Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 27. Jan. 2016 - 11 Sa 735/15
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.05.2015 – 5 Ha 1/15 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten im Rahmen einer Aufhebungsklage (§ 110 ArbGG) um die Zahlung von Schadensersatz wegen nicht vertragsgemäßer künstlerischer Beschäftigung.
3Die Klägerin ist aufgrund des Arbeitsvertrags vom 26.11.2004 seit dem 01.08.2005 bei der Beklagten beschäftigt. Beide Parteien sind tarifgebunden. Auf das Arbeitsverhältnis finden die tariflichen Bestimmungen des Normalvertrags Bühne (NV Bühne) Anwendung.
4Der schriftlich abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:
5"(...)
6§ 1
7Frau P wird als Tanzgruppenmitglied für das Staatsballett in B eingestellt.
8§ 2
9Das Arbeitsverhältnis wird für die Spielzeit 2005/2006 begründet. Es beginnt am 01.08.2005 und endet am 31.07.2006. Das Arbeitsverhältnis verlängert sich zu den gleichen Bedingungen um ein Jahr (Spielzeit), wenn nicht eine Nichtverlängerungsmitteilung entsprechend § 96 NV-Bühne (Nichtverlängerungsmitteilung - Tanz) ausgesprochen wurde.
10§ 3
11Frau P verpflichtet sich zur Übernahme von Solopartien.
12§ 4
13(...)
14(3) Neben der Vergütung erhält das Tanzgruppenmitglied für die Übernahme von solistischen Partien monatlich eine Zulage von 75,00 € brutto. Mit dieser Vergütung sind auch die Übernahme von kleineren Rollen und Partien gemäߧ 84 Abs. 3 NV Bühne abgegolten.
15(...)"
16Die Klägerin wurde seit dem Jahre 2006 auch als Tanzpädagogin eingesetzt, mittlerweile ist sie ausschließlich als Tanzpädagogin beschäftigt. Eine Sondervergütung für die Übernahme solistischer Rollen hat sie nicht erhalten. Die Monatsvergütung der Klägerin lag bei 3.400,00 € brutto. In der Spielzeit 2010/2011 wurde die Klägerin je einmal in einer Solopartie in den Stücken „Dornröschen“ und „Nussknacker“ eingesetzt.
17Mit Schreiben vom 22.10.2010 (Bl. 111 d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte u.a. auf, sie vertragsgemäß auf der Bühne zu beschäftigen.
18Mit Schreiben vom 08.12.2011 hat die Klägerin erfolglos die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von vier Monatsgehältern geltend gemacht, weil sie nicht angemessen in der vergangenen Spielzeit beschäftigt worden sei. Sie habe Anspruch zwei Premieren oder einer Premiere mit einer bedeutenden Wiederaufnahme gehabt.
19Die Klägerin hat vor dem Bühnenschiedsgericht für Opernchöre - BSchG C 1/12 K - Schiedsklage auf Zahlung von Schadensersatz erhoben wegen künstlerischer Nichtbeschäftigung in der Spielzeit 2010/2011 erhoben. Das Bühnenschiedsgericht hat mit Schiedsspruch vom 20.02.2013 die am 19.07.2012 zugestellte Schiedsklage abgewiesen.
20Das Bühnenoberschiedsgericht für Opernchöre - OSchG C 1/13 - hat mit Schiedsspruch vom 30.01.2014 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 BGB i.V.m. § 54 Abs. 2 NV Bühne, denn die letztgenannte Vorschrift gelte ausschließlich für Solomitglieder. Die Klägerin sei seit Beginn des Anstellungsverhältnisses als Charakterdarstellerin eingesetzt worden, was zum Aufgabenbereich eines Tanzgruppenmitglieds zähle. Jedenfalls sei die Heranziehung zu Charakterrollen von der arbeitsvertraglich vereinbarten Übernahme von Solopartien gedeckt. Die Klägerin sei ordnungsgemäß als Gruppentänzerin eingesetzt worden. Außerdem habe die Klägerin einen wirtschaftlichen Schaden nicht ansatzweise dargetan. Auf eine pauschalierende Schadensschätzung könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, da eine solche von der Rechtsprechung nur im Falle der nicht vertragsgemäßen Beschäftigung eines Solomitglieds anerkannt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Schiedsverfahren sowie den Feststellungen und der Begründung des Bühnenoberschiedsgerichts wird auf den Schiedsspruch vom 30.01.2014 verwiesen.
