Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 08. Jan. 2015 - 11 Ta 405/14

ECLI:ECLI:DE:LAGK:2015:0108.11TA405.14.00
bei uns veröffentlicht am08.01.2015

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.11.2014 aufgehoben.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Zivilprozessordnung - ZPO | § 569 Frist und Form


(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts ande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 260 Anspruchshäufung


Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 252 Rechtsmittel bei Aussetzung


Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 9 Allgemeine Verfahrensvorschriften und Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren


(1) Das Verfahren ist in allen Rechtszügen zu beschleunigen. (2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, über die Gerichtssprache, über die W

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 16. Apr. 2014 - 10 AZB 6/14

bei uns veröffentlicht am 16.04.2014

Tenor 1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Januar 2014 - 4 Ta 248/13 (9) - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Aug. 2010 - 8 AZR 315/09

bei uns veröffentlicht am 19.08.2010

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 2009 - 9 Sa 1695/07 - aufgehoben.

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Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Das Verfahren ist in allen Rechtszügen zu beschleunigen.

(2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, über die Gerichtssprache, über die Wahrnehmung richterlicher Geschäfte durch Referendare und über Beratung und Abstimmung gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landesarbeitsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesarbeitsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Arbeitsgerichtsgesetz tritt.

(3) Die Vorschriften über die Wahrnehmung der Geschäfte bei den ordentlichen Gerichten durch Rechtspfleger gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Als Rechtspfleger können nur Beamte bestellt werden, die die Rechtspflegerprüfung oder die Prüfung für den gehobenen Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden haben.

(4) Zeugen und Sachverständige erhalten eine Entschädigung oder Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.

(5) Alle mit einem befristeten Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen enthalten die Belehrung über das Rechtsmittel. Soweit ein Rechtsmittel nicht gegeben ist, ist eine entsprechende Belehrung zu erteilen. Die Frist für ein Rechtsmittel beginnt nur, wenn die Partei oder der Beteiligte über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsmittels nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsmittel nicht gegeben sei; § 234 Abs. 1, 2 und § 236 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gelten für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Das Verfahren ist in allen Rechtszügen zu beschleunigen.

(2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, über die Gerichtssprache, über die Wahrnehmung richterlicher Geschäfte durch Referendare und über Beratung und Abstimmung gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landesarbeitsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesarbeitsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Arbeitsgerichtsgesetz tritt.

(3) Die Vorschriften über die Wahrnehmung der Geschäfte bei den ordentlichen Gerichten durch Rechtspfleger gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Als Rechtspfleger können nur Beamte bestellt werden, die die Rechtspflegerprüfung oder die Prüfung für den gehobenen Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden haben.

(4) Zeugen und Sachverständige erhalten eine Entschädigung oder Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.

(5) Alle mit einem befristeten Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen enthalten die Belehrung über das Rechtsmittel. Soweit ein Rechtsmittel nicht gegeben ist, ist eine entsprechende Belehrung zu erteilen. Die Frist für ein Rechtsmittel beginnt nur, wenn die Partei oder der Beteiligte über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsmittels nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsmittel nicht gegeben sei; § 234 Abs. 1, 2 und § 236 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gelten für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Januar 2014 - 4 Ta 248/13 (9) - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 8.137,02 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über Annahmeverzugsansprüche der Klägerin für die Monate Juni 2012 bis Mai 2013 in Höhe von 60.000,00 Euro brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 19.314,90 Euro.

2

Die Beklagte hatte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche verhaltensbedingte Kündigung vom 23. April 2012 zum 31. Mai 2012 gekündigt. Mit Urteil vom 5. Dezember 2012 hat das Arbeitsgericht Dresden der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die von der Beklagten eingelegte Berufung ist durch das Sächsische Landesarbeitsgericht durch Beschluss vom 5. April 2013 (- 6 Sa 13/13 -) ohne Zulassung der Revisionsbeschwerde als unzulässig verworfen worden. Die hiergegen erhobene Anhörungsrüge wies das Sächsische Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 11. Juni 2013 (- 6 Sa 265/13 -) zurück. Die Beklagte erhob daraufhin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts und die Beschlüsse des Sächsischen Landesarbeitsgerichts beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde (- 1 BvR 1954/13 -), über die noch nicht entschieden ist.

3

Mit Beschluss vom 27. September 2013 hat das Arbeitsgericht Dresden den Rechtsstreit auf Antrag der Beklagten gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde ausgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Sächsische Landesarbeitsgericht durch Beschluss vom 29. Januar 2014 diese Entscheidung aufgehoben und den Aussetzungsantrag zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

4

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht nimmt im Ergebnis zutreffend an, dass eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf die erhobene Verfassungsbeschwerde nicht in Betracht kommt.

