Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 04. Sept. 2015 - 4 Sa 823/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.04.2014 – 16 Ca 4960/13 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Monate März 2013 bis Januar 2014 als Annahmeverzugs-Entgelt jeweils das Bruttogehalt abzüglich der Nettobeträge an erhaltenem Arbeitslosengeld zu zahlen. Der Streit der Parteien geht im Wesentlichen darum, ob der Kläger in diesen Monaten außerstande war, seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu bewirken (§ 297 BGB).
3Die Beklagte hat dem Kläger am 10.01.2013, zugegangen 11.01.2013 fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt (Bl. 9 d. A.). Das Arbeitsgericht Köln hat am 25.04.2013 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht beendet worden ist, die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verurteilt und ebenfalls unter dem Gesichtspunkt von Annahmeverzug die Gehälter für Dezember 2012 bis Februar 2013 tituliert. Dieses Urteil ist – mit geringfügigen Änderungen in der Höhe der Entgeltansprüche für Februar 2013 – durch Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen vom Landesarbeitsgericht Köln mit rechtskräftigem Urteil vom 12. Dezember 2013 bestätigt worden (7 Sa 537/13).
4Wegen Vorkommnissen, die auch Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, hat die Beklagte am 19.03.2014, zugegangen am 20.03.2014, erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt. Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 20.08.2015 die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen (7 Sa 217/15). Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
5Der Kläger war seit dem 01.10.2006 als Tankwagenfahrer bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist ein europaweit tätiger Anbieter von Transport- und Logistikdienstleistungen im Bereich der Mineralölindustrie und beliefert im Auftrag ihrer Kunden u. a. Tankstellen. Der Kläger ist ausweislich seines Arbeitsvertrages (Bl. 4 ff. d. A.) als Tankwagenfahrer am Standort K beschäftigt gewesen.
6Bei den transportierten Mineralölen handelt es sich um Gefahrgüter der Gefahrenklasse 3 (entzündbare flüssige Stoffe gemäß dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße). Jeder Fahrer muss bei der Beklagten vor dem Einsatz als Alleinfahrer eine Vorsorgeuntersuchung nach „G 25“ (DGUV Grundsatz „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“) absolvieren. Zu diesem DGUV Grundsatz existiert, herausgegeben von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV) ein vom Arbeitskreis „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“ in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis „Betriebsärztliche Tätigkeiten“ des Ausschusses „Arbeitsmedizin“ der DGUV erstellter „Leitfaden für Betriebsärzte zur Anwendung des G 25“ (Bl. 385 ff. d. A.). Diesen Leitfaden haben Arbeitsmediziner bei der sogenannten „G 25-Untersuchung“ zu beachten.
7Bei der Vorsorgeuntersuchung nach G 25 wird von dem jeweiligen Betriebsarzt festgestellt, ob aus medizinischer Sicht Bedenken gegen die Eignung als Fahrer eines Tankwagens bestehen. Die vom Betriebsarzt über die Untersuchung ausgestellte Bescheinigung enthält – je nach Ausgang der Untersuchung – die Angabe „teilgenommen“ (sofern eine abschließende Beurteilung nicht möglich war), „geeignet“ oder „(befristete) gesundheitliche Bedenken“. Die von der Beklagten als Betriebsärzte eingesetzte Ärzteorganisation BAD erstellt Bescheinigungen über die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen, die am Schluss den Hinweis enthalten: „Halten die untersuchte Person oder der Arbeitgeber das Untersuchungsergebnis von Vorsorgeuntersuchungen für unzutreffend, so entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde.“ (vgl. z. B. Bl. 195 d. A.).
8Für die Dauer der Beschäftigung bei der Beklagten werden für die Tankwagenfahrer in Abständen von zwei Jahren Wiederholungsuntersuchungen durchgeführt. Über diese Untersuchungen verhält sich auch das bei der Beklagten geführte „Fahrer-Handbuch“ (Anlage B 1 - Bl. 135 ff. d. A.).
9Die Beklagte hat sich als Rechtsgrundlage für die Vorsorgeuntersuchungen und deren Bedeutung auf § 21 Abs. 1 SGB VII, auf § 7 Abs. 2 der BGV A 1 „Unfallverhütungsvorschrift Grundsätze der Prävention“ (Auszüge Anlage B 2 - Bl. 138 ff. d. A.) und § 35 Abs. 1 GUV-V D 29 „Unfallverhütungsvorschrift Fahrzeuge“ (Auszüge mit Durchführungshinweisen Anlage B 3 - Bl. 140 d. A.) bezogen.
10Der Kläger litt im Jahre 2009 an Schlafstörungen, wegen derer er im Schlaflabor des J -K in B untersucht wurde. Nach Vortrag des Klägers hatte er die von ihm als Einschlafstörungen bezeichneten Schlafstörungen zuvor durch sogenanntes Powernapping (Kurzschlafphasen) wieder in den Griff bekommen. Gleichwohl stellte er sich der Untersuchung im J -K . Dabei wurde ihm eine Maske aufgesetzt und es wurde erklärt, er müsse nun mit der Maske schlafen. Der Kläger konnte mit der Maske nicht schlafen, weshalb die weitere Untersuchung unterbrochen wurde.
11Am 03.09.2012 fand bei dem BAD in K eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung „G 25“ statt. In einem Schreiben vom 03.09.2012 an den Kläger (Anlage K 4 - Bl. 289 d. A. – erstmalig mit Schriftsatz des Klägers vom 24.03.2014 zu den Akten und auch für die Beklagte überreicht) sind aufgrund der körperlich Untersuchung u. a. folgende Auffälligkeiten eingetragen: „Allgemeine Erschöpfung, Gewichtsverlust“. Unter Empfehlungen heißt es u. a.: „2. Weitere Schlafdiagnostik empfohlen“ und „3. Belastung EKG steht noch aus, nach einer drei- bis vierwöchigen Erholungsphase bitte erneut Termin für Belastung EKG vereinbaren“.
12Entsprechend einer Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28. Dezember 2012 an die Beklagte (Anlage B 4 - Bl. 147 ff. d. A.) war aufgrund der Untersuchung vom 03.09.2012 eine kardiologische Untersuchung angezeigt. Diese fand am 05.10.2012 statt. In einem ärztlichen Schreiben der kardiologischen Praxis, unterzeichnet von Dr. med. A O , Ärztin für Innere Medizin-Kardiologie, und Dr. med. B B -K , Ärztin für Innere Medizin-Kardiologie/Rehabilitationswesen, ist unter Diagnosen u. a. „Schlafapnoe, seit Jahren ohne Therapie (G47.39G)“ angegeben. Eine Kardiomyopathie wurde ausgeschlossen und es findet sich die Bemerkung, dass kein Hinweis auf eine stenosierende koronare Herzkrankheit vorliegt (Anlage K 5 - Bl. 290 d. A.). In der Beurteilung heißt es u. a.: „Hinsichtlich des derzeit nicht therapierten Schlafapnoesyndroms darf ich eine erneute Untersuchung im Schlaflabor empfehlen, um bei erneuter Bestätigung der Diagnose die nächtliche CPAP-Therapie wieder aufzunehmen.“ (Anlage K 5 - Bl. 290 d. A.). Dieses Schreiben war an den Kläger gerichtet. Der Kläger legte diesen Bericht der Beklagten vor. Auf ihre Veranlassung hin übersandte er ihn dem BAD.
13Es wurde von der Beklagten für den Kläger für den 29.10.2012 ein weiterer Termin beim BAD vereinbart. Der Kläger erfuhr über den Schichtplan zu spät davon und nahm an der angesetzten Untersuchung nicht teil. Der BAD bescheinigte dementsprechend „Nicht erschienen“ (Anlage K 6 - Bl. 292 d. A.).
14Der Bericht der kardiologischen Praxis ging beim BAD am 5. November 2012 ein (vgl. Bl. 290 d. A.).
15Am 08.11.2012 übersandte der BAD dem Kläger eine Bescheinigung über die Untersuchung vom 03.09.2012. Darin (Anlage K 7 - Bl. 293 d. A.) heißt es zu der G 25-Untersuchung mit Datum 03.09.2012 als Ergebnis: „befristete gesundheitliche Bedenken“. Als nächste Untersuchung ist der Januar 2013 angegeben.
16Diese Bescheinigung legte der Kläger der Beklagten nicht vor. Diese erhielt erst davon Kenntnis, nachdem der Kläger im Gütetermin vom 17.01.2014 klargestellt hatte, dass er keine Einwände dagegen habe, dass die Beklagte das Ergebnis der betriebsärztlichen Untersuchung G 25 für Ergometrie und Drogenscreening vom Betriebsarzt mitgeteilt bekomme. Der Kläger reichte diese Bescheinigung, die er erhalten hatte, erst mit Schriftsatz vom 24.03.2014 zu den Akten.
17Der Kläger erkundigte sich nach Erhalt dieser Bescheinigung anlässlich eines Telefonates bei dem BAD, ob diese eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Arbeitgeber darstelle, er also wegen Arbeitsunfähigkeit von der Arbeit fernbleiben dürfe. Ihm wurde daraufhin von dem BAD erklärt, die Bemerkung „befristete gesundheitliche Bedenken“ bedeute, dass Behandlungsbedürftigkeit bestehe, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aber stelle sie nicht dar. Der Kläger müsse sich behandeln lassen oder eine ärztliche Bescheinigung beibringen, dass gesundheitliche Bedenken hinsichtlich eines Schlafapnoe-Syndroms ausgeräumt seien, sonst würden aus den befristeten Bedenken irgendwann dauerhafte Bedenken und der Kläger sei dann nicht mehr fahrtauglich. Der Beklagten wurde mit Schreiben vom 22. Oktober 2014 seitens des BAD mitgeteilt, im Rahmen dieses Gespräches habe die den Kläger behandelnde Ärztin zunächst für einen Zeitraum von drei Monaten befristete Bedenken für Fahr- und Steuertätigkeiten ausgesprochen (Anlage B 24 - Bl. 644 d. A.). Weiter heißte es in diesem Schreiben: „Er sollte die gesundheitlichen Beschwerden bis dahin weiter bei seinen behandelnden Ärzten abklären lassen und mit entsprechenden Befunden sich dann erneut vorstellen.“ Weiter heißt es: „Hierüber hat sie laut Aktenvermerk mit Herrn M gesprochen, und da dieser nach Hinweis auf die Schweigepflicht die Einwilligung verweigerte, dass die Bescheinigung direkt an den Arbeitgeber geht, hat sie ihn informiert, dass diese an ihn geht mit der Bitte diese dem Arbeitgeber vorzulegen.“
18Der Kläger informierte die Beklagte über das Telefonat nicht.
19Am 03.12.2012 stellte sich der Kläger seinem Hausarzt Dr. J , Arzt für Allgemeinmedizin, vor. Dieser bescheinigte unter dem 03.12.2012 unter dem Betreff „Schlafapnoe mit upper airway resistance-Syndrom 2009“: „Die Krankheitssymptome sind nach Arbeitsumstellung seit 2010 nicht mehr aufgetreten. Zur Zeit ist Herr M beschwerdefrei.“ (Anlage K 8 - Bl. 294d. A.).
20Herr Dr. J überwies den Kläger an einen HNO-Arzt.
21Mit Datum vom 13.12.2012 ging dem Kläger eine weitere ärztliche Bescheidung des BAD zu. Darin ist Bezug genommen auf eine „Nachuntersuchung“. Als Datum ist angegeben: 05.11.2012. Als Ergebnis heißt es wieder: „Befristete gesundheitliche Bedenken“ und unter „Bemerkungen für AG“: „Medizinische Maßnahmen erforderlich. Erweiterte G 25 + Ergometrie“, als „Bemerkungen für AN“: „Siehe Empfehlung Dr. Ortmeyer, Kardiologin, erneute Vorstellung.“
22Diese Bescheinigung übergab der Kläger nicht der Beklagten und informierte sie nicht darüber. Die Beklagte erhielt sie wiederum erstmalig mit dem Schriftsatz des Klägers nach dem Gütetermin im Jahre 2014.
23Nach Vortrag der Beklagten, den der Kläger ausweislich des als Anlage B 8 (Bl. 152 ff. d. A.) von der Beklagten eingereichten Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Parallelprozess vom 13.09.2013 offenbar bestreiten will (im vorliegenden Verfahren hat der Kläger sich darauf nicht weiter eingelassen), gab der Kläger auf weitere Nachfrage des Vorgesetzten L am 20. Dezember 2012 an, dass er die Ergebnisse der kardiologischen Untersuchung dem BAD zur Verfügung gestellt habe und diese ihm eine weitere Beurteilung per Post zugesendet habe. Dem habe er jedoch keine weitere Beachtung geschenkt. Auf Nachfrage bei dem BAD sei der Beklagten am 20. Dezember 2012 zudem mitgeteilt worden, dass über das Ergebnis der Beurteilung keine Mitteilung gemacht werden könne, da der Kläger die BAD hinsichtlich der Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen nicht von der Schweigepflicht entbunden habe.
24Unstreitig ist, dass die Beklagte den Kläger ab dem 20. Dezember 2012 freigestellt hat.
25Mit Datum vom 21.12.2012 schickte die Beklagte dem Kläger ein Anhörungsschreiben zu einer Verdachtskündigung (Anlage B 7 - Bl. 151 d. A.). Darin wird dem Kläger u. a. vorgehalten, dass der dringende Verdacht bestehe, dass er trotz fehlender Eignung und ohne seinen Arbeitgeber zu informieren, weiterhin als Fahrer von Gefahrgütern tätig sei. Er wird aufgefordert, die zuständigen Personen bei dem BAD von der Schweigepflicht zu entbinden. Dem Kläger wurde eine Frist bis zum 03.01.2013 gesetzt.
26Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantwortete das mit Schreiben vom 28.12.2012 (Anlage B 4 - Bl. 143 d. A.). Er teilt darin u. a. mit, der Kläger habe für den 02.01.2013 in der Uniklinik einen Termin beim HNO-Spezialisten erhalten, bei dem festgestellt werden solle, ob eine Schlaftherapie angezeigt sei. Die von der Beklagten erbetene Entbindung des BAD von der Schweigepflicht gab der Kläger nicht ab.
27Am 02.01.2013 fand der Termin bei dem HNO-Arzt statt. Dieser erstellte eine Überweisung an das Schlaflabor der Universitätsklinik B , die zunächst für den 16.01.2013 angesetzt war, dann auf den 23.01.2013 verschoben wurde.
28Mit Schreiben vom 3. Januar 2013 (Bl. 164 d. A. - Anlage B 9) bestätigte die Beklagte nochmals, dass weiterhin der dringende Verdacht bestehe, dass der Kläger aktuell nicht die Eignung zum Führen eines Fahrzeuges, insbesondere eines Gefahrguttransportes besitze, und dass der Kläger trotz fehlender Eignung und ohne den Arbeitgeber darüber zu informieren, weiterhin als Fahrer von Gefahrgütern tätig gewesen sei. Es wird nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 8. Januar 2013 gegeben und nochmals aufgefordert, die zuständigen Personen bei dem BAD von der Schweigepflicht zu entbinden.
