Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 22. März 2016 - 7 TaBV 49/15
Tenor
1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 20.03.2015 – 1 BV 22/14 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten des vorliegenden Beschlussverfahrens streiten um die zutreffende Ein- bzw. Umgruppierung (im Folgenden: Eingruppierung) von noch 14 (ursprünglich 17) Beschäftigten, die als sogenannte Senior Private Banking Berater (SPBB) in den Filialen der Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) im Betrieb Westfalen tätig sind. Antragsgegner ist der für diesen Betrieb gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat), dessen Sitz E ist.
4Im Betrieb der Arbeitgeberin finden unter anderem die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der jeweils gültigen Fassung Anwendung (nachfolgend: MTV). Für den außertariflichen Bereich (AT) einschließlich der Funktionen, die eine Entwicklung in den AT-Bereich vorsehen, wird bei der Arbeitgeberin das sogenannte „Funktionsmodell ComMap“ angewandt. Diesem Funktionsmodell liegt eine Konzernbetriebsvereinbarung vom 30.06.2008 zugrunde, die im Wesentlichen beschreibt, dass sämtliche AT-Funktionen im D-Konzern Karriereleitern und dort wiederum Karrierestufen zuzuordnen sind. In § 2 der vorbezeichneten Konzernbetriebsvereinbarung heißt es unter Ziffer 2 unter anderem, dass Basis für diese Zuordnung ein klares Anforderungsprofil für jede Karrierestufe sei. Der Konzernbetriebsvereinbarung ist unter anderem eine Anlage 2 beigefügt, aus der sich die Karriereleitersystematik als „Kernstück von ComMap“ im Einzelnen ergibt. Daneben beschreibt die Konzernbetriebsvereinbarung unter „§ 3 Grading Committee“ ein Verfahren über die Zuordnung von Funktionen zu Karriereleitern und Karrierestufen. Wegen der Konzernbetriebsvereinbarung im Einzelnen wird auf die zur Akte gereichte Fotokopie Bl. 38 bis 46 d.A. Bezug genommen.
5Über die Einführung des Funktionsmodells ComMap in der D AG, also bei der Arbeitgeberin, schloss sie unter dem 22.06.2011 eine Gesamtbetriebsvereinbarung, in deren Präambel auf die bereits genannte Konzernbetriebsvereinbarung Bezug genommen wird. Sie beschreibt unter anderem unter „§ 5 Rechte der Arbeitnehmervertretungen“, dass der jeweilige örtliche Betriebsrat bei „künftigen Zuordnungen des Mitarbeiters in die entsprechenden Karrierestufen gemäß den Beteiligungsrechten nach § 99 BetrVG beteiligt [wird]“. Wegen der Einzelheiten derGesamtbetriebsvereinbarung wird auf die Kopie Bl. 47 – 49 d.A. Bezug genommen.
6Zwischen den Beteiligten ist – soweit man die Rechtswirksamkeit der Konzern- und Gesamtbetriebsvereinbarung unterstellt – nicht im Streit, dass im Rahmen der Karriereleitersystematik von ComMap für die so bezeichneten SPBB der Bereich „kundensegmentspezifisch Verkaufen“ und darunter die Karriereleiter „Retail Banking Vertrieb/Marktfolge“ ausschließlich in Betracht kommt. Dabei ist ebenso nicht im Streit, dass eine Zuordnung zu RB 1 der Eingruppierung im tariflichen Bereich zur Tarifgruppe 8 MTV entspricht. In diese Tarifgruppe sind die Private Banking Berater (PBB) zutreffend eingruppiert, wie im Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10.12.2013, 7 TaBV 78/13 juris, festgestellt wurde.
7In der Stellenbeschreibung, die die Beteiligten übereinstimmend der Tätigkeit des SPBB zugrunde legen, sind umfassende Einzelheiten zum Tätigkeitsbereich, zum Zweck der Stelle, zu den Hauptaufgaben, zur Ausbildung und Berufserfahrung sowie zum Fachwissen dargestellt. In der Stellenbeschreibung heißt es unter „ComMap-Zuordnung“, dass die „Karrierestufe bzw. Tarifgruppe RB 02“ anzuwenden sei. Wegen der Einzelheiten der Stellenbeschreibung wird auf die Kopie Bl. 97 – 99 d.A. Bezug genommen.
8Die Arbeitgeberin legt ihren Eingruppierungsentscheidungen darüber hinaus eine Übersicht über die qualitativen Anforderungskriterien der Karrierestufen Retail Banking Vertrieb, Stufen 1 bis 5, zugrunde. Dort finden sich nähere Beschreibungen der einzelnen Karrierestufen unter den Oberbegriffen allgemeines Profil, Fachkenntnisse, Erarbeitung und Darstellung von Lösungen, Businessorientierungen sowie Arbeitsbeziehungen, die in einer Zusammenfassung unter dem Oberbegriff „qualitative Anforderungskriterien“ nochmals verschriftlicht sind. Wegen der Übersichten wie auch der „qualitativen Anforderungskriterien“ wird auf die zur Akte gereichten Anlagen Bl. 50 – 57 d.A. Bezug genommen.
9Die Arbeitgeberin verfügt über kein Stellenprofil, welches ausschließlich in die ComMap Stufe RB 3 (Vertrieb) eingewertet ist. Nach ihrem Vorbringen liegt das darin begründet, dass es derzeit keine sogenannten originären Eingruppierungen in die Stufe RB 3 gebe.
10Bei der Arbeitgeberin fanden umfassende Umstrukturierungsmaßnahmen statt, unter anderem der sogenannte Umsetzungsprozess der „Strategie 2016“. Hiermit verbunden war auch die Zuweisung neuer Funktionen an zahlreiche Beschäftigte, die dem Betriebsrat unter dem 27.12.2013 im Intranet der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt wurde (vgl. die E-Mail vom 27.12.2013, Bl. 58 und 59 d.A.). In Umsetzung dieser sogenannten Wanderungsbilanz unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat jeweils schriftlich über die beabsichtigte Versetzung der im Antrag bezeichneten Beschäftigten auf die Position des SPBB, verbunden mit der Eingruppierung in die ComMap Stufe RB 2. In der Folgezeit kam es zu weiteren, einzelnen Versetzungen von Beschäftigten in die Funktion des SPBB, ebenso verbunden mit der Eingruppierung in die Karrierestufe RB 2, die im Laufe des vorliegenden Beschlussverfahrens jeweils im Wege von Antragserweiterungen Verfahrensgegenstand geworden sind.
11Der Betriebsrat stimmte den jeweiligen Versetzungen zu und verweigerte fristgerecht die Zustimmung zu den Eingruppierungen unter Hinweis darauf, dass ein Verstoß gegen die Gesamtbetriebsvereinbarung in Verbindung mit der Konzernbetriebsvereinbarung über das Funktionsmodell ComMap vorliege, indem es an einer einvernehmlichen Entscheidung des sogenannten Grading Committee nach § 3 der Konzernbetriebsvereinbarung fehle und darüber hinaus eine Einstufung in die ComMap Stufe 2 unzutreffend sei. Vielmehr müsse die Funktion des SPBB eine Einstufung in die RB 3 nach sich ziehen. Wegen der Einzelheiten der schriftlich formulierten Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates wird exemplarisch auf dessen Mitteilung vom 17.01.2014, Bl. 93 bis 95 d.A., Bezug genommen.
12Mit dem vorliegenden Antrag im Beschlussverfahren, beim Arbeitsgericht Dortmund zunächst betreffend acht Eingruppierungen von SPBB sowie einer Eingruppierung eines Senior Geschäftskundenberaters und einer Umgruppierung eines tariflichen Mitarbeiters, eingegangen am 14.03.2014 und – wie beschrieben – im weiteren Verlauf des Verfahrens mehrfach erweitert, begehrt die Arbeitgeberin die verweigerte Zustimmung des Betriebsrates gerichtlich ersetzen zu lassen. Soweit die Zustimmungsverweigerung zur beabsichtigten Einstufung des Senior Geschäftskundenberaters betroffen ist, hat das Arbeitsgericht Dortmund das Beschlussverfahren zur selbstständigen Entscheidung abgetrennt; die Umgruppierung des tariflichen Mitarbeiters hat sich im Laufe des Verfahrens erledigt.
13Die Arbeitgeberin hat vorgetragen:
14Konzern- und Gesamtbetriebsvereinbarung über das Funktionsmodell ComMap würden eine wirksame Rechtsgrundlage für die Einstufung außertariflicher Beschäftigter bilden. Der Konzernbetriebsrat sei für den Abschluss der Betriebsvereinbarung zuständig gewesen, da es sich um eine zwingend auf Konzernebene zu regelnde Angelegenheit handele. Zielsetzung der Arbeitgeberin sei, konzernweit transparente und durchlässige Karrierewege zu schaffen. Dies bedinge einheitliche Bewertungskriterien und Regelungen innerhalb des Konzerns sowie für alle Konzernunternehmen. Die Umsetzung der Konzernbetriebsvereinbarung in den einzelnen Konzernunternehmen sei sodann zwingend dem Gesamtbetriebsrat zu übertragen gewesen, was der Betriebsrat auch nicht in Zweifel ziehe. Darüber hinaus seien die im Funktionsmodell beschriebenen Anforderungsmerkmale an die jeweiligen Karrierestufen hinreichend bestimmend und transparent. Soweit das Funktionsmodell ComMap unbestimmte Rechtsbegriffe als qualitative Anforderungskriterien verwende, sei dies rechtlich nicht zu beanstanden, da es Eingruppierungsmerkmalen immanent sei. Es bedürfe der Beschreibung abstrakter Kriterien, wie sie auch in zahlreichen Tarifverträgen zur Anwendungen kommen würden.
15Das in der Konzernbetriebsvereinbarung beschriebene „Grading Committee“ sei am Verfahren ordnungsgemäß beteiligt worden. Wegen der Darstellung hierzu wird auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 04.08.2014, Bl. 191 ff. d.A., Bezug genommen.
16Darüber hinaus seien die SPBB zutreffend in die RB 2 einzugruppieren. Dies ergebe sich schon vom Wortlaut der Anforderungsmerkmale in Abgrenzung zu den Voraussetzungen einer Eingruppierung in die RB 3. Vorauszuschicken sei, dass sich die SPBB von den sogenannten Private Banking Beratern abheben würden, die – nach rechtskräftiger Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm – in die TG 08 MTV einzugruppieren seien. Die nächste Stufe stelle dementsprechend als erste außertarifliche Vergütungsstufe die RB 2 dar.
17Im Einzelnen:
18Innerhalb des allgemeinen Profils sei es nicht Aufgabe der betroffenen Beschäftigten, einen zeitlichen Rahmen für die eigenen Aufgaben festzulegen, z.B. einen Jahresplan zu entwickeln. Vertriebsaktivitäten plane das Geschäftsfeld bzw. die Filiale. SPBB müssten lediglich die Umsetzung für eigene Kunden organisieren. SPBB würden trotz zusätzlicher Kenntnisse im Wertpapier- und/oder Finanzierungsgeschäft weiterhin Generalisten sein, wie die Stellenbeschreibung dokumentiere. Die Arbeitgeberin stelle ausgefeilte vertriebsunterstützende Instrumente, wie z.B. den Kundenkompass zur Verfügung. Diese Unterstützungsinstrumente würden für ein bestimmtes Kundenprofil eine Auswahl passender Produkte und Lösungen vorschlagen, die vom Berater sodann vorgestellt würden. Der SPBB habe nicht die Aufgabe, Produkte und Lösungen mit Hilfe neuer und innovativer Vertriebstechniken zu vertreiben; es würden nur die von der Arbeitgeberin vorgegebenen Produkte und Lösungen verwendet, ebenso wie Standard-Vertriebstechniken.
19Unter der Rubrik „Fachkenntnisse“ bedinge vorstehendes zugleich, dass neue Fachkenntnisse aufgebaut werden müssten, um die RB 3 zu erreichen.
20In der qualitativen Anforderung „Erarbeitung und Darstellung von Lösungen“ erfordere die Stufe RB 2 nicht die Erstellung eines Jahresplans für den eigenen Bereich und die Planung eigener Ressourcen und deren Organisation. Planung und Vereinbarung von Kundenterminen und Vertriebsaktivitäten und die Entwicklung und Ableitung der erforderlichen Maßnahmen seien Gegenstand der Anforderungen für die RB 2. Unter „Businessorientierung“ habe der Berater der RB 3 eine eigene Ertragsverantwortung in Form eigener Budgetverantwortung, z.B. im Rahmen eigener Vertriebsprojekte. Die Formulierung „Ertrags- und Bestandsverantwortung“ in der RB 2 sei keine Ertragsverantwortung im Sinne der RB 3, sondern weise nur darauf hin, dass der Berater auf einen Geschäftsabschluss hin beraten, also Erträge generieren solle.
21Das Anforderungsmerkmal „Arbeitsbeziehungen“ verlange vom SPBB, Informationen adressatengerecht zu vermitteln und Produkte und Lösungen mittlerer Komplexität verständlich zu machen. Der Bereich Teamarbeit usw. bedeute, dass der Berater der RB 2 fachlich anleite und kollegial berate und zwar im Sinne eines Multiplikators für ausgewählte Themen.
22Soweit der Betriebsrat vorprozessual auch darauf hingewiesen habe, dass vereinzelt SPBB in RB 3 eingestuft seien, so liege gleichwohl kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Zahlreiche Einstufungen von Mitarbeitern in die RB 2 und höher im Betrieb Westfalen würden auf Vereinbarungen beruhen, welche die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat getroffen habe, um Streitigkeiten über Einstufungen nach ComMap zu beenden oder zu vermeiden, auch wenn die Anforderungskriterien nicht erfüllt gewesen seien.
23Die Arbeitgeberin hat beantragt,
24die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten Einstufung
25a) des Mitarbeiters C,
26b) des Mitarbeiters L,
27c) des Mitarbeiters S,
28d) der Mitarbeiterin T,
29e) des Mitarbeiters T1,
30f) der Mitarbeiterin T2,
31g) des Mitarbeiters T3,
32h) des Mitarbeiters S1,
33i) der Mitarbeiterin X,
34j) des Mitarbeiters S2,
35k) der Mitarbeiterin S3,
36l) der Mitarbeiterin N,
37m) der Mitarbeiterin H,
38n) der Mitarbeiterin M,
39o) des Mitarbeiters X1,
40p) des Mitarbeiters X2,
41q) der Mitarbeiterin E
42in der Funktion Senior Private Banking Berater in die Karrierestufe 2 der Karriereleiter Retail Banking-Vertrieb zu ersetzen.
43Der Betriebsrat hat beantragt,
44den Antrag abzuweisen.
45Er hat vorgetragen:
46Die Konzernbetriebsvereinbarung über das Funktionsmodell ComMap sei keine geeignete Rechtsgrundlage für die beabsichtigte Eingruppierung, da diese rechtsunwirksam sei. Allein der von der Arbeitgeberin verfolgte Zweck einer konzerneinheitlichen Struktur für die Bewertung von AT-Beschäftigten bedeute nicht, dass der Konzernbetriebsrat zwingend zuständig sei. Die Arbeitgeberin bewege sich nämlich nicht im Bereich freiwilliger Leistungen, da die Vergütung der Beschäftigten nicht „freiwillig“ sei. Allein die Zweckbestimmung einer Leistung könne daher die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates nicht begründen. Unterstelle man die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates, so verwende die Eingruppierungssystematik keine unbestimmten Rechtsbegriffe, sondern unbestimmbare, was ebenfalls zur Unwirksamkeit führe. Schließlich sei das Grading Committee im Sinne der Konzernbetriebsvereinbarung nach Informationen des Betriebsrates nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.
47Schlussendlich sei eine Eingruppierung der SPBB in die RB 2 nicht zutreffend. Er lege nämlich einen zeitlichen Rahmen für die von ihm zu erbringenden Leistungen fest, der bei den Quartalsgesprächen mit dem Vorgesetzten zu erörtern und zu dokumentieren sei. Dies sei Eingruppierungsmerkmal der RB 3. SPBB würden mit komplexen Kundenbedürfnissen konfrontiert, was durch die Stellenbeschreibung dokumentiert werde. Spezielles Fachwissen sei dementsprechend zwingend erforderlich und auf sämtliche Vertriebstechniken anzuwenden. Ebenso ergebe sich aus einem Vergleich der Anforderungsprofile, dass sowohl in der RB 2 als auch in der RB 3 Ertragsverantwortung für den jeweiligen Bereich verlangt werde.
48Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt, da eine Vielzahl von SPBB Vergütungen nach RB 3 erhalten. Es handele sich hierbei nicht um Einzelfälle, sondern um gestaltende Entscheidungen der Arbeitgeberin außerhalb der unmittelbaren Anwendung von „ComMap“.
49Durch Beschluss vom 20.03.2015, der Arbeitgeberin unter dem 01.06.2015 zugestellt, hat das Arbeitsgericht die Anträge abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Arbeitgeberin sei es trotz entsprechender Hinweise und einer Auflage des Gerichts nicht gelungen, Tätigkeitsbeispiele und Abläufe zu nennen, die die im Antrag bezeichneten Beschäftigten ausüben würden. Sie habe sich insoweit ausschließlich auf die Übersichten zum Funktionsmodell ComMap berufen, aus denen sich aber nicht ergebe, dass die SPBB zwingend der RB 2 zuzuordnen seien. Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf Bl. 298 bis 307 d.A. Bezug genommen.
50Hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin mit der vorab am 01.07.2015 per Telefax beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 14.09.2015, am selben Tage ebenfalls vorab per Telefax beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Beschwerde.
51Sie trägt vor:
52Die Konzernbetriebsvereinbarung über die Einführung des Funktionsmodells ComMap sei wirksam, insbesondere sei der Konzernbetriebsrat originär zuständig gewesen. Die Konzernbetriebsvereinbarung stelle nämlich nicht nur ein reines Vergütungssystem dar, sondern beschreibe konzernweit einheitliche Karrierewege und Bewertungskriterien. Es handele sich hierbei um ein Gesamtkonzept hinsichtlich eines bestimmten Auftretens am Markt und könne zur Schaffung eines positiven Images nur konzernübergreifend geregelt werden. Darüber hinaus habe der Gesamtbetriebsrat durch die vorgelegte Gesamtbetriebsvereinbarung bestimmt, dass er sich den Inhalt der Konzernbetriebsvereinbarung vollständig zu eigen mache. Damit komme es auf die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates im Ergebnis nicht an. Das in der Konzernbetriebsvereinbarung beschriebene Grading Committee sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Auf den Vortrag der Arbeitgeberin in der Beschwerdebegründung, dort Bl. 14 und 15 (Bl. 356, 357 d.A.) wird Bezug genommen.
53Schließlich seien die SPBB zutreffend in die RB 2 einzugruppieren. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei insoweit rechtsfehlerhaft, als dass die Arbeitgeberin sehr wohl die einzelnen Arbeitsaufgaben des SPBB durch Vorlage der Stellenbeschreibung dargelegt und dem Eingruppierungsmerkmal bzw. den Anforderungskriterien der RB 2 zugeordnet habe.
54Im Einzelnen:
55Die Ziele des SPBB und deren Umsetzung würden zentral und in kurzen Abständen von der Arbeitgeberin vorgegeben und gesteuert. Hierzu gebe es Orientierungswerte für die einzelnen Beraterfunktionen in den einzelnen Filialen. Hierzu würden dann jeweils Zielerreichungsgespräche mit dem Filialleiter durchgeführt. Eine eigenständige längerfristige Planung für die Aufgabenerfüllung sei weder notwendig noch gestattet. Der SPBB der Stufe RB 2 ermittle den Bedarf des Kunden standardisiert mittels zentraler Vorgaben durch die Systeme Kundenkompass, Erfolgscockpit, TOM-Der Termin- und Organisationsmanager, EVA-Elektronische Vertriebsanwendung sowie CobaHYP. Die Anwendung innovativer Produkte werde nicht vorausgesetzt; diese würden nämlich einen vom Standard abweichenden Vertriebsansatz bedeuten, der auf der Karrierestufe RB 2 weder erwartet noch gewünscht werde. Ebenso habe das Arbeitsgericht verkannt, dass in der RB 2 eine Ertragsorientierung erwartet werde und in der RB 3 eine Ertragsverantwortung. Darin liege ein objektiv nachvollziehbarer Unterschied. Ertragsverantwortung sei auf eine eigene im jeweiligen Geschäftsjahr verantwortete Einheit bzw. ein Bereich zu beziehen. Es könne daher nur von Ertragsverantwortung ausgegangen werden, wenn eine eigene über die Stufe RB 2 hinaus gehende Ertragsorientierung bestehe. In der Stufe RB 2 werde lediglich an einem vom Vorgesetzten festgelegten Teamziel für Qualität, Wachstum und Ertrag gemessen; in der RB 3 werde die Verantwortung des Ergebnisses des Bereichs erwartet. In der RB 3 gebe es eine eigene Budgetverantwortung zur Organisation und Durchführung kundenspezifischer Veranstaltungen. Damit korrespondiere auch die erwähnte Jahresplanung. Es handele sich um eine deutlich höhere Verantwortung in der RB 3. Das erforderliche Fachwissen in der RB 3 mit der Fähigkeit zum Einsatz neuer und innovativer Vertriebstechniken gehe weit über die fachliche Expertise des SPBB hinaus und könne sich auch auf besondere Kenntnisse in Gebieten, die nicht zum direkten Aufgabengebiet gehören würden, beziehen, z.B. im Bereich Sachversicherung.
56Die vom Arbeitsgericht erteilte Auflage zur Darstellung von Tätigkeitsbeispielen und Tagesabläufen zur Verdeutlichung der Unterschiede zwischen den Karrierestufen RB 3 und RB 2 sei nicht vollständig erfüllbar gewesen, da die Arbeitgeberin über kein Stellenprofil verfüge, welches ausschließlich der RB 3 zuzuordnen sei. Die derzeit auf dieser Stufe beschäftigten SPBB seien lediglich aufgrund ihrer vorherigen höheren Vergütung und entsprechendem Vertrauensschutz nach Umstrukturierung im Privatkundengeschäft in die Stufe 3 eingegliedert worden. Die Tätigkeit sei identisch mit denen der SPBB der Stufe RB 2.
57Unter dem 07.08.2015 habe die Arbeitgeberin eine analytische Einzelbewertung bei der Unternehmensberatung U X3 in Auftrag gegeben. Wegen der Einzelheiten der von der Unternehmensberatung erstellten Präsentation wird auf Bl. 379 bis 405 d.A. Bezug genommen.
58Schließlich verweise die Arbeitgeberin auf die Beschreibung einer beispielhaftenArbeitswoche des SPBB. Auf die Darstellung Bl. 377 d.A. wird Bezug genommen.
