Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 16. Juni 2014 - 4 Sa 145/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.10.2013 – 14 Ca 2241/13 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Branchenzuschlägen nach dem Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassung in der Metall- und Elektroindustrie (im Folgenden: TV BZ ME). Der Tarifvertrag gilt fachlich im Falle des Einsatzes von Arbeitnehmern im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einem Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie. Nach dem Tarifvertrag beträgt der Branchenzuschlag gestaffelt nach der Einsatzdauer im Kundenbetrieb zwischen 15 und 50 %. Er setzt erstmals nach der sechsten vollendeten Woche eines ununterbrochenen Einsatzes in einem Kundenbetrieb ein. Der Prozentsatz bezieht sich auf das Stundentabellenentgelt des jeweils gültigen Entgelttarifvertrages für die Zeitarbeit. Er ist auf die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebes beschränkt. Der Branchenzuschlag ist anrechenbar auf gezahlte übertarifliche Leistungen.
3Der Wortlaut der hier relevanten tariflichen Regelungen des TV BZ ME ist folgender:
4„§ 1 Geltungsbereich
5Dieser Tarifvertrag gilt:
61. Räumlich: Für das Gericht der Bundesrepublik Deutschland
72. Fachlich: Für die tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen des Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und des Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ), die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Beschäftigte in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einsetzen. Als Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie gelten die Betriebe folgender Wirtschaftszweige, soweit sie nicht dem Handwerk zuzuordnen sind:
8- 9
NE-Metallgewinnung und –Verarbeitung, Scheideanstalten Gießereien
- 10
Ziehereien, Walzwerke und Stahlverformung – Schlossereien, Schweißereien, Schleifereien, Schmieden
- 11
Stahl-, Leichtmetallbau und Metallkonstruktionen
- 12
Maschinen-, Apparate- und Werkzeugbau
- 13
Automobilindustrie und Fahrzeugbau
- 14
Luft- und Raumfahrtindustrie
- 15
Schiffbau
- 16
Elektrotechnik, Elektro- und Elektrotechnikindustrie Hardwareproduktion
- 17
Feinmechanik und Optik
- 18
Uhren-Industrie
- 19
Eisen-, Blech- und Metallwaren Musikinstrumente
- 20
Spiel- und Sportgeräte Schmuckwaren
sowie die zu den erwähnten Wirtschaftszweigen gehörenden Reparatur-, Zubehör-, Montage-, Dienstleistungs- und sonstigen Hilfs- und Nebenbetrieben und Zweigniederlassungen sowie die Betriebe artvertrauter Industrien.
22Bei Zweifelsfällen hinsichtlich der Einordnung eines Kundenbetriebs gilt als maßgebliches Entscheidungskriterium der im Kundenbetrieb angewandte Tarifvertrag. In dem Vertrag gem. § 12 AÜG ist die Branchenzugehörigkeit festzustellen. Ohne eine eindeutige Angabe des Kundenbetriebs zum angewandten Tarifvertrag kann das Zeitarbeitsunternehmen den TV BZ ME anwenden.
233. Persönlich: Für alle Beschäftigten, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung an Kundenbetriebe überlassen werden.
24§ 2 Branchenzuschlag
25(1) Arbeitnehmer erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Dauer ihres jeweiligen Einsatzes im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einen Branchenzuschlag.
26(2) Der Branchenzuschlag wird für den ununterbrochenen Einsatz im jeweiligen Kundenbetrieb gezahlt. Unterbrechungszeiten einschließlich Feiertage, Urlaubs- und Arbeitsunfähigkeitstage, die die Dauer von 3 Monaten unterschreiten, sind keine Unterbrechungen im vorgenannten Sinne.
27(3) Der Branchenzuschlag beträgt nach der Einsatzdauer in einem Kundenbetrieb folgende Prozentwerte:
28- 29
nach der sechsten vollendeten Woche 15 %
- 30
nach dem dritten vollendeten Monat 20 %
- 31
nach dem fünften vollendeten Monat 30 %
- 32
nach dem siebten vollendeten Monat 45 %
- 33
nach dem neunten vollendeten Monat 50 %
des Stundentabellenentgelts des Entgelttarifvertrages Zeitarbeit, abgeschlossen zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal- Dienstleistungen e.V. – BZA – und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit (im Folgenden ETV BZA) bzw. des Entgelttarifvertrages, abgeschlossen zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. – iGZ – und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit (im Folgenden ETV iGZ), je nach Einschlägigkeit.
35(4) Der Branchenzuschlag ist auf die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs beschränkt. Bei der Feststellung des Vergleichsentgelts im Kundenbetrieb bleibt das Äquivalent einer durchschnittlichen Leistungszulage der Branche unberücksichtigt.
36Der Kundenbetrieb hat das regelmäßig gezahlte Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers nachzuweisen.
37(5) Der Branchenzuschlag ist nicht verrechenbar mit sonstigen Leistungen jedweder Art. Der Branchenzuschlag ist jedoch anrechenbar auf gezahlte übertarifliche Leistungen. Bestehende einzelvertragliche Regelungen, aus denen sich für die Beschäftigten günstigere Arbeits- und Entgeltbedingungen ergeben als aus diesem Tarifvertrag und den Tarifverträgen für BZA und iGZ, werden durch diesen Tarifvertrag nicht berührt.
38Der Branchenzuschlag ist Teil des festen tariflichen Entgelts gemäß § 13.2 MTV BZA bzw. Teil der Grundvergütung gemäß § 2 Abs. 1 Entgelttarifvertrag iGZ.
39§ 3 Änderungen von tarifvertraglichen Bestimmungen
40Erhält der Arbeitnehmer einen Branchenzuschlag nach diesem Tarifvertrag, entfallen Ansprüche auf Zuschläge nach § 4 ETV BZA bzw. § 5 ERTV iGZ.“
41§ 5 dieses Entgeltrahmentarifvertrags zwischen der iGZ und u. a. der IG Metall enthält folgende Regelung:
42„§ 5 Einsatzbezogene Zulage
43Nach Ablauf von 9 Kalendermonaten ununterbrochener Überlassungsdauer an denselben Kundenbetrieb wird eine einsatzbezogene Zulage gezahlt. Diese einsatzbezogene Zulage beträgt für die Entgeltgruppen 1 bis 4 Euro 0,20, für die, für die Entgeltgruppen 5 bis 9 Euro 0,35 je Stunde. Die einsatzbezogene Zulage wird erstmals nach Ablauf von 14 Kalendermonaten ununterbrochenen Bestehens des Arbeitsverhältnisses gezahlt (vgl. PN Nr. 6).
44In Branchen, in denen die tariflichen Entgelte niedriger sind als die, die sich aus der Entgeltsystematik dieses Entgelttarifvertrages ergeben, kann die einsatzbezogene Zulage vermindert werden.“
45Während die Parteien erstinstanzlich auch noch über die konkrete Berechnung der vom Kläger geforderten Zuschläge, insbesondere auch über die Zahl der zugrundezulegenden Arbeitsstunden und die Verrechnung mit bereits von der Beklagten gezahlten Zuschlägen/Zulagen stritten, besteht über die Höhe der Forderungen des Klägers als solche zweitinstanzlich kein Streit mehr. Ebenso ist unstrittig, dass – soweit das erstinstanzliche Urteil der Klage stattgegeben hat – die Ausschlussfristen eingehalten sind.
46Zweitinstanzlich dreht sich der Streit der Parteien allein noch darum, ob der Einsatzbetrieb des Klägers, nämlich der Betrieb der L L M GmbH im Industriepark der F W GmbH in K ein „Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie“ im Sinne des § 1 Nr. 2 TV BZ ME ist.
47Der Kläger ist seit längerer Zeit bei der Beklagten als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Er war ab Beginn des Zeitraumes, für den das erstinstanzliche Urteil ihm Branchenzuschläge nach dem TV BZ ME zugesprochen hat, auch bereits länger als sechs Wochen bei der L L M GmbH in K als Leiharbeitnehmer eingesetzt.
48Die Beklagte vermittelt Zeitarbeitskräfte an Unternehmen aus der Industrie, dem Handel und dem Dienstleistungssektor. Sie ist ein tarifgebundenes Mitgliedsunternehmen des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ). Die iGZ und der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) haben als Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ) mit der IG Metall am 22. Mai 2012 den TV BZ ME vereinbart. Auch der Kläger ist als Mitglied der IG Metall insoweit tarifgebunden.
49Die L L M GmbH, K (im Folgenden L ), die den Einsatzbetrieb des Klägers führt, ist fast ausschließlich (nach Vortrag des Klägers zu 99 %) für den Hauptauftraggeber, die F W GmbH, tätig, in deren Industriepark in K sie ansässig ist.
50Für die F W GmbH werden nach deren Vorgaben von der L Motoren mit Getrieben, Federbeinen, Kompressoren, Lichtmaschinen, Kabelbaum, Schläuchen, Motorprägung, Vorderachsen usw. montiert und komplettiert. Dabei werden Steck-, Füge-, Füll-, Schraub- und Scanoperationen nach einem festgelegten Ablaufplan ausgeübt. Bei den Steckoperationen werden Teile zusammen gesteckt. Bei den Fügeoperationen werden zusammengesteckte Teile/Module zusätzlich verfügt. Fülloperationen sind Tätigkeiten, bei denen in der Regel Öl in das Getriebe eingefüllt wird. Schrauboperationen sind Verschraubungen, die mittels Elektro-Schraubern erfolgen. Drehmoment und Drehwinkel der Verschraubungen sind voreingestellt und brauchen durch die bei der L Beschäftigten, welche die Komplettierung vornehmen, nicht verändert zu werden. Scanoperationen, bei denen mittels eines Hand- und Stationsscanners die mit Barcodes versehenen Teile/Module gescannt werden, ermöglichen eine Kontrolle, ob zur Komplettierung die richtigen Einzelteile/Module verwendet werden. Das Ergebnis der von der L vorgenommenen Arbeiten ist die komplette Motor-Getriebe-Einheit, dass sogenannte „Pony-Pack“.
51Dieses wurde bis zum Jahre 2002 von der F W GmbH in K selbst gefertigt. Im Jahre 2002 wurde dieser Bereich ausgegliedert und seither von der L übernommen. Dabei handelte es sich nach unwidersprochenem Vorbringen der Beklagten nicht um einen Betriebsübergang.