5

1. Nach § 148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen ist. Das Gesetz stellt die Aussetzung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts. Eine Aussetzung muss nur dann erfolgen, wenn sich das Ermessen des Gerichts auf null reduziert hat (BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 245/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 106, 293). Gegenüber dem vorrangigen Zweck einer Aussetzung - einander widersprechende Entscheidungen zu verhindern - sind insbesondere die Nachteile einer langen Verfahrensdauer und die dabei entstehenden Folgen für die Parteien abzuwägen (BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 245/02 - zu B II 2 c der Gründe, aaO). Dabei ist der Beschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 ArbGG ebenso zu berücksichtigen wie die Vorschriften zum Schutz vor überlanger Verfahrensdauer(§ 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, § 198 ff. GVG).

6

2. Es kann dahinstehen, ob die Auffassung des Landesarbeitsgerichts zutrifft, wonach es wegen der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts Dresden über die Kündigung bereits an einem vorgreiflichen Rechtsverhältnis, das Gegenstand eines anhängigen Rechtsstreits ist, fehlt.

7

a) Das Landesarbeitsgericht nimmt insoweit zutreffend an, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts Dresden nach Verwerfung der Berufung der Beklagten als unzulässig (§ 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 522 Abs. 1 ZPO) und (spätestens) nach der Entscheidung über deren Anhörungsrüge (§ 78a ArbGG) rechtskräftig geworden ist. Hieran ändert die erhobene Verfassungsbeschwerde nichts. Bei ihr handelt es sich um einen außerordentlichen Rechtsbehelf, der die Rechtskraft des angegriffenen Urteils nicht hemmt und die Pflicht des Unterlegenen, das Urteil zu befolgen, nicht beseitigt (BVerfG 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - zu C III 2 a aa der Gründe, BVerfGE 107, 395; 18. Januar 1996 - 1 BvR 2116/94 - zu B der Gründe, BVerfGE 93, 381). Damit steht (zunächst) rechtskräftig fest, dass die Kündigung vom 23. April 2012 unwirksam war.

8

b) Kommt allerdings das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der erhobenen Verfassungsbeschwerde zu dem Ergebnis, dass das Recht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt wurde und hebt es die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG auf, stünde die Wirksamkeit der Kündigung erneut im Streit. Deshalb spricht manches dafür, dass trotz des anderen Streitgegenstandes der Verfassungsbeschwerde (vgl. dazu Zuck Das Recht der Verfassungsbeschwerde 4. Aufl. Rn. 19) die Annahme des Bestehens eines vorgreiflichen Rechtsstreits und eine entsprechende Anwendung des § 148 ZPO im Einzelfall nicht ausgeschlossen sind(vgl. zu dieser Möglichkeit: BVerfG 11. Januar 2000 - 1 BvR 1392/99 - zu II 2 der Gründe; BAG 28. Januar 1988 - 2 AZR 296/87 - zu II 3 a der Gründe; BGH 17. Juli 2013 - IV ZR 150/12 - [jeweils zu anhängigen Verfassungsbeschwerden über ein entscheidungserhebliches Gesetz]; BAG 27. Januar 1998 - 3 AZR 430/96 - zu A der Gründe [zu Verfassungsbeschwerden gegen Entscheidungen in Parallelfällen]).

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3. Unabhängig hiervon ist die angegriffene Entscheidung nicht zu beanstanden. Das Arbeitsgericht durfte den Rechtsstreit über die von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsansprüche (§ 615 BGB) nicht aussetzen. Auch unter Berücksichtigung der - was die Ermessensausübung angeht - eingeschränkten Überprüfungskompetenz im Beschwerderechtszug (vgl. dazu BAG 26. Oktober 2009 - 3 AZB 24/09 - Rn. 7 ff.; BGH 12. Dezember 2005 - II ZB 30/04 - Rn. 6) hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts einer Überprüfung nicht stand. Es hat die Grenzen seines Ermessens deutlich überschritten und wesentliche Aspekte verkannt.

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a) Die Vorgreiflichkeit eines Rechtsstreits ist kein Ermessenskriterium, sondern eine Voraussetzung des § 148 ZPO, die erfüllt sein muss, damit das Ermessen des Gerichts überhaupt eröffnet ist(BVerfG 22. September 2008  - 1 BvR 1707/08 - Rn. 19, BVerfGK 14, 270).