59Nach übereinstimmender Erledigungserklärung betr. dreier antragsmäßig genannter Beschäftigte und der darauf erfolgten Einstellung des Beschlussverfahrens beantragt die Arbeitgeberin,
60den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 20.03.2015, 1 BV 22/14, abzuändern und die verweigerte Zustimmung des Antragsgegners zu der beabsichtigten Einstufung der Mitarbeiter
61a) des Mitarbeiters C,
62b) des Mitarbeiters L,
63c) der Mitarbeiterin T,
64d) des Mitarbeiters T1,
65e) der Mitarbeiterin T2,
66f) des Mitarbeiters T3,
67g) des Mitarbeiters S1,
68h) der Mitarbeiterin X,
69i) des Mitarbeiters S2,
70j) der Mitarbeiterin N,
71k) der Mitarbeiterin H,
72l) der Mitarbeiterin M,
73m) des Mitarbeiters X2,
74n) der Mitarbeiterin E
75in der Funktion Senior Private Banking Berater in die Karrierestufe 2 der Karriereleiter Retail Banking-Vertrieb zu ersetzen.
76Der Betriebsrat beantragt,
77die Beschwerde zurückzuweisen.
78Er trägt vor:
79Der Betriebsrat gehe nach wie vor davon aus, dass die Arbeitgeberin bislang keine konkreten Tätigkeitsbeispiele und Abläufe genannt habe, aus denen sich eine eindeutige Zuordnung zur Karrierestufe RB 2 ergebe. Soweit sie in der Beschwerdebegründung eine Beschreibung einer beispielhaften Arbeitswoche vorgelegt habe, würden sich dieser weder konkrete Tätigkeiten noch Arbeitsabläufe entnehmen lassen. Beispielhaft sei auf den Punkt „Vorbereitung Kundengespräch“ verwiesen, der nicht erkennen lasse, welche konkreten Vorbereitungshandlungen erforderlich seien. Eine Abgrenzung zwischen den Karrierestufen RB 2 und RB 3 sei auf der Grundlage der Beschreibung einer beispielhaften Arbeitswoche nicht möglich.
80Der Betriebsrat folge der Arbeitgeberin nicht, soweit sie meine, Ergebnisverantwortung der Stufe RB 3 bedeute, dass ein eigenständiges Budget zur Verfügung gestellt sein müsse. Soweit er wisse, würden außerhalb der Führungsebene keinem Beschäftigten eigene Budgets zur Verfügung gestellt. Die Führungsebene wiederum sei vorliegend nicht zu betrachten, da es sich nach dem Modell ComMap um eine eigene Karriereleiter handele, in die die Kundenberater, gleich welcher Stufe, nicht einzuordnen seien. Jeder Berater entscheide eigenständig, welche Produkte er anwende. In diesem Sinne werde von jedem Berater auch eine Jahresplanung vorgenommen. Die von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Arbeitshilfen würden von sämtlichen Kundenberatern, unabhängig von der Karrierestufe, genutzt. Eine Differenzierung zwischen kurzfristigen und langfristigen Zielen sei schon deshalb ausgeschlossen, weil bankenrechtliche Vorgaben sich insoweit geändert hätten und kurzfristige Ziele nicht mehr verfolgt werden dürften. Soweit die Arbeitgeberin darauf hinweise, der SPBB führe keinen eigenen Bereich, so sei dies zwar zutreffend, aber ebenso irrelevant. Die Führung eines eigenen Bereiches finde sich in der Karriereleiter als Merkmal für die Führungskräfte, nicht für die Kundenberater.
81Keiner der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Berater entwickle neue Produkte. Jedes Produkt, welches einem Kunden vorgeschlagen werde, müsse von der Arbeitgeberin freigegeben sein. Die bezogen auf die von den Kundenberatern vorzuschlagenden Produkte notwendige Beratung sei selbstverständlich individuell, und zwar unabhängig von der Karrierestufe und ebenso im Bereich der RB 3 geboten.
82Soweit die Arbeitgeberin in der Beschwerde darauf hingewiesen habe, sie habe die Auflage des Arbeitsgerichts in punkto „Tätigkeitsbeschreibung“ so umfassend wie möglich erfüllt, werde deutlich, dass die Formulierungen in der Abgrenzung zwischen RB 2 und RB 3 keine tauglichen Kriterien bilden würden.
83Schließlich sei auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinzuweisen, wonach die gerichtliche Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrates voraussetze, dass die vom Arbeitgeber beabsichtigte Eingruppierung zutreffend ist, wobei dem Arbeitgeber eine objektive Feststellungslast treffe. Schließlich gehe der Betriebsrat davon aus, dass die SPBB tatsächlich in die RB 3 einzugruppieren sind. Die SPBB seien keine Generalisten, sondern Spezialisten, wie sich bereits aus der Stellenbeschreibung ergebe. Der weitaus überwiegende Teil der von der Arbeitgeberin vorgelegten Stellenbeschreibung lasse sich ohne weiteres der RB 3 zuordnen.
84Schlussendlich verbleibe der Betriebsrat dabei, dass der Konzernbetriebsrat zum Abschluss der Konzernbetriebsvereinbarung über das Funktionsmodell ComMap nicht zuständig gewesen sei. Auf die Rechtsausführungen des Betriebsrates in der Beschwerdeerwiderung vom 01.12.2015, dort Bl. 13 bis 15 (Bl. 446 – 448 d.A.) wird Bezug genommen.
85Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
86B.
87I. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden gemäß § 87 Abs. 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO.
88II. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist nicht begründet, da das Arbeitsgericht die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung zutreffend abgelehnt hat, da die im Antrag genannten Beschäftigten nicht in die Entgeltgruppe RB 2 des Funktionsmodells ComMap einzugruppieren sind mit der Folge, dass dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2BetrVG zur Seite stand.
891. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.
90a) Die Arbeitgeberin verfolgt ihr Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG streitig, nämlich die zutreffende Eingruppierung der genannten Senior Private Banking Berater und damit verbunden die Frage der Berechtigung der Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 BetrVG.
91b) An dieser Stelle kam es für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG nicht darauf an, aus welchem Rechtsgrund die von den Beteiligten herangezogenen Eingruppierungsvorschriften anzuwenden sind; maßgeblich ist insoweit allein, dass die Arbeitgeberin – streitlos – im Betrieb ein bestimmtes System der Eingruppierung zur Anwendung bringt (LAG Hamm, Beschluss vom 21.02.2014, 13 TaBV 40/13 juris; Fitting, BetrVG 27. Aufl., § 99 Rdnr. 79 c m. zahlreichen N.).
922. Der Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ist unbegründet.
93a) Allerdings ist vorauszuschicken, dass einiges dafür spricht - ohne dass die Beschwerdekammer das abschließend entscheiden musste -, dass rechtliche Bedenken gegen die Konzernbetriebsvereinbarung zur Einführung des Funktionsmodells ComMap weder unter dem Gesichtspunkt der Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG noch unter dem Gesichtspunkt der vom Betriebsrat monierten fehlenden Bestimmtheit der Eingruppierungsmerkmale bestehen.
94aa) Gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG ist der Konzernbetriebsrat zuständig, wenn eine konzerneinheitliche Regelung zwingend geboten ist. Dabei gehen die Beteiligten unter zutreffender Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass eine alleinige Zweckmäßigkeit der konzerneinheitlichen Regelung nicht ausreicht, um die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates zu begründen. Auf die Wiedergabe der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird an dieser Stelle verzichtet. Allerdings neigt die Beschwerdekammer dazu, der Arbeitgeberin insoweit zu folgen, als dass sie davon ausgeht, dass das Funktionsmodell ComMap keine reine Vergütungsregelung darstellt, bei der im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.03.2010, 1 ABR 82/08, Bedenken bestehen könnten, ob sie nicht gleichwohl – gegebenenfalls sogar den örtlichen – Betriebsräten übertragen ist. Denn das Funktionsmodell ComMap als solches ist nicht mit absoluten Vergütungen hinterlegt, sondern nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Arbeitgeberin sowie der vorgelegten Konzernbetriebsvereinbarung nebst Anlagen zunächst eine Beschreibung der möglichen Karrierestufen für Beschäftigte im gesamten Konzern. Ebenso ist nicht streitig geworden, dass die jeweiligen Karrierestufen mit Gehaltsbändern hinterlegt sind, also selbst die Einstufung in eine der Karrierestufen nicht zwingend eine identische Vergütung im Sinne eines reinen Vergütungsmodells bedeutet. Damit liegt der übergeordnete Zweck des Funktionsmodells ComMap darin, dass die Arbeitgeberin ausschließlich konzerneinheitlich festlegen will, dass in allen Konzernunternehmen eine einheitliche, transparente und nachvollziehbare Vergütungssystematik besteht, die insbesondere bei Wechseln in verschiedenen Konzernunternehmen die Übersicht über die Karrieremöglichkeiten schafft. Anders als bei reinen Vergütungsmodellen, bei denen dem Arbeitgeber die alleinige Zweckbestimmung der Leistung schon deswegen entzogen ist, weil es sich bei Vergütungsfragen gemäß §§ 611, 612 BGB nicht ausschließlich um freiwillige Leistungen handelt, ist die Festlegung eines Karrierestufensystems davon grundsätzlich zu unterscheiden und kann die zwingende konzerneinheitliche Behandlung rechtfertigen.
95Hinzu kommt, dass in der Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Institutsvergütungsverordnung - InstitutsVergV) in dessen § 27 Abs. 1 Satz 1 bestimmt ist, dass in Unternehmen einer Institutsgruppe eine gruppenweite Vergütungsstrategie festzulegen ist. Zwar kann es sich – hiervon geht erkennbar keiner der Beteiligten aus – bei den Regelungen der InstitutsVergV nicht um eine abschließende, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates im Sinne des § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausschließende Regelung halten (vgl. Löw/Glück, Vergütung bei Banken im Spannungsfeld von Arbeits- und Aufsichtsrecht, NZA 2015, S. 137 zu VIII.5.; Annuß, Risikomanagement und Vergütungspolitik - Die Institutsvergütungsverordnung aus arbeitsrechtlicher Sicht, NZA Beilage 2014, 121 zu III.2; unklar insoweit Richardi, BetrVG 15.A., § 87 Rdnr. 62). Allerdings spricht die gesetzliche Verpflichtung zur Festlegung einer gruppenweiten Vergütungsstrategie und damit einer konzernweiten Vergütungsstrategie schon dafür, das Funktionsmodell ComMap der Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates im Sinne des § 58 Abs. 1 BetrVG zuzuordnen. Soweit der Betriebsrat auf den Beschluss des LAG Hessen vom 09.07.2013, 4 TaBV 85/13 hingewiesen hat, nachdem der Gesamtbetriebsrat die Grundsätze der Vergütungssysteme zu bestimmen hat, ist diese Entscheidung ergangen im Geltungszeitraum der InstitutsVergV vom 13.10.2010 bis zum 31.12.2013 (BGBl 2010 I S. 1374). Insoweit enthielt die InstitutsVergV in der damaligen Fassung eine einzige Vorschrift zum Vergütungssystem innerhalb sogenannter Gruppen, nämlich den dortigen § 9. Diese Vorschrift kannte indessen bereits vom Wortlaut her nicht die Verpflichtung zur Schaffung gruppenweiter, einheitlicher Vergütungsstrategien. Die Vorschrift des § 27 InstitutsVergV ist erst aufgrund der Neufassung der Rechtsverordnung zum 01.01.2014 (BGBl I 2013, S. 4270) eingefügt worden und zum 01.01.2014 in Kraft getreten.
96bb) Die eingruppierungsrelevanten Beschreibungen, die sich aus den Anforderungsprofilen zur Konzernbetriebsvereinbarung zum Funktionsmodell ComMap ergeben, sind auch keine nicht mehr bestimmbaren Rechtsbegriffe, sondern unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Ausfüllung den Gerichten vorbehalten ist. Die Beschwerdekammer folgt vollinhaltlich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit der Entscheidung vom 29.01.1986, 4 AZR 465/84, die zur damaligen Vergütungsordnung zum Bundesangestelltentarifvertrag (BAT), also für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, ergangen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat hier im Wesentlichen zutreffend ausgeführt, „dass es in allen Bereichen des staatlichen Gesetzesrechts in großer und zunehmender Zahl unbestimmte Rechtsbegriffe gibt, die von der obergerichtlichen Rechtsprechung umschrieben und definiert werden müssen, wobei kein ernsthafter Zweifel darüber bestehen kann, dass es ohne unbestimmte Rechtsbegriffe weder eine praktikable und den Anforderungen des modernen sozialen und wirtschaftlichen Lebens entsprechende Rechtsordnung noch eine funktionsfähige Rechtsprechung geben könnte. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind damit im Rechtsleben unverzichtbar“. Da diese Ausführungen ohne weiteres auf den Inhalt von Betriebsvereinbarungen übertragbar sind, da es sich bei Betriebsvereinbarungen um betriebliche Rechtsnormen handelt (vgl. § 77 Abs. 4 BetrVG) ist dem nichts hinzuzufügen.
97b) Auch auf die Frage, ob die Einbindung des sogenannten Grading Committee im Sinne des § 3 der Konzernbetriebsvereinbarung ordnungsgemäß erfolgt ist und das dort beschriebene Verfahren beachtet wurde, kam es zur Entscheidung nicht an. Dies folgt bereits aus § 5 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.06.2011, in welchem geregelt ist, dass der ordentliche Betriebsrat bei künftigen Zuordnungen des Mitarbeiters in die entsprechenden Karrierestufen gemäß den Beteiligungsrechten nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist. Es ergibt sich damit, dass Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberin die Eingruppierungsfragen, die bei Versetzungen im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG auftreten können, in vollem Umfange dem Verfahren des § 99 BetrVG unterworfen haben, damit also auch die volle inhaltliche Prüfung eröffnet haben, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt.
98c) Unterstellt man mit den vorstehenden Ausführungen die Rechtswirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung zur Einführung des Funktionsmodells ComMap, so war jedenfalls die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der antragsmäßig bezeichneten Beschäftigten nicht zu ersetzen.
99aa) Vorauszuschicken ist, dass es im vorliegenden Fall der Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter gemäß § 99 BetrVG bedurfte, da im Unternehmen der Arbeitgeberin mehr als 20 zum Betriebsrat wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind (§ 99 Abs. 1 BetrVG) und die geplante Maßnahme eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG darstellt. Dabei handelt es sich um die konkrete Einreihung eines Arbeitnehmers in ein kollektives Entgeltschema, wobei es nicht darauf ankommt, ob sich dieses aus einer tariflichen, betriebsverfassungsrechtlichen oder einseitig vom Arbeitgeber erlassenen Lohn- oder Gehaltsordnung ergibt (Richardi, BetrVG aaO/Thüsing, § 99 Rdnr. 67 – 69 m. zahlreichen N.), hier in die Systematik des Funktionsmodells ComMap.
100bb) Die Zustimmung des Betriebsrates zu den beabsichtigten Eingruppierungen gilt auch nicht etwa deshalb nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, weil sie unbeachtlich wäre. Abgesehen davon, dass bei einer solchen Konstellation eine entsprechende Feststellung – auch ohne Antrag der Arbeitgeberin – durch das Gericht zu treffen wäre (vgl. BAG, Beschlüsse vom 18.10.1988, 1 ABR 33/87, NZA 1989, S. 355 und vom 13.05.2014, 1 ABR 9/12 juris), liegt eine unbeachtliche Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat nicht vor, da die Mitteilungen über die Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrates nach jeweils ordnungsgemäßer Einleitung des Verfahrens gem. § 99 Abs. 1 BetrVG form- und fristgerecht erfolgt sind, § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
101Soweit es um die im ursprünglichen Antrag der Arbeitgeberin vom 14.03.2014 bezeichneten Beschäftigten geht, hat der Betriebsrat zwar die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht eingehalten, da nach seinem eigenen Vortrag die Anhörungen unter dem 04.01.2014 zugegangen sind und die Mitteilungen über die Zustimmungsverweigerung vom 17.01.2014 datieren. Allerdings ergibt sich aus der Mitteilung über die beabsichtigten Versetzungen einschließlich der Eingruppierungen der Arbeitgeberin vom 27.12.2013 (Bl. 58 d.A.), dass die Arbeitgeberin „aufgrund der Feiertage“ den Termin zur Zustimmung auf den 20.01.2014 festgelegt hat. Eine solche Verlängerung der gesetzlichen Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1BetrVG ist zulässig (Richardi, aaO., § 99 Rdnr. 286 bis 289 m. zahlreichen N.), ohne dass es hierauf darauf ankäme, ob die Beteiligten des Verfahrens nach § 99 BetrVG eine einvernehmliche Fristverlängerung auf den 20.01.2014 festgelegt hätten. Selbst wenn die Festlegung des Datums einseitig durch die Arbeitgeberin erfolgt sein sollte, so könnte sie sich jedenfalls nicht auf einen vorherigen Fristablauf berufen (was sie auch nicht getan hat).
102Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerung hinreichend begründet, indem er unter anderem geltend gemacht hat, dass nach seiner Auffassung die Beschäftigten einen „Rechtsanspruch auf die Einstufung in die ComMap Stufe RB 03“ hätten. Damit haben die vom Betriebsrat angegebenen Gründe einen Bezug zum Katalog des§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (Verstoß gegen eine Bestimmung in einer Betriebsvereinbarung) und lassen es damit jedenfalls als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG geregelten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (Fitting aaO., § 99 BetrVG Rdnr. 262 m.w.N.). Höhere Anforderungen an die gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu erklärende Zustimmungsverweigerung sind nach der aktuellen, zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu stellen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG, Beschluss vom 06.08.2002, 1 ABR 49/01 juris).
103cc) Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu der begehrten Eingruppierung der antragsmäßig bezeichneten Beschäftigten zu Recht verweigert, da sie in Ansehung der Konzernbetriebsvereinbarung zur Einführung des Funktionsmodells ComMap jedenfalls nicht in die dort beschriebene Karrierestufe RB 2 ein- bzw. umzugruppieren sind.
104(1) Streitgegenstand des Zustimmungsersetzungsverfahrens wegen Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 4 BetrVG ist allein die Frage, ob die Zustimmung zu einer bestimmten, beantragten Eingruppierung zu ersetzen war. Die weitere – mögliche – Frage, welche andere, konkret zutreffende Eingruppierung anzunehmen ist, falls sich die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Eingruppierung als nicht richtig erweist, ist nicht zu entscheiden (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG, Beschlüsse vom 15.05.1990, 1 ABR 6/98 juris Rdnr. 16 und vom 06.11.1990, 1 ABR 71/89 juris Rdnr. 15 sowie Fitting, aaO., § 99 Rdnr. 277, 277 d).
105(2) Eine überwiegende Tätigkeit der SPBB, die der RB 2 zuzuordnen wäre, konnte die Beschwerdekammer nicht feststellen. Hierbei wurde die von der Arbeitgeberin vorgelegte Stellenbeschreibung aus Juli 2013 (Bl. 97 bis 99 d.A.) zugrunde gelegt (vgl. auch LAG Hamm, Beschluss vom 10.12.2013, 7 TaBV 78/13 juris Rdnr. 98), von der auch der Betriebsrat ausgegangen ist. Dabei geht die Beschwerdekammer mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass zwar eine Stellenbeschreibung nicht zwingend die in der täglichen Praxis tatsächlich zu verrichtenden Tätigkeiten wiedergibt (BAG, Urteil vom 13.11.2013, 4 AZR 53/12 juris Rdnr. 18; Beschluss vom 18.11.2015, 4 ABR 24/14 juris Rdnr. 20). Allerdings ist eine Stellenbeschreibung in den Fällen geeignet, in denen sie die tatsächlich auszuübenden Tätigkeiten ausreichend wiedergibt (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 16.11.2011, 4 AZR 773/09 juris Rdnr. 23). So liegt der Fall hier. Nicht nur, dass die Beteiligten des vorliegenden Beschlussverfahrens hiervon ausgehen; auch zeigt die detaillierte Beschreibung der einzelnen Tätigkeiten unter Berücksichtigung des Zwecks der Stelle, der Hauptaufgaben, der Ausbildungsanforderungen wie auch des Fachwissens, dass die Stellenbeschreibung das Tätigkeitsbild des SPBB umfassend und zutreffend wiedergibt. Die von der Arbeitgeberin erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegte „Beschreibung einer beispielhaften Arbeitswoche eines Senior Private Banking Berater (SPBB)“ – Bl. 377 d.A. - beinhaltet insoweit keine neuen oder abweichenden Tatsachen, da die dortige Beschreibung tatsächlicher Tätigkeiten eine Zuordnung zu qualitativen Bewertungskriterien nicht ermöglichen, die nach eigener Darstellung der Arbeitgeberin eingruppierungsbegründend für das Funktionsmodell ComMap sind.
106Diese qualitativen Bewertungskriterien erlauben es auch, eine Eingruppierungsentscheidung ohne Aufspaltung der Tätigkeiten in einzelne Arbeitsvorgänge zu treffen oder – im Ergebnis gleichbleibend – von einem einheitlichen Arbeitsvorgang der Kundenberatung auszugehen.
107Im Einzelnen:
108- Die Stellenbeschreibung verlangt spezielles Fach-„Know how“, also Fach“wissen“ (vgl. Wikipedia, Stichwort „Know-how“), so für die RB 3 beschrieben („Breites wie auch spezielles Fachwissen über Produkte und Lösungen im eigenen Fachgebiet“, Bl. 50 d.A.).
109- Die Stellenbeschreibung verlangt die Berücksichtigung spezieller Kundenbedürfnisse und die individuelle Beratung, auch niedergelegt im „Fachwissen“: Der Kunde erwarte individuelle Problemlösungen; RB 3 geht vom Erarbeiten von Lösungen für Kunden auf Grundlage (individueller) Kundenbedürfnisse aus (Bl. 50 d.A.).
110- Die Stellenbeschreibung verlangt das Tragen der Ertrags- und Bestandsverantwortung in seinem Zuständigkeitsbereich. Soweit die Arbeitgeberin von „Ertragsorientierung“ spricht, hat dieser Begriff zwar Niederschlag in den Beschreibungen zum Funktionsmodell „ComMap“ zu RB 2 gefunden; allerdings findet er sich nicht wieder in der Stellenbeschreibung aus Juli 2013, die – wie dargelegt – von Ertrags- und Bestandsverantwortung spricht. Die RB 3 beschreibt die Verantwortung für Erträge im eigenen Arbeitsbereich (Bl. 53 d.A.).
111- Die Stellenbeschreibung verlangt die Tätigkeit als Multiplikator in der Filiale für ausgewählte Themen des Fachwissens sowie als Referent bei Qualifizierungsmaßnahmen der Bank und bei Kundenveranstaltungen; RB 3 beschreibt die Weitergabe des Fachwissens an Kollegen und andere Abteilungen (Bl. 51 d.A.).
112Es verbleiben weitere Aufgaben aus der Stellenbeschreibung, die sich nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht eindeutig der RB 2 oder RB 3 zuordnen lassen, da sie in der Beschreibung der qualitativen Anforderungskriterien keinen Niederschlag gefunden haben. Insoweit konnte auch ein Abgleich mit einer Stellenbeschreibung für die Karrierestufe RB 3 nicht erfolgen, da eine solche nach eigener Darstellung der Arbeitgeberin mangels derzeitigem Vorhandenseins entsprechender Funktionen nicht existiert.