52Die von der L bei der Montage und Komplettierung verwendeten Komponenten werden von der F W GmbH bereitgestellt. Die zu montierenden Vorderbeine und Federachsen werden von der Firma B , einem weiteren Vertragspartner der F W GmbH, der in dem Industriepark der F W GmbH ansässig ist, montiert und sodann im laufenden Fließbandprozess von der eigenen Halle über Laufbänder durch ein Loch in der Wand in die Betriebsräume der L beigestellt. So werden alle Einzelteile, die von der L zur Komplettierung der Motor-Getriebe-Einheit verwendet werden, entweder von Zulieferern von F ober aber von F selbst hergestellt. Auch die zu verfüllenden Flüssigkeiten stellt F zur Verfügung. Die Getriebe werden von G , die Kompressoren von V , die Lichtmaschinen von D bzw. Va , die Kabelbäume von S und die Kabelschläuche von Va hergestellt. F gibt auch jeweils vor, welche Motor-Getriebe-Einheit komplettiert bzw. montiert wird.
53Nach Montage und Komplettierung werden die Motor-Getriebe-Einheiten über eine Förderbrücke „just-in-sequence“ direkt in die „Y-Halle“ der F W GmbH gefördert. Dort findet die sogenannte „Hochzeit“ statt, das heißt der Zusammenbau der Motor-Getriebe-Einheit mit der Karosserie.
54Die L plant ihre innerbetrieblichen Materialflüsse so, dass das für die Komplettierung und Montage erforderliche Material immer rechtzeitig an den jeweiligen Stationen ist. Ferner wird von der L jeder einzelne Prozessschritt für die Komplettierung des Moduls unter Einhaltung der Vorgaben von F festgelegt. L hat die Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass pro Werktag 1.650 Motor-Getriebe-Einheiten komplettiert werden können. F gibt jeweils vor, welche Motor-Getriebe-Einheit in welcher Stückzahl komplettiert werden soll. Die bei der L Beschäftigten arbeiten in einem festgelegten Ablaufplan am Fließband. Die zur Komplettierung und Montage erforderlichen Betriebsmittel (z. B. Stapler, Schraubtechnik, Werkzeuge) werden von der L eigenständig entwickelt, beschafft und implementiert.
55Am Standort K beschäftigt L insgesamt etwa 240 Mitarbeiter, darunter sechs Prozessingenieure, sieben Mechatroniker, 14 kaufmännische Angestellte. Überwiegend handelt es sich bei den Mitarbeitern um angelernte Arbeitskräfte. Sechs Mitarbeiter sind sogenannte Mitarbeiter „Repair“, die entweder bei der L oder auch direkt bei der F W GmbH erforderliche Reparaturen an der bei der L montierten und komplettierten Motor-Getriebe-Einheit durchführen, um die Funktionsfähigkeit bei Auftreten von Mängeln der Montage/Komplettierung zu gewährleisten.
56Die L trägt die Verantwortung für die zeitgenaue Lieferung und die korrekte Ausführung der in ihrem Bereich geleisteten Arbeiten. Sie haftet bei falscher Montage/Komplettierung der Motor-Getriebe-Einheit. Sie haftet nicht für die Funktionsfähigkeit der von ihr verbauten Einzelteile. Stellt die L Fehler an Einzelteilen fest, wird hierüber die Eingangsinspektion von F in Kenntnis gesetzt, die alle weiteren Schritte mit dem Lieferanten der Einzelteile abstimmt.
57L trägt nicht das Absatzrisiko. Die F W GmbH muss die bestellten Motor-Getriebe-Einheiten zu dem vereinbarten Stückpreis abnehmen.
58Die L L M GmbH selbst hat im Jahre 2005 mit der IG Metall Bezirksleitung Haustarifverträge abgeschlossen, so einen Rahmen-Haustarifvertrag, einen Entgeltabkommen, einen Entgelt-Haustarifvertrag (Bl. 55 ff. d. A.) und einen Haustarifvertrag über eine Jahressonderzahlung (Bl. 62 f. d. A.). Die L L M GmbH ist nicht Mitglied eines Metall-Arbeitgeberverbandes, sondern Mitglied des Unternehmerverbandes im Industrieservice + Dienstleistungen e.V. (UIS) mit Sitz in D . Die UIS hat mit der IG Metall keinen Tarifvertrag abgeschlossen.
59Wegen der erstinstanzlich zuletzt gestellten Leistungsanträge und wegen des erstinstanzlich zuletzt gestellten Feststellungsantrags wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
60Beide Parteien halten erst- wie zweitinstanzlich ausführlichen Vortrag zur Auslegung des Tarifvertrages hinsichtlich seines fachlichen Geltungsbereiches, insbesondere dazu, ob die Tätigkeit der L ein Teil der Automobilindustrie und des Fahrzeugbaus ist, und in diesem Zusammenhang z. B. zu Fragen wie denen, ob es sich bei der Tätigkeit der L um Produktion oder Dienstleistung handelt, ob die L durch Verarbeitung Eigentum an der Motor-Getriebe-Einheit erwirbt, ob L diese zur eigenen kommerziellen Nutzung herstellt. Sie streiten mit Rechtsausführungen auch darüber, welche Rückschlüsse aus § 1 Nr. 2 Abs. 1 letzter Halbsatz TV BZ ME und insbesondere aus dem dort gebrauchten Begriff „Hilfs- und Nebenbetriebe“ zu ziehen ist, sowie über die Bedeutung der Zweifelsfallregelung im letzten Absatz des § 1 Nr. 2 TV BZ ME. Insoweit wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
61Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Urteil den Zahlungsanträgen teilweise stattgegeben. Es hat die Anwendbarkeit des TV BZ ME bejaht und bei der Berechnung der Klageansprüche die vom Kläger behaupteten und von der Beklagten nicht substantiiert bestrittenen Stunden für die einzelnen Monate zugrunde gelegt sowie die Höhe der Zulage an dem vom Kläger genannten Bruttostundenlohn der Entgeltgruppe 1 (West) des Entgelttarifvertrags der iGZ und u. a. der IG Metall orientiert. Es ist von der Einhaltung der Ausschlussfristen ausgegangen und hat den Branchenzuschlag gemäß § 2 Abs. 5 TV BZ ME mit der übertariflichen Zulage in Höhe von 0,62 € sowie den Zuschlag nach § 5 ERTV iGZ von 0,20 € die Stunde verrechnet. Es hat schließlich dem Feststellungsantrag stattgegeben.
62Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese ebenso form- und fristgerecht begründet. Sie setzt sich im Wesentlichen mit ausführlichen Rechtsausführungen mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander. Auf die Berufungsbegründung und den Schriftsatz vom 30.05.2014 wird Bezug genommen.
63Die Beklagte beantragt,
64auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.10.2013 – 14 Ca 2241/13 – abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Klage wird abgewiesen.
65Der Kläger beantragt,
66die Berufung zurückzuweisen.
67Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Insoweit wird auf die Berufungserwiderung und den Schriftsatz vom 05.06.2014 Bezug genommen.
68Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätzen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
69E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
70Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hatte in der Sache keinen Erfolg.
71Die Beklagte greift in der Berufungsinstanz weder die Zulässigkeit des Feststellungsantrags noch die Berechnung der Höhe der Zuschläge als solche noch die Feststellungen des Arbeitsgerichts zur Einhaltung der Ausschlussfristen an. Insoweit wird daher auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
72Die Beklagte wendet sich allein und grundsätzlich gegen die Anwendbarkeit des TV BZ ME und die dafür vom Arbeitsgericht angeführten Argumente.
73Die Kammer teilt indes im Wesentlichen die Begründung des Arbeitsgerichts für die fachliche Anwendbarkeit des TV BZ ME. Die Argumente der Berufung führen nicht zu einer Abänderung des erstinstanzlichen Urteils:
74A. Für die nachfolgend zu behandelnde Auslegung des § 1 Nr. 2. TV BZ ME ist mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von folgenden Grundsätzen auszugehen:
75Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z. B. BAG 18.02.2014 – 3 AZR 833/12).
76I. Es kommt entscheidend darauf an, ob der Kundenbetrieb, d. h. hier die L K , ein Betrieb der „Metall- und Elektroindustrie“ ist. Dieses ergibt sich aus Satz 1 des § 1 Nr. 2 des Tarifvertrages. Dabei ist zunächst – das dürfte unstrittig sein – davon auszugehen, dass das „und“ in diesem Wortlaut als „oder“ zu verstehen ist. Das ergibt sich schon eindeutig aus den in § 1 Nr. 2S. 2 TV BZ ME genannten einzelnen Industriezweigen und Branchen.
77Nach Satz 2 des § 1 Nr. 2 TV BZ ME „gelten“ die Betriebe der nachfolgend aufgezählten Wirtschaftszweige, soweit sie nicht dem Handwerk zuzuordnen sind, als Kundenbetriebe der Metall- und Elektroindustrie. Es handelt sich also nicht um eine abschließende Aufzählung, sondern um eine Fiktion. Wenn ein Betrieb den aufgeführten Wirtschaftszweigen zugehört, ist er ein Kundenbetrieb im Sinne des § 1 Nr. 2 S. 1 TV BZ ME.
78Die L führt in K in diesem Sinne einen Betrieb im Wirtschaftszweig „Automobilindustrie und Fahrzeugbau“.
791. Das Arbeitsgericht hat – was den Wortlaut der Norm anbetrifft – schon zu Recht darauf hingewiesen, dass der Begriff „Industrie“ im Allgemeinen und aufgrund des § 1 Nr. 2 S. 2 letzter Halbsatz TV BZ ME im Besonderen zunächst vom „Handwerk“ zu unterscheiden ist. Das Arbeitsgericht hat dabei die Definition aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.01.2009(10 AZR 325/08 – Rn. 16 m.w.N.) zugrunde gelegt: Ein Industriebetrieb unterscheidet sich von einem Handwerksbetrieb aufgrund seiner Betriebsgröße, der Anzahl seiner Beschäftigten sowie eines größeren Kapitalbedarfs infolge der Anlagenintensität. Die Industrie ist dabei durch Produktionsanlagen und Produktionsstufen gekennzeichnet. Bei einem Handwerksbetrieb handelt es sich dagegen um einen kleineren, weniger technisierten Betrieb, in dem die Arbeiten überwiegend mit der Hand nach den Methoden des einschlägigen Handwerks und nicht auf Vorrat, sondern für einen bestimmten Kundenkreis ausgeführt werden.
80Aufgrund der Anzahl der Beschäftigten (rund 240), der Fließbandfertigung und des Fehlens der Anwendung typischer Methoden des Handwerks ist der Betrieb der L kein Handwerksbetrieb, auch wenn dort nicht auf Vorrat, sondern für einen bestimmten Kundenkreis gearbeitet wird.
