der Beklagten zurückzuführen. Der Beklagtezu 1) habe aufgrund eines gemeinsam gefassten Plans mit dem Beklagten zu 2) gehandelt.
55Die Klägerin hat behauptet, um der Gefahr vorzubeugen, dass unter den Mitarbeitern eine Verunsicherung insbesondere wegen des sogenannten „F -Haustarifvertrags“ entstehe, hätten alle Mitarbeiter der Klägerin durch die jeweiligen Standortleiter, also in K auch durch den Beklagten zu 1) (wobei unstreitig ist, dass dieser zum Zeitpunkt der Betriebsversammlung, in der die Mitarbeiter informiert wurden, arbeitsunfähig krank war und an dieser nicht teilnahm), umfassend darüber informiert werden sollen, dass diese durch die Verschmelzung keinerlei Nachteile erleiden würden. Ziel sei es vielmehr gewesen, die Klägerin als eigene hochwertige „Marke“ innerhalb der A -Group zu positionieren. Damit habe den Mitarbeitern und Kunden signalisiert werden sollen, dass die Umstrukturierung keinerlei Veränderungen nach sich ziehen würde. Insbesondere, habe in einer unternehmensinternen Präsentation der Bestandsschutz für alle Mitarbeiter klar zum Ausdruck gebracht werden sollen. Ferner habe kommuniziert werden sollen, dass kein Mitarbeiter gezwungen sei, den Tarifvertrag zu unterzeichnen und an Änderungskündigungen nicht gedacht sei. Es sei – so die Klägerin weiter – keineswegs beabsichtigt gewesen, die Gültigkeit des Tarifvertrages für alle Mitarbeiter zu erzielen bzw. bei Anwendung des Tarifvertrages Nachteile entstehen zu lassen.
56Dem Beklagten zu 1) sei mehrfach mitgeteilt worden, dass sich kein Mitarbeiter der Klägerin durch den Wechsel in den Haustarifvertrag verschlechtern solle. Die Klägerin verweist insoweit auf die „Möglichkeit einer individuellen Qualifikationszulage“, die auch im Tarifvertrag vorgesehen sei, um dadurch eine Anpassung des Tarifgehaltes vornehmen zu können. Diese Absicht sei dem Beklagten zu 1) auch bekannt gewesen.
57Tatsächlich – so die Klägerin – hätten sich Mitarbeiter später auch besser gestanden (Beispiel Bl. 124 – 126 d. A.). Die Personalkosten seien später um 420.000,00 € pro Jahr gestiegen. Zum Zeitpunkt Januar 2012 wird vorgetragen, dass 81 % der Mitarbeiter der Klägerin zwischenzeitlich „in den Haustarifvertrag gewechselt“ seien.
58Es habe die ausdrückliche Anweisung bestanden, dass jedenfalls Bestandsschutz gewährt werde, insbesondere eine Standortsicherung. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, Mitarbeiter in irgendeiner Form zu drängen, den Haustarifvertrag der F -Gruppe anzuerkennen. Schon gar nicht hätten Mitarbeiter im Wege der Änderungskündigung in den Haustarifvertrag gedrängt werden sollen. Das habe der Beklagte zu 1) in der geplanten Informationsveranstaltung den Mitarbeitern auch mitteilen sollen. Es sei allen leitenden Mitarbeitern auch schon frühzeitig mitgeteilt worden, dass auch hinsichtlich der Versetzungsmöglichkeiten eine Schlechterstellung der in den Tarifvertrag wechselnden Mitarbeiter habe vermieden werden sollen. Die leitenden Mitarbeiter seien angewiesen worden, auf Wunsch des Mitarbeiters einen festen Einsatzort vertraglich festzulegen. Das sei auch dem Beklagtenzu 1) bekannt gewesen.
59Der Beklagte zu 1) habe in den zum Zwecke der Abwerbung geführten Gesprächen aber unter Vorlage und unter konkreter Bezugnahme auf die Regelungen im Tarifvertrag der F -Gruppe auf angebliche Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und darauf beruhender Mitarbeiterfluktuation Qualitätseinbußen und Kundenverluste bei der Klägerin hingewiesen. Die abgeworbenen Mitarbeiter hätten aufgrund der Position des Beklagten angenommen, dass dieser über Insiderwissen betreffend der Zukunftspläne verfüge. Gegenüber Herrn B habe der Beklagte zu 1) in dem Gespräch in dem Wohnwagen behauptet, dass sich die Mitarbeiter der Klägerin aufgrund der Einführung des Haustarifvertrages der F -Gruppe verschlechtern würden. Als Grund hierfür sei behauptet worden, dass der neue Vertrag, der unter dem Einfluss der Übernahme durch die F -Gruppe geschlossen würde, deutlich niedrigere Grundgehälter vorsehe und somit erheblich schlechtere Verdienstmöglichkeiten bestünden. Konkret habe dabei der Beklagte zu 1) auf das Grundgehalt in dem Tarifvertrag hingewiesen und die anwesenden Mitarbeiter gefragt, ob sie bereit seien, für dieses Gehalt zu arbeiten. Auch habe der Beklagte zu 1) in diesem Zusammenhang geäußert, dass der neue Tarifvertrag vorsehe, dass die Mitarbeiter der Klägerin künftig ohne weiteres bundesweit auf eigene Kosten versetzt werden könnten und keine Standortgarantien gegeben würden. Die ihm nach Behauptung der Klägerin bekannte Absicht, die Versetzungsklausel abzubedingen und eine Standortgarantie zu gewähren, habe der Beklagte zu 1) verschwiegen. Der Beklagte zu 1) habe weiter ausgeführt, die genannten negativen Einschnitte bei den Vertragsbedingungen würden zu einer hohen Fluktuation der Mitarbeiter der Klägerin führen. Wegen dieser zu erwartenden Fluktuation könne die Klägerin in Zukunft keine qualifizierten Mitarbeiter mehr finden. Weiter habe der Beklagte zu 1) behauptet, dass die Klägerin in Zukunft wichtige Kunden, z. B. die D AG, verlieren werde.
60Der Beklagte zu 1) habe die angesprochenen Mitarbeiter massiv unter Zeitdruck gesetzt, da alle Kündigungen auf den 16.04.2011 datiert gewesen seien. Er habe nicht erwähnt, dass auch ordentliche Kündigungen möglich seien. Herrn S sei gesagt worden, die Kündigungen würden von einem Anwalt der E beglaubigt und am 16.04.2011 der M P übergeben. Er müsse sich bis zum 13.04. entscheiden, ob er dabei sei. Dabei sei lediglich bis zum 14.04. ein Aufschub gewährt worden.
61In ähnlicher Weise trägt die Klägerin zu den Gesprächen mit Herrn S , U , Pe , R und P vor. Insoweit wird auf Blatt 19 – 24 der Akten Bezug genommen.
62Die Klägerin behauptet, auch gegenüber allen anderen im Klageantrag namentlich bezeichneten Personen habe der Beklagte zu 1) ebenfalls ähnliche Behauptungen unter ähnlichen Umständen getätigt.
63Die Klägerin, die zunächst hinsichtlich des Schadensersatzanspruches in der am 22.09.2011 beim Landgericht eingegangenen Klageschrift einen Feststellungsantrag gestellt hatte (Bl. 3 – 6 d. A.), hat mit Schriftsatz vom 27.02.2013 (beim Arbeitsgericht Köln am 01.03.2013 eingegangen – Bl. 364 ff. d. A.) den Klageantrag gestellt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 2.514.248,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Wegen der Berechnung dieser Schadenshöhe wird auf den Schriftsatz vom 27.02.2013, dort insbesondere Blatt 370 ff. der Akten nebst Anlage K 14(Bl. 387 d. A.), Bezug genommen.
64Nachdem die Beklagten zahlreiche Einwendungen gegen diese Schadensberechnung erhoben hatten, wegen derer auf den Schriftsatz vom 22.04.2013 (Bl. 413 ff. d. A., insbesondere Bl. 417 – 423 d. A.) Bezug genommen wird, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.05.2013 (Bl. 474 ff. d. A., insbesondere Bl. 485 ff. d. A. mit Anlage K 19 = Bl. 541 d. A.) den Schaden neu berechnet. Auch auf diese Berechnung wird Bezug genommen. Die Klägerin gelangt so zu einem Schaden an entgangenem Gewinn von 3.409.307,84 € (Bl. 504 d. A.). Sie führt in demselben Schriftsatz dazu aus (Bl. 485 d. A.): „Soweit nachfolgend aufgrund neuerer Erkenntnisse die Schadensberechnung für den Prognosezeitraum vom 20 Monaten (die Tage im April 2011 nach der Kündigung sowie Mai bis Dezember 2011 und das Jahr 2012) präzisiert und sich daraus die Summe gegenüber der zunächst bezifferten Summe aus dem Schriftsatz vom 27.02.2013 erhöht, soll zum jetzigen Zeitpunkt der Klageantrag gleichwohl nicht erhöht werden.“
65Die Mithaftung des Beklagten zu 2) sieht die Klägerin insbesondere deshalb begründet, weil der Beklagte zu 1) als Beauftragter im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG gehandelt habe.
66Zu dem von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruch trägt die Klägerin vor, da es sich bei der Abwerbeaktion um eine wohl kaum wiederkehrende Sondersituation für die Mitarbeiter gehandelt habe, mache sie keinen Unterlassungsanspruch bezüglich der Abwerbung geltend. Indes träfen die Äußerungen des Beklagten zu 1), dass sich die Mitarbeiter durch den F Haustarifvertrag verschlechtern würden, nicht zu, da sie, die Klägerin, nicht beabsichtigt habe, die Mitarbeiter durch den Haustarifvertrag finanziell und hinsichtlich der Versetzungsmöglichkeiten zu verschlechtern. Das sei dem Beklagten zu 1) auch positiv bekannt gewesen. Auch sei die Behauptung des Beklagten zu 1) falsch, dass bei der Klägerin eine hohe Fluktuation der Mitarbeiter zu erwarten sei. Sie habe im Gegenteil eine sehr geringe Fluktuation und alle Maßnahmen getroffen, dass dies so bleibe. Schließlich sei auch die Behauptung des Beklagten zu 1), die Klägerin könne auf Dauer die Qualität ihrer Mitarbeiter nicht gewährleisten, fehlerhaft. Die Äußerungen des Beklagten zu 1) seien auch dem Beklagten zu 2) zuzurechnen, da die Abwerbung von langer Hand geplant gewesen sei. Es bestehe auch Wiederholungsgefahr und die Beklagten hätten – was unstreitig ist – eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben.
67Schließlich sei auch sie, die Klägerin, aktiv legitimiert. Die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer, die im Antrag zu 1) aus der Klageschrift vom 21.09.2011 genannt seien, seien gemäß § 613 a BGB auf sie übergegangen. Diese Mitarbeiter hätten zum Bereich „A “ gehört. Die Betriebe des Bereichs „A “ seien aufgrund des notariell beurkundeten Aufspaltungs- und Übernahmevertrages durch Aufnahme in die o GmbH & Co. KG mit Wirkung zum 1. April 2011 übertragen worden. Als Beweis bezieht sich die Klägerin auf den notariellen Vertrag (Anlage K 16 = 520 d. A.). Dessen Anlage 3h enthalte eine Liste der Mitarbeiter, welche zum Aufspaltungsstichtag, dem 31. August 2010 dem Teilbetrieb „A “ zuzuordnen gewesen seien und mit dem Vollzug der Aufspaltung auf die Klägerin übergegangen seien. In der Anlage 3h zum Aufspaltungs- und Übernahmevertrag (Anlage K 17 in den Gerichtsakten = Bl. 536 ff. d. A.) seien 44 Mitarbeiter entsprechend markiert, die zum Aufspaltungsstichtag bereits bei der M. P M P - und K GmbH beschäftigt gewesen seien und durch Betriebsübergang zum 1. April 2011 auf die Klägerin übergegangen seien. Diese Mitarbeiter seien auch im Antrag zu 1) der Klageschrift aufgezählt. Dabei sei nochmals zwischen den Mitarbeitern unterschieden, welche bei der D AG tätig gewesen seien (mit „D“ gekennzeichnet) und den Mitarbeitern, welche an einen anderen Einsatzort tätig gewesen seien (mit „A“ gekennzeichnet).
6813 der Mitarbeiter, deren Abwerbung ebenfalls Grundlage der klägerischen Schadensersatzforderung sei, seien erst nach dem Aufspaltungsstichtag aber vor dem Betriebsübergang eingetreten. Bezüglich der Namen und des Eintrittsdatums dieser Mitarbeiter wird auf die Darstellung der Klägerin auf Seite 10 und 11 des Schriftsatzes vom 29. April 2013 Bezug genommen (Bl. 483/484 d. A.).
69Die Klägerin hat beantragt,
701. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 2.514.248,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;
712. die Beklagten haben es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, gegenüber Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Klägerin zum Zwecke der Abwerbung zu behaupten,
72die Mitarbeiter der Klägerin würden sich aufgrund der Einführung des Haustarifvertrages der F -Gruppe durch darin vorgesehene ungünstigere Gehaltskonditionen und/oder die Erleichterung der bundesweiten Versetzung verschlechtern
73und/oder
74a) bei der Klägerin sei künftig mit einer hohen Fluktuation der Mitarbeiter zu rechnen
75und/oder
76b) die Klägerin werde auf Dauer keine qualifizierten Mitarbeiter mehr finden können.
77Die Beklagten haben beantragt,
78die Klage abzuweisen.
79Die Beklagten haben zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten:
80Im Hinblick auf die Aufspaltung, Teilübertragung, Umbenennung und Löschung der alten M P GmbH werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Arbeitsverhältnisse der in dem Klageantrag zu 1.) genannten Mitarbeiter auf die Klägerin übergegangen seien. Es sei ihnen, den Beklagten, nicht bekannt, welche Vermögenswerte die Klägerin übernommen habe und wessen Anstellungsverträge dabei gemäß § 613 a BGB auf diese übergangen seien oder nicht. Genauso gut könnten die fraglichen Mitarbeiter im Rahmen der Aufspaltung der alten M P GmbH auf andere übernehmende Gesellschaften übergegangen sein. Wenn sie, die Beklagten, von einem Betriebsübergang auf die Klägerin gesprochen hätten, dann sei dies allein darauf zurückzuführen, dass sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der früheren M P GmbH außergerichtlich und gerichtlich geriere. Deshalb hätten sich auch die Kündigungen der Mitarbeiter und ihre, der Beklagten, Kündigungen gegen diese gerichtet (Bl. 79, 336, 337 d. A.). Auch wenn das Betriebsvermögen von der Klägerin teilweise übernommen worden sei, sei offen, welche Mitarbeiter dazugehörten (Bl. 414 d. A.).
81Auch durch Vorlage des notariellen Vertrages (Anlage K 16) sei die Aktivlegitimation nicht dargelegt. Dem Vertrag sei zunächst zu entnehmen, dass die Klägerin auch unter ihrer vorherigen Firma o GmbH an dem Vertrag nicht beteiligt gewesen sei. Die Klägerin habe es zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Vertrages noch nicht gegeben. Folglich sei unter II. § 1 Abs. 1 des notariellen Vertrages auch aufgeführt, dass die Vermögensgegenstände des Bereichs „A “ auf die zukünftige „ GmbH“ übergehen sollten. Mithin habe hier offenbar eine Vorbereitungshandlung und Absichtserklärung der am Vertrag beteiligten Gesellschaften vorgelegen, die jedoch noch nicht habe vollzogen werden können, da eine entsprechende Annahmeerklärung mangels Existenz der o GmbH noch nicht habe erfolgen können. Diese Annahmeerklärung sei offenbar auch später nicht rechtswirksam vorgenommen worden. Eine Annahmeerklärung der o GmbH und ein entsprechender Gesellschafterbeschluss seien nicht bekannt. Die Umwandlung der Vertragspartei o GmbH und Co. KG in o GmbH sei laut I. 3. des Vertrages auch erst am selben Tage, dem 15. Februar 2011, wie der in Anlage K 16 enthaltene Vertrag von den Gesellschaftern beschlossen worden. Somit hätten diese am Tag des Abschlusses des Vertrages noch nicht rechtwirksam im Handelsregister eingetragen werden können, was gemäß § 202 Umwandlungsgesetz konstitutive Voraussetzung sei. Dementsprechend werde auf Seite 3 des Vertrages letzter Absatz auch ausdrücklich festgehalten, dass die nachfolgend im Vertrag vorgesehene Aufspaltung als „zweite Stufe“ im Zusammenhang mit einer Kettenumwandlung nach dem vorgenannten Formwechsel erfolgen solle. Tatsächlich habe auch die alte M P GmbH noch bis zum 31.03.2011 als operativ tätiges Unternehmen weiter existiert. Das neue Konstrukt habe seine Tätigkeit erst am 01.04.2011 aufgenommen. Ferner sei festzuhalten, dass derartige Aufspaltungs- und Übernahmeverträge nach§ 125 Umwandlungsgesetz schwebend unwirksam seien, bis die notwendigen Zustimmungsbeschlüsse der Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften vorlägen. Ein entsprechender Beschluss der alten M P GmbH sei nicht bekannt (Bl. 571/572 d. A.).
82Desweiteren lege die Klägerin die für die Frage der Aufspaltung relevanten Anlagen 1 a) und 1 b) zu dem in Anlage K 16 enthaltenen Vertrag offenbar bewusst nicht vor. Insgesamt sei der Vertrag unvollständig und teilweise an entscheidenden Stellen unkenntlich gemacht. Es müsse mit Nichtwissen bestritten werden, dass diese Anlagen in der erforderlichen Form notarieller Beurkundung überhaupt rechtwirksamer Vertragsbestandteil geworden seien.
83Ohne Angabe zu dem angeblich übergegangenen Teilbetrieb – so die Beklagten weiter – ließen sich die Fragen eines Teilbetriebsübergangs auch nicht überprüfen. Es helfe auch die Anlage 3 h nicht weiter. Sollte diese Liste nicht in Kongruenz zu der eigentlichen Aufspaltung der Betriebsteile stehen, wären diese dort genannten Mitarbeiter auch nicht kraft Aufnahme in eine entsprechende Liste von dem Betriebsübergang erfasst gewesen. Vielmehr wären sie unabhängig von dem Betriebsübergang bei ihrem alten Rechtsträger verblieben. Schließlich hätten diese Listen auch mit beurkundet werden müssen, da sie elementarer Bestandteil der Vermögensgegenstände der jeweiligen Aufspaltungsbereiche gewesen seien.
84Auch im Hinblick auf die weiteren Mitarbeiter, die nach dem Aufspaltungsstichtag bei der alten M P GmbH ihr Arbeitsverhältnis aufgenommen hätten, liege ebenfalls keine Zuordnung zu dem einen oder anderen Betriebsteil vor. Die M P GmbH habe noch bis zum 30. März 2011 auch gegenüber diesen Mitarbeitern als einheitlicher Arbeitgeber weiter existiert. Sie sei bis dahin auch gegenüber den Kunden operativ tätig gewesen.
85Die Beklagten hätten sich auch keiner unlauteren Abwerbemaßnahmen bedient:
86Da der Tarifvertrag geringere Gehälter vorsehe und in § 8 eine Versetzungsklausel enthalte, wäre es kurz- bis mittelfristig möglich gewesen, die Gehälter stark zu reduzieren sowie eine höhere Flexibilität zu erzielen. Die von der Klägerin behaupteten Informationen gegenüber dem Beklagten zu 1) seien völlig unsubstantiiert und würden bestritten. Das Bestreben der Klägerin und deren Gesellschafter sei von Beginn des Beteiligungserwerbs an gewesen, die hohen Lohnkosten und die Inflexibilität des Einsatzortes zu umgehen. Dieses habe mit Hilfe des Tarifvertrages geschehen sollen. Diese Ziele seien auch seit Eintritt der F -Gruppe im Jahre 2006 den Führungskräften mitgeteilt worden und es sei eine entsprechende Umsetzung gefordert worden. Dementsprechend sei von der alten M P auch im Jahre 2010 in der Niederlassung O dem Betriebsrat eine Beschlussvorlage vorgelegt worden, wonach der Haus- und Entgelttarifvertrag eingeführt und akzeptiert werden sollte. Der Betriebsrat habe das wegen erkennbarer starker Nachteile für bestehende und vor allem für neue Arbeitsverhältnisse abgelehnt. Danach sei man dazu übergegangen, durch Aufspaltung und Teilbetriebsübergang durch tarifgebundene Gesellschaften der F -Gruppe (o und p ) und Liquidierung der alten M P Mitarbeiter mittels Betriebsübergangs in tarifgebundene Gesellschaften zu zwingen. Dieser Zweck sei dem Beklagten zu 1) mehrfach mitgeteilt worden und seine Meinung und seine Bedenken dazu eingeholt worden. Welchen Zweck – so die Beklagten – hätte sonst eine Umstrukturierung einer 100 %igen Tochter gehabt, wenn nicht einmal Name oder Rechtsform geändert würden. Es sei heuchlerisch, wenn die Klägerin bei einem so ausgefeilten Konzept zur Benachteiligung der Mitarbeiter jetzt betone, oberstes Ziel sei gewesen, dass den Mitarbeitern keine Einbußen durch die Umstrukturierung entstünden. Die Klägerin habe auch keinerlei verbindliche Zusagen dieser Art an die Mitarbeiter getroffen. Das einzige, was die alten M P -Mitarbeiter gehabt hätten, sei der Schutz der gesetzlichen Stillhaltepflicht gemäß § 613 a BGB.
87Die ungeschminkte Wahrheit stehe im Übrigen in dem Informationsschreiben vom 14.02.2011 zum Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB (Anlage K 3 = Bl. 19 ff. des Anlagebandes). Was im Übrigen Zulagen anbelange, so hätten diese nicht an den jährlichen Gehaltssteigerungen teilgenommen und wären nicht bei Weihnachts- und Urlaubsgeld berücksichtigt worden. Tatsächlich habe die Beklagte auch die Versetzungsklausel in dem Tarifvertrag nicht abbedungen. Es sei auch nicht die Anerkennung eines festen Grundgehalts zu den Altbedingungen und die Gewährung von Vergünstigungen erfolgt. Tatsächlich habe sich nach der Umstrukturierung die Fluktuation um 20 bis 30 % bewegt. Wegen der schlechteren Arbeitsbedingungen wäre – so die Beklagten weiter – auch die Qualifizierung der Mitarbeiter in der F -Gruppe geringer geworden und die Fluktuation höher. Für entsprechend qualifizierte Mitarbeiter sei es lukrativer, sich direkt beim Auftraggeber der Automobilbranche anstellen zu lassen bzw. bei einem „guten“ Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen. Dementsprechend seien auch die von der Ferchau-Gruppe selbst kommunizierten Zahlen höher als die bei der alten M. P gewesen seien. Dazu verweisen die Kläger auf die Anlage BK 2(Bl. 185 des Anlagebandes), wo Herr F F in einem Interview gegenüber VDI und FAZ von einer dreijährigen Durchschnittsbetriebszugehörigkeit spreche. Damit schieden bei 5.000 Mitarbeitern jährlich 1.666 Mitarbeiter aus, was einer Fluktuationsquote von 30 bis 40 % entspreche. Demgegenüber habe bei der früheren M P die Fluktuationsquote unter 10 % gelegen.
88Dazu verweist die Klägerin darauf, dass diese Aussage für den gesamten Konzern gegolten habe und durchschnittliche Betriebszugehörigkeit mit 3,5 und nicht mit 3 Jahren benannt worden sei.
89Was die von der Klägerin behaupteten Äußerungen gegen Herrn B und anderen Mitarbeiter anbelangt, so sei nicht mitgeteilt worden, dass die Mitarbeiter sich unmittelbar aufgrund einer Umstrukturierung verschlechterten. Es sei ganz wesentlich auf den Inhalt des Informationsschreibens der Klägerin zu § 613 a BGB verwiesen worden und dazu, dass nach dem Tarifvertrag schlechtere Bedingungen als bei der alten M P gelten würden. Es sei auch selbstverständlich darauf hingewiesen worden, dass diese Folge für bisherige Mitarbeiter nicht sofort eintrete und dass für diese Bestandsschutz bestehe. Es sei aber darauf hingewiesen worden, dass laut dem Mitarbeiterrundschreiben bei nicht tarifgebundenen Mitarbeitern im Rahmen von Gesprächen der Haustarifvertrag durch individuelle Vereinbarungen zur Geltung habe gebracht werden sollen. Es sei auch auf die Regelung in § 8 des Haustarifvertrages hingewiesen worden. Es sei nicht auf eine jederzeitige Versetzungsmöglichkeit hingewiesen worden, aber darauf, dass bei der neuen Firma der Beklagten solche Regelungen auch nicht schleichend Einzug halten würden. Tatsächlich sei es unzutreffend, dass die Klägerin die Absicht gehabt habe, die Versetzungsklausel abzubedingen und eine Standortgarantie zu geben. Bei einer solchen Verschlechterung der Bedingungen sei es auch für die Klägerin schwerer geworden, langfristig qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, was letztlich zu höherer Fluktuation beitrage. Der Beklagte zu 1) habe auch seine Auffassung begründet, dass wegen der schlechteren Konditionen das Qualitätsniveau leiden werde und die Reaktion der Kunden abzuwarten bleibe. Er habe nicht mitgeteilt, dass die Klägerin die D AG verlieren werde. Die D AG schreibe aber jährlich neu aus.
90Soweit die Klägerin behaupte, entsprechende wie die von ihr gegenüber den Mitarbeiter B und den anderen namentlich genannten Mitarbeitern behaupteten Äußerungen seien auch gegenüber allen anderen Arbeitnehmern gefallen, die gekündigt hätten, so sei dieses falsch und unzulässiger Vortrag ins Blaue hinein. Der Vortag sei gänzlich unsubstantiiert, keiner Einlassung fähig und ziele auf einen Ausforschungsbeweis. Es seien überhaupt nicht alle angesprochen worden. Als der Beklagte zu 1) ausgeschieden sei, habe es darüber Gespräche im Mitarbeiterkreis gegeben und es habe sich eine Dynamik entwickelt, nach der sich immer mehr Mitarbeiter gemeldet hätten. Davon nennen die Beklagten drei (Bl. 82 d. A.). Auch sei Herr K (Ziffer 13 der Klageschrift) unmittelbar zur D AG gewechselt. Schließlich hätten auch Mitarbeiter in anderen Niederlassungen gekündigt, auch Niederlassungsleiter (insoweit wird auf Bl. 77 ff. d. A. Bezug genommen).
91Soweit mit Mitarbeitern gesprochen worden sei und ihnen Kündigungsschreiben vorgelegt worden seien, handele es sich lediglich um eine Schreibhilfe. Die Mitarbeiter seien bereits durch das Informationsschreiben zu § 613 a BGB von der Klägerin über das Sonderkündigungsrecht informiert gewesen und es sei jedem möglich gewesen, dieses Kündigungsrecht auch ohne Hilfe auszuüben.
92Es sei auch kein zeitlicher Druck ausgeübt worden. Jedes Gespräch habe damit geendet, dass wenigstens eine Überlegungszeit von drei Tagen über das Angebot und die Situation bestanden habe und erst dann unterschrieben worden sei. Dieses habe den Betroffenen gerade auch die Möglichkeit eröffnet, mit dem schriftlichen Vertrag zu den Verantwortlichen der Klägerin zu gehen und das Ergebnis des Gesprächs zu verifizieren. Dass die zeitlichen Möglichkeiten begrenzt gewesen seien, habe nicht an den Beklagten gelegen, sondern an der Klägerin, die die kurze Frist von zwei Wochen ausgelöst habe. Der Beklagte zu 1) habe auch entgegen der Klägerin nie erwähnt, dass man sich bis zum Ablauf der Frist unbedingt entscheiden müsse. Vielmehr sei klar gewesen, dass auch nach Ablauf der Frist zur Sonderkündigung ein Übertritt durch ordentliche Kündigung bei der Klägerin möglich bleibe.
93Zur Kausalität des Handelns tragen die Beklagten vor:
94Es seien nicht alle im Klageantrag zu 1) genannten Personen nach ihrer Kündigung bei der Klägerin bei der E eingestellt worden. Schließlich sei seinerzeit unabhängig von den Gesprächen, die der Beklagte zu 1) geführt habe, bei den Mitarbeitern eine große Verunsicherung festzustellen gewesen. Dazu beziehen sich die Beklagten auf Schreiben von insgesamt neun Mitarbeitern, mit denen diese ihre Beweggründe für den seinerzeitigen Arbeitgeberwechsel schildern (Anlagenkonvolut BK 6 = Bl. 213 ff. des Anlagenbandes). Dementsprechend habe es schon vor den Gesprächen mit den Mitarbeitern ein großes Interesse an der Neugründung durch die Beklagten zu 1) und 2) gegeben. Auch die D AG sei davon ausgegangen, dass die Verträge mit der alten M P nicht weitergeführt werden könnten. Deshalb habe im Raum gestanden, dass Mitarbeiter der Klägerin nicht mehr auf das Werksgelände gelassen würden. Am 18. und 19. April seien tatsächlich drei Mitarbeiter verwiesen worden. Die Klägerin habe erst Ende April 2011 eine neue Vereinbarung mit der D AG geschafft – was die Klägerin als solches nicht bestritten hat.
95Dass die Mitarbeiter nicht wegen Falschbehauptungen des Beklagtenzu 1) gekündigt hätten, ergebe sich auch daraus, dass keiner der gewechselten Mitarbeiter trotz ausführlicher Abwerbeversuche der Klägerin im Nachhinein zu dieser zurück habe wechseln wollen, dies obwohl die Klägerin mit Schreiben vom 06.05.2011 (Anlage BK 8 = Bl. 224/225 d. A.) den Mitarbeitern – unstreitig - geschrieben habe, dass die M P weiterhin First Supplier bei der D AG sei, dass die Aufträge im technischen Büro der Niederlassung K unverändert weitergeführt würden, dass Versetzungen nicht durchgeführt würden und die M P an dem bewährten und erfolgreichen Geschäftsmodell festhalte sowie dass sie gegen die gesetzlichen Vertreter der E wegen Geschäftsschädigung alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen werde und dass die Mitarbeiter prüfen sollten, inwieweit die Firma, die sie derzeit beschäftige, eine gültige Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung habe. Darüber hinaus habe die Klägerin – ebenso unstreitig - mit Schreiben vom 12.04.2012 (Bl. 260 d. A.) einen weiteren Abwerbeversuch unternommen. Trotz dieser Versuche sei keiner der Mitarbeiter – mit Ausnahmen B und P – zu der Klägerin zurückgewechselt – was die Klägerin als solches ebenfalls nicht bestritten hat.
96Schließlich habe die Entwicklung bei der D AG dazu geführt, dass die Einsatzmöglichkeiten bis Juli 2012 auf null reduziert worden seien. Auch andere Leiharbeitsfirmen seien nicht mehr von der D AG bedient worden. Der E seien dadurch hohe Aufwendungen für die Weiterbezahlung der Mitarbeiter entstanden, ohne sie gewinnbringend einsetzen zu können. Der Klägerin – so die Beklagten – wäre es nicht anders gegangen zumal seinerzeit kein Fachkräftemangel auf dem Markt bestanden habe.
97Schließlich haben die Beklagten auch die Neuberechnung des Schadens durch die Klägerin mit einzelnen Einwendungen bestritten. Insoweit wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 31. Oktober 2013 (Bl. 570 ff. d. A. insbesondere Bl. 573 ff. d. A.) Bezug genommen.
98Die Unterlassungsklage halten die Beklagten bereits für unzulässig, da die Klägerin eine unzulässige Alternativklage erhoben habe.
99Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr für die von der Klägerin in ihrem Antrag zu 2.) aufgegriffenen Handlungen. Die damaligen Umstände der Umstrukturierung, die dadurch bedingte Unzufriedenheit der Mitarbeiter, ihre Wechselwilligkeit und die Einräumung eines Sonderkündigungsrechts könnten nicht mehr in dieser Art eintreten. Eine Wiederholung der Situation, bei der die von der Klägerin behaupteten und beanstandeten Äußerungen des Beklagten zu 1) nochmals aufgestellt werden könnten, könne nicht mehr eintreten. Schließlich sind die Beklagten der Auffassung, dass schon ein in einem vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Köln (48 O 125/11) abgeschlossener Vergleich die Klägerin daran hindere, die Unterlassungsanträge nochmals zu verfolgen. Insoweit wird auf die Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom 7. Dezember 2012 (hier Bl. 340 d. A.) Bezug genommen.
100Schließich haben die Beklagten die Unzulässigkeit der Teilklage gerügt und im Zusammenhang damit im Hinblick auf die erfolgte Klageänderung und etwaige weitere Änderungen die Einrede der Verjährung erhoben (Bl. 578 d. A.).
101Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14.11.2013 (Bl. 607 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Wegen seiner Entscheidungsgründet wird auf Bl. 617 ff.d. A.) Bezug genommen.
102Gegen dieses ihr am 09.12.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.12.2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 10.03.2014 am 10.03.2014 begründet.
103Wegen des genauen Inhalts der Berufungsbegründungsschrift wird auf diese (Bl. 672 ff. d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin setzt sich dabei zunächst mit den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen auseinander und wiederholt in diesem Zusammenhang ohne wesentlichen neuen Sachvortrag in Teilen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Klägerin erläutert sodann im Einzelnen, dass sie ihren Schadensersatzanspruch auf Vorschriften des UWG und auf §§ 823 Abs. 1, 826 BGB stützt. Sie meint, als Anspruchsgrundlage komme weiterhin eine nachvertragliche Treuepflicht in Betracht (Bl. 690 d. A.). Im Hinblick auf den Beklagten zu 2) ergäben sich sogar unmittelbare arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen. Er habe seine Treuepflicht verletzt, weil er mit dem Beklagten zu 1) zusammen aufgrund eines gemeinsamen gefassten Plans während seines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin über diese die Unwahrheit habe sagen lassen und sie diskreditiert habe, um seine Arbeitskollegen zu einer Kündigung zu veranlassen. Schließlich nimmt die Klägerin zu der Entscheidung des Arbeitsgerichts zu den Unterlassungsansprüchen Stellung (Bl. 690/691 d. A.). Auch – so die Klägerin im Schriftsatz vom 23.09.2014 (Bl. 785 d. A.) – sei der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer einer GmbH wettbewerbsrechtlich für Handlungen der Gesellschaft wegen Verletzung einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrssicherungspflicht verantwortlich. Er habe als ehemaliger leitender Mitarbeiter der Klägerin mit entsprechendem Sonderwissen nachvertraglich die Pflicht gehabt, die Interessen der Klägerin zumindest insoweit zu wahren, als zum Zwecke des Abwerbens von Mitarbeitern keine Unwahrheiten über die Klägerin hätten verbreitet werden dürfen.
104Die Klägerin beantragt,
105unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 14. November 2013, Aktenzeichen 12 Ca 5629/12,
1061. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 2.514.248,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
1072. die Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, gegenüber Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Klägerin zum Zwecke der Abwerbung zu behaupten,
108a) die Mitarbeiter der Klägerin würden sich aufgrund der Einführung des Haustarifvertrages der F -Gruppe durch darin vorgesehene ungünstigere Gehaltskonditionen und/oder die Erleichterung der bundesweiten Versetzung verschlechtern,
109und/oder
110b) bei der Klägerin sei künftig mit einer hohen Fluktuation der Mitarbeiter zu rechnen,
111und/oder
112c) die Klägerin werde auf Dauer keine qualifizierten Mitarbeiter mehr finden können.
113Die Beklagten beantragen,
114die Berufung zurückzuweisen.
115Die Beklagten waren zweitinstanzlich im Gegensatz zur ersten Instanz durch zwei verschiedene Prozessbevollmächtigte vertreten. Beide Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Insoweit wird auf die Berufungserwiderungen (für den Beklagten zu 1) Bl. 716 ff. d. A., für den Beklagten zu 2) Bl. 734 ff. d. A.) Bezug genommen.