113Die Beschwerdekammer hat sich auf die oben dargestellten, ihrer Auffassung nach der RB 3 zuzuordnenden Merkmale beschränkt, da es sich hierbei um solche Merkmale handelt, die die Arbeitgeberin gerade dafür herangezogen hat, dass ihrer Auffassung nach für die SPBB keine Aufgaben anfallen, die der RB 3 zuzuordnen seien. Soweit die Arbeitgeberin als einen Schwerpunkt schriftsätzlich ausdrücklich vorgetragen hat, die Aufgaben in der RB 3 gehe in der Kundenberatung insoweit über die RB 2 hinaus, dass Berater der RB 2 auf die von der Arbeitgeberin entwickelten unterstützenden Systeme und Produkte im Sinne einer „Leitplanke“ begrenzt seien, was für Berater der RB 3 nicht gelte, vermochte die Beschwerdekammer dem nach ausführlicher Erörterung im Termin zur Anhörung nicht zu folgen. Das Vorbringen, der Berater der RB 3 biete eigenständige Lösungen außerhalb der vorgegebenen Produktpalette an (Schriftsatz vom 10.03.2016, dort Bl. 5, Bl. 487 d.A., Beschwerdebegründung Bl. 11, Bl. 353 d.A.) konnte hier so nicht bestätigt werden. Vielmehr konnte nämlich klargestellt werden, dass schon aufgrund der gesetzlichen bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen (z.B. des KWG) auch eine „innovative“ Vertriebstechnik auf solche Produkte und Lösungen beschränkt sein muss, die die Arbeitgeberin für ihr Beratungsportfolio unter Berücksichtigung der bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen geprüft und freigegeben hat, und zwar unabhängig von dem jeweiligen konkreten Anforderungsprofil des Beraters.
114Ebenso geht der Hinweis der Arbeitgeberin auf das Erfordernis „eigener Ressourcen“ zur herausgehobenen Stellung eines Beraters der RB 3 fehl, da es nach den Erörterungen vor der Beschwerdekammer ein eigenes Budget in diesem Sinne zumindest in der Karriereleiter des Retail Banking tatsächlich nicht gibt.
115(3) Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist eine Einstufung der SPBB in die Karrierestufe RB 2 wie von der Arbeitgeberin verlangt, nicht möglich. Die Beschwerdekammer war zu weiteren Feststellungen im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG auch nicht veranlasst. Zwar trägt die Arbeitgeberin grundsätzlich die sogenannte Feststellungslast als Antragstellerin (Fitting, aaO., § 99 Rdnr. 290); hierauf beruht allerdings die getroffene Entscheidung nicht, da allein die Tatsachen, die sich unter anderem aus der vorgelegten Stellenbeschreibung, auf die sich beide Beteiligte bezogen haben, ergeben, dass eine Entscheidung nach objektiven Gesichtspunkten möglich ist. In diesem Fall verbleibt kein Raum für die Berücksichtigung einer eventuell verbleibenden Feststellungslast der Arbeitgeberin.
116(4) Ob eine Zuordnung der SPBB zur Karrierestufe RB 3 – wie der Betriebsrat in den Schreiben zur Zustimmungsverweigerung ausgeführt hat – aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes geboten ist, bedurfte aus vorstehenden Gründen keiner Entscheidung.
117(5) Die von der Arbeitgeberin vorgelegte „Bewertungseinschätzung“ der Unternehmensberatung U X3 führt zu keinem anderen Ergebnis, da sie jedenfalls im Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht zugrunde gelegt werden kann. Sie nutzt nämlich ein Verfahren, welches nicht Gegenstand der im vorliegenden Beschlussverfahren anzuwenden Betriebsvereinbarungen ist/war.
118Nach alledem unterlag der Antrag der Arbeitgeberin der Abweisung, soweit das Verfahren nicht aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt worden ist.
119III. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen war die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 92 Abs. 1 Satz 1, 72 Abs. 2 ArbGG).
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(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.
(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 17.01.2013 – 2 BV 40/12 – abgeändert.
Die Anträge werden abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens (noch) um die zutreffende Ein- bzw. Umgruppierung sogenannter Punktionskräfte.
4Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt einen Blutspendedienst und beschäftigt in ihrem Betrieb in N ca. 300 Arbeitnehmer. Es besteht ein Betriebsrat.
5In der Vergangenheit traf die Arbeitgeberin Tarifabschlüsse einerseits mit der Gewerkschaft ver.di und andererseits mit den Arbeitnehmerorganisationen DHV und medsonet, wobei den Mitarbeitern ein Wahlrecht hinsichtlich des für ihr Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifwerks eingeräumt wurde. Die mit dem DHV und medsonet abgeschlossenen Tarifverträge wurden arbeitgeberseits am 05.08.2011 zum 31.12.2011 fristgerecht gekündigt.
6Kurz zuvor am 26.07.2011 war es unter Beteiligung der Arbeitgeberin, die mit Wirkung ab 01.03.2011 dem Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen (KAV NW) beigetreten war, mit der Gewerkschaft ver.di zum Abschluss eines Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der E-Blutspendedienst West gGmbH in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (ÜTV-E-BSD) gekommen. Dieser am 01.08.2011 in Kraft getretene Tarifvertrag trifft u.a. folgende Regelungen:
7„§ 2
8Ablösung bisheriger Tarifverträge durch den TVöD-V
9Der TVöD-V und die diesen ergänzenden sonstigen Tarifverträge der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sowie des KAV NW ersetzen alle bisherigen sonstigen tarifvertraglichen Regelungen und die aufgrund bisheriger Tarifregelungen begründeten Ansprüche, soweit sich aus diesem Tarifvertrag nicht etwas anderes ergibt.
10…
11§ 3
12Zuordnung zu einer Entgeltgruppe
13Für die Überleitung werden die Beschäftigten entsprechend einer zwischen den Tarifvertragsparteien abgestimmten Anlage zur Niederschriftserklärung der dort genannten Entgeltgruppe zugeordnet. Die Tarifvertragsparteien gehen insbesondere von der Richtigkeit der dort genannten Zuordnung aus.
14Niederschriftserklärung zu § 3:
15Die Zuordnung nach § 3 zu den jeweiligen Entgeltgruppen dient der Überleitung und wirkt insofern in Bezug auf die nach der Eingruppierungsordnung des TVöD-V i.V.m. § 17 TVÜ-VKA anzuwendenden Eingruppierungsvorgänge nicht präjudizierend.“
16In einer „Verhandlungsniederschrift über die Tarifverhandlungen am 26. Juli 2011 in Düsseldorf“ heißt es u.a.:
17„Zur Eingruppierungszuordnungsanlage:
18…
19Für Beschäftigte nach DHV-TV, die als Punktionskräfte eingesetzt sind und für die zwischen den Tarifvertragsparteien keine Einigkeit über die Zuordnung besteht, wird – ohne Präjudiz - eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe 6 vorgenommen. Die Gewerkschaft ver.di erklärt hierzu, dass sie für diese Beschäftigten und alle anderen Beschäftigten, die gleiche oder gleichwertige Tätigkeiten als Punktionskräfte ausüben, eine Mindesteingruppierung in die Entgeltgruppe 8 gefordert hat, die sich in den Verhandlungen nicht durchsetzen ließ.“
20Wegen des weiteren Inhalts des Tarifvertrages und der Verhandlungsniederschrift wird verwiesen auf die mit Schriftsatz des Betriebsrates vom 28.08.2012 eingereichten Kopien (Bl. 40 ff. d. A.).
21Bei der Arbeitgeberin sind zahlreiche sogenannte Punktionskräfte beschäftigt. Deren Aufgabenbereich umfasst nach der ab 01.01.2011 bei der Arbeitgeberin geltenden Arbeitsplatzbeschreibung folgende Tätigkeiten:
22- 23
„Überprüfung der Identität des Spendewilligen an der Spendeliege durch Abfrage von Namen, Vornamen und Geburtsdatum, die der Spender aktiv nennen muss
- 24
Information und Aufklärung der Spendewilligen
- 25
Überprüfung der eindeutigen Nummernzuweisung durch Sicherstellung der Übereinstimmung identischer Barcode-Etiketten auf dem Beutelset, dem Spendenformular, sowie auf den Untersuchungsröhrchen
- 26
Desinfektion der Punktionsstelle nach Vorgabe der jeweils geltenden Hygienevorschriften
- 27
Punktion und Einleitung der Entnahme
- 28
Abnahme der Blutkonserve
- 29
elektronische Erfassung der Spender- und Konservenmerkmale („Scannen“)
- 30
Nachbearbeitung der Konserve und Einsortieren der Laborröhrchen
- 31
Dokumentation
- 32
Medizinische Überwachung des Spenders während und nach der Blutspende
- 33
Notfallmanagement inklusive Dokumentation ggf. mit Übergabe an den Entnahmearzt
- 34
Spenderinformation über das Verhalten während und nach der Spende
- 35
Sämtliche Aufgaben des Teamhelfers sowie falls erforderlich auch der E-Helfer
- 36
Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer beim Umgang mit der mobilen Datenerfassung“
Laut einer Ausschreibung der Arbeitgeberin vom 05.06.2012 (Bl. 47 d.A.) werden dafür Arzthelfer/-innen, Krankenschwestern/-pfleger, Rettungssanitäter/-innen oder Rettungsassistenten/-innen gesucht.
38Mit Schreiben vom 23.07.2012 (Bl. 63 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat im Zuge der unbefristeten Übernahme der ausgebildeten Arzthelferin E1 in die Entnahmedienstabteilung (Midijob in der Gleitzone) auch die Zustimmung zur Vergütung „in Anlehnung an Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V“. Nachdem der Betriebsrat mit Schreiben vom 24.07.2012 die beabsichtigte Eingruppierung abgelehnt hatte, antwortete daraufhin die Arbeitgeberin am 30.07.2012 auszugsweise wie folgt:
39„Die Eingruppierung von Fr. E1 erfolgt unter Anwendung der weiterhin gültigen, tariflichen Eingruppierungsregelungen des BAT (Anlage 1 a, Teil II Buchstabe D). Hier ist für die Vergütungsgruppe VII (entspricht EG 5 des TVöD-V) unter Nr. 9 das Anforderungsprofil „Arzthelferinnen mit Abschlussprüfung und schwierigen Aufgaben“ angegeben.“
40Mit Schreiben vom 03.08.2012 blieb der Betriebsrat bei seiner Ablehnung und führte zur Begründung u.a. aus, dass die Tätigkeit einer Punktionskraft wegen der damit verbundenen erhöhten Verantwortung vergleichbar sei mit der Tätigkeit von Krankenschwestern bzw. –pflegern und daher eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 zutreffend sei (Bl. 66 f. d. A.).
41Mit Schreiben vom 06.08.2012 (Bl. 74 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat im Zuge der unbefristeten Übernahme des ausgebildeten Rettungsassistenten T als Punktionskraft in die Abteilung Entnahme (geringfügige Beschäftigung) auch die Zustimmung zur Vergütung „in Anlehnung an Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V“. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zur Eingruppierung ebenfalls unter Hinweis darauf, eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 sei sachgerecht ( Bl. 75 f. d. A.).
42Mit Schreiben vom 03.08.2012 (Bl. 99 d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat im Zuge der unbefristeten Übernahme der ausgebildeten Arzthelferin I als Punktionskraft in die Abteilung Entnahme (mit 20 Wochenstunden) auch die Zustimmung zur Vergütung nach „Tarif TVöD Entgeltgruppe 6, Stufe 2“. Der Betriebsrat verweigerte u.a. die Zustimmung zur Eingruppierung mit Hinweis darauf, eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 sei sachgerecht (Bl. 100 ff. d. A.).
43In dem von ihr eingeleiteten vorliegenden Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten, das Anforderungs- und Aufgabenprofil einer Punktionskraft sei nicht so umfassend wie das von Arzthelfern bzw. Arzthelferinnen oder Krankenpflegern bzw. Krankenpflegerinnen. So rechtfertige das tatsächliche Aufgabenspektrum in den Fällen E1, T und I keine über die Entgeltgruppe 5 bzw. Entgeltgruppe 6 hinausgehende Vergütung.
44Soweit hier noch von Interesse, hat die Arbeitgeberin beantragt,
45den Betriebsrat zu verpflichten,
46- 47
1. der Eingruppierung der Mitarbeiterin E1 in die Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V gemäß Antrag vom 23.07.2012 zuzustimmen,
- 48
2. der Eingruppierung des Mitarbeiters T in die Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V gemäß Antrag vom 06.08.2012 zuzustimmen,
- 49
3. der Eingruppierung der Frau I gemäß Antrag vom 03.08.2012 in den TVöD-V Entgeltgruppe 6, Stufe 2 zuzustimmen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
51die Anträge abzuweisen.
52Er hat die Meinung zum Ausdruck gebracht, mit der Tätigkeit von Punktionskräften sei eine erhöhte Verantwortung verbunden, weil sie mit der Entnahme eines halben Liters Blut deutlich in die Physis des jeweiligen Spenders eingreifen würden. Vor dem Hintergrund sei es gerechtfertigt, sie – vergleichbar mit der Tätigkeit von Krankenschwestern oder –pflegern – nach Entgeltgruppe 8 zu vergüten.
53Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 17.01.2013 den Zustimmungsersetzungsanträgen der Arbeitgeberin stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für Punktionskräfte keine ausdrückliche tarifliche Regelung bestehe und es nicht erkennbar sei, dass die Arbeitgeberin durch die von ihr vorgenommene Zuordnung zu den Entgeltgruppen 5 bzw. 6 gegen Tarifrecht verstoßen habe.
54Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betriebsrat mit seiner Beschwerde.
55Er meint, es sei gerechtfertigt, die Punktionskräfte wegen der von ihnen erbrachten selbständigen Leistungen in die Entgeltgruppe 8 einzugruppieren.
56Der Betriebsrat beantragt,
57den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 17.01.2013 – 2 BV 40/12 – abzuändern und die Anträge der Arbeitgeberin abzuweisen.
58Die Arbeitgeberin beantragt,
59die Beschwerde zurückzuweisen.
60Sie ist der Auffassung, Leitbild der Punktionskraft sei die Arzthelferin. Deshalb habe man in den Fällen E1, T und I zu Recht die Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 bzw. 6 vorgenommen.
61Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
62B.
63Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist begründet.
64Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts kann den auf § 99 Abs. 4 BetrVG gestützten Anträgen der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung zur Ein- bzw. Umgruppierung der Arbeitnehmer E1, T und I nicht stattgegeben werden. Es fehlt nämlich an einer im Betrieb der Arbeitgeberin geltenden Vergütungsordnung für den Beschäftigungsbereich der sogenannten Punktionskräfte.
65I. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt 11.09.2013 – 7 ABR 29/12 – m.w.N.) setzt die betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmern eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus. Es muss ein mindestens zwei Entgeltgruppen umfassendes Vergütungsschema bestehen, das die Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer Entgeltgruppe nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Solche Vorgaben können namentlich in einem Tarifvertrag enthalten sein.
66II. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist im konkreten Fall eine Ein- bzw. Umgruppierung der drei genannten Mitarbeiter nicht möglich.
671. In dem Zusammenhang ist vorauszuschicken, dass nach der zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat ergangenen rechtskräftigen Entscheidung der erkennenden Kammer vom 30.11.2012 (13 TaBV 56/10) die jedenfalls ab dem 01.01.2012 vorzunehmenden Ein- bzw. Umgruppierungen ausschließlich nach dem in § 2 Satz 1 ÜTV-E-BSD u.a. in Bezug genommenen tariflichen Eingruppierungssystem des TVöD in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung zu erfolgen haben.
682. Dementsprechend sind, weil es für den genannten Tarifbereich noch keine neuen Eingruppierungsvorschriften gibt, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA weiterhin die Regelungen der Allgemeinen Vergütungsordnung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände – im Folgenden kurz: VergO (VKA) – einschlägig.
69In der genannten Vergütungsordnung finden sich aber keine für die Zuordnung von Punktionskräften geeigneten Eingruppierungskriterien.
70a) Soweit auf die sachlich am nächsten liegenden Bestimmungen für Angestellte in medizinischen Hilfsberufen und medizinisch-technischen Berufen in Teil V VergO (VKA) abgestellt wird, werden die bei der Arbeitgeberin zum Einsatz kommenden Punktionskräfte mit ihrem Aufgabenzuschnitt den dort vorausgesetzten Anforderungen nicht gerecht. Namentlich sind die Tätigkeitsmerkmale für Arzthelferinnen (jetzt Medizinische Fachangestellte) nicht einschlägig.
71Allerdings ist in den Fällen E1 und I das erstmals in Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 13 vorausgesetzte subjektive Merkmal einer Arzthelferin mit Abschlussprüfung gegeben. Es fehlt aber an der Erfüllung der objektiven Erfordernisse (vgl. BAG, 11.03.1987 – 4 AZR 385/86 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 135). Denn bei der Tätigkeit als Punktionskraft, die mit manuellem Geschick und einschlägiger Erfahrung „lediglich“ Blutentnahmen einschließlich der damit verbundenen Vor- und Nacharbeiten vorzunehmen hat, bedarf es nicht des Einsatzes eines durch eine ausgebildete Arzthelferin erworbenen fachberuflichen Wissens und Könnens; vielmehr handelt es sich nur um einen kleinen, eng begrenzten Teil der Tätigkeiten, die von einer über mehrere Jahre ausgebildeten medizinischen Fachkraft verlangt werden.
72Dies zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass z.B. auch Krankenschwestern und –pfleger sowie Rettungssanitäter und, wie im Falle T, Rettungsassistenten trotz anderer beruflicher Profile für den Einsatz als Punktionskraft in Betracht kommen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie in ihren jeweiligen Ausbildungsgängen die fachgerechte Entnahme von Blut gelernt haben, was ausreicht, um die Arbeit als Punktionskraft bei der Arbeitgeberin verrichten zu können.
73b) Für die Eingruppierung der drei Punktionskräfte kommen auch die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst (Teil I der VergO VKA) nicht in Betracht, auch wenn ihnen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine Auffangfunktion zukommt (vgl. z.B. BAG, 14.08.1985 – 4 AZR 322/84 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 105). Denn Voraussetzung ist, dass es sich noch um Tätigkeiten mit einem unmittelbaren Bezug zu Verwaltungsaufgaben handelt (BAG, 23.01.1985 – 4 AZR 14/84 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 99; 21.06.2000 – 4 AZR 931/98 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 276), was bei Entnahmetätigkeiten im Bereich mobiler Blutspenden nicht der Fall ist.
743. Die danach bestehende Tariflücke kann nicht durch die Gerichte für Arbeitssachen geschlossen werden.
75a) Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. 24.09.2008 – 4 AZR 642/07 – AP TVG § 1 Nr. 57; 21.06.2000 – 4 AZR 931/98 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 276) kommt nur bei unbewussten Tariflücken deren Schließung in Betracht, sofern in einer Vergütungsordnung artverwandte und vergleichbare Tätigkeiten bewertet worden sind.
76b) Andere Grundsätze gelten bei einer bewussten Tariflücke. Eine solche ist anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungelöst lassen und das in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck findet, wobei eine Ursache die nicht mögliche Einigung der Tarifvertragsparteien gewesen sein kann (BAG, 26.08.1987 – 4 AZR 146/87 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 138). In dieser Konstellation sind die Gerichte nicht befugt, gegen den Willen der Tarifpartner ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“ und dadurch ggf. die schlechte Verhandlungsführung einer Partei dadurch zu prämieren, dass ihr Vertragshilfe geleistet wird. Darin würde ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich durch Artikel 9 Abs. 3 Satz 1 GG garantierte Tarifautonomie liegen (BAG, 24.09.2008 – 4 AZR 642/07 – AP TVG § 1 Nr. 57).
77Nach diesen Maßgaben war es hier der Kammer verwehrt, die festgestellte Tariflücke zu schließen. Denn ausweislich der Ziffer 3. der Niederschrift, die die Tarifvertragsparteien am 26.07.2011, also am Tag des Abschlusses des ÜTV-E-BSD, über die Verhandlungen gefertigt haben, ist es im Zusammenhang mit der Erstellung der sogenannten Eingruppierungszuordnungsanlage auch zu Verhandlungen über die Einstufung der Punktionskräfte gekommen. Dabei konnte angesichts der von der Gewerkschaft ver.di geforderten Mindesteingruppierung in Entgeltgruppe 8 keine Einigung erzielt werden.
78In dieser Situation steht es den Gerichten angesichts der in Artikel 9 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgten Tarifautonomie nicht zu, in der offen gebliebenen, allein auf kollektiver Ebene zu lösenden Frage der sachgerechten Eingruppierung von Punktionskräften durch eine Entscheidung Einfluss zu nehmen.
79Nach alledem waren die Anträge der Arbeitgeberin abzuweisen.
80Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage war die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Der Konzernbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Unternehmen, die einen Gesamtbetriebsrat nicht gebildet haben, sowie auf Betriebe der Konzernunternehmen ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Gesamtbetriebsräten nicht übergeordnet.
(2) Der Gesamtbetriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Konzernbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Der Gesamtbetriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. § 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
- 1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb; - 2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; - 3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit; - 4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte; - 5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird; - 6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen; - 7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften; - 8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; - 9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen; - 10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; - 11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren; - 12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen; - 13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt; - 14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(1) Der Konzernbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Unternehmen, die einen Gesamtbetriebsrat nicht gebildet haben, sowie auf Betriebe der Konzernunternehmen ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Gesamtbetriebsräten nicht übergeordnet.
(2) Der Gesamtbetriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Konzernbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Der Gesamtbetriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. § 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(1) Das übergeordnete Unternehmen einer Gruppe hat eine gruppenweite Vergütungsstrategie festzulegen, welche die Grundsätze für angemessene, transparente, geschlechtsneutrale und auf eine nachhaltige Entwicklung der Gruppe ausgerichtete Vergütungssysteme vorgibt. Die gruppenweite Vergütungsstrategie hat die Anforderungen des § 25a Absatz 5 des Kreditwesengesetzes und der §§ 4 bis 13 dieser Verordnung in Bezug auf alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der gruppenangehörigen Unternehmen umzusetzen, wobei in nachgeordneten Unternehmen sowohl § 1 dieser Verordnung als auch § 2 Absatz 7 bis 8b, 9a, 9e, 9g und 9h des Kreditwesengesetzes vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 2 und 4 entsprechend gelten. Das übergeordnete Unternehmen hat die Offenlegungsanforderungen gemäß § 16 auf konsolidierter Ebene zu erfüllen. Unterliegt ein nachgeordnetes Unternehmen mit Sitz im Ausland nach der dortigen Rechtsordnung strengeren Anforderungen als im Inland, hat das übergeordnete Unternehmen dies bei der Festlegung der gruppenweiten Vergütungsstrategie zu berücksichtigen und darauf hinzuwirken, dass das nachgeordnete Unternehmen die strengeren Anforderungen einhält.