29Der Klägervertreter antwortete mit Schriftsatz vom 07.01.2013 (Anlage B 10 - Bl. 167/168 d. A.). Darauf wird Bezug genommen. Eine Entbindung von der Schweigepflicht erfolgte darin nicht.
30Sodann erfolgte die erste Kündigung der Beklagten vom 10.01.2013, die dem Kläger am 11.01.2013 zuging.
31Am 23.01.2013 erfolgte die Untersuchung des Klägers im Schlaflabor. Unstreitig ist dazu, dass der Kläger wiederum eine Maske aufsetzen musste und damit nicht einschlafen konnte, sodass die Untersuchung abgebrochen wurde.
32Mit Schriftsatz vom 11.04.2013 (Anlage B 11 - Bl. 170 d. A.) teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers im seinerzeitigen Kündigungsschutzprozess mit, dass bei der am 23.01.2013 durchgeführten Schlaflaboruntersuchung das Universitätsklinikum B keinerlei Schlafapnoe-Syndrom festgestellt habe. Weiter heißt es: „Der von der kardiologischen Praxis geäußerte Verdacht einer weiterhin bestehenden Schlafapnoe-Erkrankung war damit endgültig ausgeräumt.“
33Mit Datum vom 17.06.2013 erhielt der Kläger eine Bescheinigung über eine ärztliche Untersuchung im Zusammenhang mit der Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis. Darin heißt es: „Keine weitergehende Untersuchung, da keine Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens festgestellt werden konnten“. Unterschrieben ist sie von Dr. A E , Praktischer Arzt (Anlage K 11 - Bl. 297 d. A.). Diese wurde vom Kläger erstmalig mit Schriftsatz vom 24.03.2014 vorgelegt.
34Mit Schriftverkehr vom 16.07.2013, 18.07.2013 und 22.07.2013 verhandelten die Parteien über ein Prozessbeschäftigungsverhältnis. Insoweit wird auf die Anlagen B 12 - B 15 (Bl. 175 - 190 d. A.) Bezug genommen. Ein entsprechender Vertrag kam schließlich zustande. Dieser enthielt eine Verpflichtung zur betriebsärztlichen Untersuchung, zur Entbindung von der Schweigepflicht und wurde unter die aufschiebende Bedingung gestellt, dass bei der betriebsärztlichen Untersuchung keine Bedenken gegen die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers als Tankwagenfahrer festgestellt würden (vgl. Bl. 190 d. A.).
35Am 23.07.2013 fand dementsprechend wiederum eine Untersuchung nach G 25 bei dem BAD statt. Dieser bescheinigte in der der Beklagten zugeleiteten ärztlichen Bescheinigung vom 26.07.2013 nur „teilgenommen“ (vgl. Anlage B 16 - Bl. 191 d. A.). Der Kläger erhielt nach der Untersuchung unter dem (falschen) Datum 16.07.2013 ein weiteres Formularschreiben (Anlage K 10 - Bl. 296 d. A.), in dem handschriftlich eingetragen war: „Erbitte erneute Abklärung Schlafapnoesyndrom (s. Arztbrief anbei), da laut Proband keine Beschwerden; Diagnostik erfolgt. Frage nach Fahrtauglichkeit!“. Wegen der genauen Einzelheiten dieser Bemerkung wird auf Blatt 296 der Akten Bezug genommen. An den Kläger schrieb der BAD desweiteren mit Schreiben vom 30.07.2013 (Anlage B 17 - Bl. 192 d. A.):
36„Sehr geehrter Herr M ,
37Sie haben sich am 23.07.2013 zur Eignungsuntersuchung (G 25; Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeit) in unserem Zentrum am E vorgestellt. Eine abschließende Beurteilung der Fahrtauglichkeit kann erst nach Vorlage der ausstehenden medizinischen Befunde erfolgen.
38Laut Arztbrief vom 05.10.2012 besteht ein derzeit nicht therapiertes Schlafapnoesyndrom. Bitte lassen Sie uns den ausstehenden Befund (aktueller Befund und Frage der Behandlungsnotwendigkeit) zeitnah zukommen, um eine Verzögerung der abschließenden Beurteilung zu vermeiden.“
39Die Beklagte erhielt mit Datum vom 11.02.2014 (wiederum nach dem Gütetermin) eine Bescheinigung (Bl. 549 d. A.) über diese Nachuntersuchung mit dem Ergebnis: „befristete gesundheitliche Bedenken“. Als nächste Untersuchung war angegeben: 10.2013. Ferner ist unter „Bemerkungen für AG:“ angegeben: „Die nächste Nachuntersuchung ist mit einer Perimetrie vorgesehen, med. Befunde stehen aus“.
40Mit Schreiben 1. August 2013 wandten sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten an den Prozessbevollmächtigten des Klägers (Anlage B 15 - Bl. 551 d. A.). Darin wird festgehalten, dass der BAD nur die Teilnahme bescheinigt habe, und keine Aussage über eine etwaige gesundheitliche Eignung abgegeben habe. Es fehle das Ergebnis: „geeignet“. Der BAG habe gegenüber der Beklagten in einem Telefonat angegeben, dass eine Beurteilung nicht möglich gewesen sei, da der Kläger angeforderte Befunde nicht eingereicht habe. Um welche Befunde es sich gehandelt habe, habe der BAD unter Hinweis auf die Schweigepflicht nicht mitteilen wollen. Es wurde gebeten, dass sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers ihrerseits mit dem BAD in Verbindung setzten und erfragten, welche Unterlagen der BAD benötige. Ein Einsatz des Klägers scheide bislang aus. Die aufschiebende Bedingung in dem Prozessbeschäftigungsverhältnis sei nicht erfüllt.
41Der Kläger reagierte weder darauf noch auf das Schreiben des BAD vom 30. Juli 2013.
42Im November 2013 unterzog der Kläger sich einer Nasenscheidewandoperation. Dabei wurde eine Begradigung der Nasenscheidewand durchgeführt. Davon erfuhr die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 12.12.2013.
43Eine weitere, am 15.01.2014 durchgeführte arbeitsmedizinische Untersuchung ergab schließlich, dass keine Bedenken gegen die Fahrtauglichkeit des Klägers (mehr) bestanden.
44Der Kläger beruft sich im Wesentlichen darauf, dass die Feststellung gesundheitlicher Bedenken durch den BAD auf unzureichenden ärztlichen Diagnosen und auf Missverständnissen beruhe:
45Bei der Untersuchung im Jahre 2009 sei es nicht um eine Schlafapnoe gegangen, der Kläger habe vielmehr vor den Schichten nicht rechtzeitig einschlafen können. Es habe sich um Schlafstörungen gehandelt. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in früheren Schriftsätzen von Schlafapnoe gesprochen habe, sei dieses nicht richtig gewesen.
46Er habe auch 2012 dementsprechend nicht unter einer seit 2009 unbehandelten Schlafapnoe gelitten.
47Während er zunächst vorgetragen hatte, die Kardiologin habe für ihre entsprechende Diagnose lediglich fälschlicherweise den Verdacht aus dem BAD-Bericht vom 03.09.2012 übernommen (Bl. 208/209 d. A.), dieser Verdacht sei dann, ohne dass er, der Kläger, hierzu neue Angaben gemacht habe, ohne eigene Untersuchungen von der kardiologischen Praxis in den Bericht vom 05.10.2012 übernommen worden (Bl. 309/310 d. A.), trägt er zweitinstanzlich (Bl. 370 d. A.) vor, die Kardiologin Frau Dr. O habe ihn gefragt, was es mit dem Vermerk „Schlafdiagnostik empfohlen“ aus dem Bericht des BAD vom 03.09.2012 auf sich habe. Er, der Kläger, habe ihr das Gleiche berichtet, was er dem BAD gegenüber berichtet habe, nämlich über die Schlaflaboruntersuchung im J -K anlässlich seiner im Jahr 2009 vorhandenen Einschlafstörungen, die er durch Powernapping wieder in den Griff bekommen habe. Frau Dr. O habe ihn gefragt, ob er sich einer CPAP-Diagnostik im Schlaflabor unterzogen habe, was der Kläger wahrheitsgemäß verneint habe. Weiterhin habe er, der Kläger, angegeben, seit 2009 und auch derzeit keine Probleme mit Einschlafstörungen oder Tagesmüdigkeit zu haben. Dieses habe die arbeitsmedizinisch unerfahrene und lediglich zur Beurteilung des kardiologischen Gesundheitszustandes beauftragte Frau O zu der tragischen Fehldiagnose veranlasst, die zahlreiche andere Fehlbeurteilungen des Gesundheitszustandes des Klägers nach sich gezogen hätten. Da schriftliche Angaben über die Untersuchung am 05.10.2012 in der Praxis nicht existierten (der Kläger beruft sich insoweit auf ein Schreiben der Kardiologie-Praxis vom 09.04.2015 – Bl. 380 d. A.), habe er sich bemüht, von Frau Dr. O eine Erklärung zu erhalten. Diese habe im Schreiben vom 27.04.2014 (Bl. 381 d. A.) bestätigt, dass sie selbst eine Untersuchung im Hinblick auf die erstellte Diagnose „Schlafapnoe-Syndrom, seit Jahren ohne Therapie“ nicht durchgeführt habe. In dem Schreiben habe sie auch erklärt, sie könne sich an das Patientengespräch am 05.10.2012 nicht mehr erinnern, sodass die Diagnose entweder auf anamnestischen Angaben des Klägers beruht habe oder auf einer Übernahme einer entsprechenden Vordiagnose eines anderen Fachmediziners. Die Diagnose – so der Kläger – sei fachlich grob falsch. Ihre Erstellung widerspreche sämtlichen Regeln der ärztlichen Kunst – wofür der Kläger als Beweis ein medizinisches Sachverständigengutachten anbietet.
48Dementsprechend habe die Feststellung des BAD „befristete gesundheitliche Bedenken“ nicht auf einer von dem BAD selbst durchgeführten Untersuchung, sondern ausschließlich auf der falschen Diagnose der Kardiologie-Praxis beruht. Er sei dann von Arzt zu Arzt gelaufen. Keiner der von ihm aufgesuchten Ärzte habe ihm aber die offensichtlich vom BAD erwartete Revision der Diagnose der Frau Dr. O ausstellen können, weil schon die Grundlage für ein solches „Gesundattest“, nämlich eine vorher attestierte Erkrankung beim Kläger nicht vorgelegen habe. Dementsprechend hätten auch Dr. J und auch der „Führerscheinarzt“ ihm, dem Kläger, bescheinigt, dass er fahrtauglich gewesen sei.
49Der BAD habe sich hinsichtlich der angeblichen Schlafapnoe auch nicht an den Leitfaden für Betriebsärzte zur Anwendung der G 25 gehalten. Dazu verweist der Kläger auf den Gliederungspunkt 3.4 des Leitfadens („unbehandelte schlafbezogene Atmungsstörungen“). Der BAD habe weder den ESS-Fragebogen (Epworth Sleepiness Scale) eingesetzt noch die Frage der Schlafapnoe in Zusammenarbeit mit Fachärzten geklärt. Auch seien im Sinne der Anlage 1 Gliederungspunkt 3. nicht durch schlafbezogene Atmungsstörungen verursachte ausgeprägte Vigilanzbeeinträchtigungen festgestellt worden, die erst geeignet seien, eine Fahruntauglichkeit zu begründen.
50Sein Hausarzt Dr. J habe bei der Untersuchung am 03.12.2012 die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verweigert, da er, der Kläger, keine Symptome aufgewiesen habe. Da er, der Kläger, zuvor nicht krank gewesen sei, sei von Dr. J auch kein „Gesundattest“ ausgestellt worden.
51Dr. J habe aber anschließend noch mit dem BAD telefoniert und versucht zu erklären, dass keinerlei Anzeichen einer Erkrankung hätten festgestellt werden können.
52Bei der Untersuchung im Schlaflabor vom 23.01.2013 seien keine gesundheitlichen Einschränkungen festgestellt worden. Der Kläger habe danach gefragt und diese Antwort erhalten. Es sei aber keine Negativbescheinigung und auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt worden. Auf seine Frage, ob Bedenken bestünden, was verneint worden sei, sei aber eine entsprechende schriftliche Bestätigung verneint worden.
53Zu der Untersuchung beim BAD am 23.07.2013 hat der Kläger vorgetragen, er sei nach Befunden über seine Gesundheit befragt worden. Er habe wahrheitsgemäß erklärt, dass ihm derartige Gutachten nicht vorlägen. Der Arbeitsmediziner habe erklärt, dann könne er ihn auch nicht untersuchen. „Nicht existente Unterlagen“ habe der Kläger nicht besessen. Die Ärzte hätten die Untersuchung dann abgebrochen. Erstinstanzlich ergänzt der Kläger dazu, er sei u. a. nach einem schriftlichen Untersuchungsbericht über eine Untersuchung vom 05.11.2012 bei dem BAD selbst befragt worden. Dieser habe offensichtlich in seinen Akten nur die Bescheinigung vom 08.11.2012 mit dem Vermerk einer Nachuntersuchung vom 05.11.2012, die tatsächlich nicht stattgefunden habe, weshalb darüber auch keiner Unterlagen existiert hätten.
54Der Kläger hat beantragt,
551) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat März 2013 2.637,70 € brutto abzüglich1.126,20 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2013 zu zahlen;
562) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April bis Dezember 2013 jeweils 2.823,90 € brutto abzüglich 1.126,20 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen ersten des Folgemonats zu zahlen;
573) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.541,51 € brutto abzüglich 1.013,37 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2014 zu zahlen.
58Die Beklagte hat beantragt,
59die Klage abzuweisen.
60Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 01.04.2014 die Beklagte hinsichtlich des Annahmeverzugslohns nur für die Zeit ab 16.01.2014 verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Blatt 326 ff. der Akte Bezug genommen.
61Gegen dieses ihm am 03.09.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.09.2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 03.12.2014 am 26.11.2014 begründet.
62Der Kläger trägt erneut vor, tatsächlich sei er nicht arbeitsunfähig gewesen. Er sei zu keiner Zeit im irrelevanten Zeitraum leistungsunfähig für die von ihm geschuldete Arbeitsleistung gewesen, was der Kläger im Einzelnen vertieft. Zu der Nasenscheidewandoperation im November 2013 trägt er vor, diese habe nichts mit einem Schlafapnoe-Syndrom zu tun gehabt. Vielmehr sei sie wegen häufigen Schnarchens und häufig verstopfter Nase erfolgt.