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b) Führen Parteien einen Rechtsstreit über Entgeltansprüche, die von der Wirksamkeit einer Kündigung abhängen, über die bereits eine (nicht rechtskräftige) Entscheidung zugunsten des Arbeitnehmers vorliegt, kommt eine Aussetzung dieses Rechtsstreits regelmäßig nicht in Betracht. Dem steht der Umstand entgegen, dass der Arbeitnehmer typischerweise auf seine Vergütung angewiesen ist und sich nicht auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen verweisen lassen muss, wenn ein Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber besteht. Der arbeitsrechtliche Beschleunigungsgrundsatz (§ 9 Abs. 1 ArbGG) verbietet in solchen Fällen regelmäßig, eine Aussetzung vorzunehmen (vgl. zB LAG Köln 19. Juni 2006 - 3 Ta 60/06 -; LAG Schleswig-Holstein 24. November 2006 - 2 Ta 268/06 -; Hessisches LAG 3. Juli 2002 - 12 Ta 213/02 -; Thüringer LAG 27. Juni 2001 - 6/9 Ta 160/00 -; Düwell/Lipke/Kloppenburg ArbGG 3. Aufl. § 55 Rn. 25; GK-ArbGG/Schütz Stand Dezember 2013 § 55 Rn. 48; GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 55 Rn. 29; Schwab/Weth/Korinth ArbGG 3. Aufl. § 55 Rn. 43; vgl. auch BVerfG 22. September 2008 - 1 BvR 1707/08 - Rn. 20, BVerfGK 14, 270). Für eine ermessensfehlerfreie Aussetzungsentscheidung müssen in einem solchen Fall besondere Gründe des Einzelfalls vorliegen, die das schützenswerte Interesse des Arbeitnehmers an einer auch vorläufigen Existenzsicherung ausnahmsweise überwiegen (LAG Köln 14. Dezember 1992 - 11 Ta 234/92 -). Der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit, nämlich den Rechtsstreit über die Vergütung ggf. deutlich zu vereinfachen, kann dabei keine Rolle spielen. Diese Erwägungen gelten erst recht, wenn das zunächst vorgreifliche Verfahren über die Wirksamkeit einer Kündigung rechtskräftig abgeschlossen und lediglich ein außerordentlicher Rechtsbehelf eingelegt ist. Solche besonderen Gründe hat das Arbeitsgericht weder erwogen noch hat die Beklagte diese vorgetragen. Sie hat sich vielmehr ausschließlich auf die Vorgreiflichkeit ihrer Verfassungsbeschwerde berufen. Allein die Gefahr widersprechender Entscheidungen bei einem Erfolg der Verfassungsbeschwerde und einem Erfolg der Beklagten im dann fortzusetzenden Kündigungsschutzprozess führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Arbeitgeberin bleibt auch im Fall einer Ablehnung der Aussetzung nicht schutzlos. Sollte es nach einem Erfolg ihrer Verfassungsbeschwerde im Ergebnis zur Abweisung der Kündigungsschutzklage kommen, stünde ihr, falls der Vergütungsklage rechtskräftig stattgegeben worden ist, die Restitutionsklage nach § 580 Nr. 6 ZPO zur Verfügung(vgl. BAG 7. November 2002 - 2 AZR 297/01 - zu B I 6 der Gründe, BAGE 103, 290; vgl. auch BGH 23. November 2006 - IX ZR 141/04 - zu I 2 b der Gründe). Ob in Fällen, in denen erkennbar eine Überschreitung der 5-Jahres-Frist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO droht, etwas anderes gilt, kann dahinstehen. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.

12

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 2009 - 9 Sa 1695/07 - aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15. August 2007 - 3 Ca 360/07 - wird auch im Übrigen zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die darauf beruhen, dass dem Kläger 2006 eine bestimmte Aufgabe übertragen worden ist.

2

Der Kläger ist Architekt und seit Januar 1995 als technischer Sachverständiger im Bauordnungsamt der Beklagten beschäftigt.

3

Seit 1997 befindet er sich in psychologischer Behandlung und wurde mehrfach stationär behandelt. Wegen einer psychischen Erkrankung wurde der Kläger mit Bescheid vom November 2004 als schwerbehinderter Mensch anerkannt.

4

Einen ihm im Jahr 1995 von seinem damaligen Vorgesetzten versprochenen Stellplatz für seinen Pkw erhielt der Kläger nicht. Nachdem ihm Anfang 1998 schriftlich mitgeteilt worden war, er solle sich nun einen Stellplatz mit einem Kollegen teilen, nutzte der Kläger ab Mitte 1998 seinen Pkw nicht mehr für die Wahrnehmung von Außendienstterminen. Daraufhin teilte der Amtsleiter dem Personalamt mit, der Kläger sei nunmehr im Bauordnungsamt nicht länger tragbar. Nachdem das Personalamt den Amtsleiter darauf hingewiesen hatte, dass der Kläger nicht verpflichtet sei, sein eigenes Kfz für Dienstfahrten einzusetzen, wurde ihm die Fahrbereitschaft für den Außendienst zur Verfügung gestellt.