812. Damit erschöpft sich aber nicht die Definition der Industrie.
82a) Laut Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Industrie) wird „Industrie“ wie folgt definiert:
83„Die Industrie (lat. industria: Betriebsamkeit, Fleiß) bezeichnet den Teil der Wirtschaft, der gekennzeichnet ist durch die Produktion und Weiterverarbeitung von materiellen Gütern oder Waren in Fabriken und Anlagen, verbunden mit einem hohen Grad an Mechanisierung und Automatisierung – im Gegensatz zur handwerklichen Produktionsform.“
84Nach Duden (http://www.duden.de/rechtschreibung/Industrie) bedeutet „Industrie“:
85„Wirtschaftszweig, der die Gesamtheit aller mit der Massenherstellung von Konsum- und Produktionsgütern beschäftigten Fabrikationsbetriebe eines Gebietes umfasst und Gesamtheit aller Fabrikationsbetriebe einer bestimmten Branche in einem Gebiet.“
86Außer der Massenherstellung lässt sich aus solchen Definitionen ein Verständnis dahingehend ableiten, dass in der Industrie Güter oder Waren in Fabriken oder Anlagen produziert oder weiterverarbeitet werden.
87Der Begriff beinhaltet damit nicht notwendig die Verformung eingesetzter Werkstoffe, wie es die Beklagte in der Berufungsbegründung offenbar meint, wenn sie darauf hinweist, dass „keine Bearbeitung/Veränderung der Einzelteile“ stattfinde, sondern nur eine Komplettierung und ein Montieren.
88b) Dass der Begriff der Industrie auch für den vorliegenden Tarifvertrag in diesem weiten Sinne zu verstehen ist, ergibt unter systematischen Gesichtspunkten ein Blick auf die zahlreichen in § 1 Nr. 2 S. 2 aufgeführten Beispiele: Zwar sind in den ersten beiden Beispielen ganz deutlich Betriebe angesprochen, in denen Metall wenn nicht als Werkstoff gewonnen oder aufbereitet, so doch verformt wird (NE Metallgewinnung und –verarbeitung, Scheideanstalten, Gießereien, Ziehereien, Walzwerke und Stahlverformung, Schweißereien, Schleifereien, Schmieden). Sodann sind aber z. B. auch „Metallkonstruktionen“ angesprochen. In solchen Betrieben findet nicht notwendig eine Verformung oder sonstige Veränderung des eingesetzten Metalls statt.
89c) Gerade die Automobilfertigung besteht zu großen Teilen oder insbesondere dort, wo viel menschliche Arbeitskraft eingesetzt wird, in dem Zusammenbau von einzelnen als solchen nicht weiter veränderten Teilen, in dem Montieren. So beinhaltete schon die frühe industrielle Automobilproduktion Henry Ford’s als prägendes Kernstück eine „assembly line“ (vgl. z. B http://en.wikipedia.org/wiki/Henry_Ford).
90Aber auch in der heutigen Automobilindustrie ist die Montage und Komplettierung gerade auch der Teile, die von der L komplementiert werden, integraler und wesentlicher Bestandteil der Fertigung.
91Illustrativ ist dazu wiederum der deutschsprachige Wikipedia-Artikel zu dem Stichwort „Automobilfertigung“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Automobilfertigung). Bereits einleitend (3. Absatz) heißt es dort:
92„Meistens werden Autos heute in Linienfertigung hergestellt. Dabei durchläuft das unfertige Fahrzeug zahlreiche Stationen, in denen automatisch oder durch Werker jeweils einige wenige Arbeitsschritte ausgeführt werden, die das Auto weiter komplementieren (siehe auch Fließbandfertigung).“
93Sodann heißt es unter der Hauptüberschrift „Produktionsschritte und Produktionsstruktur“ u. a.:
94„Bei der Fertigung des Automobils werden in der Regel die nachfolgend beschriebenen Produktionsbereiche durchlaufen… Die hintereinanderliegenden Fertigungsbereiche bilden eine sequenzielle Materialflussstrecke… In der Hauptfertigungslinie (Endmontagelinie) wird das Fahrzeug weiter komplettiert. Die Endmontagelinie wird dabei entweder aus der darunter liegenden Etage mit Teilen oder aus den Vormontagen, die auf die Endmontagelinie zulaufen und mit dieser steuerungstechnisch gekoppelt sind, mit Baugruppen und Modulen versorgt…“
95Die Endmontage, überhaupt das Montieren und Komplettieren ist mithin integraler und wesentlicher Bestandteil der „Automobilfertigung“, die wiederum die „industrielle Herstellung von Automobilen“ bezeichnet (Wikipedia a.a.O. einleitend).
96II. Dabei montiert und komplettiert L einen Teil des Automobils, nämlich das sogenannte „Pony-Pack“, die Motor-Getriebe-Einheit, die das Arbeitsgericht treffend mit dem „Herzstück des Automobils“ bezeichnet hat.
97Vor 2002 hat die F W GmbH diesen Schritt der Automobilfertigung noch selbst vorgenommen. Sie hat ihn 2002 auf die L ausgegliedert. Die Fertigung der L ist aber örtlich, technisch und zeitlich in die Fertigungssequenz des produzierten Automobils integriert.
98Durch ein solches Zerlegen und Herausschneiden wesentlicher Teile des Fertigungsprozesses wird die dabei verrichtete Arbeit nicht von produzierender Arbeit zu reiner Dienstleistung. Die Arbeit der L bleibt Teil der industriellen Fertigung des Endproduktes Automobil.
99Dass dem so ist, kann durch ein argumentum ad absurdum untermauert werden: Es könnten sonst nämlich sämtliche Einzelschritte der Automobilfertigung, wie im vorliegenden Fall geschehen, in Einzelgewerke zerlegt werden, für die die Verantwortung einzelnen „Industriedienstleistern“ übergeben würde. Würde man deren Tätigkeit nicht mehr als industrielle Tätigkeit ansehen, als Teil des Produktionsprozesses des Automobils und damit auch als Teil der Automobilindustrie, dann stünde schließlich ein fertiges Auto da, ohne dass dieses in der Automobilindustrie entstanden wäre.
100III. Die von der Beklagten, die davon ausgeht, dass die Tätigkeit der L nur „Dienstleistung“ sei und nicht zur Automobilindustrie gehöre, gegen das so gefundene Ergebnis aufgeführten Argumente überzeugen letztlich nicht:
1011. Erstinstanzlich hat die Beklagte sich darauf berufen, industrielle Betriebe stellten per definitionem Produkte „aus eigenen Mitteln“ her.
102Es ist nicht ersichtlich, wo eine solche Definition vertreten würde. Auch die von der Beklagten zitierte Fundstelle von Terporten (Automobilindustrie 1999, 86), wonach Automobilindustrie als „Hersteller von Kraftwagen und deren Motoren, von Straßenzugmaschinen, Aufbauten, Anhängern, Kraftfahrzeugteilen und Zubehör“ definiert wird, enthält keinen Hinweis darauf, dass Herstellung „aus eigenen Mitteln“, womit die Beklagte offenbar meint aus Materialien, die im Eigentum des Herstellers stehen, erfolgen müsste.
103Unerheblich ist daher, dass die zusammengebauten Teile nicht im Eigentum der L stehen. Ebenso unerheblich ist es aber nach Auffassung der Kammer für die Auslegung des Tarifvertrages, ob die L durch Verarbeitung Eigentum gem. § 950 BGB erwirbt.
1042. Wenn die Beklagte weiter damit argumentiert, dass das von L montierte und komplettierte Teil von dieser nicht frei am Markt veräußert werde, sondern ihr nur von F ein Stückpreis bezahlt werde, die den Wert des Montierens und Komplettierens reflektiere, so ist nicht ersichtlich, warum deshalb die Tätigkeit der L nicht zur Automobilindustrie gehören sollte. Keine der auffindbaren Definitionen enthält ein entsprechendes Merkmal.
1053. Ebenso wenig ist die „Bearbeitung/Veränderung“ der Einzelteile unverzichtbarer Teil einer Definition der Automobilindustrie. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man – wie es die Beklagte offenbar will – die „Bearbeitung/Veränderung“ als einen Eingriff in die Struktur der aus Metall vorgefertigten Teile und nicht als bloße Verarbeitung bzw. „Weiterverarbeitung“ (siehe oben die Definition bei Wikipedia) verstehen will.
1064. Soweit die Beklagte darauf abhebt, der Betriebszweck der L bestehe „nicht in der Produktion von Kfz“, sondern nur im Komplettieren bzw. der Montage, so ist zwar richtig, dass die L kein komplettes Kraftfahrzeug herstellt, sondern nur einen Teil davon. Dass aber eine solche Zerlegung des Fertigungsprozesses in einzelne Bestandteile nicht dazu führen kann, dass es sich nicht mehr um Automobilindustrie handelt, wurde oben bereits ausgeführt.
1075. Wenn die Beklagte sich darüber hinaus auf die Definition der „Produktion“ wiederum bei Wikipedia beruft („Der vom Menschen (Produzent) bewirkte Prozess der Transformation, der aus natürlichen wie bereits produzierten Ausgangsstoffen (Material) unter Einsatz von Energie, Arbeitskraft und bestimmten Produktionsmitteln, lagerbare Wirtschafts- und Gebrauchsgüter (ökonomisches Gut) erzeugt.“), so spricht doch dieses nicht gegen das oben gefundene Ergebnis. Zum einen handelt es sich nämlich auch bei der Tätigkeit der L um eine „Transformation“ der „bereits produzierten Ausgangsstoffe“. Denn aus den vorproduzierten Einzelteilen stellt die L durch Montage und Komplettieren ein neues lagerbares Wirtschaftsgut, nämlich das „Pony-Pack“ her. Auch dabei handele es sich um eine Transformation, eine Umwandlung. In diesem weiten Sinne ist auch die bei Wikipedia auffindbare Begriffserklärung zu verstehen. Dieses ergibt sich deutlich, wenn man die Einzelheiten des Artikels (http://de.wikipedia.org/wiki/Produktion) liest, auf den die Beklagte sich bezieht. Danach bezeichnet der Begriff „Produktion“ „die Herstellung von Gütern im Allgemeinen“. Produzierbar seien, so heißt es dort, in eingeschränkter Weise im Übrigen auch Dienstleistungen, solange ein zumindest in Maßen als Gegenstand zu begreifendes Produkt erzeugt werde, wie z. B. eine Fernsehsendung. Was insbesondere aber die Tätigkeit der L anbelangt, findet sich im Weiteren dort der deutliche Satz: „Unter Fertigung versteht man die Herstellung und Montage von festen Teilen mit geometrisch bestimmter Gestalt.“
1086. Desweiteren führt die Beklagte aus: „Der Produzent stellt ein Produkt nach eigener Planung zur kommerziellen Nutzung, also zur Veräußerung her. Der Kompletteur oder Monteur fügt das Produkt lediglich im Auftrag eines Anderen zusammen.“
109Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es hier nicht um die Abgrenzung zwischen „Produzent“ und „Kompletteur/Monteur“ geht. Es geht um den tarifvertraglichen Begriff der „Industrie“, der Metallindustrie, der Automobilindustrie. Wie oben gezeigt ist die Komplettierung und Montage ein integraler und wichtiger Teil der Automobilfertigung, der Automobilindustrie. Komplettierung und Montage sind kein Gegensatz zur Fertigung, zur Produktion.