63Der Kläger beantragt,
64das Urteil des Arbeitsgerichts Köln (16 Ca 4960/13) vom 01.04.2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
651) an den Kläger für den Monat März 2013 2.637,70 € brutto abzüglich 1.126,20 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2013 zu zahlen;
662) an den Kläger für die Monate April bis Dezember 2013 jeweils 2.823,90 € brutto abzüglich 1.126,20 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen ersten des Folgemonats zu zahlen;
673) an den Kläger weitere 1.411,98 € brutto abzüglich 562,89 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2014 für den Monat Januar 2014 zu zahlen.
68Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
69Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie trägt vor, in dem Telefonat, das der Kläger – als solches unstreitig – am 08.11.2012 mit dem BAD geführt habe, habe die ihn behandelnde Ärztin ihm gegenüber zunächst für einen Zeitraum von drei Monaten befristete Bedenken für Fahr- und Steuertätigkeiten ausgesprochen, wie die Beklagte durch ein Schreiben des BAD vom 28. Oktober 2014 (Anlage B 24 - Bl. 644 d. A.) erfahren habe.
70Was den Verweis des Klägers auf die Bescheinigung vom 17.06.2013 für die Führerscheinstelle anbelange, so ergebe sich nicht, ob der Kläger den Arzt überhaupt über Schlafapnoe in 2009 aufgeklärt habe. Aus der Bescheinigung gehe auch nicht hervor, ob sie unter Beachtung des Leitfadens für Betriebsärzte zur Anwendung der G 25 erstellt worden sei. Es ergebe sich ferner aus dem Untersuchungsergebnis nicht, ob der Kläger den Arzt darüber aufgeklärt habe, dass die Universitätsklinik B ihm, dem Kläger, geraten habe, eine HNO-Untersuchung bezüglich möglicher Atmungsaussetzer und gegebenenfalls eine Nasenscheidewandoperation durchzuführen.
71Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
72E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
73Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte in der Sache keinen Erfolg.
74Denn es lag kein Annahmeverzug (§ 293 BGB) der Beklagten vor, weil der Kläger in der gesamten Zeit, die er im vorliegenden Fall Annahmeverzugs-Entgelt nach § 615 BGB begehrt, außerstande war, seine Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB).
75Dass der Kläger, der arbeitsvertraglich allein die Tätigkeit als Tankwagenfahrer schuldete (Nr. 1 des Arbeitsvertrages – Bl. 4 d. A.), außerstande war, seine Arbeitsleistung zu bewirken, ergibt sich schon daraus, dass die von der Beklagten beauftragten Betriebsärzte im Gefolge der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung „G 25“ vom 03.09.2012 mit der am 08.11.2012 dem Kläger übersandten Bescheinigung (Anlage K 7 – Bl. 293 d. A.) das Ergebnis „befristete gesundheitliche Bedenken“ bescheinigten und diese Aussage bis Januar 2014, d. h. für die gesamte Zeit, für die zweitinstanzlich noch um das Annahmeverzugs-Entgelt gestritten wird, nicht zurückgenommen haben, vielmehr aufgrund der am 23.07.2013 stattgefundenen weiteren Untersuchungen nach G 25 für die Beklagte lediglich „teilgenommen“ bescheinigten, was sie nachträglich mit Schreiben vom 11.02.2014 für die Beklagte um das Ergebnis „befristete gesundheitliche Bedenken“ ergänzten. Jedenfalls wurde dem Kläger nach der Untersuchung vom September 2012 während der gesamten Zeit, für die der Kläger Annahmeverzugs-Entgelt begehrt, nicht das Ergebnis „geeignet“ aufgrund der betriebsärztlichen Untersuchung nach G 25 bescheinigt.
761. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (23.03.2010 – 3 Sa 714/09) und das Arbeitsgericht Frankfurt (12.10.2010 – 7 Ca 1552/11) haben bereits entschieden, dass einem Lkw-Fahrer bzw. – ähnlich – dem Fahrer eines Kranes bei fehlender Bescheinigung der Geeignetheit nach dem G 25 Standard bzw. nach einer G 25 Untersuchung Annahmeverzugs-Entgelt nicht zusteht.
77Der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 20.03.2014(2 AZR 565/12) im Falle eines alkoholerkrankten Arbeitnehmers entschieden, dass es einem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, diesen Arbeitnehmer auf seinem Arbeitsplatz einzusetzen, wenn der Arbeitnehmer nach § 7 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) „Grundsätze der Prävention“ (BGV-A 1) erkennbar nicht in der Lage ist, eine Arbeit ohne Gefahr für sich und andere auszuführen.
782. Unter den gleichen Voraussetzungen ist auch ein Fahrer eines Gefahrguttransporters im Sinne des § 297 BGB außerstande, seine Arbeitsleistung zu erbringen.
79Der vorliegende Fall enthält jedoch gegenüber der kündigungsrechtlichen Entscheidung des 2. Senats vom 20.03.2014 Besonderheiten: In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall spielten ärztliche Atteste und Bescheinigungen keine Rolle. Im vorliegenden Fall liegen negative betriebsärztliche Bescheinigungen vor, aus denen sich für den Arbeitgeber ergibt, dass der Arbeitnehmer, der Kläger, zum Führen des Gefahrgut-Transporters nicht geeignet war, während aber zwischen den Parteien höchst streitig ist, ob dieses den objektiv gegebenen Tatsachen entsprach, insbesondere, ob die behandelnden Betriebsärzte lege artis und ohne Fehler zu ihren Bescheinigungen gelangt sind.
80Nach Auffassung der erkennenden Kammer kommt es aber hier nicht darauf an, ob der Kläger objektiv an einer entsprechenden Krankheit (Schlafapnoe) litt und ob dies objektiv dazu führte, dass er ungeeignet war. Dass der Kläger im Sinne des § 297 BGB außerstande zu seiner Arbeitsleistung war, ergibt sich schon allein aus den für diesen Zeitraum geltenden Bescheinigungen der Betriebsärzte aufgrund der Untersuchung nach G 25. Das folgt aus folgenden rechtlichen Grundlagen:
81a. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII erlassen die Unfallversicherungsträger unter Mitwirkung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. als autonomes Recht Unfallverhütungsvorschriften u. a. über vom Unternehmer zu veranlassende arbeitsmedizinische Untersuchungen und sonstige arbeitsmedizinische Maßnahmen vor, während und nach der Verrichtung von Arbeiten, die für Versicherte oder Dritte mit arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit verbunden sind.
82In der Unfallverhütungsvorschrift Fahrzeuge (in der Fassung vom Januar 1997 und aktualisiert im August 2007 mit Durchführungsanweisungen) ist in § 35 geregelt, dass der Unternehmer mit dem selbständigen Führen von maschinell angetriebenen Fahrzeugen nur Versicherte beschäftigen darf, die körperlich und geistig geeignet sind (§ 35 Abs. 1 Nr. 2).
83In den Durchführungshinweisen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung heißt es dazu:
84„Die körperliche Eignung kann durch arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 25„Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“ (BGG 904) festgestellt werden.“
85Nach der § 7 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ darf der Unternehmer Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich und andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.
86Gemäß § 2 ASiG hat der Arbeitgeber Betriebsärzte zu bestellen. Diese haben gemäß § 3 ASiG die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Ihre Aufgabe ist es gemäß § 3 Nr. 2 ASiG, den Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten. Nach § 8 Abs. 1 ASiG sind die Betriebsärzte bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen Fachkunde weisungsfrei. Sie haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten.
87b. Aus alledem folgt, dass die Beklagte bei der auch in ihrer Verantwortung liegenden Frage, ob der Kläger geeignet war, ein Fahrzeug, insbesondere einen Gefahrguttransporter wie einen Tanklastwagen zu fahren, an das Urteil der Betriebsärzte nach der Untersuchung entsprechend dem Standard G 25 gebunden war. Die Beklagte konnte aufgrund der Schweigepflicht der Betriebsärzte nicht mehr wissen, als die von diesen abgegebene Eignungsbeurteilung. Diese war aufgrund des gesetzlichen und sonstigen normativen Zusammenhangs die entscheidende Erkenntnisquelle für die Beklagte, nach der sie zu beurteilen hatte, ob „erkennbare“ Gefahren im Sinne des § 7 Abs. 2 UVV Grundsätze der Prävention vorlagen.
883. Soweit der Kläger die Frage thematisiert hat, ob die bescheinigten „befristeten Bedenken“ überhaupt die Aussage enthielten, dass der Kläger nicht zum Fahren des Tanklastzuges geeignet war, so beantwortet sich diese Frage aus dem von beiden Parteien mehrfach zitierten Leitfaden der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung für Betriebsärzte zur Anwendung des G 25. Darin heißt es nämlich in Kapitel 4 („Arbeitsmedizinische Kriterien“):
89„Die im G 25 unter Ziffer 2.1.1 aufgeführten Gesundheitsstörungen sind erfahrungsgemäß mit der sicheren Durchführung von Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeit nicht zu vereinbaren. Sie begründen deshalb gesundheitliche Bedenken. Die Aufzählung ist nicht abschließend und lässt dem untersuchenden Arzt einen Entscheidungsspielraum, der eine individuelle Beurteilung ermöglicht. Ob gesundheitliche Bedenken dauernd oder befristet bestehen oder unter bestimmten Voraussetzungen ausgeräumt werden können, ist sowohl von der Ausprägung des Krankheitsbildes als auch von der Tätigkeit, insbesondere der für diese Tätigkeit aufgestellten Gefährdungsbeurteilung, abhängig.“
90Daraus ergibt sich, dass Bedenken, gleich ob sie andauernd oder befristet sind, in jedem Fall aussagen, dass Gesundheitsstörungen vorliegen, die mit der Fahrtätigkeit nicht zu vereinbaren sind.
914. Insgesamt war mithin festzustellen, dass die Beklagte – und zwar unabhängig davon, ob die von den Betriebsärzten geäußerten Bedenken objektiv begründet waren – allein aufgrund der Äußerung dieser Bedenken durch den Betriebsärztlichen Dienst den Kläger, der nicht nur irgendein Fahrzeug führte, sondern ein höchst risikoträchtiges, mit flüssigem Brennstoff befülltes Tankfahrzeug, in der hier relevanten Zeit nicht einsetzen durfte. Deshalb war der Kläger auch im Sinne des § 297 BGB „außerstande“, seine Arbeitsleistung, die gerade und nur im Führen dieses Tankfahrzeuges bestand, zu erbringen.
925. Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil der vorliegende Fall zeigt, dass aufgrund der gesetzlichen und sonstigen normativen Situation der Arbeitnehmer seinen Entgeltanspruch (unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges) verlieren kann, obwohl er objektiv nicht arbeitsunfähig ist und deshalb nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz ebenfalls keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber hat. Diese Schutzlücke lässt es möglich erscheinen, rechtsfortbildend oder durch teleologische Reduktion zu einem gegenteiligen Ergebnis zu kommen.
93Die Kammer ist der Auffassung, dass die vorliegend entschiedene Frage grundsätzliche Bedeutung hat und hat deshalb die Revision zugelassen.
94Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
95RECHTSMITTELBELEHRUNG
96Gegen dieses Urteil kann vonder klagenden Partei
97R E V I S I O N
98eingelegt werden.
99Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
100Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
101Bundesarbeitsgericht
102Hugo-Preuß-Platz 1
10399084 Erfurt
104Fax: 0361-2636 2000
105eingelegt werden.
106Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
107Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
108- 109
1. Rechtsanwälte,
- 110
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 111
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
113Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
114Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
115* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 04. Sept. 2015 - 4 Sa 823/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 04. Sept. 2015 - 4 Sa 823/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Köln Urteil, 04. Sept. 2015 - 4 Sa 823/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.129,56 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes i. H. v. 450,48 € netto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 01.02.2014 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 96,5 % und die Beklagte zu 3,5 %.
4. Urteilsstreitwert: 18.318,84 €.
5. Gebührenstreitwert: 19.342,94 €.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Annahmeverzugslohn nach einer unwirksamen Kündigung und dabei insbesondere über die Arbeitsfähigkeit des Klägers.
3Der Kläger ist seit 1.10.2006 als Tankwagenfahrer bei der Beklagten beschäftigt.
4Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.1.2013, das dem Kläger am 11.1.2013 zuging, fristlos und hilfsweise fristgerecht. Das Arbeitsgericht Köln gab der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 25.4.2013 in dem Rechtsstreit 12 Ca 5010/12 statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung des Annahmeverzugslohns für die Zeit bis zum 28.2.2013. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Urteil verwiesen. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte nur hinsichtlich der Höhe des ausgeurteilten Annahmeverzugs in geringem Umfang Erfolg. Insoweit wird zu den Einzelheiten auf das Urteil des LAG Köln vom 12.12.2013 in dem Rechtsstreit 7 Sa 537/13 Bezug genommen.
5Der Kläger litt an einer Schlafapnoe. Die Tankwagenfahrer der Beklagten werden alle 2 Jahre vom Betriebsarzt im Rahmen einer G 25 Untersuchung auf medizinische Bedenken gegen ihre berufliche Eignung untersucht. Die von der Beklagten beauftragte Arbeitsmedizinerin bescheinigte am 17.2.2014, dass aufgrund einer Nachuntersuchung des Klägers am 5.11.2012 „befristete gesundheitliche Bedenken“ bestanden hätten und medizinische Maßnahmen erforderlich gewesen seien (Kopie Bl. 248 d.A.). Ausweislich einer weiteren Bescheinigung der Arbeitsmedizinerin vom 11.2.2014 (Kopie Bl. 249 d.A.) bestanden auch nach einer G 25 Untersuchung am 23.7.2013 „befristete gesundheitliche Bedenken“. Mit Schreiben vom 4.3.2014 (Kopie Bl. 251 d.A.) erläuterte die Arbeitsmedizinerin, dass der Kläger wegen der bei den Untersuchungen festgestellten „befristeten gesundheitlichen Bedenken“ „nicht tauglich“ als Fahrer eines Gefahrguttransports gewesen sei.
6Am 12.12.2013 wurde der Kläger an seiner Nasenscheidewand operiert. Am 15.1.2014 stellte ein Arbeitsmediziner im Rahmen einer G 25 Untersuchung des Klägers fest, dass „keine gesundheitlichen Bedenken“ bestehen. Ab 28.1.2014 beschäftigte die Beklagte den Kläger wieder als Tankwagenfahrer.
7Der Kläger verlangt Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 1.3.2013 bis 27.1.2014 und hat dabei zuletzt den vom LAG Köln ermittelten Monatslohn von 2.823,90 € zugrundegelegt. Dabei lässt er sich das erhaltene Arbeitslosengeld i.H.v. 37,54 € netto kalendertäglich anrechnen. Er meint, er sei auch vor der Operation seiner Nasenscheidewand nicht wegen seiner Schlafapnoe außerstande gewesen, seine vertraglich geschuldete Leistung als Tankwagenfahrer zu erbringen.