21Gegen diesen ihr am 08.04.2014 zugestellten Schiedsspruch hat die Klägerin am 17.04.2014 Aufhebungsklage vor dem Arbeitsgericht erhoben und geltend gemacht, der Schiedsspruch beruhe auf Rechtsfehler materieller Art, weil sich das Arbeitsverhältnis von Anfang an nach den Sonderreglungen (SR) Solo des NV Bühne bestimmt habe. Sie hat vor dem Arbeitsgericht beantragt, den Schiedsspruch des Bühnenschiedsgerichts vom 20.02.2014 - BSchG C 1/12 K - sowie den Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts für Opernchöre vom 30.01.2014 - OSchG C 1/13 - in der Sache aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 13.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Schiedsklage zu zahlen.
22Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 12.05.2015 (Bl. 67 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Ausführungen des Bühnenoberschiedsgerichts Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie den Schaden wegen Nichtbeschäftigung rechtzeitig unter Beachtung der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
23Gegen das ihr am 17.06.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.07.2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 28.08.2015 begründet.
24Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, aufgrund der gehandhabten Vertragspraxis sei eine einvernehmliche Vertragsänderung hinsichtlich des Inhalts der Tätigkeit eingetreten, so dass auf das Arbeitsverhältnis die SR Solo des NV Bühne anzuwenden seien. Sie sei niemals als Tanzgruppenmitglied eingesetzt worden und werde seit dem Jahre 2008 ausschließlich im Rollenfach einer Charaktersolistin beschäftigt. Sie meint, sie habe auch mittlere und große Rollen als Charaktersolistin dargeboten. Dabei handele es sich um die „Directrice“ (mittlere bis goße Rolle) in dem Stück „Cinderella“, die „Böse Fee Carabosse“ (große Rolle) in dem Stück „Dornröschen“ sowie die „Madge“ (Große Rolle/führende Partie) in dem Stück „La Syphide“. Seit dem Jahre 2004 seien für sie keine persönlichen Ballettschuhe angeschafft worden, was jedoch für die Tätigkeiten einer Gruppentänzerin unerlässlich sei. Selbst wenn der Arbeitsvertrag den Regelungen des SR Tanz unterfalle sei der Schadensersatzanspruch begründet, denn dann komme § 54 Abs. 2 NV Bühne analog zur Anwendung. Die Interessenlage eines Gruppentänzers sei sowohl hinsichtlich des Status als auch der Arbeitsmarktsituation und des damit verbundenen Präsentationsbedürfnisses mit der Situation eines Solo-Tänzers identisch.
25Die Klägerin beantragt,
26unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln- 5 Ha 1/15 (10 Ha 6/14) - vom 12.05.2015 sowie der Schiedssprüche des Bühnenober-schiedsgerichts für Opernchöre - OSchG C 1/13 - vom 30.01.2014 und des Bühnenschiedsgerichts für Opernchöre - BSchG C /12 K - vom 20.02.2013 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 13.600,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit der Zustellung der Schiedsklage zu zahlen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Klägerin sei kein Solomitglied. Sie habe keinen konkreten Anhaltspunkt vorgetragen, ab welchem Zeitpunkt aufgrund welcher Umstände eine einvernehmliche Arbeitsvertragsänderung erfolgt sein solle. Die von der Klägerin in der Berufung angeführten Rollen seien kleinere Rollen oder Partien im Sinne des § 84 Abs. 3 NV Bühne. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte habe die Klägerin lediglich einen Anspruch auf gesonderte Vergütung gemäߧ 4 Abs. 3 ihres Arbeitsvertrages. Bei der Neufassung des NV Bühne hätten sich die Tarifvertragsparteien bewusst entschieden, einen allgemeinen Teil sowie Sonderreglungen zu den einzelnen Beschäftigungsgruppen zu schaffen. Schließlich habe die Klägerin nicht sechsmonatige tarifvertragliche Ausschlussfrist zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs wegen Nichtbeschäftigung gewahrt.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 28.08.2015 und 08.12.2015, die Sitzungsniederschrift vom 27.01.2016 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet.