5

Ab 1999 war der Kläger für einen Bezirk zuständig, in dem erheblich mehr Fallzahlen anfielen, als in den übrigen Bezirken.

6

Anfang Mai 2001 führte er ein Beratungsgespräch in seinem Dienstzimmer, welches er mit einer Kollegin teilte. Während des Gesprächs betrat Herr R das Dienstzimmer und begann mit dieser Kollegin eine Unterhaltung. Hierüber beschwerte sich der Kläger mit Schreiben vom 9. Mai 2001 bei seinem Vorgesetzten und beim Personalrat.

7
        

           

Der Kläger beantragte bei der Beklagten mehrfach ein Einzelbüro, zuletzt am 20. Februar 2004. Nachdem die Beklagte ein „Service Center Bauen“ eingerichtet hatte, wurde dem Kläger dort in einem Großraumbüro ein Arbeitsplatz zugewiesen. Mit im Oktober 2004 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage begehrte der Kläger von der Beklagten, ihm ein geeignetes Einzelbüro zur Verfügung zu stellen. Im dortigen Verfahren legte der Kläger ein Attest des Internisten Dr. med. G vom 27. September 2004 vor. Dieses enthält folgende Diagnose:

        

        

„• Angst und depressive Störungen mit akuter schubweise verlaufender und fortschreitender Chronifizierung

        
        

• Neurasthenie

        
        

• generalisierte-besonders kardiale und gastrale Somatisierungsstörung

        
        

Aufgrund meiner mehrjährigen hausärztlichen Betreuung sehe ich mittlerweile einen schweren progredient-chronifizierenden Krankheitsprozess, der erfahrungsgemäß langfristig durchaus zu chron. organischen Erkrankung (z.B. Magen-Herz) führen kann. Diese Einschätzung wurde auch fachärztlich psychiatrisch während einer stationären Reha. Behandlung in einer psychiatrisch/psychosomatischen Klinik vom 28.07. bis 08.09.2004 festgestellt. …“

        
8

           

Eine nachfolgende amtsärztlichen Untersuchung des Klägers kam am 24. März 2005 zu folgendem schriftlichen Ergebnis:

        

„Aus medizinisch psychiatrischer Sicht liegt bei Herrn P eine schizoid narzisstische Persönlichkeitsstörung mit aktuellen Anpassungsstörungen mit Angst und Depression sowie Somatisierungsstörung vor. Unter dieser Situation kam es in der Vergangenheit des Herrn P zu mehrfachen akuten Symptomentwicklungen im Sinne der Somatisierungs-störung bzw. der Entwicklung einer Depression. Zum jetzigen Zeitpunkt stellt sich die Situation für Herrn P so dar, dass unter idealtypischen Bedingungen (Erlangung eines Einzelbüros) bei definiertem Arbeitsanfall eine Arbeitsfähigkeit aufrechterhalten werden kann. Sollte diesem nicht entsprochen werden, ist eine deutliche Verschlechterung der Symptomatik mit erneuter Symptomentwicklung absehbar. Unter den oben genannten Bedingungen ist jedoch zumindest für einen jetzt absehbaren Zeitraum eine Arbeitsfähigkeit meines Erachtens noch aufrechthaltbar.“

        
9

Vor dem Hintergrund dieses Gutachtens einigten sich die Parteien am 15. Juni 2005 vor dem Arbeitsgericht darauf, dass die Beklagte dem Kläger nach Rückkehr aus einer Rehabilitation ein Einzelbüro zur Verfügung stellen werde.

10

Der Kläger war seit Juni 2004 arbeitsunfähig erkrankt. Während dieser bis Oktober 2005 dauernden Erkrankung fand bei der Beklagten eine Strukturreform im Bauordnungsamt statt. Danach gab es vier Teams. Unterschiedliche Belastungen der Sachbearbeiter sollten bei Bedarf durch Umverteilung ausgeglichen werden. Bei Aufnahme seiner Tätigkeit im Oktober 2005 bestimmte der Amtsleiter, dass der Kläger bis auf weiteres nur im Innendienst eingesetzt werde. Er wurde dem Team „Sonderbauten“ zugeordnet. Diesem Team gehörte ua. Frau N an, die den Aufgabenbereich „wiederkehrende Prüfungen“ wahrnahm.