110Im Übrigen stellt auch die L in einer ganzen Reihe von Arbeitsschritten, die sie als solche selbst plant, ein Produkt zur kommerziellen Nutzung her, nämlich das Pony-Pack, für dessen Endmontage/Komplettierung sie bezahlt wird.
111Wenn dem auch die Haftung der L entspricht, so ändert das ebenso wenig daran, dass ihre Tätigkeit Teil der Automobilfertigung, der Automobilindustrie ist.
1127. Auch das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart (22.01.2014– 11 Ca 5441/13 -), auf das sich die Beklagte beruft, enthält nichts Erhebliches, das gegen das hier gefundene Ergebnis spricht. Dort ging es um einen Betrieb, der Fahrzeugkomponenten aus Kunststoff herstellt. Die L stellt nicht Kunststoffprodukte her, sondern übernimmt einen wesentlichen Fertigungsschritt der Automobilfertigung selbst.
113IV. Schließlich argumentiert die Beklagte aus dem letzten Satzteil des § 1 Nr. 2 S. 2 TV BZ ME. Dieser schließt an den Beispielskatalog von Wirtschaftszweigen an, in denen ein Kundenbetrieb als ein solcher der Metall- und Elektroindustrie „gilt“ und lautet wie folgt:
114„… sowie die zu den erwähnten Wirtschaftszweigen gehörenden Reparatur-, Zubehör-, Montage-, Dienstleistungs- und sonstigen Hilfs- und Nebenbetrieben und Zweigniederlassungen sowie die Betriebe artverwandter Industrien.“
115Die Beklagte meint, dieser Satzteil bestimme „eine Ausnahme vom Anwendungsbereich des TV BZ ME für Montage- und Dienstleistungsbetriebe.“ Die Beklagte vertritt damit ersichtlich die Ansicht, dieser Satzteil schränke die übrigen Vorschriften des § 1 Nr. 2 TZ BZ ME für den fachlichen Anwendungsbereich des Tarifvertrages ein. Offenbar will die Beklagte mit diesem in der Berufungsinstanz aufgeführten Argument an ihre erstinstanzlichen Darlegungen anknüpfen, nach denen „Hilfs- und Nebenbetriebe“ voraussetzten, dass sie von demselben Inhaber wie der Hauptbetrieb geführt würden. Da „Reparatur-, Zubehör-, Montage- und sonstige Dienstleistungsbetriebe“ wegen des Wortes „sonstige“ unter den Begriff „Hilfs- und Nebenbetriebe“ zu subsumieren seien, schließt die Beklagte offenbar, dass dann, wenn ein „Montage- und Dienstleistungsbetrieb“ ein selbständiger Betrieb (ein Betrieb eines anderen Inhabers) sei, er nicht dem Anwendungsbereich des TV BZ ME unterfalle.
116Dieses Verständnis des letzten Halbsatzes des § 1 Nr. 2 S. 2 teilt die Kammer nicht.
117Der letzte Halbsatz soll ersichtlich die davorstehenden Regelungen nicht einschränken sondern erweitern. Das wird deutlich durch die additive Anknüpfung „sowie“ und die letzten Wörter „sowie die Betriebe artverwandter Industrien“.
118In der Vorschrift ist auch nichts darüber gesagt, dass „Hilfs- und Nebenbetriebe“ im Sinne des Tarifvertrages demselben Inhaber wie ein Hauptbetrieb gehören müssten. Wenn die Beklagte sich erstinstanzlich auf verschiedene Urteile des Bundesarbeitsgerichts zu „Hilfs- und Nebenbetrieben“ berufen hat, so beziehen sich diese teils auf das Betriebsverfassungsgesetz, teils auf ganz andere, nicht vergleichbare Tarifverträge. Hätten die Tarifparteien in dem letzten Satzteil des § 1 Nr. 2 S. 2 des Tarifvertrages eine Einschränkung der zuvor getroffenen Regelungen dahingehend gewollt, dass „Reparatur-, Zubehör-, Montage-“ oder ähnliche Betriebe nicht dem Tarifvertrag unterfallen sollten, wenn sie einem anderen Inhaber als der Hauptbetrieb gehörten, dann hätte es sich aufgedrängt, dieses ausdrücklich zu formulieren und nicht allein in dem Begriff „sonstigen“ zu verstecken. Nichts spricht mithin dafür, dass die Tarifparteien des vorliegenden Tarifvertrages insbesondere Zubehör- und Montagebetriebe, die zu den zuvor genannten Wirtschaftszweigen gehören, nur dann dem Tarifvertrag unterwerfen wollten, wenn diese von demselben Inhaber eines Hauptbetriebes geführt würden.
119Dahinstehen kann, ob der Betrieb der L überhaupt als ein reiner „Montagebetrieb“ bezeichnet werden kann. Die Beklagte selbst spricht von Montage und Komplettierung. Es werden auch einzelne Arbeiten verrichtet, die der allgemeinen Begrifflichkeit nach jedenfalls nicht unter Montage fallen, z. B. das Befüllen mit Öl.
120V. Dahinstehen kann mithin, zu welchem Ergebnis die Zweifelsfall-Regelung § 1 Nr. 2 Abs. 2 führte („Bei Zweifelsfällen hinsichtlich der Einordnung eines Kundenbetriebes gilt als maßgebliches Entscheidungskriterium der im Kundenbetrieb angewandte Tarifvertrag.“).
121Mithin kann auch dahinstehen, ob der zwischen der IG Metall und der L abgeschlossene Tarifvertrag, weil er von der Industriegewerkschaft Metall abgeschlossen ist und/oder weil er metallindustrietypische Regelungen enthält, zur Geltung des TV BZ ME im Sinne der zitierten Vorschrift führt.
122Dahinstehen kann damit auch, ob es eine Bedeutung hat, dass bis zur Vereinbarung des Haustarifvertrages mit der IG Metall auf die Beschäftigten im Betrieb der L ein von HBV und DAG mit der Tarifgemeinschaft des Groß- und Außenhandels in Nordrhein-Westfalen abgeschlossenes Lohnrahmenabkommen (Anl. cc 11 zum Schriftsatz der Beklagten vom 30. Mai 2014) Anwendung fand, was die Beklagte zweitinstanzlich ebenso unbestritten vorträgt wie die Tatsache, dass der Tarifabschluss mit der IG Metall „nur auf massiven Druck der IG Metall, die für den Fall des Nichtabschlusses mit Bestreiken des Betriebes der L drohte“, zustande kam.
123Ebenso kann schließlich dahinstehen, ob es dabei eine Rolle spielt, dass die L – ebenso unstreitig – nicht Mitglied eines Metallarbeitgeberverbandes ist, sondern Mitglied des Unternehmerverbandes Industrieservice + Dienstleistungen e.V. ist.
124B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
125C. Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der hier behandelten Auslegung des Tarifvertrages die Revision zugelassen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass erstinstanzlich insgesamt 28 einschlägige Verfahren anhängig waren, von denen bis auf die vier von der erkennenden Kammer entschiedenen Verfahren alle anderen durch Unterwerfungsvergleich erledigt wurden. Es sei ferner darauf hingewiesen, dass der hier strittige Tarifvertrag bundesweit gilt und – wie z. B. das oben genannte Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart zeigt – die hier behandelte Auslegungsfrage bundesweit strittig ist.
126R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
127Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
128R E V I S I O N
129eingelegt werden.
130Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
131Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
132Bundesarbeitsgericht
133Hugo-Preuß-Platz 1
13499084 Erfurt
135Fax: 0361-2636 2000
136eingelegt werden.
137Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
138Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
139- 140
1. Rechtsanwälte,
- 141
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 142
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
144Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
145Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
146* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 16. Juni 2014 - 4 Sa 145/14
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Köln Urteil, 16. Juni 2014 - 4 Sa 145/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher bedarf der Schriftform. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche Durchführung maßgebend. In der Urkunde hat der Verleiher zu erklären, ob er die Erlaubnis nach § 1 besitzt. Der Entleiher hat in der Urkunde anzugeben, welche besonderen Merkmale die für den Leiharbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit hat und welche berufliche Qualifikation dafür erforderlich ist sowie welche im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gelten; Letzteres gilt nicht, soweit die Voraussetzungen der in § 8 Absatz 2 und 4 Satz 2 genannten Ausnahme vorliegen.
(2) Der Verleiher hat den Entleiher unverzüglich über den Zeitpunkt des Wegfalls der Erlaubnis zu unterrichten. In den Fällen der Nichtverlängerung (§ 2 Abs. 4 Satz 3), der Rücknahme (§ 4) oder des Widerrufs (§ 5) hat er ihn ferner auf das voraussichtliche Ende der Abwicklung (§ 2 Abs. 4 Satz 4) und die gesetzliche Abwicklungsfrist (§ 2 Abs. 4 Satz 4 letzter Halbsatz) hinzuweisen.
(3) (weggefallen)
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. März 2012 - 8 Sa 783/11 - wird zurückgewiesen.
-
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten darüber, wie ein für die Bemessung der dem Kläger zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung maßgeblicher Rentenfestbetrag - sog. garantierte Rente - zu ermitteln ist.
- 2
-
Der am 28. Januar 1955 geborene Kläger wurde zum 1. März 1974 bei der Stadt München als Arbeiter eingestellt. Er war bei den Stadtwerken, einem Eigenbetrieb der Stadt München, tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags des Klägers vom 1. März 1974 finden auf sein Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31. Januar 1962 in ihrer jeweils geltenden Fassung bzw. die an deren Stelle tretenden tariflichen Bestimmungen sowie die für den Bereich der Stadtverwaltung München jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging infolge der Umwandlung des Eigenbetriebs Ende September 1998 auf die Beklagte über.
- 3
-
Für die betriebliche Altersversorgung der bis zum 31. Dezember 1977 bei der Stadt München eingestellten Beschäftigten war die Örtliche Tarifvereinbarung Nr. A 21 über die Eigenversorgung für die Beschäftigten der Landeshauptstadt München (im Folgenden: TV A 21) maßgebend. Diese lautete in der ab dem 1. Juli 1985 geltenden Fassung auszugsweise wie folgt:
-
„§ 17
Ruhegeldsätze
Das Ruhegeld beträgt nach 10 Dienstjahren 50 % und steigt mit dem Beginn jedes weiteren Dienstjahres um je 1 1/2 %, höchstens bis 80 % des versorgungsfähigen Einkommens.