116Der Beklagte zu 1) verweist darauf, dass es sich bei den Mitarbeitern um überdurchschnittlich gebildete Facharbeiter und teilweise Ingenieure gehandelt habe, denen die damalige Situation klar vor Augen gestanden hätte und die sich im Wettbewerb frei für den besseren Arbeitgeber hätten entscheiden können. Der Beklagte zu 1) bemängelt, dass das Arbeitsgericht sich mit der Frage der Aktivlegitimation nicht ernsthaft befasst habe. Die Klägerin – so der Beklagte zu 1) – habe darlegen müssen, dass sie Arbeitgeberin gerade aller und jedes einzelnen der in der Klageschrift aufgeführten 65 Mitarbeiter im Zuge der Umstrukturierung geworden sei. Dieses sei trotz der schon erstinstanzlich erhobenen Rügen nicht geschehen.
117Auch bleibe die schon in erster Instanz erhobene Rüge der unzulässigen Teilklage aufrechterhalten (Bl. 726 und 737 d. A.).
118Was die Unterlassungsansprüche anbelange, so sei festzuhalten, dass die im April 2011 vor mehr als drei Jahren vorgenommene Umstrukturierung bei der Klägerin längst abgeschlossen und umgesetzt sei. Die aufgrund dieses überholten Sachverhalts von der Klägerin im Antrag zu 2) geltend gemachten Unterlassungsansprüche seien bereits deswegen zurückzuweisen, da ihnen jede Wiederholungsgefahr fehle. Darauf habe das Arbeitsgericht bereits im Gütetermin hingewiesen.
119Der Beklagte zu 2) hebt hervor, dass die von der Klägerin mehrfach in den Raum gestellte Behauptung, sie habe beabsichtigt, mit den entsprechenden Mitarbeitern wiederum Änderungen zu vereinbaren, die die Verschlechterungen rückgängig gemacht hätten, die sich aus der Anwendbarkeit des Haustarifvertrages ergäben, stets völlig unsubstantiiert geblieben sei und bestritten bleibe. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung erneut vortrage, der Beklagte zu 1) habe Mitarbeiter bei der betrieblichen Informationsveranstaltung falsch informiert, so sei darauf hinzuweisen, dass unstreitig sei, dass der Beklagte zu 1) die entsprechende Informationsveranstaltung gar nicht durchgeführt habe, weil er krank gewesen sei. Unstreitig habe der Personalleiter L sie durchgeführt. Soweit die Klägerin dem Beklagten zu 1) auch vorwerfe, er habe in den Abwerbungsgesprächen bereits fertige Arbeitsverträge vorgelegt, so sei durch die Aushändigung eines konkreten Arbeitsvertrages doch gerade die Möglichkeit zur ruhigen Prüfung eröffnet und damit Druck vermieden worden.
120Schließlich habe – was die Schadensersatzforderung der Klägerin anbelange – die E im Jahr 2011 einen Verlust von 17.000,00 € erwirtschaftet, im Jahr 2012 einen solchen von 477.000,00 € und per 31.12.2012 bereits eine halbe Millionen Euro Verluste akkumuliert gehabt. Diese Ergebnisse seien im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht.
121Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
122E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
123Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
124A. Zum Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten zu 1):
125I. Die Klage ist unzulässig. Sie ist eine unbestimmte Teilleistungsklage.
1261. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Teilleistungsklage nur zulässig, wenn sie so abgefasst und begründet ist, dass sie den Anforderungen an die ausreichende Bestimmtheit des Klagegrundes nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.
127Bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, ist es unabdingbar, genau anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen. Andernfalls ergeben sich unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit zusammenhängend auch bei der Bestimmung der materiellen Rechtskraft und der Verjährungsunterbrechung (vgl. insbesondere BGH 22.05.1984 – VI ZR 228/82, Rdn. 15 m. w. N.; BGH 27.11.1996 – VIII ZR 311/95).
1282. Zwar muss ein Gericht auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage in diesen Fällen gemäß § 139 ZPO grundsätzlich auch eine anwaltlich vertretene Partei hinweisen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Anwalt die Rechtslage falsch beurteilt oder ersichtlich darauf vertraut, sein schriftsätzliches Vorbringen sei ausreichend. Insbesondere besteht die Hinweispflicht, wenn das Gericht erster Instanz der Klage stattgegeben hat (vgl. BGH 27.11.1996 - VIII ZR 311/95).
129Dieser letztere Fall liegt nicht vor. Im vorliegenden Fall war ein Hinweis gemäß § 139 ZPO durch das Gericht nicht geboten, weil schon die Beklagten sowohl erstinstanzlich wie zweitinstanzlich ausführlich auf die Unzulässigkeit der unbestimmten Teilklage gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hingewiesen haben (Schriftsatz vom 31. Oktober 2013, Bl. 577/578 d. A. und Schriftsatz vom 13. Mai 2014, Bl. 732 d. A.). Deshalb bestand für das erkennende Gericht keine Veranlassung, die anwaltlich vertretene Klägerin erneut gemäß § 139 ZPO darauf hinzuweisen (vgl. insoweit BAG 14.03.2006 – 9 AZR 4011/05 – Rdn. 29).
1303. Dass eine unzulässige Teilleistungsklage entsprechend der oben genannten Rechtsprechung vorliegt, ergibt sich aus Folgendem:
131a) Die Klägerin hat zunächst mit Schriftsatz vom 27. Februar 2013 (Bl. 364 ff. d. A.) ihren ursprünglich gestellten Feststellungsantrag in einen Leistungsantrag in Höhe von 2.514.248,00 € geändert. Sie verlangt mit diesem Betrag Schadensersatz für entgangenen Gewinn durch die Abwerbung von58 abgeworbenen produktiven Mitarbeitern (Bl. 369 d. A.). Dabei berechnet sie aus einem Referenzzeitraum von 2010 bis zum 1. Quartal 2011 für diese 58 Mitarbeiter einen „Deckungsbeitrag 1“ in Höhe von gesamt 144.644,83 € pro Monat. Diesen Betrag dividiert sie durch die Zahl 58 und erhält einen „Durchschnittsdeckungsbeitrag 1 pro Monat und Mitarbeiter“ in Höhe von 3.154,64 € (Bl. 370 d. A.). Diesen Betrag verlangt sie für 40 bei der D AG eingesetzte Mitarbeiter für das Jahr 2011 für acht Monate und kommt damit auf eine Summe von 1.009.484,80 € (Bl. 371 d. A.).
132Für 34 Mitarbeiter davon verlangt sie diesen Durchschnittsdeckungsbeitrag von 3.154,64 € für weitere drei Monate nämlich bis zum März 2012 und kommt insoweit auf einen weiteren Schaden von 321.773,28 € (Bl. 371 d. A.). Für 17 Mitarbeiter aus dieser Zahl verlangt sie darüber hinaus einen entsprechend berechneten Schaden für die Zeit vom31. März bis zum 30 Juni 2012 in Höhe von 160.886,64 € (Bl. 372 d. A.).
133Schließlich verlangt sie für weitere 18 Mitarbeiter, die bei anderen Entleiherfirmen eingesetzt waren, diesen durchschnittlichen Deckungsbeitrag von 3.154,64 € für insgesamt 18 Monate und kommt so auf einen weiteren Betrag von 1.022.103,30 € (Bl. 372 d. A.). Summiert ergeben die Beträge den Gesamtbetrag von 2.514.248,00 €.
134b) Nachdem die Beklagten eine Reihe von Einwendungen gegen diese Schadensberechnung erhoben hatten, änderte die Klägerin im Schriftsatz vom 29. April 2013 (Bl. 474 ff., insb. 485 ff. d. A.) nicht nur ihre Berechnungsweise dahingehend, dass sie jeden einzelnen abgeworbenen konkreten Mitarbeiter und die durch diesen Mitarbeiter verursachen Kosten benennt und diese Kosten dem jeweiligen durch diesen Mitarbeiter nach ihrer Behauptung erwirtschafteten Umsatz gegenüberstellt umso für jeden einzelnen Monat und jeden einzelnen Mitarbeiter den entgangenen Gewinn zu berechnen (vgl. insbesondere Anlage K 19, Bl. 541 d. A.) – wobei sie teilweise die Einwendungen der Beklagten zur Schadensberechnung berücksichtigt –, und verändert auch den Klagegrund durch Einbeziehung weiterer Zeiträume, nämlich für alle Mitarbeiter die Zeit von April 2011 bis Dezember 2012 (vgl. insbesondere Bl. 486 und Bl. 500 – 504d. A.).
135Festzuhalten ist dabei, dass die Klägerin für jeden einzelnen der dort aufgeführten abgeworbenen Mitarbeiter den so konkret berechneten Schaden ersetzt verlangt, es sich insoweit also um eine der Mitarbeiterzahl und Monatszahl entsprechende Vielzahl selbständiger prozessualer Ansprüche handelt.
136c) Die Klägerin hat aber weder erst- noch zweitinstanzlich ihre Schadensersatzforderung auf die von ihr neu berechnete Gesamtsumme von 3.409.307,84 € (Bl. 504 d. A.) erhöht, sondern den Prozess erst- wie zweitinstanzlich – und dieses trotz der ausdrücklichen auf die Unzulässigkeit der Teilleistungsklage bezogenen Rügen der Beklagten – mit dem ersten bezifferten Klageantrag in Höhe von 2.514.284,00 € fortgesetzt. Dieses geschah auch bewusst und ausdrücklich, wie die Klägerin im Schriftsatz vom 29. April 2013 (insbesondere Bl. 485 d. A.) klargestellt hat („Soweit … sich dadurch die Summe gegenüber der zunächst bezifferten Summe aus dem Schriftsatz vom 27. Februar 2013 erhöht, soll zum jetzigen Zeitpunkt der Klageantrag gleichwohl nicht erhöht werden.“). Die Klägerin hat sich damit auch die spätere Geltendmachung der Differenz noch vorbehalten.
137Die Klägerin hat auch trotz der zweimaligen ausdrücklichen Rügen weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich in bestimmter Weise angegeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen.
138Insgesamt handelt es sich damit um eine unzulässige Teilleistungsklage.
139II. Die Schadensersatzklage ist aber auch, wenn man sie entgegen dem zuvor Gesagten als zulässig ansieht, unbegründet:
1401. Es kann bereits nicht die Aktivlegitimation der Klägerin festgestellt werden, nämlich dass die Arbeitnehmer, die die Beklagten abgeworben haben bzw. abgeworben haben sollen, zuvor Arbeitnehmer der Klägerin waren.
141a) Unstreitig ist dazu zunächst, dass es schon zu früherer Zeit eine der jetzigen Klägerin namensgleiche „M P M P - und K GmbH“ gab. Diese ehemalige Gesellschaft wurde – unterstellt man die Wirksamkeit des notariellen Vertrages – im1. Quartal 2011 in die jetzige Klägerin, die damals als „o GmbH“ firmierte, und die „planting GmbH“ aufgespalten. Dabei ist zwischen den Parteien auch streitig ob der notarielle Vertrag vom 15. Februar 2011 (Anlage K 16, Bl. 520 ff. d. A.) hinsichtlich der Anlage 3 h) ausreichend beurkundet ist (Bl. 572 d. A.). Ausweislich des notariellen Vertrages sollen mit der Aufspaltung die Teilbetriebe „A - und V “ und „A “ mit allen Aktiva und Passiva auf die übernehmenden Gesellschaften übertragen werden. Eine Beschreibung der beiden Teilbetriebe soll laut notariellem Vertrag dieser Urkunde als Anlagen 1 a) und b) beigefügt sein (II. des Vertrages/Bl. 523 d. A.).
142Sodann wurde die Klägerin – die Wirksamkeit der Verträge unterstellt – auf den Namen der ursprünglichen aufgespaltenen Gesellschaft „M P M P - und K GmbH“ wiederum umfirmiert.
143Die Klägerin behauptet, die in Rede stehenden Mitarbeiter gehörten alle zum Bereich A und verweist dazu auf die Anlage 3 h) des notariellen Vertrages (Anlage K 17/Bl. 536 ff. d. A.). In dem notariellen Vertrag heißt es dazu unter II. § 1 Abs. 2 g (Bl. 527 d. A.): „Die in Anlage 3 h) aufgeführten Arbeits-, Dienst- und Ausbildungsverhältnisse, die zu dem in § 3 Abs. 1 genannten Stichtag bestehen und diesem Teilbetrieb zuzuordnen sind, gehen nach § 613 a Abs. 1 BGB auf die übernehmende Gesellschaft über. Es handelt sich dabei um sämtliche Arbeitsverhältnisse, die dem Teilbetrieb „A “ zuzuordnen sind.“
144Die Beklagten haben im Prozess bestritten, dass die Arbeitsverhältnisse der im ursprünglichen Klageantrag zu 1) genannten Mitarbeiter auf die Klägerin übergegangen sind. Sie haben dies mit Nichtwissen bestritten und darauf hingewiesen, dass nicht bekannt sei, welche Vermögenswerte die Klägerin übernommen habe und wessen Anstellungsverträge dabei auf sie übergegangen sein möchten oder nicht (Bl. 79 d. A.).
145Sie haben dieses Bestreiten mehrfach wiederholt (Bl. 170 d. A., Bl. 336 d. A., Bl. 414 d. A., Bl. 571/572 d. A.) und haben dabei insbesondere gerügt, dass die Klägerin die für die Frage der Aufspaltung relevanten Anlagen 1 a) und1 b) zu dem in Anlage K 16 enthaltenen Vertrag „offenbar bewusst“ nicht vorlege. Insgesamt sei der Vertrag unvollständig und teilweise an entscheidenden Stellen unkenntlich gemacht. Deshalb werde auch bestritten, dass diese Anlagen in der erforderlichen Form notarieller Beurkundung überhaupt rechtswirksamer Vertragsbestandteil geworden seien (Bl. 572 d. A.). Ohne die Angaben zu dem angeblich übergegangenen Teilbetrieb ließen sich daher – so die Beklagten – die Fragen eines Teilbetriebsübergangs nicht überprüfen.
146Die Klägerin meint, wegen der Tatsache, dass die genannten Arbeitnehmer ihr, der Klägerin, gegenüber die Kündigungen erklärt hätten, setzten sich die Beklagten in Widerspruch, wenn sie nunmehr in Zweifel zögen, ob diese von ihnen selbst vorbereiteten Kündigungen an den richtigen Adressaten gerichtet worden seien.
147Auf den Hinweis der Beklagten, dass die Anlagen 1 a) und 1 b) nicht vorgelegt worden seien, hat die Klägerin nicht mit deren Vorlage reagiert.
148b) Die Frage, ob die Arbeitnehmer, für die die Klägerin den Beklagten eine unlautere Abwerbung vorwirft, wegen deren sie Schadensersatz begehrt, überhaupt Arbeitnehmer der Klägerin waren, ist nicht deshalb unerheblich, weil die Arbeitnehmer gegenüber der Klägerin gekündigt haben. Die Klägerin hatte diesen Arbeitnehmern im Informationsschreiben vom 14.02.2011 (Anlage K 3/Anlagenband Bl. 19 d. A.) mitgeteilt, dass sie infolge Betriebsübergangs auf sie, die Klägerin, übergegangen seien und hatte sie auf ihr Sonderkündigungsrecht hingewiesen. Weder daraus noch daraus, dass die Arbeitnehmer gegenüber der Klägerin gekündigt haben, ergibt sich, dass diese zuvor, nämlich zum 1. April 2011 tatsächlich gemäß § 613 a BGB auf die Klägerin übergegangen sind. Auch ist es den Beklagten prozessual nicht verwehrt, sich darauf zu berufen, dass dies nicht der Fall sei. Auch wenn sie selbst die Kündigungsschreiben vorbereitet haben, haben sie damit nur aus der durch die Klägerin gegebenen Information die Konsequenzen gezogen. Es ist nicht treuwidrig im prozessualen Sinne, wenn sie sich darauf berufen, dass ein Übergang der Arbeitsverhältnisse im Wege des Betriebsübergangs auf die Klägerin gar nicht stattgefunden habe.
149c) In den Fällen eines Teilbetriebsübergangs kommt es entscheidend darauf an, ob der jeweilige Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil angehörte, damit sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a BGB auf den Erwerber übergeht (BAG 13.02.2003, AP BGB § 613 a Nr. 245). Dabei kommt es auf objektive Kriterien an, weil der Übergang des Arbeitsverhältnisses als gesetzliche Rechtsfolge nach § 613 a BGB der Disposition der Parteien schlechthin entzogen ist und auch nicht durch Vereinbarung zwischen Veräußerer und Erwerber abbedungen oder erweitert werden kann (vgl. z. B. ErfK/Preis § 613 a BGB Rn. 72).
150Erforderlich ist daher – worauf die Beklagten im Prozess auch ausdrücklich abgehoben haben – dass festgestellt werden kann, aus welchen Betriebsmitteln der jeweilige Betriebsteil bestand, um sodann feststellen zu können, ob die Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugehörten.
151Die von der Klägerin allein vorgelegte Anlage 3 h) sagt darüber – wie die Beklagten zu Recht gerügt haben – nichts aus. In ihre werden lediglich Namen der Arbeitnehmer genannt, die nach Auffassung der Vertragsschließenden den Betriebsteilen zugehören sollten. Es kommt aber auf objektive Kriterien an.
152Eine Beschreibung der beiden Teilbetriebe ist laut II. 2. Absatz des notariellen Vertrages (Bl. 523 d. A.) der notariellen Urkunde als Anlage 1 a) und b) beigefügt. Diese Anlagen hat die Klägerin trotz der ausdrücklichen Rüge der Beklagten nicht vorgelegt. Darüber hinaus sind die gesamten wirtschaftlich zum Teilbetrieb „Automotive“ gehörenden Gegenstände des beweglichen Anlage- und Umlaufvermögens laut notarieller Urkunde in der Anlage 3 b) bezeichnet (II. § 1 Abs. 2 b), Bl. 526 d. A.). Aus der Anlage 3 a) sollen offenbar die übertragenen Immobiliarrechte ersichtlich sein (der entsprechende Passus wurde in der von der Klägerin vorgelegten Kopie des notariellen Vertrages im Einzelnen unkenntlich gemacht). Die Anlage 3 a) wurde ebenfalls nicht beigefügt. Alle sonstigen wirtschaftlich zum Teilbetrieb gehörenden Gegenstände und Rechte sollen sich aus der Anlage 3 c) ergeben (vgl. wiederum Bl. 526 d. A.). Auch diese wurde ebenso wenig wie die Anlage 3 d) (Gegenstände des Finanzanlagevermögens) vorgelegt. Ebenso wenig wurde die Anlage 3 f) vorgelegt (vgl. Bl. 527 d. A.), in der die dem Teilbetrieb zuzuordnenden Verträge und Vertragsangebote, insbesondere Dienst-, Miet-, Pacht-, Leasing-, Liefer- und Werkverträge sowie Angebote und sonstige Rechtstellungen, bezeichnet sein sollen. Das Gleiche gilt für die Anlage 3 g), in der Verbindlichkeiten aufgeführt sein sollen.
153Da die Klägerin trotz entsprechender Rüge der Beklagten nichts weiter dazu vorgetragen hat, welche Betriebsmitteln die jeweiligen Betriebsteile ausmachten noch sonst, wie diese genau abgegrenzt waren, lässt sich nicht feststellen, welche Arbeitnehmer dazu gehörten.
154Es ergibt sich also, dass nicht festgestellt werden kann, dass die Arbeitnehmer, wegen deren Abwerbung die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend macht, Arbeitnehmer der Klägerin waren.
1552. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Beklagte zu 1) die Arbeitnehmer in unlauterer Weise im Sinne der §§ 3 und 4 Nr. 1 UWG abgeworben habe.
156Nach § 4 Nr. 1 UWG handelt unlauter insbesondere, wer geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Bei der Subsumtion des Handelns ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen.
157a) Kern des Vorwurfs der Klägerin ist (vgl. Seite 4 der Berufungsbegründungsschrift/Bl. 675 d. A.), der Beklagte zu 1) habe bewusst wahrheitswidrig behauptet, die Mitarbeiter würden sich durch die Einführung des Haustarifvertrages in den Gehaltskonditionen verschlechtern und müssten mit einer vereinfachten bundesweiten Versetzung rechnen, die Klägerin werde voraussichtlich viele Mitarbeiter verlieren, es sei mit einer hohen Fluktuation zu rechnen, sie werde auf Dauer keine qualifizierten Mitarbeiter mehr finden können. Darüber hinaus behauptet die Klägerin, der Beklagte zu 1) habe auch gesagt, die Klägerin werde in Zukunft wichtige Kunden wie die Deutz AG verlieren und dort ihren Status als Preferred Supplier verlieren.
158b) Die Kammer geht zunächst davon aus, dass eine bewusste Irreführung im Zusammenhang mit einer Abwerbung den Tatbestand der Unlauterkeit der Wettbewerbshandlung erfüllen kann, wobei festzuhalten ist, dass das Abwerben von Mitarbeitern eines Konkurrenten als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt ist (BGH 11.01.2007 – I ZR 96/04). So hat der BGH (07.04.2005 – I ZR 140/02) auch ausgeführt, dass grundsätzlich zulässigerweise ein vorbereitetes Kündigungsschreiben dem anderen Marktteilnehmer vorgelegt werden kann, indes gleichwohl § 4 Nr. 1 UWG erfüllt sein kann, wenn etwa der Abwerbende bei der Kündigung der Vertragsbeziehung zu seinem Mitbewerber nicht nur in dieser Weise behilflich ist, sondern ihn irreführt, überrumpelt oder sonst unangemessen unsachlich in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt (a.a.O. Rdn. 19).
159c) Bei der Würdigung, ob die dem Beklagten zu 1) vorgeworfenen Aussagen – auch dann, wenn man sie als so geschehen, wie von der Klägerin vorgetragen, unterstellt – als eine unangemessene, unsachliche, die Entscheidungsfreiheit beeinträchtigende Handlung, insbesondere als eine bewusste Irreführung der umworbenen Arbeitnehmer anzusehen ist, ist zunächst davon auszugehen, dass es sich bei allen genannten Aussagen, die während des Laufs des den Mitarbeitern eingeräumten Sonderkündigungsrechts (Fristablauf: 18. April 2011) gemacht worden sein sollen (nach Vorbringen der Klägerin am 12. April), dass auch nach dem Wortlaut, den die Klägerin vorträgt, es sich um prognostische Aussagen handelte, wobei die Aussagen hinsichtlich künftiger Fluktuation und Bindung von qualifizierten Mitarbeitern sowie eventuellem Kundenverlust nach dem Kontext Folgerungen aus der ersten Aussage waren, Mitarbeiter der Klägerin würden sich aufgrund der Einführung des Haustarifvertrages der F -Gruppe durch die darin vorgesehenen ungünstigeren Gehaltskonditionen und/oder die Erleichterung der bundesweiten Versetzung verschlechtern.
160d) Diese letztere Prognose gründet indes auf einem realen Hintergrund: Unstreitig ist zunächst, dass die in dem aufgrund Neustrukturierung unstreitig zur Anwendung kommenden Tarifwerk (BK 1 = Bl. 145 ff. des Anlagebandes), insbesondere im Entgelttarifvertrag, vorgesehenen Monatsentgelte in nicht unwesentlicher Weise unterhalb der vor dem (unterstellten) Betriebsübergang existierenden vertraglich vereinbarten Entgelte lagen.
161aa) Zu den vorliegenden schriftlichen Dokumenten:
162Der Entgelttarifvertrag sieht in § 17 eine Besitzstandszulage vor:
163„Übersteigt die Vergütung des Arbeitnehmers, welche er vor Inkrafttreten des Tarifvertrages (Stichtag 31.12.2003) aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung oder betriebsüblicher Regelung erhalten hat, die Vergütung, welche der Arbeitnehmer nach Maßgabe dieses Tarifvertrages beanspruchen kann, so erhält er in Höhe der Differenz eine Besitzstandszulage zu dem Tarifgehalt. Von der Besitzstandszulage nicht erfasst werden alle widerrufbaren Zulagen und Prämien. Die Besitzstandszulage bleibt bei zukünftigen Tariflohnerhöhungen unverändert bestehen, nimmt selbst an den Tariflohnerhöhungen jedoch nicht teil. Zukünftige Tariflohnerhöhungen erstrecken sich somit nur auf das Tarifgehalt. Ausgenommen hiervon ist die einmalige Anrechnungsmöglichkeit der Besitzstandszulage im Zuge der Einführung der neuen Entgelttabellen zum 01.01.2012.“
164Selbst wenn man unterstellt, dass die Besitzstandszulage überhaupt für die Arbeitnehmer gelten soll, deren Arbeitsverhältnis zu einem späteren Stichtag dem Tarifvertrag unterfällt, ergibt sich aus dem Tarifvertrag selbst indes, dass die Besitzstandszulage nicht die widerrufbaren Zulagen und Prämien erfassen soll. Hinzu kommt, dass die Besitzstandszulage an künftigen Tariflohnerhöhungen nicht teilnimmt. Schließlich ist geregelt, dass ausdrücklich ausgenommen ist die einmalige Anrechnungsmöglichkeit der Besitzstandszulage im Zuge der Einführung der neuen Entgelttabellen zum 01.01.2012. Auch wenn der Tarifvertrag – wie die Klägerin behauptet – die Möglichkeit einer „Qualifikationszulage“ vorgesehen haben sollte (dem vorgelegten Exemplar ist das nicht zu entnehmen), geht die Klägerin doch selbst davon aus, dass solche Qualifikationszulagen nicht automatisch zur Anwendung kommen sollten, sondern – so deren Vortrag (Bl. 124 d. A.) – die Klägerin „in dem Tarifvertrag extra die Möglichkeit einer individuellen Qualifikationszulage vorgesehen (hatte), um durch diese Zulage eine Anpassung des Tarifgehaltes vornehmen zu können.“
165Die Qualifikationszulage war damit nicht Bestand der neuen Arbeitsbedingungen, sondern nur eine „Möglichkeit“ der Klägerin. Da insoweit kein Anspruch bestand, war sie nicht Bestandteil der neuen Arbeitsbedingungen, die sich aus dem Tarifwerk ergaben.
166Der Beklagte zu 1) durfte daher – zumal als juristischer Laie – davon ausgehen, dass das Tarifwerk die Gehaltsbedingungen verschlechtern werde und der zunächst durch § 613 a BGB und das Günstigkeitsprinzip gegebene Bestandsschutz nicht dauerhaft gesichert sei.
167Diese Auffassung und diese Prognose wurde zudem durch das Informationsschreiben der Klägerin (Anlage K 3 = Anlagenband Bl. 19) sowie das Anschreiben des Personalleiters J L aus Anlass des Anerkennungstarifvertrages an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Bl. 146 des Anlagenbandes) verstärkt:
168In diesem letzteren Anschreiben heißt es u. a.:
169„Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
170der vorliegende, mit der IG Metall abgeschlossene, Haustarifvertrag regelt die für Ihr Arbeitsverhältnis mit der M P GmbH maßgeblichen Arbeitsbedingungen und Entgelte. Er schafft damit die Grundlage für eine gute, verlässliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit, auch in rechtlicher Hinsicht.“
171In diesem Anschreiben ist undifferenziert für alle Arbeitsverhältnisse die Aussage getroffen, dass dieser Haustarifvertrag die für das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer mit der Klägerin maßgeblichen Arbeitsbedingungen und Entgelte „regelt“. Von einem Bestandsschutz oder der Möglichkeit künftiger Zulagen ist in diesem Anschreiben nicht die Rede.
172In dem Informationsschreiben gemäß § 613 a Abs. 5 BGB vom 14.02.2011 heißt es zwar zum Übergang der Arbeitsverhältnisse (vgl. S. 4 des Informationsschreibens/Bl. 22 des Anlagenbandes) entsprechend § 613 a Abs. 1 S. 1, dass sämtliche Rechte und Pflichten aus dem derzeit bestehenden Arbeitsverhältnis einschließlich solcher aus betrieblicher Übung unverändert fortgelten. Sodann heißt es aber nach der Darstellung des Geltungsbereiches des über den Anerkennungstarifvertrag mit der Klägerin zur Anwendung kommenden Tarifvertrages, dass er für Projektmitarbeiter gilt, nämlich Mitarbeiter, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung beim Kunden tätig werden oder Aufträge im Dienst- oder Werkvertragsverhältnis beim Kunden durchführen. Sodann heißt es (S. 8 des Informationsschreibens/Bl. 26 des Anlagenbandes):
173„Sind Sie im Projektmitarbeiterstatus tätig und Mitglied der IG Metall, dann löst dieser Erwerbertarifvertrag der o Ihre bisherige arbeitsvertragliche Regelung mit Wirkung zum Betriebsübergangszeitpunkt, voraussichtlich zum 01.04.2011 ab.“
174Von einer Fortgeltung der bisherigen vertraglichen Arbeitsbedingungen wegen des Günstigkeitsprinzips ist dort keine Rede. Vielmehr wird ausdrücklich formuliert, dass der Tarifvertrag die bisherigen arbeitsvertraglichen Regelungen „ablöst“. Dieses wird noch verstärkt durch die im letzten Absatz auf derselben Seite stehende Aussage, dass für solche Arbeitnehmer, die nicht Mitglied der IG Metall sind oder nicht dem Projektmitarbeiterstatus unterfallen, das zuvor unter Ziffer 5 a Gesagte gelte, nämlich dass sämtliche Rechte und Pflichten aus dem derzeit bestehenden Arbeitsverhältnis unverändert fortgelten. Daraus konnten die Arbeitnehmer und konnte auch der Beklagte zu 1) nur verstehen, dass für IG-Metallmitglieder, die dem Tarifvertrag unterfielen, die bisherigen Arbeitsbedingungen sofort, nämlich ab dem 01.04.2011 abgelöst seien durch die tariflichen Bedingungen.
175Schließlich heißt es für die Mitarbeiter, für die in eben diesem Absatz auf Seite 8 die Aussage getroffen wurde, dass für sie die bisherigen Rechte und Pflichten fortbestünden, eine Seite weiter (S. 9 oben/Bl. 27 des Anlagenbandes):
176„Die neue M P wird jedoch bemüht sein, eine Anwendung der eigenen tarifrechtlichen Regelung einzelvertraglich zu erzielen, und zwar für alle Mitarbeiter, die im Projektmitarbeiterstatus tätig sind (vgl. Ziff. 5. h).“
177In 5 h) ist auf derselben Seite angekündigt, dass beabsichtigt sei, im Jahr 2011 mit allen betroffenen Mitarbeitern Gespräche zu führen und gemeinsam die Geltung der o Tarifverträge zu erzielen.
178Davon, dass die Differenz zu den bisherigen Gehältern durch irgendwelche Zulagen ausgeglichen werden solle, ist in diesem Informationsschreiben auch nicht andeutungsweise die Rede.
179Nach allem durfte jedenfalls ein juristischer Laie wie der Beklagte zu 1) davon ausgehen, dass sich durch den Tarifvertrag in nicht ferner Zukunft die Gehaltsbedingungen der Mitarbeiter (und zwar sowohl der Bestandsmitarbeiter und insbesondere auch der künftig eintretenden Mitarbeiter) negativ verändern würden.
180Sofern man die zuvor behandelten schriftlichen Informationen seitens der Klägerin zugrundelegt, würde dieses auch für die nach Vortrag der Klägerin jedenfalls bei einzelnen Arbeitnehmern vom Beklagten zu 1) gestellte Frage gelten, ob der jeweilige Mitarbeiter bereit sei, für das Grundgehalt laut Tarifvertrag künftig zu arbeiten. Aus dem Übersendungsschreiben zum Tarifvertrag und aus dem Informationsschreiben zu § 613 a BGB durften die Mitarbeiter und durfte der Beklagte zu 1) jedenfalls die Tendenz schließen, die bisher bestehenden Gehälter in Zukunft auf die tariflichen geregelten Gehälter zurückzuführen. Die Frage musste nicht unbedingt bedeuten, dass der jeweilige Mitarbeiter davon betroffen sei. Die Frage stand – wie auch die Klägerin selbst vorträgt – im Kontext mit Äußerungen, dass es der Klägerin in Zukunft schwer werden könne, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Die Klägerin selbst (Bl. 22 d. A.) trägt vor, der Beklagte habe anhand des aufgeschlagenen Tarifvertrages erläutert, dass künftig mit einer ungünstigen Gehaltsentwicklung zu rechnen sei. Die prognostische Aussage war offensichtlich auf die weitere Zukunft bezogen, nicht auf die momentane Situation nach dem Betriebsübergang.
181bb) Ergibt sich mithin, dass nach den dokumentierten und veröffentlichten Äußerungen der Klägerin gegenüber ihren Mitarbeitern die prognostischen Aussagen des Beklagten zu 1) sich im Rahmen eines vertretbaren prognostischen Ermessens hielten, so steht dem nicht der Vortrag der Klägerin entgegen, der Beklagte zu 1) sei von ihr, d. h. von für sie handelnden Personen derart gegenteilig informiert worden, dass er diese Prognosen nicht stellen durfte. Das Vorbringen der der Klägerin zu einer solchen gegenteiligen Information ist in den entscheidenden Punkten unsubstantiiert und unschlüssig.
182(1) Die Klägerin trägt zunächst (Seite 10 der Klageschrift/Bl. 11 d. A.) vor, der (damalige) Beklagte zu 2) (der Beklagte zu 1 im vorliegenden Verfahren) habe die Mitarbeiter nicht, wie abgesprochen, umfassend über den von der Klägerin ausdrücklich beabsichtigten Bestandsschutz für die Mitarbeiter und die Möglichkeit, ihre bisherigen Arbeitsbedingungen beizubehalten, informiert.
183Dazu hat der Beklagte zu 1) – von der Klägerin unbestritten – vorgetragen, die Informationsveranstaltung der Klägerin habe am 10.02.2011 stattgefunden. Er, der Beklagte zu 1), sei jedoch krank gewesen. Der Personalleiter L habe die Informationsveranstaltung allein durchgeführt. Nicht also der Beklagte zu 1), sondern der Personalleiter der Klägerin selbst hat die Informationsveranstaltung durchgeführt.
184Soweit die Klägerin hiermit zugleich behauptet, mit dem Beklagten zu 1) sei abgesprochen worden, „umfassend über den von der Klägerin ausdrücklich beabsichtigten Bestandsschutz für die Mitarbeiter und die Möglichkeit ihrer bisherigen Arbeitsbedingungen beizubehalten“ zu informieren, so ist dieser bestrittene Vortrag gänzlich unsubstantiiert – wie von Beklagtenseite auch ausdrücklich schriftsätzlich gerügt wurde. Weder wird vorgetragen, wann ein entsprechendes Gespräch mit dem Beklagten zu 1) geführt worden ist, noch mit wem es geführt wurde, noch insbesondere welche Art von „Bestandsschutz“ eigentlich hätte kommuniziert werden sollen. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass die Art von Bestandsschutz, die hätte kommuniziert werden sollen, über das hätte hinausgehen sollen, was die Klägerin selbst in ihrem Informationsschreiben nach § 613 a BGB formuliert hat. Das Vorbringen der Klägerin ist insoweit auch unschlüssig.
185(2) Ebenso gänzlich unsubstantiiert ist das Vorbringen der Klägerin, richtig sei, dass sich – wie von der Klägerin von Anfang an geplant und dem Beklagten zu 2) (jetziger Beklagter zu 1) auch mehrfach mitgeteilt – kein Mitarbeiter der Klägerin durch den Wechsel in den Haustarifvertrag verschlechtert habe. Weder wird in irgendeiner Weise substantiiert, worin die „Planung“ der Klägerin ihren Niederschlag gefunden habe und wie, wann und durch wen sowie mit welchem genauen Inhalt dem Beklagten etwas dazu mitgeteilt worden sein soll, noch wird Beweis angetreten für entsprechend substantiierten Vortrag (Bl. 124 d. A.).