(2) Ist das übergeordnete Unternehmen bedeutend gemäß § 1 Absatz 3c des Kreditwesengesetzes, hat es auf Grundlage einer gruppenweiten Risikoanalyse in entsprechender Anwendung des § 25a Absatz 5b des Kreditwesengesetzes die Gruppen-Risikoträger und Gruppen-Risikoträgerinnen zu ermitteln. Bei der Festlegung der gruppenweiten Vergütungsstrategie gemäß Absatz 1 hat es zusätzlich zu den Anforderungen gemäß Absatz 1 in Bezug auf die Gruppen-Risikoträger und Gruppen-Risikoträgerinnen die Anforderungen des § 25a Absatz 5 des Kreditwesengesetzes sowie die Anforderungen gemäß § 18 Absatz 1 und 3 bis 5 und der §§ 19 bis 22 in Bezug auf die Gruppen-Risikoträger und Gruppen-Risikoträgerinnen umzusetzen. Institute gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 haben die Gruppen-Risikoträger und Gruppen-Risikoträgerinnen gemäß § 25a Absatz 5b Satz 1 des Kreditwesengesetzes zu ermitteln und die Anforderungen gemäß den Sätzen 1 und 2, mit Ausnahme von § 19 Absatz 1 Satz 3 und 4 sowie § 20 Absatz 2, zu erfüllen.
(3) Die Anforderungen gemäß Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 sind nicht auf folgende nachgeordnete Unternehmen anzuwenden:
- 1.
Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union, die an besondere Vergütungsanforderungen nach Maßgabe anderer Rechtsakte der Europäischen Union gebunden sind; - 2.
Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, die an besondere Vergütungsanforderungen nach Maßgabe anderer Rechtsakte der Europäischen Union gebunden wären, wenn sie ihren Sitz in der Europäischen Union hätten.
(4) Abweichend von Absatz 3 ist hinsichtlich Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die in einem nachgeordneten Unternehmen tätig sind, welches entweder eine Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne von § 17 des Kapitalanlagegesetzbuches, eine EU-Verwaltungsgesellschaft im Sinne von § 1 Absatz 17 des Kapitalanlagegesetzbuches oder eine ausländische AIF-Verwaltungsgesellschaft im Sinne des § 1 Absatz 18 des Kapitalanlagegesetzbuches ist oder die im Anhang I Abschnitt A Nummer 2, 3, 4, 6 und 7 der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349; L 74 vom 18.3.2015, S. 38; L 188 vom 13.7.2016, S. 28; L 273 vom 8.10.2016, S. 35; L 64 vom 10.3.2017, S. 116; L 278 vom 27.10.2017, S. 56), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/2115 (ABl. L 320 vom 11.12.2019, S. 1) geändert worden ist, aufgeführten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ausführt, in der gruppenweiten Vergütungsstrategie die Einhaltung der Anforderungen gemäß Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 sicherzustellen, sofern sich deren berufliche Tätigkeit direkt und wesentlich auf das Risikoprofil oder die Geschäftstätigkeit mindestens eines CRR-Kreditinstitutes der Gruppe auswirkt.
(5) Das übergeordnete Unternehmen hat die Einhaltung der gruppenweiten Vergütungsstrategie in den nachgeordneten Unternehmen sicherzustellen. Soweit geboten, hat das übergeordnete Unternehmen auf die Einrichtung eines Vergütungskontrollausschusses in den nachgeordneten Unternehmen hinzuwirken, der die Anforderungen des § 25d Absatz 12 des Kreditwesengesetzes und des § 15 dieser Verordnung erfüllt.
(6) Die Aufgaben des Vergütungsbeauftragten gemäß § 24 können zentral durch den Vergütungsbeauftragten des übergeordneten Unternehmens erfüllt werden. Bei nachgeordneten Unternehmen, die keine bedeutenden Institute gemäß § 1 Absatz 3c des Kreditwesengesetzes sind, kann auch die Überprüfung gemäß § 12 Absatz 1 zentral durch das übergeordnete Unternehmen durchgeführt werden.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(2a) Die Absätze 1 und 2 finden auch dann Anwendung, wenn bei der Aufstellung der Richtlinien nach diesen Absätzen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.
(3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
Tenor
-
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. November 2011 - 2 TaBV 4/11 - aufgehoben.
-
2. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Rostock vom 8. Dezember 2010 - 4 BV 48/09 - abgeändert, soweit es den Antrag zu 1. abgewiesen hat.
-
Es wird festgestellt, dass die Zustimmung zur Versetzung der im Antrag zu 1. genannten Arbeitnehmer von Potsdam an den Standort Magdeburg, Josef-von Frauenhofer-Straße 2 als erteilt gilt.
Gründe
- 1
-
A. Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung von Arbeitnehmern von Potsdam nach Magdeburg.
- 2
-
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Telekommunikationsbranche mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern. Nach dem zwischen ihr und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft e.V. (ver.di) geschlossenen „Zuordnungstarifvertrag für die Deutsche Telekom Kundenservice GmbH“ vom 6. März 2008 (ZTV 2008) waren bei ihr als selbständige Organisationseinheiten, die einen Betrieb iSd. § 1 BetrVG darstellten, acht Regionen und die in Bonn ansässige Zentrale festgelegt. Zwei Standorte in Berlin sowie die Standorte Frankfurt (Oder), Potsdam, Rostock und Schwerin waren der Region 2 (Nord-Ost) zugeordnet, für die der Betriebsrat Region Nord-Ost gebildet war.
- 3
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Im Zuge einer beabsichtigten Modernisierung und Konsolidierung der Standorte schloss die Arbeitgeberin mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat am 28. November 2008 im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens die „Gesamtbetriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan zur Umsetzung des neuen Standortkonzepts“ (GBV Standortkonzept) ab. In deren Anlage 1 sind die aktuellen Standorte der Arbeitgeberin vor Umsetzung der Konsolidierung der Standorte (Quellstandorte) aufgeführt. In der Anlage 2a finden sich die in Umsetzung der Maßnahme ergebenden neuen Zielstandorte einschließlich der grundsätzlichen sog. Mitarbeitermigrationspfade. In der Anlage 2b ist dargestellt, in welchen Fällen und an welchen Standorten Mitarbeiter abweichend vom Migrationspfad nach Anlage 2a an einen anderen Zielstandort migrieren können. Nach II Abs. 1 dieser Anlage können Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz am jeweiligen Zielstandort eine Gesamtwegezeit von mehr als 180 Minuten bedingt, an einen anderen, räumlich näher gelegenen Standort wechseln. Dem Quellstandort „Berlin, Schätzelbergstraße“ war der Zielstandort „Berlin“, den Quellstandorten „Berlin, alle anderen STO“ der Zielstandort „Frankfurt (Oder)“ und dem Quellstandort „Potsdam“ der Zielstandort „Magdeburg“ zugeordnet.
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Die Arbeitgeberin ersuchte mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 den Betriebsrat der Region Nord-Ost um Zustimmung zur Versetzung der in Potsdam sowie derjenigen in Berlin beschäftigten Arbeitnehmer, die sich nach Maßgabe der Anlage 2b der GBV Standortkonzept für den Standort Magdeburg entschieden hatten, nach Magdeburg. Die Anlage 1 zu dem Zustimmungsersuchen bildete die „Liste Versetzung von Potsdam nach Magdeburg“, die Anlage 2 die „Liste Versetzung von Berlin nach Magdeburg aufgrund Wunsch Alternativstandort“. Der Betriebsrat antwortete mit Schreiben vom 4. November 2009, das auszugsweise lautet:
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„…
Sehr geehrte Damen und Herren,
die von Ihnen vorgelegten Unterlagen zur Versetzung der Beschäftigten nach Magdeburg im Rahmen des Standortkonzeptes sind unvollständig. Es fehlt dem Betriebsrat die Information über die in der paritätischen Auswahlkommission I (§ 4 TV-Ratio) vorgenommene Auswahl nach § 3 Abs. 1 bis 3 TV-Ratio.
Trotz der fehlenden Unterlagen hat der Betriebsrat vorsorglich beschlossen, den Versetzungen der in den beigefügten Anlagen 1 und 2 aufgeführten Beschäftigten gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 und 4 BetrVG nicht zuzustimmen.
Da am Standort Berlin nicht alle Arbeitsstätten nach Frankfurt/Oder verlegt werden, hätten Sie eine Auswahl nach dem TV-Ratio durchführen müssen. Sie verstoßen gegen den TV-Ratio, in dem sie nicht die nach § 4 TV-Ratio vorgesehene Auswahlkommission einberufen haben, damit in dieser die notwendige Auswahl nach § 3 TV-Ratio durchführen konnte.
Sie verstoßen mehrfach gegen die Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH (DTKS) und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS (GBR) über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach § 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts der DTKS (GBV Standortkonzept).
Der nach § 2 Abs. 3 GBV-Standortkonzept genannte Immobilienprozess ist für den Standort Frankfurt/Oder noch nicht abgeschlossen. …
Aus diesem Grund muss sich der festgelegte Zeitplan (Anlage 3 der GBV) entsprechend verschieben da der Immobilienprozess nicht abgeschlossen ist.
Sie verstoßen mit der Versetzung der als Anlage 2 beigefügten Beschäftigten gegen die GBV zum Standortkonzept, weil sie diese Beschäftigten zum 07.12. 2009 an einen Standort versetzen, der nicht Zielstandort im Rahmen des Standortskonzeptes ist.
…“
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Bei dem in dem Schreiben erwähnten „TV-Ratio“ handelt es sich um den zwischen der Arbeitgeberin und ver.di am 25. Juni 2007 geschlossenen „Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung“ (TV Ratio DTKS). Nach Zustimmung des nach dem ZTV 2008 für den Standort Magdeburg zuständigen Betriebsrats der Region 4 (Mitte-Ost) zu den Versetzungen wurden diese vorläufig durchgeführt.
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In dem von ihr eingeleiteten Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin geltend gemacht, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung sei zu ersetzen. Die Begründung der verweigerten Zustimmung beziehe sich nicht auf die am Standort Potsdam Beschäftigten. Im Übrigen liege kein Grund zur Zustimmungsverweigerung vor. Insbesondere verstießen die personellen Maßnahmen nicht gegen den TV Ratio DTKS.
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Die Arbeitgeberin hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - beantragt,
-
1.
die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der nachfolgenden 43 Arbeitnehmer von Potsdam an den Standort Magdeburg, Josef-von-Frauenhofer-Straße 2, zum 14. Dezember 2009 zu ersetzen:
1.
B, S,
2.
C, I,
3.
F, R,
4.
F, A,
5.
F, S,
6.
G, S,
7.
G, Sa,
8.
G, Si,
9.
G, H,
10.
H, C,
11.
H, B,
12.
H, Co,
13.
H, R,
14.
H, S,
15.
I, B,
16.
J, H,
17.
K, S,
18.
K, So,
19.
K, M,
20.
L, C,
21.
M, B,
22.
M, G,
23.
M, M,
24.
M, S,
25.
M, A,
26.
M, An,
27.
R, M,
28.
R, S,
29.
S, A,
30.
S, D,
31.
S, L,
32.
S, K,
33.
S, I,
34.
T, R,
35.
W, A,
36.
W, M,
37.
W, S,
38.
W, St,
39.
W, P,
40.
W, I,
41.
W, Si,
42.
W, M,
43.
Z, A;
2.
die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der nachfolgend genannten vier Arbeitnehmer von Berlin an den Standort Magdeburg, Leipziger Straße 58, zum 7. Dezember 2009 zu ersetzen:
1.
U, R,
2.
J, A,
3.
L, S,
4.
R, U.
- 8
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Der Betriebsrat hat seinen Antragsabweisungsantrag zum einen damit begründet, die Arbeitgeberin habe ihn nicht ausreichend unterrichtet. Zum anderen hat er den Standpunkt eingenommen, die Maßnahmen verstießen gegen den TV Ratio DTKS. Das nach diesem Tarifvertrag vorgesehene und auf eine Organisationseinheit bezogene Auswahlprocedere sei nicht eingehalten worden. Der Begriff der Organisationseinheit nach dem TV Ratio DTKS und nach dem Zuordnungstarifvertrag sei nicht unterschiedlich zu verstehen.
- 9
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Mit dem während des erstinstanzlichen Verfahrens in Kraft getretenen Zuordnungstarifvertrag vom 17. März 2010 (ZTV 2010) wurden der Zuschnitt und die Anzahl der betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten bei der Arbeitgeberin geändert. Der Standort Berlin (Schätzelbergstraße) sowie die Standorte Frankfurt (Oder) und Schwerin sind neben anderen, vormals nicht dem Betrieb Nord-Ost zugeordneten Standorten (Bremen, Hamburg, Hannover, Kiel und Westerstede) nunmehr dem „aufnehmenden“ Betrieb Region 1 (Nord) zugeordnet. Der Standort Potsdam ist in dem ZTV 2010 nicht mehr aufgeführt. Auf der Grundlage des ZTV 2010 fanden im Mai 2010 Betriebsratswahlen statt. Für die Region 1 (Nord) ist der zu 2. beteiligte Betriebsrat Region Nord gewählt worden.
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Das Arbeitsgericht hat die im Rechtsbeschwerdeverfahren anhängigen Anträge - unter Beteiligung des Betriebsrats Region Nord - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren hat diese mit Schriftsatz vom 27. August 2012 das Verfahren für erledigt erklärt und in diesem Zusammenhang auf eine von den Betriebsparteien unterzeichnete Vereinbarung vom 2. Juli 2012 verwiesen. Diese lautet auszugsweise:
-
„Auf Grund einer noch ausstehenden Entscheidung des BAG (Az. 6 AZR 221/11) schließen die unterzeichnenden Parteien nachstehende Prozessvereinbarung zur Umsetzung der Repersonalisierung des DTKS Standortes Berlin:
(1)
Bei dem in Berlin in Errichtung befindlichen Standort handelt es sich um einen eigenständigen Standort iS eines Zielstandortes gem. ZIA / SP zum Standortkonzept DTKS aus 2008 (i.e. Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der Deutsche Telekom Kundenservice GmbH (DTKS) und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS (GBR) über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts in der DTKS (vom 28.11.2008)).
…
(5)
Mitarbeiter, die im Rahmen der Umsetzung des Standortkonzeptes DTKS von Berlin nach Frankfurt Oder migriert sind (…) erhalten ein Angebot, an den in Errichtung befindlichen Standort Berlin, Buchberger Straße bzw. an den Außenstandort Hennigsdorf als Teil des Standortes Berlin zurückzukehren. …
…
(7)
Die Parteien und der Betriebsrat der DTKS Region Nord stimmen überein, dass durch das in diesem Protokoll festgehaltene gemeinsame Verständnis ein abschließendes Verfahren für die Lösung der bisher streitigen Thematik eines Auswahlverfahrens anlässlich Migration der Berliner Standorte nach Frankfurt Oder verbindlich vereinbart wurde. Unabhängig vom Ausgang der zurzeit beim BAG anhängigen Verbandsklage werden aus deren Urteil keine Ableitungen für das hier beschriebene Verfahren getroffen. Das BAG-Verfahren bleibt unberührt, die Inhalte dieser Prozessvereinbarung werden von keiner Partei eingeführt. Weitere Rechtsstreite bei denen eine der unterzeichnenden Parteien Prozesspartei ist (Aktivlegitimation / Antragsteller in einem Beschlussverfahren) im Zusammenhang mit der Umsetzung des Standortkonzepts in Bezug auf Migration der Berliner Standorte werden von den jeweiligen Parteien unverzüglich beendet. Erforderliche Prozesshandlungen werden vorgenommen.
…“
- 11
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Der Betriebsrat hat der Erledigungserklärung hinsichtlich der vom Antrag zu 2. umfassten Arbeitnehmer zugestimmt; im Übrigen hat er ihr widersprochen. Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2014 hat die Arbeitgeberin das Verfahren hinsichtlich der Arbeitnehmer B, S; F, R; F, S; G, S; H, C; H, B; H, R; F (vormals I), B; J, H; K, So; L, C; M, B; M, G; M, M; M, S; M, A; R, S; S, K; S, I; T, R; W, M; W, S und W, St für erledigt erklärt. Dem hat sich der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 12. Mai 2014 angeschlossen. Das Verfahren ist im Umfang der übereinstimmend erklärten Erledigung eingestellt. Im Übrigen hält die Arbeitgeberin an ihren Zustimmungsersetzungsanträgen fest.
- 12
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B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Auf Antrag der Arbeitgeberin war jedoch nicht die Zustimmung des Betriebsrats zu den zuletzt noch streitbefangenen Versetzungen zu ersetzen, sondern festzustellen, dass diese (bereits) als erteilt gilt.
- 13
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I. An dem Verfahren ist der Betriebsrat Region Nord beteiligt.
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1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im Einzelfall am Verfahren beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG 8. Dezember 2010 - 7 ABR 69/09 - Rn. 11 mwN; vgl. auch BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 31/03 (A) - zu B I 1 der Gründe mwN, BAGE 112, 227). Endet aufgrund einer Neuwahl das Amt eines Betriebsrats, wird nach dem Prinzip der Funktionsnachfolge und dem Grundgedanken der Kontinuität betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretungen der neu gewählte Betriebsrat Funktionsnachfolger seines Vorgängers und tritt in dessen Beteiligtenstellung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ein (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 ABR 8/10 - Rn. 15 mwN, BAGE 139, 127). Eine Funktionsnachfolge findet grundsätzlich statt bei einem unveränderten Betriebszuschnitt, beim Übergang von den gesetzlichen zu gewillkürten Betriebsverfassungsstrukturen, bei der Änderung eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG sowie bei der Rückkehr zu den gesetzlichen Betriebsverfassungsstrukturen. Der neu gewählte Betriebsrat wird Funktionsnachfolger hinsichtlich der von ihm nunmehr repräsentierten Einheit. Er nimmt als „neuer Rechtsinhaber“ auch ohne entsprechende Prozesserklärungen der Verfahrensbeteiligten automatisch die verfahrensrechtliche Stellung des bisherigen Betriebsrats ein (BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 16).
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2. Hiernach ist der Betriebsrat des durch den ZTV 2010 gebildeten Betriebs „Region 1 (Nord)“ als Funktionsnachfolger des zuvor für den Betrieb „Region 2 (Nord-Ost)“ errichteten Betriebsrats am Verfahren beteiligt. Verfahrensgegenstand ist - zuletzt noch - die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu Versetzungen von vormals am Standort Potsdam beschäftigten Arbeitnehmern an den Standort Magdeburg. Der „abgebende“ Standort Potsdam war nach dem ZTV 2008 der betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit „Region 2 (Nord-Ost)“ zugeordnet. Nach dem ZTV 2010 ist die neue betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit „Region 1 (Nord)“ als aufnehmender Betrieb ua. für die Standorte bestimmt, die nach dem ZTV 2008 die „Region 2 (Nord-Ost)“ bildeten. Der Standort Potsdam ist aufgelöst. Damit ist der Betriebsrat Region Nord alleiniger Funktionsnachfolger des vormaligen, ua. den „abgebenden“ Standort Potsdam repräsentierenden Betriebsrats Region Nord-Ost.
- 16
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II. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist das Verfahren nicht insgesamt erledigt. Eine auf das gesamte Verfahren bezogene übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten liegt nicht vor. Es sind auch nach Anhängigkeit des Beschlussverfahrens keine tatsächlichen Umstände eingetreten, die dazu führen, dass das Begehren der antragstellenden Arbeitgeberin jedenfalls nunmehr als unzulässig oder unbegründet abgewiesen werden müsste. Die Prozessvereinbarung vom 2. Juli 2012 erfasst nur Mitarbeiter, die im Rahmen der Umsetzung des Standortkonzepts von Berlin nach Frankfurt (Oder) migriert sind. Dies ergibt sich aus der Überschrift und aus Nr. (1), (5) und (7) der Vereinbarung. Migrationen von und zu anderen Standorten - und insbesondere Versetzungen der Arbeitnehmer von Potsdam nach Magdeburg - sind von ihr nicht erfasst. Der Wortlaut der Prozessvereinbarung lässt auch nicht darauf schließen, dass die Betriebsparteien den Standort Potsdam aufgrund regionaler Nähe den Berliner Standorten zugeordnet haben.
- 17
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III. Die Vorinstanzen haben den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu Unrecht abgewiesen. Die Zustimmung des Betriebsrats zu den Versetzungen der vom Antrag zu 1. zuletzt noch umfassten Arbeitnehmer gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Das ist - auch ohne ausdrücklich darauf gerichteten Antrag - festzustellen (vgl. BAG 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 - zu B II der Gründe, BAGE 60, 57).
- 18
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1. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu personellen Einzelmaßnahmen als erteilt, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung nicht frist- und formgerecht mitteilt. Voraussetzung für den Eintritt dieser gesetzlichen Fiktion ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber. Nur diese setzt die Frist für die Zustimmungsverweigerung in Lauf.
- 19
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2. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet. Ihr Zustimmungsersuchen vom 28. Oktober 2009 enthält alle erforderlichen Auskünfte über die beabsichtigten personellen Einzelmaßnahmen. Die Arbeitgeberin hat in ihrem Schreiben ausgeführt, die Versetzung erfolge im Rahmen der Umsetzung der Standortoptimierung und erfasse alle Mitarbeiter mit dem derzeitigen Standort Potsdam. Sie teilte dem Betriebsrat mit, dass der Termin für die Versetzung auf den 14. Dezember 2009 festgelegt worden und beabsichtigt sei, die in der Anlage 1 genannten Mitarbeiter zu diesem Termin von ihrer derzeitigen Regelarbeitsstelle Potsdam, Behlertstraße an den künftigen Standort Magdeburg, Joseph-von-Fraunhofer-Straße 2 zu versetzen. Weiter wurde der Betriebsrat darüber unterrichtet, dass die Versetzung unter Beibehaltung der derzeit ausgeübten Tätigkeit und der dementsprechenden Bewertung erfolge. Mit der Versetzung werde zwar die Regelarbeitsstelle verändert, Tätigkeit, Bezahlung und organisatorische Zuordnung blieben jedoch unverändert. Die Arbeitgeberin hat weiter ausgeführt, die in der Anlage 2 genannten Mitarbeiter, die sich für den Alternativstandort Magdeburg entschieden hätten, bereits zum 7. Dezember 2009 zu versetzen. Des Weiteren hat die Arbeitgeberin darauf hingewiesen, dass die Beteiligung des aufnehmenden Betriebsrats in der Region Mitte-Ost am 3./4. November 2009 erfolgen werde. Damit hat der Betriebsrat alle wesentlichen Informationen über die beabsichtigte Versetzung erhalten. Er wurde über den Anlass der Versetzung, die räumlichen und zeitlichen Veränderungen sowie die Auswirkungen für die Arbeitnehmer unterrichtet.