8Der Kläger beantragt,
91) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat März 2013 2.637,70 € brutto abzüglich 1.126,20 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 1.4.2013 zu zahlen;
102) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April bis Dezember 2013 jeweils 2.823,90 € brutto abzüglich 1.126,20 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen ersten des Folgemonats zu zahlen;
113) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.541,51 € brutto abzüglich 1.013,37 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 1.2.2014 zu zahlen;
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie meint, der Kläger sei aufgrund seiner zunächst unbehandelten Schlafapnoe nicht leistungsfähig i.S.d. § 297 BGB gewesen. Dies werde durch die o.g. Bescheinigungen der Arbeitsmediziner belegt. Einen Fahrer, gegen dessen Einsatz im Rahmen einer G 25 Untersuchung „befristete gesundheitliche Bedenken“ beständen, dürfe sie keinen Tankwagen lenken lassen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Die Klage ist nur hinsichtlich des Annahmeverzugslohns für die Zeit vom 16.1.2014 bis 27.1.2014 begründet und im Übrigen unbegründet.
18Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 1.3.2013 bis 15.1.2014 gemäß §§ 615 S.1, 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag der Parteien, weil er in dieser Zeit außerstande war, die vertraglich geschuldete Leistung zu bewirken (§ 297 BGB).
19Dass der Kläger in dieser Zeit nicht tauglich war, einen Tankwagen zu fahren, steht aufgrund der arbeitsmedizinischen Bescheinigungen vom 11.2.2014 und 17.2.2014 und der Erläuterung dazu vom 4.3.2014 zur Überzeugung des Gerichts fest. Danach ergaben sowohl die G 25 Untersuchung vom 5.11.2012 als auch diejenige vom 23.7.2013, dass gegen den Einsatz des Klägers „befristete gesundheitliche Bedenken“ bestanden. Aus der Erläuterung ergibt sich, dass dies bedeute, dass der Kläger „nicht tauglich“ zum Führen eines Gefahrguttransporters war. Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse durfte die Beklagte den Kläger nicht als Tankwagenfahrer einsetzen.
20Diesen Feststellungen steht der Vorprozess mit gegenteiligem Ergebnis für den vorangegangenen Zeitraum nicht entgegen. Zum einen war er bis zur letzten mündlichen Verhandlung noch nicht rechtskräftig beendet. Zum anderen nehmen die gerichtlichen Feststellungen zur bloßen Vorfrage der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht an einer etwaigen Rechtskraft teil. Die inhaltliche Abweichung der jetzigen von den Entscheidungen im Vorprozess findet ihren Grund darin, dass die nunmehr vorliegenden Bescheinigungen und Erläuterungen zu den G 25 Untersuchungen in den Vorprozess nicht eingeführt wurden und deshalb darin nicht berücksichtigt werden konnten. Ohne diese Bescheinigungen gab es aber im Vorprozess keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers.
21Für die Zeit vom 16.1.2014 bis 27.1.2014 ist die Klage begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß § 615 Satz 1 in Verbindung mit § 611 I BGB und dem Arbeitsvertrag der Parteien i.H.v. 12/30 x 2.823,90 € brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes i.H.v. 12 Kalendertagen x 37,54 € netto. Die Beklagte befand sich seit 16.1.2014 in Annahmeverzug.
22Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges richten sich auch im Arbeitsverhältnis nach den §§ 293 ff BGB. Ist für die vom Gläubiger vorzunehmende Mitwirkungshandlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, bedarf es keines Angebots des Schuldners zur Begründung des Annahmeverzugs, falls der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt (§ 296 BGB). Im Arbeitsverhältnis hat der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm seine Arbeit zuzuweisen. Darin liegt eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung im Sinne von § 296 BGB. Da der Arbeitgeber mit einer fristlosen Kündigung zu erkennen gibt, dass er diese Mitwirkungshandlung ab sofort nicht erbringen wird, muss er den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit auffordern, wenn er trotz der Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will (BAG, Urteil vom 09.08.1984, AP Nr. 34 zu § 615 BGB unter B II 5 b) der Gründe). Da die Beklagte den Kläger nach Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 10.1.2013 bis zum 27.1.2014 nicht wieder zur Aufnahme der Arbeit aufgefordert hat, befand sie sich während des Zeitraumes ab 16.1.2014 in Annahmeverzug.
23Eines Arbeitsangebotes bedurfte es zur Begründung des Annahmeverzuges hier auch nicht ausnahmsweise deshalb, weil der Kläger unmittelbar vor und nach Zugang der unwirksamen fristlosen Kündigung aus gesundheitlichen Gründen nicht leistungsfähig war. Da die Beklagte durch ihre unwirksame außerordentliche Kündigung gem. § 296 BGB in Annahmeverzug geraten ist, weil sie die ihr obliegende Mitwirkungshandlung nicht mehr erbrachte, bedurfte es keines Arbeitsangebots der Klägerin zur Begründung des Annahmeverzugs. Daran ändert eine Erkrankung nichts.
24Der Kläger war auch nicht gehalten, der Beklagten zur Begründung des Annahmeverzuges am 16.1.2014 anzuzeigen, dass er ausweislich der G 25 Untersuchung vom selben Tage wieder arbeitsfähig war. Für den Fall der vom Arbeitgeber ausgesprochenen unwirksamen Kündigungserklärung ist nämlich nicht einsehbar, wieso der Arbeitgeber, der auf Grund seiner unwirksamen Kündigung im Regelfall die Vergütungsnachzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges schuldet, daraus einen Vorteil ziehen soll, dass der Arbeitnehmer zufällig zur Zeit der Kündigung arbeitsunfähig erkrankt war. Dieser Umstand kommt ihm deshalb nicht zugute, weil einerseits die Anzeige der Arbeitsfähigkeit in §§ 293 ff. BGB nicht als Anspruchsvoraussetzung geregelt ist und andererseits der Gläubiger nach § 296 BGB ohnehin grundsätzlich über die Leistungsfähigkeit des Schuldners im Unklaren bleibt (BAG, Urteil vom 24.11.1994, AP Nr. 60 zu § 615 BGB unter II 2 a) der Gründe). Solange der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht wieder zur Arbeitsaufnahme auffordert, sind die Anzeige– und Nachweispflichten des Arbeitnehmers durch die vom Arbeitgeber erklärte Kündigung suspendiert (BAG, Urteil vom 24.11.1994, AP Nr. 60 zu § 615 BGB unter II 2 b) der Gründe).
25Die Zinsforderung ist hinsichtlich des zuerkannten teils der Hauptforderung gemäß §§ 286, 288, 614 BGB begründet und im Übrigen mangels Hauptforderung unbegründet.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO.
27RECHTSMITTELBELEHRUNG
28Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.
29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
30Landesarbeitsgericht Köln
31Blumenthalstraße 33
3250670 Köln
33Fax: 0221-7740 356
34eingegangen sein.
35Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
36Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
37Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
38- 39
1. Rechtsanwälte,
- 40
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 41
3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
43* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
44Vorstehende Abschrift stimmt mit der Urschrift überein.
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.12.2014 in Sachen 10 Ca 2160/14 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine außerordentliche fristlose arbeitgeberseitige Kündigung vom 19.03.2014, dem Kläger zugegangen am 20.03.2014, aufgelöst worden ist.
3Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Kündigungsschutzklage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des vom Kläger angegriffenen Urteils vom 04.12.2014 Bezug genommen.
4Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 05.01.2015 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 29.01.2015 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Frist bis zum 31.03.2015 – am 30.03.2015 begründen lassen.
5Der Kläger und Berufungskläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Sach- und Streitstoff im Hinblick auf § 626 Abs. 1 BGB fehlerhaft bewertet und die Norm falsch angewandt. Der Kläger behauptet, dass er im November/Dezember 2012 und der Zeit danach keineswegs aus gesundheitlichen Gründen fahruntauglich gewesen sei, was bei der Beurteilung des Kündigungsgrundes hätte berücksichtigt werden müssen. Ebenso habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er in den Vorprozessen keine bewusst wahrheitswidrigen Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, sondern die ihm vom Gericht und der Beklagten als solche angekreideten Äußerungen aus seiner subjektiven Sicht keineswegs falsch gewesen seien.
6Ferner meint der Kläger, dass vor Ausspruch der Kündigung in jedem Fall eine Abmahnung erforderlich gewesen sei. So habe er ihm Rahmen des Annahmeverzugsprozesses am 17.01.2014 die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht befreit und damit seine Kooperationsbereitschaft gezeigt und dokumentiert, dass eine Wiederholungsgefahr nicht bestehe.
7Schließlich leitet der Kläger die Unwirksamkeit der streitigen Kündigung daraus her, dass in ihrem Vorfeld der Betriebsrat unvollständig und fehlerhaft angehört worden sei. Dies folge u.a. schon daraus, dass die Beklagte dem Betriebsrat mitgeteilt habe, der Kläger habe gewusst, dass er zwischen dem 05.11. und 20.12.2012 nicht fahrtauglich gewesen sei.
8Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz wird auf den vollständigen Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 25.03.2015 sowie sein weiteres Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 11.08.2015 Bezug genommen.
9Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
10das Urteil des Arbeitsgerichts Köln, 10 Ca 2160/14, vom 04.12.2014 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 19.03.2014, zugestellt am 20.03.2014, aufgelöst worden ist.
11Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
12die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
13Die Beklagte verteidigt das vom Kläger angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil. Die streitige Kündigung sei, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt habe, als außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt; denn zum einen stehe nunmehr fest, dass der Kläger die Mitteilung der Betriebsärzte der B G vom 08.11.2012, wonach gegen seinen Einsatz als Fahrer von Gefahrguttransporten befristete gesundheitliche Bedenken bestünden, nicht an sie, die Beklagte, als Arbeitgeberin weitergeleitet und damit Offenbarungspflichten in schwerwiegender Weise verletzt habe. Ferner stehe fest, dass er die Existenz einer solchen Bescheinigung der B G vom 08.11.2012 über befristete gesundheitliche Bedenken in beiden Instanzen des vorangegangenen Kündigungsschutzprozesses - Arbeitsgericht Köln, 12 Ca 5919/12 = LAG Köln, 7 Sa 537/13 - sowie in dem Zahlungsprozess Arbeitsgericht Köln, 16 Ca 4960/13, mehrfach wahrheitswidrig ausdrücklich abgestritten und damit einen (versuchten) Prozessbetrug begangen habe. Ein Abmahnungserfordernis habe nach Auffassung der Beklagten nicht bestanden. Zudem sei auch der Betriebsrat ordnungsgemäß und vollständig informiert worden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf den vollständigen Inhalt der Berufungserwiderungsschrift der Beklagten sowie ihrer weiteren Schriftsätze vom 23.06.2015 und 19.08.2015 Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.12.2014 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen formgerecht eingelegt und begründet.
17II. Die Berufung des Klägers konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht Köln hat zutreffend erkannt, dass die streitige außerordentliche Kündigung vom 19.03.2014 durch einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt ist, dass die Beteiligung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG ordnungsgemäß erfolgt ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien somit mit Zugang der Kündigung am 20.03.2014 sein Ende gefunden hat. Das Arbeitsgericht ist dabei von zutreffenden einschlägigen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, hat die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung umfassend berücksichtigt und die danach maßgeblichen rechtlichen Vorgaben umfassend und sorgfältig auf den korrekt ermittelten Sach- und Streitstand zwischen den Parteien angewandt. Das Berufungsgericht kann demnach an die Entscheidungsbegründung des arbeitsgerichtlichen Urteils anknüpfen und ergänzt diese im Hinblick auf den Inhalt des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wie folgt:
181. Der Kläger hat eine schwerwiegende Arbeitsvertragsverletzung begangen, in dem er der Beklagten Existenz und Inhalt der „ärztlichen Bescheinigung“ der B G vom 08.11.2013 verschwiegen hat, wonach aus der Sicht der B G „befristete gesundheitliche Bedenken“ gegen einen Einsatz des Klägers als Lkw-Fahrer für Gefahrguttransporte bestanden.
19a. Die Durchführung von Gefahrguttransporten stellt eine im hohen Maße gefahrgeneigte Tätigkeit dar. Das mit der Durchführung von Gefahrguttransporten einhergehende Risiko übersteigt dasjenige, das bei der Durchführung von Lkw-Transporten ohnehin gegeben ist, nochmals erheblich. Dies beruht darauf, dass bei Unfällen mit Gefahrguttransporten extrem hohe Schäden auftreten können, die nicht nur Leib und Leben des Fahrers und anderer Verkehrsteilnehmer sowie die Wirtschaftsgüter des Gefahrgutunternehmers und seiner Kunden betreffen können, sondern auch darüber hinausgehende wichtige Belange der Allgemeinheit, wie z. B. in Form von Umweltschäden. Dementsprechend trifft den Unternehmer, der Gefahrguttransporte durchführt, auch ein besonders hohes Haftungsrisiko.
20b. Diese Begleitumstände seiner Fahrertätigkeit waren auch dem Kläger bekannt, der seit Jahren bei der Beklagten in einem entsprechenden Einsatzbereich beschäftigt war.
21c. Gerade wegen der erhöhten Gefahrenrisiken ist der Unternehmer, der Gefahrguttransporte durchführt, gehalten, nur solche Fahrer bei der Durchführung von Gefahrguttransporten einzusetzen, die in gesundheitlicher Hinsicht uneingeschränkt dafür geeignet sind, d. h. deren körperliche Konstitution und aktueller Gesundheitszustand kein gesteigertes Unfallrisiko erwarten lassen. Auch ihren Kunden gegenüber trifft die Beklagte die Verpflichtung, nur Fahrer mit uneingeschränkt unbedenklichem Gesundheitszustand bei Gefahrguttransporten einzusetzen.
22d. Eines der Mittel, um dies sicherzustellen, stellt die kontinuierliche Teilnahme der Fahrer an der sog. G 25-Untersuchung dar. Auftraggeber dieser Untersuchung ist der Arbeitgeber. Der Sinn der Untersuchung liegt u. a. gerade darin, dass der mit der Untersuchung beauftragte ärztliche Dienst eine Einschätzung darüber abgibt, ob gegen den Einsatz des betreffenden Fahrers im Gefahrguttransportbereich gesundheitliche Bedenken bestehen oder ob dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber hat naturgemäß ein elementares Interesse daran, das Ergebnis dieser medizinischen Einschätzung zu erfahren. Gerade darin liegt der Sinn der Durchführung der Untersuchung.
23e. Es kann dahingestellt bleiben, ob ihre ärztliche Schweigepflicht es den die Untersuchung durchführenden Ärzten verbietet, das Ergebnis der Untersuchung, nämlich ob gegen den Einsatz des untersuchten Fahrers im Gefahrgutbereich medizinische Bedenken bestehen oder ob dies nicht der Fall ist, unmittelbar dem Arbeitgeber mitzuteilen. Es kann jedoch aus Sicht des Berufungsgerichts keinem Zweifel unterliegen, dass den untersuchten Arbeitnehmer eine derartige Mitteilungspflicht trifft. Dies folgt bereits ohne Weiteres aus dem dargestellten Sinn und Zweck der Untersuchung. Es folgt aber auch aus der arbeitsvertraglichen Sonderbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die die Pflicht begründet, den Vertragspartner auf mögliche Gefahren und Risiken hinzuweisen, die mit der praktischen Durchführung des Arbeitsverhältnisses verbunden sein können.