…
§ 20
Anrechnung von Rentenversicherungsleistungen
Auf das Ruhegeld werden angerechnet:
1.
die Renten aus allen Rentenversicherungen für Arbeiter und Angestellte, gleich wer Versicherungsträger ist, einschließlich etwaiger Zulagen und Zuschläge sowie Leistungen, die vor der Festsetzung der gesetzlichen Renten oder an deren Stelle gewährt werden, mit dem Prozentsatz der Hälfte ihres Betrages, der der Dauer der Beitragsleistung der Landeshauptstadt München an die Rentenversicherungsträger im Verhältnis zur Dauer anderweitiger Beitragsleistung entspricht.
Sie dürfen zusammen mit dem Ruhegeld folgende Kürzungsgrenzen nicht übersteigen:
a)
bei Angestellten (§ 2) ohne Berücksichtigung der Dienstzeit
80 %
b)
bei Arbeitern mit einer versorgungsfähigen Dienstzeit von weniger als 20 Jahren
80 %
20 Jahren und mehr, jedoch weniger als 30 Jahren
85 %
und 30 Jahren und mehr
90 %
ihres versorgungsfähigen Einkommens.
…
§ 21
Freilassung von Rententeilen,
schätzungsweise Anrechnung
1.
Bei der Anrechnung von Renten aus den Rentenversicherungen für Arbeiter und Angestellte bleibt der Anteil frei, der aus einer Höherversicherung oder der Leistung freiwilliger Beiträge stammt.
Rentenerhöhungen und Rentenminderungen, die auf § 1587 b BGB (Versorgungsausgleich bei Ehescheidung) zurückgehen, bleiben unberücksichtigt.
2.
Die Anrechnung von Renten aus den Rentenversicherungen für Arbeiter und Angestellte erfolgt solange schätzungsweise, als Versorgungsempfänger die zur Erlangung der Rente notwendigen Schritte trotz Aufforderung unterlassen haben oder Rentenbescheide nicht vorlegen.“
- 4
-
Durch die Örtliche Tarifvereinbarung Nr. C 74 (im Folgenden: TV C 74) wurde der TV A 21 mit Wirkung zum 1. Januar 1998 geändert. Die §§ 17, 20 und 21 TV A 21 lauteten seitdem wie folgt:
-
„§ 17
Ruhegeldsätze
Das Ruhegeld beträgt nach 10 Dienstjahren 50 % und steigt mit dem Beginn jeden weiteren Dienstjahres um je 1,25 % bis zum Höchstsatz von 75 % des versorgungsfähigen Einkommens.
…
§ 20
Anrechnung von Rentenversicherungsleistungen
Auf das Ruhegeld werden angerechnet:
1.
die Renten aus allen Rentenversicherungen im In- und Ausland für ArbeiterInnen und Angestellte und in der Landwirtschaft Beschäftigte, gleich wer Versicherungsträger ist, einschließlich etwaiger Zulagen und Zuschläge sowie Leistungen, die vor der Festsetzung der gesetzlichen Renten oder an deren Stelle gewährt werden, mit dem vollen Betrag, der der Dauer der Beitragsleistung der Landeshauptstadt München an die Rentenversicherungsträger im Verhältnis zur Dauer anderweitiger Beitragsleistung entspricht.
Die Renten dürfen zusammen mit dem Ruhegeld folgende Höchstgrenzen nicht übersteigen:
a)
bei Angestellten (§ 2) ohne Berücksichtigung der Dienstzeit
75 %
b)
bei Arbeitern
-
mit einer versorgungsfähigen Dienstzeit von weniger als 20 Jahren
75 %
-
mit einer versorgungsfähigen Dienstzeit von 20 Jahren und mehr, jedoch weniger als 30 Jahren
80 %
-
mit einer versorgungsfähigen Dienstzeit von 30 Jahren und mehr
86 %
ihres versorgungsfähigen Einkommens.
…
§ 21
Freilassung von Rententeilen,
schätzungsweise Anrechnung
1.
Bei der Anrechnung von Renten aus den Rentenversicherungen für Arbeiter und Angestellte bleibt der Anteil frei, der aus einer Höherversicherung oder der Leistung freiwilliger Beiträge stammt.
Dies gilt bei der Inanspruchnahme von Altersteilzeit nicht für den Rentenanteil, der durch die von der Landeshauptstadt München geleisteten Aufstockungsbeiträge zur gesetzl. Rentenversicherung begründet wurde.
Rentenerhöhungen und Rentenminderungen, die auf § 1587 b BGB (Versorgungsausgleich bei Ehescheidung) zurückgehen, bleiben unberücksichtigt.
Rentenminderungen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters oder Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres bleiben ebenso wie Rentenminderungen wegen Überschreitens von Hinzuverdienstgrenzen unberücksichtigt.
2.
Die Anrechnung von Renten aus den Rentenversicherungen für Arbeiter und Angestellte erfolgt solange schätzungsweise, als Versorgungsempfänger die zur Erlangung der Rente notwendigen Schritte trotz Aufforderung unterlassen haben oder Rentenbescheide nicht vorlegen.
Ist aufgrund einer früheren Tätigkeit in einem anderen Staat von dort eine Rente zu erwarten, erfolgt eine fiktive Anrechnung solange der Bescheid des ausländischen Versicherungsträgers nicht vorliegt bzw. nicht nachgewiesen wird, daß eine ausländische Rente erst zu einem späterem Zeitpunkt beginnt oder kein Anspruch besteht.
…“
- 5
-
Am 19. Mai 1999 schloss die Stadt München mit der ÖTV die Örtliche Tarifvereinbarung Nr. C 79 (im Folgenden: TV C 79), durch die der TV A 21 in §§ 17, 20 und 21 ab dem 1. Juni 1999 auszugsweise folgende Fassung (im Folgenden: TV A 21/1999) erhielt:
-
„§ 17
Ruhegeldsätze
Das Ruhegeld beträgt nach 10 Dienstjahren 50 % und steigt mit dem Beginn jeden weiteren Dienstjahres um je 1,25 %, höchstens bis 75 % des versorgungsfähigen Einkommens.
…
§ 20
Anrechnung von Rentenversicherungsleistungen
1.
Auf das Ruhegeld werden angerechnet:
Die Renten aus allen Rentenversicherungen im In- und Ausland für ArbeiterInnen und Angestellte und in der Landwirtschaft Beschäftigte, gleich wer Versicherungsträger ist, einschließlich etwaiger Zulagen und Zuschläge sowie Leistungen, die vor der Festsetzung der gesetzlichen Renten oder an deren Stelle gewährt werden.
Die Renten dürfen zusammen mit dem Ruhegeld folgende Höchstgrenzen nicht übersteigen:
a)
bei Angestellten (§ 2) ohne Berücksichtigung der Dienstzeit
75 %
b)
bei Arbeitern
-
mit einer versorgungsfähigen Dienstzeit von weniger als 20 Jahren
75 %
-
mit einer versorgungsfähigen Dienstzeit von 20 Jahren und mehr, jedoch weniger als 30 Jahren
80 %
-
mit einer versorgungsfähigen Dienstzeit von 30 Jahren und mehr
86 %
ihres versorgungsfähigen Einkommens.
…
§ 21
Freilassung von Rententeilen, schätzungsweise Anrechnung
1.
Für jeden im städtischen Dienst zurückgelegten Beitragsmonat in der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt ein Anteil von jeweils 0,04 % von der Rentenanrechnung frei.
Bei der Anrechnung von Renten aus den Rentenversicherungen für Arbeiter und Angestellte bleibt der Anteil frei, der aus einer Höherversicherung oder der Leistung freiwilliger Beiträge stammt.
Dies gilt bei der Inanspruchnahme von Altersteilzeit nicht für den Rentenanteil, der durch die von der Landeshauptstadt München geleisteten Aufstockungsbeiträge zur gesetzl. Rentenversicherung begründet wurde.
Rentenerhöhungen und Rentenminderungen, die auf § 1587 b BGB (Versorgungsausgleich bei Ehescheidung) zurückgehen, bleiben unberücksichtigt.
Rentenminderungen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters oder Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres bleiben ebenso wie Rentenminderungen wegen Überschreitens von Hinzuverdienstgrenzen unberücksichtigt.
2.
Die Anrechnung von Renten aus den Rentenversicherungen für Arbeiter und Angestellte erfolgt solange schätzungsweise, als Versorgungsempfänger die zur Erlangung der Rente notwendigen Schritte trotz Aufforderung unterlassen haben oder Rentenbescheide nicht vorlegen.
Ist aufgrund einer früheren Tätigkeit in einem anderen Staat von dort eine Rente zu erwarten, erfolgt eine fiktive Anrechnung solange der Bescheid des ausländischen Versicherungsträgers nicht vorliegt bzw. nicht nachgewiesen wird, daß eine ausländische Rente erst zu einem späterem Zeitpunkt beginnt.
…
§ 23
Ruhensvorschriften
1.
Erzielt ein Ruhegeldempfänger ein Einkommen aus selbständiger oder nicht selbständiger Arbeit, so ruht das Ruhegeld insoweit, als das Monatseinkommen zusammen mit dem Ruhegeld nach §§ 17, 18 das versorgungsfähige Einkommen nach §§ 11, 12 übersteigt.
Bei der Anrechnung des Einkommens bleibt ein Betrag in Höhe von 50 % des versorgungsfähigen Einkommens der Lohngruppe 4 Stufe 1 anrechnungsfrei.“
- 6
-
Zum 1. Juli 2005 trat der Tarifvertrag zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München (Versorgungstarifvertrag) vom 5. Mai 2005 (im Folgenden: VersTV) in Kraft, der auszugsweise folgende Regelungen enthält:
-
„§ 1
Geltungsbereich
(1)
Die nachfolgenden Bestimmungen dieses Tarifvertrages gelten … für diejenigen Beschäftigten, für deren Versorgungszusagen am Tag vor Inkrafttreten (§ 41) - Stichtag - die Bestimmungen der ‚Örtlichen Tarifvereinbarung Nr. A 21 über die Eigenversorgung für die Beschäftigten der Landeshauptstadt München‘ in der zuletzt gültigen Fassung Anwendung finden.
…
§ 3
Ablösung der bisherigen Versorgungsregelungen
Dieser Tarifvertrag tritt an die Stelle der bis zum Stichtag anzuwendenden Regelungen der ‚Örtlichen Tarifvereinbarung Nr. A 21 über die Eigenversorgung für die Beschäftigten der Landeshauptstadt München‘ in der jeweils geltenden Fassung und löst diese ab. Die Versorgung richtet sich ausschließlich nach diesem Tarifvertrag, soweit nicht in den Übergangsregelungen dieses Tarifvertrages ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.