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3. Die Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist eingetreten, weil der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung nicht unter „Angabe von Gründen“ iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erklärt hat. Seine Stellungnahme vom 4. November 2009 ist hinsichtlich der allein noch streitbefangenen Versetzungen von Arbeitnehmern von Potsdam nach Magdeburg nicht hinreichend begründet.
- 21
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a) Nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat der Betriebsrat unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach der Unterrichtung dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen, wenn er die Zustimmung zu der beabsichtigten personellen Maßnahme verweigern will. Der Betriebsrat genügt seiner Begründungspflicht schon dann, wenn es als möglich erscheint, dass mit der von ihm angegebenen Begründung einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Verweigerungsgründe geltend gemacht wird. Nur eine Begründung, die offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nimmt, ist unbeachtlich (BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 28, BAGE 130, 1). Bezieht sich die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats auf mehrere personelle Einzelmaßnahmen, muss er seine Verweigerung in Bezug auf jede einzelne Maßnahme begründen (vgl. zu einer solchen Konstellation BAG 1. Juni 2011 - 7 ABR 138/09 - Rn. 63 f.).
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b) Der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats vom 4. November 2009 kann eine Begründung für die verweigerte Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmer des Standorts Potsdam nach Magdeburg nicht entnommen werden. Aus dem zweiten Absatz des Schreibens folgt zwar, dass der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung auch für die in der Anlage 1 des Zustimmungsersuchens aufgeführten Beschäftigten - das sind die Mitarbeiter des Standorts Potsdam - erklären will. Die nachfolgend in dem Schreiben gegebene Begründung bezieht sich jedoch nur auf den Standort Berlin. Aus der Formulierung „Da am Standort Berlin nicht alle Arbeitsstätten nach Frankfurt/Oder verlegt werden, hätten Sie eine Auswahl nach dem TV-Ratio durchführen müssen.“, wird nicht erkennbar, dass der Betriebsrat seine Beanstandung auch auf die am Standort Potsdam beschäftigten Arbeitnehmer beziehen will. Der Standort Potsdam wird in dem Schreiben überhaupt nicht erwähnt. Die Nennung ausschließlich des Standortes Berlin legt vielmehr nahe, dass geltend gemacht wird, die Berliner Beschäftigten hätten erst nach einer Auswahl mit den anderen in Berlin Beschäftigten versetzt werden können. Die Erklärung des Betriebsrats lässt auch nicht erkennen, dass er eine standortübergreifende Auswahl verlangt und sich daher die Begründung seiner Zustimmungsverweigerung ebenso auf die am Standort Potsdam beschäftigten Arbeitnehmer bezieht. Nach der erst im Zustimmungsersetzungsverfahren vom Betriebsrat vertretenen Auffassung einer auf die gesamte betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit bezogenen „Auswahl nach dem TV-Ratio“ hätte sich diese auf alle Standorte der vormaligen Region Nord-Ost - also auch auf die Standorte Rostock und Schwerin - erstrecken müssen. Eine solche Beanstandung klingt in dem Zustimmungsverweigerungsschreiben nicht ansatzweise an. Schließlich spricht für eine Beschränkung der Zustimmungsverweigerungsbegründung auf die Berliner Beschäftigten, dass sich der Betriebsrat in seinem Schreiben mit näher angeführten baulichen Unzulänglichkeiten am Standort Frankfurt (Oder) auseinandersetzt. Der Standort Frankfurt (Oder) war nach der GBV Standortkonzept jedoch nur für die in Berlin beschäftigten Arbeitnehmer Zielstandort.
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Schmidt
Koch
K. Schmidt
Wisskirchen
T. Klebe
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Dezember 2011 - 16 Sa 681/11 - aufgehoben.
-
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
- 2
-
Die Klägerin ist ausgebildete Diplom-Sozialarbeiterin und seit dem Jahr 2000 im Sozialpsychiatrischen Dienst des beklagten Landkreises beschäftigt. Nach einer vom Beklagten verfassten Stellenbeschreibung vom Januar 2010 besteht die auszuübende Tätigkeit der Klägerin zu 30 vH der Arbeitszeit aus der sozialpsychiatrischen Beratung Abhängigkeitskranker und deren Angehöriger (Nr. 1 der Stellenbeschreibung), zu 40 vH aus der sozialpsychiatrischen Beratung psychisch Erkrankter und deren Angehöriger (Nr. 2 der Stellenbeschreibung), zu 20 vH aus „Sonstiges“ (Nr. 4 der Stellenbeschreibung) sowie zu 10 vH aus der „Krisenintervention“ (Nr. 3 der Stellenbeschreibung). Zu dieser heißt es in der Stellenbeschreibung:
-
„Bei Verdacht auf eine unmittelbar bevorstehende oder bei bereits eingetretener akuter Fremd- oder Eigengefährdung des Klienten (im Sinne des PsychKG), erfolgt, koordiniert durch die Sti (= Stelleninhaberin), in Kooperation mit dem Ordnungsamt und der Polizei - soweit möglich - ein zeitnaher Hausbesuch vom Facharzt für Psychiatrie und der Sti.
Sollte es bei festgestellter Gefährdung nicht möglich sein, den Erkrankten zu einer freiwilligen Behandlung in einem Fach-Krankenhaus zu motivieren, erfolgt die zwangsweise Unterbringung durch das Ordnungsamt, wobei die Sti teilweise die Begleitung des Betroffenen ins Krankenhaus und/oder die Vorinformation des aufnehmenden Arztes übernimmt.
Auch ohne vorherige Hinweise nimmt die Sti bei Hausbesuchen generell eine Einschätzung des akuten Gefährdungsgrades vor und leitet entsprechende Maßnahmen ein.
Aufgabe der Sti ist auch die Deeskalation krisenhafter jedoch nicht gefährdender Situationen, wobei die Übergänge hier fließend sein können.“
- 3
-
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 6 zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD - Besonderer Teil Verwaltung - (BT-V)) vom 27. Juli 2009 gelten für die Eingruppierung der Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes ab dem 1. November 2009 nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der „Anlage zu Abschnitt VIII Sonderregelungen (VKA) § 56“ die Tätigkeitsmerkmale des Anhangs zur Anlage C, die Entgeltgruppen S. Die Klägerin erhält seither eine Vergütung nach der Entgeltgruppe S 12 TVöD-BT-V/VKA, zuletzt nach der Entwicklungsstufe 6.
- 4
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Nach erfolgloser Geltendmachung hat die Klägerin mit ihrer Klage zuletzt noch ein Entgelt nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA ab Mai 2011 begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit erfülle schon unter Berücksichtigung des im Klammerzusatz genannten „Sozialpsychiatrischen Dienstes“ das Tätigkeitsmerkmal der zweiten Alternative der begehrten Entgeltgruppe. Da ein einheitlicher Arbeitsvorgang vorliege, reiche es aus, dass Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten in rechtserheblichem Ausmaße anfielen. Weder die Dokumentation noch die sich ggf. im Laufe der Fallbearbeitung ergebende Krisenintervention könne von der sonstigen Beratungs- und Betreuungstätigkeit getrennt werden. Eine Aufspaltung dieser Tätigkeiten in solche mit und ohne Krisenintervention sei weder möglich noch zulässig. Im Übrigen sei zu Beginn einer Fallbearbeitung nicht erkennbar, ob - nach erfolglosen anderen Hilfsangeboten, denen nach dem gesetzlichen Auftrag Priorität zukomme - eine Unterbringungsentscheidung nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten des Landes Nordrhein-Westfalen (PsychKG NRW) erforderlich werde. Auch seien die Aufgaben zur Vermeidung von Zwangseinweisungen „Gefahrenabwehr“ im Sinne des Tarifmerkmals.
- 5
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
-
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Mai 2011 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA zu zahlen.
- 6
-
Der beklagte Landkreis hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin, die aus mehreren Arbeitsvorgängen bestehe, erfülle nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA. Die sozialpsychiatrische Beratung habe eine andere tarifliche Wertigkeit als die Tätigkeit in der „Krisenintervention“. Deshalb könnten diese Arbeitseinheiten nicht zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. Die bloße Möglichkeit, dass ein zunächst „normaler Betreuungsfall“ in einer Unterbringung münde, ändere an diesem Ergebnis nichts. Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten würden daher nicht die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausmachen; ein nur rechtserhebliches Ausmaß reiche nicht aus.
- 7
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 8
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Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet.
- 9
-
Das angegriffene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Berufung der Klägerin nicht zurückgewiesen und ihre zulässige sog. Eingruppierungsfeststellungsklage (vgl. nur BAG 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 13 mwN; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 447/01 - zu I 1 der Gründe) nicht abgewiesen werden. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte der Senat nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 10
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I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA lägen nicht vor. Zwar verrichte die Klägerin Tätigkeiten, bei denen auch Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Erkrankungen anfielen. Diese machten aber nur 10 vH ihrer gesamten Arbeitszeit aus und bildeten mit den Beratungstätigkeiten keinen einheitlichen Arbeitsvorgang. Die Beratungstätigkeiten seien von der Krisenintervention, die nur in Ausnahmefällen stattfinde, ohne weiteres abgrenzbar. Zudem gehe nicht jede Abhängigkeitserkrankung oder jede psychische Erkrankung mit einer Krisenintervention nach dem PsychKG NRW einher. Dies spiegele auch die Stellenbeschreibung wider. Es bestehe kein untrennbarer Zusammenhang von Hilfe durch Beratung und der Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung. Dies hätten auch die Tarifvertragsparteien aufgegriffen, die die Tätigkeit in der Krisenintervention tariflich gesondert bewertet hätten.
- 11
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II. Dem folgt der Senat nicht. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit lägen mehrere getrennte Arbeitsvorgänge iSd. Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 Bundes-Angestelltentarifvertrag(BAT) zugrunde, ist von dessen tatsächlichen Feststellungen nicht gedeckt.
- 12
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1. Für die Eingruppierung der Klägerin sind aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung neben § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-VKA) nach wie vor maßgebend ist, ua. die nachstehenden Bestimmungen der Entgeltgruppen S des TVöD-BT-V/VKA von Bedeutung:
-
„S 11
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. …
S 12
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten. …
…
S 14
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit, die Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls treffen und in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht Maßnahmen einleiten, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, oder mit gleichwertigen Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind (z.B. Sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise).“
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2. Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung mit rechtsfehlerhafter Begründung von mehreren getrennten Arbeitsvorgängen ausgegangen, insbesondere indem es angenommen hat, die von der Klägerin auszuübenden sozialpsychiatrischen Beratungstätigkeiten und ihre Tätigkeit in der Krisenintervention seien tatsächlich trennbare und deshalb abgrenzbare Arbeitsvorgänge.
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a) Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis (st. Rspr. des Senats, etwa BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 24; 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - Rn. 22 mwN).
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aa) Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT sind
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„Arbeitsvorgänge … Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, …). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.“
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bb) Mit dem Begriff des Arbeitsvorgangs wurde durch den 37. Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung des BAT (vom 17. März 1975) ein einheitliches und allgemein verwertbares rechtliches Kriterium für die tarifliche Beurteilung der Tätigkeit von Angestellten eingeführt, das darauf abstellt, welchem konkreten Arbeitsergebnis die jeweilige Tätigkeit des Angestellten bei natürlicher Betrachtung dient (grundlegend BAG 22. November 1977 - 4 AZR 395/76 - zu II 3 bis 4 der Gründe, BAGE 29, 364; zuletzt 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 13 und - 4 AZR 968/11 - Rn. 14).
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cc) Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst. Wiederkehrende, gleichartige und gleichwertige Bearbeitungen können zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein auseinandergehalten werden können. Hierfür reicht die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte übertragen zu können, nicht aus. Tatsächlich trennbar sind Arbeitsschritte dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (vgl. insbesondere BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 ff. mwN; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14).
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dd) Die tatsächlichen Grundlagen für die Arbeitsvorgangsbestimmung sind von den Gerichten für Arbeitssachen zunächst zu ermitteln und festzustellen. Für eine solche Feststellung kann - auch wenn die Angaben von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt werden - nicht allein auf eine vom Arbeitgeber verfasste Stellenbeschreibung und die dort genannten, auszuübenden Tätigkeiten sowie deren Aufgliederung, bspw. in mehrere, als „Arbeitsvorgänge“ bezeichnete Unterpunkte, abgestellt werden. Eine Stellenbeschreibung dient lediglich der Dokumentation der Tätigkeit des Stelleninhabers. Als Grundlage für eine Tätigkeitsbeschreibung kommt sie allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt (BAG 16. November 2011 - 4 AZR 773/09 - Rn. 23). Grundsätzlich kann sie auch nicht ohne weiteres mit den tarifvertraglichen Vorgaben gleichgesetzt und hieraus ohne entsprechende weitere tatsächliche Feststellungen der Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne ermittelt werden. Eine Stellenbeschreibung kann also die notwendige rechtliche Bewertung zur Bestimmung von Arbeitsvorgängen entsprechend den tariflichen Vorgaben durch die Gerichte nicht ersetzen (vgl. ua. BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 39; 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 27; 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08 - Rn. 45, BAGE 129, 208).
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b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe durfte das Landesarbeitsgericht nicht ohne weitere Feststellungen vom Vorliegen mehrerer Arbeitsvorgänge ausgehen und einen einheitlichen Arbeitsvorgang verneinen. Seine Begründung trägt das Ergebnis nicht.
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aa) Das Landesarbeitsgericht hat zur Bildung der Arbeitsvorgänge rechtsfehlerhaft nur die von dem Beklagten erstellte Stellenbeschreibung zugrunde gelegt. Es fehlt deshalb bereits an einer ausreichenden Tatsachengrundlage für seine Annahme, es lägen mehrere Arbeitsvorgänge vor.
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bb) Hinzu kommt, dass selbst auf der Basis der von dem Beklagten erstellten Stellenbeschreibung entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ein einheitlicher Arbeitsvorgang gegeben sein kann.
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(1) Das Landesarbeitsgericht begründet schon nicht näher, was das Arbeitsergebnis der Tätigkeit der Klägerin als Sozialarbeiterin im Sozialpsychiatrischen Dienst ist. Es setzt sich nicht ausreichend mit der Frage auseinander, ob nicht das Arbeitsergebnis der Tätigkeit der Klägerin in der umfassenden und abschließenden Beratung und Betreuung psychisch und abhängig Kranker besteht. Dies würde dem allgemeinen Verständnis von Tätigkeiten von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern entsprechen, bei denen grundsätzlich nicht jeder einzelne Fall ein Arbeitsvorgang ist, sondern erst die Befassung mit allen Fällen diesen Rechtsbegriff ausfüllt (vgl. BAG 6. März 1996 - 4 AZR 775/94 - zu II 3 b der Gründe; 21. August 2013 - 4 AZR 968/11 - Rn. 14). Andernfalls könnte es zu einer tarifwidrigen Atomisierung solcher Tätigkeiten kommen (BAG 20. März 1996 - 4 AZR 1052/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 82, 272).
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(2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann eine Trennung nach verschiedenen Arbeits- oder Beratungsinhalten nicht schon deshalb angenommen werden, weil sich diese organisatorisch trennen und abgrenzen lassen. Zwar mag es zutreffen, dass sich die Beratungstätigkeiten einerseits und die Krisenintervention andererseits verwaltungsorganisatorisch ohne weiteres abgrenzen lassen. Für die Bildung des Arbeitsvorgangs ist dieser Umstand aber nicht tragend. Insoweit kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob eine Aufteilung der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten in Fälle mit Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind, und Fälle ohne solche Entscheidungen nicht nur theoretisch möglich, sondern tatsächlich organisatorisch umgesetzt worden ist.
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(3) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu nicht im Einzelnen festgestellt, ob nach der Arbeitsorganisation des beklagten Landkreises solche Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind, eigenständig organisiert und der Klägerin zur Abgrenzung zu den „normalen“ Betreuungsfällen zugewiesen sind oder ob es sich - zumindest überwiegend - nach der Arbeitsorganisation des beklagten Landkreises so verhält, dass - wie die Klägerin behauptet - sich grundsätzlich erst im Verlaufe einer Fallbearbeitung herausstellt, ob und welche Maßnahmen - einschließlich der Krisenintervention - erforderlich sind (vgl. dazu BAG 23. September 2009 - 4 AZR 309/08 - Rn. 27; 7. Juli 2004 - 4 AZR 507/03 - zu I 4 c der Gründe, BAGE 111, 216). Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten können deshalb Bestandteil der fallbezogenen Beratungs- und Betreuungstätigkeit sein und - vor allem in Krisensituationen - dabei auch anfallen. Dies scheint im Entscheidungsfall umso mehr zu gelten, als auch in Nr. 1 und Nr. 2 der Stellenbeschreibung die Krisenintervention genannt wird und deshalb als integraler Teil der Fallbearbeitung in Betracht kommt.
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(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD durch die Ausgestaltung der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA die dort aufgeführten Tätigkeiten jeweils zu einem gesonderten, rechtlich selbständig zu bewertenden Arbeitsvorgang ausgestaltet haben.
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(a) Nach der Definition der Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT ist grundsätzlich und allein das Arbeitsergebnis für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs maßgebend(oben II 2 a aa). Erst dann ist der Arbeitsvorgang anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58; 9. Mai 2007 - 4 AZR 757/06 - Rn. 36, BAGE 122, 244). Für ein Abweichen der Tarifvertragsparteien von ihren eigenen Vorgaben nur für die Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA ist nichts erkennbar.
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(b) Aus dem vom Beklagten angeführten Senatsurteil vom 17. Januar 1996 (- 4 AZR 662/94 -) ergibt sich nichts anderes. Zwar heißt es dort ua., dass „bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge nach der Rechtsprechung des Senats auch der Inhalt der Tätigkeitsmerkmale zu beachten (ist)“. Diese Formulierung bezieht sich jedoch nur auf das Verbot der Aufspaltung von Arbeitsvorgängen, die als Tätigkeitsbeispiel oder Tatbestandsmerkmal von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich genannt worden sind. Darum geht es vorliegend nicht.
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III. Das führt zur Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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1. Der Senat kann zwar auch noch in der Revisionsinstanz grundsätzlich Arbeitsvorgänge selbst bestimmen (st. Rspr., zB BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08 - Rn. 44, BAGE 129, 208; 22. Januar 1986 - 4 AZR 409/84 - mwN). Hierfür fehlt es aber, wie ausgeführt, an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen.
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2. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Zwar hat die Klägerin die sonstigen Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA noch nicht hinreichend dargelegt (zu den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast im Eingruppierungsrechtsstreit zB BAG 11. Februar 2004 - 4 AZR 684/02 - zu I 3 c bb (1) der Gründe, BAGE 109, 321; 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 e der Gründe). Dennoch war die Sache aufgrund der fehlenden tatsächlichen Feststellungen und vor dem Hintergrund der bisherigen Erörterungen des Rechtsstreits in den Tatsacheninstanzen sowie der Begründung der klageabweisenden Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG wird das Landesarbeitsgericht insbesondere der Klägerin Gelegenheit zu weiterem tatsächlichen Vortrag bzgl. des neuen tariflichen Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA geben müssen und dabei Folgendes zu beachten haben:
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a) Falls die in Nr. 1 und Nr. 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten der Klägerin tatsächlich vorliegen und mit der Krisenintervention einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilden sollten, der dann die überwiegende Tätigkeit darstellt, kommt eine Vergütung nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA in Betracht. Dann kann die Erfüllung der tariflichen Anforderung „gleichwertige Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind“ nicht mit der Begründung abgelehnt werden, diese machten nicht mindestens die Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit aus oder fielen innerhalb des maßgebenden Arbeitsvorgangs nicht zeitlich überwiegend an (s. nur BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 43; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58). Vielmehr ist es ausreichend, dass die Klägerin innerhalb des maßgebenden Arbeitsvorgangs in rechtserheblichem Umfang Tätigkeiten auszuüben hat, die die Anforderungen des tariflichen Qualifikationsmerkmals erfüllen (ähnlich zur Entgeltgruppe S 14 Alt. 1 TVöD-BT-V/VKA BAG 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 -, - 4 AZR 934/11 - und - 4 AZR 968/11 -).
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b) Die Klägerin kann sich für ihr Begehren allerdings nicht allein auf den Klammerzusatz des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA (Sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise) stützen. Durch diesen wird lediglich ein Fachdienst, nicht jedoch eine bestimmte Tätigkeit bezeichnet. Es handelt sich nicht um ein tarifliches „Regelbeispiel“ (dazu etwa BAG 23. März 2011 - 4 AZR 926/08 - Rn. 22 mwN), das eine Prüfung allgemeiner Tätigkeitsmerkmale erübrigen könnte.
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c) Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob die Klägerin „gleichwertige Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind“, iSd. zweiten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA auszuüben hat.
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Die Tarifvertragsparteien haben zwar die hierfür erforderlichen tariflichen Anforderungen nicht weiter oder gar abschließend geregelt, um eine Erfassung der vielfältigen Tätigkeiten von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen im Rahmen von öffentlich-rechtlichen zwangsweisen Unterbringungen, die durch die unterschiedlichen Vorgaben der jeweiligen Landesregelungen zur zwangsweisen Unterbringung psychisch Kranker (vorliegend das PsychKG NRW) differenziert geregelt sind, genügend Raum zu lassen. Aus der Systematik der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA folgt aber, dass die Tätigkeiten der zweiten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA mit denen der ersten „gleichwertig“ sein müssen.
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aa) Dabei kann sich die „Gleichwertigkeit“, wie eine Gegenüberstellung der beiden Fallgruppen zeigt und die Auslegung ergibt (zu den Maßstäben etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 129, 238), nicht auf eine entsprechende Entscheidungsbefugnis im engeren Sinne beziehen. Nach der ersten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA sind ausdrücklich eigene „Entscheidungen“ zu „treffen“. Dies ist für die zweite Alternative der Entgeltgruppe nicht vorausgesetzt. Dort handelt es sich um Tätigkeiten, die „für … Entscheidungen“ anderer erforderlich sind, also um eher „begleitende“ Maßnahmen bei der Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung. Für das Tätigkeitsmerkmal der zweiten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA kann deshalb nicht eine vergleichbare eigene Antrags- und Entscheidungsbefugnis verlangt werden. Eine solche Befugnis haben Sozialarbeiter/innen oder Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen des Sozialpsychiatrischen Dienstes im Rahmen einer zwangsweisen Unterbringung nicht. Das verdeutlicht das Verfahren nach dem PsychKG NRW. Nach § 12 PsychKG NRW kann nur das zuständige Amtsgericht nach ärztlichem Zeugnis eine Unterbringung anordnen. Der Antrag geht von der örtlichen Ordnungsbehörde im Benehmen mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst aus. Die damit verbundenen sozialpädagogischen oder sozialarbeiterischen Tätigkeiten werden bereits nach dem Gesetzeswortlaut im Rahmen des Unterbringungsverfahrens „eingespeist“, ohne jedoch allein ausschlaggebend zu sein. Dass sie gesetzlich vorgesehen sind, spricht für ihre Erforderlichkeit iSd. Tarifmerkmals. Gleiches gilt für Tätigkeiten im Rahmen von § 14 PsychKG NRW, wenn bei einer notwendigen sofortigen Unterbringung die örtliche Ordnungsbehörde von einem vorgelegten ärztlichen Zeugnis nur unter Beteiligung des Sozialpsychiatrischen Dienstes abweichen kann.