186(3) Soweit die Klägerin im Weiteren ausführt, um dies sicherstellen zu können, habe sie in dem Tarifvertrag extra die Möglichkeit an der individuellen Qualifikationszulage vorgesehen, um durch diese Zulage eine Anpassung des Tarifgehalts vornehmen zu können und dafür den Zeugen L benennt, so gilt das oben zum Inhalt des Tarifvertrags und zu der Qualifikationszulage Gesagte.
187(4) Soweit die Klägerin sodann für insgesamt vier Mitarbeiter vorträgt, bei diesen habe sich bei der späteren Vereinbarung des Tarifvertrages die finanzielle Situation verbessert, so steht dieses spätere Tun der oben ausgeführten subjektiven Berechtigung der Prognose im April 2011 nicht entgegen. Ebenso wenig steht dem entgegen, dass bei der Klägerin, wie sie im Weiteren vorträgt (Bl. 127 d. A.), die Personalkosten nach dem Wechsel der Bestandsmitarbeiter in den Haustarifvertrag um insgesamt 420.000,00 € pro Jahr gestiegen seien. Diese Zahl ist schon deshalb irrelevant, weil nicht einmal nachvollziehbar ist, ob sie für eine gleichbleibende Zahl von Arbeitnehmern gilt. Davon abgesehen steht sie der Berechtigung der Prognose aufgrund der schriftlich dokumentierten Äußerungen der Klägerin nicht entgegen.
188(5) Ebenso gänzlich unsubstantiiert ist die Behauptung der Klägerin, es sei „allen leitenden Mitarbeitern bei der Klägerin schon frühzeitig mitgeteilt worden, dass auch hinsichtlich der Versetzungsmöglichkeiten eine Schlechterstellung der in den Tarifvertrag wechselnden Mitarbeitern vermieden werden sollte. Dazu wurden die leitenden Mitarbeiter angewiesen, auf Wunsch des Mitarbeiters einen festen Arbeitsort vertraglich festzulegen. Dies war dem Beklagten zu 2) auch bekannt.“ (Bl. 128/129 d. A. – wobei mit Beklagtem zu 2 der jetzige Beklagte zu 1 gemeint ist).
189Wiederum wird weder substantiiert, wann, von wem welchen leitenden Mitarbeitern eine entsprechende Mitteilung gemacht worden sein soll, noch woher dem Beklagten zu 1) dieses bekannt gewesen sei.
190(6) Selbst wenn aber zu früherer Zeit eine entsprechende Äußerung gegenüber dem Beklagten zu 1) gefallen sein sollte, so enthält weder das Informationsschreiben der Klägerin gemäß § 613 a BGB einen entsprechenden Hinweis noch ist ersichtlich, dass Herr L in der am 10.02.2011 von ihm vorgenommenen Präsentation eine entsprechende Absicht der Klägerin angesprochen hätte. Die Beklagten haben als Anlage BK 5 (Anlagenband Bl. 209 ff.) die nach ihrem unwidersprochenem Vorbringen von Herrn L bei der Präsentation genutzten Vorlagen zu den Akten gereicht. Dieser Präsentation ist nichts über eine entsprechende Absicht zu entnehmen, mit den Arbeitnehmern eine „Standortsicherung“ im Sinne eines Ausschlusses des tariflichen Versetzungsrechtes zu vereinbaren. Außer den unmittelbaren Konsequenzen des § 613 a BGB (Bl. 209/210 des Anlagenbandes) ist dort nichts zu zukünftigen Entwicklungen und Vereinbarungen gesagt. Besonders aber fällt auf, dass in dieser von Herrn L selbst vorgenommenen Präsentation die Konsequenzen der Geltung des Haustarifvertrages ab dem Betriebsübergang überhaupt nicht erscheinen. Es ist nicht einmal auch nur stichwortartig überhaupt der Tarifvertrag genannt.
191Selbst wenn also die Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt, wie von ihr – unsubstantiiert – vorgetragen, ihre Führungskräfte/leitenden Mitarbeiter und auch den Beklagten über bestimmte Absichten informiert hätte, so haben diese Absichten in den entscheidenden Dokumenten, nämlich weder in dem Informationsschreiben nach § 613 a BGB noch in der Präsentationsvorlage Herrn L für die Information am 10.02.2011 noch in dem Anschreiben zu dem Anerkennungstarifvertrag seitens Herrn L , einen klaren Ausdruck gefunden. Wie aufgezeigt spricht insbesondere das Informationsschreiben eine andere Sprache.
192Es ist daher selbst dann, wenn entsprechende Informationen seitens der Klägerin an den Beklagten im Vorfeld geflossen sein sollten, nicht als bewusste Irreführung zu werten, sondern hält sich im Rahmen einer vertretbaren Prognose, wenn der Beklagte gestützt auf die dokumentierten Äußerungen der Klägerin gegenüber ihren Mitarbeitern davon ausging, dass die (gegenüber den früheren vertraglichen Bedingungen schlechteren) Bedingungen des Tarifvertrages bezüglich Gehalt und Versetzungsmöglichkeit jedenfalls für die tarifgebundenen Arbeitnehmer unmittelbar gelten würden und dass die Klägerin im Übrigen versuchen werde, die Anwendbarkeit des Tarifvertrages durch Gespräche mit den Mitarbeitern individualvertraglich durchzusetzen.
193e) Die Berücksichtigung weiterer Umstände führt auch im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht dazu, das Abwerbeverhalten des Beklagten zu 1) als unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG zu werten:
194aa) Die Klägerin bezieht sich auf eine Drucksituation, weil sich jeder Arbeitnehmer aufgrund des zweiwöchigen Sonderkündigungsrechts wegen Betriebsübergangs damit auseinandersetzte, ob er von dieser Möglichkeit der Kündigung gegebenenfalls Gebrauch machen sollte (BerufungsbegründungSeite 5/Bl. 676 d. A.).
195Unterstellt, es handelte sich, wovon die Klägerin ausgeht und was sie ihren Mitarbeitern mitgeteilt hat, um einen Betriebsübergang, der durch Aufspaltung der früheren M P vollzogen wurde, so stand den Mitarbeitern aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (21.02.2008 – 8 AZR 157/07) wegen des Erlöschens des bisherigen Arbeitgebers ein Kündigungsrecht nach § 626 Abs. 1 BGB zu. Die Zweiwochenfrist lief unstreitig am 18.04.2011 ab. Auf diese Kündigungsmöglichkeit hatte die Klägerin ihre Mitarbeiter in ihrem Informationsschreiben gemäß § 613 a Abs. 5 BGB ausdrücklich hingewiesen.
196Ein Zeitdruck war daher nicht durch den Beklagten zu 1) erzeugt, sondern durch die normative Tatsache, dass die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ablief. Wenn der Beklagte zu 1) mithin den Arbeitnehmern in den ganz überwiegend am 12.04. geführten Gesprächen sagte, dass die auf den 16.04.2011 datierten vorbereiteten Kündigungsschreiben an diesem Tage von einem Anwalt beglaubigt und der Klägerin übergeben werden sollten, so entspricht das mit einem minimalen Sicherheitsabstand den objektiven Gegebenheiten, dass die Kündigungsfrist am 18.04.2011 auslief. Wenn dann, wie im Falle S , gesagt wurde, man möge sich bis zum nächsten Tag (dort der 13.04.2011) entscheiden, wo bei in diesem Fall auch nach Vorbringen der Klägerin noch ein weiterer Aufschub bis zum 14.04. gewährt wurde, so entspricht das bei der Vielzahl der anzusprechenden Mitarbeiter auch wiederum objektiven Gegebenheiten und kann nicht als unlauteres Unterdrucksetzen gewertet werden. Die Klägerin hat auch lediglich für einen Fall vorgetragen (Herr P ), dass dieser erst am 15.04.2011 angesprochen worden sei und unter Hinweis darauf, dass die Kündigungsschreiben am 16.04. übergeben werden sollten, ihm gesagt worden sei, er könne nur heute noch den Vertrag unterschreiben. Auf für diesen Fall ist indes nicht festzustellen, dass der Beklagte bewusst bis zu diesem Zeitpunkt gewartet hat, ehe Herr P angesprochen wurde. Davon abgesehen aber begehrt die Klägerin für Herr P ohnehin keinen Schadensersatz. Er ist nach Vorbringen der Klägerin frühzeitig zurückgekehrt.
197bb) Soweit die Klägerin desweiteren vorträgt, durch die Ansprache wenige Tage vor Ablauf des Sonderkündigungsrechts sei den Mitarbeitern die Möglichkeit abgeschnitten worden, die Äußerungen des Beklagten zu überprüfen und mit Verantwortlichen der Klägerin zu besprechen, so ist eine solche Absicht durch objektive Tatsachen nicht feststellbar. Es ist schon nicht ersichtlich, warum die angesprochenen Mitarbeiter nicht in der Zeit bis zum 16.04. noch Verantwortliche der Klägerin hätten kontaktieren können. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass durch den Personalleiter Herrn L eine Präsentation und Information der Mitarbeiter am 10.02.2011 durchgeführt worden ist. Hätte Herr L die – unsubstantiiert – behaupteten Absichten der Klägerin kommuniziert, so wären die Mitarbeiter bereits informiert gewesen. Hat er sie hingegen nicht kommuniziert – wofür die zu den Akten gereichte Präsentationsvorlage spricht –, dann ist es der Klägerin und nicht dem Beklagten zuzuschreiben, dass die Arbeitnehmer über ihre angeblichen Absichten nicht informiert waren.
198Gegen eine Überrumpelung spricht auch, dass der Beklagte zu 1) den angesprochenen Mitarbeitern einen ausformulierten Arbeitsvertrag vorlegte, den sie prüfen konnten und aufgrund dessen sie die Verantwortlichen der Klägerin hätten ansprechen können, ob gesichert sei, dass die Klägerin zumindest gleichwertige Arbeitsbedingungen biete.
199cc) Dass der Beklagte zu 1) vorbereitete und vorformulierte Kündigungsschreiben parat hatte, ist als solches kein wettbewerbswidriges Verhalten (BGH 07.04.2005 – I ZR 140/02).
200dd) Die Klägerin führt in der Berufungsbegründung ferner als Umstand für eine unlautere Abwerbung an (Seite 5 der Berufungsbegründung/Bl. 676 d. A.), dass der Beklagte zu 1) in dem Gespräch zugesichert habe, bei einer Kündigung würde sich am gebotenen Einsatzort nichts ändern, dies in dem Wissen, dass die betroffenen Industrieunternehmen weiterhin auf diese Mitarbeiter angewiesen gewesen seien. Es ist nicht ersichtlich, warum eine solche Zusicherung auch in dem Wissen, dass man sie einhalten könne (dahinstehen kann, dass gerade die D AG unstreitig bereits im Folgejahr eine große Zahl der abgeworbenen Mitarbeiter nicht mehr beschäftigte), unlauter sein sollte.
201ee) Es kann auch nichts Unlauteres darin gesehen werden, dass ein abwerbender Arbeitgeber den abgeworbenen Mitarbeitern eine Freistellungserklärung aushändigt, mit der er erklärt, dass diese von drohenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen im Rahmen mit der Kündigung freigestellt werden sollten (wie die Klägerin als solches unbestritten in der Klageschrift (Seite 15) und in der Berufungsbegründung (Seite 13 = Bl. 684) vorträgt).
202ff) Wenn die Klägerin schließlich darauf abhebt, dass Umstände des Abwerbungsgesprächs (zumeist im Wohnwagen) (Seite 14 der Berufungsbegründung/Bl. 685 d. A.) zu berücksichtigen seien, so ist für Kammer nicht erkennbar, warum die Tatsache, dass Gespräche in einem Wohnwagen geführt wurden, der in der Nähe des Einsatzortes aufgestellt war, unlauter sein sollten.
203gg) Auch dass dem Zeugen P (der nach Vorbringen der Klägerin erst am 15.04. angesprochen wurde und der zu ihr zurückkehrte), mitgeteilt wurde, schon zahlreiche Kollegen hätten vor ihm entschieden, nicht mehr für die Klägerin zu arbeiten, ist ebenfalls keine Irreführung. Da sich jedenfalls bis zum 16.04. über 60 Mitarbeiter so entschieden hatten, ist diese Aussage mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend. Die Klägerin legt auch nicht dar, warum sie unzutreffend sein sollte. Auch insofern ist nichts Unlauteres festzustellen.
204hh) Wenn die Klägerin schließlich auf die „Vertrauensstellung“ des Beklagten zu 1) gegenüber den Mitarbeitern abhebt, so bedeutet das nichts anderes, als dass der Beklagte zu 1) ehemals Vorgesetzter der angesprochenen Mitarbeiter war. Seine Vorgesetztenstellung war aber am 11.04.2011 beendet. Nach Vorbringen der Klägerin fanden die Gespräche danach statt. Eine „Autorität“ (so die Klägerin, Seite 17 der Berufungsbegründung/Bl. 688 d. A.) hatte tatsächlich der Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der Gespräche nicht mehr. Würde man negativ berücksichtigen, dass ein Vorgesetzter abwirbt, so wäre das Recht eines ehemaligen Arbeitnehmers, auch gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber Wettbewerb zu machen und dabei auch Mitarbeiter abzuwerben, fundamental beeinträchtigt. Soweit ersichtlich wurde bisher auch nie vertreten, dass eine Abwerbung deshalb unzulässig sei, weil man vormals eine Vorgesetztenstellung hatte. Soweit die Klägerin an derselben Stelle auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München (WRP 2010, 299, 300) hinweist und vorträgt, eine unlautere Beeinflussung sei schon dann anzunehmen, wenn die angesprochene Person aufgrund der Autorität oder Vertrauensstellung des Informationsgebers davon ausgehen müsse, dass die Ablehnung einer vom Informationsgeber gewünschten Entscheidung mit Nachteilen rechtlicher, wirtschaftlicher, beruflicher oder sonstigen Art verbunden sei, und meint, genauso liege es hier, so irrt sie. Der Beklagte zu 1) war im Zeitpunkt der Ansprache nicht mehr Vorgesetzter der angesprochenen Mitarbeiter. Er war überhaupt nicht mehr Mitarbeiter der Klägerin und konnte insofern den Mitarbeitern keine entsprechenden Nachteile zufügen.
205ii) Auch in der Gesamtschau ist nach Auffassung der Kammer die Grenze zum unlauteren Wettbewerb nicht überschritten. Dabei ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall alle einzelnen Elemente für sich genommen nicht unlauter sind. Sie werden auch nicht dadurch unlauter, dass die Abwerbeaktion unter Nutzung des Sonderkündigungsrechts – wie die Klägerin allerdings ohne Substantiierung behauptet – „von langer Hand geplant“ worden seien. Auch wenn dieses während des Laufs des Arbeitsverhältnisses geschehen sein sollte, so sind solche Planungen, ohne dass entsprechende Wettbewerbshandlungen bereits vorgenommen werden, auch während eines Arbeitsverhältnisses zulässig (s. dazu noch unten zum Beklagten zu 2)).
2063) Schließlich liegt auch kein unlauterer Wettbewerb im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG vor, welcher besagt, dass derjenige unlauter handelt, welcher Mitbewerber „gezielt behindert“. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (11.01.2007 – I ZR 96/04) soll durch das Tatbestandsmerkmal des „gezielten“ Handelns klargestellt werden, dass eine Behinderung von Mitbewerbern als Folge des Wettbewerbs nicht ausreicht, um den Tatbestand der unlauteren individuellen Mitbewerberbehinderung zu verwirklichen. Die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung ist allerdings– auch beim Abwerben von Mitarbeitern – überschritten, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH a.a.O.; BGH 20.01.2005 – I ZR 29/02).
207Dafür, dass die Abwerbung durch den Beklagten zu 1) in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Klägerin und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet war, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Klägerin zeigt dazu nichts auf. Festzuhalten ist, dass der BGH in derselben Entscheidung zur Behinderung ausführt: „Davon kann beim bloßen Ausnutzen des Vertragsbruchs eines abgeworbenen Mitarbeiters durch den Mitbewerber jedoch auch dann nicht ausgegangen werden, wenn der Mitbewerber den Vertragsbruch kennen musste oder kannte. Nach der Lebenserfahrung beruht die Beschäftigung eines Mitarbeiters in erster Linie darauf, dass dessen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Förderung des eigenen Wettbewerbs nutzbar gemacht werden sollen. Der Umstand, dass der Mitarbeiter vertraglich noch anderweitig gebunden ist, rechtfertigt ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte auch dann keine andere Beurteilung, wenn der neue Dienstherr von der vertraglichen Bindung und damit von dem Vertragsbruch des Mitarbeiters Kenntnis hat.“
208Dabei ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die abgeworbenen Mitarbeiter keinen Vertragsbruch begingen, sondern ein ihnen zustehendes Sonderkündigungsrecht nutzten. Für eine gezielte Behinderung ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.
2094) Da, wie aufgezeigt, kein unlauterer Wettbewerb vorliegt, ist auch weder die nachvertragliche Fürsorgepflicht verletzt noch liegt ein zum Schadensersatz berechtigender Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne des § 823 BGB oder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB vor. Eine solche ist im Übrigen nach zutreffender Auffassung erst dann anzunehmen, wenn eine sittenwidrige Schädigung vorliegt, die über das hinausgeht, was mit jeder irreführenden Werbung eines Konkurrenten oder auch jedem nach § 1 UWG sittenwidrigen Eingriff in die wettbewerbsrechtliche Position des Gläubigers verbunden ist (vgl. OLG Köln 20.12.2000 – VI U 88/00).
2105) a) Dahinstehen kann nach dem zuvor Gesagten, ob und wie weit der Vortrag der Klägerin zu den behaupteten Gesprächen mit denjenigen Arbeitnehmern, zu denen sie keine konkreten Informationen hat – und die Übrigen bis auf Herrn R sämtlich Arbeitnehmer sind, für deren Abwerbung sie entgangenen Gewinn als Schadensersatz begehrt –, hinreichend substantiierten Vortrag hält und ob dieser Vortrag als sogenannter Vortrag „ins Blaue“ zu werten ist.
211b) Ebenso kann dahinstehen, inwieweit festgestellt werden kann, dass, sähe man einzelne Äußerungen des Beklagten zu 1) im Gegensatz zum zuvor Gesagten als unlauter an, diese kausal für die einzelne Kündigungen waren.
212c) Auch kann dahinstehen, ob die letzte Schadensberechnung der Klägerin zutreffend oder wie die Beklagten meinen, sehr stark überhöht ist.
213d) Endlich kann auch dahinstehen, ob und inwieweit die von den Beklagten schon erstinstanzlich erhobene Verjährungseinrede greift, weil die Hemmung der Verjährung mit der Klageänderung in eine unzulässige Teilklage beendet wurde(vgl. dazu und zu der Frage, ob durch eine spätere Individualisierung eine „rückwirkende Heilung“ der zunächst nicht gegebenen Hemmung der Verjährung bei unzulässiger Teilklage eintreten kann: einerseits BGH 21.10.2008 – IX ZR 466/07 und BGH 21.2.2013 – IX ZR 92/12, andererseits BGH 6.5. 2014 II ZR 217/13). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die kurze Verjährungsfrist des § 11 UWG nach Rechtsprechung des BGH auch für andere Anspruchsgrundlagen gelten kann (vgl. z. B. BGH 12.7.1995 I ZR 176/93; 14.1.1999 – I ZR 203/96; 10.2.2011 – I ZR 136/09).
214B. Zu den Unterlassungsansprüchen gegen den Beklagten zu 1):
215I. Die Klägerin kann von dem Beklagten zu 1) Unterlassung schon deshalb nicht begehren, weil – wie oben dargestellt – die gemachten Äußerungen als prognostische Einschätzungen zu der zukünftigen Entwicklung der Arbeitsverhältnisse nicht unlauter oder sonst rechtswidrig waren.
216II. Unabhängig davon besteht keine Wiederholungsgefahr: Zwar ist – wenn eine rechtswidrige Tatsachenbehauptung aufgestellt wurde – die Wiederholungsgefahr indiziert bzw. wird sie „vermutet“.
217Im vorliegenden Fall indes ist die Wiederholungsgefahr durch die konkreten Umstände und die weitere Entwicklung widerlegt: Die gemachten Äußerungen bezogen sich konkret und nach dem eindeutigen Zusammenhang auf die weitere Entwicklung nach der damals durchgeführten Umstrukturierung im Bereich der Klägerin. Diese Situation hat die Klägerin selbst – wenn auch in einem anderen Zusammenhang – zutreffend als „kaum wiederkehrende Sondersituation“ bezeichnet (Schriftsatz vom 09.01.2012, Bl. 144 d. A.). Es ist auch nach dem inzwischen eingetretenen Zeitablauf (3 ½ Jahre) in keiner Weise erkennbar, dass nochmal eine ähnliche Situation eintreten könnte. Wiederholungsgefahr ist heute nicht mehr gegeben.
218Dass die Beklagten ihre damaligen Äußerungen im Rechtsstreit verteidigen, indiziert die Wiederholungsgefahr nicht. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass zu Gegenbehauptungen, die der Rechtsverfolgung in einem Verfahren dienen, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Abwehransprüche, also insbesondere auch Unterlassungsansprüche, grundsätzlich nicht mit Erfolg erhoben werden können (BGH 09.04.1987 – I ZR 44/85). Konsequenterweise kann die Verteidigung einmal gemachter Aussagen im Prozess auch nicht die Wiederholungsgefahr indizieren.
219C. Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2):
220I. Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2) scheitert schon unabhängig von allem nachfolgend Auszuführenden daran, dass auch ihm gegenüber die Schadensersatzklage unzulässig ist. Auf das oben zum Beklagten zu 1) Gesagte kann verwiesen werden.
222II. Ebenso scheitert die Haftung des Beklagten zu 2) daran, dass die Aktivlegitimation der Klägerin nicht festgestellt werden kann. Dazu gilt ebenfalls das oben zum Beklagten zu 1) Gesagte entsprechend.
223III. Es ist auch keine Anspruchsgrundlage feststellbar.
2241. Eine Haftung aus UWG, § 823 Abs. 2 BGB und § 826 BGB ebenso wie aus nachvertraglicher Fürsorgepflicht scheitert schon daran, dass keine Unrechtmäßigkeit der Handlungen des Beklagten zu 1) festgestellt werden kann. Selbst wenn diese mit dem Beklagten zu 2) abgesprochen gewesen sein sollten, haftet der Beklagte zu 2) ebenso wie der Beklagte zu 1) unter diesen Gesichtspunkten dafür nicht.
2252. Es kann aber unabhängig davon auch nicht festgestellt werden, dass die Handlungen des Beklagten zu 1) dem Beklagten zu 2) zuzurechnen wären.
226a) Die Klägerin hat sowohl erst- wie zweitinstanzlich gänzlich pauschal behauptet, der Beklagte zu 1) habe in den von ihm geführten Abwerbungsgesprächen entsprechend einem mit dem Beklagten zu 2) gemeinsam gefassten Plan gehandelt (Bl. 7 d. A.), der Beklagte zu 2) habe genaue Kenntnis von den Abwerbemaßnahmen gehabt (Bl. 48 d. A.), die Beklagten hätten bei der unlauteren Abwerbung nach einem gemeinsamen Gesamtplan gehandelt (Bl. 139 d. A.), die Beklagten hätten die Abwerbeaktion „von langer Hand geplant“ (Bl. 681 d. A.).
227Die Beklagten haben demgegenüber vorgetragen, in der damaligen Zeit, in der sich die Ereignisse überschlagen hätten, habe ein geordnetes und abgestimmtes Verhalten ausscheiden müssen (Bl. 97 d. A.), der Beklagte zu 1) habe daher im Wesentlichen autonom gehandelt. Irgendwelche Vorgaben seitens des Beklagten zu 2) habe es nicht gegeben. Der Beklagte zu 1) sei vom Beklagten zu 2) nicht in irgendeiner Weise dazu angewiesen worden, bestimmte Äußerungen über die Klägerin zu tätigen. Die seinerzeit wirre Situation sei auch dadurch deutlich geworden, dass zunächst versehentlich falsches Firmenpapier verwendet worden sei. Es habe weder Anweisungen, noch Absprachen noch einen gemeinsamen gefassten Plan im Hinblick auf die getätigten Äußerungen gegeben. Die Gespräche seien allein von dem Beklagten zu 1) ohne jede Absprache oder Einwirkungsmöglichkeiten des Beklagten zu 2) geführt worden (Bl. 97/98 d. A.), der Beklagte zu 2) habe in keinem Zusammenhang mit den fraglichen Äußerungen gestanden, er habe weder faktisch noch rechtlich auf den Beklagten zu 1) einwirken können, die im Rahmen eines inhaltlich offenen Gesprächs gefallenen Äußerungen des Beklagten zu 1) habe der Beklagte zu 3) nicht veranlasst. Sie seien ihm nicht einmal bekannt oder auch nur vorhersehbar gewesen (Bl. 338 d. A.).
228Die Klägerin hat die von ihr behauptete Absprache zwischen den beiden hiesigen Beklagten weder in irgendeiner Weise substantiiert noch unmittelbar unter Beweis gestellt. Sie hat sich für einen „gemeinsamen Gesamtplan“ lediglich darauf berufen, dass die Beklagten einen Anfangsfinanzierungsbedarf von 2,5 Millionen Euro gehabt hätten, was gegenüber Herrn S bestätigt worden sei, der Beklagte zu 1) habe auch auf Nachfrage Herrn Schröders bestätigt, hinter der ganzen Sache stecke ein Investor, dessen Namen er (der Beklagte zu 1)) nicht nennen könne (Bl. 139 d. A.). Das von den Beklagten behauptete autonome Vorgehen des Beklagten zu 1) widerspreche auch der Lebenserfahrung. Der Beklagte zu 2) habe auch die Arbeitsverträge unterzeichnet.
229b) Dieses reicht nach Auffassung der Kammer nicht aus, konkrete Absprachen über den Inhalt der Abwerbungsgespräche und deren Zeitpunkt zwischen dem Beklagten zu 1) und 2) festzustellen. Der Beklagte zu 2) hat die Arbeitsverträge unstreitig erst Tage nach den vom Beklagen zu 1) geführten Abwerbungsgesprächen unterzeichnet, zu einem Zeitpunkt im Übrigen, als er nicht mehr Arbeitnehmer der Klägerin war (siehe dazu noch unten 3.). Dass die beiden Beklagten – wofür in der Tat die Lebenserfahrung spricht – die Gründung der E und die Abwerbung der Mitarbeiter der Klägerin überhaupt im Voraus geplant hatten, besagt nicht, dass sie auch Absprachen über den konkreten Zeitpunkt und insbesondere über den konkreten Inhalt der Abwerbungsgespräche getroffen hätten. Es besagt auch nicht, dass der Beklagte zu 2) in irgendeiner Weise bestimmend dabei mitgewirkt hätte. Dabei darf nicht übersehen werden, dass der Beklagte zu 1) bei der Klägerin Standortleiter war, der Beklagte zu 2) indessen nur Teamleiter und dass der Beklagte zu 2) auch nach Vorbringen der Klägerin bei der Abwerbung überhaupt nicht als Akteur in Erscheinung getreten ist. Dieses spricht für eine autonome, das Wesentliche bestimmende Rolle des Beklagten zu 1).
2303. Auch eine Haftung des Beklagten aufgrund eines Verstoßes gegen vertragliche Pflichten aus bestehendem Arbeitsvertrag ist nicht festzustellen. Der Beklagte zu 2) kündigte am 14.04.2011 außerordentlich fristlos. Die Wirksamkeit der Kündigung ist nicht umstritten. Dass ihm bis dahin konkrete Einzelhandlungen des Beklagten zu 1) nach Zeitpunkt und Inhalt geführter Gespräche bekannt war, ist nicht festzustellen (s. oben).
231Dass er zuvor mit dem Beklagten zu 1) noch während des Arbeitsverhältnisses an der Gründung E bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beteiligt war und dazu möglicherweise auch bereits investive Mittel eingeworben hatte, stellt keinen Verstoß gegen den Arbeitsvertrag dar – wobei festzuhalten ist, dass die Klägerin darauf auch ihre Schadensersatzansprüche nicht stützt, so dass solche Vorbereitungshandlungen nicht Streitgegenstand sind. Die Vorbereitung eines eigenen Handelsgewerbes verstößt nicht gegen § 60 HGB, der nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für alle Arbeitnehmer Anwendung findet (Nachweise bei ErfK/Oetker § 60 HGB Rdn. 2). Die Vorbereitung eines eigenen Handelsgewerbes ist erlaubt, sofern nicht bereits das Tatbestandsmerkmal des Geschäftemachens erfüllt ist. Zulässige Vorbereitungshandlungen sind zum Beispiel: Die Anmietung von Geschäftsräumen (BAG 31.01.1963 AP HGB § 60 Nr. 3), der Erwerb von Waren, die Einstellung von Arbeitnehmern, die Anmeldung und Bekanntmachung einer Handelsgesellschaft (weitere Nachweise zur höchstrichterlichen Rechtsprechung bei ErfK/Oetker a.a.O. Rdn. 6), ebenso der Erwerb einer internet domain, der Erwerb einer Marke und sogar die Werbung von Kunden (BAG 31.01.1963 AP HGB § 60 Nr. 3; 24.04.1970 AP HGB § 60 Nr. 5).
2324. Schließlich ist der Beklagte auch nicht als Geschäftsführer der E bzw. ihrer Rechtsvorgängerin verantwortlich, worauf sich die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 23.09.2014 (Bl. 785 f. d. A.) beruft. Eine Verletzung einer „eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrssicherungspflicht“ kann dem Beklagten zu 2) schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil nicht feststellbar ist, dass er um die konkreten Handlungen insbesondere den Inhalt der Gespräche des Beklagte zu 1) wusste. Auch wenn eine nachwirkende Fürsorgepflicht in dem Sinne bejaht wird, dass der Beklagte zu 2) als ehemaliger Mitarbeiter der Klägerin mit entsprechendem Sonderwissen nachvertraglich gehalten gewesen wäre, die Interessen der Klägerin zumindest insoweit zu wahren, als zum Zwecke des Abwerbens von Mitarbeitern keine Unwahrheiten über die Klägerin verbreitet werden durften, so scheitert eine entsprechende Haftung daran, dass zum einen eine entsprechende Unwahrheit nicht festgestellt werden kann (s. oben zum Beklagten zu 1), zum anderen auch ein Wissen des Beklagten zu 2) um die konkreten Inhalte der vom Beklagten zu 1) geführten Gespräche nicht festgestellt werden kann.
233D. Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten zu 2)
234Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten zu 2) scheitern aus denselben Gründen wie oben zum Beklagten zu 1) ausgeführt. Auf das oben zum Beklagten zu 1) Gesagte wird Bezug genommen.
235E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO
236RECHTSMITTELBELEHRUNG
237Gegen dieses Urteil kann vonder klagenden Partei
238R E V I S I O N
239eingelegt werden.
240Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
241Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
242Bundesarbeitsgericht
243Hugo-Preuß-Platz 1
24499084 Erfurt
245Fax: 0361-2636 2000
246eingelegt werden.
247Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
248Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
249- 250
1. Rechtsanwälte,
- 251
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 252
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
254Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
255Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
256* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Köln Urteil, 26. Sept. 2014 - 4 Sa 986/13 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.
(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.
(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:
- 1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt, - 2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt, - 3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind, - 4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.
(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.
(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.
(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.
(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.
(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.
Unlauter handelt, wer
- 1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft; - 2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden; - 3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er - a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, - b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder - c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
- 4.
Mitbewerber gezielt behindert.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Freiburg vom 8. Oktober 2003 zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Klägerin des landgerichtlichen Verfahrens haben die Klägerin 34 % und der Beklagte zu 1 66 % zu tragen.
Von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Klägerin des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 98 % und der Beklagte zu 1 2 % zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 des landgerichtlichen und des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 des landgerichtlichen und des Berufungsverfahrens verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts.
Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde- und des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin und die Beklagte zu 2 sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen; sie vermitteln Versicherungsverträge.
- 2
- Der Beklagte zu 1 war seit 1994 als Außendienstmitarbeiter für Vermögensberatung in der Rechtsstellung eines Handelsvertreters für die Klägerin tätig. Er kündigte das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 14. August 2002. Die Klägerin teilte ihm hierauf mit, dass das Vertragsverhältnis nach Maßgabe der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist mit Ablauf des 31. März 2004 ende. Da sie erfahren haben wollte, dass der Beklagte zu 1 eine Tätigkeit für die Beklagte zu 2 aufgenommen habe, forderte sie ihn zudem wegen dieser Konkurrenztätigkeit zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Der Beklagte zu 1 wies mit Schreiben seines anwaltlichen Bevollmächtigten vom 20. Januar 2003 den Vorwurf einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit zurück und kündigte das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos.
- 3
- Nach Ansicht der Klägerin hat ihr Vertragsverhältnis mit dem Beklagten zu 1 nicht vor Ablauf des 31. März 2004 geendet. Der Beklagte zu 1 sei durch die Aufnahme der Tätigkeit für die Beklagte zu 2 vertragsbrüchig geworden. Er habe damit auch wettbewerbswidrig gehandelt. Die Beklagte zu 2 handele, indem sie den Beklagten zu 1 beschäftige, gleichfalls wettbewerbswidrig.
- 4
- Die Klägerin hat dementsprechend gegen den Beklagten zu 1 Klage auf Feststellung der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31. März 2004 erhoben und die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.
- 5
- Die Vorinstanzen haben der Klage gegen den Beklagten zu 1 teilweise stattgegeben. Es ist rechtskräftig festgestellt worden, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 durch die fristlose Kündigung des Beklagten zu 1 vom 21. Januar 2003 nicht beendet worden ist. Außerdem ist der Beklagte zu 1 unter anderem verurteilt worden (Tenor des angefochtenen Urteils unter I 1.), es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel vor Ablauf des 31. März 2004 zu unterlassen,
a) eine Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen für andere als die Klägerin, etwa für die Beklagte zu 2, auszuüben ;
b) Kunden, die auf Vermittlung der Klägerin Verträge im Finanzdienstleistungsbereich , etwa Versicherungsverträge und Kapitalanlageverträge, abgeschlossen haben, zur Aufgabe oder Einschränkung solcher Verträge zu veranlassen.
- 6
- Der in der ersten Instanz erfolglosen Klage gegen die Beklagte zu 2 hat das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise stattgegeben. Es hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, die Beklagte zu 2 antragsgemäß verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, Außendienstmitarbeiter der Klägerin zu beschäftigen, von denen die Beklagte zu 2 weiß oder wissen muss, dass diesen Mitarbeitern aufgrund der vertraglichen Bindung zur Klägerin eine Vermittlungstätigkeit für andere als die Klägerin nicht gestattet ist, und festgestellt, dass die Beklagte zu 2 verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen , der ihr dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte zu 2 den Beklagten zu 1 in der in Ziffer I 1 des Urteilstenors beschriebenen Weise beschäftigt hat.
- 7
- Der Senat hat die Beschwerde der Klägerin, mit der diese die Zulassung der Revision im Umfange der Abweisung ihrer Klage gegen den Beklagten zu 1 und die Beklagte zu 2 begehrt hat, zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten zu 2 hat der Senat zugelassen, soweit zu deren Nachteil erkannt worden ist. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte zu 2 ihren auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
- 8
- I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 auf Unterlassung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß § 1 UWG a.F. bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 9
- Die Beklagte zu 2 habe sich in wettbewerbswidriger Weise an dem Vertragsbruch des Beklagten zu 1 gegenüber der Klägerin beteiligt. Das Ausnutzen fremden Vertragsbruchs sei wettbewerbswidrig, wenn es unter zumindest mit bedingtem Vorsatz begangener Missachtung von Ausschließlichkeitsbindungen eines Dritten erfolge. Dies sei hier der Fall.