33II. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die die Aufhebungsklage abzuweisen ist. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
34Nach § 110 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG kann auf die Aufhebung eines Schiedsspruchs geklagt werden, wenn er auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Das Aufhebungsverfahren ist danach in allen drei Instanzen der staatlichen Gerichtsbarkeit ein revisionsähnliches Verfahren, in dem Schiedssprüche auf Rechtsfehler überprüft werden. Die schiedsgerichtliche Entscheidung ist dabei in der Sache einer Aufhebung zugänglich. Gegenstand des Aufhebungsverfahrens ist damit das vor dem Schiedsgericht anhängig gemachte Sachbegehren (BAG, Urteil vom 15.05.2013 - 7 AZR 665/11 - m. w. N.).
351. Die Klägerin hat keinen unmittelbaren Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht angemessener Beschäftigung aus den §§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, 54 Abs. 2 SR Solo NV Bühne, denn die Klägerin ist kein Solomitglied im Sinne der tarifvertraglichen Regelungen.
36a) Die Vorschrift des § 54 NV Bühne ist Bestandteil der SR Solo. Der NV Bühne unterscheidet u.a. zwischen Tanzgruppenmitgliedern (§ 1 Abs. 1 NV Bühne) und Solomitgliedern, welche Einzeldarsteller sind (§ 1 Abs. 2 NV Bühne). Tanzgruppenmitglieder müssen nicht ausschließlich als Gruppentänzer engagiert sein. Es ist unschädlich, wenn sie darüber hinaus eine Soloverpflichtung eingehen (vgl.: Bolwin/Sponer, Bühnen- und Orchesterrecht, § 1 NV Bühne Rdn. 152). Mit dem Mitglied ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NV Bühne nach einem Muster (Anlagen 2 bis 6) ein Arbeitsvertrag abzuschließen, aus dem sich die Tätigkeit des Engagierten ergibt. Die Parteien haben vorliegend keinen Anstellungsvertrag geschlossen, wonach die Klägerin als Solomitglied angestellt ist. Vielmehr ist die Klägerin ausweislich des Arbeitsvertrags vom 26.11.2004 bei der Beklagte als Tanzgruppenmitglied beschäftigt nebst Übernahmepflicht solistischer Partien. Nach § 2 Abs. 1 des zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses geltenden NV Bühne bedurften Änderungen der Schriftform. Durch § 1 Nr. 1 des 2. Änderungstarifvertrags vom 15.01.2006 wurde § 2 Abs. 1 NV Bühne mit Wirkung vom 01.02.2006 neu gefasst (vgl. hierzu: Bolwin/Sponer, Bühnen- und Orchesterrecht, § 2 NV Bühne, Entstehungsgeschichte Rdn. 1.1). Seitdem ist ausdrücklich in § 2 Abs. 1 Satz 2 NV Bühne klargestellt, dass der Arbeitsvertrag zu seiner Wirksamkeit der Schriftform bedarf. Das Gleiche gilt nach § 2 Abs. 1 Satz 3 NV Bühne für Änderungen und Ergänzungen. Hierbei handelt es sich - wie bereits der eindeutige Tarifwortlaut zeigt - um die Normierung eines konstitutiven Schriftformerfordernisses (vgl. auch: Bolwin/Sponer, Bühnen- und Orchesterrecht, § 2 NV Bühne Rdn. 189). Die von der Klägerin angeführte einvernehmliche Änderung aufgrund des Einsatzes als Charaktersolistin seit dem Jahre 2008 vermag daher mangels Einhaltung der vorgeschriebenen Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB) eine wirksame Änderung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit nicht zu begründen.
37b) Selbst wenn man dem nicht folgen würde, ist das Berufungsgericht an die Wertungen des Bühnenoberschiedsgerichts gebunden, wonach es sich bei den Rollen lediglich um kleinere Rollen und Partien im Sinne der SR Tanz (§ 84 Abs. 3 NV Bühne) gehandelt hat, die zum Aufgabenbereich eines Tanzgruppenmitglieds gehören.
38Hinsichtlich der Klassifizierung der Rollen steht dem Bühnenoberschiedsgericht ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der als solcher den staatlichen Gerichten im Rahmen der Überprüfung des Schiedsspruchs im Aufhebungsverfahren nach § 110 ArbGG verschlossen ist. Es handelt sich um die rechtliche und tatsächliche Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs mit Kunstbezug (vgl. hierzu: BAG, Urteil vom 16.12.2010 – 6 AZR 487/09 –m. w. N.). Es kann lediglich überprüft werden, ob die Bühnenschiedsgerichte den Rechtsbegriff selbst verkannt haben, ob die Unterordnung des Sachverhalts unter den Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob die Beurteilung wegen Außerachtlassung wesentlicher Umstände oder wegen Widersprüchlichkeit offensichtlich fehlerhaft ist. Eine Sachrüge in diesem Sinne hat die Klägerin nicht erhoben, sie bewertet die übernommenen Charakterrollen lediglich abweichend zu den Einschätzungen des Bühnenoberschiedsgerichts.
392. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch aus den §§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, 54 Abs. 2 NV Bühne analog.
40a) Zum einen wurde der Beschäftigungsanspruch der Klägerin nicht verletzt, denn die die Klägerin hat gegen die Beklagte nur einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Beschäftigung als Tanzgruppenmitglieds nebst Soloverpflichtung. Dieser Anspruch wurde nicht dadurch verletzt, dass ihr – anders als einem Solomitglied (vgl. hierzu: Bolwin/Sponer, Bühnen- und Orchesterrecht, § 54 NV Bühne Rdn. 99 m.w.N.) - keine zwei Premieren oder eine Premiere mit einer bedeutenden Wiederaufnahme in der Spielzeit zugewiesen wurden.
41b) Zum anderen sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht befugt, die tarifvertragliche Bestimmung des § 54 Abs. 2 NV Bühne analog auf die nicht angemessene Beschäftigung eines Tanzgruppenmitglieds anzuwenden, selbst wenn man von einer Lückenhaftigkeit des Tarifwerks ausgehen wollte.
42aa) Eine Analogie im klassischen Sinne scheidet bei Tarifnormen aus, weil ein Tarifvertrag auch hinsichtlich enthaltener Rechtsnormen vorrangig ein Vertrag zwischen den Tarifvertragsparteien ist. Enthält der Tarifvertrag eine Lücke, kann er allenfalls unter Beachtung des Art. 9 Abs. 3 GG ergänzend ausgelegt werden. Bei einer bewussten Auslassung durch die Tarifvertragsparteien darf die tarifliche Regelungslücke schon deshalb nicht von den Gerichten geschlossen werden, weil diese nicht befugt sind, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie. Enthält ein Tarifvertrag eine unbewusste Regelungslücke, ist für eine Lückenschließung erforderlich, dass sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichende Anhaltspunkte ergeben, wie die Tarifvertragsparteien nach ihrem mutmaßlichen Willen die nicht berücksichtigte Fallkonstellation geregelt hätten, wenn sie die Lückenhaftigkeit erkannt hätten. Bestehen keine sicheren Anhaltspunkte für die mutmaßliche Regelung der Tarifvertragsparteien und sind verschiedene Regelungen denkbar, scheidet eine Ausfüllung der tariflichen Regelungslücke durch die Gerichte aus. Sie würde wiederum in die durch Art. 9 Abs. 3 GG allein den Tarifvertragsparteien zugewiesene Gestaltungsfreiheit eingreifen (BAG, Urteil vom 16.01.2013- 5 AZR 266/12 - m.w.N.).
43bb) Hiernach ist zunächst festzustellen, dass die Tarifvertragsparteien ausdrücklich differenzierte Sonderregelungen für die einzelnen Beschäftigungsgruppen, wie die SR Solo (§§ 54 ff. NV Bühne), die SR Bühnentechniker (§§ 63 ff. NV Bühne), die SR Chor (§§ 71 ff. NV Bühne) und die SR Tanz (§§ 84 ff. NV Bühne) vereinbart haben, was aufgrund der ausgefeilten Systematik gegen die Annahme einer bewussten oder unbewussten Regelungslücke im NV Bühne spricht. Selbst wenn man jedoch eine unbewusste Regelungslücke hinsichtlich der angemessenen Beschäftigung eines Tanzgruppenmitglieds annehmen wollte, so verbleibt jedenfalls ein Entscheidungsspielraum der Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Regelungen der Angemessenheit einer Beschäftigung, wobei angesichts des unterschiedlichen Präsentationsbedürfnisses sowie der Wahrnehmbarkeit von Einzeldarstellern einerseits und Tanzgruppenmitgliedern andererseits unterschiedliche Gestaltungsregelungen denkbar sind.