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Schließlich ist für eine „Gleichwertigkeit“ nicht eine eigenständige „Zusammenarbeit mit den Gerichten“ vorausgesetzt; diese ist nur in der ersten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA ausdrücklich verlangt.
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bb) Für eine Gleichwertigkeit iSd. Tarifmerkmals muss die Tätigkeit im Rahmen einer Gefahrenabwehr erforderlich sein. Insoweit knüpft das PsychKG NRW - wie auch andere einschlägige Landesregelungen zur zwangsweisen Unterbringung psychisch Kranker (vgl. mit Einzelnachweisen BVerfG 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 2 BvR 1279/12 - Rn. 164) - an das Vorliegen einer nicht anders abwendbaren Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Kranken und/oder anderer Personen an (§ 11 Abs. 1 Satz 1 PsychKG NRW). Dabei obliegen nach § 5 Abs. 1 PsychKG NRW die Hilfen für psychisch Kranke in den Kreisen und kreisfreien Städten den unteren Gesundheitsbehörden als Pflichtaufgabe und werden vor allem durch die Sozialpsychiatrischen Dienste geleistet. Deren Aufgabe besteht dementsprechend vor allem in der Mitwirkung an den Unterbringungsverfahren. Eine Tätigkeit, die im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Bereich der zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten steht und daran ausgerichtet ist, wird regelmäßig „gleichwertig“ iSd. Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA mit der in der Entgeltgruppe S 14 Alt. 1 TVöD-BT-V/VKA honorierten Garantenstellung (zur Garantenstellung iSv. § 1666 BGB Breier/Dassau/Faber TVöD Eingruppierung in der Praxis Stand September 2013 Teil D 1.1.2.1 § 56 TVöD-BT-V Rn. 4, 74, 81) und dem Schutzauftrag des Jugendamtes bei einer Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII(Breier/Dassau/Faber aaO Rn. 81) sein, wenn im Rahmen der Tätigkeit an Unterbringungsverfahren mitzuwirken ist, indem das gerichtliche Unterbringungsverfahren zu initiieren oder jedenfalls in einem nicht unerheblichem Maß zu begleiten ist.
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Eylert
Treber
Winter
Rupprecht
Hess
Tenor
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Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. Februar 2014 - 13 TaBV 40/13 - aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Gründe
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A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des bei der Arbeitgeberin (Antragstellerin) bestehenden Betriebsrats (Beteiligter zu 2.) zur Eingruppierung von drei sog. Punktionskräften.
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Die Arbeitgeberin betreibt einen Blutspendedienst und beschäftigt in ihrem Betrieb in M etwa 300 Arbeitnehmer. Mit Wirkung zum 1. März 2011 trat die Arbeitgeberin dem Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen (im Folgenden KAV NW) bei. Am 26. Juli 2011 schlossen sie und der KAV NW auf der einen und die Gewerkschaft ver.di auf der anderen Seite einen Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der DRK-Blutspendedienst West gGmbH in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (ÜTV-DRK-BSD) ab. Dieser trat am 1. August 2011 in Kraft.
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Die bei der Antragstellerin beschäftigten Punktionskräfte haben nach einer Arbeitsplatzbeschreibung vom 1. Januar 2011 folgende Aufgaben:
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„- Überprüfung der Identität des Spendewilligen an der Spendeliege durch Abfrage von Namen, Vornamen und Geburtsdatum, die der Spender aktiv nennen muss
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- Information und Aufklärung der Spendewilligen
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- Überprüfung der eindeutigen Nummernzuweisung durch Sicherstellung der Übereinstimmung identischer Barcode-Etiketten auf dem Beutelset, dem Spenderformular, sowie auf den Untersuchungsröhrchen
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- Desinfektion der Punktionsstelle nach Vorgabe der jeweils geltenden Hygienevorschriften
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- Punktion und Einleitung der Entnahme
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- Abnahme der Blutkonserve
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- elektronische Erfassung der Spender- und Konservenmerkmale (‚Scannen‘)
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- Nachbearbeitung der Konserve und Einsortieren der Laborröhrchen
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- Dokumentation
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- Medizinische Überwachung des Spenders während und nach der Blutspende
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- Notfallmanagement inklusive Dokumentation ggf. mit Übergabe an den Entnahmearzt
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- Spenderinformation über das Verhalten während und nach der Spende
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- Sämtliche Aufgaben des Teamhelfers sowie falls erforderlich auch der DRK-Helfer
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- Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer beim Umgang mit der mobilen Datenerfassung“
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Laut einer Stellenausschreibung der Arbeitgeberin werden für die Tätigkeit als Punktionskraft Arzthelfer/-innen, Krankenschwestern/-pfleger, Rettungssanitäter/-innen oder Rettungsassistenten/-innen gesucht.
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Mit Schreiben vom 23. Juli 2012 beantragte die Arbeitgeberin bei dem örtlichen Betriebsrat die Zustimmung zur unbefristeten Übernahme der ausgebildeten Arzthelferin D als Punktionskraft (Midijob in der Gleitzone) sowie zu deren Vergütung „in Anlehnung an Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V“. Mit Schreiben vom 24. Juli 2012 lehnte der Betriebsrat die beabsichtigte Eingruppierung ab. Nach inhaltlicher Erläuterung des Zustimmungsersuchens durch die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 30. Juli 2012 bestätigte der Betriebsrat am 3. August 2012 seine Ablehnung mit dem Hinweis, die beabsichtigte Eingruppierung entspreche nicht den tariflichen Vorgaben. Eine Vergütung nach der EG 8 TVöD/VKA sei zutreffend, da die Tätigkeit einer Punktionskraft wegen der damit verbundenen erhöhten Verantwortung mit der Tätigkeit von Krankenschwestern bzw. -pflegern vergleichbar sei.
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Mit weiteren Schreiben vom 3. und 6. August 2012 ersuchte die Arbeitgeberin den Betriebsrat ferner um Zustimmung zur unbefristeten Übernahme und zur Eingruppierung der ausgebildeten und mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden tätigen Arzthelferin H nach „Tarif TVöD Entgeltgruppe 6, Stufe 2“ sowie des ausgebildeten Rettungsassistenten S als Punktionskraft (geringfügige Beschäftigung) „in Anlehnung an Entgeltgruppe 5, Stufe 3 gemäß TVöD-V“. Mit Schreiben vom 8. August 2012 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zu den Eingruppierungen ebenfalls unter Hinweis auf eine Vergütung nach der EG 8 TVöD/VKA.
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Die Arbeitgeberin hat mit dem von ihr eingeleiteten Verfahren in allen Fällen die Ersetzung der Zustimmung begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, Leitbild der Tätigkeit einer Punktionskraft sei der Beruf von Arzthelferinnen und Arzthelfern, nicht der von Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern. Eine über die EG 5 und EG 6 TVöD/VKA hinausgehende Vergütung komme deshalb nicht in Betracht. Weiterhin sei bei der Eingruppierung zwischen Aushilfen und fest angestellten Arbeitnehmern zu differenzieren. Die Aushilfen reisten direkt zu den Blutspendeterminen an. Ihr Aufgabenbereich umfasse daher nicht die Vor- und Nachbereitung der Termine, weshalb sie nur in die EG 5 TVöD/VKA einzugruppieren seien.
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Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,
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1. die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin D in die Entgeltgruppe 5, Stufe 3 TVöD-V zu ersetzen;
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2. die Zustimmung zur Eingruppierung des Mitarbeiters S in die Entgeltgruppe 5, Stufe 3 TVöD-V zu ersetzen;
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3. die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin H in die Entgeltgruppe 6, Stufe 2 TVöD-V zu ersetzen.
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Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Er hat gemeint, die Punktionskräfte seien nicht nur assistierend, sondern vielmehr eigenverantwortlich tätig. Mit ihrer Tätigkeit sei überdies eine erhöhte Verantwortung verbunden, weil die Entnahme eines halben Liters Blut erheblich in die Physis des jeweiligen Spenders eingreife. Vor diesem Hintergrund sei es gerechtfertigt, die Punktionskräfte - vergleichbar den Krankenpflegekräften - nach der EG 8 TVöD/VKA zu vergüten.
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Das Arbeitsgericht hat den Anträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.
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B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte die Anträge, mit denen die Arbeitgeberin - wie sie in der mündlichen Anhörung vor dem Senat klargestellt hat - in der Sache die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats begehrt, nicht mit der Begründung abweisen, es bestehe in Bezug auf die bei der Arbeitgeberin beschäftigten Punktionskräfte eine bewusste Tariflücke, die seitens des Gerichts nicht geschlossen werden könne. Das führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann über die gestellten Anträge nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt.
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I. Im Ausgangspunkt noch zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, für die Eingruppierung der Punktionskräfte seien die Tätigkeitsmerkmale des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) maßgebend.
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1. Für die betriebliche Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG kommt es nicht auf einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung eines Tarifvertrags, sondern vielmehr darauf an, ob eine Vergütungsordnung im Betrieb gilt(BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 21, BAGE 138, 39). Insoweit genügt - wie hier - die nur einseitige Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Die Arbeitgeberin ist seit dem 1. März 2011 aufgrund ihrer Mitgliedschaft im KAV NW an den TVöD/VKA gebunden. Für die Eingruppierung der betroffenen Arbeitnehmer sind deshalb § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA nach wie vor maßgebend ist, sowie die Tätigkeitsmerkmale des BAT heranzuziehen.
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2. Der zum 1. August 2011 in Kraft getretene ÜTV-DRK-BSD enthält keine gesonderten Eingruppierungsregelungen.
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a) Die einschlägigen Tarifbestimmungen lauten:
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„§ 1
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Geltungsbereich
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(1) Dieser Tarifvertrag regelt die Überleitungsbedingungen in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD-V) in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung für die Beschäftigten des DRK-BSD, deren Arbeitsverhältnis am 31. Juli 2011 bereits bestanden hat und über den 1. August 2011 hinaus ununterbrochen fortbesteht. …
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§ 2
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Ablösung bisheriger Tarifverträge durch den TVöD-V
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Der TVöD-V und die diesen ergänzenden sonstigen Tarifverträge der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sowie des KAV NW ersetzen alle bisherigen sonstigen tarifvertraglichen Regelungen und die aufgrund bisheriger Tarifregelungen begründeten Ansprüche, soweit sich aus diesem Tarifvertrag nicht etwas anderes ergibt.
-
...
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§ 3
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Zuordnung zu einer Entgeltgruppe
-
Für die Überleitung werden die Beschäftigten entsprechend einer zwischen den Tarifvertragsparteien abgestimmten Anlage zur Niederschriftserklärung der dort genannten Entgeltgruppe zugeordnet. Die Tarifvertragsparteien gehen insbesondere von der Richtigkeit der dort genannten Zuordnung aus.
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Niederschriftserklärung zu § 3:
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Die Zuordnung nach § 3 zu den jeweiligen Entgeltgruppen dient der Überleitung und wirkt insofern in Bezug auf die nach der Eingruppierungsordnung des TVöD-V i.V.m. § 17 TVÜ-VKA anzuwendenden Eingruppierungsvorgänge nicht präjudizierend.“
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In einer „Verhandlungsniederschrift über die Tarifverhandlungen am 26. Juli 2011 in D“ heißt es:
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„Zur Eingruppierungszuordnungsanlage:
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...
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Für Beschäftigte nach DHV-TV, die als Punktionskräfte eingesetzt sind und für die zwischen den Tarifvertragsparteien keine Einigkeit über die Zuordnung besteht, wird - ohne Präjudiz - eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe 6 vorgenommen. Die Gewerkschaft ver.di erklärt hierzu, dass sie für diese Beschäftigten und alle anderen Beschäftigten, die gleiche oder gleichwertige Tätigkeiten als Punktionskräfte ausüben, eine Mindesteingruppierung in die Entgeltgruppe 8 gefordert hat, die sich in den Verhandlungen nicht durchsetzen ließ.“
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b) Der ÜTV-DRK-BSD regelt in § 1 die Überleitungsbedingungen in den TVöD-V/VKA. Nach seinem § 3 werden die Beschäftigten entsprechend einer zwischen den Tarifvertragsparteien abgestimmten Anlage zur Niederschriftserklärung einer bestimmten Entgeltgruppe zugeordnet. Ausweislich der Niederschriftserklärung zu § 3 ÜTV-DRK-BSD dient diese Zuordnung der Überleitung und wirkt in Bezug auf die nach der Eingruppierungsordnung des TVöD/VKA iVm. § 17 TVÜ-VKA anzuwendenden Eingruppierungsvorgänge nicht präjudizierend. Danach hat die Eingruppierung - jedenfalls der nicht übergeleiteten Arbeitnehmer wie die Mitarbeiter D, S und H - ausschließlich nach der maßgebenden Vergütungsordnung des TVöD iVm. § 17 TVÜ-VKA zu erfolgen.
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II. Das Landesarbeitsgericht durfte jedoch auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen keine Tariflücke annehmen.
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1. Eine Tariflücke kann vorliegen, wenn die Tätigkeit eines Arbeitnehmers keines der in der tariflichen Vergütungsordnung geregelten Tätigkeitsmerkmale erfüllt (BAG 18. März 2015 - 4 AZR 702/12 - Rn. 18; 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 19). Ob dies der Fall ist, kann nur auf der Grundlage der Feststellung beurteilt werden, welche Tätigkeit der betreffende Arbeitnehmer ausübt.
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Dabei ersetzt der bloße Verweis auf eine vom Arbeitgeber verfasste Stellenbeschreibung und die dort genannten auszuübenden Tätigkeiten die erforderlichen Feststellungen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch dann nicht, wenn die Angaben von den Beteiligten im Verlauf des Verfahrens nicht in Frage gestellt werden. Eine Stellenbeschreibung dient lediglich der Dokumentation der Tätigkeit des Stelleninhabers. Als Grundlage für eine Tätigkeitsbeschreibung kommt sie allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten hinreichend wiedergibt (vgl. grdl. BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 18 mwN).
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2. Danach fehlt es vorliegend an den für die Beurteilung der zutreffenden Eingruppierung erforderlichen Feststellungen. Das Landesarbeitsgericht hat für die Feststellung, welche Tätigkeiten die drei Beschäftigten als Punktionskräfte auszuüben haben, allein die Arbeitsplatzbeschreibung vom 1. Januar 2011 herangezogen. Dies ist aufgrund des Vorbringens der Beteiligten nicht ausreichend. Bereits die Arbeitgeberin geht davon aus, dass die bei ihr beschäftigten Punktionskräfte im Allgemeinen und auch die Beschäftigten D, S und H im Besonderen unterschiedliche Aufgaben auszuüben haben. Sie unterscheidet insoweit zwischen Aushilfen und fest angestellten Arbeitnehmern. Nach ihrem Vortrag reisen die Aushilfen direkt zu den Blutspendeterminen an, während der Aufgabenbereich der übrigen Punktionskräfte zusätzlich die Vor- und Nachbereitung der Termine umfasst. Dies kann durchaus zu einer unterschiedlichen Bewertung der Tätigkeiten führen. Ohne die Feststellung, welche genauen Tätigkeiten die konkret betroffenen Arbeitnehmer ausüben, kann daher nicht beurteilt werden, ob diese einer Vergütungsgruppe des BAT zugeordnet werden können und welche ggf. die zutreffende ist oder ob tatsächlich eine Tariflücke vorliegt, wie sie das Landesarbeitsgericht angenommen hat.
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III. Ob der Antrag der Arbeitgeberin begründet ist, kann der Senat mangels der erforderlichen Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht nicht abschließend beurteilen. Die Sache ist deshalb zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird es, nachdem es die konkrete Tätigkeit der vom vorliegenden Beschlussverfahren betroffenen Arbeitnehmer ermittelt hat, Folgendes zu beachten haben:
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1. Die zentrale Kategorie der Eingruppierung ist der Arbeitsvorgang. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb zunächst die Arbeitsvorgänge zu bestimmen haben, die die Tätigkeit jeder der drei im vorliegenden Beschlussverfahren betroffenen Punktionskräfte ausmachen.
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a) Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis (st. Rspr., zB BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 146, 22). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand der in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale zu bewerten (BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58).
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b) Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind (st. Rspr., zB BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; grdl. 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN).
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2. In einem zweiten Schritt ist zu ermitteln, ob die einzelnen Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal zugeordnet werden können.
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a) Insoweit ist zunächst zu prüfen, ob der jeweilige Arbeitsvorgang ein spezielles Tätigkeitsmerkmal - hier beispielsweise das einer Medizinischen Fachangestellten oder einer Krankenpflege- oder einer Rettungskraft - erfüllt (vgl. dazu BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08 - Rn. 39, BAGE 129, 208). Dabei sind die Arbeitsvorgänge jeweils als Gesamtheit zu betrachten. Das in Satz 2 der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 BAT vereinbarte Aufspaltungsverbot gestattet es nicht, einen Arbeitsvorgang nach Teiltätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit aufzuspalten. Eine Gewichtung findet an dieser Stelle des Eingruppierungsvorgangs nicht statt. Innerhalb eines Arbeitsvorgangs bedarf es weder eines Überwiegens noch eines „Gepräges“ durch die für die Bewertung maßgebende Teiltätigkeit. Es genügt, wenn innerhalb des Arbeitsvorgangs überhaupt konkrete Tätigkeiten verrichtet werden, die die Anforderungen eines bestimmten Tätigkeitsmerkmals erfüllen. In diesem Fall ist der Arbeitsvorgang in seinem gesamten zeitlichen Umfang dem betreffenden Tätigkeitsmerkmal zuzuordnen. Lediglich dann, wenn diese Anteile der Arbeit kein „rechtserhebliches Ausmaß“ erlangen, können sie außer Acht gelassen werden (st. Rspr., zB BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 31; 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08 - Rn. 47 mwN, aaO).
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b) Kann ein Arbeitsvorgang keinem speziellen Tätigkeitsmerkmal zugeordnet werden, ist zu prüfen, ob er den Anforderungen eines allgemeinen Merkmals entspricht. Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale des BAT haben nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine Auffangfunktion und können daher auch für solche Tätigkeiten herangezogen werden, die nicht zu den eigentlich behördlichen oder herkömmlichen Verwaltungsaufgaben gehören. Deshalb kann im Bereich des BAT eine Tariflücke nur dann angenommen werden, wenn die zu beurteilende Tätigkeit keinen unmittelbaren Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der betreffenden Dienststellen, Behörden und Institutionen hat (BAG 18. März 2015 - 4 AZR 702/12 - Rn. 18; 6. März 1996 - 4 AZR 771/94 - zu II 4 b der Gründe).
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c) Sollte die Zuordnung zu einem - speziellen oder allgemeinen - Tätigkeitsmerkmal des BAT möglich sein, kommt eine entsprechende Eingruppierung nur in Betracht, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der betreffenden Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge insoweit zusammen zu beurteilen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT).
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d) Nur für den Fall, dass die Arbeitsvorgänge der jeweiligen Punktionskraft überwiegend keinem Tätigkeitsmerkmal des BAT zugeordnet werden können, ist zu prüfen, ob die festgestellte Tariflücke von den Gerichten für Arbeitssachen geschlossen werden kann.
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aa) Die Schließung einer Tariflücke durch die Arbeitsgerichte ist zunächst dann unzulässig, wenn es sich um eine bewusste Auslassung der Tarifvertragsparteien handelt.
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(1) Die Gerichte sind nicht befugt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“ oder das Ergebnis einer schlechten Verhandlungsführung dadurch zu korrigieren, dass „Vertragshilfe“ geleistet wird. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (BAG 25. August 2010 - 4 ABR 104/08 - Rn. 38; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 24).
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(2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist im Entscheidungsfall eine bewusste Tariflücke nicht gegeben.
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(a) Für die Frage, ob es sich um eine bewusste oder unbewusste Tariflücke handelt, ist auf den Willen der Tarifvertragsparteien abzustellen. Da sich die Eingruppierung der Beschäftigten im Streitfall - ausschließlich - nach den Tätigkeitsmerkmalen des BAT richtet, kommt es auf den Regelungswillen der Parteien dieses Tarifvertrags an. Dafür dass diese die Eingruppierung von Punktionskräften bewusst nicht hätten regeln wollen, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
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(b) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aus der Verhandlungsniederschrift über die Tarifverhandlungen vom 26. Juli 2011. Zwar hätte es den Tarifvertragsparteien des ÜTV-DRK-BSD freigestanden, für die bei ihr beschäftigten Punktionskräfte eine gesonderte tarifliche Regelung zu treffen. Eine solche enthält der ÜTV-DRK-BSD aber nicht. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Erklärung der Tarifvertragsparteien als Erläuterung zur „Eingruppierungszuordnungsanlage“ abgegeben wurde. Diese diente, wie aus § 3 ÜTV-DRK-BSD nebst der entsprechenden Niederschriftserklärung ersichtlich ist, nur der Überleitung der Beschäftigten und wirkt für die nach der Eingruppierungsordnung des öffentlichen Dienstes vorzunehmenden Eingruppierungen nicht präjudizierend. Die Tarifvertragsparteien wollten danach ausdrücklich keine - weder eine positive noch eine negative - Eingruppierungsregelung treffen.
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bb) Die Schließung einer danach allenfalls vorliegenden unbewussten Tariflücke würde voraussetzen, dass es eindeutige Hinweise darauf gibt, wie die Tarifvertragsparteien die nicht berücksichtigte Tätigkeit bewertet hätten. Diese Voraussetzung ist nur dann gegeben, wenn die tariflich nicht geregelte mit einer tariflich geregelten Tätigkeit in einer Weise artverwandt und vergleichbar ist, die es erlaubt, die Tätigkeitsmerkmale auf die nicht tariflich geregelte Tätigkeit anzuwenden (zB BAG 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 25; 5. Oktober 1999 - 3 AZR 230/98 - zu I 5 der Gründe, BAGE 92, 310). Gibt es dagegen mehrere Möglichkeiten, die festgestellte Tariflücke zu schließen, scheidet eine Eingruppierung der Punktionskräfte nach dem Vergütungsschema des TVöD iVm. den Tätigkeitsmerkmalen des BAT aus. Die Schließung der Tariflücke wäre dann ebenfalls ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 20; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 24 f. mwN).
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Eylert
Treber
Rinck
Hannig
Valerie Holsboer
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. September 2009 - 9 Sa 1879/08 E - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 17. Oktober 2008 - 3 Ca 621/07 E - zurückgewiesen hat.
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2. Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 17. Oktober 2008 - 3 Ca 621/07 E - auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
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3. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. September 2009 - 9 Sa 1879/08 E - wird zurückgewiesen.