…
§ 11
Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente wegen Alters, vorgezogene Betriebsrente wegen Alters, Betriebsrente wegen Erwerbsminderung, Witwen-/Witwerbetriebsrente und Waisenbetriebsrente
(1)
Bemessungsgrundlage der Betriebsrente wegen Alters, der vorgezogenen Betriebsrente wegen Alters, der Betriebsrente wegen Erwerbsminderung, der Witwen-/Witwerbetriebsrente und Waisenbetriebsrente ist der der/dem Beschäftigten im Zeitpunkt des Versorgungsfalles zustehende Rentenfestbetrag (garantierte Rente).
(2)
Die garantierte Rente wird nach Maßgabe der Abs. 3 und 4 zum 31.12.2004 (Berechnungsstichtag) ermittelt und nach dem Berechnungsstichtag nach Maßgabe des Abs. 5 dynamisiert.
(3)
Die garantierte Rente zum Berechnungsstichtag ist die Rente, die sich für die Beschäftigte/den Beschäftigten zum Zeitpunkt der Vollendung ihres/seines 63. Lebensjahres (Referenzalter) nach dem am Berechnungsstichtag für ihre/seine Versorgungszusage einschließlich der für die an diesem Berechnungsstichtag maßgeblichen Rechengrößen geltenden Recht individuell ergeben würde. ...
Bei Beschäftigten, die am 31.12.2004 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhöht sich die garantierte Rente zum Berechnungsstichtag einmalig um eine Entwicklungszulage in Höhe von 50 €. Der Erhöhungsbetrag ist Bestandteil der garantierten Rente.
…
(5)
Die Höhe der zum Berechnungsstichtag ermittelten garantierten Rente wird der/dem Beschäftigten schriftlich mitgeteilt und vom Berechnungsstichtag bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 1. Juli jeden Jahres, erstmals zum 1. Juli 2006, um 1,9 v.H. ihres Betrages erhöht (Dynamisierung).
…
§ 41
Inkrafttreten
(1)
Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Juli 2005 in Kraft.“
- 7
-
Das versorgungsfähige Einkommen des Klägers iSd. § 11 TV A 21/1999 belief sich zum 31. Dezember 2004 auf 2.837,00 Euro. Die Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung würde unter Zugrundelegung der am 31. Dezember 2004 maßgebenden Verhältnisse bei Vollendung seines 63. Lebensjahres 1.769,03 Euro betragen.
- 8
-
Die Stadt München, die für die Beklagte die Berechnung der Betriebsrenten durchführt, teilte dem Kläger mit Schreiben vom 20. Januar 2006 mit, seine garantierte Rente zum Berechnungsstichtag 31. Dezember 2004 belaufe sich auf 720,79 Euro monatlich.
- 9
-
Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass seine garantierte Rente zum Berechnungsstichtag 31. Dezember 2004 1.093,70 Euro beträgt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Freibeträge bei der Sozialversicherungsrente nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 seien nicht nur bei der Anrechnung der gesetzlichen Rente auf das Ruhegeld nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999, sondern auch bei der Prüfung, ob die Höchstgrenze nach § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 überschritten ist, zu berücksichtigen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik der Regelungen. Ohne Berücksichtigung der Freibeträge sei die Höchstgrenze altersdiskriminierend.
- 10
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt
-
festzustellen, dass seine „garantierte Rente“ im Sinne von § 11 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München (Versorgungstarifvertrag) vom 5. Mai 2005 zum Berechnungsstichtag 31. Dezember 2004 1.093,70 Euro pro Monat beträgt.
- 11
-
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
- 12
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
- 13
-
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
- 14
-
I. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zulässig.
- 15
-
1. Der Klageantrag bedarf der Auslegung. Zwar ist der Antrag seinem Wortlaut nach auf die Feststellung der Höhe der garantierten Rente des Klägers iSd. § 11 Abs. 1 VersTV gerichtet. Aus dem Vorbringen des Klägers und der im Antrag enthaltenen Bezugnahme auf § 11 Abs. 1 VersTV ergibt sich jedoch, dass der Kläger mit der Klage die Höhe der ihm nach dem Versorgungstarifvertrag zustehenden Versorgungsleistungen klären lassen will. Der Antrag des Klägers ist daher auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten gerichtet, bei der Bemessung der im Versorgungsfall zu gewährenden Betriebsrente nach dem Versorgungstarifvertrag eine garantierte Rente des Klägers zum Berechnungsstichtag des 31. Dezember 2004 iHv. 1.093,70 Euro zugrunde zu legen.
- 16
-
2. Mit diesem Inhalt richtet sich der Antrag auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO.
- 17
-
Nach dieser Norm kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10 - Rn. 19 mwN). Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Bemessung der Betriebsrenten nach dem Versorgungstarifvertrag eine garantierte Rente iSd. § 11 Abs. 1 VersTV iHv. 1.093,70 Euro zugrunde zu legen. Der Antrag betrifft ein Rechtsverhältnis, nämlich den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten. Die garantierte Rente ist bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 11 Abs. 2 und Abs. 5 VersTV jährlich am 1. Juli, erstmals zum 1. Juli 2006, um 1,9 % zu erhöhen. Der sich danach im Zeitpunkt des Versorgungsfalls ergebende Betrag ist nach § 11 Abs. 1 VersTV Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente.
- 18
-
3. Da über die Höhe der garantierten Rente zwischen den Parteien Streit besteht, hat der Kläger auch ein Interesse an der begehrten Feststellung iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, ist unerheblich (vgl. etwa BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10 - Rn. 20).
- 19
-
II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Bemessung der im Versorgungsfall zu gewährenden Betriebsrente des Klägers nach dem Versorgungstarifvertrag eine garantierte Rente zum Berechnungsstichtag des 31. Dezember 2004 iHv. 1.093,70 Euro zugrunde zu legen. Die Beklagte hat die garantierte Rente iSd. § 11 Abs. 1 VersTV zum Berechnungsstichtag des 31. Dezember 2004 nach § 11 Abs. 3 VersTV zutreffend mit 720,79 Euro ermittelt.
- 20
-
1. Nach § 11 Abs. 1 VersTV ist Bemessungsgrundlage für die Betriebsrenten nach dem Versorgungstarifvertrag der dem Beschäftigten im Zeitpunkt des Versorgungsfalls zustehende Rentenfestbetrag, die sog. garantierte Rente. § 11 Abs. 2 und Abs. 5 VersTV sehen vor, dass die garantierte Rente nach Maßgabe von § 11 Abs. 3 und Abs. 4 zum Berechnungsstichtag 31. Dezember 2004 zu ermitteln und danach bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 1. Juli eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Juli 2006, um 1,9 % zu erhöhen ist. Die garantierte Rente zum Berechnungsstichtag ist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 VersTV die Rente, die sich für den Beschäftigten zum Zeitpunkt der Vollendung seines 63. Lebensjahres (Referenzalter) nach dem am Berechnungsstichtag für seine Versorgungszusage einschließlich der für die an diesem Berechnungsstichtag maßgeblichen Rechengrößen geltenden Recht individuell ergeben würde. Bei Beschäftigten, die am 31. Dezember 2004 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhöht sich nach § 11 Abs. 3 Satz 4 VersTV die garantierte Rente zum Berechnungsstichtag einmalig um eine Entwicklungszulage in Höhe von 50,00 Euro. Der Erhöhungsbetrag ist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 5 VersTV Bestandteil der garantierten Rente.
- 21
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Ausgangspunkt für die Berechnung der garantierten Rente iSd. § 11 Abs. 1 VersTV ist nach § 11 Abs. 3 Satz 1 VersTV damit zunächst das fiktive Ruhegeld, das sich unter Beachtung von Veränderungssperre und Festschreibeeffekt entsprechend § 2 Abs. 5 BetrAVG für den Kläger auf der Grundlage der zum 31. Dezember 2004 geltenden Bestimmungen des TV A 21/1999 zum Zeitpunkt der Vollendung seines 63. Lebensjahres ergeben würde. Dementsprechend ist die Höhe des fiktiven Ruhegeldes wie folgt zu ermitteln:
- 22
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a) Zunächst ist gemäß § 17 TV A 21/1999 der Ruhegeldsatz zu berechnen, den der Kläger zum Zeitpunkt der Vollendung seines 63. Lebensjahres unter Berücksichtigung der bis dahin zurückgelegten Dienstjahre erreichen würde. Nach § 17 TV A 21/1999 beträgt das Ruhegeld nach zehn Dienstjahren 50 %; mit dem Beginn jedes weiteren Dienstjahres erhöht sich der Ruhegeldsatz um je 1,25 % bis auf höchstens 75 % des versorgungsfähigen Einkommens. Soweit für die Höhe des Ruhegeldes nach § 17 TV A 21/1999 das versorgungsfähige Einkommen des Klägers zugrunde zu legen ist, bestimmt sich dieses nach den am 31. Dezember 2004 maßgeblichen Verhältnissen. Etwaige spätere Steigerungen seines Einkommens sind nach § 11 Abs. 3 Satz 1 VersTV unerheblich.
- 23
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b) Auf das so ermittelte Ruhegeld ist nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 iVm. § 11 Abs. 3 Satz 1 VersTV diejenige Sozialversicherungsrente anzurechnen, die sich für den Kläger zum Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahres ergeben würde, wobei nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 ein Anteil von jeweils 0,04 % für jeden im städtischen Dienst zurückgelegten Beitragsmonat in der gesetzlichen Rentenversicherung anrechnungsfrei bleibt. Die sich für den Kläger zum Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahres ergebende - fiktive - Sozialversicherungsrente ist somit für jeden bis zu diesem Zeitpunkt im städtischen Dienst verbrachten Beitragsmonat in der gesetzlichen Rentenversicherung um 0,04 % zu mindern. Der verbleibende Betrag ist nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 auf das nach § 17 TV A 21/1999 ermittelte Ruhegeld „anzurechnen“, dh. in Abzug zu bringen. Der sich danach ergebende Betrag ist das zum Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahres zustehende - fiktive - Ruhegeld.
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c) Dieses Ruhegeld darf die nach § 20 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a oder b TV A 21/1999 maßgebliche Höchstgrenze (Gesamtversorgungsobergrenze) nicht überschreiten. Ist dies der Fall, ist das Ruhegeld entsprechend zu kürzen. Für die Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze überschritten ist, sind das nach der Anrechnung gemäß § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 auf den Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahres ermittelte - fiktive - Ruhegeld sowie die auf diesen Zeitpunkt hochgerechnete Sozialversicherungsrente zusammenzurechnen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist hierbei die Sozialversicherungsrente nicht um den anrechnungsfreien Anteil nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 zu kürzen, sondern vollständig zu berücksichtigen. Dies ergibt die Auslegung der tariflichen Bestimmungen.