24f. Nicht zuletzt liegt die mit der G 25-Untersuchung verbundene Vorsorgeprozedur auch im eigenen Interesse des Arbeitnehmers, da diese auch dazu dient, Gefahren für das eigene Leben und die eigene Gesundheit von ihm abzuwenden.
25g. Bei alledem liegt der Sinn der G 25-Untersuchungen gerade auch darin, dass die kontinuierliche Einschätzung der gesundheitlichen Eignung eines Kraftfahrers für Gefahrguttransporte einer neutralen Institution übertragen wird, die über ausgewiesene medizinische Fachkenntnisse verfügt, und gerade nicht den subjektiven und notwendigerweise laienhaften Einschätzungen der Arbeitsvertragspartner überlassen bleiben soll. Es kommt gerade nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer sich subjektiv gesundheitlich für geeignet hält. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer als gesundheitlich geeignet oder ungeeignet ansieht. Maßgeblich soll gerade ein neutrales ärztliches Votum sein.
26h. Vorliegend hat die mit der G 25-Untersuchung beauftragte B G nach Auswertung des ihr überlassenen kardiologischen Befundberichtes vom 08.10.2010 mit ihrer ärztlichen Bescheinigung über die „Nachuntersuchung“ vom 05.11.2012 bescheinigt, dass „befristete gesundheitliche Bedenken“ bestehen. Der Sinn einer solchen Aussage kann aus objektiver Sicht nicht zweifelhaft sein. Dass es bei den „Bedenken“ um Bedenken gegen einen Einsatz des Klägers als Lkw-Fahrer im Gefahrgutbereich geht, folgt bereits aus dem Sinn der Untersuchung und der gesamten G 25-Prozedur. Der Kläger leugnet auch nicht, dies jedenfalls dann so verstanden zu haben, wenn es um eine Aussage ohne den Zusatz „befristete“ gegangen wäre.
27i. Aber auch der Begriff „befristete“ erscheint objektiv klar und selbsterklärend: Er besagt, dass die gesundheitlichen Bedenken nicht endgültiger Natur sind, sondern nur für einen begrenzten Zeitraum ausgesprochen werden. Ein solches befristetes Votum kann im Einzelfall z. B. darauf beruhen, dass ein Arbeitnehmer an einer akuten gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet, die ihn bis zum Zeitpunkt seiner für die Zukunft zu erwartenden Heilung vorübergehend – aber eben nicht auf Dauer – ungeeignet erscheinen lässt. Im vorliegenden Fall bestand die Besonderheit, dass die B G die befristeten Bedenken deshalb ausgesprochen hat, weil sie im Hinblick auf den wirklichen Gesundheitszustand des Klägers und die daraus folgende Eignung für seine arbeitsvertragliche geschuldete Tätigkeit als Fahrer von Gefahrguttransporten noch weiteren medizinischen Klärungsbedarf sah. Die mit der fachkundigen medizinischen Klärung der Tauglichkeit des Klägers beauftragte Institution sah sich somit im Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung vom 08.11.2012 noch nicht in der Lage, eine medizinische Untauglichkeit des Klägers auszuschließen bzw. umgekehrt eine medizinische Tauglichkeit zu bescheinigen.
28k. Für die Beurteilung des regelgerechten Verhaltens der Arbeitsvertragsparteien während einer solchen Phase der Ungewissheit über die Tauglichkeit des Klägers, die durch die Wendung „befristete gesundheitliche Bedenken“ ausgedrückt worden ist, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger aufgrund einer nur nachträglich zu gewinnenden abschließenden medizinischen Beurteilung damals objektiv betrachtet in Wirklichkeit fahrtauglich oder fahruntauglich war. Es geht vielmehr darum, dass sich die Arbeitsvertragsparteien in einer solchen Phase der Ungewissheit so verhalten, dass sie zu einer beiderseits verantwortbaren Entscheidung darüber gelangen können, ob das Risiko eingegangen werden soll, die arbeitsvertragliche Tätigkeit einstweilen unverändert fortzusetzen. Die Beklagte als Arbeitgeberin hatte schon wegen der oben beschriebenen Haftungsrisiken ein Recht darauf, selbst zu entscheiden, ob auch sie bereit war, ein solches Risiko mitzutragen. Dies war für den Kläger auch aus der Laiensphäre heraus ohne Weiteres erkennbar und nachvollziehbar. Die Situation gleicht derjenigen einer Person, bei der die Ärzte aufgrund ihres bisherigen Kenntnisstandes noch nicht ausschließen können, dass eine gefährliche ansteckende Erkrankung vorliegt, und hierzu weitere klärende Untersuchungen für nötig halten. Jedem Laien leuchtet es ein, dass es unverantwortlich erscheint, in einer solchen Phase engen physischen Kontakt zu anderen Personen aufzunehmen, ohne diese über die nach ärztlichem Votum derzeit noch ungeklärte Risikolage aufzuklären.
29l. Der vom Kläger in der Berufungsbegründung behauptete Inhalt des Telefongesprächs zwischen ihm und der zuständigen Ärztin der B G vom 08.11.2012 bestätigt nur, dass die B G die Frage der Fahrtauglichkeit des Klägers als medizinisch noch nicht geklärt ansah.
30m. Zur Überzeugung des Berufungsgerichts hat der Kläger jedoch der Beklagten die Bescheinigung der B G vom 08.11.2012 gerade deshalb bewusst vorenthalten, weil er befürchtete, dass die Beklagte nicht bereit sein könnte, den Kläger vorläufig trotz der bescheinigten „befristeten gesundheitlichen Bedenken“ weiter unverändert als Gefahrguttransportfahrer zu beschäftigen.
31n. Dazu passt auch, dass der Kläger der Beklagten zwar nicht die Bescheinigung vom 08.11.2012 vorgelegt hat, wohl aber das Kurzattest seines Hausarztes vom 03.12.2012, weil dieses einen für seine Position förderlichen Inhalt zu haben schien. Für den Kläger war jedoch ohne Weiteres erkennbar, dass die Beklagte ein Anrecht auf Vorlage der B -Bescheinigung hatte, die durch das hausärztliche Attest nicht ersetzt werden konnte.
32o. Der Kläger kann sich auch nicht damit rechtfertigen, dass die Bescheinigung der B G vom 08.11.2012 und ihr vorangehend der kardiologische Befundbericht vom 08.10.2012 für jeden erkennbar offensichtlich unzutreffend gewesen seien. Das Recht der Beklagten, das Ergebnis der B -Bescheinigung vom 08.11.2012 zu erfahren, hängt nicht davon ab, welchen Inhalt dieses Ergebnis hat und wie plausibel es erscheint. Wäre es überdies wirklich offensichtlich unplausibel, hätte der Kläger es der Beklagten erst recht vorlegen können, weil die fehlende Plausibilität dann auch für die Beklagte ohne Weiteres erkennbar gewesen wäre.
33p. Zudem weist die Beklagte zu Recht daraufhin, dass die Bescheinigung der B G den Hinweis enthält, dass sich die untersuchte Person an die zuständige Behörde wenden kann, wenn sie das Untersuchungsergebnis für unzutreffend hält. Diesen Weg hätte der Kläger gehen können und müssen, wenn er ein anderes Untersuchungsergebnis für richtig hielt.
34q. Abgesehen davon erscheint auch nach dem zuletzt erreichten Sach- und Streitstand weiterhin ungeklärt, ob im Zeitraum November/Dezember 2012 aus objektiver medizinischer Sicht gesundheitliche Bedenken gegen die Fahrtauglichkeit des Klägers als Lkw-Fahrer für Gefahrguttransporte berechtigt waren oder nicht. So enthält nicht nur der kardiologische Befundbericht vom 08.10.2012 den Hinweis auf eine in der Vergangenheit diagnostizierte Schlafapnoe. Sogar das hausärztliche Attest vom 03.12.2012 bestätigt, dass der Kläger in der Zeit von 2009 bis 2010 an einer Schlafapnoe litt. Es führt weiter aus, dass sich die Krankheitssymptome in 2010 nach einer Arbeitsumstellung nicht mehr gezeigt hätten und beschränkt sich ansonsten auf die lapidare Feststellung, dass der Kläger „zur Zeit beschwerdefrei“ sei. Unstreitig hat der Kläger darüber hinaus mehrere Schlaflaboruntersuchungen in Angriff genommen, jedoch nicht bis zum Vorliegen eines Ergebnisses zu Ende führen können. Und schließlich war der Anfang 2014 ausgestellten Unbedenklichkeitsbescheinigung eine Nasenscheidewandoperation im November 2013 vorausgegangen, deren Einfluss auf die Tauglichkeitsbestätigung von Anfang 2014 unbekannt ist.
352. In dem vorangegangenen Kündigungsschutzprozess um die Verdachtskündigung der Beklagten vom 10.01.2013 (LAG Köln, 7 Sa 537/13) hat die Berufungskammer in ihrem Urteil vom 12.12.2013 Bedenken geäußert, ob in Anbetracht der nach dem damaligen Erkenntnisstand erkennbaren Umstände des Einzelfalls die von der Beklagten damals nur gemutmaßte unterlassene Weiterleitung der ärztlichen Bescheinigung des B für sich alleine und ohne vorherigen Ausspruch einer Abmahnung ausgereicht hätte, um eine außerordentliche oder auch ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu rechtfertigen.
36a. Das Arbeitsgericht weist in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 04.12.2014 aber zu Recht daraufhin, dass die jetzt streitige Kündigung vom 19.03.2014 zusätzlich auch darauf gestützt werden kann, dass der Kläger über mehr als ein Jahr hinweg der Beklagten nicht nur den Inhalt der B -Bescheinigung vom 08.11.2012 verschwiegen, sondern sogar deren Existenz beharrlich und wahrheitswidrig abgeleugnet hat. Erheblich erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger die Existenz dieser Bescheinigung nicht nur auf deren Nachfrage der Beklagten als seiner Arbeitgeberin gegenüber verschwiegen hat, sondern auch gegenüber den staatlichen Gerichten, und zwar in beiden Instanzen des vorangegangenen Kündigungsschutzprozesses wie auch zunächst in der ersten Instanz des Zahlungsverfahrens Arbeitsgericht Köln, 16 Ca 4960/13. Auf die einschlägigen Zitate im Tatbestand des nunmehrigen arbeitsgerichtlichen Urteils vom 04.12.2014 wird ausdrücklich Bezug genommen.
37b. Der Einlassung des Klägers, dass die wiederholte Verleugnung der Existenz der ärztlichen Bescheinigung keine bewusst wahrheitswidrige Irreführung zugrunde gelegen habe, kann nicht gefolgt werden.
38aa. Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass die B -Bescheinigung insoweit ungenau formuliert ist, als darin von einer „Nachuntersuchung“ vom 05.11.2012 die Rede ist. Eine Nachuntersuchung des Klägers im Sinne einer körperlichen Untersuchung hat es an diesem Tage unstreitig nicht gegeben. Gemeint war vielmehr die von den B -Ärzten vorgenommene Auswertung des vom Kläger am 05.11.2012 übersandten kardiologischen Befundberichts vom 08.10.2012.
39bb. Diese Ungenauigkeit in der Wortwahl der streitigen B -Bescheinigung ändert aber nichts daran, dass aus dem jeweiligen Vortragszusammenhang heraus für den Kläger kein Zweifel daran bestand, dass es bei dem von der Beklagten der Vorkündigung vom 10.01.2013 zugrundegelegten Verdacht darum ging, „dass der B auf der Grundlage des kardiologischen Untersuchungsberichts ein neues Votum zur Fahrtauglichkeit des Klägers erstellt habe“ (vgl. Urteil der Berufungskammer vom 12.12.2013, 7 Sa 537/13, Seite 10 unter II 2 c.bb). Bei diesem Votum konnte es sich nur um die ärztliche Bescheinigung des B vom 08.11.2012 handeln. Dies konnte der Kläger nicht anders verstehen als es gemeint war und hat es gleichwohl in allen drei Gerichtsinstanzen der Vorprozesse über ein Jahr hinweg, wie im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 04.12.2014 zitiert, geleugnet.
40c. Der Kläger hat es somit nicht nur pflichtwidrig unterlassen, der Beklagten die Einschätzung der B G vom 08.11.2012 weiterzuleiten, wonach „befristete gesundheitliche Bedenken“ bestanden, sondern er hat darüber hinaus sogar nicht davor zurückgeschreckt, auch die staatlichen Gerichte zu täuschen, um sich gegenüber der Beklagten als seiner Arbeitgeberin prozessuale Vorteile zu verschaffen. In Anbetracht eines solchen Verhaltens war es der Beklagten in der Gesamtschau nicht mehr zumutbar, den Kläger auch nur bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
413. Ergänzend nimmt das Berufungsgericht auf die vom Arbeitsgericht überzeugend vorgenommene Interessenabwägung in Abschnitt I 3. b der Entscheidungsgründe Bezug.
424. Ferner verweist das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats unter I 5. der Entscheidungsgründe. Die Ausführungen des Klägers in der Berufungsinstanz rechtfertigen auch in dieser Hinsicht kein anderes Ergebnis als das vom Arbeitsgericht gefundene.
435. Die Berufung des Klägers musste daher erfolglos bleiben.
44III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
45Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die vorliegende Entscheidung steht in Einklang mit den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung und beruht auf den besonderen
46Umständen des Einzelfalls.
47R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
48Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
(1) Der Unternehmer ist für die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe verantwortlich.
(2) Ist bei einer Schule der Unternehmer nicht Schulhoheitsträger, ist auch der Schulhoheitsträger in seinem Zuständigkeitsbereich für die Durchführung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen verantwortlich. Der Schulhoheitsträger ist verpflichtet, im Benehmen mit dem für die Versicherten nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchstabe b zuständigen Unfallversicherungsträger Regelungen über die Durchführung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen im inneren Schulbereich zu treffen.
(3) Die Versicherten haben nach ihren Möglichkeiten alle Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen und die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.129,56 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes i. H. v. 450,48 € netto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 01.02.2014 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 96,5 % und die Beklagte zu 3,5 %.
4. Urteilsstreitwert: 18.318,84 €.
5. Gebührenstreitwert: 19.342,94 €.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Annahmeverzugslohn nach einer unwirksamen Kündigung und dabei insbesondere über die Arbeitsfähigkeit des Klägers.
3Der Kläger ist seit 1.10.2006 als Tankwagenfahrer bei der Beklagten beschäftigt.
4Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.1.2013, das dem Kläger am 11.1.2013 zuging, fristlos und hilfsweise fristgerecht. Das Arbeitsgericht Köln gab der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 25.4.2013 in dem Rechtsstreit 12 Ca 5010/12 statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung des Annahmeverzugslohns für die Zeit bis zum 28.2.2013. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Urteil verwiesen. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte nur hinsichtlich der Höhe des ausgeurteilten Annahmeverzugs in geringem Umfang Erfolg. Insoweit wird zu den Einzelheiten auf das Urteil des LAG Köln vom 12.12.2013 in dem Rechtsstreit 7 Sa 537/13 Bezug genommen.
5Der Kläger litt an einer Schlafapnoe. Die Tankwagenfahrer der Beklagten werden alle 2 Jahre vom Betriebsarzt im Rahmen einer G 25 Untersuchung auf medizinische Bedenken gegen ihre berufliche Eignung untersucht. Die von der Beklagten beauftragte Arbeitsmedizinerin bescheinigte am 17.2.2014, dass aufgrund einer Nachuntersuchung des Klägers am 5.11.2012 „befristete gesundheitliche Bedenken“ bestanden hätten und medizinische Maßnahmen erforderlich gewesen seien (Kopie Bl. 248 d.A.). Ausweislich einer weiteren Bescheinigung der Arbeitsmedizinerin vom 11.2.2014 (Kopie Bl. 249 d.A.) bestanden auch nach einer G 25 Untersuchung am 23.7.2013 „befristete gesundheitliche Bedenken“. Mit Schreiben vom 4.3.2014 (Kopie Bl. 251 d.A.) erläuterte die Arbeitsmedizinerin, dass der Kläger wegen der bei den Untersuchungen festgestellten „befristeten gesundheitlichen Bedenken“ „nicht tauglich“ als Fahrer eines Gefahrguttransports gewesen sei.
6Am 12.12.2013 wurde der Kläger an seiner Nasenscheidewand operiert. Am 15.1.2014 stellte ein Arbeitsmediziner im Rahmen einer G 25 Untersuchung des Klägers fest, dass „keine gesundheitlichen Bedenken“ bestehen. Ab 28.1.2014 beschäftigte die Beklagte den Kläger wieder als Tankwagenfahrer.
7Der Kläger verlangt Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 1.3.2013 bis 27.1.2014 und hat dabei zuletzt den vom LAG Köln ermittelten Monatslohn von 2.823,90 € zugrundegelegt. Dabei lässt er sich das erhaltene Arbeitslosengeld i.H.v. 37,54 € netto kalendertäglich anrechnen. Er meint, er sei auch vor der Operation seiner Nasenscheidewand nicht wegen seiner Schlafapnoe außerstande gewesen, seine vertraglich geschuldete Leistung als Tankwagenfahrer zu erbringen.
8Der Kläger beantragt,
91) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat März 2013 2.637,70 € brutto abzüglich 1.126,20 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 1.4.2013 zu zahlen;
102) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April bis Dezember 2013 jeweils 2.823,90 € brutto abzüglich 1.126,20 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen ersten des Folgemonats zu zahlen;
113) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.541,51 € brutto abzüglich 1.013,37 € netto an erhaltenem Arbeitslosengeld I nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 1.2.2014 zu zahlen;
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie meint, der Kläger sei aufgrund seiner zunächst unbehandelten Schlafapnoe nicht leistungsfähig i.S.d. § 297 BGB gewesen. Dies werde durch die o.g. Bescheinigungen der Arbeitsmediziner belegt. Einen Fahrer, gegen dessen Einsatz im Rahmen einer G 25 Untersuchung „befristete gesundheitliche Bedenken“ beständen, dürfe sie keinen Tankwagen lenken lassen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Die Klage ist nur hinsichtlich des Annahmeverzugslohns für die Zeit vom 16.1.2014 bis 27.1.2014 begründet und im Übrigen unbegründet.
18Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 1.3.2013 bis 15.1.2014 gemäß §§ 615 S.1, 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag der Parteien, weil er in dieser Zeit außerstande war, die vertraglich geschuldete Leistung zu bewirken (§ 297 BGB).
19Dass der Kläger in dieser Zeit nicht tauglich war, einen Tankwagen zu fahren, steht aufgrund der arbeitsmedizinischen Bescheinigungen vom 11.2.2014 und 17.2.2014 und der Erläuterung dazu vom 4.3.2014 zur Überzeugung des Gerichts fest. Danach ergaben sowohl die G 25 Untersuchung vom 5.11.2012 als auch diejenige vom 23.7.2013, dass gegen den Einsatz des Klägers „befristete gesundheitliche Bedenken“ bestanden. Aus der Erläuterung ergibt sich, dass dies bedeute, dass der Kläger „nicht tauglich“ zum Führen eines Gefahrguttransporters war. Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse durfte die Beklagte den Kläger nicht als Tankwagenfahrer einsetzen.
20Diesen Feststellungen steht der Vorprozess mit gegenteiligem Ergebnis für den vorangegangenen Zeitraum nicht entgegen. Zum einen war er bis zur letzten mündlichen Verhandlung noch nicht rechtskräftig beendet. Zum anderen nehmen die gerichtlichen Feststellungen zur bloßen Vorfrage der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht an einer etwaigen Rechtskraft teil. Die inhaltliche Abweichung der jetzigen von den Entscheidungen im Vorprozess findet ihren Grund darin, dass die nunmehr vorliegenden Bescheinigungen und Erläuterungen zu den G 25 Untersuchungen in den Vorprozess nicht eingeführt wurden und deshalb darin nicht berücksichtigt werden konnten. Ohne diese Bescheinigungen gab es aber im Vorprozess keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers.
21Für die Zeit vom 16.1.2014 bis 27.1.2014 ist die Klage begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß § 615 Satz 1 in Verbindung mit § 611 I BGB und dem Arbeitsvertrag der Parteien i.H.v. 12/30 x 2.823,90 € brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes i.H.v. 12 Kalendertagen x 37,54 € netto. Die Beklagte befand sich seit 16.1.2014 in Annahmeverzug.
22Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges richten sich auch im Arbeitsverhältnis nach den §§ 293 ff BGB. Ist für die vom Gläubiger vorzunehmende Mitwirkungshandlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, bedarf es keines Angebots des Schuldners zur Begründung des Annahmeverzugs, falls der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt (§ 296 BGB). Im Arbeitsverhältnis hat der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm seine Arbeit zuzuweisen. Darin liegt eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung im Sinne von § 296 BGB. Da der Arbeitgeber mit einer fristlosen Kündigung zu erkennen gibt, dass er diese Mitwirkungshandlung ab sofort nicht erbringen wird, muss er den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit auffordern, wenn er trotz der Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will (BAG, Urteil vom 09.08.1984, AP Nr. 34 zu § 615 BGB unter B II 5 b) der Gründe). Da die Beklagte den Kläger nach Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 10.1.2013 bis zum 27.1.2014 nicht wieder zur Aufnahme der Arbeit aufgefordert hat, befand sie sich während des Zeitraumes ab 16.1.2014 in Annahmeverzug.
23Eines Arbeitsangebotes bedurfte es zur Begründung des Annahmeverzuges hier auch nicht ausnahmsweise deshalb, weil der Kläger unmittelbar vor und nach Zugang der unwirksamen fristlosen Kündigung aus gesundheitlichen Gründen nicht leistungsfähig war. Da die Beklagte durch ihre unwirksame außerordentliche Kündigung gem. § 296 BGB in Annahmeverzug geraten ist, weil sie die ihr obliegende Mitwirkungshandlung nicht mehr erbrachte, bedurfte es keines Arbeitsangebots der Klägerin zur Begründung des Annahmeverzugs. Daran ändert eine Erkrankung nichts.
24Der Kläger war auch nicht gehalten, der Beklagten zur Begründung des Annahmeverzuges am 16.1.2014 anzuzeigen, dass er ausweislich der G 25 Untersuchung vom selben Tage wieder arbeitsfähig war. Für den Fall der vom Arbeitgeber ausgesprochenen unwirksamen Kündigungserklärung ist nämlich nicht einsehbar, wieso der Arbeitgeber, der auf Grund seiner unwirksamen Kündigung im Regelfall die Vergütungsnachzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges schuldet, daraus einen Vorteil ziehen soll, dass der Arbeitnehmer zufällig zur Zeit der Kündigung arbeitsunfähig erkrankt war. Dieser Umstand kommt ihm deshalb nicht zugute, weil einerseits die Anzeige der Arbeitsfähigkeit in §§ 293 ff. BGB nicht als Anspruchsvoraussetzung geregelt ist und andererseits der Gläubiger nach § 296 BGB ohnehin grundsätzlich über die Leistungsfähigkeit des Schuldners im Unklaren bleibt (BAG, Urteil vom 24.11.1994, AP Nr. 60 zu § 615 BGB unter II 2 a) der Gründe). Solange der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht wieder zur Arbeitsaufnahme auffordert, sind die Anzeige– und Nachweispflichten des Arbeitnehmers durch die vom Arbeitgeber erklärte Kündigung suspendiert (BAG, Urteil vom 24.11.1994, AP Nr. 60 zu § 615 BGB unter II 2 b) der Gründe).
25Die Zinsforderung ist hinsichtlich des zuerkannten teils der Hauptforderung gemäß §§ 286, 288, 614 BGB begründet und im Übrigen mangels Hauptforderung unbegründet.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO.
27RECHTSMITTELBELEHRUNG
28Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.
29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
30Landesarbeitsgericht Köln
31Blumenthalstraße 33
3250670 Köln
33Fax: 0221-7740 356
34eingegangen sein.
35Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
36Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
37Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
38- 39
1. Rechtsanwälte,
- 40
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 41
3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
43* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
44Vorstehende Abschrift stimmt mit der Urschrift überein.
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Mai 2012 - 3 Sa 1134/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
- 2
-
Die Beklagte ist ein Entsorgungsunternehmen, das mit sog. Abbruchschrott aus Metall handelt. In ihrem Betrieb beschäftigt sie regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer, darunter sechs bis sieben Hofarbeiter und mehrere LKW-Fahrer sowie Verwaltungskräfte. Den Hofarbeitern obliegt es, angelieferten Schrott zu sortieren, zu reinigen und zu entsorgen. Dabei kommen verschiedene Fahrzeuge zum Einsatz wie Gabelstapler, Lader und Bagger mit einem Gewicht von bis zu 35 Tonnen und einer Ausgreifweite von bis zu 20 Metern.
- 3
-
Der 1956 geborene, verheiratete Kläger war seit März 1999 bei der Beklagten als Hofarbeiter tätig. Sein Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 2.666,00 Euro.
- 4
-
Im Jahr 2009 führte die Beklagte ein striktes Alkoholverbot ein, über das sie den Kläger - wie ihre anderen Mitarbeiter auch - schriftlich unterrichtete. Außerdem gab sie auf ihrem gesamten Firmengelände die Geltung der StVO vor. Von ihren Hofarbeitern verlangte sie fortan, im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis (ehemalige Führerscheinklasse „drei“) zu sein. Zugleich stellte sie ihre bis dahin geübte Praxis ein, Mitarbeitern in den Sozialräumen auch alkoholische Getränke zur Verfügung zu stellen. Im Herbst 2010 weitete sie ihr Betriebsgelände zu einem etwa 800 Meter vom Hauptgelände entfernten Containerplatz aus. Seither müssen Hofarbeiter bei der Verrichtung ihrer Tätigkeit zeitweise öffentlichen Straßenraum befahren.
- 5
-
Am 14. Januar 2010 wurde der Kläger stark alkoholisiert am Arbeitsplatz angetroffen und anschließend nach Hause geschickt. Wegen weiterer Vorkommnisse kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien im Januar und Februar 2010 jeweils aus Gründen im Verhalten des Klägers. Im nachfolgenden Kündigungsschutzprozess machte dieser geltend, er sei alkoholkrank. Die Beklagte nahm die Kündigungen zurück. Zugleich mahnte sie den Kläger wegen Verstoßes gegen das betriebliche Alkoholverbot ab. Der Kläger nahm das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an. Im Mai 2010 begann er eine Entziehungskur, die er Anfang Juli 2010 abbrach.
- 6
-
In den Monaten Juli bis September 2010 führte die Beklagte beim Kläger mit dessen Einverständnis regelmäßig Tests auf Alkohol im Atem durch. Eine entsprechende Kontrolle vom 31. August 2010 ergab einen Wert von 1,81 Promille. Die Beklagte forderte den Kläger auf, das Betriebsgelände zu verlassen. Außerdem mahnte sie ihn wegen „alkoholisierten Erscheinens am Arbeitsplatz“ ab. Bei weiteren Tests vom 13., 15. und 20. September 2010 wurde beim Kläger eine Alkoholkonzentration von 0,6, 0,16 bzw. 0,52 Promille festgestellt. Am 7. Dezember 2010 verursachte er mit einem Firmenfahrzeug außerhalb des Betriebsgeländes einen Unfall. Es entstand Sachschaden. Am 12. Januar 2011 verweigerte er die Teilnahme an einem Alkoholtest. Die Umstände, die zu der Weigerung führten, sind zwischen den Parteien streitig.
- 7
-
Am 1. März 2011 kontrollierte die Beklagte ihre gewerblichen Arbeitnehmer auf den Besitz eines gültigen Führerscheins. Der Kläger legte eine in Tschechien ausgestellte Fahrerlaubnis vor. Mit Schreiben vom 7. März 2011 teilte sein behandelnder Arzt mit, nach Abbruch der stationären Therapie im Jahr 2010 seien beim Kläger keine weiteren Maßnahmen zur Alkoholentwöhnung durchgeführt worden. Mitte März 2011 forderte die Beklagte den Kläger auf, bis Ende des Monats verbindliche Unterlagen „bezüglich Art und Zeitraum einer Entziehungskur in nächster Zukunft“ sowie über die Gültigkeit seines „tschechischen Führerscheins“ vorzulegen. Der Kläger brachte keine Unterlagen über eine weitere Behandlung bei. Die zuständige Behörde teilte mit, dass die Fahrerlaubnis in Deutschland keine Gültigkeit habe.
- 8
-
Mit Schreiben vom 4. April 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. August 2011, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Vom 15. bis zum 26. April 2011 begab sich der Kläger für eine stationäre Behandlung ins Krankenhaus. Er wurde als „arbeitsfähig“ entlassen.
- 9
-
Gegen die Kündigung hat der Kläger fristgerecht die vorliegende Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam. Er sei nicht alkoholabhängig. Erhebliche Betriebsablaufstörungen seien aufgrund seiner gelegentlichen Alkoholisierung nicht eingetreten. Die im Frühjahr 2010 begonnene Entziehungskur habe er abgebrochen, weil er mit dem bezogenen Krankengeld seinen Lebensunterhalt nicht habe bestreiten können. Der Verkehrsunfall vom Dezember 2010 sei auf einen Defekt an dem von ihm gesteuerten Ladefahrzeug zurückzuführen. Im Januar 2011 habe er einen Alkoholtest nicht endgültig verweigert; er habe lediglich darum gebeten, die Kontrolle in Abwesenheit der LKW-Fahrer durchzuführen, wozu die Beklagte nicht bereit gewesen sei. Jedenfalls sei es dieser zumutbar gewesen, ihn ausschließlich auf ihrem Betriebsgelände einzusetzen. Zur Erledigung der dort anfallenden Arbeiten sei eine Fahrerlaubnis nicht zwingend erforderlich. Außerdem habe die Möglichkeit bestanden, ihn als Platzwart oder Hofarbeiter auf dem neuen Containerplatz weiter zu beschäftigen.