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4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits insgesamt zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach den Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen für diakonische Einrichtungen (AVR-K).
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Die 1958 geborene Klägerin ist seit dem 1. Januar 1996 mit der Bezeichnung „Leitende Physiotherapeutin“ im sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von derzeit 25 Stunden beschäftigt. Nach § 2 des am 14. Dezember 1995 geschlossenen Arbeitsvertrages finden auf das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche in Deutschland in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Die Klägerin ist staatlich geprüfte Physiotherapeutin und verfügt über Zusatzausbildungen nach „Bobath“ und „Vojta“. Darüber hinaus nahm sie an mehreren Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen teil.
-
Bei dem SPZ handelt es sich um eine Einrichtung iSd. § 119 SGB V. Hier werden Entwicklungsstörungen und -verzögerungen sowie drohende oder bestehende Behinderungen bei Kindern und Jugendlichen ambulant behandelt. Jährlich werden ca. 2.200 Patienten sowohl einmalig vorgestellt als auch über mehrere Jahre interdisziplinär betreut. In der Physiotherapie im SPZ werden ca. 800 Kinder pro Jahr diagnostiziert und behandelt. Physiotherapeutische Diagnostiken erfolgen ua. bei cerebralen Bewegungsstörungen, psychomotorischen Störungen, Wahrnehmungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten im sozialen und emotionalen Bereich, bei Kindern mit autistischen Zügen oder Autismus, Kindern mit Muskelerkrankungen oder hyperkinetischen Störungen (ADHS). Nach der Stellenbeschreibung aus Oktober 2003 sind der Klägerin folgende Aufgaben und Befugnisse übertragen:
-
„14.
Einzelaufgaben:
a)
Die Stelleninhaberin führt Erstgespräche und die physiotherapeutische Befundaufnahme durch.
b)
Sie erstellt individuelle Behandlungs- und Übungsprogramme.
c)
Sie führt Beratungs- und Abschlußgespräche mit Eltern, Therapeuten und anderen Bezugspersonen durch.
d)
Sie führt Gruppen- und Einzeltherapie bei Kindern des SPZ durch.
e)
Eltern, andere Bezugspersonen und Therapeuten werden von ihr beraten und angeleitet.
f)
Sie führt die Praktikumsbetreuung von Schwesternschülern/-innen der Klinik durch.
g)
Auf konsiliarische Anforderung werden Diagnostik, Beratung und Einzeltherapie in der Kinderklinik durchgeführt.
h)
Sie führt physiotherapeutische Behandlungen nach neurophysiologischen Erkenntnissen und Erfahrungen durch.
i)
Sie beobachtet und wertet den Verlauf der Therapien aus, um ggf. notwendige Veränderungen in der Konzeption vorzunehmen.
j)
Sie führt Fallbesprechungen im interdisziplinären Team durch.
k)
Sie bereitet Therapiesitzungen vor und nach.
l)
Sie nimmt regelmäßig an internen und externen Fortbildungen nach Genehmigung durch die Leitung teil.
m)
Sie organisiert Fortbildungen für Teammitglieder, externe Therapeuten und Elterngruppen.
n)
Sie führt die Mundsprechstunde durch.
o)
Sie führt videogestützte Elternberatung bei verhaltensauffälligen und mental retadierten Kindern durch.
p)
Sie fertigt Kunststoffschienen in Zusammenarbeit mit einem Orthopädietechniker an.
q)
Sie ist verantwortlich für die Anleitung neuer ihr nachgeordneten Mitarbeiter/innen.
r)
Sie übt die Dienst- und Fachaufsicht über die ihr unmittelbar nachgeordneten Mitarbeiter/innen aus.
s)
Die Stelleninhaberin hat nach Weisung ihres Vorgesetzten weitere Aufgaben zu erfüllen, die entweder wesensmäßig zu ihrem Tätigkeitsbereich gehören oder sich aus betrieblichen Notwendigkeiten ergeben.
15.
Befugnisse:
a)
Die Stelleninhaberin baut aufgrund der ärztlichen Diagnose selbständig und eigenverantwortlich die physiotherapeutische Behandlung auf.
b)
Sie unterschreibt den von ihr erstellten Teil des Arztberichtes.
16.
Zusammenarbeit mit anderen Stellen:
a)
Die Stelleninhaberin arbeitet mit dem Team der Einrichtung zusammen.
b)
Sie arbeitet zusammen mit den Eltern, anderen Bezugspersonen, der Kinderklinik, Ärzten, Kindergärten, Schulen und anderen Institutionen, z. B. in Form von Hospitation, Besprechungen sowie Beratungen.
…
18.
Anforderungen an die Stelleninhaberin der Stelle:
Die Stelleninhaberin muß eine Ausbildung als Physiotherapeutin haben. … Neben fundiertem, vielseitigem und erheblich erweitertem Fachwissen wird Interesse an interdisziplinärer Teamarbeit erwartet, die Eignung für Vorgesetztenverantwortung, …“
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Der Klägerin sind drei teilzeitbeschäftigte Beschäftigte unterstellt, wobei eine Beschäftigte in der Vergangenheit in Elternzeit war. Neben der Klägerin ist eine zweite leitende Physiotherapeutin tätig, der zwei Beschäftigte unterstellt sind. Weitere Physiotherapeutinnen werden bei der Beklagten nicht beschäftigt. Die physiotherapeutische Diagnostik führt die Klägerin teilweise zusammen mit einem Arzt und teilweise allein durch. Sie erhielt bis zur Neufassung der AVR-K zum 1. Januar 2004 eine Vergütung nach der VergGr. VI b AVR-K in der damals geltenden Fassung. Nach der Überleitung in das Entgeltsystem der neu gefassten AVR-K erhält sie eine Vergütung nach Entgeltgruppe E 7 AVR-K sowie eine Zulage iHv. 25 vH der Differenz zwischen den Vergütungen der Entgeltgruppen E 7 und E 8 AVR-K. Mit Schreiben vom 13. Januar 2004 widersprach die Klägerin der Überleitung in die Entgeltgruppe E 7 AVR-K. Mit weiterem Widerspruch vom 30. August 2006 forderte sie erfolglos eine Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 AVR-K rückwirkend ab 1. Januar 2004.
-
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ihre Tätigkeit sei mit der der in der Entgeltgruppe E 7.1 AVR-K aufgeführten Altenpflegerinnen, Erzieherinnen, Heilerziehungspflegerinnen oder Krankenschwestern vergleichbar. Deshalb sei dies die zutreffende Eingangsvergütungsgruppe. Die Fort- und Zusatzausbildungen seien für die Arbeit im SPZ erforderlich. Zudem rechtfertige bereits der Umstand, dass sie nach allgemeinen Anweisungen selbständig tätig sei, eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K. Ihre weiteren Fachkenntnisse begründeten daher einen Anspruch nach der Entgeltgruppe E 8 AVR-K. Ihre Arbeit verlange grundsätzlich erheblich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten. Das Qualifizierungsmerkmal rechtfertige sich bereits deshalb, weil die zu behandelnden Kinder und Jugendlichen überwiegend schwere Mehrfachbehinderungen und häufig auch Verhaltensstörungen aufwiesen. Ihre wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden teile sich wie folgt auf:
-
Diagnostik
7,5 Stunden pro Woche
30 vH
Therapie
8 Stunden pro Woche
32 vH
Interdis. Fallbesprechung
3 Stunden pro Woche
12 vH
Vor- und Nachbereitung/Berichte
2 Stunden pro Woche
8 vH
Supervision
0,5 Stunden pro Woche
2 vH
Leitung
3,5 Stunden pro Woche
14 vH
Qualitätsmanagement
0,5 Stunden pro Woche
2 vH.
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Aufgrund ihrer Leitungstätigkeit ergebe sich dann weiter eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe E 9.2 AVR-K.
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
-
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. April 2004 Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 AVR-K nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den jeweiligen Differenzbetrag ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu zahlen.
- 8
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Grundeingruppierung der Klägerin richte sich nach der Entgeltgruppe E 6.1 AVR-K. Die Aufzählung der in der Entgeltgruppe E 7.1 AVR-K genannten Berufsgruppen sei abschließend. Eine entsprechende Anwendung auf Physiotherapeutinnen komme nicht in Betracht. Abweichend zu den Altenpflegerinnen und Krankenschwestern stehe bei der Tätigkeit der Klägerin die Diagnostik im Vordergrund. Da Physiotherapeutinnen immer selbständig tätig seien, sei die Selbständigkeit kein Hervorhebungsmerkmal aus der Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K. Die erweiterten Fachkenntnisse und Fertigkeiten, über die die Klägerin verfüge, seien mit der Höhergruppierung in die Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K verbraucht. Die Zusatzausbildungen seien für ihre Tätigkeit nicht erforderlich. Die vorgelegten Fallbeschreibungen entsprächen ihrem Berufsbild. Die Leitungsaufgabe der Klägerin sei mit der Zulage nach § 2 Satz 2 Teil I B AVR-K hinreichend abgegolten.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich einer Vergütung nach Entgeltgruppe E 8 AVR-K stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichteten Berufungen beider Parteien zurückgewiesen und jeweils die Revision zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision ihr Begehren weiter, die Beklagte begehrt, die Klage insgesamt abzuweisen. Beide Parteien beantragen, die Revision der jeweils anderen Partei zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet, diejenige der Beklagten begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen, nicht allerdings die der Beklagten. Die zulässige Feststellungsklage ist insgesamt unbegründet.
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I. Auf das Arbeitsverhältnis finden nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien die AVR-K Anwendung. Hiervon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.
-
II. Für die Bewertung der Tätigkeit der Klägerin sind die nachstehenden Regelungen der AVR-K im Teil B „Eingruppierung und Entgelt“ maßgebend:
-
„Eingruppierungskatalog
I. Rahmenbestimmungen
§ 1
Die Arbeitnehmerinnen werden entsprechend den Tätigkeitsmerkmalen des übertragenen Arbeitsplatzes in die Entgeltgruppen eingruppiert. Für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe ist nicht die berufliche Bezeichnung, sondern allein die Tätigkeit der Arbeitnehmerin maßgebend. Die Eingruppierung richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Oberbegriffe; hierzu sind als Erläuterung die zu den Entgeltgruppen aufgeführten Richtbeispiele heranzuziehen.
§ 2
Übt eine Arbeitnehmerin innerhalb ihres Arbeitsbereiches ständig wiederkehrend mehrere Tätigkeiten aus, auf die verschiedene Entgeltgruppen zutreffen, so ist sie in die Entgeltgruppe einzugruppieren, deren Anforderungen den Charakter ihres Arbeitsbereiches im Wesentlichen bestimmen. Für solche Tätigkeiten, die bezüglich ihrer Anforderungen zu höheren Entgeltgruppen gehören und durch die Eingruppierung gemäß Satz 1 noch nicht abgegolten werden konnten, ist ein angemessenes Entgelt als Ausgleich zu gewähren. Diese kann entweder 25% oder 50% der Differenz zur nächsthöheren Entgeltgruppe betragen und wird gemeinsam vom Arbeitgeber und der Mitarbeitervertretung festgelegt.
…
II. Entgeltgruppen
…
E 6.1.
Arbeitnehmerinnen auf Arbeitsplätzen mit Tätigkeiten, die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, die in der Regel durch eine abgeschlossene, mindestens dreijährige Berufsausbildung erworben werden.
Richtbeispiele:
Facharbeiterin
Hausmeisterin mit abgeschlossener handwerklicher Ausbildung
Hauswirtschafterin
Köchin
Verwaltungsmitarbeiterin mit kaufmännischer Ausbildung
E 6.2.
Arbeitnehmerinnen auf Arbeitsplätzen mit Tätigkeiten, die über die Anforderungen nach Entgeltgruppe 5 hinaus erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen. Dieses Merkmal wird erfüllt, wenn von den Arbeitnehmerinnen ein höheres Maß an Fachwissen oder Verantwortung für Betriebsmittel oder Verantwortung für Personal gefordert wird.
Richtbeispiele:
Berufskraftfahrerin
Bürokauffrau
Haus- und Familienpflegerin
Krankenpflegehelferin in Funktionsdiensten
Sekretärin
Verwaltungsangestellte
E 7.1.
Arbeitnehmerinnen auf Arbeitsplätzen mit entsprechenden Tätigkeiten in der Pflege, Betreuung oder Erziehung und einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Altenpflegerin, Erzieherin, Heilerziehungspflegerin oder Krankenschwester.
E 7.2.
Arbeitnehmerinnen auf Arbeitsplätzen mit Tätigkeiten, die über die Anforderungen nach Entgeltgruppe 6 hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen. Dieses Merkmal wird erfüllt, wenn diese Tätigkeiten im Wesentlichen nach allgemeinen Anweisungen selbständig ausgeführt werden.
Richtbeispiele:
Facharbeiterin
Gruppenleiterin in WfB
Hausmeisterin mit abgeschloss. handwerklicher Ausbildung
Hauswirtschafterin
Köchin
Verwaltungsmitarbeiterin mit kaufmännischer Ausbildung
E 8
Arbeitnehmerinnen auf Arbeitsplätzen mit Tätigkeiten, die über die Anforderungen nach Entgeltgruppe 7 hinaus
- erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten sowie Verantwortung für
Personal oder Betriebsmittel in höherem Ausmaßoder - erheblich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten
voraussetzen5.
Richtbeispiele:
…
______________________________
5Die Tätigkeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten, sowie auf Arbeitsplätzen in der stationären Behindertenhilfe, die üblicherweise von Heilerziehungspflegerinnen bzw. von Erzieherinnen ausgeübt werden, erfordert i. d. R. erheblich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten.
…
E 9.2.
Arbeitnehmerinnen auf Arbeitsplätzen mit Tätigkeiten, die über die Anforderungen nach Entgeltgruppe 8 erheblich hinausgehen. Dieses Merkmal wird erfüllt, wenn von den Arbeitnehmerinnen neben erheblich erweiterten Fachkenntnissen und Fertigkeiten auch Verantwortung für Personal oder Betriebsmittel gefordert wird.
Richtbeispiele:
...“
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III. Für die zwischen den Parteien streitige Eingruppierung in die Entgeltgruppen E 8 und E 9 AVR-K ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Teil I B AVR-K Voraussetzung, dass die Tätigkeit der Klägerin auf dem ihr übertragenen Arbeitsplatz das Tätigkeitsmerkmal der begehrten Entgeltgruppe erfüllt. Anders als in § 22 Abs. 2 BAT stellen die AVR-K nicht auf Arbeitsvorgänge ab. § 2 Teil I B AVR-K zeigt aber, dass die für die Eingruppierung maßgebende übertragene Tätigkeit einer Arbeitnehmerin(im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden stets die weibliche Form gebraucht) sich aus verschiedenen Teiltätigkeiten zusammensetzen kann, die unterschiedlichen Entgeltgruppen zuzuordnen sind. Als Grundlage der Eingruppierung kann nicht stets eine Gesamtaufgabe der Arbeitnehmerin angenommen werden. Die Tätigkeit kann auch aus mehreren, jeweils eine Einheit bildenden Einzeltätigkeiten bestehen, wobei dann, wenn für diese verschiedene Entgeltgruppen zutreffen, die Bestimmung des § 2 AVR-K in Teil I B maßgebend wird(zu den AVR-K BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 20 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62).
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IV. Die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppen E 6.1, E 7.2, E 8 und E 9.2 AVR-K bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden und anschließend, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Entgeltgruppen vorliegen. Danach muss die Klägerin die allgemeinen Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 6.1 AVR-K, die der darauf aufbauenden Entgeltgruppen E 7.2 und E 8 AVR-K sowie anschließend die weiteren Merkmale der Entgeltgruppe E 9.2 AVR-K erfüllen. Die Klägerin einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass sie die für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt. Zu einem schlüssigen Vortrag genügt allein eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit nicht, wenn wie vorliegend von der Klägerin ein Hervorhebungsmerkmal in Anspruch genommen wird. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit der Klägerin sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sich die Tätigkeit gegenüber derjenigen einer Arbeitnehmerin der Entgeltgruppe E 6.1, E 7.2 oder E 8 AVR-K entsprechend den Qualifizierungsmerkmalen hervorhebt und eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 9.2 AVR-K begründet. Diese Wertung erfordert vielmehr einen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten, also den „Normaltätigkeiten“, und setzt einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus. Die vorgetragenen Tatsachen müssen erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt, und einen wertenden Vergleich mit diesen nicht unter das Hervorhebungsmerkmal fallenden Tätigkeiten erlauben (st. Rspr., etwa BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 19, BAGE 127, 305).
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1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, im Verhältnis zu einer Physiotherapeutin nach Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K, die selbständig ihre in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten umsetze, verlange die Tätigkeit im SPZ in erheblichem Maße erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten. Es würden nicht nur physiotherapeutische Standardaufgaben abgewickelt und verlangt. Die Klägerin werde interdisziplinär tätig und erstelle Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen, die zum Teil komplexe und mehrfache Behinderungen mit weiteren Auffälligkeiten hätten. Sie seien meist so vorbelastet, dass sie von niedergelassenen Physiotherapeutinnen nicht behandelt werden könnten, sondern der umfassenden Tätigkeit der Klägerin im SPZ bedürften. § 119 Abs. 2 SGB V zeige, dass im SPZ keine Standardaufgaben zu erbringen seien. Die Anmerkung zur Entgeltgruppe E 8 AVR-K gehe ebenfalls davon aus, dass die Tätigkeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in diesem Bereich in der Regel erheblich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten erfordere. Entsprechend verwende die Beklagte in der Stellenbeschreibung für die Klägerin den Begriff des „erheblich erweiterten Fachwissens“. Die diagnostische Tätigkeit sei charakteristisch für ihre Gesamttätigkeit, wenngleich sie nicht mehr als 50 vH ausmache. Die Tätigkeit der Klägerin erfülle aber nicht das Hervorhebungsmerkmal „Verantwortung für Personal oder Betriebsmittel“ der Entgeltgruppe E 9.2 AVR-K. Die leitende Aufgabe der Klägerin mache nicht den Charakter ihrer Gesamttätigkeit iSd. § 2 Satz 1 Teil I B AVR-K aus.
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2. Dem kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.
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a) Die Klägerin hat bereits nicht im erforderlichen Maß dargetan, dass ihre auszuübende Tätigkeit die Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 8, Fallgruppe 2 AVR-K erfüllt, weshalb auch eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 9.2 AVR-K ausscheidet.
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aa) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung des Begriffs der „erheblich erweiterten Fachkenntnisse und Fertigkeiten“ und damit um die eines unbestimmten Rechtsbegriffs handelt, nur der beschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (zum Maßstab BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 24 mwN , AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62 ).
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bb) Auch nach diesem eingeschränkten Maßstab sind die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern.
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(1) Bei der Beurteilung, ob die auszuübende Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe E 8 AVR-K erfüllt, hat das Landesarbeitsgericht keinen wertenden Vergleich vorgenommen, ob sich die Tätigkeit der Klägerin von derjenigen einer Arbeitnehmerin iSd. Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K durch „erheblich“ erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten hervorhebt. Soweit es angenommen hat, die Klägerin erfülle nicht nur „Standardaufgaben“, sondern behandele auch Kinder und Jugendliche mit komplexen und mehrfachen Behinderungen, fehlt es an einer Begründung, weshalb Behandlungen dieser Patienten gegenüber der Tätigkeit einer Physiotherapeutin, die nach der Grundentgeltgruppe vergütet wird, erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten erfordern. Dies bedarf einer entsprechenden Begründung anhand eines wertenden Vergleichs. Entsprechendes gilt für die angeführte interdisziplinäre Zusammenarbeit. Auch hier fehlt die erforderliche vergleichende Betrachtung. Diese Unterlassung einer denknotwendig durch ein Hervorhebungsmerkmal geforderten Vergleichsbetrachtung verletzt die bei der Subsumtion zu beachtenden Denkgesetze (BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 25 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 23, BAGE 127, 305).
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(2) Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Anmerkung zur Entgeltgruppe E 8 AVR-K herangezogen. Das Landesarbeitsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin habe Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen zu erstellen, die zum Teil komplexe und mehrfache Behinderungen mit weiteren Auffälligkeiten haben, was entsprechend der Bewertung in der Anmerkung zur Entgeltgruppe E 8 AVR-K die Annahme „erheblich erweiterter Fachkenntnisse und Fertigkeiten“ bestätige. Diese Wertung der AVR-K kann indes für die Tätigkeit der Klägerin nicht herangezogen werden. Die „Tätigkeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten“ indiziert nach den AVR-K „erheblich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten“ von Erzieherinnen oder Heilerziehungspflegerinnen, weil sie nicht zum regelmäßigen Inhalt von deren Beschäftigung gehört. Die Tätigkeit der Klägerin ist demgegenüber, soweit aus dem unstreitigen eigenen Vortrag der Klägerin ersichtlich, anders als die der in der Anmerkung zur Entgeltgruppe E 8 AVR-K genannten Erzieherinnen und Heilerziehungspflegerinnen, nicht auf eine erzieherische oder heilerzieherische Tätigkeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit „wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten“ ausgerichtet, sondern auf die Behandlung von ua. Störungen in der Bewegungsentwicklung, Fehlbildungen, Lähmungen durch Geburtstraumata, Verhaltensauffälligkeiten, auch wenn es unter den behandelten Patienten solche mit Erziehungsschwierigkeiten geben mag. Hierauf erzieherisch oder betreuend einzuwirken gehört aber nicht zu den Aufgaben einer Physiotherapeutin, weshalb die auf die Tätigkeit von Erzieherinnen und Heilerziehungspflegerinnen bezogene Anmerkung zur Entgeltgruppe E 8 AVR-K auch nicht als Wertungsmaßstab für die Bewertung der Tätigkeit einer Physiotherapeutin herangezogen werden kann (vgl. für Logopäden BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 26, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62 ).
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b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts kann sich die Klägerin für ihren Anspruch nicht auf Nr. 18 Satz 3 ihrer Stellenbeschreibung stützen.
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aa) Eine Stellenbeschreibung dient der Dokumentation der Tätigkeit des Stelleninhabers. Sie besitzt organisatorische sowie arbeitsrechtliche Bedeutung. Sie kann aber auch im Einzelfall für die tarifliche Eingruppierung von Bedeutung sein (so auch ErfK/Preis 11. Aufl. § 2 NachwG Rn. 15). Als Grundlage für eine Tätigkeitsbewertung kommt sie allerdings nur dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübenden Tätigkeiten sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt. Sofern die Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungs- oder Entgeltordnung etwa bestimmte Fachkenntnisse und Fertigkeiten fordern, ist eine Stellenbeschreibung nur dann bedeutsam, wenn sie sich auf das tarifliche Tätigkeitsmerkmal oder auf einzelne Tatbestandsmerkmale hieraus bezieht. Es muss im Rahmen der Stellenbeschreibung erkennbar auf die tariflichen Merkmale abgestellt werden (vgl. etwa Krasemann Das Eingruppierungsrecht des BAT/BAT-O 8. Aufl. Kap. 12 Rn. 281 ff.).
