Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 31. Okt. 2013 - 11 Ta 252/13

ECLI:ECLI:DE:LAGK:2013:1031.11TA252.13.00
31.10.2013

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 12.08.2013 – 5 Ca 2001/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.


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Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 31. Okt. 2013 - 11 Ta 252/13 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 78 Beschwerdeverfahren


Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rech

Zivilprozessordnung - ZPO | § 888 Nicht vertretbare Handlungen


(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Hand

Zivilprozessordnung - ZPO | § 887 Vertretbare Handlungen


(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners di

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2013 - I ZB 76/10

bei uns veröffentlicht am 14.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 76/10 vom 14. August 2013 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein Zwangsmittelfestsetzung ZPO § 185 Abs. 1, § 575 Abs. 4 Satz 2, § 888 Abs. 1 Dem Antrag auf Festsetzung

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 05. März 2013 - 1 ABR 75/11

bei uns veröffentlicht am 05.03.2013

Tenor Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Schlussbeschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2011 - 9 TaBV 168/10 - wird zurückgewiesen.

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Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Schlussbeschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2011 - 9 TaBV 168/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit von Altersgrenzenregelungen in Betriebsvereinbarungen.

2

Antragsteller ist der Betriebsrat eines am Standort W bestehenden Gemeinschaftsbetriebs. Dessen Inhaber sind seit einem am 1. Juli 2010 vollzogenen Betriebsinhaberwechsel die zu 2. (PGM) und zu 3. (PGS) beteiligten Arbeitgeberinnen. In dem Gemeinschaftsbetrieb finden kraft deren Tarifbindung die Tarifverträge der Chemischen Industrie Anwendung. Zu diesen gehört auch der im Jahr 2008 abgeschlossene Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ (TVLD). Dieser enthält ua. Regelungen über die Durchführung einer Demografieanalyse in den Betrieben und die Gestaltung von Arbeitszeitmodellen.

3

Die PGM schloss mit ihrem zu 4. beteiligten Gesamtbetriebsrat am 24. November 2009 eine „Freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung Umsetzung des Demografietarifvertrags“ (GBV 2009) ab. Deren § 5 enthält eine auf das Erreichen des Regelrentenalters bezogene Altersgrenze. Eine inhaltsgleiche Altersgrenzenregelung vereinbarte auch die PGS mit ihrem zu 5. beteiligten Gesamtbetriebsrat.

4

Im Gemeinschaftsbetrieb W bestand seit dem 12. Dezember 2008 eine zwischen den vormaligen Betriebsinhaberinnen und dem Betriebsrat vereinbarte Betriebsordnung (BO 2008). Nach deren Nr. 11.1 endete das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf des Kalendermonats, in dem das jeweils gültige gesetzliche Rentenalter vollendet wird. Am 23. Dezember 2009 schloss der Betriebsrat W eine „Freiwillige Betriebsvereinbarung Umsetzung des Demografietarifvertrags“ (BV 2009). § 4 BV 2009 enthält eine mit § 5 GBV 2009 übereinstimmende Altersgrenzenregelung.

5

Der Betriebsrat W hat die von ihm abgeschlossenen betrieblichen Altersgrenzenregelungen wie auch § 5 GBV 2009 für unwirksam gehalten. Altersgrenzenvereinbarungen in Betriebsvereinbarungen seien generell unzulässig. Jedenfalls sei ein Gesamtbetriebsrat hierfür nicht zuständig.

6

Der Betriebsrat W hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

a)    

festzustellen, dass § 4 der Betriebsvereinbarung „Umsetzung des Demografietarifvertrags“ vom 23. Dezember 2009 und Ziffer 11.1 der Betriebsordnung vom 8. Dezember 2009 rechtsunwirksam sind und keine Rechtswirkung entfalten,

        

b)    

…       

        

c)    

festzustellen, dass § 5 GBV „Umsetzung des Demografietarifvertrags“ zwischen der Geschäftsleitung der Beteiligten zu 2. und dem Beteiligten zu 4. und § 5 GBV „Umsetzung des Demografietarifvertrags“ zwischen der Geschäftsleitung der Beteiligten zu 3. und dem Beteiligten zu 5. rechtsunwirksam sind und keine Rechtswirkung entfalten.