11

Nachdem der Kläger die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 24. November 2005 aufgefordert hatte, ihn vertragsgemäß zu beschäftigen, wurden ihm ab 1. Januar 2006 die bisherigen Aufgaben der Kollegin R aus dem Bereich Sonderbau übertragen und die Beschränkung auf den Innendienst aufgehoben. Der vom Kläger übernommene Bereich betraf die Genehmigung von Sonderbauten für Schulen. Im Februar 2006 teilte der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers diesem mündlich mit, er solle zusätzlich die wiederkehrenden Prüfungen für Schulen übernehmen. Er gab ihm zusätzlich eine Liste der zu prüfenden Schulen. Entsprechend der Aufforderung des Klägers wurde ihm diese Anordnung mit Datum vom 9. Februar 2006 auch handschriftlich mitgeteilt. In der Folgezeit führte der Kläger zwei wiederkehrende Prüfungen durch, bevor er von April 2006 bis April 2007 erneut arbeitsunfähig erkrankte. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31. Juli 2006 machte er gegenüber der Beklagten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend.

12

Nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit Ende April 2007 musste der Kläger keine wiederkehrenden Prüfungen im Bereich Schulen mehr erledigen. Seit dem 27. August 2008 ist er wieder arbeitsunfähig erkrankt.

13

Mit am 26. Februar 2007 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hatte der Kläger zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld/Entschädigung beantragt. Die Höhe der Entschädigung hatte er in das Ermessen des Gerichts gestellt. Mit am 26. April 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 24. April 2007 hat der Kläger seine Klage um einen Antrag auf Feststellung erweitert, dass die Beklagte dem Kläger auch sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen hat, welche auf den „streitgegenständlichen Mobbinghandlungen“ beruhen. Diesen Antrag hat er in der mündlichen Verhandlung unter die Bedingung gestellt, dass dem Zahlungsantrag stattgegeben wird.

14

Der Kläger führt seine Erkrankung auf lange andauernde Anfeindungen im Sinne wiederholter „Mobbinghandlungen“ seiner Vorgesetzten zurück. Weiter behauptet er, dass der von ihm ab Januar 2006 übernommene Bereich der Genehmigung von Sonderbauten für Schulen ihn zu 100 % ausgelastet habe.

15

           

Der Kläger hat, soweit in der Revision noch entscheidungserheblich, zuletzt beantragt:

        

Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen hat, die er nach der Zustellung seines klageerweiternden Schriftsatzes vom 24. April 2007 erlitten hat oder erleiden wird - ohne Berücksichtigung seiner bis April 2007 dauernden Erkrankung - und die darauf beruhen, dass die Beklagte ihm im Jahr 2006 die Aufgabe der wiederkehrenden Prüfung von Schulen übertragen hat.

        
16

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

17

Sie behauptet, die mit dem Bereich „wiederkehrende Prüfung“ befasste Mitarbeiterin sei ausgelastet gewesen. Deshalb habe der Vorgesetzte des Klägers ihm die wiederkehrenden Prüfungen von Schulen übertragen. Schließlich habe der Vorgesetzte diesen Aufgabenbereich selbst wahrgenommen.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Teilurteil vom 15. Februar 2008 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers insoweit zurückgewiesen als sie sich gegen die Abweisung des Zahlungsantrages durch das Arbeitsgericht gerichtet hatte. Die Revision hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen. Es hat in den Entscheidungsgründen festgestellt, dass die Übertragung der wiederkehrenden Prüfungen von Schulen auf den Kläger durch das Direktionsrecht der Beklagten gedeckt war und keine Mobbinghandlung des Vorgesetzten des Klägers dargestellt hat. Demnach scheide ein Anspruch des Klägers auf „billige Entschädigung in Geld (Schmerzensgeld)“ insoweit aus. Das Teilurteil ist rechtskräftig. In dem angefochtenen Schlussurteil hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die darauf beruhen, dass die Beklagte ihm im Jahr 2006 die Aufgabe übertragen hat, wiederkehrende Prüfungen im Bereich von Sonderbauten durchzuführen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht der behauptete Schadensersatzanspruch nicht zu.