- 10
- Aus dem von der Beklagten zu 2 herausgegebenen "F. Magazin 2/2002" ergebe sich zweifelsfrei, dass der Beklagte zu 1 seit spätestens Mitte des Jahres 2002 als Außendienstmitarbeiter für die Beklagte zu 2 tätig gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich aber in ungekündigter Stellung bei der Klägerin befunden und dem vertraglich ausdrücklich vereinbarten sowie aus § 86 Abs. 1 HGB folgenden Verbot einer Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen unterlegen. Die Beklagte zu 2 habe entweder positiv von dem ungekündigten Vertragsverhältnis des Beklagten zu 1 zur Klägerin und damit von dessen Konkurrenzverbot gewusst oder zumindest mit diesem gerechnet. Sie müsse sich daher die Indienstnahme des Beklagten zu 1 als gemäß § 1 UWG (a.F.) wettbewerbswidriges Ausnutzen fremden Vertragsbruchs anrechnen lassen. Begründet sei daher auch der auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2 gerichtete Klageantrag, soweit er sich auf den der Klägerin durch das wettbewerbswidrige Ausspannen des Beklagten zu 1 entstandenen Schaden beziehe.
- 11
- II. Die Revision der Beklagten zu 2 hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 2 erkannt worden ist, und insoweit zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
- 12
- 1. Nach Erlass des Berufungsurteils ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 in Kraft getreten. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte, in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten zu 2 zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war und ein Anspruch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben ist. Die Frage, ob der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zusteht, richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht (vgl. BGH, Urt. v. 7.4.2005 - I ZR 140/02, GRUR 2005, 603, 604 = WRP 2005, 874 - Kündigungshilfe, m.w.N.). Die Voraussetzungen , unter denen die Beschäftigung von noch vertraglich an einen Wettbewerber gebundenen Mitarbeitern als gezielte Behinderung des Wettbewerbers als unlauter anzusehen ist, haben sich durch das Inkrafttreten des neuen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nicht geändert. Im Folgenden braucht daher zwischen altem (§ 1 UWG a.F.) und neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 10 UWG) nicht unterschieden zu werden.
- 13
- 2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Unterlassung der Beschäftigung abgeworbener Außendienstmitarbeiter nach § 8 Abs. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 10 UWG (§ 1 UWG a.F.) gegen die Beklagte zu 2 nicht zu. Ebenso wenig kann die Klägerin deswegen von der Beklagten zu 2 Schadensersatz gemäß § 9 Satz 1 UWG i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 10 UWG (§ 1 UWG a.F.) verlangen.
- 14
- a) Das Abwerben fremder Mitarbeiter ist als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt. Es ist nur dann wettbewerbswidrig, wenn unlautere Be- gleitumstände hinzukommen, insbesondere unlautere Mittel eingesetzt oder unlautere Zwecke verfolgt werden (zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 158, 174, 178 f. - Direktansprache am Arbeitsplatz I, m.w.N.). Unlauter ist es, den Mitarbeiter eines Mitbewerbers zum Vertragsbruch zu verleiten, d.h. gezielt und bewusst auf dessen Vertragsbruch hinzuwirken (vgl. BGH, Urt. v. 17.3.1961 - I ZR 26/60, GRUR 1961, 482, 483 - Spritzgussmaschine; Urt. v. 24.2.1994 - I ZR 74/92, GRUR 1994, 447, 448 = WRP 1994, 511 - Sistierung von Aufträgen; Großkomm.UWG /Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 225, A 244; Ohly in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4 Rdn. 10/28 m.w.N.).
- 15
- b) Das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten, ist dagegen grundsätzlich nicht unlauter, wenn nicht besondere die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten (BGHZ 143, 232, 240 - Außenseiteranspruch II; BGH, Urt. v. 6.6.2002 - I ZR 79/00, GRUR 2002, 795, 798 = WRP 2002, 993 - Titelexklusivität ). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die schuldrechtliche Bindung zwischen dem Wettbewerber und seinem Vertragspartner Dritten gegenüber im Allgemeinen keine rechtlichen Wirkungen zu entfalten vermag und dass die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes schon bei Ausnutzen fremden Vertragsbruchs gewissermaßen zu einer Verdinglichung der schuldrechtlichen Verpflichtungen führen würde (BGHZ 143, 232, 240 - Außenseiteranspruch II; BGH GRUR 2002, 795, 798 - Titelexklusivität).
- 16
- c) Diese Grundsätze gelten auch für das Ausnutzen des Vertragsbruchs eines bei einem Mitbewerber beschäftigten Mitarbeiters (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.1976 - I ZR 108/74, GRUR 1976, 372, 374 = WRP 1976, 237 - Möbelentwürfe ; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 10.109; Ohly in Piper/Ohly aaO § 4 Rdn. 10/29; Omsels in Harte/ Henning, UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 29; Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 87; Fezer/Götting, UWG, § 4-10 Rdn. 42). Jeder Mitarbeiter hat das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht der freien Wahl des Arbeitsplatzes (BVerfGE 97, 169, 175; BGHZ 158, 174, 182 - Direktansprache am Arbeitsplatz I). Dies schließt das Recht ein, selbst über das Ende seines Arbeitsverhältnisses und den Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber zu entscheiden und dabei gegebenenfalls das Risiko einzugehen, durch das neue Arbeitsverhältnis den Vertrag mit dem alten Arbeitgeber zu verletzen. Verstößt ein Handelsvertreter gegen ein (vertragliches oder nachvertragliches) Wettbewerbsverbot, so ist er dem Unternehmer zwar zum Schadensersatz verpflichtet. Insbesondere hat er den Gewinn zu ersetzen, der dem Unternehmer dadurch entgangen ist, dass der Handelsvertreter vertragswidrig Geschäfte nicht für ihn, sondern für einen Konkurrenten vermittelt hat (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.1996 - VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006, 1008). Dagegen muss der vertragsbrüchige Handelsvertreter die Vergütung , die er von dem Konkurrenten für die für diesen unter Verstoß gegen das ihm auferlegte Wettbewerbsverbot vermittelten Geschäfte erhalten hat, nicht herausgeben (BGH, Urt. v. 23.1.1964 - VII ZR 133/62, NJW 1964, 817 f.; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 86 Rdn. 32; MünchKomm.HGB/von Hoyningen-Huene, 2. Aufl., § 86 Rdn. 44; Löwisch in Ebenroth/Boujong/ Joost, HGB, § 86 Rdn. 45, § 90a Rdn. 38 m.w.N.). Die Wirksamkeit des Vertragsverhältnisses zwischen dem Konkurrenten und dem (vertragsbrüchigen) Handelsvertreter wird demnach durch den von diesem begangenen Verstoß gegen das für ihn im Verhältnis zu seinem bisherigen Vertragspartner bestehende Wettbewerbsverbot nicht berührt. Der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot entfaltet Wirkungen lediglich im Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und seinem Vertragspartner, nicht dagegen gegenüber dem Konkurrenten , für den der Handelsvertreter (vertragswidrig) tätig wird. Die Unternehmer sind ausreichend dadurch geschützt, dass sie ihre vertragsbrüchigen Vertragspartner auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch nehmen können (vgl. dazu Roth in Koller/Roth/Morck, HGB, 6. Aufl., § 86 Rdn. 12 m.w.N.).
- 17
- d) Besondere Umstände, die die Unlauterkeit des Ausnutzens des Vertragsbruchs im Streitfall begründen könnten, sind nicht Gegenstand des Klageantrags und lassen sich auch dem Klägervortrag nicht entnehmen. Weder die Feststellungen des Berufungsgerichts noch der Klägervortrag bieten Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2 auf den Vertragsbruch des Beklagten zu 1 hingewirkt oder ihn dazu veranlasst hat (vgl. BGH GRUR 1994, 447, 448 - Sistierung von Aufträgen). Eine mit dem Ausnutzen des fremden Vertragsbruchs durch die Beklagte zu 2 einhergehende Gefahr der Verwertung von Geschäfts - oder Betriebsgeheimnissen der Klägerin (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1979 - I ZR 60/77, GRUR 1980, 296, 297 = WRP 1980, 325 - Konfektions-Stylist) ist nicht Gegenstand des Klageantrags.
- 18
- e) Der Unterlassungsantrag der Klägerin stellt allein darauf ab, dass die Beklagte zu 2 Mitarbeiter der Klägerin beschäftigt, von denen sie weiß oder wissen muss, dass diesen aufgrund einer vertraglichen Bindung zur Klägerin eine Tätigkeit für Dritte nicht gestattet ist. Ihr Unterlassungsbegehren ist demnach darauf gerichtet, der Beklagten zu 2 ein bloßes Ausnutzen eines Vertragsbruchs von Mitarbeitern der Klägerin zu untersagen, wobei die Klägerin den die Unlauterkeit begründenden Umstand darin sieht, dass die Beklagte zu 2 Kenntnis von dem Vertragsbruch des Mitarbeiters hat oder haben muss. Die Revision macht mit Erfolg geltend, dass die Beschäftigung des Beklagten zu 1 durch die Beklagte zu 2 unter bedingt vorsätzlicher Missachtung der vertraglichen Bindung des Beklagten zu 1 an die Klägerin eine Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten zu 2 nicht zu begründen vermag. Die Unlauterkeit des Ausnutzens eines fremden Vertragsbruchs kann nicht allein aus der Kenntnis oder dem Kennenmüssen des ausgenutzten Vertragsbruchs hergeleitet werden (ebenso Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 10.111; Ohly in Piper /Ohly aaO § 4 Rdn. 10/29; Omsels in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 29).
- 19
- aa) Das Berufungsgericht hat sich zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht auf ältere Entscheidungen des Senats berufen, in denen der Senat eine bedingt vorsätzliche Missachtung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Begründung der Wettbewerbswidrigkeit hat ausreichen lassen (BGH, Urt. v. 4.5.1973 - I ZR 11/72, GRUR 1974, 97, 98 = WRP 1973, 410 - Spielautomaten II; BGH GRUR 1976, 372, 374 f. - Möbelentwürfe; vgl. auch BGH, Urt. v. 19.10.1966 - Ib ZR 156/64, GRUR 1967, 138, 141 = WRP 1967, 26 - Streckenwerbung). Diese Entscheidungen sind überholt. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats genügt, wie oben bereits ausgeführt, die Missachtung einer zwischen dem Wettbewerber und einem Dritten bestehenden Ausschließlichkeitsbindung nicht zur Begründung der Unlauterkeit des Ausnutzens eines fremden Vertragsbruchs (BGHZ 143, 232, 240 ff. - Außenseiteranspruch II; BGH GRUR 2002, 795, 798 - Titelexklusivität). Für den Bereich der selektiven Vertriebssysteme hat der Senat ausdrücklich entschieden, dass der Außenseiter, der systemgebundene Ware erwirbt, nicht unlauter handelt, obwohl er den Vertragsbruch eines gebundenen Händlers ausnutzt. Ersichtlich ist der Senat dabei davon ausgegangen, dass der Außenseiter in aller Regel Kenntnis von der Vertriebsbindung der Ware hat oder zumindest haben kann und er nicht schon wegen dieser Kenntnis oder Kenntnismöglichkeit grundsätzlich wettbewerbswidrig handelt (so ausdrücklich BGH, Urt. v. 16.3.2006 - I ZR 92/03, GRUR 2006, 879 Tz 12 = WRP 2006, 1027 - Flüssiggastank).
- 20
- bb) Auch im vorliegenden Fall besteht das Wettbewerbsverbot des Beklagten zu 1 nur im Verhältnis zur Klägerin. Allein der Klägerin gegenüber ist der Beklagte zu 1 verpflichtet, eine Konkurrenztätigkeit zu unterlassen. Rechtli- che Wirkungen gegenüber der Beklagten zu 2 als Wettbewerberin der Klägerin vermag die Verpflichtung des Beklagten zu 1 aus dem Vertragsverhältnis zur Klägerin nicht zu entfalten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der Umstand, dass die Beklagte zu 2 die vertragliche Bindung des Beklagten zu 1 und damit dessen Vertragsbruch gekannt hat oder hätte kennen müssen, die Unlauterkeit ihres Verhaltens nicht begründen.
- 21
- Die Feststellung der Unlauterkeit erfordert eine funktionelle, d.h. am Schutzzweck des Wettbewerbsrechts (§ 1 UWG) ausgerichtete Betrachtung (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 3 UWG Rdn. 41). Aufgabe des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist es, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher und Mitbewerber, zu regeln (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 1 UWG, BTDrucks. 15/1487, S. 15). Hat eine Handlung in diesem Sinne bei objektiver Betrachtung nachteilige Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen, die so erheblich sind, dass sie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes von den Marktteilnehmern nicht hingenommen werden müssen, dann ist für ihre Bewertung als unlauter der subjektive Kenntnisstand des Handelnden ohne Bedeutung (vgl. BGHZ 163, 265, 270 - Atemtest - zu § 4 Nr. 11 UWG; Ullmann, jurisPK-UWG § 3 Rdn. 27; Schünemann in Harte/Henning aaO § 3 Rdn. 222; Steinbeck, WRP 2005, 1351, 1354). Handelt es sich bei den nachteiligen Auswirkungen eines Wettbewerbsgeschehens dagegen nur um solche Beeinträchtigungen der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der betroffenen Marktteilnehmer , die sich bei objektiver Betrachtung im Rahmen des zulässigen Wettbewerbs halten und daher grundsätzlich hinzunehmen sind, besteht aufgrund des Schutzzwecks des Gesetzes (gleichfalls) keine Notwendigkeit, das Unlauterkeitsurteil daran zu knüpfen, ob der Handelnde die durch das (objektiv nicht unlautere) Wettbewerbsgeschehen bewirkten Beeinträchtigungen anderer Marktteilnehmer gekannt hat oder hätte kennen müssen oder vielleicht sogar in Kauf genommen hat. Eine (an sich) zulässige Beeinträchtigung wird nicht dadurch unlauter, dass sie in Kenntnis ihrer Wirkungen herbeigeführt wird.
- 22
- cc) Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb veranlasst, weil nunmehr für die Annahme einer unlauteren Mitbewerberbehinderung in § 4 Nr. 10 UWG auf das Erfordernis einer "gezielten" Behinderung abgestellt wird. Durch das Tatbestandsmerkmal des gezielten Handelns soll lediglich klargestellt werden, dass eine Behinderung von Mitbewerbern als bloße Folge des Wettbewerbs nicht ausreicht, um den Tatbestand der unlauteren individuellen Mitbewerberbehinderung zu verwirklichen (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 10, BTDrucks. 15/1487 S. 19). Damit ist nicht gesagt, dass der Tatbestand der individuellen Behinderung von subjektiven Erfordernissen, insbesondere einer auf die Behinderung gerichteten Absicht, abhängig sein soll (Köhler in Hefermehl/ Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 10.10; Seichter aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 6; a.A. MünchKomm.UWG/Jänich § 4 Nr. 10 Rdn. 12; Omsels in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 7). Mit der Regelung des § 4 Nr. 10 UWG sollen lediglich die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Formen des unlauteren Behinderungswettbewerbs erfasst werden (vgl. BT-Drucks. 15/1487, S. 19, 41). In der Rechtsprechung zu § 1 UWG a.F. ist ein wettbewerbswidriger Behinderungswettbewerb jedoch auch für den Fall angenommen worden, dass sich zwar nicht feststellen lässt, dass gezielt der Zweck verfolgt wird, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch zu verdrängen, dieser aber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann (vgl. BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale.de; BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 905 = WRP 2002, 1050 - Vanity-Nummer). Dem Tatbestandsmerkmal der gezielten Absicht lässt sich andererseits auch nicht entnehmen, dass (allein) die subjektive Kenntnis der einen Mitbewerber behindernden Umstände die Unlauterkeit begründen kann, wenn sich die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmög- lichkeiten des Mitbewerbers objektiv im Rahmen dessen hält, was dem Wettbewerb als solchen eigen ist.
- 23
- dd) Die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung ist allerdings - auch beim Abwerben von Mitarbeitern - überschritten , wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 29/02, GRUR 2005, 581, 582 = WRP 2005, 881 - The Colour of Elégance, m.w.N.) oder wenn die Behinderung derart ist, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann (BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale.de; BGH GRUR 2002, 902, 905 - VanityNummer ; Großkomm.UWG/Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 3). Davon kann beim bloßen Ausnutzen des Vertragsbruchs eines abgeworbenen Mitarbeiters durch den Mitbewerber jedoch auch dann nicht ausgegangen werden, wenn der Mitbewerber den Vertragsbruch kennen musste oder sogar kannte. Nach der Lebenserfahrung beruht die Beschäftigung eines Mitarbeiters in erster Linie darauf , dass dessen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Förderung des eigenen Wettbewerbs nutzbar gemacht werden sollen. Der Umstand, dass der Mitarbeiter vertraglich noch anderweitig gebunden ist, rechtfertigt ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte auch dann keine andere Beurteilung, wenn der neue Dienstherr von der vertraglichen Bindung und damit von dem Vertragsbruch des Mitarbeiters Kenntnis hat. Die bloße Kenntnis allein kann nicht dazu führen, dass schon aus diesem Grunde die mit der Abwerbung verbundene Behinderung ein solches Ausmaß erreicht, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt nicht mehr in angemessener Weise durch eigene Anstrengung zur Geltung bringen kann.
- 24
- Die Unlauterkeit des Ausnutzens des fremden Vertragsbruchs ergibt sich ferner nicht daraus, dass schon die bloße Bereitschaft des Mitbewerbers, den vertragsbrüchigen Arbeitnehmer zu beschäftigen, diesen in seinem Entschluss, vertragsbrüchig zu werden, bestärken und darin eine gewisse Förderung des Vertragsbruchs liegen kann. Auch das genügt im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung nicht, um die Unlauterkeit des Verhaltens des neuen Dienstherrn zu begründen. Soweit im Schrifttum in diesem Zusammenhang auf die Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 2 GewO a.F. hingewiesen worden ist, nach der ein Arbeitgeber, der einen Gesellen oder Gehilfen annahm, von dem er wusste, dass dieser noch einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit verpflichtet war, dem früheren Arbeitgeber zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet war (vgl. Piper, GRUR 1990, 643, 647; v. Maltzahn, GRUR 1981, 788, 790), braucht der Frage, ob dem eine sich auch auf das wettbewerbsrechtliche Unlauterkeitsurteil auswirkende Wertung zugrunde lag, nicht (mehr) nachgegangen zu werden. Denn diese Regelung ist durch Art. 1 Nr. 20 des Dritten Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlichen Vorschriften vom 24. August 2002 (BGBl. I S. 3412) mit Wirkung zum 1. Januar 2003 zusammen mit anderen inhaltlich nicht mehr als zeitgemäß angesehenen Vorschriften ersatzlos entfallen (vgl. dazu Begründung des Regierungsentwurfs BTDrucks. 14/8796, S. 16, 26 zu Art. 1 Nr. 20).
- 25
- III. Auf die Revision der Beklagten zu 2 ist daher das Berufungsurteil insoweit aufzuheben, als zu deren Nachteil entschieden worden ist. Die landgerichtliche Entscheidung mit der Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 ist wiederherzustellen.
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 08.10.2003 - 12 O 22/03 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 24.06.2004 - 4 U 176/03 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Wärme- und Wasserverbrauchserfassung und deren Abrechnung.
Der Vater des Beklagten war bis zum 31. Dezember 2000 Handelsvertreter der Klägerin im Bezirk B. . Der Beklagte war zunächst Angestellter seines Vaters. Danach machte er sich als Franchisenehmer des Unternehmens D. Meßdienst selbständig.
Ende November 2000 stellte die Klägerin fest, daß im Bezirk B. mehr als 20 Kunden die Verträge mit ihr gekündigt hatten. Die Kündigungsschreiben stimmten in Wortlaut und Schriftbild nahezu überein.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe ihre Kunden systematisch veranlaßt, vorgefertigte Kündigungsschreiben zu unterschreiben, und dann mit ihnen selbst Verträge geschlossen. Eine solche Kündigungshilfe sei schon für sich gesehen wettbewerbswidrig. Hier komme hinzu, daß der Beklagte die Abwerbung der Kunden bereits vorbereitet habe, als er noch - als Angestellter seines Vaters - für sie tätig gewesen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Kündigungshilfe bei Kunden der Klägerin im Bereich der Heiz-, Warmwasser- und Kaltwasserkostenerfassung sowie deren Abrechnung zu leisten, und zwar durch Abfassung von Kündigungsformulierungen und/ oder deren Vorlage bei Kunden der Klägerin und/oder deren Unterstützung im Rahmen der Auseinandersetzung aufgrund der Kündigung von Vertragsverhältnissen zwischen Kunden und der Klägerin. Die Klägerin hat zudem im Wege der Stufenklage beantragt, den Beklagten zu verurteilen, hinsichtlich der im Unterlassungsantrag genannten Handlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen sowie erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern. Sie hat weiter beantragt, den Beklagten zu verurteilen, Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft und Rechnungslegung festzusetzenden Höhe zu leisten.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Es hat dazu ausgeführt:
Der Beklagte habe nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG (a.F.) gehandelt. Es könne unterstellt werden, daß er den Kunden der Klägerin Kündigungshilfe geleistet habe, indem er ihnen vorgefertigte Schreiben zur Kündigung ihres Vertragsverhältnisses zur Verfügung gestellt habe. Ein solches Verhalten sei jedoch grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dem Beklagten sei es nicht verwehrt, Kunden der Klägerin dadurch Kündigungshilfe zu leisten, daß er ihnen Kündigungsschreiben vorformulierte und vorlegte. Ein solches Verhalten ist ohne Hinzutreten besonderer Umstände wettbewerbsrechtlich weder als unangemessen unsachliche Einflußnahme auf Verbraucher noch als unlautere gezielte Behinderung eines Mitbewerbers zu beurteilen (§§ 3, 4 Nr. 1 und 10 UWG; § 1 UWG a.F.).
a) Nach Erlaß des Berufungsurteils ist am 8. Juli 2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) in Kraft getreten und zugleich das frühere Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb außer Kraft getreten (§ 22 UWG). Diese Rechtsänderung ist auch im Revisionsverfahren zu beachten (BGH, Urt. v. 2.12.2004 - I ZR 30/02, GRUR 2005, 349, 352 = WRP 2005, 476 - Klemmbausteine III, für BGHZ vorgesehen).
Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch der Klägerin, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, kann nur bestehen, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten des Beklagten zur Zeit seiner Begehung solche Unterlassungsansprüche begründet hat und diese Ansprüche auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben sind (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen , m.w.N.). Die Frage, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche und - als Hilfsansprüche zur Durchsetzung der Schadensersatzansprüche - Auskunftsansprüche zustehen, richtet sich jeweils nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht (vgl. BGH GRUR 2005, 166, 167 - Puppenausstattungen ).
b) Es gehört zum Wesen des Wettbewerbs, daß Kunden abgeworben werden. Im Wettbewerb hat grundsätzlich niemand Anspruch auf Erhaltung seines Kundenstamms. Kunden zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung unter Beachtung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen zu bestimmen , ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 303/01, GRUR 2004, 704, 705 = WRP 2004, 1021 - Verabschiedungsschreiben, m.w.N.). Ebenso ist es wettbewerbskonform, Kündigungshilfe durch Hinweise auf Notwendigkeit, Frist und Form einer Kündigung zu leisten, solange dabei nicht unlautere Mittel eingesetzt werden (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001
- I ZR 124/99, GRUR 2002, 548, 549 = WRP 2002, 524 - Mietwagenkostenersatz
).
c) Die Frage, ob es wettbewerbsrechtlich unlauter ist, Kunden eines Mitbewerbers dadurch abzuwerben, daß ihnen vorformulierte Kündigungsschreiben zur Unterzeichnung vorgelegt werden, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: OLG Köln GRUR 1990, 536; OLG München GRUR 1994, 136, 137; OLG Nürnberg NJW-RR 1991, 233, 234; v. Gamm, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 234; Nordemann, Wettbewerbsrecht Markenrecht, 10. Aufl., Rdn. 1439; Piper, GRUR 1990, 643, 645; verneinend: OLG Brandenburg VersR 2002, 759, 760 f.; OLG Schleswig OLG-Rep 1999, 340, 341; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 10.39; Harte/Henning/Ahrens, UWG, Einl. F. Rdn. 155; Harte/Henning/Omsels ebd. § 4 Nr. 10 Rdn. 88; Bettin, Unlautere Abwerbung, 1999, S. 111 ff., 124 f.; Sasse/Thiemann, GRUR 2003, 921, 923; vgl. auch österr. OGH MR 2002, 402, 403 ff. - Trafikantenzeitung).
d) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der - entsprechend dem Klagevorbringen - festgestellten Umstände zu Recht ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten verneint. Es ist grundsätzlich zulässig, einem vertraglich noch anderweitig gebundenen Kunden ein vorbereitetes Kündigungsschreiben vorzulegen, das nach Einfügung des Kündigungstermins nur noch zu unterschreiben ist. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher wird allein durch eine solche Dienstleistung nicht unsachlich zum Abschluß eines Vertrages mit einem Mitbewerber veranlaßt (vgl. Harte/Henning/Omsels aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 88). Die Benutzung eines vorformulierten Kündigungsschreibens kann allerdings unter Umständen ein wettbewerbswidriges Vorgehen im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG erleichtern. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Abwerbende dem Kunden bei der Kündigung der Vertragsbeziehung zu seinem Mitbewerber nicht nur in dieser Weise behilflich ist, sondern ihn irre-
führt, überrumpelt oder sonst unangemessen unsachlich in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 10.39 f.; Großkomm.UWG/Brandner/Bergmann § 1 Rdn. A 237). Diese Gefahr genügt aber nicht, um schon die Verwendung eines vorformulierten Kündigungsschreibens für sich als wettbewerbswidrig zu beurteilen. Auf hinzutretende besondere Unlauterkeitsumstände stellen die Klageanträge nicht ab; insoweit fehlt es im übrigen auch an einem entsprechenden konkreten Vorbringen der Klägerin.
e) Das Verbot der Verwendung vorgefertigter Kündigungsschreiben kann entgegen der Ansicht der Revision auch nicht teilweise (im Sinne eines Minus) damit begründet werden, der Beklagte habe die vorgefertigten Kündigungsschreiben schon zur Abwerbung benutzt, als er noch Angestellter bei der Handelsvertretung seines Vaters gewesen sei. Das Berufungsurteil enthält zwar insoweit in seinem unstreitigen Tatbestand eine mißverständliche Formulierung, der ein solcher Sachverhalt entnommen werden könnte. Die Klägerin hat jedoch ein solches Vorgehen des Beklagten selbst nicht behauptet. Sie hat vielmehr in der Klageschrift vorgetragen, der Beklagte habe die beanstandete Kündigungshilfe geleistet, nachdem er sich selbständig gemacht habe.
2. Die Revision ist auch unbegründet hinsichtlich der Abweisung des weitergehenden Antrags, dem Beklagten zu verbieten, Kunden bei der Auseinandersetzung mit der Klägerin aufgrund der Kündigung von Vertragsverhältnissen zu unterstützen. Hierzu gibt es keinen entsprechenden Sachvortrag der Klägerin. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rüge.
3. Aus dem Vorstehenden folgt, daß die auf den Unterlassungsantrag bezogenen weiteren Klageanträge ebenfalls unbegründet sind.
III. Danach war die Revision auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Unlauter handelt, wer
- 1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft; - 2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden; - 3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er - a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, - b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder - c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
- 4.
Mitbewerber gezielt behindert.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Wärme- und Wasserverbrauchserfassung und deren Abrechnung.
Der Vater des Beklagten war bis zum 31. Dezember 2000 Handelsvertreter der Klägerin im Bezirk B. . Der Beklagte war zunächst Angestellter seines Vaters. Danach machte er sich als Franchisenehmer des Unternehmens D. Meßdienst selbständig.
Ende November 2000 stellte die Klägerin fest, daß im Bezirk B. mehr als 20 Kunden die Verträge mit ihr gekündigt hatten. Die Kündigungsschreiben stimmten in Wortlaut und Schriftbild nahezu überein.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe ihre Kunden systematisch veranlaßt, vorgefertigte Kündigungsschreiben zu unterschreiben, und dann mit ihnen selbst Verträge geschlossen. Eine solche Kündigungshilfe sei schon für sich gesehen wettbewerbswidrig. Hier komme hinzu, daß der Beklagte die Abwerbung der Kunden bereits vorbereitet habe, als er noch - als Angestellter seines Vaters - für sie tätig gewesen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Kündigungshilfe bei Kunden der Klägerin im Bereich der Heiz-, Warmwasser- und Kaltwasserkostenerfassung sowie deren Abrechnung zu leisten, und zwar durch Abfassung von Kündigungsformulierungen und/ oder deren Vorlage bei Kunden der Klägerin und/oder deren Unterstützung im Rahmen der Auseinandersetzung aufgrund der Kündigung von Vertragsverhältnissen zwischen Kunden und der Klägerin. Die Klägerin hat zudem im Wege der Stufenklage beantragt, den Beklagten zu verurteilen, hinsichtlich der im Unterlassungsantrag genannten Handlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen sowie erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern. Sie hat weiter beantragt, den Beklagten zu verurteilen, Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft und Rechnungslegung festzusetzenden Höhe zu leisten.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Es hat dazu ausgeführt:
Der Beklagte habe nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG (a.F.) gehandelt. Es könne unterstellt werden, daß er den Kunden der Klägerin Kündigungshilfe geleistet habe, indem er ihnen vorgefertigte Schreiben zur Kündigung ihres Vertragsverhältnisses zur Verfügung gestellt habe. Ein solches Verhalten sei jedoch grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dem Beklagten sei es nicht verwehrt, Kunden der Klägerin dadurch Kündigungshilfe zu leisten, daß er ihnen Kündigungsschreiben vorformulierte und vorlegte. Ein solches Verhalten ist ohne Hinzutreten besonderer Umstände wettbewerbsrechtlich weder als unangemessen unsachliche Einflußnahme auf Verbraucher noch als unlautere gezielte Behinderung eines Mitbewerbers zu beurteilen (§§ 3, 4 Nr. 1 und 10 UWG; § 1 UWG a.F.).
a) Nach Erlaß des Berufungsurteils ist am 8. Juli 2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) in Kraft getreten und zugleich das frühere Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb außer Kraft getreten (§ 22 UWG). Diese Rechtsänderung ist auch im Revisionsverfahren zu beachten (BGH, Urt. v. 2.12.2004 - I ZR 30/02, GRUR 2005, 349, 352 = WRP 2005, 476 - Klemmbausteine III, für BGHZ vorgesehen).
Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch der Klägerin, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, kann nur bestehen, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten des Beklagten zur Zeit seiner Begehung solche Unterlassungsansprüche begründet hat und diese Ansprüche auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben sind (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen , m.w.N.). Die Frage, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche und - als Hilfsansprüche zur Durchsetzung der Schadensersatzansprüche - Auskunftsansprüche zustehen, richtet sich jeweils nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht (vgl. BGH GRUR 2005, 166, 167 - Puppenausstattungen ).
b) Es gehört zum Wesen des Wettbewerbs, daß Kunden abgeworben werden. Im Wettbewerb hat grundsätzlich niemand Anspruch auf Erhaltung seines Kundenstamms. Kunden zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung unter Beachtung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen zu bestimmen , ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 303/01, GRUR 2004, 704, 705 = WRP 2004, 1021 - Verabschiedungsschreiben, m.w.N.). Ebenso ist es wettbewerbskonform, Kündigungshilfe durch Hinweise auf Notwendigkeit, Frist und Form einer Kündigung zu leisten, solange dabei nicht unlautere Mittel eingesetzt werden (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001
- I ZR 124/99, GRUR 2002, 548, 549 = WRP 2002, 524 - Mietwagenkostenersatz
).
c) Die Frage, ob es wettbewerbsrechtlich unlauter ist, Kunden eines Mitbewerbers dadurch abzuwerben, daß ihnen vorformulierte Kündigungsschreiben zur Unterzeichnung vorgelegt werden, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: OLG Köln GRUR 1990, 536; OLG München GRUR 1994, 136, 137; OLG Nürnberg NJW-RR 1991, 233, 234; v. Gamm, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 234; Nordemann, Wettbewerbsrecht Markenrecht, 10. Aufl., Rdn. 1439; Piper, GRUR 1990, 643, 645; verneinend: OLG Brandenburg VersR 2002, 759, 760 f.; OLG Schleswig OLG-Rep 1999, 340, 341; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 10.39; Harte/Henning/Ahrens, UWG, Einl. F. Rdn. 155; Harte/Henning/Omsels ebd. § 4 Nr. 10 Rdn. 88; Bettin, Unlautere Abwerbung, 1999, S. 111 ff., 124 f.; Sasse/Thiemann, GRUR 2003, 921, 923; vgl. auch österr. OGH MR 2002, 402, 403 ff. - Trafikantenzeitung).
d) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der - entsprechend dem Klagevorbringen - festgestellten Umstände zu Recht ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten verneint. Es ist grundsätzlich zulässig, einem vertraglich noch anderweitig gebundenen Kunden ein vorbereitetes Kündigungsschreiben vorzulegen, das nach Einfügung des Kündigungstermins nur noch zu unterschreiben ist. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher wird allein durch eine solche Dienstleistung nicht unsachlich zum Abschluß eines Vertrages mit einem Mitbewerber veranlaßt (vgl. Harte/Henning/Omsels aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 88). Die Benutzung eines vorformulierten Kündigungsschreibens kann allerdings unter Umständen ein wettbewerbswidriges Vorgehen im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG erleichtern. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Abwerbende dem Kunden bei der Kündigung der Vertragsbeziehung zu seinem Mitbewerber nicht nur in dieser Weise behilflich ist, sondern ihn irre-
führt, überrumpelt oder sonst unangemessen unsachlich in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 10.39 f.; Großkomm.UWG/Brandner/Bergmann § 1 Rdn. A 237). Diese Gefahr genügt aber nicht, um schon die Verwendung eines vorformulierten Kündigungsschreibens für sich als wettbewerbswidrig zu beurteilen. Auf hinzutretende besondere Unlauterkeitsumstände stellen die Klageanträge nicht ab; insoweit fehlt es im übrigen auch an einem entsprechenden konkreten Vorbringen der Klägerin.
e) Das Verbot der Verwendung vorgefertigter Kündigungsschreiben kann entgegen der Ansicht der Revision auch nicht teilweise (im Sinne eines Minus) damit begründet werden, der Beklagte habe die vorgefertigten Kündigungsschreiben schon zur Abwerbung benutzt, als er noch Angestellter bei der Handelsvertretung seines Vaters gewesen sei. Das Berufungsurteil enthält zwar insoweit in seinem unstreitigen Tatbestand eine mißverständliche Formulierung, der ein solcher Sachverhalt entnommen werden könnte. Die Klägerin hat jedoch ein solches Vorgehen des Beklagten selbst nicht behauptet. Sie hat vielmehr in der Klageschrift vorgetragen, der Beklagte habe die beanstandete Kündigungshilfe geleistet, nachdem er sich selbständig gemacht habe.
2. Die Revision ist auch unbegründet hinsichtlich der Abweisung des weitergehenden Antrags, dem Beklagten zu verbieten, Kunden bei der Auseinandersetzung mit der Klägerin aufgrund der Kündigung von Vertragsverhältnissen zu unterstützen. Hierzu gibt es keinen entsprechenden Sachvortrag der Klägerin. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rüge.