7

Die Arbeitgeberinnen haben die Abweisung der Anträge beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat den dort allein gestellten Antrag zu a) abgewiesen. Dagegen hat der Betriebsrat W Beschwerde eingelegt und sein Begehren um den Antrag zu c) erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und den Antrag zu c) abgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde nur in Bezug auf den Antrag zu c) zugelassen und darüber hinaus auf die Frage der Wirksamkeit der zwischen der PGM und ihrem Gesamtbetriebsrat in § 5 GBV 2009 vereinbarten Altersgrenzenregelung beschränkt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat W entsprechend der zweitinstanzlichen Zulassungsentscheidung seinen Antrag zu c) weiter. Daneben hat er den vom Landesarbeitsgericht abgewiesenen Antrag zu a) im Wege der Antragserweiterung zur Entscheidung gestellt.

9

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Beide Anträge des Betriebsrats sind unzulässig.

10

I. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist der auf Feststellung der Unwirksamkeit von § 5 GBV 2009 gerichtete Antrag des Betriebsrats W. Für diesen hat das Landesarbeitsgericht die Rechtsbeschwerde ausdrücklich zugelassen. Daneben hat der Betriebsrat W seinen vom Beschwerdegericht abgewiesenen Antrag zur Geltung von § 4 BV 2009 sowie Nr. 11.1 BO 2008 im Wege der Antragserweiterung in das Rechtsbeschwerdeverfahren eingeführt.

11

II. Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit von § 4 BV 2009 und Nr. 11.1 BO 2008 gerichtete Antrag ist unzulässig. Einer erneuten Sachentscheidung steht der Einwand der Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) entgegen.

12

1. Nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 322 Abs. 1 ZPO sind Beschlüsse der Rechtskraft fähig, soweit über den durch den Antrag erhobenen Anspruch entschieden ist(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 95, 47). Die materielle Rechtskraftwirkung solcher Beschlüsse hindert grundsätzlich, dass bei Identität der Beteiligten und des Sachverhalts die bereits rechtskräftig entschiedene Frage den Gerichten zur erneuten Entscheidung unterbreitet werden kann. Das ist als negative Prozessvoraussetzung auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu beachten.

13

Der Begriff des Anspruchs in § 322 Abs. 1 ZPO bezeichnet den prozessualen Anspruch im Sinne der Streitgegenstandslehre. Die objektiven Grenzen der Rechtskraft des Entscheidungsgegenstandes werden durch den Streitgegenstand des vorangehenden Verfahrens bestimmt. Dieser richtet sich nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag und dem zugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, BAGE 133, 75). Dabei sind Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, ergänzend heranzuziehen, wenn die Entscheidungsformel, wie insbesondere bei einer den Antrag abweisenden Entscheidung, den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft nicht erkennen lässt (BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - aaO).

14

2. Danach ist der vom Betriebsrat in der Rechtsbeschwerdeinstanz im Wege der Antragserweiterung eingeführte Feststellungsantrag unzulässig. Über diesen hat das Beschwerdegericht bereits rechtskräftig entschieden.

15

Das Arbeitsgericht hat den auf Feststellung der Unwirksamkeit von § 4 BV 2009 und Nr. 11.1 BO 2008 gerichteten Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen und gegen diesen Teil seiner Entscheidung die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Hiergegen hat der Betriebsrat keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist insoweit in Rechtskraft erwachsen. Es ist weder ersichtlich noch vom Betriebsrat geltend gemacht, dass die beschränkte Rechtsbeschwerdezulassung unbeachtlich ist und die Rechtsbeschwerde unbeschränkt eingelegt werden kann. Die Wirksamkeit der vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen Altersgrenzenregelung in der GBV 2009 betrifft einen abtrennbaren selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, über den gesondert und unabhängig von dem verbleibenden Verfahrensgegenstand entschieden werden konnte.

16

III. Auch der auf die Feststellung der Unwirksamkeit von § 5 GBV 2009 gerichtete Antrag ist unzulässig. Dem Betriebsrat fehlt bereits die erforderliche Antragsbefugnis iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG.

17

1. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter antragsbefugt, wenn er eigene Rechte geltend macht. Antragsbefugnis und die Beteiligtenstellung fallen nicht notwendig zusammen; § 83 Abs. 3 ArbGG besagt nichts darüber, ob ein Beteiligter im Beschlussverfahren einen Antrag stellen kann. Die Antragsbefugnis ist vielmehr nach den Regeln über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zu bestimmen (§ 81 Abs. 1 ArbGG). Regelmäßig kann nur derjenige ein gerichtliches Verfahren einleiten, der vorträgt, Träger des streitbefangenen Rechts zu sein. Ausnahmen gelten im Fall einer zulässigen Prozessstandschaft. Die Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren und die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dienen dazu, Popularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis nur gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (BAG 17. Juni 2009 - 7 ABR 96/07 - Rn. 9).

