Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 07. Juli 2016 - 11 Sa 798/15
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Herne vom 19.05.2015 – 3 Ca 3434/13 – abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.400,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2013 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan für die Monate September 2011 bis November 2013.
3Der Kläger wurde am 01. September 1976 als Auszubildender (Betriebsschlosser) auf der damaligen Schachtanlage F angelegt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Rheinisch/Westfälischen Steinkohlebergbaus Anwendung. Zuletzt war der Kläger als Kolonnenführer (Fachrichtung Maschinenbetrieb) im Untertagebetrieb des Bergwerks B tätig.
4Die Beklagte ist ein Bergbauunternehmen. Aufgrund berufsgenossenschaftlicher Vorgaben ist sie verpflichtet, auf ihren Bergwerken eine Grubenwehr vorzuhalten. Die Organisation der Grubenwehr ist bei der Beklagten durch den Plan für das Grubenrettungswesen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen I geregelt. Der Kläger war bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitglied der Grubenwehr in der Funktion eines Grubenwehrmanns – und nicht in der Funktion eines Hauptgerätewarts. Für seine Tätigkeiten im Rahmen der Grubenwehrübung außerhalb der Schichtzeit erhielt der Kläger Zahlungen unter der Lohnart „Grubenwehr-Übung außerh.“ nach der Vorstandsrichtlinie DSK VR 02/07.
5Unter dem 25. Juni 2003 vereinbarten die Beklagte und der gesamte Betriebsrat der E AG einen Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG (GSP 2003). Dieser Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohle Bergbaus des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben, u.a. von der Beklagten einen Zuschuss zum Anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das Anpassungsgeld ein Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen wurde in § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplan wie folgt definiert:
6…
7(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
8Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
9Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
10…“
11Mit Datum vom 27.05.2010 verabschiedeten die Parteien des Gesamtsozialplanes die Protokollnotiz VII zum GSP 2003. Danach stimmen Gesamtbetriebsrat und Vorstand der Beklagten darin überein, dass unter Anderem bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß § 2 Ziffer 7 (Zuschuss zum Anpassungsgeld) Absatz 3 des Gesamtsozialplanes die in der Anlage zu dieser Protokollnotiz aufgeführten Lohn- und Gehaltsarten nicht zu berücksichtigen seien. In dieser Anlage finden sich unter Anderem die Lohnarten „0E02 Übung Grub-/Gas. auss.einm“ und „1015 Grubenwehr-Übung ausserh.“ Im Weiteren stellen die Parteien des Gesamtsozialplans in der Protokollnotiz klar, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens i.S.d. vorgenannten Vorschriften des Gesamtsozialplanes bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes am 25.06.2003 vorhanden gewesen sei und dem Abschluss des Gesamtsozialplanes zugrunde gelegen habe.
12Am 22.06.2010 wurde der Kläger betrieblich beraten zu einem Ausscheiden aus dem Betrieb und anschließender Inanspruchnahme von Anpassungsgeld. Ein Abkehrgespräch zur Abkehr des Klägers in die Anpassung erfolgte am 05.07.2011. Gesprächspartner des Klägers war jeweils Herr U.
13Unter dem 02. Dezember 2010 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine Änderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25. Juni 2003 (GSP 2010, Bl. 57 ff GA). Hierin heißt es u.a. wörtlich:
14…
15- 16
1. § 2 Ziffer 7 („Zuschuss zum Anpassungsgeld“) Absatz 3 des Gesamtsozialplans wird wie folgt neu gefasst:
„Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
18a) Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird bei Arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tariflöhne sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den Bruttomonatslohn.
19Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von ½ hinzugerechnet.
20b) Bei Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ermittelt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tarifgehälter, Stufensteigerungen sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag ergibt das Bruttomonatsgehalt.
21Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12 hinzugerechnet.
22c) Bei außertariflichen Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen Bruttojahresbezüge vor dem Ausscheiden ermittelt. Die festen Bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem Jahresfixeinkommen, ggfs. dem Besitzstand und sowie ggfs. dem Garantieeinkommen, jeweils ohne Einzahlungen, Zulagen und Aufwendungsersatz.
23Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird diesem so berechneten Betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen Vergütung hinzugerechnet. Dabei wird der Gesamtzielerreichungsgrad des Vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein Faktor von 1,0 zugrunde gelegt. Dieser Betrag wird auf 1/12 der im Zeitpunkt des Ausscheidens für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.“
24…
25Die im GSP 2010 (und ebenfalls im später vereinbarten GSP 2012) in Bezug genommenen Bestimmungen im MTV (Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus gültig ab 1. Januar 1990 Stand April 2009) lauten (Bl. 62, 63 GA):
26„11. Vergütung im Urlaubsfall
27§ 41
28(1) Für die Dauer des Urlaubs erhält der Arbeitnehmer je Urlaubstag die durchschnittliche Grundvergütung (§ 31 Absatz 2) des Vormonats, ggf. zuzüglich Untertage-Zulage und Konti-Zulage.