3. Aus dem Vorstehenden folgt, daß die auf den Unterlassungsantrag bezogenen weiteren Klageanträge ebenfalls unbegründet sind.
III. Danach war die Revision auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Unlauter handelt, wer
- 1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft; - 2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden; - 3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er - a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, - b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder - c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
- 4.
Mitbewerber gezielt behindert.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Freiburg vom 8. Oktober 2003 zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Klägerin des landgerichtlichen Verfahrens haben die Klägerin 34 % und der Beklagte zu 1 66 % zu tragen.
Von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Klägerin des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 98 % und der Beklagte zu 1 2 % zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 des landgerichtlichen und des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 des landgerichtlichen und des Berufungsverfahrens verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts.
Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde- und des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin und die Beklagte zu 2 sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen; sie vermitteln Versicherungsverträge.
- 2
- Der Beklagte zu 1 war seit 1994 als Außendienstmitarbeiter für Vermögensberatung in der Rechtsstellung eines Handelsvertreters für die Klägerin tätig. Er kündigte das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 14. August 2002. Die Klägerin teilte ihm hierauf mit, dass das Vertragsverhältnis nach Maßgabe der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist mit Ablauf des 31. März 2004 ende. Da sie erfahren haben wollte, dass der Beklagte zu 1 eine Tätigkeit für die Beklagte zu 2 aufgenommen habe, forderte sie ihn zudem wegen dieser Konkurrenztätigkeit zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Der Beklagte zu 1 wies mit Schreiben seines anwaltlichen Bevollmächtigten vom 20. Januar 2003 den Vorwurf einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit zurück und kündigte das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos.
- 3
- Nach Ansicht der Klägerin hat ihr Vertragsverhältnis mit dem Beklagten zu 1 nicht vor Ablauf des 31. März 2004 geendet. Der Beklagte zu 1 sei durch die Aufnahme der Tätigkeit für die Beklagte zu 2 vertragsbrüchig geworden. Er habe damit auch wettbewerbswidrig gehandelt. Die Beklagte zu 2 handele, indem sie den Beklagten zu 1 beschäftige, gleichfalls wettbewerbswidrig.
- 4
- Die Klägerin hat dementsprechend gegen den Beklagten zu 1 Klage auf Feststellung der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31. März 2004 erhoben und die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.
- 5
- Die Vorinstanzen haben der Klage gegen den Beklagten zu 1 teilweise stattgegeben. Es ist rechtskräftig festgestellt worden, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 durch die fristlose Kündigung des Beklagten zu 1 vom 21. Januar 2003 nicht beendet worden ist. Außerdem ist der Beklagte zu 1 unter anderem verurteilt worden (Tenor des angefochtenen Urteils unter I 1.), es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel vor Ablauf des 31. März 2004 zu unterlassen,
a) eine Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen für andere als die Klägerin, etwa für die Beklagte zu 2, auszuüben ;
b) Kunden, die auf Vermittlung der Klägerin Verträge im Finanzdienstleistungsbereich , etwa Versicherungsverträge und Kapitalanlageverträge, abgeschlossen haben, zur Aufgabe oder Einschränkung solcher Verträge zu veranlassen.
- 6
- Der in der ersten Instanz erfolglosen Klage gegen die Beklagte zu 2 hat das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise stattgegeben. Es hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, die Beklagte zu 2 antragsgemäß verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, Außendienstmitarbeiter der Klägerin zu beschäftigen, von denen die Beklagte zu 2 weiß oder wissen muss, dass diesen Mitarbeitern aufgrund der vertraglichen Bindung zur Klägerin eine Vermittlungstätigkeit für andere als die Klägerin nicht gestattet ist, und festgestellt, dass die Beklagte zu 2 verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen , der ihr dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte zu 2 den Beklagten zu 1 in der in Ziffer I 1 des Urteilstenors beschriebenen Weise beschäftigt hat.
- 7
- Der Senat hat die Beschwerde der Klägerin, mit der diese die Zulassung der Revision im Umfange der Abweisung ihrer Klage gegen den Beklagten zu 1 und die Beklagte zu 2 begehrt hat, zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten zu 2 hat der Senat zugelassen, soweit zu deren Nachteil erkannt worden ist. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte zu 2 ihren auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
- 8
- I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 auf Unterlassung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß § 1 UWG a.F. bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 9
- Die Beklagte zu 2 habe sich in wettbewerbswidriger Weise an dem Vertragsbruch des Beklagten zu 1 gegenüber der Klägerin beteiligt. Das Ausnutzen fremden Vertragsbruchs sei wettbewerbswidrig, wenn es unter zumindest mit bedingtem Vorsatz begangener Missachtung von Ausschließlichkeitsbindungen eines Dritten erfolge. Dies sei hier der Fall.
- 10
- Aus dem von der Beklagten zu 2 herausgegebenen "F. Magazin 2/2002" ergebe sich zweifelsfrei, dass der Beklagte zu 1 seit spätestens Mitte des Jahres 2002 als Außendienstmitarbeiter für die Beklagte zu 2 tätig gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich aber in ungekündigter Stellung bei der Klägerin befunden und dem vertraglich ausdrücklich vereinbarten sowie aus § 86 Abs. 1 HGB folgenden Verbot einer Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen unterlegen. Die Beklagte zu 2 habe entweder positiv von dem ungekündigten Vertragsverhältnis des Beklagten zu 1 zur Klägerin und damit von dessen Konkurrenzverbot gewusst oder zumindest mit diesem gerechnet. Sie müsse sich daher die Indienstnahme des Beklagten zu 1 als gemäß § 1 UWG (a.F.) wettbewerbswidriges Ausnutzen fremden Vertragsbruchs anrechnen lassen. Begründet sei daher auch der auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2 gerichtete Klageantrag, soweit er sich auf den der Klägerin durch das wettbewerbswidrige Ausspannen des Beklagten zu 1 entstandenen Schaden beziehe.
- 11
- II. Die Revision der Beklagten zu 2 hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 2 erkannt worden ist, und insoweit zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
- 12
- 1. Nach Erlass des Berufungsurteils ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 in Kraft getreten. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte, in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten zu 2 zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war und ein Anspruch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben ist. Die Frage, ob der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zusteht, richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht (vgl. BGH, Urt. v. 7.4.2005 - I ZR 140/02, GRUR 2005, 603, 604 = WRP 2005, 874 - Kündigungshilfe, m.w.N.). Die Voraussetzungen , unter denen die Beschäftigung von noch vertraglich an einen Wettbewerber gebundenen Mitarbeitern als gezielte Behinderung des Wettbewerbers als unlauter anzusehen ist, haben sich durch das Inkrafttreten des neuen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nicht geändert. Im Folgenden braucht daher zwischen altem (§ 1 UWG a.F.) und neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 10 UWG) nicht unterschieden zu werden.
- 13
- 2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Unterlassung der Beschäftigung abgeworbener Außendienstmitarbeiter nach § 8 Abs. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 10 UWG (§ 1 UWG a.F.) gegen die Beklagte zu 2 nicht zu. Ebenso wenig kann die Klägerin deswegen von der Beklagten zu 2 Schadensersatz gemäß § 9 Satz 1 UWG i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 10 UWG (§ 1 UWG a.F.) verlangen.
- 14
- a) Das Abwerben fremder Mitarbeiter ist als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt. Es ist nur dann wettbewerbswidrig, wenn unlautere Be- gleitumstände hinzukommen, insbesondere unlautere Mittel eingesetzt oder unlautere Zwecke verfolgt werden (zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 158, 174, 178 f. - Direktansprache am Arbeitsplatz I, m.w.N.). Unlauter ist es, den Mitarbeiter eines Mitbewerbers zum Vertragsbruch zu verleiten, d.h. gezielt und bewusst auf dessen Vertragsbruch hinzuwirken (vgl. BGH, Urt. v. 17.3.1961 - I ZR 26/60, GRUR 1961, 482, 483 - Spritzgussmaschine; Urt. v. 24.2.1994 - I ZR 74/92, GRUR 1994, 447, 448 = WRP 1994, 511 - Sistierung von Aufträgen; Großkomm.UWG /Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 225, A 244; Ohly in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4 Rdn. 10/28 m.w.N.).
- 15
- b) Das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten, ist dagegen grundsätzlich nicht unlauter, wenn nicht besondere die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten (BGHZ 143, 232, 240 - Außenseiteranspruch II; BGH, Urt. v. 6.6.2002 - I ZR 79/00, GRUR 2002, 795, 798 = WRP 2002, 993 - Titelexklusivität ). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die schuldrechtliche Bindung zwischen dem Wettbewerber und seinem Vertragspartner Dritten gegenüber im Allgemeinen keine rechtlichen Wirkungen zu entfalten vermag und dass die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes schon bei Ausnutzen fremden Vertragsbruchs gewissermaßen zu einer Verdinglichung der schuldrechtlichen Verpflichtungen führen würde (BGHZ 143, 232, 240 - Außenseiteranspruch II; BGH GRUR 2002, 795, 798 - Titelexklusivität).
- 16
- c) Diese Grundsätze gelten auch für das Ausnutzen des Vertragsbruchs eines bei einem Mitbewerber beschäftigten Mitarbeiters (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.1976 - I ZR 108/74, GRUR 1976, 372, 374 = WRP 1976, 237 - Möbelentwürfe ; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 10.109; Ohly in Piper/Ohly aaO § 4 Rdn. 10/29; Omsels in Harte/ Henning, UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 29; Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 87; Fezer/Götting, UWG, § 4-10 Rdn. 42). Jeder Mitarbeiter hat das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht der freien Wahl des Arbeitsplatzes (BVerfGE 97, 169, 175; BGHZ 158, 174, 182 - Direktansprache am Arbeitsplatz I). Dies schließt das Recht ein, selbst über das Ende seines Arbeitsverhältnisses und den Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber zu entscheiden und dabei gegebenenfalls das Risiko einzugehen, durch das neue Arbeitsverhältnis den Vertrag mit dem alten Arbeitgeber zu verletzen. Verstößt ein Handelsvertreter gegen ein (vertragliches oder nachvertragliches) Wettbewerbsverbot, so ist er dem Unternehmer zwar zum Schadensersatz verpflichtet. Insbesondere hat er den Gewinn zu ersetzen, der dem Unternehmer dadurch entgangen ist, dass der Handelsvertreter vertragswidrig Geschäfte nicht für ihn, sondern für einen Konkurrenten vermittelt hat (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.1996 - VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006, 1008). Dagegen muss der vertragsbrüchige Handelsvertreter die Vergütung , die er von dem Konkurrenten für die für diesen unter Verstoß gegen das ihm auferlegte Wettbewerbsverbot vermittelten Geschäfte erhalten hat, nicht herausgeben (BGH, Urt. v. 23.1.1964 - VII ZR 133/62, NJW 1964, 817 f.; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 86 Rdn. 32; MünchKomm.HGB/von Hoyningen-Huene, 2. Aufl., § 86 Rdn. 44; Löwisch in Ebenroth/Boujong/ Joost, HGB, § 86 Rdn. 45, § 90a Rdn. 38 m.w.N.). Die Wirksamkeit des Vertragsverhältnisses zwischen dem Konkurrenten und dem (vertragsbrüchigen) Handelsvertreter wird demnach durch den von diesem begangenen Verstoß gegen das für ihn im Verhältnis zu seinem bisherigen Vertragspartner bestehende Wettbewerbsverbot nicht berührt. Der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot entfaltet Wirkungen lediglich im Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und seinem Vertragspartner, nicht dagegen gegenüber dem Konkurrenten , für den der Handelsvertreter (vertragswidrig) tätig wird. Die Unternehmer sind ausreichend dadurch geschützt, dass sie ihre vertragsbrüchigen Vertragspartner auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch nehmen können (vgl. dazu Roth in Koller/Roth/Morck, HGB, 6. Aufl., § 86 Rdn. 12 m.w.N.).
- 17
- d) Besondere Umstände, die die Unlauterkeit des Ausnutzens des Vertragsbruchs im Streitfall begründen könnten, sind nicht Gegenstand des Klageantrags und lassen sich auch dem Klägervortrag nicht entnehmen. Weder die Feststellungen des Berufungsgerichts noch der Klägervortrag bieten Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2 auf den Vertragsbruch des Beklagten zu 1 hingewirkt oder ihn dazu veranlasst hat (vgl. BGH GRUR 1994, 447, 448 - Sistierung von Aufträgen). Eine mit dem Ausnutzen des fremden Vertragsbruchs durch die Beklagte zu 2 einhergehende Gefahr der Verwertung von Geschäfts - oder Betriebsgeheimnissen der Klägerin (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1979 - I ZR 60/77, GRUR 1980, 296, 297 = WRP 1980, 325 - Konfektions-Stylist) ist nicht Gegenstand des Klageantrags.
- 18
- e) Der Unterlassungsantrag der Klägerin stellt allein darauf ab, dass die Beklagte zu 2 Mitarbeiter der Klägerin beschäftigt, von denen sie weiß oder wissen muss, dass diesen aufgrund einer vertraglichen Bindung zur Klägerin eine Tätigkeit für Dritte nicht gestattet ist. Ihr Unterlassungsbegehren ist demnach darauf gerichtet, der Beklagten zu 2 ein bloßes Ausnutzen eines Vertragsbruchs von Mitarbeitern der Klägerin zu untersagen, wobei die Klägerin den die Unlauterkeit begründenden Umstand darin sieht, dass die Beklagte zu 2 Kenntnis von dem Vertragsbruch des Mitarbeiters hat oder haben muss. Die Revision macht mit Erfolg geltend, dass die Beschäftigung des Beklagten zu 1 durch die Beklagte zu 2 unter bedingt vorsätzlicher Missachtung der vertraglichen Bindung des Beklagten zu 1 an die Klägerin eine Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten zu 2 nicht zu begründen vermag. Die Unlauterkeit des Ausnutzens eines fremden Vertragsbruchs kann nicht allein aus der Kenntnis oder dem Kennenmüssen des ausgenutzten Vertragsbruchs hergeleitet werden (ebenso Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 10.111; Ohly in Piper /Ohly aaO § 4 Rdn. 10/29; Omsels in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 29).
- 19
- aa) Das Berufungsgericht hat sich zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht auf ältere Entscheidungen des Senats berufen, in denen der Senat eine bedingt vorsätzliche Missachtung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Begründung der Wettbewerbswidrigkeit hat ausreichen lassen (BGH, Urt. v. 4.5.1973 - I ZR 11/72, GRUR 1974, 97, 98 = WRP 1973, 410 - Spielautomaten II; BGH GRUR 1976, 372, 374 f. - Möbelentwürfe; vgl. auch BGH, Urt. v. 19.10.1966 - Ib ZR 156/64, GRUR 1967, 138, 141 = WRP 1967, 26 - Streckenwerbung). Diese Entscheidungen sind überholt. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats genügt, wie oben bereits ausgeführt, die Missachtung einer zwischen dem Wettbewerber und einem Dritten bestehenden Ausschließlichkeitsbindung nicht zur Begründung der Unlauterkeit des Ausnutzens eines fremden Vertragsbruchs (BGHZ 143, 232, 240 ff. - Außenseiteranspruch II; BGH GRUR 2002, 795, 798 - Titelexklusivität). Für den Bereich der selektiven Vertriebssysteme hat der Senat ausdrücklich entschieden, dass der Außenseiter, der systemgebundene Ware erwirbt, nicht unlauter handelt, obwohl er den Vertragsbruch eines gebundenen Händlers ausnutzt. Ersichtlich ist der Senat dabei davon ausgegangen, dass der Außenseiter in aller Regel Kenntnis von der Vertriebsbindung der Ware hat oder zumindest haben kann und er nicht schon wegen dieser Kenntnis oder Kenntnismöglichkeit grundsätzlich wettbewerbswidrig handelt (so ausdrücklich BGH, Urt. v. 16.3.2006 - I ZR 92/03, GRUR 2006, 879 Tz 12 = WRP 2006, 1027 - Flüssiggastank).
- 20
- bb) Auch im vorliegenden Fall besteht das Wettbewerbsverbot des Beklagten zu 1 nur im Verhältnis zur Klägerin. Allein der Klägerin gegenüber ist der Beklagte zu 1 verpflichtet, eine Konkurrenztätigkeit zu unterlassen. Rechtli- che Wirkungen gegenüber der Beklagten zu 2 als Wettbewerberin der Klägerin vermag die Verpflichtung des Beklagten zu 1 aus dem Vertragsverhältnis zur Klägerin nicht zu entfalten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der Umstand, dass die Beklagte zu 2 die vertragliche Bindung des Beklagten zu 1 und damit dessen Vertragsbruch gekannt hat oder hätte kennen müssen, die Unlauterkeit ihres Verhaltens nicht begründen.
- 21
- Die Feststellung der Unlauterkeit erfordert eine funktionelle, d.h. am Schutzzweck des Wettbewerbsrechts (§ 1 UWG) ausgerichtete Betrachtung (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 3 UWG Rdn. 41). Aufgabe des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist es, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher und Mitbewerber, zu regeln (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 1 UWG, BTDrucks. 15/1487, S. 15). Hat eine Handlung in diesem Sinne bei objektiver Betrachtung nachteilige Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen, die so erheblich sind, dass sie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes von den Marktteilnehmern nicht hingenommen werden müssen, dann ist für ihre Bewertung als unlauter der subjektive Kenntnisstand des Handelnden ohne Bedeutung (vgl. BGHZ 163, 265, 270 - Atemtest - zu § 4 Nr. 11 UWG; Ullmann, jurisPK-UWG § 3 Rdn. 27; Schünemann in Harte/Henning aaO § 3 Rdn. 222; Steinbeck, WRP 2005, 1351, 1354). Handelt es sich bei den nachteiligen Auswirkungen eines Wettbewerbsgeschehens dagegen nur um solche Beeinträchtigungen der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der betroffenen Marktteilnehmer , die sich bei objektiver Betrachtung im Rahmen des zulässigen Wettbewerbs halten und daher grundsätzlich hinzunehmen sind, besteht aufgrund des Schutzzwecks des Gesetzes (gleichfalls) keine Notwendigkeit, das Unlauterkeitsurteil daran zu knüpfen, ob der Handelnde die durch das (objektiv nicht unlautere) Wettbewerbsgeschehen bewirkten Beeinträchtigungen anderer Marktteilnehmer gekannt hat oder hätte kennen müssen oder vielleicht sogar in Kauf genommen hat. Eine (an sich) zulässige Beeinträchtigung wird nicht dadurch unlauter, dass sie in Kenntnis ihrer Wirkungen herbeigeführt wird.
- 22
- cc) Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb veranlasst, weil nunmehr für die Annahme einer unlauteren Mitbewerberbehinderung in § 4 Nr. 10 UWG auf das Erfordernis einer "gezielten" Behinderung abgestellt wird. Durch das Tatbestandsmerkmal des gezielten Handelns soll lediglich klargestellt werden, dass eine Behinderung von Mitbewerbern als bloße Folge des Wettbewerbs nicht ausreicht, um den Tatbestand der unlauteren individuellen Mitbewerberbehinderung zu verwirklichen (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 10, BTDrucks. 15/1487 S. 19). Damit ist nicht gesagt, dass der Tatbestand der individuellen Behinderung von subjektiven Erfordernissen, insbesondere einer auf die Behinderung gerichteten Absicht, abhängig sein soll (Köhler in Hefermehl/ Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 10.10; Seichter aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 6; a.A. MünchKomm.UWG/Jänich § 4 Nr. 10 Rdn. 12; Omsels in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 7). Mit der Regelung des § 4 Nr. 10 UWG sollen lediglich die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Formen des unlauteren Behinderungswettbewerbs erfasst werden (vgl. BT-Drucks. 15/1487, S. 19, 41). In der Rechtsprechung zu § 1 UWG a.F. ist ein wettbewerbswidriger Behinderungswettbewerb jedoch auch für den Fall angenommen worden, dass sich zwar nicht feststellen lässt, dass gezielt der Zweck verfolgt wird, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch zu verdrängen, dieser aber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann (vgl. BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale.de; BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 905 = WRP 2002, 1050 - Vanity-Nummer). Dem Tatbestandsmerkmal der gezielten Absicht lässt sich andererseits auch nicht entnehmen, dass (allein) die subjektive Kenntnis der einen Mitbewerber behindernden Umstände die Unlauterkeit begründen kann, wenn sich die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmög- lichkeiten des Mitbewerbers objektiv im Rahmen dessen hält, was dem Wettbewerb als solchen eigen ist.
- 23
- dd) Die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung ist allerdings - auch beim Abwerben von Mitarbeitern - überschritten , wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 29/02, GRUR 2005, 581, 582 = WRP 2005, 881 - The Colour of Elégance, m.w.N.) oder wenn die Behinderung derart ist, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann (BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale.de; BGH GRUR 2002, 902, 905 - VanityNummer ; Großkomm.UWG/Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 3). Davon kann beim bloßen Ausnutzen des Vertragsbruchs eines abgeworbenen Mitarbeiters durch den Mitbewerber jedoch auch dann nicht ausgegangen werden, wenn der Mitbewerber den Vertragsbruch kennen musste oder sogar kannte. Nach der Lebenserfahrung beruht die Beschäftigung eines Mitarbeiters in erster Linie darauf , dass dessen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Förderung des eigenen Wettbewerbs nutzbar gemacht werden sollen. Der Umstand, dass der Mitarbeiter vertraglich noch anderweitig gebunden ist, rechtfertigt ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte auch dann keine andere Beurteilung, wenn der neue Dienstherr von der vertraglichen Bindung und damit von dem Vertragsbruch des Mitarbeiters Kenntnis hat. Die bloße Kenntnis allein kann nicht dazu führen, dass schon aus diesem Grunde die mit der Abwerbung verbundene Behinderung ein solches Ausmaß erreicht, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt nicht mehr in angemessener Weise durch eigene Anstrengung zur Geltung bringen kann.
- 24
- Die Unlauterkeit des Ausnutzens des fremden Vertragsbruchs ergibt sich ferner nicht daraus, dass schon die bloße Bereitschaft des Mitbewerbers, den vertragsbrüchigen Arbeitnehmer zu beschäftigen, diesen in seinem Entschluss, vertragsbrüchig zu werden, bestärken und darin eine gewisse Förderung des Vertragsbruchs liegen kann. Auch das genügt im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung nicht, um die Unlauterkeit des Verhaltens des neuen Dienstherrn zu begründen. Soweit im Schrifttum in diesem Zusammenhang auf die Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 2 GewO a.F. hingewiesen worden ist, nach der ein Arbeitgeber, der einen Gesellen oder Gehilfen annahm, von dem er wusste, dass dieser noch einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit verpflichtet war, dem früheren Arbeitgeber zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet war (vgl. Piper, GRUR 1990, 643, 647; v. Maltzahn, GRUR 1981, 788, 790), braucht der Frage, ob dem eine sich auch auf das wettbewerbsrechtliche Unlauterkeitsurteil auswirkende Wertung zugrunde lag, nicht (mehr) nachgegangen zu werden. Denn diese Regelung ist durch Art. 1 Nr. 20 des Dritten Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlichen Vorschriften vom 24. August 2002 (BGBl. I S. 3412) mit Wirkung zum 1. Januar 2003 zusammen mit anderen inhaltlich nicht mehr als zeitgemäß angesehenen Vorschriften ersatzlos entfallen (vgl. dazu Begründung des Regierungsentwurfs BTDrucks. 14/8796, S. 16, 26 zu Art. 1 Nr. 20).
- 25
- III. Auf die Revision der Beklagten zu 2 ist daher das Berufungsurteil insoweit aufzuheben, als zu deren Nachteil entschieden worden ist. Die landgerichtliche Entscheidung mit der Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 ist wiederherzustellen.
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 08.10.2003 - 12 O 22/03 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 24.06.2004 - 4 U 176/03 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 15. März 2001 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen hinsichtlich der Kostenentscheidung und insoweit geändert, als die Klägerin auf die Widerklage verurteilt worden ist, die Anmeldungen der Gemeinschaftsmarken Anmeldenummer 1 552 918 Wort-/Bildmarke "The Colour of Elégance", Anmeldenummer 1 552 611 Wort-/Bildmarke "Casual Elégance" und Anmeldenummer 1 552 314 Wort-/Bildmarke "New Elégance" zurückzunehmen.
Die Widerklage wird insoweit abgewiesen.
Von den Kosten erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt einen Versand- und Einzelhandel sowie ein Franchisesystem für Damenoberbekleidung. Sie firmiert seit 1971 unter "Elégance R. O. GmbH". Zur Kennzeichnung ihres Unternehmens und der von ihr angebotenen Waren und Dienstleistungen verwendet sie im Geschäftsverkehr auch die Bezeichnung "Elégance".
Die Klägerin ist Inhaberin der am 26. Juni 1992 u.a. für "Bekleidungsstücke , Schuhwaren, Kopfbedeckungen" eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 20 16 095
Die Beklagte vertreibt unter ihrer Marke "E. " weltweit im LuxusSegment Damenmode. In einem Artikel in der Ausgabe der Fachzeitschrift "T. " vom 3. Februar 2000 kündigte die Beklagte einen werblichen Auftritt als "E. the great Colours of Elegance" mit den Kollektionen "Great Elegance", "Casual Elegance", "Young Elegance" und "New Elegance" mit einem Marketing-Etat von 84 Mio. DM an.
Die Klägerin, die von dem im Februar erschienenen Artikel Kenntnis erlangte , meldete im März 2000 u.a. für "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" die Gemeinschaftsmarken "Elégance", "The Colour of Elégance" und die mit dem vorangestellten Firmenlogo " " versehenen Wort-/Bildmarken "The Colour of Elégance", "Casual Elégance" und "New Elégance" an.
Den angekündigten Werbeauftritt begann die Beklagte für ihre Herbst-/ Winter-Kollektion 2000 mit der Angabe "THE COLOUR OF ELEGANCE".
Die Klägerin hat darin eine Verletzung ihrer Firmen- und Markenrechte gesehen und die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung begehrt.
Die Beklagte hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - widerklagend beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, die Anmeldungen der Gemeinschaftsmarken Anmeldenummer 1 552 918 Wort-/Bildmarke "The Colour of Elégance", Anmeldenummer 1 552 611 Wort-/Bildmarke "Casual Elégance", Anmeldenummer 1 552 314 Wort-/Bildmarke "New Elégance" und Anmeldenummer 1 559 533 Wortmarke "The Colour of Elégance" zurückzunehmen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hat der Senat nur insoweit zur Entscheidung angenommen, als die Klägerin zur Rücknahme der Anmeldungen der Gemeinschaftsmarken Anmeldenummern 1 552 918, 1 552 611 und 1 552 314 verurteilt worden ist. Während des Revisionsverfahrens sind diese Wort-/Bildzeichen im Register eingetragen worden. Im Umfang der Annahme verfolgt die Klägerin den Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die genannten Gemeinschaftsmarken für nichtig zu erklären sind.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Rücknahme der Markenanmeldungen für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Für die von der Klägerin angemeldeten Marken sei im Fall ihrer Eintragung der absolute Nichtigkeitsgrund des Art. 51 Abs. 1 lit. b der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) gegeben. Die Klägerin sei bei der Anmeldung der Marken bösgläubig gewesen. Der Anmelder einer Marke handele u.a. dann unlauter, wenn er in Kenntnis der Vorbenutzung ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren eine gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit der Absicht eintragen lasse, den Gebrauch für den Vorbenutzer zu sperren oder die an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen. Nachdem sie von dem beabsichtigten Werbeauftritt der Beklagten erfahren habe, habe die Klägerin die Markenanmeldungen vorgenommen. Sie habe für die Marken nur die französische Schreibweise "Elégance" gewählt und bei denWort-/Bildmarken ihr Firmenlogo vorangestellt. Für die erforderliche Absicht, die markenrechtliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, genüge es, daß die Klägerin von der für eine Behinderung notwendigen Verwechslungsgefahr ausgegangen sei. Unerheblich sei, daß die Beklagte die Bezeichnung "Casual Elegance" und "New Elegance" bislang nicht verwende. Die Markenanmeldungen zeigten gerade, daß es sich um eine Reaktion der Klägerin auf die Ankündigung des Werbeauftritts der Beklagten gehandelt habe. Nicht maßgeblich sei weiter, daß die Bezeichnung "THE COLOUR OF ELEGANCE" als beschreibende Angabe schutzunfähig sei. Absicht der Klägerin sei es auch insoweit gewesen, die Beklagte in der Verwendung von "THE COLOUR OF ELEGANCE" zu behindern. Ein sachlicher Grund für die Anmeldung der Ge-
meinschaftsmarken sei nach dem Vortrag der Klägerin nicht erkennbar. Sie habe keinen ernsthaften Willen gehabt, die Marken zur Kennzeichnung von Waren zu benutzen, sondern habe lediglich versucht, um ihr Firmenschlagwort "Elégance" eine möglichst hohe Schutzzone aufzubauen. Derartige Defensivmarken seien nicht zur Benutzung als Marke bestimmt und stellten jedenfalls dann einen Behinderungswettbewerb dar, wenn sie sich, wie im Streitfall, gezielt gegen einen bestimmten Wettbewerber richteten.
Nach Art. 51 Abs. 1 lit. b GMV könne im Verletzungsverfahren die Nichtigkeit einer eingetragenen Marke mit einer Widerklage geltend gemacht werden. Vor der Markeneintragung könne aufgrund eines Beseitigungsanspruchs die Rücknahme der Markenanmeldungen begehrt werden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Abweisung der Widerklage , soweit die Klägerin verurteilt worden ist, die Anmeldungen der Gemeinschaftsmarken Anmeldenummer 1 552 918 Wort-/Bildmarke "The Colour of Elégance", Anmeldenummer 1 552 611 Wort-/Bildmarke "Casual Elégance" und Anmeldenummer 1 552 314 Wort-/Bildmarke "New Elégance" zurückzunehmen.
1. Die auf Rücknahme der Anmeldung von Gemeinschaftsmarken gerichtete Widerklage ist zulässig.
Allerdings sieht die Gemeinschaftsmarkenverordnung eine auf Erklärung der Nichtigkeit der Marke gerichtete Widerklage gemäß Art. 51 Abs. 1 GMV nur im Verletzungsverfahren aus der angegriffenen Gemeinschaftsmarke nach Art. 92 lit. a GMV vor (vgl. Eisenführ in Eisenführ/Schennen, Gemeinschaftsmarkenverordnung , Art. 92 Rdn. 9), während die Klägerin aus ihrer nationalen
Marke gegen die Beklagte vorgegangen ist. Im Streitfall hat die Beklagte jedoch keine Widerklage auf Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung erhoben, sondern einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf Rücknahme der Markenanmeldungen nach deutschem Wettbewerbsrecht verfolgt. Daß die Beklagte nach Eintragung der Gemeinschaftsmarken im Revisionsverfahren ihren Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarken gerichtet hat, ändert nichts daran, daß der Klage ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch zugrunde liegt. Entsprechend haben die Vorinstanzen die Rücknahme der Gemeinschaftsmarkenanmeldungen auf einen wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruch nach § 1 UWG a.F. gestützt.
2. Der Beklagten steht ein Anspruch auf Rücknahme der Anmeldung der Gemeinschaftsmarken "The Colour of Elégance", "Casual Elégance" und "New Elégance" nach §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG nicht zu.
Die Klägerin hat die Gemeinschaftsmarken nicht bösgläubig angemeldet. Es kann daher offenbleiben, ob aufgrund nationalen Wettbewerbsrechts gegen eine Gemeinschaftsmarke auf Erklärung der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke wegen bösgläubiger Markenanmeldung vorgegangen werden kann oder der Antrag beim Harmonisierungsamt sowie die Widerklage im Verletzungsverfahren nach Art. 51 Abs. 1 lit. b GMV abschließende Regelungen darstellen.
a) Der Begriff der Bösgläubigkeit in Art. 51 Abs. 1 lit. b GMV und in Art. 3 Abs. 2 lit. d MRRL, der nach der bis 31. Mai 2004 gültigen Rechtslage durch § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a.F. umgesetzt wurde und nunmehr durch § 8 Abs. 2 Nr. 10, § 50 Abs. 1 MarkenG umgesetzt wird, entsprechen sich inhaltlich (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 50 Rdn. 21; Eisenführ in Eisenführ/Schennen aaO Art. 51 Rdn. 4). Von einer bösgläubigen Markenanmeldung ist auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmißbräuchlich oder sittenwidrig ist (vgl. BGH,
Beschl. v. 30.10.2003 - I ZB 9/01, GRUR 2004, 510, 511 = WRP 2004, 766 - S 100; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 95 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 89). Der Anmelder eines Kennzeichens handelt allerdings nicht schon deshalb unlauter, weil er weiß, daß ein anderer dasselbe Zeichen im Inland für gleiche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn auf seiten des Zeicheninhabers besondere Umstände vorliegen , die die Erwirkung der Zeicheneintragung als sittenwidrig im Sinne der genannten Vorschriften erscheinen lassen. Derartige Umstände können darin liegen , daß der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen. Das wettbewerblich Verwerfliche kann auch darin gesehen werden, daß ein Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 414 = WRP 1998, 373 - Analgin; Urt. v. 19.2.1998 - I ZR 138/95, GRUR 1998, 1034, 1037 = WRP 1998, 978 - Makalu; Urt. v. 10.8.2000 - I ZR 283/97, GRUR 2000, 1032, 1034 = WRP 2000, 1293 - EQUI 2000; Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 235/00, GRUR 2003, 428, 431 = WRP 2003, 647 - BIG BERTHA). Davon kann bei den in Rede stehenden Markenanmeldungen nicht ausgegangen werden.
b) Einen schutzwürdigen Besitzstand an den im Beitrag der Zeitschrift "T. " vom 3. Februar 2000 für den neuen werblichen Auftritt der Beklagten genannten Bezeichnungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Den Erwerb eines schutzwürdigen Besitzstandes innerhalb eines Zeitraums von
eineinhalb Monaten bis zu den Anmeldungen der Gemeinschaftsmarken durch die Klägerin hat die Beklagte auch nicht geltend gemacht.
c) Die Markenanmeldungen sind auch nicht deshalb unlauter, weil sie nicht zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt werden. Dieser Tatbestand erfordert neben einer objektiven Eignung des Zeichens, eine Sperrwirkung zu entfalten und als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt zu werden , eine entsprechende Absicht des Anmeldenden (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1985 - I ZR 135/83, GRUR 1986, 74, 76 f. = WRP 1986, 142 - Shamrock
III).
aa) Entgegen der Ansicht der Revision fehlt es daran nicht bereits deshalb , weil die Beklagte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die ausschließlich verwendete Wortfolge "THE COLOUR OF ELEGANCE" nur beschreibend und nicht markenmäßig benutzt. Zwar greift ein Schutz nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV nur ein, wenn die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung kennzeichenmäßig erfolgt (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273 Tz. 51 ff. = GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club; BGH, Urt. v. 1.4.2004 - I ZR 23/02, GRUR 2004, 947, 948 = WRP 2004, 1364 - Gazoz). Aus den Gemeinschaftsmarken kann die Klägerin nach den Markeneintragungen gegen eine nur beschreibende Verwendung durch die Beklagte zwar nicht mit Erfolg vorgehen. Wegen der im Einzelfall schwierigen Abgrenzung zwischen einer markenmäßigen und einer beschreibenden Verwendung einer Bezeichnung schließt dies für sich genommen die Eignung der von der Klägerin angemeldeten Marken jedoch nicht aus, zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes gegen die Beklagte eingesetzt zu werden.
bb) Es fehlt jedoch an einer wettbewerbswidrigen Behinderungsabsicht auf seiten der Klägerin (vgl. hierzu BGH GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI 2000; Fezer aaO § 50 Rdn. 29; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., Vor §§ 14-19 Rdn. 169; Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 50 Rdn. 22 ff.; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 10.84; Fezer/Götting, UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 95). Die Klägerin schreibt mit der Anmeldung der mit ihrem Firmenlogo gebildeten Gemeinschaftsmarken lediglich ihre "Markenfamilie" fort. Bei einer Pflege des eigenen Markenbestandes steht die Tendenz im Vordergrund, einen Einbruch fremder Bezeichnungen in den eigenen Markenbestand zu verhindern. Daran hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse. Ihr Verhalten, bei dem nicht die Störung der Beklagten als Mitbewerberin, sondern die Förderung des eigenen Wettbewerbs im Vordergrund steht, reicht für die Feststellung einer auf die Behinderung der Beklagten gerichteten Absicht nicht aus (vgl. auch Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 10.7; Fezer/Götting aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 96; Harte/Henning/Omsels, UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 7).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von den Kosten des Revisionsrechtszugs tragen die Klägerin 90 vom Hundert und der Beklagte 10 vom Hundert.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 16. Juni 2000 über das Vermögen der S. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 1. September 2000 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Alleingesellschafterin der Schuldnerin war die L. GmbH (nachfolgend: L. ), deren alleinige Gesellschafterin die Klägerin ist. Diese gewährte der früher als DDR-Kombinat geführten, von der Treuhandanstalt privatisierten Schuldnerin - insbesondere in Form von Darlehen - erhebliche finanzielle Hilfen. Nach Verfahrenseröffnung meldete die Klägerin am 11. Oktober 2000 eine Vielzahl von Forderungen zur Insolvenztabelle an. Gegenstand der Anmeldung waren insbesondere "als Darlehen erbrachte vorläufige Beihilfeleistungen" über 54,9 Mio. DM, die auf fünfzehn zwischen der Klägerin und der Schuldnerin im Zeitraum von Juli 1997 bis März 2000 geschlossenen Darlehensverträgen beruhen.