18

2. Ein Betriebsrat kann die Unwirksamkeit einer von einer anderen Arbeitnehmervertretung abgeschlossenen Betriebsvereinbarung nicht unabhängig von einem Eingriff in seine eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition geltend machen. Weder das BetrVG noch das ArbGG sehen ein inhaltliches Normenkontrollrecht der auf den unterschiedlichen Ebenen im Unternehmen und Konzern errichteten Arbeitnehmervertretungen vor. Die gerichtliche Überprüfung einer nicht selbst abgeschlossenen Betriebsvereinbarung kann von einem antragstellenden Betriebsrat nur in Hinblick auf eine Verletzung gerade seiner Regelungsbefugnis erfolgen. Fehlt dem abschließenden Betriebsrat insoweit die Zuständigkeit, erweist sich die Betriebsvereinbarung als Eingriff in die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition des Antragstellers. Eine von einem unzuständigen Betriebsrat getroffene Vereinbarung ist unwirksam. Nur für den Ausspruch der darauf gestützten Rechtsfolge ist der für den Abschluss der Betriebsvereinbarung tatsächlich zuständige Betriebsrat antragsbefugt.

19

3. Danach fehlt dem Betriebsrat W die Antragsbefugnis. Er kann die Wirksamkeit von § 5 GBV 2009 nicht zur gerichtlichen Überprüfung stellen. Ein solcher Antrag wäre nur zulässig, wenn der Betriebsrat W geltend machen könnte, dass nicht der Gesamtbetriebsrat, sondern er für den Abschluss einer Altersgrenzenregelung zuständig sei. Nur dann wäre er von der unternehmensbezogenen Altersgrenzenregelung in einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen. Dies ist nicht der Fall. Der Senat hat aufgrund der mit der rechtskräftigen Abweisung des Antrags zu a) verbundenen Bindungswirkung von der fehlenden Zuständigkeit des Betriebsrats Weiterstadt für den Abschluss einer betrieblichen Altersgrenzenregelung auszugehen.

20

a) Rechtskräftige Beschlüsse entfalten gemäß § 322 Abs. 1 ZPO Bindungswirkung für ein nachfolgendes Verfahren, soweit über den mit dem Antrag erhobenen Anspruch entschieden worden ist. Die Bindungswirkung beschränkt sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Beschlusses, dh. auf die Rechtsfolge, die aufgrund eines bestimmten Sachverhalts bei Schluss der mündlichen Verhandlung den Entscheidungssatz bildet. Einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut, werden dagegen von der Rechtskraft nicht erfasst (BGH 26. Juni 2003 - I ZR 269/00 - zu II 1 a der Gründe, NJW 2003, 3058). Das Gericht ist an die im Vorprozess getroffene Entscheidung gebunden, wenn deren Inhalt zum Tatbestand der im neuen Verfahren geltend gemachten Rechtsfolge gehört (Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 154 Rn. 8). Die im ersten Verfahren rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge ist im zweiten Verfahren zugrunde zu legen, wenn diese dort eine Vorfrage darstellt. Bei einer den Antrag abweisenden Entscheidung ist der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 611/11 - Rn. 89).

21

b) Das Landesarbeitsgericht hat im Rahmen seiner Begründung zu den im Betrieb W bestehenden Regelungen entschieden, dass § 4 BV 2009 nach dem Betriebsübergang zum 1. Juli 2010 aufgrund der bei der PGM geltenden GBV 2009 unwirksam geworden ist. In seiner Begründung hat es die Regelungsbefugnis des Betriebsrats W für den Abschluss einer auf den Gemeinschaftsbetrieb beschränkten Altersgrenzenregelung für den Zeitraum nach Wirksamwerden des Betriebsübergangs verneint. Es hat die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats PGM nach § 50 Abs. 1 BetrVG bejaht und den Feststellungsantrag aus diesem Grund abgewiesen.