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A. Das Landesarbeitsgericht hat im Teilurteil zunächst ausgeführt, dass dem Kläger wegen des dargelegten Verhaltens seiner Vorgesetzten teilweise kein Anspruch auf billige Entschädigung in Geld (Schmerzensgeld) zustehe und teilweise ein eventueller Anspruch jedenfalls verfallen sei. Aus den Darlegungen des Klägers lasse sich nicht entnehmen, dass Vorgesetzte oder Kollegen ihm gegenüber Mobbinghandlungen nach Wiederaufnahme seiner Arbeit im Oktober 2005 begangen hätten. Dies gelte ua. für die Übertragung von Aufgaben für den Bereich „wiederkehrende Prüfungen“. Es sei nicht ersichtlich, dass der Teamleiter damit das Direktionsrecht des Arbeitgebers überschritten habe. Wegen evtl. zeitlich weiter zurückliegender Persönlichkeitsverletzungen und Gesundheitsbeschädigungen könne der Kläger kein Schmerzensgeld verlangen, weil er insoweit die sechsmonatige Ausschlussfrist nach § 70 BAT, § 37 TVöD-VKA versäumt habe. Seine Entscheidung im Schlussurteil hat das Landesarbeitsgericht im Wesentlichen auf folgende Überlegungen gestützt: Bei dem Feststellungsantrag handele es sich um eine zulässige nachträgliche Klagehäufung, weil er erstmalig in der Berufungsinstanz als Hauptantrag gestellt worden sei. Die darin liegende Klageerweiterung sei sachdienlich, weil der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibe und ein neuer Prozess vermieden werde. In der zuletzt gestellten Fassung sei der Antrag zulässig und dahin auszulegen, dass die Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten für alle materiellen und immateriellen Schäden begehrt werde, die der Kläger nach dem Zeitpunkt erlitten habe oder noch erleide, zu dem sein klageerweiternder Schriftsatz vom 24. April 2007 der Beklagten zugegangen sei, jedoch ohne Berücksichtigung der bis April 2007 dauernden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Bei Zugrundelegung dieser Auslegung sei der Antrag hinreichend bestimmt. Eine Bezifferung des Antrages sei nicht erforderlich, weil er jedenfalls weiterhin teilweise zukunftsbezogen sei. Er sei auch nicht im Hinblick auf das rechtskräftige Teilurteil vom 15. Februar 2008 unzulässig. Bezüglich des zukünftigen materiellen und immateriellen Schadens liege ein anderer Streitgegenstand vor. Denn die rechtskräftige Abweisung der Zahlungsklage erfasse den Anspruch des Klägers auf Ersatz zukünftiger immaterieller Schäden nicht, weil diese zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und ihr Eintritt objektiv nicht vorhersehbar gewesen sei. Begründet sei der Antrag aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen des zukünftigen materiellen Schadens und aus § 253 Abs. 2 BGB wegen des immateriellen Schadens. Die Beklagte habe nach § 278 Satz 1 BGB dafür einzustehen, dass der Vorgesetzte des Klägers diesem Anfang des Jahres 2006 die Aufgabe übertragen habe, wiederkehrende Prüfungen von Schulen durchzuführen. Damit sei der Kläger entgegen § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX nicht mehr unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustandes beschäftigt worden. Diese pflichtwidrige Weisung sei mindestens mitursächlich für die Erkrankung des Klägers ab April 2006 gewesen. Der Ersatzanspruch sei nicht nach § 70 BAT, § 37 TVöD-VKA verfallen.

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B. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

22

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

23

1. Der Feststellungsantrag durfte in der Berufungsinstanz gestellt werden. Zutreffend geht das Berufungsgericht von einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz aus. Nachdem der Kläger den Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige materielle und immaterielle Schäden vor dem Arbeitsgericht nur für den Fall des Obsiegens mit seinem Zahlungsantrag gestellt hatte und Letzterer abgewiesen worden war, war der Feststellungsantrag vor dem Arbeitsgericht nicht zur Entscheidung angefallen. In der Stellung des Feststellungsantrages in der Berufungsverhandlung als Hauptantrag, lag eine Klageerweiterung, weil ein neuer Streitgegenstand neben dem bisherigen eingeführt wurde.

24

Dabei handelte es sich um eine nachträgliche Klagehäufung.

25

Wird in der Berufungsinstanz ein neuer Streitgegenstand neben dem bisherigen eingeführt, liegt ein Fall nachträglicher Klagehäufung (§ 260 ZPO)vor, dessen Zulässigkeit sich nach den §§ 263, 533 ZPO beurteilt(vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 16, BAGE 119, 238 = AP BGB § 611 Personalakte Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 4). Davon abzugrenzen ist der Fall des § 264 Nr. 2 ZPO, wonach keine Klageänderung gegeben ist, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. Dies wird bei Erweiterungen oder Beschränkungen des Klageantrages angenommen, die den bisherigen Streitgegenstand bei unverändertem Sachverhalt lediglich quantitativ oder qualitativ modifizieren und nicht durch einen anderen ersetzen (vgl. auch: BAG 13. Februar 2007 - 9 AZR 207/06 - Rn. 11, BAGE 121, 182, 184 f. = AP BGB § 823 Nr. 19 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 8).