- 3
- Am 28. März 2001 entschied die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: Kommission), dass die Klägerin einen Teilbetrag von 35 Mio. DM der an L. und deren Tochtergesellschaften geflossenen Beihilfen nebst Zinsen gegenüber den Empfängern zurückzufordern habe. Diese Anordnung erstreckte die Kommission am 9. April 2002 auf weitere von der Klägerin der Schuldnerin gewährte Beihilfen. Dementsprechend ergänzte die Klägerin ihre Anmeldung um zusätzliche Forderungen.
- 4
- Durch eine im Jahr 2004 erhobene Klage begehrte die Klägerin nach Widerspruch des Beklagten insbesondere die Feststellung von Forderungen auf Rückzahlung gewährter Darlehen in Höhe von 54,9 Mio. DM. Diese in den Vorinstanzen erfolgreiche Klage wies der Senat durch Urteil vom 5. Juli 2007 (IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103) als unzulässig ab, weil die Klägerin ihre als Darlehen qualifizierten Forderungen nicht in der aufgrund der Entscheidungen der Kommission rechtlich gebotenen Form als Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung angemeldet habe. Deshalb bedürfe es einer Neuanmeldung der Rückforderungsansprüche.
- 5
- Die Klägerin hat nunmehr diese Forderungen am 24. September 2007 unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung abermals angemeldet. Ferner betrifft die Anmeldung Rückgriffsansprüche unter anderem aus Bürgschaft und Schuldbeitritt. Soweit der Beklagte - insbesondere auf die Einrede der Verjährung gestützt - der Anmeldung widersprochen hat, macht die Klägerin mit vorliegender Klage die Feststellung der Forderungen geltend. Dieses Begehren hat das Oberlandesgericht durch die angefochtene Entscheidung weitgehend abgewiesen. Mit der von dem erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Feststellungsanträge weiter. Die Beklagte begehrt mit der Anschlussrevision die Abweisung der Klage, soweit das Berufungsgericht zugunsten der Klägerin zwei Forderungen festgestellt hat.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision und die Anschlussrevision sind nicht begründet.
A.
- 7
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Berufungsantrag zu 1 auf Feststellung einer Forderung über 54,9 Mio. DM sei infolge Verjährung nicht begründet. Die Verjährungsfrist sei aufgrund der Entscheidung der Kommission vom 9. April 2002 spätestens mit Ablauf des Jahres 2002 in Lauf gesetzt worden und Ende des Jahres 2005 verstrichen. Durch die am 24. September 2007 erfolgte Anmeldung habe die Verjährung nicht mehr nach § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB gehemmt werden können. Die allein als vorheriger Hemmungstatbestand in Frage kommende Klage des Vorprozesses sei zwar am 14. Januar 2004 und damit in unverjährter Zeit angebracht worden. Sie habe aber nicht die Hemmung der Verjährung bewirken können, weil sie durch den spezielleren Tatbestand des § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB verdrängt werde. Die insolvenzrechtliche Anfechtungsklage, der eine wirksame Anmeldung nicht vorausgegangen sei, könne eine Hemmung der Verjährung nicht auslösen. Die Anmeldung vom 11. Oktober 2000 habe die geltend gemachte Forderung nicht ordnungsgemäß konkretisiert. Mangels einer wirksamen Anmeldung habe die nachfolgende Feststellungsklage die Verjährung nicht hemmen können.
- 8
- Der Berufungsantrag zu 2 sei in der Hauptsache begründet. Der Antrag erfülle die speziellen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 181 InsO, weil die Klägerin ihr Feststellungsbegehren auf § 812 Abs. 1 BGB stütze und sich hinsichtlich der Unwirksamkeit der Vereinbarung, die zum Erlöschen der Forderung geführt habe, auf die Entscheidung der Kommission vom 9. April 2002 und damit die Gemeinschaftswidrigkeit der in Form des Verzichts auf die Forderung gerichteten Beihilfe berufe. Der Antrag sei in vollem Umfang begründet, weil die Klägerin die Feststellung aus dem ursprünglichen Rechtsgrund als Kaufpreisanspruch , aber auch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB verlangen könne. Die Forderung sei unabhängig von ihrem Rechtsgrund nicht verjährt. Die Klägerin habe die Forderung unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung am 13. Mai 2002 angemeldet und die Verjährung mithin in unverjährter Zeit gehemmt. Falls Gegenstand des Anspruchs die wegen der Unwirksamkeit des Verzichts fortbestehende Kaufpreisforderung sei, ergebe sich der offene Lauf der Verjährungsfrist aus Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB. Die Klägerin könne jedoch seit Verfahrenseröffnung Zinsen nicht im Rang des § 38 InsO, sondern nur im Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO verlangen. Die Rückerstattung der Beihilfe wie auch der auf sie entfallenden Zinsen unterläge den Beschränkungen, die sich aus der Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens und des deshalb eröffneten Insolvenzverfahrens ergäben.
- 9
- Keinen Erfolg habe mangels Nachweises einer Zahlung auch der Berufungsantrag zu 3. Eine Schätzung bilde keine ausreichende Grundlage dafür, dass die Schuldnerin Zahlungen in der von der Kommission angenommenen Höhe tatsächlich erhalten habe. Der Berufungsantrag zu 5 sei weder aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB noch aus § 670 BGB gerechtfertigt. Soweit die Klägerin die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) befriedigt habe, sei nicht ersichtlich, dass sie im Blick auf den von ihr erklärten Schuldbeitritt mit der Schuldnerin eine Ausgleichsverpflichtung vereinbart habe. Die Abtretung vom 26. Januar 2001 trage den geltend gemachten Anspruch nicht, weil zweifelhaft sei, ob sie einen Anspruch der KfW gegen die Schuldnerin zum Gegenstand habe. Darüber hinaus sei die Abtretung nicht an die Klägerin, sondern an die Finanzierungs- und Beratungsgesellschaft (FuB) gerichtet. Der Berufungsantrag zu 6 scheitere, weil der allein in Betracht kommende Anspruch der Klägerin aus § 774 Abs. 1 Satz 1, § 488 Abs. 1 BGB aus ihrem Vorbringen nicht hinreichend zweifelsfrei hervorgehe. Die Zuordnung der in Rede stehenden Zahlung zu den besicherten Darlehen könne nicht festgestellt werden. Der Berufungsantrag zu 7 habe Erfolg. Entsprechend der Anmeldung vom 24. September 2007 mache die Klägerin das vertraglich vereinbarte Entgelt für die Bestellung von Sicherheiten in Form einer Bürgschaft geltend. Die Entgeltlichkeit ergebe sich aus Ziffer 19 b der Allgemeinen Bedingungen für Bürgschaftsübernahmen der Treuhandanstalt.
- 10
- Die Berufung des Beklagten führe zur vollständigen Abweisung des erstinstanzlich unter b) zuerkannten Klageantrags. Die Klägerin könne Zahlung dieses Betrages auf der Grundlage von § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB nicht verlangen , weil die Übereinstimmung des von der Klägerin zur Begründung ihres Begehrens herangezogenen Schreibens der Schuldnerin vom 29. März 2000 mit der in der Entscheidung der Kommission vom 28. März 2001 der Schuldnerin zugeordneten Beihilfe nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne.
B.
- 11
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision und der Anschlussrevision stand.
I.
- 12
- Zutreffend hat das Berufungsgericht die von der Klägerin mit dem Berufungsantrag zu 1 verfolgten Zahlungsansprüche über 28.069.924 € (54,9 Mio. DM) nebst Zinsen als verjährt erachtet. Die Verjährungsfrist für diese im Jahr 2002 entstandene Forderung ist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB spätestens mit dem 31. Dezember 2005 abgelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin keine verjährungshemmenden Maßnahmen verwirklicht.
- 13
- 1. Die dem - durch das Senatsurteil vom 5. Juli 2007 (IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103) rechtskräftig abgeschlossenen - Vorprozess zugrunde liegende Forderungsanmeldung vom 11. Oktober 2000 war nicht geeignet, für diese Forderung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB eine Hemmung der Verjährung auszulösen.
- 14
- a) Nur eine ordnungsgemäße, rechtzeitige und vollständige Forderungsanmeldung hemmt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB die Verjährung. Die Anmeldung muss den in der Insolvenzordnung insoweit aufgestellten Anforderun- gen genügen. Fehlt es daran, wird durch die Anmeldung der Ablauf der Verjährung nicht gehindert (RGZ 39, 37, 44 f; MünchKomm-InsO/Nowak, 2. Aufl., § 174 Rn. 24; BK-InsO/Gruber, 2011, § 174 Rn. 74; HmbKomm-InsO/Preß/ Henningsmeier, 4. Aufl., § 174 Rn. 30; FK-InsO/Kießner, 7. Aufl., § 174 Rn. 49; Schaltke/Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 174 Rn. 64; Uhlenbruck /Sinz, InsO, 13. Aufl., § 174 Rn. 56; Braun/Specovius, InsO, 5. Aufl., § 174 Rn. 38; Wagner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2012, § 174 Rn. 20; HKInsO /Depré, 6. Aufl., § 174 Rn. 19; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 204 Rn. 26; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 50; Staudinger/ Peters/Jacoby, BGB, 2009, § 204 Rn. 97; Bamberger/Roth/Henrich, BGB, 3. Aufl., § 204 Rn. 35).
- 15
- Da die Anmeldung eine Form der Rechtsverfolgung darstellt und der Gläubiger aus der Eintragung als Titel die Zwangsvollstreckung betreiben kann (§ 178 Abs. 3 InsO), muss die Forderung zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft eindeutig konkretisiert werden. Die Individualisierung der Forderung dient daneben dem Zweck, den Verwalter und die übrigen Insolvenzgläubiger in den Stand zu versetzen, den geltend gemachten Schuldgrund einer Prüfung zu unterziehen. Mithin hat der Gläubiger bei der Anmeldung den Lebenssachverhalt darzulegen, der in Verbindung mit einem - nicht notwendig ebenfalls vorzutragenden - Rechtssatz die geltend gemachte Forderung als begründet erscheinen lässt (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 10).
- 16
- b) Diesen Anforderungen hat die Klägerin nicht genügt.
- 17
- aa) Die Anmeldung der Forderung als solche aus Darlehen war, wie der Senat bereits in dem zwischen den Parteien geführten Vorprozess entschieden hat (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 15 ff), rechtlich unwirksam, weil es sich infolge der Entscheidungen der Kommission tatsächlich um eine Bereicherungsforderung handelte. Die für die Kennzeichnung der Forderung ausschlaggebende Tatsache ihrer rechtlichen Umgestaltung durch die Entscheidung der Kommission hat die Klägerin bei der Anmeldung nicht mitgeteilt. Deshalb fehlte es an der gebotenen Individualisierung der angemeldeten Forderung. Diesem Mangel kann nur durch eine vor Verjährungsablauf nachzuholende fehlerfreie Neuanmeldung abgeholfen werden (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007, aaO, Rn. 12; vom 22. Januar 2009, aaO, Rn. 17; RGZ 39, 37, 44; Wenner/Schuster, BB 2006, 2649, 2652; Entwurf einer Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, Besonderer Abdruck der amtlichen Vorlage für den Reichstag, 1875, S. 1522), an der es hier fehlt. Bei dieser Sachlage kam der Anmeldung keine verjährungshemmende Wirkung zu.
- 18
- bb) Soweit die Klägerin unter Berufung auf § 286 ZPO geltend macht, die Anmeldung durch Schreiben vom 13. Mai 2002 in unverjährter Zeit korrigiert zu haben, ist die Rüge bereits nicht ordnungsgemäß ausgeführt, weil die in Bezug genommene Anlage K 21 der Klagebegründung vom 21. Januar 2010 dieses Schreiben nicht enthält (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 - IV ZR 67/54, BGHZ 14, 205, 209 f; vom 11. März 2010 - IX ZR 104/08, WM 2010, 815 Rn. 19). Sofern das unter Anlage 20 vorgelegte Schreiben vom 13. Mai 2002 gemeint sein sollte, kann ihm die begehrte Klarstellung im Blick auf die hier in Rede stehende Forderung über 54,9 Mio. DM nicht entnommen werden. Diese Forderung wird in dem Schreiben, das lediglich in allgemeiner Form auf die Entscheidung der Kommission vom 9. April 2002 verweist, nicht einmal erwähnt. Der darin verwendete Begriff einer "Korrektur" der Anmeldung vom 11. Oktober 2000 betrifft der Sache nach lediglich die Anmeldung neuer Forderungen, aber keine Rich- tigstellung oder Erläuterung zu bereits angemeldeten Forderungen. Davon abgesehen ist durch das Urteil vom 5. Juli 2007 (IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103), das als Prozessurteil in Rechtskraft erwächst, die unzureichende Forderungsanmeldung zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellt.
- 19
- 2. War die Forderungsanmeldung unwirksam, konnte die auf ihrer Grundlage im Jahre 2004 erhobene, durch das Senatsurteil vom 5. Juli 2007 (aaO) rechtskräftig als unzulässig abgewiesene Feststellungsklage (§ 179 Abs. 1 InsO) nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu einer Hemmung der Verjährung führen.
- 20
- a) Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, kann für eine Insolvenzforderung eine Hemmung der Verjährung grundsätzlich nur mit Hilfe einer Forderungsanmeldung nach § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB erwirkt werden, weil im Insolvenzverfahren andere Möglichkeiten der Rechtsverfolgung ausscheiden (RGZ 39, 37, 47; 129, 339, 344; BAG, NJW 1986, 1896; Jaeger/Henckel, InsO, § 39 Rn. 4; Jaeger/Gerhardt, aaO § 174 Rn. 106; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2009, § 204 Rn. 98; Vallender, ZInsO 2002, 110; Wenner/Schuster, BB 2006, 2649; Entwurf einer Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, aaO S. 1389).
- 21
- Gemäß § 87 InsO können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch nach den Vorschriften des Insolvenzrechts verfolgen. Sie haben ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden , Zwangsvollstreckungen sind weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig (§ 89 Abs. 1 InsO). Damit soll erreicht werden, dass die Insolvenzgläubiger gleichmäßige Befriedigung erlangen (BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - IX ZR 93/09, WM 2010, 523 Rn. 9; BAG, NJW 1986, 1896; HK-InsO/Kayser, 6. Aufl., § 87 Rn. 1). Insolvenzgläubiger können folglich im Gegensatz zu Aus- und Absonderungsberechtigten sowie Massegläubigern ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren , also durch Anmeldung zur Insolvenztabelle gemäß §§ 174 ff InsO, verfolgen (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 100/04, NZI 2005, 108, 109). Eine gleichwohl gegen den Schuldner erhobene Klage ist unzulässig, weil ihm die passive Prozessführungsbefugnis und dem Gläubiger, der seine Forderung nur noch durch Anmeldung im Insolvenzverfahren realisieren kann (§ 87 InsO), das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2008 - IX ZB 232/08, WM 2009, 332 Rn. 7). Gleiches gilt für eine Rechtsverfolgung gegen die Masse (HK-InsO/Kayser, aaO, § 87 Rn. 6). Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit einer Rechtsverfolgung durch Forderungsanmeldung ist die Zulässigkeit einer insolvenzrechtlichen Feststellungsklage an die Sachurteilsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anmeldung und Prüfung der geltend gemachten Forderung gekoppelt (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 12; vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 8 mwN). Daher kann eine nicht angemeldete, ungeprüfte Forderung nicht im Klageweg durchgesetzt werden (BGH, Urteil vom 8. November 1961 - VIII ZR 149/60, NJW 1962, 153, 154; BAG NJW 1986, 1896; HmbKomm-InsO/Kuleisa, 4. Aufl., § 87 Rn. 5).
- 22
- b) Diese Würdigung entspricht der seit Einführung der Konkursordnung maßgeblichen Rechtslage.
- 23
- aa) In Übereinstimmung mit der Schlüsselnorm (Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 87 Rn. 1) des § 87 InsO sah bereits § 10 KO in seiner ursprünglichen Fassung vor, dass Konkursgläubiger ihre Forderungen auf Sicherstellung oder Befriedigung aus der Konkursmasse nur nach Maßgabe der Vorschriften über das Konkursverfahren verfolgen können. Der historische Gesetzgeber hat darauf hingewiesen, dass der Gläubiger seine Forderung zum Konkursverfahren anmelden muss, wenn er an der Konkursmasse teilnehmen möchte. Diese Teilnahme würde er nicht erreichen, wenn er den Gemeinschuldner außerhalb des Verfahrens verklagt (Entwurf einer Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, aaO, S. 1384). Deshalb wurde es im Verfahrensinteresse als notwendig erachtet, dass eine Forderung in dem Umfang , in dem sie einmal angemeldet und festgestellt worden ist, eine Abänderung im Laufe des Verfahrens nicht erleiden darf (Entwurf einer Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, aaO S. 1383).
- 24
- bb) Angesichts der anmeldeabhängigen Klagbarkeit einer Insolvenzforderung kann eine Verjährungshemmung nach dem seit Einführung der Konkursordnung bis heute unveränderten Rechtszustand nur im Wege der Forderungsanmeldung erwirkt werden. Da eine Forderung nach Verfahrenseröffnung nicht mehr selbstständig im Klagewege gegen den Schuldner oder die Masse durchgesetzt werden kann, musste der historische Gesetzgeber sicherstellen, dass der Gläubiger auf anderem Wege einer Verjährung seines Anspruchs vorbeugen kann (Entwurf einer Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, aaO S. 1388). Darum ordnete § 13 Satz 2 KO an, dass durch die Anmeldung einer Konkursforderung deren Verjährung unterbrochen wird. Wenn die Anmeldung die einzige und allgemeine Art ist, eine Forderung gegen die Konkursmasse gerichtlich geltend zu machen, ist die Anmeldung - wie der Gesetzgeber betont hat - der Akt, durch welchen die Unterbrechung der Verjährung erfolgt (Entwurf einer Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, aaO S. 1389).
- 25
- Diese Rechtslage gilt bis heute im Kern unverändert weiter. Mit Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs wurde die Regelung des § 13 KO ohne inhaltliche Änderung nach § 209 Abs. 2 Nr. 2 BGB verlagert (Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1899, S. 328 f). Infolge der Umgestaltung der Unterbrechungs- in Hemmungstatbestände durch die Schuldrechtsreform (BT-Drucks. 14/6040 S. 91) bestimmt nunmehr § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB, dass die Verjährung durch die Anmeldung der Forderung gehemmt wird.
- 26
- c) Mithin kennen Konkurs- und die Insolvenzordnung als einzigen Weg tätiger Rechtsverfolgung, der die Verjährung hemmt, die Anmeldung der Forderung zur Tabelle (vgl. RGZ 39, 37, 47). Die Wirkung der Verjährungshemmung ist also an die wirksame Anmeldung der Forderung geknüpft (vgl. RGZ 39, 37, 44 f). Diese Beschränkung beruht auf dem Gebot des Gesetzes, das während des Insolvenzverfahrens nur diese Art der Rechtsverfolgung zulässt (vgl. RGZ 129, 339, 344). Da der Klageweg einstweilen verschlossen ist, scheidet eine Verjährungshemmung durch Erwirken eines Mahnbescheids folgerichtig aus, wenn er dem Schuldner erst nach Verfahrenseröffnung zugestellt wird (RGZ 129, 339, 343 f; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB 2009, § 204 Rn. 98; Erman/ Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 204 Rn. 14; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 34).
- 27
- 3. Allerdings wird durch die nach ordnungsgemäßer Anmeldung der Forderung auf den Widerspruch des Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers erhobene Feststellungsklage (§ 179 Abs. 1 InsO) die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB grundsätzlich abermals gehemmt (BT-Drucks. 14/6040, S. 118; MünchKomm-BGB/Grothe, aaO, § 204 Rn. 102; Bamberger/Roth/ Henrich, BGB, 3. Aufl., § 204 Rn. 66). Diese Wirkung hat die von der Klägerin in dem Vorprozess erhobene Feststellungsklage jedoch nicht entfaltet, weil - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - die fehlerhafte frühere Anmeldung keine Hemmung der Verjährung ausgelöst hat und eine insolvenzrechtliche Feststellungsklage auf der Grundlage einer unwirksamen Anmeldung keine Hemmung der Verjährung zeitigt (vgl. Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 25 Rn. 35).
- 28
- a) Wird eine Insolvenzforderung außerhalb des Insolvenzverfahrens durch eine Klage gegen den Schuldner oder den Insolvenzverwalter geltend gemacht, ist die Klage mit Rücksicht auf § 87 InsO unzulässig (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2008 - IX ZB 232/08, WM 2009, 332 Rn. 7). Ebenso ist die Zulässigkeit einer insolvenzrechtlichen Feststellungsklage an die Sachurteilsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anmeldung und Prüfung der geltend gemachten Forderung gekoppelt (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 12; vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 8 mwN). Die Erhebung einer unzulässigen Klage hemmt zwar grundsätzlich gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB den Lauf der Verjährung (BGH, Urteil vom 28. September 2004 - IX ZR 155/03, BGHZ 160, 259, 262 f). Dies gilt jedoch nicht für die gerichtliche Verfolgung einer nur im Wege der Anmeldung beitreibbaren Insolvenzforderung. Vielmehr ist umgekehrt anerkannt, dass eine solche unzulässige Klage nicht die Verjährung berührt, weil insoweit der Forderungsanmeldung als einzigem Weg der Rechtsverfolgung in einem Insolvenzverfahren der Vorrang zukommt (RGZ 39, 37, 47; 129, 339, 344; Jaeger/Henckel, InsO, § 39 Rn. 4; Jaeger/Gerhardt, aaO, § 174 Rn. 106; Staudinger/Peters/ Jacoby, aaO; Entwurf einer Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, aaO S. 1389). Ein dem Schuldner nach Verfahrenseröffnung zugestellter Mahnbescheid vermag darum nicht die Verjährung zu hemmen (RGZ 129, 339, 343 f; Staudinger/Peters/Jacoby, aaO; Erman/ Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 204 Rn. 14; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 34). Andernfalls könnte ein Gläubiger während eines laufenden Insolvenzverfahrens durch eine unzulässige Leistungsklage gegen den Schuldner oder den Insolvenzverwalter für eine Insolvenzforderung eine Verjährungshemmung erwirken. Dies will § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB in Übereinstimmung mit seinen Vorläuferbestimmungen gerade verhindern. Gleichermaßen vermag auch eine ohne vorherige Anmeldung erhobene Feststellungsklage die Verjährung nicht zu hemmen.
- 29
- b) Zudem handelt es sich im Streitfall nicht um eine infolge der unzureichenden Anmeldung nur unzulässigen Klage. Vielmehr ist das auf einer unsubstantiierten Anmeldung beruhende Begehren in Bezug auf die Auslösung eines Hemmungstatbestandes wie eine rechtlich unwirksame Klage zu behandeln.
- 30
- aa) Voraussetzung für die Unterbrechungswirkung bildet nach allgemeiner Auffassung die Wirksamkeit der Klageerhebung. Folglich übt eine unwirksame Klage, die nicht den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 ZPO genügt, keine verjährungshemmende Wirkung aus (RGZ 84, 309, 311; BGH, Urteil vom 20. Dezember 1973 - III ZR 154/71, MDR 1974, 388, 389; vom 17. November 1988 - III ZR 252/87, NJW-RR 1989, 508; MünchKomm-BGB/ Grothe, aaO, § 204 Rn. 21). Unwirksam ist insbesondere eine Klage, die nicht ausreichend individualisiert ist (MünchKomm-BGB/Grothe, aaO, § 204 Rn. 23). Das Begehren muss unterhalb der Stufe der Substanziierung individualisiert und dadurch der Streitgegenstand bestimmt werden (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305, 307).
- 31
- bb) Der vorliegende Fall ist hiermit vergleichbar. Die Forderungsanmeldung durch die Klägerin war mangels hinreichender Konkretisierung unwirksam. Erweist sich bereits die Anmeldung als unwirksam, hat gleiches mit der Folge einer fehlenden verjährungshemmenden Wirkung für eine auf ihrer Grundlage erhobenen Feststellungsklage zu gelten. Die Fehleridentität bedingt, dass die Klage verjährungsrechtlich nicht anders als die ihr zugrunde liegende Anmeldung gewürdigt werden kann. Wegen des identischen Klagegrunds ist die Erhebung einer insolvenzrechtlichen Feststellungsklage zu einer Hemmung der Verjährung nicht geeignet (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wenn sie einer ordnungsgemäßen , ihrerseits verjährungshemmenden Forderungsanmeldung ermangelt.
- 32
- (1) Klagegrund und Streitgegenstand einer Forderungsanmeldung und der nach ihrem Bestreiten erhobenen Feststellungsklage sind notwendigerweise identisch. Forderungsanmeldung und Feststellungsklage bauen nämlich zwingend aufeinander auf: Die Wirkung des Feststellungsurteils liegt in der Beseitigung des Widerspruchs gegen die angemeldete Forderung. Die Sachlage ist dann dieselbe, wie wenn im Prüfungstermin kein Widerspruch erhoben und die Forderung als unstreitig festgestellt worden wäre (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR 45/07, WM 2008, 1456 Rn. 10). Der Gegenstand des Anmeldeund Prüfungsverfahrens einerseits und des gerichtlichen Feststellungsprozesses andererseits müssen folglich gemäß § 181 InsO identisch sein (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 21; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl., § 181 Rn. 3; HmbKomm-InsO/Herchen, 4. Aufl., § 181 Rn. 1; HK-InsO/Depré, 4. Aufl., § 181 Rn. 3; Wagner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 181 Rn. 3; Entwurf einer Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, aaO S. 1522). Die Feststellung kann nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüfungstermin bezeichnet worden ist (§ 181 InsO). Mängel der Anmeldung erstrecken sich damit notwendig auf die Feststellungsklage (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 12). Eine nicht den Mindestanforderungen an die Darlegung genügende Anmeldung steht in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren selbst im Falle einer nachträglichen Konkretisierung mangels Behebbarkeit des Mangels einer gänzlich unterbliebenen Anmeldung gleich (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007, aaO; vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 21). Da die Feststellungsklage der Prüfung der angemeldeten Forderung dient, kann die Klage nicht über den Streitgegenstand der Anmeldung hinausgehen oder von ihm abweichen. Die Feststellungsklage kann mithin nicht auf einen anderen Anspruchsgrund als die Anmeldung gestützt werden (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 aaO).
- 33
- (2) Da sich die Wirkung eines Feststellungsurteils in der Beseitigung des Widerspruchs gegen die angemeldete Forderung manifestiert (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008, aaO), könnte bei einer nicht hinreichend individualisierten Anmeldung selbst eine erfolgreiche Klage nur dazu führen, dass die den Lauf der Verjährung nicht beeinflussende Anmeldung fortwirkt. Angesichts der fehlenden Konkretisierung der Anmeldung bliebe offen, für welche bestimmte Forderung einer Hemmung die Verjährung eingetreten ist. Deshalb kann im Falle einer unwirksamen, verjährungsrechtlich unbeachtlichen Anmeldung der auf ihrer Grundlage erhobenen Feststellungsklage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB keine verjährungshemmende Wirkung beigemessen werden. Ein solcher Mangel der Anmeldung kann vielmehr nur durch eine fehlerfreie Neuanmeldung innerhalb der laufenden Verjährungsfrist behoben werden (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007, aaO, Rn. 12; vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 17; RGZ 39, 37, 44; Wenner/Schuster, BB 2006, 2649, 2652; Entwurf einer Konkursord- nung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz und Motiven, aaO S. 1522).
- 34
- (3) Bei dieser Sachlage wäre es nicht einsichtig, wenn eine zur Verjährungshemmung ungeeignete, nicht hinreichend individualisierte Anmeldung im Falle einer Feststellungsklage verjährungshemmende Wirkung auslösen könnte. Zutreffend ist vielmehr das Gegenteil: Scheitert die Verjährungshemmung an einer nicht hinreichend substantiierten Anmeldung, hat gleiches für eine auf eine solche Anmeldung gestützte Klage zu gelten.
- 35
- 4. Da eine ordnungsgemäße Anmeldung von Amts wegen zu prüfen ist, kann sich die Klägerin nicht mangels einer Beanstandung seitens des Beklagten auf § 242 BGB berufen. Die Voraussetzungen einer wirksamen Forderungsanmeldung unterliegen nicht der Disposition der Parteien (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 13).
II.
- 36
- Zu Unrecht beanstanden Anschlussrevision und Revision die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts bei der Behandlung des von der Klägerin unter 2. gestellten Berufungsantrags.
- 37
- 1. Die Anschlussrevision genügt schon nicht den Begründungsanforderungen , soweit sie die Abweisung des der Klägerin zu 2 zuerkannten Berufungsantrags zum Gegenstand hat.
- 38
- a) Hat das Berufungsgericht die Stattgabe der Klage hinsichtlich eines prozessualen Anspruchs auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen. Sie hat daher für jede der mehreren Erwägungen darzulegen, warum sie die Entscheidung nicht trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BGH, Beschluss vom 25. November 1999 - III ZB 50/99, BGHZ 143, 169, 171; Urteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00, NJW 2002, 682, 683; vom 27. November 2003 - IX ZR 250/00, NJW-RR 2004, 641 f).
- 39
- b) Diesen Begründungsanforderungen wird die Anschlussrevision nicht gerecht. Der Beklagte hält den Anspruch für verjährt, weil die Klägerin eine Forderung aus Bereicherungsrecht angemeldet habe, es sich tatsächlich aber um eine infolge der Unwirksamkeit des Verzichts wieder aufgelebte Kaufpreisforderung handele. Das Berufungsgericht hat indessen angenommen, dass die Forderung aus dem ursprünglichen Rechtsgrund als Kaufpreisforderung, aber auch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) begründet sei. Sofern eine Bereicherungsforderung vorliegt, ist - wie die Revisionsbegründung selbst ausführt - die Anmeldung nicht zu beanstanden. Die Revisionsbegründung setzt sich jedoch mit den selbstständig tragenden Erwägungen des Berufungsgerichts, wonach die Forderung im Bereicherungsrecht wurzeln kann, nicht auseinander. Bei dieser Sachlage fehlt es an einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung.
- 40
- c) Davon abgesehen ist die Anmeldung, selbst wenn man eine Kaufpreisforderung zugrundelegt, nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat den für die Forderung maßgeblichen Sachverhalt und die insoweit zu beachtende Entscheidung der Kommission in der Anmeldung dargelegt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 20). Die sich daraus ergebenden rechtlichen Folgerungen brauchten in der Anmeldung entgegen der Auffassung der Anschlussrevision nicht spezifiziert zu werden (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 10; RGZ 93, 13, 14).
- 41
- 2. Rechtlich beanstandungsfrei hat das Berufungsgericht der Klägerin im Blick auf den Berufungsantrag zu 2 ab Verfahrenseröffnung Zinsen lediglich im Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO zuerkannt.
- 42
- Die Rückgewähr einer europarechtlich unzulässigen Beihilfe verwirklicht sich nach dem nationalen Recht. Ist das rückerstattungspflichtige Unternehmen in Insolvenz gefallen, sind die nationalen Insolvenzvorschriften anzuwenden (BGH, Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rn. 28). Nach Maßgabe dieser Regelungen wird der Rückforderungsanspruch nicht als nachrangiges Gesellschafterdarlehen, sondern als nicht nachrangige Insolvenzforderung (§ 38 InsO) eingestuft (BGH, aaO Rn. 29). Handelt es sich aber um eine einfache Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO, ist der Zinsanspruch ab Verfahrenseröffnung nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur nachrangig zu befriedigen. Eine dem innerstaatlichen Recht - nach Wegfall der Konkursvorrechte - unbekannte Aufstufung der Zinsforderung kann nicht aus allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Erwägungen hergeleitet werden.
III.
- 43
- Ohne Erfolg rügt die Klägerin die Abweisung des auf Feststellung einer Forderung über 4.735.491 DM (2.421.218,10 €) gerichteten Berufungsantrags zu 3.
- 44
- Da der geltend gemachte Rückforderungsanspruch auf ungerechtfertigter Bereicherung beruht (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB), trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass bei der Schuldnerin eine Vermögensmehrung eingetreten ist, für die kein Rechtsgrund besteht (BGH, Urteil vom 18. Februar 2009 - XII ZR 163/07, NJW-RR 2009, 1142 Rn. 19 mwN). Die der Klägerin durch die Kommission auferlegte Rückforderungspflicht mildert nicht die Darlegungs- und Beweislast, weil ein Erstattungsanspruch nur für tatsächlich der Schuldnerin gewährte Zuwendungen bestehen kann. Soweit das Berufungsgericht eine Vermögensmehrung der Schuldnerin nicht feststellen konnte, handelt es sich um eine revisionsrechtlich hinzunehmende tatrichterliche Würdigung. Ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass bereits die Kommission beanstandet hat, von der Klägerin nicht die erbetenen Auskünfte erhalten und deshalb eine summarische Entscheidung getroffen zu haben. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, warum der Klägerin die gebotene Darlegung, welche Mittel an welche Gesellschaften geflossen sind, nicht möglich ist. Für eine Anwendung des § 287 ZPO besteht kein Raum, weil greifbare Anhaltspunkte für eine Schätzung bereits im Ansatz fehlen.
IV.
- 45
- Die Verfahrensrügen, mit denen sich die Revision gegen die Abweisung der Berufungsanträge zu 5 und 6 sowie die Abweisung ihres Klageantrages unter b) auf die Berufung des Beklagten wendet, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Insoweit wird gemäß § 564 ZPO von einer Begründung abgesehen.
V.
- 46
- Zu Unrecht wendet sich die Anschlussrevision gegen die zugunsten der Klägerin auf den Berufungsantrag zu 7 festgestellte Forderung.