22

c) Danach ist der Betriebsrat W für den Antrag zu c) nicht antragsbefugt. Er wird durch die Geltung von § 5 GBV 2009 nicht in einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen. Dem Betriebsrat W fehlte zum Zeitpunkt der Anhörung vor dem Beschwerdegericht die Regelungsbefugnis für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über eine Altersgrenze. Dies folgt aus der Bindungswirkung der abweisenden Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG war für das Beschwerdegericht der tragende Abweisungsgrund und nicht allein ein Element seiner Entscheidungsbegründung. Dies steht einer erneuten Prüfung der Regelungsbefugnis des Betriebsrats W im vorliegenden Verfahren entgegen.

23

d) Der Betriebsrat W ist auch nicht in Hinblick auf sein Überwachungsrecht (§ 80 Abs. 1 BetrVG) in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Position betroffen.

24

Nach dieser Bestimmung kann der Betriebsrat den Arbeitgeber zur Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Schutzvorschriften auffordern. Das Überwachungsrecht des Betriebsrats ist darauf beschränkt, eine Nichtbeachtung oder fehlerhafte Durchführung der Vorschriften beim Arbeitgeber zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen (BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 21, BAGE 134, 249). Aus der Überwachungsaufgabe des Betriebsrats folgt indes kein Recht zur Normenkontrolle der nicht von ihm abgeschlossenen Normen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Berg    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 76/10
vom
14. August 2013
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Zwangsmittelfestsetzung
Dem Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln gemäß § 888 Abs. 1 ZPO wegen
Nichterbringung einer Auskunft fehlt nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis,
weil der Schuldner unbekannten Aufenthalts ist und ihm deshalb sämtliche im Erkenntnisverfahren
und im Vollstreckungsverfahren zuzustellenden Schriftsätze
und gerichtliche Entscheidungen durch öffentliche Bekanntmachung im Sinne von
§ 185 Abs. 1 ZPO zugestellt worden sind.
BGH, Beschluss vom 14. August 2013 - I ZB 76/10 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. August 2013 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 8. März 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:


1
I. Die Schuldnerin war Miteigentümerin eines in Berlin-Pankow belegenen Grundstücks, das aufgrund eines Restitutionsbescheids des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen der Gläubigerin übertragen wurde. Die Gläubigerin nahm die Schuldnerin vor dem Landgericht Berlin im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung über die im Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis zum 2. Mai 2003 im Hinblick auf das Restitutionsgrundstück erzielten Einnahmen und entstandenen Forderungen sowie auf Zahlung des sich nach Auskunftserteilung ergebenden Betrags in Anspruch.
2
Die Schuldnerin hatte ihren letzten bekannten Aufenthalt in Berne, US-Bundesstaat New York. Nachdem der Versuch des Landgerichts fehlgeschlagen war, die Klage und die im Verfahren vor dem Landgericht ergangenen richterlichen Verfügungen im Wege der förmlichen Auslandszustellung gemäß Art. 2 des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 (nachfolgend Haager Übereinkommen) zuzustellen, ordnete das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 2. Oktober 2007 die öffentliche Zustellung sowie zusätzlich gemäß § 187 ZPO die Benachrichtigung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter "Amtliche Bekanntmachungen" an. Es erging sodann am 11. Dezember 2007 gegen die Schuldnerin ein Teil-Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren, mit dem die Schuldnerin zur Auskunftserteilung verurteilt wurde. Das Urteil wurde ebenfalls öffentlich zugestellt.
3
Die Gläubigerin hat beantragt, gegen die Schuldnerin wegen Nichterbringung der Auskunft ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft festzusetzen. Dieser Antrag ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Die gegen die Zurückweisung gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln weiter.
4
II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Gläubigerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Anordnung von Ordnungsmitteln. Sowohl die Klage als auch das Versäumnisurteil des Landgerichts seien der Schuldnerin, die unbekannten Aufenthalts sei und offenbar in den USA gelebt habe oder noch lebe, öffentlich zugestellt worden. Die Gläubigerin mache insoweit auch nicht geltend , dass ihr der Aufenthalt der Schuldnerin inzwischen bekannt sei. Wenn aber eine Vollstreckung des Zwangsgeldes im Hinblick auf eine bereits anfänglich nicht vorhandene Kenntnis vom Aufenthaltsort des Schuldners höchst unwahrscheinlich oder wohl unmöglich sei, sei es eine leere, lediglich Kosten verursachende Förmelei , gegenüber dem Schuldner ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO zu verhängen.
5
III. Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hat Erfolg.
6
1. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). Insbesondere ist das Zustellerfordernis gemäß § 575 Abs. 4 Satz 2 ZPO erfüllt. Die Rechtsbeschwerdeschrift vom 30. April 2010 sowie die Rechtsbeschwerdebegründung vom 19. Juli 2010 sind der Schuldnerin durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 185 f. ZPO zugestellt worden, nachdem ihr Aufenthaltsort nicht ermittelt werden konnte.
7
2. Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts fehlt es auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis.
8
a) Allerdings ist der Antrag auf Zwangsmittelfestsetzung nur bei bestehendem Rechtsschutzbedürfnis zulässig (Gruber in MünchKomm.ZPO, 4. Aufl., § 888 Rn. 19). Nach allgemeinen Grundsätzen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Klage oder ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger oder Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (BGH, Urteil vom 28. März 1996 - IX ZR 77/95, NJW 1996, 2035, 2037; Becker-Eberhard in MünchKomm.ZPO aaO Vor §§ 253 ff. Rn. 11, jeweils mwN).
9
b) So liegt es im Streitfall jedoch nicht.
10
Für die Beurteilung des Rechtsschutzbedürfnisses spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob zum Zeitpunkt des Erlasses der gerichtlichen Entscheidung greifbare Möglichkeiten zur Vollstreckung eines Titels erkennbar sind. So trägt im Er- kenntnisverfahren regelmäßig bereits die Aussicht, dass der obsiegende Kläger einen Titel erhält, der seine etwaigen Ansprüche für die nächsten 30 Jahre vor der Verjährung bewahrt (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB), die Annahme des Rechtsschutzinteresses. Denn es lässt sich nicht durchweg ausschließen, dass der Kläger in dieser Zeit Gelegenheit findet, den Titel gegen den Beklagten zu vollstrecken (BGH, NJW 1996, 2035, 2037 mwN).
11
Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Anordnung von Zwangsmitteln nach § 888 Abs. 1 ZPO. Eine Zwangsmittelanordnung nach § 888 ZPO ist ein eigener Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, aus dem die Beitreibung des Zwangsgeldes und die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft betrieben werden kann (BGH, Beschluss vom 3. Juli 2008 - I ZB 87/06, NJW 2008, 2919 Rn. 8 mwN).
12
Die Anordnung von Zwangsmitteln gemäß § 888 Abs. 1 ZPO ist auch dann nicht objektiv sinnlos, wenn der Schuldner - wie im Streitfall - unbekannten Aufenthalts ist und ihm im Erkenntnisverfahren die zuzustellenden Schriftsätze, die vollstreckbare gerichtliche Entscheidung sowie die Schriftsätze und Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren durch öffentliche Bekanntmachung im Sinne von § 185 Abs. 1 ZPO zugestellt wurden. Zwar hat das Zwangsgeld den Zweck, den auf die Nichterfüllung gerichteten Willen des Schuldners zu beugen (Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., § 71 Rn. 2). Eine Einflussnahme auf die Willensbildung durch die Anordnung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO ist aber auch im Hinblick auf einen Schuldner nicht auszuschließen, der während des Erkenntnisverfahrens und des Verfahrens auf Festsetzung von Zwangsmitteln unbekannten Aufenthalts war. Es ist nicht unmöglich , dass der Schuldner durch die Benachrichtigung gemäß § 186 Abs. 1 ZPO oder anderweitig tatsächlich Kenntnis von der titulierten Verpflichtung erhalten hat oder erhalten wird. Ferner spricht für die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses auch der Normzweck des Instituts der öffentlichen Zustellung. Damit hat der Gesetzgeber im Spannungsfeld zwischen dem Justizgewährungsanspruch desjenigen, in dessen Interesse zugestellt wird, und dem Anspruch des Zustellungsadressaten auf Gewährung rechtlichen Gehörs dem Gedanken des effizienten Rechtsschutzes den Vorrang eingeräumt (vgl. Musielak/Wittschier, ZPO, 10. Aufl., § 185 Rn. 1). Die durch die Benachrichtigung gemäß § 186 Abs. 1 ZPO eröffnete Möglichkeit der Kenntnisnahme ist der tatsächlichen Kenntnisnahme im rechtlichen Ergebnis gleichgestellt. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist auch bei der Anwendung des § 888 Abs. 1 ZPO zu beachten.
13
IV. Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 01.04.2009 - 18 O 425/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 08.03.2010 - 26 W 44/09 -

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.