443) Abschließend überzeugt auch nicht die pauschalierte Berechnung des Schadens durch die Klägerin. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht für einen Solokünstler nicht beanstandet, dass die Gerichte der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit die Schadenshöhe wegen nicht angemessener Beschäftigung nach erfahrungsbegründetem Wissen schätzen und je nach Ausmaß der Nichtbeschäftigung und des Wertes des Anschlussengagements bis zu sechs Monatsgagen zusprechen (vgl.: BAG, Urt. 12.11.1985– 3 AZR 576/83 – m.w.N.). Ein solcher Erfahrungswert ist aber für die nicht vertragsgemäße Beschäftigung eines Tanzgruppenmitglieds nicht feststellbar und wurde von der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit – soweit ersichtlich - auch noch nicht aufgrund des spezifischen Erfahrungswissens dieser Schiedsgerichtsbarkeit entwickelt. Es verbleibt daher bei den allgemeinen Grundsätzen zur Schadensschätzung im Rahmen des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss der Geschädigte im Regelfall darlegen und beweisen (vgl. im Einzelnen: BAG, Urteil vom 26.09.2012 – 10 AZR 370/10 – m.w.N.). Solche Anknüpfungstatsachen sind im Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich.
45III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
46IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.
47Rechtsmittelbelehrung
48Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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(1) Auf Aufhebung des Schiedsspruchs kann geklagt werden,
- 1.
wenn das schiedsgerichtliche Verfahren unzulässig war; - 2.
wenn der Schiedsspruch auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht; - 3.
wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen gegen ein gerichtliches Urteil nach § 580 Nr. 1 bis 6 der Zivilprozeßordnung die Restitutionsklage zulässig wäre.
(2) Für die Klage ist das Arbeitsgericht zuständig, das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig wäre.
(3) Die Klage ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen zu erheben. Die Frist beginnt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 mit der Zustellung des Schiedsspruchs. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 beginnt sie mit der Rechtskraft des Urteils, das die Verurteilung wegen der Straftat ausspricht, oder mit dem Tag, an dem der Partei bekannt geworden ist, daß die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens nicht erfolgen kann; nach Ablauf von zehn Jahren, von der Zustellung des Schiedsspruchs an gerechnet, ist die Klage unstatthaft.
(4) Ist der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, so ist in dem der Klage stattgebenden Urteil auch die Aufhebung der Vollstreckbarkeitserklärung auszusprechen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Auf Aufhebung des Schiedsspruchs kann geklagt werden,
- 1.
wenn das schiedsgerichtliche Verfahren unzulässig war; - 2.
wenn der Schiedsspruch auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht; - 3.
wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen gegen ein gerichtliches Urteil nach § 580 Nr. 1 bis 6 der Zivilprozeßordnung die Restitutionsklage zulässig wäre.
(2) Für die Klage ist das Arbeitsgericht zuständig, das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig wäre.
(3) Die Klage ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen zu erheben. Die Frist beginnt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 mit der Zustellung des Schiedsspruchs. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 beginnt sie mit der Rechtskraft des Urteils, das die Verurteilung wegen der Straftat ausspricht, oder mit dem Tag, an dem der Partei bekannt geworden ist, daß die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens nicht erfolgen kann; nach Ablauf von zehn Jahren, von der Zustellung des Schiedsspruchs an gerechnet, ist die Klage unstatthaft.
(4) Ist der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, so ist in dem der Klage stattgebenden Urteil auch die Aufhebung der Vollstreckbarkeitserklärung auszusprechen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
(1) Auf Aufhebung des Schiedsspruchs kann geklagt werden,
- 1.
wenn das schiedsgerichtliche Verfahren unzulässig war; - 2.
wenn der Schiedsspruch auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht; - 3.
wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen gegen ein gerichtliches Urteil nach § 580 Nr. 1 bis 6 der Zivilprozeßordnung die Restitutionsklage zulässig wäre.
(2) Für die Klage ist das Arbeitsgericht zuständig, das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig wäre.
(3) Die Klage ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen zu erheben. Die Frist beginnt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 mit der Zustellung des Schiedsspruchs. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 beginnt sie mit der Rechtskraft des Urteils, das die Verurteilung wegen der Straftat ausspricht, oder mit dem Tag, an dem der Partei bekannt geworden ist, daß die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens nicht erfolgen kann; nach Ablauf von zehn Jahren, von der Zustellung des Schiedsspruchs an gerechnet, ist die Klage unstatthaft.
(4) Ist der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, so ist in dem der Klage stattgebenden Urteil auch die Aufhebung der Vollstreckbarkeitserklärung auszusprechen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.