- 47
- Der geltend gemachte Verstoß gegen § 286 ZPO greift nicht durch, weil das als übergangen gerügte Vorbringen nicht entscheidungserheblich ist. Jedenfalls findet das Klagebegehren, selbst wenn man eine Gemeinschaftswidrigkeit der von der Klägerin zugunsten der Beklagten übernommenen Bürgschaft zugrundelegt, seine Grundlage in § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Die Klägerin hat sich für die Schuldnerin gegenüber deren Gläubiger tatsächlich verbürgt und diesen befriedigt. Der - unter Hinweis auf die Entscheidung der Kommission ordnungsgemäß angemeldete - Bereicherungsanspruch umfasst folglich nicht nur die im Wege der Bürgschaft zugunsten der Schuldnerin bewirkten Zahlungen, sondern auch das Entgelt für die Übernahme der Bürgschaften. Im Blick auf diese Vergütung richtet sich der zu leistende Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB) nach dem objektiven Verkehrswert, also dem Betrag, den ein Dritter am Markt für das in Rede stehende Rechtsgut - hier die Übernahme einer Bürgschaft - zu zahlen bereit wäre (BGH, Urteil vom 5. Juli 2006 - VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847 Rn. 39). Dabei kann auf das Entgelt abgestellt werden, das bei ordnungsgemäßer Inanspruchnahme des in Rede stehenden Rechtguts nach Maßgabe der von der Klägerin aufgestellten Vergütungsordnung zu entrichten ist (BGH, Urteil vom 21. März 1996 - III ZR 245/94, BGHZ 132, 198, 207 f). Diesen Betrag hat das Berufungsgericht der Klägerin auf der Grundlage von Nr. 19 b der Allgemeinen Bedingungen für Bürgschaftsübernahmen der Treuhandanstalt zugebilligt.
C.
- 48
- Danach sind Revision und Anschlussrevision gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen , weil sich das angefochtene Urteil jedenfalls im Ergebnis als zutreffend darstellt.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 01.11.2011 - 9 O 112/10 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 22.02.2012 - 5 U 200/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger war vom 1. August 1994 bis 31. Dezember 1995 und wieder ab 15. Februar 1998 einer der Geschäftsführer der beklagten GmbH. Mit mehreren Schreiben seit dem 14. Dezember 2001 erklärten die Rechtsanwälte R. und F. namens des Aufsichtsrats der Beklagten die Abberufung des Klägers und die fristlose Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrags aus wichtigem Grund.
- 2
- Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung beantragt, dass das Dienstverhältnis durch die Kündigungen nicht aufgelöst sei, sondern fortbestehe. Die Beklagte hat mit der Widerklage beantragt,
a) festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr einen Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 1.000.000 € zu ersetzen, 1. der der Beklagten aus den Kreditverträgen mit Anlegern zum Kaufvertrag mit der N. GmbH über das Grundstück nebst Bauverpflichtung L. straße in H. oder mit der P. mbH über das Grundstück nebst Bauverpflichtung L. straße in H. unter Einschluss des Treuhänders M . mbH, sämtliche Gesellschaften mit Sitz in H. , entstanden ist oder entsteht, soweit der Schaden auf einem Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG beruht, insbesondere weil der Treuhandvertrag formunwirksam ist oder weil die N. GmbH und die Firma P. GmbH ihrer Bauverpflichtung aus abgeschlossenen Werkverträgen nicht nachgekommen sind, oder auf der Verletzung von Aufklärungspflichten, soweit der betroffene Kredit nach dem 1.3.1998 vergeben wurde; 2. der der Beklagten aus Kreditverträgen mit Anlegern der drei Immobilienfonds F. GmbH & Co.KG, G. mbH & Co. Beteiligungs KG und der P.R. GmbH & Co.KG entstanden ist oder entsteht, soweit der Schaden auf einem Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG beruht und der betroffene Kredit nach dem 1.3.1998 vergeben wurde; 3. der der Beklagten aus dem mit der Prisma Pr. AG zur Vermittlung von Betreuung von Vermögensanlagen, I. straße , E. , abgeschlossenen Kreditvertrag vom 19./23.10.1996 zum Konto Nr. , ab dem 21.10.1998 fortgeführt auf dem Konto Nr. , zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen dadurch entstanden ist oder noch entsteht, dass Provisionsansprüche vorfinanziert wurden, ohne dass sichergestellt war, dass die vorfinanzierten Ansprüche gegen den Erwerber und/oder Treuhänder, Bauträger oder Initiatoren an die Beklagte abgetreten waren, oder dadurch, dass die Abtretung gegenüber dem Schuldner nicht angezeigt oder nicht sichergestellt war, dass der Schuldner nur an die Beklagte schuldbefreiend leisten konnte; 4. der der Beklagten durch Auszahlung von Kreditmitteln an den Kreditnehmer J. W. , Konto Nr. , aufgrund des Kreditvertrages vom 17.3.1999 zum genannten Konto entstanden ist oder entsteht;
b) den Kläger zu verurteilen, an sie 4.508,40 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.7.2004 zu zahlen.
- 3
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, den Kläger zur Zahlung von 4.508,40 € verurteilt und unter Abweisung der weitergehenden Widerklage fest- gestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten einen Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 1.000.000 € zu ersetzen, der ihr nach den Widerkla- geanträgen a) 1., 3. und 4. entstanden ist.
- 4
- Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts hat die Beklagte hilfsweise beantragt festzustellen, 1. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten einen Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 5.368,56 € pro Kreditvertrag zu ersetzen, der ihr aus den Kreditverträgen zum Kaufvertrag mit der N. GmbH über das Grundstück nebst Bauverpflichtung L. straße in H. unter Einschluss des Treuhänders M. mbH mit den Kreditnehmern (1) G. K. , zu Konto Nr. vom 1.9.1998, (2) … (47) … entstanden ist oder entsteht; 2. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen , der der Beklagten aus dem mit der Pr. AG zur Vermittlung von Betreuung von Vermögensanlagen, I. straße , E. , abgeschlossenen Kreditvertrag vom 19./23.September 1996 zum Konto Nr. , ab dem 21.10.1998 fortgeführt auf dem Konto Nr. , zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen dadurch entstanden ist oder noch entsteht, dass
a) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr. AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche gegen den Erwerber und/oder Treuhänder, Bauträger oder Initiator bestanden haben, beschränkt auf einen Schadenshöchstbetrag von 50.000 €;
b) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr. AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche wirksam an die Beklagte abgetreten worden sind und nicht unbestimmt waren, beschränkt auf einen Schadenshöchstbetrag von 125.000 €;
c) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr. AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche gegenüber dem jeweiligen Forderungsschuldner offengelegt waren, beschränkt auf einen Schadenshöchstbetrag von 125.000 €; 3. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 197.677,68 € zu ersetzen, der der Beklagten durch Auszahlung von Kreditmitteln an den Kreditnehmer J. W. zum Konto Nr. aufgrund des am 17.3.1999 geschlossenen Kreditvertrages nach dem 9.5.1999 einschließlich entstanden ist oder entsteht.
- 5
- Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Widerklage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihre Widerklageanträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat nur hinsichtlich des mit der Widerklage verfolgten Hilfsfeststellungsantrags Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt, der Feststellungsantrag der Widerklage sei im Hauptantrag mangels Bestimmtheit unzulässig. Der Hilfsantrag der Widerklage sei unbegründet. Zwar genüge er den Bestimmtheitsanforderungen, doch seien die Ansprüche verjährt. Die Erhebung der unzulässigen Feststellungswiderklage habe die Verjährung nicht gehemmt. Der Zahlungsantrag der Widerklage sei unzulässig, weil die Beklagte in der Berufung den Klagegrund geändert habe und die Klageänderung nicht sachdienlich sei. Die Zulassung der Revision hat das Berufungsgericht damit begründet, dass bisher nicht entschieden sei, ob die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rn. 20 f.) zur Frage der Hemmung der Verjährung durch Zustellung eines Mahnbescheids, mit dem nur ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen geltend gemacht wird, ohne den Teilbetrag zu verteilen, auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung einer Teilleistungs- oder Teilfeststellungsklage übertragbar ist.
- 8
- II. Die Revision ist unzulässig, soweit die Widerklage mit dem Zahlungsantrag und dem Hauptfeststellungsantrag weiter verfolgt wird. Die Revision ist nur beschränkt auf den Hilfsfeststellungsantrag zugelassen.
- 9
- Der Urteilstenor enthält zwar keine Beschränkung der Zulassung. Eine Beschränkung kann sich aber auch aus den Gründen ergeben. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die Rechtsfrage, wegen der die Revision zugelassen wurde, sich auf einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes bezieht, auf den auch die Parteien die Revision beschränken könnten (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 18; Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 334/11, ZIP 2013, 62 Rn. 9). Dafür reicht es aus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und - auch nach einer Zurückverweisung - kein Widerspruch zwischen dem noch zur Entscheidung stehenden und dem unanfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann.
- 10
- Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Rechtsfrage zugelassen , ob die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Frage der Hemmung der Verjährung durch Zustellung eines Mahnbescheids, wenn mit dem Mahnbescheid nur ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen ohne Verteilung auf diese geltend gemacht wird (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rn. 20 f.), auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung einer Teilleistungsklage und einer Teilfeststel- lungsklage übertragbar ist. Diese Rechtsfrage betrifft die Widerklage nur, soweit der Hilfsfeststellungsantrag wegen Verjährung abgewiesen wurde, dagegen nicht, soweit der Zahlungsanspruch und der Hauptfeststellungsantrag als unzulässig abgewiesen sind. Den mit der Leistungswiderklage geltend gemachten Zahlungsanspruch der Beklagten hat das Berufungsgericht nicht wegen Verjährung abgewiesen, sondern wegen einer nicht sachdienlichen Änderung des Klagegrundes. Den Hauptfeststellungsantrag hat es wegen fehlender Bestimmtheit als unzulässig abgewiesen. Dass die Zulassung sich nur auf den Hilfsfeststellungsantrag beziehen soll, ergibt auch der Begründungszusammenhang des Berufungsurteils. Das Berufungsgericht befasst sich zur Begründung der Zulassung der Revision ausdrücklich mit der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, wegen derer die Revision zugelassen wurde, und erörtert in diesem Zusammenhang nur die Verjährung der mit der Feststellungsklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche.
- 11
- Die Beschränkung ist auch zulässig. Die mit der Widerklage im Wege der Feststellungsklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche sind von dem Zahlungsanspruch, mit dem der Ausgleich des Kontokorrentkontos bzw. eine Gehaltsüberzahlung geltend gemacht werden, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig. Zu der Abweisung des Hauptfeststellungsantrags als unzulässig kann durch die weitere Entscheidung über den Hilfsfeststellungsantrag ebenfalls kein Widerspruch entstehen.
- 12
- III. Soweit die Revision hinsichtlich des mit der Widerklage verfolgten Hilfsfeststellungsantrags zulässig ist, ist sie begründet. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Hilfsfeststellungsantrag wegen Verjährung der geltend gemachten Ansprüche abgewiesen. Die Erhebung der unzulässigen Teilwiderklage mit dem Hauptfeststellungsantrag hat die Verjährung gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
- 13
- 1. Bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, muss angegeben werden, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge sie zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1952 - III ZR 102/52, LM Nr. 7 zu § 253 ZPO; Urteil vom 30. April 1955 - VI ZR 87/54, LM Nr. 11 zu § 253 ZPO; Urteil vom 22. April 1958 - VI ZR 74/57, NJW 1958, 1590; Urteil vom 16. Juni 1959 - V ZR 156/58, LM Nr. 24 zu § 253 ZPO; Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347). Andernfalls ergeben sich unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit zusammenhängend auch bei der Bestimmung der materiellen Rechtskraft und der Verjährungsunterbrechung.
- 14
- Vor dem Schuldrechtsrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) war es ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 209 Abs. 1 BGB a.F., dass die Bestimmung des eingeklagten Teils von mehreren mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen bei einer offenen Teilleistungsklage sogar noch im Revisionsrechtszug nachgeholt werden konnte und dies auf die Unterbrechung der Verjährung durch die Erhebung der (un- bestimmten) Teilklage „zurückwirkte“. Die wahlweise geltend gemachten An- sprüche sollten jeweils in Höhe des eingeklagten Teilbetrages zunächst auflösend bedingt rechtshängig gemacht worden und mit der Zuordnung dann die Bedingung eingetreten sein (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 195; Urteil vom 13. Juli 1959 - III ZR 27/58, NJW 1959, 1819 f.; Urteil vom 22. Mai 1967 - II ZR 87/65, NJW 1967, 2210 f.; Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347 f.; Urteil vom 19. November 1987 - VII ZR 189/86, NJW-RR 1988, 692, 693; Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 315/94, NJW-RR 1996, 885, 886; Urteil vom 18. Juli 2000 - X ZR 62/98, NJW 2000, 3492, 3494). Entsprechend wurde für einen Mahnbe- scheid entschieden, dem mehrere Teilansprüche zugrunde lagen, deren Summe über der geltend gemachten Gesamtforderung lag (BGH, Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 315/94, NJW-RR 1996, 885, 886; Urteil vom 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305, 306 f.).
- 15
- 2. Für die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) durch Zustellung eines Mahnbescheids hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dagegen entschieden, dass jedenfalls bei der Geltendmachung eines Teils von mehreren Einzelforderungen eine nachträgliche Individualisierung des Klageanspruchs nach Widerspruch zwar die Zulässigkeit der Klage herbeiführen könne, für die Verjährung aber keine Rückwirkung habe (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rn. 20 f.). Für eine Unterscheidung zwischen der Nachholung der fehlenden Aufteilung der Einzelforderungen und der Heilung sonstiger Individualisierungsmängel bestehe kein sachlicher Grund. Ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und genaue Aufteilung des geforderten Teilbetrages könne weder auf der Grundlage des Mahnbescheides ein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel ergehen noch werde dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen wolle. Demgegenüber sei der Gläubiger, der sich die Vorteile des Mahnverfahrens zunutze machen wolle, ohne weiteres zu einer ausreichenden Individualisierung in der Lage. Dem ist der IX. Zivilsenat für den ähnlichen Fall einer nicht hinreichend individualisierten Forderung, die zur Insolvenztabelle angemeldet wird, gefolgt (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 92/12, ZIP 2013, 680 Rn. 30 f.). Diese Rechtsprechung soll sich aber nur auf die Aufschlüsselung mehrerer Einzelforderungen, nicht auf die nachträgliche Individualisierung von mehreren Rechnungsposten einer einheitlichen Forderung beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 14; Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 49/10, juris Rn. 15 ff.; Urteil vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509 Rn. 15).
- 16
- 3. An der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bereits die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe den geltend gemachten Teil übersteigt, die Verjährung aller Teilansprüche hemmt und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, nachgeholt werden kann, also „zurückwirkt“, ist festzuhalten (ebenso Henrich in Bamberger/Roth, BGB, § 204 Rn. 18; Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, 13. Aufl., § 204 Rn. 9; Kesseler in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 8. Aufl., § 204 Rn. 6; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2009, § 204 Rn. 16; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 253 Rn. 114; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 253 Rn. 15; Musielak/Foerste, ZPO, 11. Aufl., § 253 Rn. 28; aA Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 204 Rn. 16; MünchKommBGB/ Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 23; Lakkis in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 204 Rn. 22) und sie ist auch auf die hier vorliegende Teilfeststellungsklage anzuwenden. Die abweichende Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zum Mahnbescheidsantrag bzw. diejenige des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren beruht auf den Besonderheiten der jeweiligen Verfahren.
- 17
- Dass ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und genaue Aufteilung des geforderten Teilbetrages auf der Grundlage des Mahnbescheides kein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel ergehen können soll, betrifft nur das Mahnverfahren, aber nicht das Klageverfahren. Der Vollstreckungsbescheid, für den der Mahnbescheid die Grundlage ist, enthält keine weitere Individualisierung. Bei der Klage muss spätestens das Urteil als Vollstreckungstitel eine Individualisierung durch die Urteilsgründe enthalten.
- 18
- Auch dass eine Individualisierung des Mahnbescheids durch Aufschlüsselung erforderlich sein soll, um dem Schuldner eine Beurteilung zu ermöglichen , ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen will, betrifft nur das Mahnverfahren. Trotz des Fehlens einer Aufteilung ist es dem Schuldner bei einer Klage möglich zu entscheiden, ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen will. Die geltend gemachten Ansprüche müssen in der Klageschrift jedenfalls im Sachverhalt dargestellt sein. Der Kläger kann selbst beurteilen, gegen welche Ansprüche er sich verteidigen will, und die fehlende Aufschlüsselung rügen.
- 19
- Die Veränderungen durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geben keinen Grund für eine Änderung der Rechtsprechung. Die Rechtslage hat sich nach der Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht geändert. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Eintritt der Verjährungshemmung durch Maßnahmen der Rechtsverfolgung , hier durch die Erhebung einer Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), sind gegenüber den bisherigen Voraussetzungen für den Eintritt der Verjährungsunterbrechung durch dieselbe Maßnahme (§ 209 Abs. 1 BGB aF) gleich geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 49/10, juris Rn. 13).
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 29.04.2008 - 4 HKO 132/02 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 23.05.2013 - 6 U 666/08 -
(1) Die Ansprüche aus den §§ 8, 9 Absatz 1 und § 13 Absatz 3 verjähren in sechs Monaten und der Anspruch aus § 9 Absatz 2 Satz 1 verjährt in einem Jahr.
(2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(3) Schadensersatzansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung, spätestens in 30 Jahren von der den Schaden auslösenden Handlung an.
(4) Andere Ansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in drei Jahren von der Entstehung an.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte betreibt den Verkehrsflughafen Frankfurt-Hahn. Gesellschafter der Beklagten sind zu 65% die Fraport AG und zu jeweils 17,5% die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen. An der börsennotierten Fraport AG sind mehrheitlich die Bundesrepublik Deutschland, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt beteiligt. Entgegen ursprünglichen Prognosen führte der Betrieb des Flughafens Frankfurt-Hahn auch über das Jahr 2006 hinaus zu jährlichen Verlusten der Beklagten in Höhe von mehreren Millionen Euro, die bislang aufgrund von Ergebnisabführungsverträgen die Fraport AG trug.
- 2
- Ein ganz wesentlicher Teil des Passagieraufkommens auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn entfällt auf die Ryanair Ltd. Aufgrund der Entgeltordnungen der Beklagten von 2001 und 2006 hatte Ryanair je Passagier ein Entgelt zu zahlen, das sich ab einer Gesamtpassagierzahl von drei Millionen ermäßigte. Ryanair wurden weder Start-, Lande- und Anflugentgelte noch ein Entgelt für die Nutzung der zentralen Infrastruktureinrichtung berechnet, weil ausschließlich Flugzeuge genutzt wurden, die entsprechende Ermäßigungstatbestände der Entgeltordnung erfüllten. Die Beklagte gewährte Ryanair zudem jährliche Zahlungen als "Marketing-Support".
- 3
- Mit Schreiben vom 17. Juni 2008 eröffnete die EU-Kommission ein förmliches Prüfverfahren zu möglichen staatlichen Beihilfen zugunsten der Beklagten und Ryanair (ABl EU 2009 Nr. C 12 S. 6).
- 4
- Die Klägerin, die Deutsche Lufthansa AG, hat behauptet, Ryanair habe ein zu niedriges Entgelt zu zahlen, das zwangsläufig zu Verlusten der Beklagten führe. Der "Marketing-Support" werde ohne nennenswerte Gegenleistung gewährt. Es sei auf Dauer nicht absehbar, dass die Beklagte Gewinne erzielen werde. Die Klägerin ist der Ansicht, dass deshalb unzulässige staatliche Beihilfen an Ryanair vorlägen. Im Hinblick darauf macht die Klägerin Ansprüche unmittelbar aus einem Verstoß gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV, aus dieser Vorschrift in Verbindung mit § 823 Abs. 2, § 1004 BGB sowie aus § 33 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GWB in Verbindung mit europäischem Kartellrecht und §§ 19, 20 GWB geltend.
- 5
- Die Klägerin hat die Beklagte im Wege der Stufenklage in Anspruch genommen. Sie hat zuletzt von der Beklagten begehrt, Auskunft über die an Ryanair in den Jahren 2002 bis 2005 geleistete "Marketingförderung" in Form von Einmalzahlungen für neu eingerichtete Strecken sowie von Ermäßigungen der Flughafenentgelte zu erteilen und diese Beihilfen (hilfsweise: Marketingförderung) in einer nach Erteilung der Auskunft zu bestimmenden Höhe zurückzufordern.
- 6
- Außerdem hat sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Beihilfen aus der Reduzierung von Flughafenentgelten (hilfsweise: nicht erhobene Flughafenentgelte) in Höhe von 2,679 Mio. € für das Jahr 2003 zurückzufordern und es zu unterlassen, in Zukunft staatliche Beihilfen (insbesondere in Form der Start- und Landeentgelte für Passagierflüge nach der Entgeltordnung von 2006) an die Ryanair Ltd. zu gewähren, ohne dass diese zuvor nach Art. 88 Abs. 3 EG (jetzt Art. 108 Abs. 3 AEUV) - bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angemeldet und - von dieser genehmigt wurden.
- 7
- Für den Fall, dass der Unterlassungsantrag keinen Erfolg hat, hat die Klägerin zwei Hilfsanträge gestellt, in denen sie ihren Anspruch konkret auf Vergünstigungen nach der Entgeltordnung 2006 beschränkt (erster Hilfsantrag) und die beanstandeten Leistungen nicht als Beihilfe, sondern als Begünstigung bezeichnet hat (zweiter Hilfsantrag).
- 8
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Koblenz, OLG-Rep 2009, 491). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
- 9
- A. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig, aber unbegründet gehalten. Der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche weder unmittelbar aus dem Durchführungsverbot (jetzt Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) zu noch aus §§ 242, 823 Abs. 2, § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV. Bei den genannten beihilferechtlichen Vorschriften handele es sich insbesondere nicht um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch liege kein Verstoß gegen Kartellrecht vor. Ein solcher setze voraus, dass eine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt werde. Eine solche komme der Beklagten angesichts der in Reichweite befindlichen Flughäfen in Frankfurt und Köln aber nicht zu. Zudem habe die Klägerin den Flughafen Hahn zu den gleichen Konditionen wie Ryanair nutzen können.
- 10
- B. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 11
- I. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage im Wesentlichen zu Recht bejaht.
- 12
- Soweit die Klägerin die Unterlassung der Gewährung "staatlicher Beihilfen" begehrt (Antrag zu 5), ist ihr Antrag allerdings nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Gebrauch eines allgemeinen Begriffs kann zwar genügen, wenn im Einzelfall über seinen Sinngehalt kein Zweifel besteht. Anders liegt es aber dann, wenn die Bedeutung von Begriffen oder Bezeichnungen zwischen den Parteien streitig ist. In solchen Fällen würden, wenn Sinngehalt und Bedeutung der verwendeten Begriffe offenbleiben, Inhalt und Umfang des begehrten bzw. des erkannten Verbots nicht eindeutig feststehen (BGH, Urteil vom 9. April 1992 - I ZR 171/90, GRUR 1992, 561 - Unbestimmter Unterlassungsantrag II; Urteil vom 4. Oktober 2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Rn. 13 = WRP 2008, 98 - Versandkosten). Das ist vorliegend der Fall, da die Beklagte der Auffassung ist, dass ihre beanstandeten Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen sind. Die Unbestimmtheit des Klageantrags ist im Revisionsverfahren auch von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2000 - I ZR 28/98, BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen).
- 13
- Der Antrag enthält allerdings als Minus die konkret beanstandete Verletzungsform (BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 36 = WRP 2008, 1104 - Internet-Versteigerung III, mwN). Die Klägerin hat den Antrag durch Bezugnahme auf die "Start- und Landeentgelte für Passagierflüge nach der Entgeltordnung von 2006" hinreichend konkretisiert. Art und Umfang der von der Klägerin insoweit beanstandeten Begünstigung von Ryanair lassen sich der Entgeltordnung konkret entnehmen.
- 14
- II. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet, weil sich die Klägerin weder unmittelbar noch in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB auf Art. 107, 108 AEUV als Anspruchsgrundlage stützen könne und ihr auch keine kartellrechtlichen Ansprüche zustünden. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen lässt sich jedenfalls ein deliktsrechtlicher Anspruch der Klägerin (§ 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) nicht ausschließen. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob auch die Art. 107, 108 AEUV Ansprüche von Wettbewerbern gegen vermeintliche Beihilfegeber unmittelbar begründen können.
- 15
- 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, das beihilferechtliche Durchführungsverbot sei kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Es sei nicht dazu bestimmt, dem Wettbewerber des Beihilfeempfängers ein subjektives Recht gegenüber dem Beihilfegeber zu vermitteln, sondern bezwecke allein den objektiven Schutz des Binnenmarktes. Zwar seien durch die Beihilfe auch die Interessen des Wettbewerbers betroffen; das genüge aber nicht für die Annahme eines Schutzgesetzes. Für den Wettbewerber reiche es aus, ein Verletzungsverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 93 des Vertrags; ABl. 1999 Nr. L 83, S. 1 - nachfolgend: VO 659/99 - bei der Europäischen Kommission einleiten zu können. Gemäß Art. 14 Abs. 1 VO 659/99 müsse die Kommission nach einer Negativentscheidung anordnen, dass der betreffende Mitgliedstaat die Beihilfe nach Maßgabe seines nationalen Rechts - in Deutschland: §§ 134, 812 BGB - zurückzufordern habe. Das Unionsrecht verlange jedoch nicht, Wettbewerbern zusätzlich ein Recht zur unmittelbaren Durchsetzung der Rückforderung gegenüber Beihilfegeber oder Beihilfeempfänger zu gewähren. Dem unionsrechtlichen Effizienzgebot werde zudem dadurch Rechnung getragen, dass nach Art. 11 VO 659/99 die Beihilfemaßnahme ausgesetzt oder eine einstweilige Rückforderung angeordnet werden könne. Außerdem gelte es, widersprüchliche Entscheidungen zwischen dem nationalen Gericht und der Europäischen Kommission zu vermeiden; letztere habe nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abschließend darüber zu entscheiden, ob eine staatliche Beihilfe vorliege und ob diese gegebenenfalls mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Schließlich folge weder daraus, dass der Bundesgerichtshof Art. 108 Abs. 3 AEUV als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB anerkannt habe, noch aus der unmittelbaren Anwendbarkeit des Durchführungsverbots dessen Eigenschaft als Schutzgesetz.
- 16
- 2. Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 17
- a) Als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB kommt auch unmittelbar anwendbares Unionsrecht in Betracht (Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 823 Rn. 56a mwN; für Art. 101 AEUV BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 - KZR 23/96, GRUR 1999, 276, 277 = WRP 1999, 101 - Depotkosmetik). Anders als das Beihilfeverbot des Art. 107 AEUV, dessen Anwendung der Kommission vorbehalten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21. November 1991 - C-354/90, Slg. 1991, I-5505 = NJW 1993, 49 Rn. 8 f. - FNCE), hat das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV unmittelbare Geltung. Es begründet Rechte der Einzelnen, die von den nationalen Gerichten zu beachten sind. Von dieser unmittelbaren Verbotswirkung betroffen ist jede Beihilfemaßnahme, die durchgeführt wird, ohne dass sie der Kommission angezeigt worden ist (EuGH, Urteil vom 12. Dezember 1973 - C-120/73, Slg. 1973, 1471 Rn. 7 f. - Lorenz, mwN).
- 18
- b) Eine Rechtsnorm ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt, Zweck und Entstehungsgeschichte des Gesetzes und damit darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt hat. Dafür genügt , dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Kreis der Schutzgesetze nicht zu sehr erweitert werden. Es reicht deshalb nicht aus, dass der Individualschutz als Reflex einer Befolgung der Norm objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen. Für die Beurteilung, ob einer Vorschrift Schutzgesetzcharakter zukommt, ist in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs der Norm auch zu prüfen, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB zu knüpfen (BGH, Urteil vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02, NJW 2004, 356, 357; Urteil vom 16. März 2004 - VI ZR 105/03, NJW 2004, 1949 mwN; Urteil vom 28. März 2006 - VI ZR 50/05, NJW 2006, 2110, 2112 mwN).
- 19
- Die Vorschrift des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV erfüllt diese Voraussetzungen (vgl. Steindorff, Festschrift Mestmäcker, 1996, S. 510; Koenig, BB 2000, 573, 577; Tilmann/Schreibauer, GRUR 2002, 212, 221; Schmidt-Kötters in Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilfenrechts, 2003, § 58 Rn. 30; Pütz, Das Beihilfeverbot des Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag, 2003, S. 227; Blume, Staatliche Beihilfen in der EG, 2004, S. 165; Gundel, EWS 2008, 161, 165; von Brevern/Gießelmann, EWS 2008, 470, 471; Martin-Ehlers/Strohmayr, EuZW 2008, 745, 748; Palandt/Sprau aaO § 823 Rn. 61; aA OLG München, GRUR 2004, 169, 170). Die Beihilferegeln der Union richten sich nach ihrem Wortlaut zwar nur an die Mitgliedstaaten. Das Durchführungsverbot hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber gerade die Funktion, die Interessen derjenigen zu schützen, die von der Wettbewerbsverzerrung betroffen sind, die durch die Gewährung der - schon allein wegen Verletzung des Durchführungsverbots - rechtswidrigen Beihilfe hervorgerufen wurde (EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - C-368/04, Slg. 2006, I-9957 = EuZW 2006, 65 Rn. 46 - Transalpine Ölleitung, mwN; Urteil vom 12. Februar 2008 - C-199/06, Slg. 2008, I-469 = EuZW 2008, 145 Rn. 38 - CELF I; vgl. Cremer in Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl., § 88 EGV Rn. 12, 26; v. Wallenberg in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 88 EGV Rn. 101 (Stand: Januar 2000). Es soll verhindern, dass durch unangemeldete Beihilfen Benachteiligungen im Wettbewerb entstehen, die sanktionslos bleiben (vgl. SchmidtKötters in Heidenhain aaO).
- 20
- Die Gerichte der Mitgliedstaaten haben die Rechte der Einzelnen gegen eine Verletzung des Durchführungsverbots zu schützen (EuGH, Urteil vom 16. Dezember 1992 - C-144/91, Slg. 1992, I-6613 Rn. 26 - Demoor; Urteil vom 11. Juli 1996 - C-39/94, Slg. 1996, I-3547 = EuZW 1996, 564 Rn. 44 - SFEI). In einem Vorabentscheidungsverfahren, dem eine auf einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV gestützte Konkurrentenklage zugrunde lag, hat der Gerichtshof dementsprechend das nationale Gericht für verpflichtet gehalten , einen Schutz gegen die Auswirkungen der rechtswidrigen Durchführung von Beihilfen sicherzustellen (EuGH, EuZW 1996, 564 Rn. 67 - SFEI). Dafür ist nicht Voraussetzung, dass die Kommission die Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt hat (vgl. EuGH, Slg. 1992, I-6613 Rn. 26 f. - Demoor).
- 21
- Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV eine die Wettbewerber des Beihilfeempfängers individuell schützende Funktion zu (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2003 - V ZR 314/02, EuZW 2003, 444, 445; Urteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 53/03, EuZW 2004, 252, 253; Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 Rn. 34; so auch zur Klagebefugnis im Verwaltungsgerichtsprozess OVG Koblenz, EuZW 2010, 274, 275).
- 22
- c) Einer Anerkennung des Art. 108 Abs. 3 AEUV als Schutzgesetz lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine entsprechende Anspruchsgrundlage im nationalen Recht voraussetzt. Die nationalen Gerichte sind verpflichtet, entsprechend ihrem nationalen Recht aus einer Verletzung des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Rückforderung der finanziellen Unterstützungen zu ziehen, die unter Verletzung dieser Bestimmung gewährt wurden (EuGH, EuZW 2008, 145 Rn. 41 - CELF I, mwN). Sie müssen grundsätzlich einer Klage auf Rückzahlung von unter Verstoß gegen diese Vorschrift gezahlten Beihilfen stattgeben (vgl. insbesondere EuGH, EuZW 1996, 564 Rn. 70 - SFEI; EuZW 2008, 145 Rn. 39 - CELF I). Jede andere Auslegung würde die Missachtung des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV durch den betreffenden Mitgliedstaat begünstigen und der Vorschrift ihre praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 16 - FNCE; EuZW 2008, 145 Rn. 40 - CELF I).
- 23
- Soweit der Gerichtshof ausführt, die Erstattung der Beihilfe habe unter Beachtung der innerstaatlichen Verfahrensvorschriften bzw. entsprechend dem nationalen Recht zu erfolgen (EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 12 - FNCE; EuZW 1996, 564 Rn. 68 - SFEI), bedeutet dies allein, dass das Unionsrecht keine Vorschriften über die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Rückforderungsrechts enthält. Das ändert indes nichts an der unionsrechtlichen Verpflichtung der mitgliedstaatlichen Gerichte, ihr nationales Recht unionsrechtskonform in einer Weise anzuwenden, die auch den Konkurrenten des Beihilfeempfängers ermöglicht , den wegen einer Verletzung des Durchführungsverbots bestehenden Rückzahlungsanspruch durchzusetzen (vgl. Brandtner/Beranger/Lessenich, EStAL 2010, 23, 25). Die dafür erforderliche Vorschrift stellt das deutsche Recht mit § 823 Abs. 2 BGB, im Übrigen aber auch mit der Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG bereit.
- 24
- d) Das Ergebnis, das beihilferechtliche Durchführungsverbot als Schutzgesetz anzuwenden, wird durch den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz bestätigt. Danach dürfen die Mitgliedstaaten die Ausübung der Rechte, die das Unionsrecht den von einer Wettbewerbsverzerrung betroffenen Unternehmen bei Verstößen gegen das Durchführungsverbot gewährt, weder praktisch un- möglich machen noch übermäßig erschweren (vgl. EuGH, EuZW 2006, 65 Rn. 44 f. - Transalpine Ölleitung, mwN; Sutter, EuZW 2006, 729, 730; siehe auch Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte, ABl. EU 2009 Nr. C 85, 5.1, Rn. 22).
- 25
- Zwar ist es allein Aufgabe der Kommission, gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Art. 107 AEUV festzustellen (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2003 - C-261/01, Slg. 2003, I-12249 = EuZW 2004, 87 Rn. 75 - van Calster, mwN). Im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot obliegt es aber den nationalen Gerichten, den Begriff der Beihilfe auszulegen, solange die Kommission keine verfahrensabschließende Entscheidung nach Art. 108 Abs. 2 AEUV getroffen hat (vgl. EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 10 - FNCE).
- 26
- Nach Unionsrecht müssen die in den Schutzzweck des Durchführungsverbots einbezogenen Wettbewerber des Beihilfeempfängers zur Einleitung einer solchen Prüfung befugt sein. Andernfalls wäre im Hinblick auf die beihilfetypische Interessenlage der Beteiligten der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz verletzt, weil Verstöße gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV regelmäßig sanktionslos blieben. Denn die Kommission darf nicht schon deshalb eine abschließende Rückforderungsentscheidung erlassen, weil die Beihilfe unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährt wurde (EuGH, Urteil vom 14. Dezember 1990 - C-301/87, Slg. 1990, I-307 = EuZW 1990, 164 Rn. 19 f. - Boussac). Auch Beihilfeempfänger , Beihilfegeber und von der Beihilfe nicht betroffene Wirtschaftsteilnehmer haben in der Regel kein eigenes Interesse, über die Einhaltung des Durchführungsverbots zu wachen. Demgegenüber können die wirtschaftlichen Interessen von Wettbewerbern schwer beeinträchtigt werden, wenn sie sich am Markt gegen Beihilfeempfänger behaupten müssen. Es werden so- mit in erster Linie Wettbewerber bereit sein, das Verbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV durchzusetzen (vgl. Soltész, EuZW 2001, 202, 204; Lampert, EWS 2001, 357). Damit wäre es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu vereinbaren, die Eigenschaft als Schutzgesetz mit der Begründung abzulehnen , dass das Durchführungsverbot nicht ausdrücklich die Wettbewerber schützt.