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bb) Diese Voraussetzungen erfüllt die vorliegende Stellenbeschreibung nicht. Es ist schon nicht erkennbar, wer die Stellenbeschreibung und dabei insbesondere die Nr. 18 Satz 3 erstellt hat. Die Klägerin und ihre Vorgesetzte haben ausweislich der vorgelegten Urkunde lediglich als zur Kenntnis Nehmende unterschrieben. Selbst wenn sie durch die Beklagte und nicht nur durch eine Vorgesetzte (zur Unerheblichkeit einer solchen Einschätzung vgl. BAG 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 127, 305; 15. März 2006 - 4 AZR 73/05 - Rn. 28, AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2) erstellt worden sein sollte, lassen bereits die von der Terminologie des Tätigkeitsmerkmales abweichenden Begrifflichkeiten („erheblich erweitertem Fachwissen“ gegenüber dem tariflichen Tatbestandsmerkmal „erheblich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten“) nicht den Rückschluss zu, es sollten die Stellenanforderungen in Übereinstimmung mit den tariflichen Anforderungen beschrieben werden. Deshalb liegen auch die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr oder einer Beweiserleichterung nach den Regeln des Anscheinsbeweises nicht vor (vgl. BAG 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 25 ff. mwN, aaO).
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3. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem Vortrag der Klägerin lassen sich diejenigen Tatsachen nicht entnehmen, die den erforderlichen wertenden Vergleich ermöglichen, um beurteilen zu können, ob die Anforderungen an das Hervorhebungsmerkmal „erheblich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten“ erfüllt sind. Die Klägerin hat auch trotz eines entsprechenden Hinweises in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geltend gemacht, sie hätte hierzu ergänzend vorgetragen, wenn sie bereits in den Tatsacheninstanzen darauf hingewiesen worden wäre, ihrem Vortrag lasse sich nicht der nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erforderliche wertende Vergleich entnehmen. Es kann auch dahinstehen, ob es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit, wie sie selbst meint und wovon das Landesarbeitsgericht offensichtlich ausgegangen ist, oder um mehrere Einzeltätigkeiten handelt. Denn ihr steht eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe E 8, Fallgruppe 2 AVR-K bei jeder denkbaren Zusammenfassung nicht zu.
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a) Die Klägerin ist auf einem Arbeitsplatz tätig, der Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, die in der Regel durch eine abgeschlossene, mindestens dreijährige Berufsausbildung erworben werden, über die sie aufgrund ihrer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung auch verfügt. Daher sind die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales der Entgeltgruppe E 6.1 AVR-K erfüllt.
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b) Die Klägerin übt auch eine Tätigkeit aus, die die Anforderungen der Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K erfüllt. Davon gehen die Parteien des Rechtsstreits übereinstimmend aus. Das Landesarbeitsgericht hat in der Sache, ohne dies jedoch ausdrücklich in den Entscheidungsgründen zu erwähnen, und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass eine pauschale Überprüfung ausreicht, soweit die Parteien die Tätigkeit der Klägerin als unstreitig und das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K als erfüllt angesehen haben (vgl. etwa BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 29, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62; 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 21 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 311).
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c) Es fehlt aber schon an der notwendigen Darlegung von Tatsachen, die den angeführten erforderlichen Vergleich zwischen der Tätigkeit einer Physiotherapeutin in der Entgeltgruppe E 6.1 AVR-K oder der Entgeltgruppen E 7 AVR-K und derjenigen mit dem hervorhebenden Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe E 8 AVR-K ermöglichen. Dabei kann dahinstehen, ob die Tätigkeit einer Physiotherapeutin bereits deshalb stets in die Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K eingruppiert ist, weil diese Tätigkeit in jedem Fall - wie die Klägerin geltend macht - im Wesentlichen nach allgemeinen Anweisungen selbständig ausgeführt wird und schon deshalb bei einer solchen Tätigkeit stets von gegenüber der Entgeltgruppe E 6.1 AVR-K erweiterten Fachkenntnissen und Fertigkeiten auszugehen ist, oder jedenfalls die Tätigkeit mit den in der Entgeltgruppe E 7.2 AVR-K genannten Richtbeispielen vergleichbar ist.
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Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass bei einer Physiotherapeutin, die selbständig arbeitet, stets die Zuordnung zur Entgeltgruppe E 7.1 oder E 7.2 AVR-K als Ausgangsentgeltgruppe erfolgt und es nur einer Darlegung bedarf, weshalb die Tätigkeit darüber hinaus „erheblich“ erweiterter Fachkenntnisse und Fertigkeiten bedarf, fehlt es an einem den geschilderten Anforderungen entsprechenden Vortrag.
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aa) Der gebotene Vergleich hätte zunächst erfordert, die Tätigkeit einer Physiotherapeutin nach den Tätigkeitsmerkmalen des Teils I B der AVR-K darzulegen, also welche Fachkenntnisse und Fertigkeiten eine Physiotherapeutin hat, die diese Tätigkeiten im Wesentlichen nach allgemeinen Anweisungen selbständig ausführt und die nach der Rechtsauffassung der Klägerin in die Entgeltgruppe E 7.1 oder E 7.2 AVR-K als Ausgangsentgeltgruppe eingruppiert ist. Demzufolge hätte die Klägerin darlegen müssen, welche Ausbildungsinhalte - als Fachkenntnisse und Fertigkeiten iSd. AVR-K - für diesen Beruf nach dem Stand im streitigen Anspruchszeitraum vermittelt werden und welche beruflichen Tätigkeiten danach eine Physiotherapeutin als „Normaltätigkeit“ schuldet. Das ist Aufgabe der Klägerin und kann ausgehend von der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten (vom 6. Dezember 1994, BGBl. I S. 3786, idF vom 2. Dezember 2007, BGBl. I S. 2686) anhand der näheren Darstellung der vermittelten Ausbildungsinhalte erfolgen. Weiter hätte die Klägerin vortragen müssen, welche darüber hinausgehenden Tätigkeiten sie verrichtet und in diesem Zusammenhang, welche über die Ausbildungsinhalte hinausgehenden „erheblich“ erweiterten Fachkenntnisse und Fertigkeiten bei der ihr übertragenen Tätigkeit erforderlich sind (zum Ganzen ausf. BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 32 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62 ).
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bb) Die Klägerin beschreibt zunächst die Fächer, in denen eine Physiotherapeutin im Rahmen der Ausbildung unterrichtet wird. Der Arbeitsalltag einer Physiotherapeutin, die in einer Praxis tätig sei, bestehe überwiegend aus der Durchführung von Therapien, während sich Diagnostikanteile vornehmlich auf die erste Behandlungseinheit beschränkten. Die Therapieeinheiten betrügen je nach Therapieform zwischen 20 und 40 Minuten, im SPZ etwa 60 Minuten. Die Patienten wiesen ua. Haltungsschwächen, Atemprobleme, leichte Entwicklungsverzögerungen oder cerebrale Bewegungsstörungen bei Kindern auf. Möglichkeiten einer interdisziplinären Zusammenarbeit, die in der Arbeit mit Patienten mit schwierigen Störungsbildern erforderlich seien, seien für die Tätigkeit in freien Praxen nicht vorgesehen. Sie, die Klägerin, sei in der Wahl der jeweiligen Therapie nicht festgelegt. Weit überwiegend wiesen Kinder, die typischerweise im SPZ behandelt würden, anders als in freien Praxen, komplexe Störungsbilder auf. Sie sei neben den Ärzten die direkte Ansprechpartnerin für die Eltern und entscheide über weitere Fördermöglichkeiten. Daher sei für sie, anders als in einer freien Praxis, eine engere Zusammenarbeit mit denjenigen Fachkräften möglich, die mit den Kindern und deren Familien bereits zusammen arbeiteten. Aufgrund der unterschiedlichen Klientel und der möglicherweise längeren Therapiedauer sei ein erheblich erweitertes Fachwissen erforderlich. Kinder mit mundmotorischen Störungen würden von niedergelassenen Ärzten und Kinderkliniken zur Mitbeurteilung und Therapie an sie überwiesen. Sie ermögliche, dass in Zusammenarbeit mit Zahnarztpraxen und zahntechnischen Labors spezielle Gaumenplatten nach Castillo Morales für Patienten angefertigt würden. Von einer nahegelegenen Kinderklinik werde sie zur Mitbeurteilung und Beratung bei Kindern mit besonders schwierigen mundmotorischen Auffälligkeiten angefordert. Für die Gruppentherapien, die von zwei Fachkräften unterschiedlicher Fachrichtungen durchgeführt würden, sei ein erheblich erweitertes Fachwissen durch Zusatzausbildungen erforderlich. Das SPZ nehme an einer Studie für extrem frühgeborene Säuglinge teil, bei der auch sie Untersuchungen durchführe. Das SPZ biete ein besonderes Laufbandtraining an, für das sie erarbeitet habe, welche Kinder sich hierfür besonders eigneten. Mit einem Arzt führe sie die Botulinumsprechstunde für Kinder mit cerebralen Bewegungsstörungen durch. Hierbei obliege ihr die Auswertung von Fragebögen an die Therapeuten, die „vor Ort“ tätig seien. Zur Effektsteigerung der Botulinumbehandlung fertige sie bei einigen Patienten Interimsorthesen an.
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cc) Dieses Vorbringen wird den dargelegten Anforderungen an einen Prozessvortrag nicht gerecht, der einen wertenden Vergleich zur Feststellung der Erfüllung eines Hervorhebungsmerkmales ermöglichen soll. Der Senat muss nicht abschließend darüber befinden, welche Anforderungen vorliegend zu erfüllen sind, um von „erheblich“ erweiterten Fachkenntnissen und Fertigkeiten ausgehen zu können. Es fehlt bereits an einem Vortrag, der den erforderlichen wertenden Vergleich überhaupt ermöglicht.
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Es wird bereits nicht deutlich, welche (erweiterten) Fachkenntnisse und Fertigkeiten die „Normaltätigkeit“ einer Physiotherapeutin erfordert, deren Tätigkeit unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Klägerin einer der beiden Entgeltgruppen E 7 AVR-K zugeordnet ist. Sie benennt lediglich schlagwortartig die Unterrichtsfächer einer Physiotherapeutin, ohne allerdings die näheren Ausbildungsinhalte darzustellen. Deshalb ist auch nicht erkennbar, in welchem Maße etwa die Begleitung und Beratung von Eltern, weiteren Bezugspersonen, Therapeuten, Erziehern und Lehrern der zu behandelnden Kinder, die die Klägerin für das Hervorhebungsmerkmal ua. anführt, bereits in der Ausbildung zur Physiotherapeutin vermittelt werden und was darüber hinaus notwendig und im Fall der Klägerin erfüllt sein soll, so dass insoweit von einer erheblichen Erweiterung der Fachkenntnisse und Fertigkeiten ausgegangen werden könnte. Sie hat selbst vorgetragen, dass im Rahmen der Ausbildung zur Physiotherapeutin auch Fächer wie Psychologie, Pädagogik und Soziologie gehören. Unter A Nr. 9 der Anlage 1 zu § 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten wird als Unterrichtsfach Sprache und Schrifttum und speziell unter Nr. 9.2 mündliche und schriftliche Berichterstattung, unter Nr. 10.1.5 neben Supervision auch Gesprächsführung als Unterrichtsfach aufgeführt. Insoweit hätte die Klägerin im Einzelnen darlegen müssen, welche besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten über die in der Ausbildung erworbenen für die von ihr beschriebenen Gespräche erforderlich sind und durch welche zusätzlichen Qualifikationen sie sich diese angeeignet hat. Dies gilt ebenso für ihre Tätigkeit bei Kindern mit mundmotorischen Störungen. Es fehlt an einem schlüssigen Vorbringen, inwieweit Wissen hierüber bereits Gegenstand der Ausbildung war und welche Anforderungen bei der Behandlung von Kindern über dieses Ausbildungswissen hinaus besondere Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, die erst durch eine entsprechende Zusatzausbildung gewonnen wurden. Dies wäre bereits deshalb erforderlich gewesen, weil unter A Nr. 16.11 der Anlage 1 zu § 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten Psychomotorik ebenfalls als Unterrichtsfach aufgeführt ist. Allein der Umstand, dass die Klägerin eine Weiterbildung nach dem Castillo Morales Konzept gemacht hat, genügt nicht für einen wertenden Vergleich. Ihr Vortrag ist in diesem Zusammenhang ebenso unsubstantiiert wie hinsichtlich der „Kenntnisse von verhaltenstherapeutischen Konzepten“, welche die Klägerin gleichfalls nur schlagwortartig anführt. Gleiches gilt für ihre Teilnahme an der Studie zur Nachuntersuchung extrem frühgeborener Säuglinge sowie bei der Entwicklung eines speziellen Laufbandtrainings, weil bereits offenbleibt, welche Beiträge die Klägerin hier leistet.
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Des Weiteren fehlen Angaben darüber, welche Fachkenntnisse und Fertigkeiten hierfür benötigt wurden, die gegenüber den „normalen“ Fachkenntnissen und Fertigkeiten einer Physiotherapeutin erheblich erweitert sind. Ausweislich der Nrn. 13 und 14 unter A der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten gehören Bewegungslehre und -erziehung sowie nach Nr. 16.6 Gangschulung zum Ausbildungskanon einer Physiotherapeutin. Auch das durch eine lange Berufstätigkeit erworbene vertiefte Erfahrungswissen reicht nicht aus, das Hervorhebungsmerkmal „erheblich erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten“ zu erfüllen. Allein die Aufzählung der von der Klägerin im Einzelnen genannten Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen einschließlich deren Titel lässt ohne weiteren Vortrag zu deren näherem Inhalt keinen Schluss auf die dabei vermittelten Fachkenntnisse und Fertigkeiten zu. Näheres lässt sich auch nicht aus den von ihr exemplarisch angeführten vier Fallbeispielen entnehmen.
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Soweit die Klägerin geltend macht, ihr Arbeitsalltag unterscheide sich von dem einer Physiotherapeutin in einer Praxis, übersieht sie bereits, dass der Maßstab der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppen E 7.1 oder E 7.2 AVR-K, ebenso wie bei einer Zuordnung zur Entgeltgruppe E 6.1 AVR-K, nicht derjenige der Tätigkeit einer Physiotherapeutin in einer Vertragspraxis ist. Diese Tätigkeit kann deshalb von vornherein keinen geeigneten Vergleichsmaßstab bilden. Deshalb ist es ohne Aussagekraft, wenn die Klägerin anführt, der Arbeitsalltag einer Physiotherapeutin in einer freien Praxis bestehe in der Durchführung von Therapien. Dem steht im Übrigen der eigene Vortrag der Klägerin entgegen, wonach zum Aufgabengebiet einer „normalen Physiotherapeutin“ auch die Diagnostik gehört. Auch die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten schreibt in Nr. 15 unter A der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 neben der Therapie die physiotherapeutische Befunderhebung als Unterrichtsfach vor.
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4. Die Klägerin erfüllt nach ihrem Vorbringen auch nicht das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe E 8, Fallgruppe 1 AVR-K, welches von ihrem Klageantrag auf Grundlage ihres Vorbringens mit umfasst ist (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 657/08 - Rn. 14 ff. mwN, AP ZPO § 551 Nr. 68).
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a) Die Anforderungen an die Entgeltgruppe E 8 AVR-K sind nach deren Fallgruppe 1 auch dann erfüllt, wenn die Tätigkeit „über die Anforderungen nach Entgeltgruppe 7 hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten sowie Verantwortung für Personal oder Betriebsmittel in höherem Ausmaß“ voraussetzt.
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b) Dabei kann es dahinstehen, ob das Hervorhebungsmerkmal der Entgeltgruppe E 8, Fallgruppe 1 AVR-K „Verantwortung für Personal“, das allein von der Klägerin beansprucht wird, nur dann erfüllt ist, wenn es iSd. § 2 Satz 1 Teil I B AVR-K den Charakter des Arbeitsbereiches im Wesentlichen bestimmt, wie die Beklagte meint. Dagegen spricht, dass in § 2 Satz 1 Teil I B AVR-K die tarifliche Eingruppierung für den Fall geregelt ist, dass die auszuübende Tätigkeit einer Arbeitnehmerin sich aus mehreren Einzeltätigkeiten zusammensetzt, die den Tätigkeitsmerkmalen unterschiedlicher Entgeltgruppen entspricht. Für diesen Fall soll der „Charakter ihres Arbeitsbereiches“ für die zutreffende Eingruppierung maßgebend sein.
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Demgegenüber ist vorliegend zu beurteilen, ob die Tätigkeit der Arbeitnehmerin überhaupt das Tätigkeitsmerkmal einer Entgeltgruppe der AVR-K erfüllt, die gegenüber der Ausgangsentgeltgruppe durch ein Hervorhebungsmerkmal gekennzeichnet ist. Es handelt sich bei einer Arbeitnehmerin, die eine Tätigkeit ausgeübt, „die über die Anforderungen der Entgeltgruppe 7 hinaus“ „Verantwortung für Personal … in höherem Ausmaß“ voraussetzt, nicht um eine Arbeitnehmerin, die „innerhalb ihres Arbeitsbereiches ständig wiederkehrend mehrere Tätigkeiten“ ausübt, „auf die verschiedene Entgeltgruppen zutreffen“, sondern im Rahmen ihrer Tätigkeit das einschlägige Hervorhebungsmerkmal erfüllt.
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Von daher spricht vieles dafür, dass bei der eingruppierungsrechtlichen Bewertung eine „Verantwortung für Personal … in höherem Ausmaß“ bereits dann gegeben ist, wenn sie bezogen auf die (Teil-)Tätigkeit der Arbeitnehmerin in einem rechtserheblichen Ausmaß vorliegt (vgl. zur ähnlich gelagerten Rechtsprechung des Senats bei den Heraushebungsmerkmalen im Rahmen der Tätigkeitsmerkmale des BAT: 18. Mai 1994 - 4 AZR 461/93 - zu B II 4 c der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178; 22. März 1995 - 4 AZN 1105/94 - zu II der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 193; 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 34, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 40).
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c) Der Senat muss dies aber nicht abschließend entscheiden. Selbst wenn man entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten zugunsten der Klägerin davon ausgeht, es sei für die angestrebte Eingruppierung ausreichend, dass die „Verantwortung für Personal … in höherem Ausmaß“ nur in einem rechtserheblichem Ausmaß vorliegt, sind nach ihrem Vortrag bereits diese Voraussetzungen nicht schlüssig dargetan, so dass es nicht darauf ankommt, wie sich ihre gesamte Tätigkeit zusammensetzt.
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aa) Die Klägerin hat in ihrer Berufungsbegründung ihre „Aufgaben als Leitende Physiotherapeutin“ damit begründet, ihr seien drei Physiotherapeutinnen unterstellt, neue Beschäftige in der Physiotherapie würden von ihr eingearbeitet und Praktikanten betreut. Sie sei für die Supervision von Therapieeinheiten der ihr nachgeordneten Mitarbeiterinnen verantwortlich, führe mit diesen Jahresgespräche zur Qualitätssicherung und -verbesserung durch und unterstütze diese bei der Therapieplanung. Weiterhin verteile sie Patienten nach den Kompetenzen der Mitarbeiterinnen; mit ihr werde die Urlaubsplanung abgesprochen und sie organisiere Fortbildungen. Schließlich sei sie Sprecherin und Ansprechpartnerin für die ihr nachgeordneten Mitarbeiterinnen.
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bb) Danach fehlt es an einer substantiierten Darlegung seitens der Klägerin, sie trage Verantwortung für Personal. Deshalb kann es auch dahinstehen, wie das Merkmal „in höherem Ausmaß“, namentlich in Abgrenzung zum Hervorhebungsmerkmal der „Verantwortung für Personal … in größerem Ausmaß“ nach der Entgeltgruppe E 10 AVR-K zu bestimmen ist und ob eine solche auch gegeben ist, wenn sie lediglich gegenüber drei Teilzeitbeschäftigten besteht.
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Das Vorbringen der Klägerin lässt bereits nicht erkennen, wie sich die ihr nach der Stellenbeschreibung übertragene Dienst- und Fachaufsicht gestaltet. Es bleibt gänzlich offen, welche (Weisungs-)Befugnisse und Kontrollmöglichkeiten ihr gegenüber den drei Teilzeitbeschäftigten zustehen und wie sie von ihr ausgeübt werden. Gleiches gilt für die angeführte Ansprech- und Sprecherinnenfunktion. Dies wäre auch erforderlich gewesen, weil die Beklagte eingewendet hat, die Dienst- und Fachaufsicht halte sich „in engen Grenzen“. In Bezug auf die Organisation von Fortbildungsmaßnahmen und die Besprechung der Urlaubsplanung bleibt offen, inwieweit hier der Klägerin Weisungsrechte zustehen. Hinsichtlich der „Verteilung der Patienten“ ist nicht auszumachen, ob dies gegenüber den Mitarbeiterinnen bindend erfolgt, eine etwaige Berechtigung sich auf die Verteilung als solche beschränkt oder sich eine etwaige Dienst- und Fachaufsicht auch auf die Durchführung der Tätigkeiten durch die ihr unterstellten Therapeutinnen bezieht. Letztgenanntem Umstand steht entgegen, dass nach der Stellenbeschreibung Physiotherapeutinnen ein Behandlungskonzept aufgrund der ärztlichen Diagnose und Verordnung jeweils selbst planen und eigenverantwortlich durchführen. Auch in Bezug auf die angeführte „Verantwortlichkeit für die Supervision“ ist nicht erkennbar, ob die Klägerin nur für die Durchführung als solche organisatorisch verantwortlich ist oder sie hierbei auch in „Verantwortung für Personal“ tätig wird. Zudem ist dieser nicht unter Beweisantritt erfolgte Vortrag der Klägerin von der Beklagten ebenso bestritten worden wie auch derjenige über die inhaltlich nicht näher beschriebenen Jahresgespräche zur Qualitätssicherung und Verbesserung. Die Betreuung von Praktikanten ist - jedenfalls ohne weitere Anhaltspunkte - keine Aufgabe der Verantwortung für Personal im eigentlichen Sinne. Dasselbe gilt für die Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen, wird diese doch häufig von erfahrenen Beschäftigten des jeweiligen Aufgabenbereiches mit übernommen. Es bleibt daher offen, in welcher Weise sich die Anforderungen an die Tätigkeit der Klägerin hier unterscheiden sollen. Auch aus dem Umstand der an die Klägerin gezahlten Zulage nach § 2 Satz 2 des Teils I B AVR-K kann nicht die Entbehrlichkeit eines entsprechenden Sachvortrages gefolgert werden.
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V. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits insgesamt zu tragen.
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Bepler
Winter
Treber
von Dassel
J. Ratayczak
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.
(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.
(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.
(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.
(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.