29(2) Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts gemäß Abs. 1 ist die Mehrarbeit (Abs. 4) zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer in den letzten 3 Kalendermonaten vor Beginn des Urlaubs (Rahmenfrist) geleistet hat, wenn …..
30(3)…..
31(4) Unter Mehrarbeit im Sinne der Absätze 2 und 3 ist Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit zu verstehen, mit Ausnahme der Sonn- und Feiertagsarbeit, die die Arbeitnehmer im Rahmen seines normalen Schichtplans verfahren hat.
32(5) …….
331. Allgemeine Vergütungsgrundsätze
341. Arbeitseinkommen
35§ 31
36(1) Das Arbeitseinkommen besteht aus:
37a) Schichtlohn oder Gehalt
38b) Leistungszulage
39c) Zuschlägen für Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit und Erschwernisse
40d) sonstigen Zuwendungen (z.B. Jahresvergütung, Untertage-Zulage, Treueprämie, Konti-Zulage)
41e) Hausbrand
42(2) Schichtlohn oder Gehalt (je Schicht 8/174), ggf. einschließlich Leistungszulage, ist die Grundvergütung.
43(3) Schichtlohn und Gehalt ergeben sich aus den Lohn- und Gehaltstafeln in Verbindung mit der Lohnordnung und den dazugehörigen Erläuterungen sowie dem Gehaltsgruppenverzeichnis. … “
44Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers unter dem 06.07.2010 zum 31.08.2011 (Bl. 236 GA). Dabei wies die Beklagte im Kündigungsschreiben darauf hin, dass sie dem Kläger betriebliche Leistungen nach Maßgabe des Gesamtsozialplanes zum Anpassungsprogramm der E AG in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt des Ausscheidens gewähre (Bl. 236 GA). Wegen der vom Kläger in den letzten zwölf Monaten seines Arbeitsverhältnisses bezogenen Zahlungen wird auf die Aufstellung S. 9, 10 der Berufungsbegründung Bezug genommen (Bl. 140, 141 GA), die Gesamtsumme beträgt 42.540,70 €. Für Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeit erhielt der Kläger in dem für das Garantieeinkommen maßgeblichen Referenzzeitraum Juli 2009 bis Juni 2010 insgesamt 7.671,83 € (Einzelbeträge Bl. 141 GA). Nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bezieht der Kläger seit dem 01. September 2011 Anpassungsgeld. Zusätzlich zahlt die Beklagte an den Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld auf der Grundlage des Gesamtsozialplans für Anpassungsmaßnahmen der E AG vom 25. Juni 2003 (GSP 2003) in der Fassung der Änderungsvereinbarung dazu 02. Dezember 2010 (GSP 2010). Unstreitig errechnet sich bei Einbeziehung des Betrages für die Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeit in das Garantieeinkommen ein weiterer monatlicher Zuschussbetrag von 385,19 € (Bl. 141 GA) und für die 27 Monate September 2011 bis November 2013 ein Gesamtbetrag von 10.400,13 € (Bl. 141 GA).
45Mit seiner am 19. Dezember 2013 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld für die 27 streitgegenständlichen Monate September 2011 bis November 2013.
46Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe bei der Berechnung des Zuschusses des Anpassungsgeldes ein zu geringes Garantieeinkommen zugrunde gelegt. Nach § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplans sei das gesamte vom Arbeitnehmer im Referenzzeitraum bezogene Entgelt bei der Berechnung des Garantieeinkommens zugrunde zu legen. Lediglich Mehrarbeitsvergütung, Einmalzahlungen und Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, dürften unberücksichtigt bleiben. Dieses gelte auch nach der Veränderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan vom 02. Dezember 2010 (GSP 2010) und nach Abschluss des neuen Gesamtsozialplans (GSP 2012). Bei dem Zuschuss zum Anpassungsgeld handele es sich um eine Versorgungsleistung der Beklagten. Eine Verschlechterung von Versorgungsleistungen sei nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die hier nicht gegeben seien. In jedem Falle habe die Beklagte bei der Berechnung des Garantieeinkommens die Lohnart 1015 Grubenwehr außerhalb zu berücksichtigen, da es sich hierbei um Arbeitsentgelt handele. In einem Gespräch am 22. Juni 2010 habe er seinen Berater U bereits darauf aufmerksam gemacht, dass er bezüglich der nicht eingerechneten Grubenwehrvergütungen Klage einreichen würde. In seinem Abkehrgespräch am 05. Juli 2011 habe er Herrn U dann erneut darauf hingewiesen, dass die Zeiten der Grubenwehr zu berücksichtigen seien. Herr U habe ihm dazu mitgeteilt, dass zunächst ein Gerichtsverfahren abgewartet werden müsse. Bei diesem Gespräch seien alle Beteiligten davon ausgegangen, dass noch der alte Sozialplan aus 2003 Anwendung finde. Er sei von niemandem darauf hingewiesen worden, dass im Dezember 2010 eine Änderungsvereinbarung abgeschlossen worden sei. Ebenfalls habe er keinerlei Informationen darüber erhalten, dass sich die Berechnungsgrundlagen zum Zuschuss des Anpassungsgeldes dadurch entscheidend geändert hätten. Die Beklagte habe daher ihre Aufklärungspflichten verletzt.