- 10
-
Der Kläger hat beantragt
-
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 4. April 2011 nicht aufgelöst worden ist.
- 11
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei durch Gründe im Verhalten und in der Person des Klägers bedingt. Dieser habe mehrfach gegen das betriebliche Alkoholverbot verstoßen. Er sei im Kündigungszeitpunkt alkoholabhängig gewesen. Auch habe ihm der ernstliche Wille gefehlt, eine Therapie durchzuführen. Unter diesen Umständen sei ihr eine Weiterbeschäftigung des Klägers als Hofarbeiter aus Sicherheitsgründen nicht länger zuzumuten gewesen. Andere geeignete Arbeitsplätze hätten nicht zur Verfügung gestanden.
- 12
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
- 13
-
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Kündigung vom 4. April 2011 ist wirksam.
- 14
-
I. Die ordentliche Kündigung vom 4. April 2011 ist aufgrund der Alkoholerkrankung des Klägers durch Gründe in seiner Person bedingt und deshalb iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt.
- 15
-
1. Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass daraus eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt, diese durch mildere Mittel - etwa eine Versetzung - nicht abgewendet werden kann und sie auch bei einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 22; zu den Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11, BAGE 135, 361). Für die Prognose im Hinblick auf die weitere Entwicklung einer Alkoholerkrankung kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereit ist, eine Entziehungskur bzw. Therapie durchzuführen. Lehnt er das ab, kann erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden, dass er von seiner Alkoholabhängigkeit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird (BAG 9. April 1987 - 2 AZR 210/86 - zu B III 3 der Gründe). Ebenso kann eine negative Prognose dann berechtigt sein, wenn der Arbeitnehmer nach abgeschlossener Therapie rückfällig geworden ist (BAG 16. September 1999 - 2 AZR 123/99 - zu II 2 b bb der Gründe).
- 16
-
2. Im Streitfall war im Zeitpunkt der Kündigung die Annahme gerechtfertigt, der Kläger biete aufgrund von Alkoholsucht nicht mehr die Gewähr, seine Tätigkeit als Hofarbeiter dauerhaft ordnungsgemäß erbringen zu können.
- 17
-
a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, der Kläger sei nach der Einnahme von Alkohol für die von ihm zu erbringende Tätigkeit als Hofarbeiter nicht einsetzbar. Er ist im Rahmen seiner Tätigkeit verantwortlich für das Führen verschiedener großer Fahrzeuge. Die mit dem Alkoholkonsum einhergehenden Minderungen der Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit führen zu erheblichen Gefahren für Menschen und Material auf dem Hofgelände, denen die Beklagte als Betriebsinhaberin so weit wie möglich begegnen muss.
- 18
-
b) Die Beklagte musste aufgrund der Vorfälle in der Vergangenheit auch künftig mit Alkoholauffälligkeiten des Klägers während der Arbeitszeit rechnen.
- 19
-
aa) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag beim Kläger im Kündigungszeitpunkt eine Alkoholerkrankung vor. Daran ist der Senat gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO). Der Kläger behauptet zwar weiterhin das Gegenteil. Das reicht als Revisionsangriff aber nicht aus (zu den Anforderungen an eine zulässige Verfahrensrüge vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 109, 145).
- 20
-
bb) Der Kläger war seit Anfang des Jahres 2010 mehrfach alkoholisiert an seinem Arbeitsplatz angetroffen worden. Nach einer stationären Entwöhnungsbehandlung, die er aus wirtschaftlichen Erwägungen abbrach, wurde er wiederholt alkoholauffällig. Daraus durfte das Landesarbeitsgericht auf die Wiederholung entsprechender Ausfälle in der Zukunft schließen. Der Kläger hat im Rahmen der ihn nach § 138 Abs. 2 ZPO treffenden abgestuften Darlegungslast(vgl. dazu BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 92, 96) keine Umstände aufgezeigt, die geeignet gewesen wären, die Indizwirkung seiner alkoholbedingten Ausfälle zu entkräften.
- 21
-
(1) Der Kläger hat nicht behauptet, vor dem Ausspruch der Kündigung eine neuerliche Alkoholtherapie begonnen zu haben. Die Beklagte durfte den Umständen nach von einer Therapieunwilligkeit ausgehen. Sie hatte ihn mit Schreiben vom 16. März 2011 aufgefordert, einen Nachweis über eine Entziehungskur beizubringen. Dies konnte der Kläger angesichts der zuvor erteilten Auskunft seines behandelnden Arztes nur so verstehen, dass es ihr um die zukünftige Teilnahme an einer Kur und damit die Abklärung seiner ernsthaften Bereitschaft ging, eine Entwöhnungsbehandlung durchzuführen. Der Kläger hat das Schreiben im fraglichen Punkt unbeantwortet gelassen. Soweit er geltend gemacht hat, er habe sich noch im März 2011 um eine „weitere ärztliche Behandlung bemüht“, war seinem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass er eine Alkoholtherapie anstrebte. Im ärztlichen Bericht vom 26. April 2011 heißt es zu einer nach Zugang der Kündigung erfolgten Krankenhausbehandlung nur, der Kläger sei „arbeitsfähig“ entlassen worden. Zur Art der Behandlung, insbesondere ob es sich dabei um - erfolgreiche - Maßnahmen zur Alkoholentwöhnung handelte, verhält sich der Bericht nicht. Darauf, ob eine vom Kläger erst nach Zugang der Kündigung begonnene Alkoholtherapie im Rahmen der anzustellenden Zukunftsprognose überhaupt hätte Berücksichtigung finden können (zur Problematik vgl. BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 92, 96), kommt es nicht an.
- 22
-
(2) Auch wenn eine Vielzahl beim Kläger durchgeführter Alkoholtests unauffällig gewesen sein mögen, führt dies nicht daran vorbei, dass in drei Fällen Werte von über 0,5 „Promille“ erreicht wurden, wobei mangels gegenteiliger Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zugunsten des Klägers davon auszugehen ist, dass der jeweilige Wert - aufgrund einer vom Messgerät intern durchgeführten Umrechnung - die Blutalkoholkonzentration widerspiegelt, die andernfalls noch höher ausfiele (zum Umrechnungsfaktor vgl. BGH 3. April 2001 - 4 StR 507/00 - zu IV b der Gründe, BGHSt 46, 358). Unter diesen Umständen war nicht davon auszugehen, der Kläger habe seine Alkoholerkrankung „im Griff“ gehabt und die Fähigkeit zur Abstinenz besessen. Mit seinem Einwand, es habe sich jeweils um „Restalkohol“ aufgrund des Genusses alkoholischer Getränke am Vorabend gehandelt, verkennt der Kläger, dass es für die Beeinträchtigung seiner Arbeitsfähigkeit unerheblich ist, wann er Alkohol zu sich genommen hat. Es spricht überdies nicht für, sondern gegen die Annahme, er könne seine Alkoholsucht „beherrschen“, wenn es sich etwa bei der am 20. September 2010 gegen 12:50 Uhr gemessenen Alkoholkonzentration von 0,52 Promille um „Restalkohol“ gehandelt haben sollte. Dies deutete - das Vorbringen als wahr unterstellt - auf eine sehr starke Alkoholisierung am Vortag hin.
- 23
-
3. Die Alkoholerkrankung und die damit verbundene mangelnde Einsatzfähigkeit des Klägers führten zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen.
- 24
-
a) Der Kläger erbringt seine Arbeitsleistungen in einem Umfeld, das von An- und Abtransporten sowie Umladungen von Metallabfällen mittels schwerer Gerätschaften wie Bagger, Gabelstapler, Lader, betriebseigener und betriebsfremder LKW geprägt ist. Seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ist deshalb - unstreitig - sowohl mit einer nicht unerheblichen Gefahr für sich selbst als auch für Dritte verbunden.
- 25
-
b) Aufgrund dieser Gefahren war es der Beklagten nicht zuzumuten, den Kläger auf seinem bisherigen Arbeitsplatz einzusetzen. Nach § 7 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1 idF vom 1. Januar 2004) dürfen Unternehmer Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen. Gemäß § 15 Abs. 2 der Vorschrift dürfen Versicherte sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Eine solche Eigen- oder Fremdgefährdung ist nach der BG-Regel A1 zu § 15 Abs. 2(vom Oktober 2005 idF vom Januar 2009) insbesondere beim Führen von Fahrzeugen oder selbstfahrenden Arbeitsmaschinen sowie beim Arbeiten in deren unmittelbarer Nähe gegeben. Eine Missachtung dieser Vorgaben kann zum Verlust des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung führen. Für den Straßenverkehr sieht der Gesetzgeber ab einem Wert von 0,25 mg/l Alkohol in der Atemluft und 0,5 Promille Alkohol im Blut eine erhebliche Gefährdung für den Straßenverkehr (§ 24a StVG). Relative Fahruntüchtigkeit kann schon ab ca. 0,3 Promille Alkohol im Blut anzunehmen sein (grundlegend BGH 28. April 1961 - 4 StR 55/61 - zu I 2 der Gründe; zuletzt bspw. OLG Hamm 25. August 2010 - I-20 U 74/10, 20 U 7420 U 74/10 - Rn. 22). Das im Betrieb der Beklagten angeordnete absolute Alkoholverbot trägt diesen Gefahren Rechnung. Es dient - wie die Anordnung der Geltung der StVO auf dem Betriebsgelände - ersichtlich dazu, entsprechende Risiken vorbeugend auszuschließen und damit letztlich Schaden von der Beklagten selbst, ihren Mitarbeitern sowie betriebsfremden Personen und deren Eigentum abzuwenden. Angesichts der Alkoholerkrankung des Klägers und seiner nachweislich - auch krankheitsbedingt - mangelnden Fähigkeit, abstinent zu bleiben, konnte und durfte die Beklagte nicht darauf vertrauen, er werde seine Arbeit als Hofarbeiter nüchtern, zumindest aber in einem körperlichen Zustand verrichten, der den Präventionsvorgaben gerecht wird.
- 26
-
c) Bereits dies führt - vorbehaltlich einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit - zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG(vgl. BAG 13. Dezember 1990 - 2 AZR 336/90 - zu II 3 der Gründe), ohne dass es noch darauf ankäme, ob der Alkoholgenuss des Klägers zu Unfällen beigetragen hat, in die er während seiner Tätigkeit für die Beklagte verwickelt war. Ebenso wenig ist von Belang, ob und ggf. wie oft dieser in der Vergangenheit objektiv durch seine Alkoholisierung am Arbeitsplatz gesetzliche Vorgaben verletzt hat oder ggf. unerkannt arbeitsunfähig war. Entscheidend ist, dass die Beklagte aufgrund der im Kündigungszeitpunkt fortbestehenden Alkoholerkrankung jederzeit mit einer Beeinträchtigung der Fahr- und Arbeitssicherheit durch den Kläger rechnen musste. Sein weiterer Einsatz als Hofarbeiter war ihr damit nicht zumutbar.
- 27
-
d) Dass sie ihn nach Abbruch der Entziehungskur gleichwohl mit entsprechenden Aufgaben betraut hat, stellt diese Bewertung nicht in Frage. Dies geschah über längere Zeit hinweg unter der Prämisse einer Einwilligung in die Durchführung regelmäßiger Alkoholtests. Jedenfalls nachdem der Kläger ihre Anfrage vom März 2011 hinsichtlich einer weiteren Alkoholtherapie unbeantwortet gelassen hatte, konnte der Beklagten nicht mehr angesonnen werden, den Kläger weiterhin mit seinen bisherigen Aufgaben zu betrauen und ihn dabei täglich - ggf. sogar wiederholt - auf seine Alkoholabstinenz hin zu kontrollieren (vgl. BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 34). Zudem war der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ab Ende 2010 nicht mehr bereit, an regelmäßigen Tests vorbehaltslos mitzuwirken. Auch daran ist der Senat mangels zulässigen Angriffs der Revision gebunden.
- 28
-
e) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Kündigungszeitpunkt habe keine zumutbare Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung des Klägers bestanden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 29
-
aa) Eine aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung ist entsprechend dem das ganze Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 1020/08 - Rn. 18; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 198/09 - Rn. 14; jeweils mwN). Die Möglichkeit der anderweitigen Beschäftigung ist ein milderes Mittel. Wenn eine Umsetzungsmöglichkeit besteht, hat eine Erkrankung des Arbeitnehmers keine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen zur Folge (vgl. BAG 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - zu B IV 1 der Gründe).
- 30
-
bb) Der Kläger hat sich insoweit auf eine Beschäftigung als Hofarbeiter ohne Verpflichtung zum Führen eines Kraftfahrzeugs und als Platzwart berufen. Damit hat er keine geeignete alternative Beschäftigungsmöglichkeit aufgezeigt. Die Beklagte hält die von ihm bezeichneten „Arbeitsplätze“ nicht vor. Zudem ist weder dargetan noch objektiv erkennbar, dass die Ausübung der fraglichen Tätigkeiten vergleichbare Sicherheitsrisiken nicht auch mit sich brächte. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger sei im Falle einer alkoholbedingten Einschränkung seiner Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage, auf Gefahrensituationen angemessen zu reagieren und/oder Dritte ggf. rechtzeitig zu warnen. Der Kläger stellt dies nicht in Abrede. Er meint lediglich, die im Berufungsurteil getroffene Wertung lasse außer Acht, dass solche Gefahren auch bei anderen chronischen Erkrankungen nicht hinreichend sicher auszuschließen seien. Dabei übersieht er zum einen, dass Suchterkrankten - im Gegensatz zu anderen chronisch kranken Menschen - typischerweise die Fähigkeit fehlt einzuschätzen, ob sie wegen des Konsums von Suchtmitteln in ihrer Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit eingeschränkt sind. Zum anderen ist es eine Frage des Einzelfalls, ob ein Arbeitnehmer wegen chronischer Erkrankung und damit verbundener Sicherheitsrisiken bestimmte Arbeiten nicht mehr erledigen kann. Ein solcher Befund kann sich nicht nur beim Alkoholismus ergeben.
- 31
-
cc) Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Beklagte vor der Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement iSv. § 84 Abs. 2 SGB IX(bEM) durchgeführt hat. Das Versäumnis ist nicht entscheidungserheblich.