26

Mit seinem Feststellungsantrag hat der Kläger einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess eingeführt. So hatte er bislang einen Ersatzanspruch wegen materieller und künftiger immaterieller Schäden nicht begehrt.

27

Es kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht die Sachdienlichkeit der nachträglichen Klageerweiterung zu Recht bejaht hat, § 533 Nr. 1 ZPO, weil diese durch das Revisionsgericht nicht mehr zu überprüfen ist(vgl. BAG 25. Januar 2005 - 9 AZR 44/04 - BAGE 113, 247 = AP AEntG § 1 Nr. 22 = EzA AEntG § 1 Nr. 8). Im Übrigen hat die Beklagte durch rügelose Einlassung in der mündlichen Verhandlung in die Klageänderung eingewilligt, §§ 267, 533 Nr. 1 ZPO(vgl. BGH 6. Dezember 2004 - II ZR 394/02 - MDR 2005, 588).

28

Darüber hinaus kann dahinstehen, ob die nachträgliche Klageerweiterung sich auf Tatsachen stützen kann, die das Berufungsgericht nach § 533 Nr. 2 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Ob und inwiefern die Berücksichtigung neuer Tatsachen im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren zulässig ist, richtet sich nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO, sondern nach der Spezialregelung in § 67 ArbGG(BAG 25. Januar 2005 - 9 AZR 44/04 - BAGE 113, 247 = AP AEntG § 1 Nr. 22 = EzA AEntG § 1 Nr. 8). Hat das Berufungsgericht - wie hier - Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar und das vom Landesarbeitsgericht zugelassene Sachvorbringen zu berücksichtigen, weil die Beschleunigungswirkung, der die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG dient, nicht wieder herstellbar ist(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZN 1085/07 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 60 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 37).

29

2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Es ist bei einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden dann gegeben, wenn der Schadenseintritt möglich ist, auch wenn Art und Umfang sowie Zeitpunkt des Eintritts noch ungewiss sind. Es muss lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen (BAG 13. Februar 2007 - 9 AZR 207/06 - BAGE 121, 182 = AP BGB § 823 Nr. 19 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 8).

30

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Kläger hat auf den Hinweis des Landesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2008, dass das Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag fraglich sei, weil Vortrag dazu fehle, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt zukünftiger bzw. noch nicht bezifferbarer materieller und immaterieller Schäden bestehe, vorgetragen, dass sich sein Krankheitszustand chronifiziert habe. Damit hat er eine nicht nur entfernte Möglichkeit künftiger Schadensfolgen behauptet.

31

3. Zutreffend geht das Berufungsgericht im Ergebnis davon aus, dass der Zulässigkeit des Feststellungsantrages nicht die Rechtskraft seines Teilurteils vom 15. Februar 2008 entgegensteht.

32

Die materielle Rechtskraft eines Urteils führt in einem späteren Prozess nur dann zur Unzulässigkeit der neuen Klage, wenn die Streitgegenstände beider Prozesse identisch sind oder im zweiten Prozess das kontradiktorische Gegenteil der im ersten Prozess ausgesprochenen Rechtsfolge begehrt wird (BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - mwN, NJW 2008, 1227). Dies ist hier nicht der Fall. Bezüglich des Ersatzes künftiger materieller Schäden folgt dies bereits daraus, dass der Kläger mit seiner durch das Teilurteil abgewiesenen Zahlungsklage keinen Schadensersatz wegen materieller Schäden geltend gemacht hatte.

33

Darüber hinaus ergibt sich auch ein anderer Streitgegenstand, soweit der Kläger mit dem Feststellungsantrag die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige immaterielle Schäden begehrt. Denn mit seiner Zahlungsklage hatte der Kläger den Ersatz für bereits entstandene immaterielle Schäden verlangt, wohingegen der Feststellungsantrag über die Ersatzpflicht für künftige Schäden davon abhängt, ob dem Kläger künftig solche entstehen werden.

34

II. Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet.

35

Der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellung des Bestehens eines Anspruchs des Klägers auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden, die darauf beruhen, dass ihm im Jahr 2006 die Aufgabe übertragen worden ist, wiederkehrende Prüfungen im Bereich von Sonderbauten durchzuführen, steht die mit Teilurteil des Landesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2008 getroffene Entscheidung entgegen.