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aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa BAG 26. März 2013 - 3 AZR 68/11 - Rn. 25 mwN).
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bb) Danach ist im Rahmen der Prüfung, ob die Höchstgrenze nach § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 überschritten ist, die Sozialversicherungsrente in vollem Umfang und nicht gekürzt um den nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 anrechnungsfreien Anteil zu berücksichtigen.
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(1) Der Wortlaut der Tarifnorm ist allerdings nicht eindeutig.
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Nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 bleibt ein Anteil von 0,04 % der Sozialversicherungsrente für jeden im städtischen Dienst verbrachten Beitragsmonat „von der Rentenanrechnung frei“. Diese Formulierung könnte darauf hindeuten, dass die Regelung in § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungobergrenze überschritten ist, nicht zur Anwendung gelangen soll. Eine „Anrechnung“ von Renten sieht lediglich § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 vor. § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 schreibt demgegenüber keine Anrechnung vor, sondern legt Gesamtversorgungsobergrenzen fest. Für deren Einhaltung sind das nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 ermittelte Ruhegeld und „die Renten“ zusammenzurechnen.
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Allerdings ist die gesamte Bestimmung des § 20 TV A 21/1999 mit „Anrechnung von Rentenversicherungsleistungen“ überschrieben. Typischerweise geben Überschriften den Inhalt und Zweck einer Vorschrift schlagwortartig wieder. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Regelung über den anrechnungsfreien Teil der Sozialversicherungsrente in § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 im Rahmen aller in § 20 Nr. 1 TV A 21/1999 vorgesehenen Rechenschritte und damit auch bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze überschritten wird, zu berücksichtigen sein soll. Die Bestimmungen in § 23 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 TV A 21/1999 zeigen zudem, dass die Tarifvertragsparteien in ihrer Begrifflichkeit nicht konsequent zwischen der „Anrechnung“ einer Leistung auf das nach § 17 TV A 21/1999 ermittelte Ruhegeld und der „Zusammenrechnung“ des ermittelten Ruhegeldes mit sonstigen Leistungen zur Prüfung der Einhaltung von Höchstgrenzen unterschieden haben.
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(2) Der tarifliche Gesamtzusammenhang führt ebenfalls nicht zu einem zweifelsfreien Auslegungsergebnis.
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(a) § 21 TV A 21/1999 steht als eigenständige Vorschrift hinter § 20 TV A 21/1999. Dies könnte den Schluss darauf zulassen, dass sein gesamter Regelungsinhalt bei den einzelnen in § 20 Nr. 1 TV A 21/1999 bestimmten Schritten zur Berechnung des Ruhegeldes Anwendung finden soll. Dafür könnten auch die bereits vor der Einfügung von § 21 Nr. 1 Satz 1 zum 1. Juni 1999 im TV A 21 enthaltenen Regelungen in § 21 Nr. 1 Satz 2 und Satz 3 TV A 21/1999 sprechen. Die Regelungen in § 21 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999, wonach bei der Anrechnung von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen der Anteil freibleibt, der aus einer Höherversicherung oder der Leistung freiwilliger Beiträge stammt, und in § 21 Nr. 1 Satz 3 TV A 21/1999, wonach dies bei der Inanspruchnahme von Altersteilzeit nicht für den Rentenanteil gilt, der durch die von der Landeshauptstadt München geleisteten Aufstockungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung begründet wurde, knüpfen ebenfalls an den Begriff der „Anrechnung“ an, beziehen sich jedoch - in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 2 BetrAVG - erkennbar auch auf die Prüfung der Gesamtversorgungsobergrenzen nach § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG dürfen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Versorgungsbezüge, soweit diese auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, nicht gekürzt werden. Dies gilt nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG nicht für Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen. Die Vorgaben des § 5 Abs. 2 BetrAVG gelten nicht nur für die „Anrechnung“ der gesetzlichen Rente auf die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, sondern auch für die Berücksichtigung der gesetzlichen Rente bei der Begrenzung der Gesamtversorgung auf einen Höchstbetrag(vgl. § 5 Abs. 1 BetrAVG). Zwar kann nach § 17 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG in Tarifverträgen von § 5 BetrAVG abgewichen werden; angesichts der Systematik sowie der Überschrift von § 20 TV A 21/1999 bestehen jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifparteien damit teilweise vom Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 BetrAVG abweichen und die gesetzlichen Renten im Rahmen der Gesamtversorgungsobergrenze in einem weitergehenden Umfang berücksichtigen wollten.
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Daraus lässt sich allerdings nicht ableiten, dass die Tarifvertragsparteien auch die Bestimmung über die Freilassung von Rententeilen in § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 auf alle Rechenschritte zur Ermittlung der Höhe des Ruhegeldes nach § 20 Nr. 1 TV A 21/1999 beziehen wollten. Denn im Gegensatz zu § 21 Nr. 1 Satz 2 und Satz 3 TV A 21/1999 weichen die Tarifparteien mit der Freilassung von Rententeilen in Satz 1 der Bestimmung gerade von dem gesetzlichen Leitbild des § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG ab, nach dem die Sozialversicherungsrente, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruht, vollumfänglich angerechnet und im Rahmen einer Gesamtversorgungsobergrenze berücksichtigt werden kann.
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(b) Auch § 21 Nr. 1 Satz 4 und Satz 5 TV A 21/1999 lassen keinen eindeutigen Schluss auf die Reichweite von Satz 1 der Norm zu.
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Nach § 21 Nr. 1 Satz 4 TV A 21/1999 bleiben Rentenerhöhungen und Rentenminderungen, die auf § 1587b BGB(Versorgungsausgleich bei Ehescheidung) beruhen, unberücksichtigt. Die Bestimmung war bereits im TV A 21 in der Fassung vom 1. Juli 1985 enthalten. Sie ist ersichtlich an den für die Beamtenversorgung maßgeblichen § 55 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG in der - damals geltenden - Fassung vom 25. Juli 1984 (aF) angelehnt. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BeamtVG aF werden Versorgungsbezüge neben Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen oder aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes nur bis zum Erreichen einer in § 55 Abs. 2 BeamtVG bestimmten Höchstgrenze gezahlt; Renten, Rentenerhöhungen und Rentenminderungen, die auf § 1587b des Bürgerlichen Gesetzbuches beruhen, bleiben dabei unberücksichtigt. Sowohl die Anlehnung an § 55 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG aF, als auch die Wortwahl(„bleiben unberücksichtigt“) und die systematische Stellung der Tarifnorm zeigen, dass § 21 Nr. 1 Satz 4 TV A 21/1999 nicht nur bei der Anrechnung nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999, sondern auch bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze eingehalten wird, zur Anwendung gelangen soll. Gleiches gilt für § 21 Nr. 1 Satz 5 TV A 21/1999. Auch hier haben die Tarifparteien durch Wortwahl und Systematik zum Ausdruck gebracht, dass Rentenminderungen wegen vorgezogener Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente, wegen Inanspruchnahme einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres und wegen Überschreitens von Hinzuverdienstgrenzen bei allen Schritten zur Berechnung des Ruhegeldes nach § 20 Nr. 1 TV A 21/1999 außer Betracht bleiben sollen. Allerdings könnte gerade die unterschiedliche Wortwahl in diesen beiden Bestimmungen („bleiben unberücksichtigt“) und in § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 dafür sprechen, dass sich die Anrechnungsfreiheit der Sozialversicherungsrente für die im städtischen Dienst zurückgelegten Beitragsmonate nur auf die Ermittlung des Ruhegeldes nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 und nicht auch auf die Prüfung der Überschreitung der Gesamtversorgungsobergrenze nach § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 beziehen sollte.
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(c) Auf das Gegenteil deuten allerdings die Formulierungen in § 21 Nr. 2 TV A 21/1999 hin. Danach erfolgt die Anrechnung von Renten aus der Rentenversicherung so lange schätzungsweise, wie Versorgungsempfänger die zur Erlangung der Rente notwendigen Schritte trotz Aufforderung unterlassen haben oder Rentenbescheide nicht vorlegen; ist aufgrund einer früheren Tätigkeit in einem anderen Staat eine ausländische Rente zu erwarten, erfolgt ebenfalls eine fiktive Anrechnung, solange der Bescheid des ausländischen Versicherungsträgers nicht vorliegt oder nachgewiesen wird, dass diese Rente erst zu einem späterem Zeitpunkt beginnt. § 21 Nr. 2 TV A 21/1999 soll sicherstellen, dass eine Berechnung des Ruhegeldes auch dann vorgenommen werden kann, wenn und solange die für die Berechnung des Ruhegeldes erforderlichen Unterlagen der Rentenversicherungsträger noch nicht vorliegen. Diese Zielrichtung greift gleichermaßen bei der Anrechnung der zu schätzenden Rente auf das Ruhegeld wie bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze überschritten ist. Sowohl Systematik als auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen daher dafür, dass diese Bestimmungen trotz ihrer sprachlichen Fassung nicht nur bei der Rentenanrechnung nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999, sondern auch bei der Prüfung der Gesamtversorgungsobergrenze nach § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 zur Anwendung gelangen.
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(3) Aus dem auch aus der Entstehungsgeschichte folgenden Sinn und Zweck der Regelung in § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 ergibt sich jedoch, dass die Bestimmung nur für die Anrechnung der Renten nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 gilt, nicht hingegen für die Berücksichtigung der gesetzlichen Renten bei der Ermittlung der Gesamtversorgungsobergrenze nach § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999.