- 32
-
(1) Zugunsten des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass bei Alkoholismus ein bEM grundsätzlich in Betracht kommt und seine Durchführung sich nicht wegen des Krankheitsbildes generell als überflüssig darstellt (zur Problematik vgl. Brose DB 2013, 1727, 1728). Gleichwohl erscheint fraglich, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX im Streitfall vorliegen. Zwar war ein bEM nicht deshalb entbehrlich, weil bei der Beklagten keine betriebliche Interessenvertretung iSd. § 93 SGB IX bestand(vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 28, BAGE 135, 361). Es ist aber weder festgestellt noch vom Kläger behauptet, dass er vor der Kündigung innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt wegen seiner Alkoholerkrankung arbeitsunfähig war. Seine Beschäftigung mag der Beklagten unzumutbar gewesen sein. Dies steht einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aber nicht ohne Weiteres gleich (ähnlich BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 31). Soweit der Kläger im Frühjahr 2010 Krankengeld bezogen hat, bleibt unklar, für welche Dauer er die Sozialleistung erhielt.
- 33
-
(2) Abgesehen davon führte das Unterlassen eines bEM nicht zu der Annahme, die Kündigung sei unverhältnismäßig. Dies vermag der Senat selbst zu entscheiden.
- 34
-
(a) § 84 Abs. 2 SGB IX stellt eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Das bEM ist zwar kein milderes Mittel gegenüber einer Kündigung. Mit seiner Hilfe können aber solche milderen Mittel, zB die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen, ggf. durch Umsetzungen „freizumachenden“ Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden (BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 18; 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 41, BAGE 123, 234). Möglich ist, dass selbst ein bEM kein positives Ergebnis hätte erbringen können. In einem solchen Fall kann dem Arbeitgeber aus dem Unterlassen eines bEM kein Nachteil entstehen. Erscheint demgegenüber ein positives Ergebnis denkbar, darf er sich nicht auf den pauschalen Vortrag beschränken, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer und es gebe keine leidensgerechten Arbeitsplätze, die der erkrankte Arbeitnehmer trotz seiner Erkrankung ausfüllen könne. Der Arbeitgeber hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer ggf. außergerichtlich genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen weder eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an dem Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen noch die Beschäftigung auf einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz in Betracht kommen (BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 35, BAGE 135, 361; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 19).
- 35
-
(b) Im Streitfall erscheint es als ausgeschlossen, dass ein bEM zu einem positiven Ergebnis hätte führen können. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beschäftigte die Beklagte im Kündigungszeitpunkt außer Hofarbeitern nur LKW-Fahrer und Verwaltungskräfte. Als LKW-Fahrer konnte der Kläger wegen seiner Alkoholabhängigkeit und auch deshalb nicht eingesetzt werden, weil ihm die dafür notwendige Fahrerlaubnis fehlte. Auch ein Einsatz im Bürobereich war der Beklagten angesichts der Alkoholabhängigkeit nicht zumutbar. Unabhängig davon fehlte dem Kläger hierfür offensichtlich die Qualifikation. Soweit er bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gelegentlich und unter Berücksichtigung seiner Einschränkungen mit einfachen Hilfsarbeiten beschäftigt worden war, kann daraus nicht auf eine alternative Einsatzmöglichkeit iSd. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG geschlossen werden. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie die fraglichen Tätigkeiten nach Ablauf der Kündigungsfrist - wie bereits zuvor - fremdvergeben habe. Allenfalls dann, wenn ihre Hofarbeiter nicht mit anderen Aufgaben ausgelastet gewesen seien, hätten diese - gelegentlich - die Arbeiten mit übernommen. Dieser Behauptung ist der Kläger nicht entgegengetreten. Im Übrigen stand der erfolgreichen Durchführung eines bEM die mangelnde Therapiewilligkeit des Klägers im Kündigungszeitpunkt entgegen.
- 36
-
4. Die Abwägung der Belange beider Parteien ergibt, dass das Beendigungsinteresse der Beklagten das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses überwiegt. Das Landesarbeitsgericht hat alle für und gegen dieses Ergebnis sprechenden Aspekte berücksichtigt und vertretbar gegeneinander abgewogen.
- 37
-
a) Der Beklagten war es auf Dauer nicht mehr zumutbar, die mit einer möglichen Alkoholisierung des Klägers verbundenen Gefährdungen hinzunehmen. Geeignete Mittel, ihnen angemessen zu begegnen, standen nicht zur Verfügung. Unabhängig von der fehlenden Einwilligung des Klägers in regelmäßige Alkoholtests versprachen derartige Kontrollen nicht die erforderliche Sicherheit. Der Kläger war Alkoholiker. Es war davon auszugehen, dass er es darauf anlegen würde, Mittel und Wege zu finden, etwaige Kontrollen zu umgehen.
- 38
-
b) Diese Belange der Beklagten werden durch die zwölfjährige Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers, sein Alter und die gegenüber seiner Ehefrau bestehende Unterhaltsverpflichtung nicht aufgewogen. Die Beklagte hat dem Kläger nach Alkoholauffälligkeiten die Chance einer Bewährung gegeben. Sie hat die stationäre Behandlung abgewartet. Deren Scheitern war ihr nicht anzulasten. Überdies hat sie dem Kläger nach einer erneuten Alkoholauffälligkeit im August 2010 durch eine Abmahnung deutlich vor Augen geführt, welche Bedeutung sie seiner Abstinenz zumisst, und ihm unmittelbar vor der Kündigung eine Frist gesetzt, um weitere - kurzfristig anzugehende - Behandlungsmaßnahmen nachzuweisen. Sie hatte damit alles ihr Zumutbare für den Erhalt des Arbeitsverhältnisses getan. Ihr Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses musste nicht deshalb zurücktreten, weil sie zu früheren Zeiten im Betrieb alkoholische Getränke bereitgestellt hatte. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, die Beklagte habe ihn trotz Kenntnis von seiner Alkoholabhängigkeit zum Genuss alkoholischer Getränke verleitet.
- 39
-
c) Unschädlich ist, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis erst gekündigt hat, nachdem sich herausgestellt hatte, die dem Kläger erteilte „tschechische Fahrerlaubnis“ im Inland keine Gültigkeit besaß. Ihr war es trotz dieses Zuwartens nicht verwehrt, sich auf die Alkoholerkrankung des Klägers als eigenständigen Kündigungsgrund zu berufen. Überdies war dessen Verhalten im Zusammenhang mit dem Führerschein ein weiterer Beleg für das Fehlen seiner Bereitschaft, mit bestehenden Unzulänglichkeiten verantwortlich umzugehen. Ob umgekehrt die Kündigung allein wegen der Tatsache gerechtfertigt wäre, dass der Kläger nicht über eine für Deutschland gültige Fahrerlaubnis verfügte, bedarf keiner Entscheidung.
- 40
-
II. Das Landesarbeitsgericht hat - unausgesprochen - angenommen, die Kündigung sei nicht deshalb unwirksam, weil die maßgebende Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei. Dagegen wendet sich der Kläger nicht. Er geht - in Übereinstimmung mit der Beklagten - davon aus, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 4. April 2011, sollte diese sich als sozial gerechtfertigt erweisen, mit Ablauf des 30. September 2011 aufgelöst worden und die Kündigungserklärung sei entsprechend auszulegen. Ein Rechtsfehler ist insoweit auch objektiv nicht zu erkennen.
- 41
-
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
-
Berger
Rachor
Rinck
Torsten Falke
Wolf
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
(1) Die Unfallversicherungsträger können unter Mitwirkung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. als autonomes Recht Unfallverhütungsvorschriften über Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren oder für eine wirksame Erste Hilfe erlassen, soweit dies zur Prävention geeignet und erforderlich ist und staatliche Arbeitsschutzvorschriften hierüber keine Regelung treffen; in diesem Rahmen können Unfallverhütungsvorschriften erlassen werden über
- 1.
Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen, welche die Unternehmer zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu treffen haben, sowie die Form der Übertragung dieser Aufgaben auf andere Personen, - 2.
das Verhalten der Versicherten zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, - 3.
vom Unternehmer zu veranlassende arbeitsmedizinische Untersuchungen und sonstige arbeitsmedizinische Maßnahmen vor, während und nach der Verrichtung von Arbeiten, die für Versicherte oder für Dritte mit arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit verbunden sind, - 4.
Voraussetzungen, die der Arzt, der mit Untersuchungen oder Maßnahmen nach Nummer 3 beauftragt ist, zu erfüllen hat, sofern die ärztliche Untersuchung nicht durch eine staatliche Rechtsvorschrift vorgesehen ist, - 5.
die Sicherstellung einer wirksamen Ersten Hilfe durch den Unternehmer, - 6.
die Maßnahmen, die der Unternehmer zur Erfüllung der sich aus dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit ergebenden Pflichten zu treffen hat, - 7.
die Zahl der Sicherheitsbeauftragten, die nach § 22 unter Berücksichtigung der in den Unternehmen für Leben und Gesundheit der Versicherten bestehenden arbeitsbedingten Gefahren und der Zahl der Beschäftigten zu bestellen sind.
(1a) In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist Absatz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass Unfallverhütungsvorschriften von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft erlassen werden.
(2) Soweit die Unfallversicherungsträger Vorschriften nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 erlassen, können sie zu den dort genannten Zwecken auch die Verarbeitung von folgenden Daten über die untersuchten Personen durch den Unternehmer vorsehen:
- 1.
Vor- und Familienname, Geburtsdatum sowie Geschlecht, - 2.
Wohnanschrift, - 3.
Tag der Einstellung und des Ausscheidens, - 4.
Ordnungsnummer, - 5.
zuständige Krankenkasse, - 6.
Art der vom Arbeitsplatz ausgehenden Gefährdungen, - 7.
Art der Tätigkeit mit Angabe des Beginns und des Endes der Tätigkeit, - 8.
Angaben über Art und Zeiten früherer Tätigkeiten, bei denen eine Gefährdung bestand, soweit dies bekannt ist, - 9.
Datum und Ergebnis der ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen; die Übermittlung von Diagnosedaten an den Unternehmer ist nicht zulässig, - 10.
Datum der nächsten regelmäßigen Nachuntersuchung, - 11.
Name und Anschrift des untersuchenden Arztes.
(3) Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 gilt nicht für die unter bergbehördlicher Aufsicht stehenden Unternehmen.
(4) Die Vorschriften nach Absatz 1 bedürfen der Genehmigung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Entscheidung hierüber wird im Benehmen mit den zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder getroffen. Soweit die Vorschriften von einem Unfallversicherungsträger erlassen werden, welcher der Aufsicht eines Landes untersteht, entscheidet die zuständige oberste Landesbehörde über die Genehmigung im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Vorschriften sich im Rahmen der Ermächtigung nach Absatz 1 halten und ordnungsgemäß von der Vertreterversammlung beschlossen worden sind. Die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen nach Satz 4 ist im Antrag auf Erteilung der Genehmigung darzulegen. Dabei hat der Unfallversicherungsträger insbesondere anzugeben, dass
- 1.
eine Regelung der in den Vorschriften vorgesehenen Maßnahmen in staatlichen Arbeitsschutzvorschriften nicht zweckmäßig ist, - 2.
das mit den Vorschriften angestrebte Präventionsziel ausnahmsweise nicht durch Regeln erreicht wird, die von einem gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 5 des Arbeitsschutzgesetzes eingerichteten Ausschuss ermittelt werden, und - 3.
die nach Nummer 1 und 2 erforderlichen Feststellungen in einem besonderen Verfahren unter Beteiligung von Arbeitsschutzbehörden des Bundes und der Länder getroffen worden sind.
(5) Die Unternehmer sind über die Vorschriften nach Absatz 1 zu unterrichten und zur Unterrichtung der Versicherten verpflichtet.
(1) Der Arbeitgeber hat Betriebsärzte schriftlich zu bestellen und ihnen die in § 3 genannten Aufgaben zu übertragen, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf
- 1.
die Betriebsart und die damit für die Arbeitnehmer verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren, - 2.
die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft und - 3.
die Betriebsorganisation, insbesondere im Hinblick auf die Zahl und die Art der für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen.
(2) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, daß die von ihm bestellten Betriebsärzte ihre Aufgaben erfüllen. Er hat sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen; insbesondere ist er verpflichtet, ihnen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Er hat sie über den Einsatz von Personen zu unterrichten, die mit einem befristeten Arbeitsvertrag beschäftigt oder ihm zur Arbeitsleistung überlassen sind.
(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsärzten die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fortbildung unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange zu ermöglichen. Ist der Betriebsarzt als Arbeitnehmer eingestellt, so ist er für die Zeit der Fortbildung unter Fortentrichtung der Arbeitsvergütung von der Arbeit freizustellen. Die Kosten der Fortbildung trägt der Arbeitgeber. Ist der Betriebsarzt nicht als Arbeitnehmer eingestellt, so ist er für die Zeit der Fortbildung von der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben freizustellen.
(1) Die Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen. Sie haben insbesondere
- 1.
den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei - a)
der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen, - b)
der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen, - c)
der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln, - d)
arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere des Arbeitsrhythmus, der Arbeitszeit und der Pausenregelung, der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung,
- e)
der Organisation der "Ersten Hilfe" im Betrieb, - f)
Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung Behinderter in den Arbeitsprozeß, - g)
der Beurteilung der Arbeitsbedingungen,
- 2.
die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten, - 3.
die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit - a)
die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken, - b)
auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten, - c)
Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Erkrankungen vorzuschlagen,
- 4.
darauf hinzuwirken, daß sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Einsatzplanung und Schulung der Helfer in "Erster Hilfe" und des medizinischen Hilfspersonals mitzuwirken.
(2) Die Betriebsärzte haben auf Wunsch des Arbeitnehmers diesem das Ergebnis arbeitsmedizinischer Untersuchungen mitzuteilen; § 8 Abs. 1 Satz 3 bleibt unberührt.
(3) Zu den Aufgaben der Betriebsärzte gehört es nicht, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen.
(1) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fachkunde weisungsfrei. Sie dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Betriebsärzte sind nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen und haben die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten.
(2) Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder, wenn für einen Betrieb mehrere Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt sind, der leitende Betriebsarzt und die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit, unterstehen unmittelbar dem Leiter des Betriebs.
(3) Können sich Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit über eine von ihnen vorgeschlagene arbeitsmedizinische oder sicherheitstechnische Maßnahme mit dem Leiter des Betriebs nicht verständigen, so können sie ihren Vorschlag unmittelbar dem Arbeitgeber und, wenn dieser eine juristische Person ist, dem zuständigen Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs unterbreiten. Ist für einen Betrieb oder ein Unternehmen ein leitender Betriebsarzt oder eine leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt, steht diesen das Vorschlagsrecht nach Satz 1 zu. Lehnt der Arbeitgeber oder das zuständige Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs den Vorschlag ab, so ist dies den Vorschlagenden schriftlich mitzuteilen und zu begründen; der Betriebsrat erhält eine Abschrift.
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)