36

1. Das Landesarbeitsgericht hat mit rechtskräftigem Teilurteil festgestellt, dass durch die Übertragung der wiederkehrenden Prüfungen von Schulen auf den Kläger im Jahr 2006 durch den Vorgesetzten des Klägers das Direktionsrecht der Beklagten nicht überschritten worden ist und dass diese Maßnahme keine „Mobbinghandlung“ dargestellt hat. Ua. aus diesem Grunde hat das Landesarbeitsgericht die Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes bzw. einer Entschädigung abgewiesen. Ein ausschlaggebender, die Klageabweisung tragender Grund wird Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und ist nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BGH 24. Juni 1993 - III ZR 43/92 - NJW 1993, 3204). Auch wenn insofern die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts nicht an der Rechtskraft der gefällten Entscheidung teilhaben, darf diese nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen. Zu den Rechtskraftwirkungen gehört deshalb die Präklusion der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, die zu einer Abweichung von der rechtskräftig festgestellten Rechtsfolge führen sollen (BGH 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967). Diese Präklusion erfasst auch im Vorprozess nicht vorgetragene Tatsachen, sofern sie nicht erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Prozess entstanden sind (BGH 17. März 1995 - V ZR 178/93 - NJW 1995, 1757).

37

Dies hat zur Folge, dass ein Sachurteil, welches eine Leistungsklage abweist, grundsätzlich feststellt, dass die begehrte Rechtsfolge aus dem der Entscheidung zugrunde liegenden Lebenssachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr hergeleitet werden kann, und zwar auch dann, wenn das Gericht nicht alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen ins Auge gefasst hatte (vgl. BGH 17. März 1995 - V ZR 178/93 - NJW 1995, 1757; 13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89 - NJW 1990, 1795). Da diese Präklusion somit Ausfluss der Rechtskraftwirkung von Urteilen (§ 322 ZPO) ist, gilt diese Präklusion in entsprechender Anwendung der §§ 318, 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO für das Gericht auch hinsichtlich der in einem von ihm erlassenen rechtskräftigen Teilurteil getroffenen Feststellungen.

38

Ebenso wie das Revisionsgericht dann, wenn eine in einem Vorprozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfrage lediglich Vorfrage für die Entscheidung des nachfolgenden Rechtsstreits ist, die sich aus der Rechtskraft der früheren Entscheidung ergebende Bindungswirkung von Amts wegen zu beachten hat (BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - NJW 2008, 1227), muss es auch die Präklusion von Tatsachenfeststellungen von Amts wegen beachten.

39

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze stellt sich das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts als fehlerhaft dar, weil es diesem verwehrt war, der Feststellungsklage mit der Begründung stattzugeben, die Beschäftigung des Klägers mit wiederkehrenden Prüfungen sei „pflichtwidrig“ gewesen, weil der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers dessen Anspruch auf eine behinderungsgerechte Beschäftigung (§ 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX) durch diese Arbeitsanweisung verletzt habe. Genau diese Anordnung aus dem Februar 2006 hatte das Landesarbeitsgericht in seinem Teilurteil vom 15. Februar 2008 als durch das Direktionsrecht der Beklagten gedeckt und nicht als „Mobbinghandlung“ des Vorgesetzten des Klägers gewertet. Demzufolge hat es im Ergebnis die Anordnung als vertrags- und gesetzesmäßig betrachtet mit der Folge, dass diese die geltend gemachten Schmerzensgeld-/Entschädigungsansprüche des Klägers nicht begründen könne. Auch wenn das Landesarbeitsgericht die damalige Anweisung nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines möglichen Verstoßes gegen § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX geprüft hatte, verbietet es die Präklusion im oben dargestellten Sinne(B II 1), diesen vom Landesarbeitsgericht seiner damaligen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt im Schlussurteil - und zwar diesmal unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt mit einem anderen Ergebnis - erneut zu berücksichtigen. Eine Ausnahme von dieser Präklusionswirkung ist auch nicht deshalb angezeigt, weil sich etwa der maßgebliche Lebenssachverhalt nach der mündlichen Verhandlung, aufgrund derer das Teilurteil ergangen ist, geändert hat. So lag die Schwerbehinderung des Klägers bereits zum Zeitpunkt der Aufgabenzuweisung im Februar 2006 vor. Ebenso war die amtsärztliche „Zusammenfassung und Beurteilung“ des Gesundheitszustandes des Klägers vom 24. März 2005, auf welche das Landesarbeitsgericht zur Begründung seines Schlussurteils maßgeblich abgestellt hat, zum Zeitpunkt der streitbefangenen Maßnahme und des Erlasses des Teilurteils - zumindest der Beklagten - bereits bekannt. Diese Umstände hätte das Landesarbeitsgericht somit vor der Verkündung seines Teilurteils vom 15. Februar 2008 berücksichtigen können.

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C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    H. Brückmann    

        

    Schulz