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Grund für die Änderung des § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21 idF vom 1. Januar 1998 und für die Einfügung von § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 war erkennbar der Umstand, dass die durch den TV C 74 zum 1. Januar 1998 eingeführte Vollanrechnung der während der Beschäftigungszeit bei der Stadt München erworbenen gesetzlichen Renten zur Folge hatte, dass Arbeitnehmer, die eine verhältnismäßig lange Zeit ihres Berufslebens in städtischen Diensten verbracht hatten, eine prozentual höhere Anrechnung hinnehmen mussten als solche mit kürzeren Beschäftigungszeiten bei der Stadt München (vgl. dazu bereits BAG 13. Dezember 2005 - 3 AZR 478/04 - Rn. 24). Mit der durch den TV C 79 zum 1. Juni 1999 eingefügten Anrechnungsregelung in § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21 sollten diese langjährig Beschäftigten einen Ausgleich erhalten. Gleichzeitig wurde, um das Tarifziel einer weitestgehenden Kostenneutralität zu wahren, die Höhe des Ruhegeldes bei Mitarbeitern mit geringerer städtischer Dienstzeit abgesenkt, indem in § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 die vollständige Anrechnung der auch bei anderen Arbeitgebern erworbenen Sozialversicherungsrente auf das Ruhegeld angeordnet wurde(vgl. dazu bereits BAG 13. Dezember 2005 - 3 AZR 478/04 - Rn. 24). Mit der Regelung in § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 sollte demnach die Betriebstreue der langjährig Beschäftigten dadurch belohnt werden, dass ihr nach § 17 TV A 21/1999 erdientes Ruhegeld durch die während der Beschäftigungszeit bei der Stadt erworbene Sozialversicherungsrente nur geringer gekürzt wird, indem ein bestimmter Teil der bei der Stadt erworbenen Sozialversicherungsrente von der Anrechnung nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 auf das nach § 17 TV A 21/1999 ermittelte Ruhegeld ausgenommen wird. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung der anrechnungsfreien Anteile der Sozialversicherungsrente auch im Rahmen der Höchstgrenzen in § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 hätte demgegenüber dazu geführt, dass für diese Arbeitnehmer das durch die Gesamtversorgungsobergrenzen festgelegte Versorgungsniveau angehoben worden wäre. Dies war von den Tarifvertragsparteien ersichtlich nicht beabsichtigt. Ein derartiges Regelungsziel hätte der erst kurze Zeit zuvor zum 1. Januar 1998 vereinbarten Reduzierung der Gesamtversorgungsobergrenzen für alle Beschäftigten in § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21 widersprochen.
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(4) Diese Auslegung führt auch zu einer vernünftigen, sachgerechten und zweckorientierten Regelung. Der TV A 21/1999 sieht eine Gesamtversorgung vor. Eine solche Versorgung zielt darauf ab, den vom Arbeitnehmer im aktiven Arbeitsleben erreichten Lebensstandard in einem bestimmten Umfang auch im Ruhestand zu erhalten. Mit Hilfe von Gesamtversorgungsobergrenzen wird dabei der Umfang der Versorgung festgelegt, die den Betriebsrentnern letztlich verbleiben soll, um ihren Lebensunterhalt nach Eintritt des Versorgungsfalls zu bestreiten (vgl. etwa BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 556/09 - Rn. 25). Der durch die Gesamtversorgungsobergrenze erfolgten Festlegung des maximalen Versorgungsniveaus für alle Beschäftigten widerspräche es, wenn bei der Prüfung, ob die Gesamtversorgungsobergrenze eingehalten ist, die anrechnungsfreien Anteile der Sozialversicherungsrente nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 unberücksichtigt blieben. Dies hätte zur Folge, dass die in § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 für alle Beschäftigten nach der Dauer ihrer versorgungsfähigen Dienstzeit einheitlich festgelegten Gesamtversorgungsobergrenzen je nach Höhe der anrechnungsfreien Anteile der gesetzlichen Rente überschritten werden und damit keine einheitlichen, das höchstmögliche Versorgungsniveau aller Betriebsrentner bestimmenden Grenzen mehr gelten würden.
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d) Entgegen der Ansicht des Klägers bewirkt die vollständige Berücksichtigung der auf Beschäftigungszeiten bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin beruhenden Sozialversicherungsrente im Rahmen der Gesamtversorgungsobergrenze nach § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 weder eine unmittelbare Diskriminierung noch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSd. § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG.
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aa) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
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bb) Da die in § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 vorgesehene Begrenzung der mit dem Ruhegeld und der Sozialversicherungsrente erzielten Gesamtversorgung auf einen bestimmten Höchstsatz des versorgungsfähigen Einkommens nicht an das Lebensalter anknüpft, scheidet eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters aus.
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cc) Es kann dahinstehen, ob Personen eines bestimmten Alters von der dem Anschein nach neutralen Berechnungsregel des § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 in besonderer Weise benachteiligt werden können. Selbst wenn hiervon zugunsten des Klägers auszugehen sein sollte, läge keine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters vor. Die Regelung ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich. Dies schließt den Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung nach § 3 Abs. 2 AGG aus.
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(1) § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt.
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(a) Durch die Festlegung von Gesamtversorgungsobergrenzen soll das Risiko des Arbeitgebers begrenzt werden, um die von ihm zu erbringenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung überschaubar und kalkulierbar zu halten. Dabei handelt es sich zwar nicht um ein Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung iSd. Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden: Rahmenrichtlinie), die durch das AGG in das nationale Recht umgesetzt wurde. Das rechtmäßige Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, muss jedoch kein legitimes Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie sein, sondern schließt auch andere von der Rechtsordnung anerkannte Gründe für die Verwendung des neutralen Kriteriums ein. Die differenzierende Maßnahme muss allerdings zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels geeignet und erforderlich sein und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte der Beteiligten darstellen. In einem solchen Fall fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Benachteiligung (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 59, Slg. 2009, I-1569; BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 36; 11. Dezember 2012 - 3 AZR 634/10 - Rn. 21).
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(b) Die Begrenzung des Risikos des Arbeitgebers, um die von ihm zu erbringenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung überschaubar und kalkulierbar zu halten, stellt ein rechtmäßiges Ziel iSd. § 3 Abs. 2 AGG dar. Der Arbeitgeber entscheidet bei einer von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung frei über deren Einführung. Entschließt er sich hierzu, so ist er auch frei in der Entscheidung, für welche der in § 1 Abs. 1 BetrAVG genannten Versorgungsfälle er Leistungen zusagt und wie hoch er die entsprechende Leistung dotiert(BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 634/10 - Rn. 22; 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 74, BAGE 134, 89).
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(2) Das von der Versorgungsordnung eingesetzte Mittel, die mit Ruhegeld und Sozialversicherungsrente erzielte Gesamtversorgung auf einen bestimmten Höchstsatz des versorgungsfähigen Einkommens zu begrenzen, ist angemessen. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 5 BetrAVG die Festsetzung von Gesamtversorgungsobergrenzen ausdrücklich als ein Mittel zur Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung anerkannt. Die durch § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 ggf. erfolgende Kürzung des Ruhegeldes beeinträchtigt die Interessen der betroffenen Beschäftigten nur unwesentlich. Die Vorschrift legt lediglich Höchstgrenzen fest. Diese greifen erst dann, wenn der von den Tarifvertragsparteien beabsichtigte Umfang der Gesamtversorgung, der den Betriebsrentnern zur Verfügung stehen soll, um ihren Lebensunterhalt nach Eintritt des Versorgungsfalls zu bestreiten, überschritten wird.
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(3) Die Regelung in § 20 Nr. 1 Satz 2 TV A 21/1999 ist auch erforderlich, weil nur durch die Begrenzung der mit Ruhegeld und Sozialversicherungsrente erzielten Gesamtversorgung auf eine bestimmte Obergrenze des versorgungsfähigen Einkommens die vom Arbeitgeber höchstens zu erbringenden Versorgungsleistungen hinreichend sicher kalkulierbar sind.
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2. Danach beträgt die garantierte Rente des Klägers zum Berechnungsstichtag 31. Dezember 2004 720,79 Euro.
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Bei einem versorgungsfähigen Einkommen des Klägers iSd. § 11 TV A 21/1999 iHv. 2.837,00 Euro und einer bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres erreichbaren versorgungsfähigen Dienstzeit des Klägers - gerechnet nach § 13 Nr. 1 TV A 21/1999 ab dem 21. Lebensjahr - von 42 Jahren (28. Januar 1976 bis 28. Januar 2018), errechnet sich bei einem Ruhegeldsatz iHv. 75 % ein Ruhegeld nach § 17 TV A 21/1999 iHv. 2.127,75 Euro. Hierauf ist nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 die um die anrechnungsfreien Anteile nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 gekürzte fiktive Sozialversicherungsrente des Klägers in Abzug zu bringen. Die auf die Vollendung des 63. Lebensjahres hochgerechnete Sozialversicherungsrente des Klägers beläuft sich unstreitig auf 1.769,03 Euro. Nach § 21 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 bleibt hiervon ein Anteil von jeweils 0,04 % für jeden „im städtischen Dienst“ zurückgelegten Beitragsmonat in der gesetzlichen Rentenversicherung von der Rentenanrechnung frei. Da die Bestimmung die Betriebstreue der Arbeitnehmer honorieren soll, sind nicht nur die Beschäftigungszeiten des Klägers bei der Stadt München, sondern auch die Beschäftigungszeiten bei der Beklagten zu berücksichtigen. Die möglichen Beitragsmonate des Klägers bis zur Vollendung seines 63. Lebensjahres (vom 1. März 1974 bis zum 31. Januar 2018) betragen somit insgesamt 527 Monate. Dementsprechend ist die fiktive Sozialversicherungsrente des Klägers um 21,08 % (= 527 x 0,04 %), dh. um 372,91 Euro zu mindern, so dass sich eine auf das Ruhegeld anrechenbare Sozialversicherungsrente iHv. 1.396,12 Euro ergibt (1.769,03 - 372,91 Euro). Damit beläuft sich das - fiktive - Ruhegeld des Klägers nach § 20 Nr. 1 Satz 1 TV A 21/1999 auf 731,63 Euro(2.127,75 - 1.396,12 Euro).
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Dieser Betrag übersteigt allerdings zusammen mit der fiktiven Sozialversicherungsrente iHv. 1.769,03 Euro die für den Kläger nach § 20 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b TV A 21/1999 geltende Höchstgrenze von 86 % seines versorgungsfähigen Einkommens, dh. 2.439,82 Euro (86 % von 2.837,00 Euro), um 60,84 Euro (731,63 Euro + 1.769,03 Euro = 2.500,66 Euro). Um diesen Betrag ist deshalb das Ruhegeld des Klägers zu kürzen, so dass sich eine garantierte Rente zum Berechnungsstichtag 31. Dezember 2004 iHv. 670,79 Euro ergibt. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, ist dieser Betrag nach § 11 Abs. 3 Satz 4 VersTV um eine Entwicklungszulage iHv. 50,00 Euro zu erhöhen. Damit beträgt die garantierte Rente des Klägers zum Berechnungsstichtag 31. Dezember 2004 720,79 Euro.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gräfl
Spinner
Ahrendt
Blömeke
H. Frehse
(1) Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigentum an der neuen Sache, sofern nicht der Wert der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes. Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Gravieren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche.
(2) Mit dem Erwerb des Eigentums an der neuen Sache erlöschen die an dem Stoffe bestehenden Rechte.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 5.006,42.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)