- 27
- e) Die Anerkennung des Durchführungsverbots als Schutzgesetz kann auch nicht mit der Erwägung verneint werden, den Konkurrenten des Beihilfeempfängers seien bereits anderweitig ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten eingeräumt (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 374). Die den Wettbewerbern durch Art. 20 VO 659/99 gewährten Rechte gewährleisten keinen den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union entsprechenden Schutz gegen eine Verletzung des Durchführungsverbots.
- 28
- Gegenstand des förmlichen Beihilfeprüfverfahrens der Kommission ist die materielle Beurteilung, ob es sich bei der fraglichen Maßnahme überhaupt um eine Beihilfe handelt und ob diese gegebenenfalls mit dem Binnenmarkt vereinbar ist (vgl. Art. 7 VO 659/99). Der unzulässige Wettbewerbsvorteil, der - unabhängig von dem Ergebnis der materiellen Beurteilung - schon in der Nutzung einer nicht genehmigten Beihilfe liegt, wird von der Kommission regelmäßig nicht abgeschöpft. Die Anordnung einer vorläufigen Aussetzung der Beihilfe nach Art. 11 Abs. 1 VO 659/99 beseitigt die in der Vergangenheit durch Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV erlangten Vorteile nicht. Zwar sieht Art. 11 Abs. 2 VO 659/99 die Möglichkeit einer vorläufigen Rückforderung von Beihilfen vor. Sie ist aber an enge Voraussetzungen gebunden und nur zulässig, wenn der Beihilfecharakter der Maßnahme nach geltender Praxis eindeutig und ein Tätigwerden dringend geboten ist; zudem muss ein erheblicher und nicht wiedergutzumachender Schaden für einen Konkurrenten ernsthaft zu befürchten sein. Damit ist dem Konkurrenten auf Unionsebene bei Verletzung des Durchführungsverbots kein subjektives Recht gewährt, das den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt und den auf §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB oder auch auf §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, § 9 UWG gestützten Ansprüchen auf Beseitigung, Unterlassung oder Schadenersatz entspricht.
- 29
- f) Auch eine Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen der deutschen Gerichte und der Kommission steht einer Einordnung des Durchführungsverbots als Schutzgesetz nicht entgegen.
- 30
- Liegt tatsächlich eine nicht angemeldete Beihilfe vor, ist die Rückforderungsentscheidung unabhängig davon rechtmäßig, ob die Kommission später die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt feststellt. Grundsätzlich denkbar ist allerdings eine unterschiedliche Beurteilung des Beihilfecharakters einer Maßnahme durch die nationalen Gerichte und die Kommission. Verneint das Gericht eine Beihilfe, wird sie aber später von der Kommission bejaht, so ist eine Rückforderungsentscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV zu Unrecht unterblieben. Im umgekehrten Fall - das nationale Gericht nimmt eine Beihilfe an, die Kommission verneint sie später - wäre eine rechtswidrige Rückforderungsentscheidung ergangen. Diese Möglichkeiten unterschiedlicher Beurteilung sind allerdings Folge der Aufgabenverteilung, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Kommission besteht (vgl. EuGH, EuZW 2006, 65 Rn. 37 f. - Transalpine Ölleitung), und die deshalb grundsätzlich hinzunehmen ist. Die Gerichte können zudem die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen mindern, indem sie eine Stellungnahme der Kommission zu Fragen über die Anwendung der Beihilfevorschriften einholen (vgl. Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte, aaO Rn. 89 ff.). Diese Stellungnahme bindet das Gericht selbstverständlich nicht. Sie gibt aber Aufschluss über die Haltung, die die Kommission zu der Beihilfefrage einnimmt, und macht damit gegebenenfalls das Risiko widersprüchlicher Entscheidungen deutlich.
- 31
- Im Übrigen wird davon auszugehen sein, dass die Gefahr einer unterschiedlichen Beurteilung des Beihilfecharakters nur in ernsthaft zweifelhaften Fällen bestehen wird. In einem solchen Fall kann der mögliche Beihilfegeber die Maßnahme von sich aus oder auf Veranlassung des möglichen Beihilfeempfängers vorsorglich anmelden, um schon im Vorprüfverfahren die Feststellung der Kommission zu erhalten, dass es sich um keine Beihilfe handelt (vgl. Art. 4 Abs. 2 VO 659/99).
- 32
- g) Rechtssystematische Gründe sprechen ebenfalls für eine Anerkennung des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV als Schutzgesetz (vgl. Tilmann/ Schreibauer, GRUR 2002, 212, 221).
- 33
- Das Beihilferecht ist Teil des Wettbewerbsrechts der Union. Die Art. 107, 108 AEUV dienen dazu, staatliche Wettbewerbsverfälschungen durch Beihilfen abzuwehren. Sie finden sich unmittelbar nach den gegen Wettbewerbsbeschränkungen durch Unternehmen gerichteten Art. 101, 102 AEUV in den Wettbewerbsregeln im Titel VII Kapitel 1 des Vertrags. Die Wettbewerbsregeln dienen insgesamt dazu, das System unverfälschten Wettbewerbs zu konkretisieren , das notwendiges Element des Binnenmarkts der Union ist (vgl. früher Art. 3 Buchst. g EG und nunmehr Art. 2 AEUV in Verbindung mit dem Protokoll über den Binnenmarkt und den Wettbewerb). An der Verbindlichkeit des Wettbewerbsprinzips für die Union hat sich nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nichts geändert (vgl. Behrens, EuZW 2008, 193).
- 34
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Art. 101, 102 AEUV Schutzgesetze. Ansprüche wegen der Verletzung dieser Vorschriften durch Wettbewerbsbeschränkungen von Unternehmen konnten bis zur Einbeziehung der Art. 101, 102 AEUV in die spezialgesetzliche Anspruchsgrundlage des § 33 Abs. 1 GWB auf § 823 Abs. 2 BGB gestützt werden (vgl. BGH, GRUR 1999, 276, 277 - Depotkosmetik). Danach spricht viel dafür, dass auch der gegen staatliche Eingriffe in den Wettbewerb gerichtete und als unmittelbar anwendbares Verbot ausgestaltete Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV Schutzgesetz ist. Aus der Sicht der von der Wettbewerbsverfälschung betroffenen Unternehmen besteht in beiden Fällen kein Unterschied.
- 35
- h) Es ist nicht zu befürchten, dass durch die Anerkennung des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV als Schutzgesetz der Kreis der Schutzgesetze in bedenklicher Weise erweitert wird. Sie führt vielmehr nur zu einer Gleichstellung dieser unmittelbar anwendbaren Norm des unionsrechtlichen Beihilferechts mit den unmittelbar geltenden Vorschriften des Kartellrechts der Union. Damit ist eine erweiterte Anerkennung von Schutzgesetzen außerhalb der Wettbewerbsvorschriften der Union weder verbunden noch angelegt.
- 36
- Ebenso wenig sind unübersehbare Haftungsfolgen zu befürchten. Die wirtschaftlichen Wirkungen einer Beihilfe auf Wettbewerber werden für Beihilfegeber wie Beihilfeempfänger regelmäßig ebenso absehbar sein wie der Kreis gegebenenfalls klagebefugter Konkurrenten.
- 37
- i) Die Klägerin gehört im Streitfall zu dem durch § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV geschützten Personenkreis. Sie fliegt die Flughäfen Frankfurt/Main sowie Köln/Bonn an, die im Einzugsbereich des Flughafens Frankfurt-Hahn liegen. Sie gehört damit als Wettbewerberin von Ryanair zum Kreis der von der - hier zu unterstellenden - Beihilfe Betroffenen (aA OLG Brandenburg, Urteil vom 21. Juli 2009 - Kart U 1/07, juris Rn. 109 f.). Es kommt unter diesen Umständen nicht mehr darauf an, ob sich die Klägerin auch für eine Nutzung des Flughafens der Beklagten interessiert.
- 38
- 3. Die Abweisung der Klage erweist sich nach den bisherigen Feststellungen auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.
- 39
- a) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass Rückforderungsansprüche gegen Ryanair für die Jahre 2002 bis 2005 verjährt seien und nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden könnten.
- 40
- aa) Der etwaige Rückforderungsanspruch der Beklagten gegen Ryanair beruht auf einer Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) und verjährt daher nach § 195 BGB. Der Vertrag, auf dessen Grundlage eine Beihilfe unter Verletzung des beihilferechtlichen Durchführungsverbots (Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) gewährt wird, verstößt gegen ein gesetzliches Verbot und ist daher nach § 134 BGB nichtig (BGH, EuZW 2004, 252, 253; BGHZ 173, 129 Rn. 34 ff.).
- 41
- bb) Es ist davon auszugehen, dass die dreijährige Verjährungsfrist für die mit der Klage verfolgten, die Jahre 2002 bis 2005 betreffenden (etwaigen) Rückforderungsansprüche der Beklagten gegenüber Ryanair bereits abgelaufen ist. Der Beginn der regelmäßigen Verjährung bestimmt sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch verfolgt, hat Kenntnis von den Umständen, die diesen Anspruch begründen, wenn er von der Leistung und von den Tatsachen weiß, aus denen das Fehlen des Rechtsgrundes folgt. Nicht erforderlich ist, dass der Gläubiger auch den Schluss auf die Unwirksamkeit des Vertrags und das Fehlen des Rechtsgrunds gezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rn. 26).
- 42
- Danach begann die Verjährung regelmäßig schon mit der Auszahlung der Beihilfe. Verjährungsunterbrechende Handlungen der Beklagten gegenüber Ryanair sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Verjährungsfrist für etwaige Rückforderungsansprüche der Beklagten aus bis Ende 2005 gewährten Beihilfen wäre somit spätestens Ende 2008 abgelaufen.
- 43
- cc) Ryanair ist es aber nach § 242 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV versagt, sich auf eine zwischenzeitlich eingetretene Verjährung des Rückforderungsanspruchs zu berufen. Das folgt aus dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz.
- 44
- Die nationalen Gerichte sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verpflichtet, sämtliche Folgerungen bezüglich der Rückforderung der finanziellen Unterstützungen, die unter Verletzung des Durchführungsverbots gewährt wurden, zu ziehen (EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 12 - FNCE; EuZW 2006, 65 Rn. 47 - Transalpine Ölleitung; EuZW 2008, 145 Rn. 41 - CELF I). Jede andere Auslegung würde die Missachtung dieser Vorschrift durch den betreffenden Mitgliedstaat begünstigen und ihr die praktische Wirksamkeit nehmen (EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 16 - FNCE; EuZW 2008, 145 Rn. 40 - CELF I). Dabei darf die Ausübung der von der Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte durch die nationalen Gerichte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (Effektivitätsgrundsatz; vgl. EuGH, EuZW 2006, 65 Rn. 45 - Transalpine Ölleitung, mwN). Dem widerspräche es, wenn im Hinblick auf den Rückforderungsanspruch kurze nationale Verjährungsfristen eingreifen würden. Denn die beihilfegewährenden Stellen können möglicherweise erst durch ein rechtskräftiges Urteil zur Rückforderung angehalten werden (vgl. EuGH, Urteil vom 20. März 1997 - C-24/95, Slg. 1997, I-1591 = NJW 1998, 47 Rn. 37 - Alcan). Ein solches Urteil wird sich häufig nicht innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) erstreiten lassen.
- 45
- Diese Situation unterscheidet sich maßgeblich von dem Fall, in dem ein Wirtschaftsteilnehmer nicht weiß, ob die zuständige Behörde Rückforderung verlangen wird, und in dem die Rechtssicherheit verlangt, dass diese Ungewissheit nach Ablauf einer bestimmten Frist beendet wird (vgl. EuGH, NJW 1998, 47 Rn. 35 - Alcan). Denn Ryanair hätte sich als sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer darüber informieren müssen, ob die Zuwendungen, deren Charakter als Beihilfen hier zu unterstellen ist, bei der Kommission angemeldet und genehmigt worden waren.
- 46
- Andererseits folgt aus dem unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit , dass es auch im Hinblick auf die effiziente Durchsetzung des Beihilferechts nicht geboten ist, Beihilfeempfänger zeitlich unbegrenzt aufgrund von gegen die Beihilfegeber gerichteten Konkurrentenklagen in Anspruch nehmen zu können. Es ist deshalb zu verlangen, dass die Klage auf Rückforderung gegen den Beihilfegeber innerhalb der Verjährungsfrist erhoben und vom Kläger nicht verzögert wird. Ist dies der Fall, muss dem Beihilfegeber nach Rechtskraft des ihn zur Rückforderung verpflichtenden Urteils eine angemessene Frist eingeräumt werden, die Rückforderungsklage gegen den Beihilfeempfänger zu erheben. Dabei könnte eine analoge Anwendung der Dreimonatsfrist in § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB in Betracht kommen. Erfolgt die Klage danach rechtzeitig, ist es dem Beihilfeempfänger nach § 242 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV versagt, sich auf eine zwischenzeitlich eingetretene Verjährung des Rückforderungsanspruchs zu berufen.
- 47
- Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich, dass die möglichen Rückforderungsansprüche der Beklagten gegen Ryanair nach diesen Grundsätzen verjährt sein könnten.
- 48
- b) Der Beseitigungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist ebenfalls nicht verjährt.
- 49
- aa) Die Verjährungsfrist für den auf §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV gestützten Beseitigungsanspruch beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Die kurze Verjährung des § 11 UWG findet keine Anwendung.
- 50
- (1) Allerdings kann die Klägerin, wenn ihr ein deliktsrechtlicher Beseitigungsanspruch zusteht, ihre Klage auch auf eine unlautere geschäftliche Handlung der Beklagten stützen (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV).
- 51
- (a) Die Klägerin ist als Wettbewerberin von Ryanair aktivlegitimiert im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Bei der Förderung fremden Wettbewerbs, die hier in Rede steht, kommt es auf das Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten und dem benachteiligten Unternehmen an (BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 - I ZR 12/95, GRUR 1997, 907, 908 = WRP 1997, 843 - EmilGrünbär -Club, mwN).
- 52
- (b) Die von der Klägerin beanstandeten Leistungen und Zahlungen zugunsten von Ryanair sind "geschäftliche Handlungen" nach § 2 Nr. 1 UWG 2008. Sie hängen objektiv mit Abschluss und Durchführung der Vereinbarung zwischen Ryanair und der Beklagten über die Benutzung des Flughafens der Beklagten zusammen.
- 53
- (c) Das beihilferechtliche Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ist auch eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (vgl. Steindorff, Festschrift Mestmäcker, 1996, S. 497, 510; Koenig/Kühling/ Ritter, EG-Beihilfenrecht, 2. Aufl., Rn. 431; Nordmann, Die negative Konkurrentenklage im EG-Beihilferecht vor europäischen und deutschen Gerichten, 2002, S. 229; Pütz, Das Beihilfeverbot des Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag, 2003, S. 225, 227; Haslinger, WRP 2007, 1412, 1417; ebenso österr. OGH, Entscheidung vom 19. Januar 2010 - 4 Ob 154/09i; aA OLG München, GRUR 2004, 169, 170; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 UWG Rn. 13.59; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 65; Teplitzky, WRP 2003, 173, 180 f.; Mees, Festschrift Erdmann, 2002, S. 657, 666 f.). Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt, die im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Eigenschaft als Schutzgesetz wiedergegeben worden ist (s. Rn. 19), hat Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV jedenfalls auch die Funktion, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Dem Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ist ferner eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion eigen, weil es die im Binnenmarkt tätigen Unternehmen gerade vor Wettbewerbsverfälschungen schützen soll. Die Voraussetzung des Marktbezugs ist im Streitfall ebenfalls erfüllt. Denn die (angebliche) Beihilfe wird über ein am Markt auftretendes öffentliches Unternehmen gewährt. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Tätigkeit als Flughafenbetreiber den Vertrag mit Ryanair abgeschlossen , mit dem sie - wie hier zu unterstellen ist - Beihilfen gewährte.
- 54
- (2) Im Fall eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV bestehen die wettbewerbs- und deliktsrechtlichen Ansprüche auch nebeneinander. Das Beihilferecht der Union enthält keine abschließende Regelung der zivilrechtlichen Ansprüche, die Mitbewerber bei einem sol- chen Verstoß geltend machen können (anders zum Verhältnis von Ansprüchen nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und nach § 4 Nr. 11 UWG BGH, Urteil vom 7. Februar 2006 - KZR 33/04, BGHZ 166, 154 Rn. 13 - Probeabonnement). Es verweist dafür vielmehr auf das Recht der Mitgliedstaaten.
- 55
- (3) Die für den wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltende kurze Verjährung des § 11 UWG findet auf den deliktsrechtlichen Beseitigungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV aber keine Anwendung.
- 56
- (a) Erfüllt ein Wettbewerbsverhalten zugleich einen Tatbestand des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und die Voraussetzungen der §§ 823, 824 oder 826 BGB, unterliegt grundsätzlich jeder der sich daraus ergebenden Ansprüche der für ihn geltenden besonderen Verjährung. Insbesondere schließen die lauterkeitsrechtlichen Vorschriften die Anwendung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts nicht schlechthin als Spezialgesetze aus, wenn eine geschäftliche Handlung vorliegt. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob eine der Bestimmungen als erschöpfende und deshalb die anderen ausschließende Regelung der jeweiligen Teilfrage anzusehen ist, was auch für die Verjährung gilt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1984 - I ZR 195/81, GRUR 1984, 820, 822 f. = WRP 1984, 678 - Intermarkt II, mwN). Aus dem Umstand allein, dass ein Verhalten gegen Vorschriften des Lauterkeitsrechts verstößt, ist nicht zu schließen, dass Art und Maß der sich daran anknüpfenden Haftung in jedem Fall dort abschließend geregelt sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1961 - I ZR 152/59, BGHZ 36, 252, 255 - Gründerbildnis).
- 57
- (b) Für die Verjährung von Schadens-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen wegen eines Verstoßes gegen das beihilferechtliche Durchfüh- rungsverbot gilt nicht ausschließlich die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 11 UWG. Ist die verletzte Norm sowohl ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB als auch eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, ist darauf abzustellen, ob der Schwerpunkt des Unrechtsgehalts der verletzten Norm im Lauterkeitsrecht liegt. Nur wenn dies der Fall ist, gilt die kurze Verjährungsfrist des § 11 UWG (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 11 Rn. 1.9). Der Schwerpunkt des hier in Rede stehenden Verstoßes liegt außerhalb des Lauterkeitsrechts.
- 58
- Hierfür spricht bereits, dass sich die Unlauterkeit im Streitfall unter dem Aspekt des Rechtsbruchs (§ 4 Nr. 11 UWG) aus einer Verletzung unmittelbar anwendbaren Unionsrechts ergibt. § 823 Abs. 2 BGB ist im Streitfall nicht allein deshalb anwendbar, weil eine lauterkeitsrechtliche Vorschrift zugleich Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1959 - I ZR 56/57, GRUR 1959, 31, 34 = WRP 1958, 307 - Feuerzeug als Werbegeschenk , mwN). Das Durchführungsverbot hat gegenüber dem Lauterkeitsrecht auch keinen nur lückenausfüllenden Charakter (vgl. BGHZ 36, 252, 257 - Gründerbildnis; BGH, Urteil vom 28. September 1973 - I ZR 136/71, GRUR 1974, 99, 100 = WRP 1974, 30 - Brünova). Der Unrechtsgehalt eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot besteht vielmehr schon nach Unionsrecht unabhängig von einer Verletzung des deutschen Lauterkeitsrechts. Er ergibt sich aus dem Unterlaufen der Beihilfekontrolle durch die Kommission und der daraus folgenden Beeinträchtigung unverfälschten Wettbewerbs im europäischen Binnenmarkt. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schützt dagegen allein die Lauterkeit des Wettbewerbs in Deutschland. Es gibt somit keinen Grund, bei einer Verletzung des Durchführungsverbots Ersatz- und Beseitigungspflichtige durch Anwendung der kurzen Verjährung des § 11 UWG zu privilegieren. Die lauterkeitsrechtliche Haftung eröffnet dem Verletzten nur eine zusätzliche Anspruchsgrundlage, ohne seine Möglichkeiten zur Durchsetzung des deliktsrechtlichen Anspruchs zu beschränken.
- 59
- bb) Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB ist im Streitfall nicht abgelaufen. Die Klage ist am 24. November 2006 erhoben worden. Soweit sich die Klägerin gegen in den Jahren 2003 bis 2006 gewährte mögliche Beihilfen wendet, können die eventuellen deliktsrechtlichen Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nicht verjährt sein (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Aber auch soweit mögliche Beihilfen des Jahres 2002 Gegenstand der Klage sind, ist eine Verjährung nicht ersichtlich. Die Klägerin hat vorgetragen, wesentliche klagebegründende Informationen dem Jahresabschluss 2002 der Beklagten entnommen zu haben. Es ist ausgeschlossen, dass ihr dieser Jahresabschluss noch im Jahre 2002 vorgelegen hat. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, dass die Klägerin schon 2002 die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis erlangt hatte. Bei Kenntniserlangung im Jahr 2003 ist die Verjährung aber erst Ende 2006 abgelaufen (§ 199 Abs. 1 BGB).
- 60
- 4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist somit aufzuheben. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann jedenfalls ein deliktsrechtlicher Anspruch der Klägerin (§§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) nicht ausgeschlossen werden, der zur Begründung aller Klageanträge - im Fall des Auskunftsantrags in Verbindung mit § 242 BGB - in Betracht kommt.
- 61
- III. Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 und 3 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Die bisherigen Feststellungen reichen nicht aus, um einen Verstoß gegen das Durchführungsverbot zu bejahen oder zu verneinen.
- 62
- 1. Das Durchführungsverbot gilt nur für Beihilfemaßnahmen. Ob es verletzt worden ist, hängt somit davon ab, ob Ryanair von der Beklagten Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV erhalten hat. Im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot obliegt es den nationalen Gerichten, den Begriff der Beihilfe auszulegen, solange die Kommission keine verfahrensabschließende Entscheidung nach Art. 108 Abs. 2 AEUV getroffen hat (vgl. EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 10 - FNCE).
- 63
- Die Kommission hat zwar bereits im Juni 2008 ein Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu möglichen staatlichen Beihilfen zugunsten der Beklagten und Ryanair eingeleitet. Eine Entscheidung der Kommission liegt aber noch nicht vor.
- 64
- 2. Das Berufungsgericht hat - wie schon das Landgericht - keine ausreichenden Feststellungen zu den tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme von Beihilfen getroffen. Das gilt insbesondere für das erste Tatbestandsmerkmal einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV, die Frage der staatlichen Zurechenbarkeit (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - C-482/99, Slg. 2002, I-4397 = NVwZ 2003, 461 Rn. 51 - Stardust Marine).
- 65
- a) Das Berufungsgericht ist im Hinweisbeschluss vom 23. Januar 2008 davon ausgegangen, dass es an einer staatlichen Kontrolle der Mittel fehle. Insbesondere sei der Vorstand der Fraport AG nicht weisungsgebunden und im paritätisch besetzten Aufsichtsrat entfielen nur sechs von 20 Mitgliedern auf die öffentlich-rechtlichen Gesellschafter. Die Revisionserwiderung macht geltend, dass im fakultativen Aufsichtsrat der Beklagten die Vertreter der Fraport AG die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigten.
- 66
- Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Zuwendungen - um sie dem Staat als Beihilfemaßnahme zuzurechnen - zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden müssen. Zum anderen darf sich die Zurechnung nicht allein darauf stützen, dass die Zuwendung von einem öffentlichen Unternehmen gewährt worden ist; erforderlich ist vielmehr, dass die bestehenden Kontrollmöglichkeiten der öffentlichen Hand auch tatsächlich ausgeübt wurden (EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 50 ff. - Stardust Marine). Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen könnte lediglich die erste der beiden Voraussetzungen bejaht werden.
- 67
- b) Im Streitfall stammen die von der Klägerin behaupteten Vergünstigungen entweder von der Beklagten selbst oder - mittels des Ergebnisabführungsvertrags - von der Fraport AG. Staatlich sind diese Mittel, wenn der Staat in der Lage ist, durch Ausübung eines beherrschenden Einflusses auf diese Unternehmen ihre Verwendung zu steuern (EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 38 - Stardust Marine). Nach Art. 2 Buchst. b Ziff. i der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen ("Transparenz -Richtlinie"; ABl. EU 2006 Nr. L 318, S. 19) wird vermutet, dass ein beherrschender Einfluss unter anderem dann ausgeübt wird, wenn die öffentliche Hand unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt. Das trifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl auf die Beklagte als auch auf die Fraport AG zu. Die TransparenzRichtlinie kann auch zur Bestimmung der Staatlichkeit von Mitteln im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV herangezogen werden (vgl. EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 34 - Stardust Marine). Die Möglichkeit zur Bestellung von Mitgliedern des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans, die das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung in Zweifel gezogen haben, ist hingegen nicht Vorausset- zung für die Staatlichkeit von Mitteln. Sie wird in Art. 2 Buchst. b Ziff. iii der Transparenz-Richtlinie lediglich als alternativer Grund für die Vermutung genannt.
- 68
- c) Die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme an den Staat verlangt außerdem, dass die Behörde in irgendeiner Weise am Erlass dieser Maßnahme beteiligt war (EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 52 - Stardust Marine). Insoweit kann allerdings nicht der Nachweis verlangt werden, dass die Behörde das öffentliche Unternehmen konkret veranlasst hat, die fraglichen Beihilfemaßnahmen zu treffen. Die Zurechenbarkeit der Maßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat ist vielmehr aus einem Komplex von Indizien abzuleiten, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Zusammenhang ergeben , in dem diese Maßnahme ergangen ist. Insoweit ist unter anderem zu berücksichtigen , ob die fragliche Einrichtung die beanstandete Entscheidung nicht treffen konnte, ohne den Anforderungen der öffentlichen Stellen Rechnung zu tragen. Außerdem ist gegebenenfalls etwa von Bedeutung die Eingliederung des öffentlichen Unternehmens in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung, die Art seiner Tätigkeit, die Intensität der behördlichen Aufsicht über die Unternehmensführung und jedes andere Indiz, das im konkreten Fall für oder gegen eine Beteiligung der Behörden an der Entscheidung über die Maßnahme spricht (vgl. zum Ganzen EuGH, NVwZ 2003, 461 Rn. 53 ff. - Stardust Marine). Dazu mangelt es bislang an Feststellungen.
- 69
- 3. Dem Senat fehlt deshalb die erforderliche tatsächliche Grundlage für die rechtliche Beurteilung, ob die Maßnahmen der Beklagten gegenüber Ryanair Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen.
- 70
- C. Für die neue Verhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:
- 71
- I. Der Unterlassungsantrag (Antrag zu 5) geht im Hauptantrag und im ersten Hilfsantrag zu weit, da das Verbot nur nach Anmeldung der Beihilfe bei der Kommission und deren Genehmigung entfallen soll. Die Beihilfe gilt als genehmigt , wenn die Kommission nach vollständiger Anmeldung zwei Monate nicht reagiert und der Mitgliedstaat dann der Kommission die Durchführung der beabsichtigten Maßnahme anzeigt (EuGH, Slg. 1973, 1471 Rn. 4 - Lorenz; EuZW 1996, 564 Rn. 38 - SFEI; Art. 4 Abs. 6 VO (EG) Nr. 659/1999).
- 72
- Hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags zu Antrag zu 5 wird gegebenenfalls zu prüfen sein, ob das darin verwendete Verb "zu begünstigen" vor dem Hintergrund des Streits der Parteien um den Beihilfecharakter der von der Klägerin beanstandeten Maßnahmen als hinreichend bestimmt anzusehen ist.
- 73
- II. Das Berufungsgericht hat zudem Gelegenheit, die weiteren Darlegungen in seinem Hinweisbeschluss vom 23. Januar 2008 im Hinblick auf die Ausführungen im Schreiben der Europäischen Kommission vom 17. Juni 2008 zu überprüfen. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass es an der für den Begriff der Beihilfe erforderlichen Selektivität der Maßnahme fehlt, wenn alle auf dem relevanten Markt tätigen Unternehmen durch die Maßnahme begünstigt werden (Mederer in von der Groeben/Schwarze, Kommentar zum EU-/EGVertrag , 6. Aufl., Art. 87 EG Rn. 43; v. Wallenberg in Grabitz/Hilf aaO Art. 87 EGV Rn. 53 (Stand: September 2004); Koenig/Kühling/Ritter aaO Rn. 180).
- 74
- Ebenso ist zu beachten, dass die im Rahmen des Privatinvestorenvergleichs ("Private-Investor-Test") erhobene Behauptung einer längerfristigen Rentabilitätsstrategie in erster Linie durch einen entsprechenden Geschäftsplan auf der Grundlage der beim Vertragsabschluss verfügbaren Erkenntnisse belegt werden kann (vgl. Mitteilung der Kommission über gemeinschaftliche Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihil- fen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen, ABl. EU 2005 Nr. C 312 S. 1, Rn. 51).
- 75
- III. Die Entscheidung über die Rückforderung der Beihilfen ist nicht deshalb auszusetzen, weil bislang kein abschließender Beschluss der Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV vorliegt. Die nationalen Gerichte haben die Maßnahmen anzuordnen, die geeignet sind, die Rechtswidrigkeit der Durchführung der Beihilfen zu beseitigen, damit der Empfänger in der bis zur Entscheidung der Kommission noch verbleibenden Zeit nicht weiterhin frei über sie verfügen kann. Eine Aussetzung der Entscheidung liefe darauf hinaus, dass der Vorteil der Beihilfe während des Zeitraums des Durchführungsverbots aufrechterhalten bliebe, was mit dem Ziel des Art. 108 Abs. 3 AEUV unvereinbar wäre und dieser Bestimmung ihre praktische Wirksamkeit nähme (EuGH, Urteil vom 11. März 2010 - C-1/09, EuZW 2010, 587 Rn. 30 f. - CELF II).
- 76
- Sollte die Kommission eine Positiventscheidung nach Art. 6 Abs. 3 VO 659/1999 erlassen, also die gegenüber Ryanair getroffenen Maßnahmen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, hat dies im Übrigen nicht die Heilung der unter Verstoß gegen das Verbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV vorgenommenen Durchführungsmaßnahmen zur Folge (EuGH, NJW 1993, 49 Rn. 16 - FNCE). Das Unionsrecht verlangt in diesem Fall zwar nicht, die Rückzahlung der gesamten rechtswidrigen Beihilfe anzuordnen. Das nationale Gericht ist aber verpflichtet, dem Beihilfeempfänger für die Dauer der Rechtswidrigkeit aufzugeben, angemessene Zinsen zu zahlen (EuGH, EuZW 2008, 145 Rn. 45 bis 52 - CELF I).
- 77
- IV. Falls das Berufungsgericht den Beihilfecharakter der Ryanair eingeräumten Konditionen verneinen sollte, dürften sich die Ansprüche der Klägerin nach den bislang getroffenen Feststellungen auch nicht auf Kartellrecht stützen lassen.
- 78
- 1. Allerdings reichen diese Feststellungen nicht aus, eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten, die Voraussetzung für Ansprüche aus § 33 GWB in Verbindung mit Art. 102 AEUV oder § 19 Abs. 1, § 20 Abs. 1 GWB wäre , schon mit der Begründung des Berufungsgerichts abzulehnen.
- 79
- a) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine marktbeherrschende Stellung fehle angesichts der in Reichweite liegenden Flughäfen Frankfurt/Main und Köln/Bonn. Zwar lässt die Annahme, den Flughafen Frankfurt-Hahn nutzende Passagiere betrachteten jedenfalls diese Flughäfen als Alternative, keinen Rechtsfehler erkennen. Sie findet in den räumlichen Gegebenheiten und dem Umstand, dass der Flughafen Frankfurt-Hahn jedenfalls überwiegend von Urlaubs- und Freizeitreisenden genutzt wird, eine ausreichende Grundlage. Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, dass es aufgrund der festgestellten gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der Beklagten und dem Flughafen Frankfurt/Main über die Fraport AG naheliegt, von einer wirtschaftlichen Einheit zwischen diesen Unternehmen auszugehen. Dann könnten die Marktanteile der Flughäfen Frankfurt/Main und Frankfurt-Hahn zusammenzurechnen sein (vgl. zu § 36 Abs. 2 GWB, der für das gesamte Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt, BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - KZR 21/08, WRP 2009, 1402 Rn. 15 - Entega I). Für die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung käme es in diesem Fall darauf an, welchen Marktanteil der Flughafen Köln/Bonn hat und ob - wie vom Berufungsgericht erwogen, aber offengelassen - auch die Flughäfen in Zweibrücken, Luxemburg, Dortmund und Düsseldorf in den relevanten Markt einzubeziehen sind.
- 80
- b) Sollte zwischenzeitlich die gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen den Flughäfen Frankfurt-Hahn und Frankfurt/Main beendet worden sein, hätte die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung und damit auch ihre Eigenschaft als Normadressat der §§ 19, 20 GWB und Art. 102 AEUV verloren, so dass die für den kartellrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr entfallen wäre.
- 81
- Die Veränderung der Beteiligungsverhältnisse wäre dagegen ohne Bedeutung für den Rückforderungsanspruch und den ihn vorbereitenden Auskunftsanspruch. Bei dem Rückforderungsanspruch handelt es sich um einen Beseitigungsanspruch. Anders als der Schadensersatzanspruch, der auf den Ausgleich des aus einem rechtswidrigen Eingriff entstandenen Schadens gerichtet ist, zielt der Beseitigungsanspruch darauf ab, den bereits erfolgten, fortdauernden Eingriff selbst und damit die Störungsquelle für die Zukunft abzustellen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 UWG Rn. 1.73). So verhält es sich hier. Die behaupteten Beihilfen, die Gegenstand des Rückforderungsbegehrens sind, stellen unmittelbar den Eingriff in die geschützten Interessen der Klägerin als Mitbewerberin dar. Sie sind kein Schaden, der erst Folge eines solchen Eingriffs ist. Der mit den angeblichen Beihilfen verbundene Eingriff soll mit dem Rückforderungsverlangen für die Zukunft beseitigt werden.
- 82
- Der Beseitigungsanspruch gleicht durch seine Ausrichtung auf die Zukunft zwar dem auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichteten Unterlassungsanspruch. Für den Beseitigungsanspruch ist jedoch keine Begehungsgefahr erforderlich; materielle Anspruchsvoraussetzung ist vielmehr allein der fortdauernde Störungszustand. An der Rechtswidrigkeit der schon eingetretenen und noch fortwirkenden Beeinträchtigung hätte sich durch den Wegfall der Normadressateneigenschaft der Beklagten nichts geändert.
- 83
- 2. Das Berufungsgericht hat aber weiter angenommen, es liege offensichtlich auch keine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung vor, weil die Klägerin unbestritten den Flughafen Frankfurt-Hahn zu den gleichen Konditionen wie Ryanair nutzen könne; die Klägerin habe ihre Behauptung , es sei nur Ryanair möglich, auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn hohe Passagiervolumen zu generieren, nicht mit Tatsachen unterlegt. Trifft dies zu, fehlt es sowohl an einer Diskriminierung als auch an einer unbilligen Behinderung der Klägerin. Die Ryanair angeblich gewährten Beihilfen beeinträchtigten dann allenfalls die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Flughäfen (vgl. § 19 Abs. 4 Nr. 1 und 2 GWB). Auf § 33 GWB kann sich die Klägerin aber nur stützen , soweit sie durch die beanstandete Verhaltensweise selbst im Wettbewerb beeinträchtigt und deshalb Betroffene im Sinne dieser Norm ist.
- 84
- 5. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht die Kommission um Auskunft darüber ersuchen kann, wann mit einer Entscheidung über die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt zu rechnen ist (vgl. Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte Rn. 89 f.).
Vorinstanzen:
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 16.05.2007 - 2 O 441/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 25.02.2009 - 4 U 759/07 -
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.
(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)