47Der Kläger hat beantragt,
48- 49
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.090,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2013 zu zahlen;
51hilfsweise
52die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
532.
54bei der Berechnung des Bruttomonatseinkommens gemäß § 2 Ziffer 7 Abs. 2 des Gesamtsozialplans E Aktiengesellschaft die ihm monatlich seit dem 01. September 2009 gezahlten Vergütungen für Grubenwehreinsätze zu berücksichtigen;
553.
56auf Basis des so errechneten Bruttoeinkommens den Zuschuss zum Anpassungsgeld neu zu berechnen und
574.
58den sich aus der Differenz zwischen dem bisher gezahlten Zuschuss zum Anpassungsgeld und dem so errechneten höheren Zuschuss ergebenden Unterschiedsbetrag an den Kläger auszuzahlen.
59Die Beklagte hat beantragt,
60die Klage abzuweisen.
61Die Beklagte hat gemeint, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei auf der Grundlage der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 zum Gesamtsozialplan vom 25.06.2003 zu ermitteln, da diese am 01.01.2011 in Kraft getreten sei. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Schon aufgrund der klarstellenden Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 habe er nicht ernsthaft davon ausgehen können, dass bei der Ermittlung des Garantieeinkommens Zulagen für Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit berücksichtigt würden.
62Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.05.2015 abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Einen über die unstreitig gezahlten Leistungen hinausgehenden Anspruch habe der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht schlüssig dargelegt. Der Zuschuss sei nach dem GSP 2010 zu ermitteln. Unstreitig habe das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 31.08.2011 geendet. Die Änderungsvereinbarung GSP 2010 sei wirksam. Es handele sich um eine ablösende Regelung, die die Grenzen von Recht und Billigkeit einhalte. Es seien nicht die Grundsätze des BAG für die Billigkeitskontrolle für die Ablösung von Versorgungszusagen heranzuziehen. Die Änderungsvereinbarung GSP 2010 greife nicht in unzulässiger Weise in die rechtlich geschützte Position des Klägers ein. Die Änderungsvereinbarung GSP 2010 vom 02.12.2010 entfalte für den Kläger keine Rückwirkung. Die Voraussetzung zum Bezug von Anpassungsgeld habe der Kläger erst zum 01.09.2011 erfüllt. Daran ändere sich auch nichts, wenn die Darstellung des Klägers zutreffe, dass ihm niemand die Existenz einer Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 mitgeteilt habe. Denn die Beklagte habe auch zum GSP 2003 die Auffassung vertreten, dass die Vergütungen für die Grubenwehr außerhalb der Schichtzeit nicht einzuberechnen seien. Dies sei dem Kläger – wie er selbst einräume – bekannt gewesen. Die Beklagte habe im Kündigungsschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der zum Zeitpunkt des Ausscheidens geltende Sozialplan maßgeblich sei. Bis zum 31.08.2011 habe der Kläger genügend Zeit für eine Einholung von Rechtsrat gehabt. Der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, dass der von der Beklagten auf der Grundlage des GSP 2010 errechnete Zuschussbetrag nicht zutreffend berechnet sei. Maßgeblich sei nach dem GSP 2010 die Vergütung im Sinne des § 41 Abs. 1 MTV mit dessen Verweis auf die Grundvergütung nach § 31 Abs. 2 MTV. Die Lohnart 1015 - Grubenwehr-Übung außerhalb – sei danach nicht zu berücksichtigen. Auch die hilfsweise Stufenklage sei unbegründet, da die Vergütung für die Grubenwehreinsätze nicht berücksichtigungsfähig sei.
63Das Urteil ist dem Kläger am 27.05.2015 zugestellt worden. Der Kläger hat am 08.06.2015 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 31.08.2015 am 19.08.2015 begründet.
64Der Kläger wendet ein, dass bei dem Garantieeinkommen Zahlungen zu einem Jahresgesamtbetrag von 7.676,83 € zu Unrecht nicht berücksichtigt worden seien. Die Beklagte schulde deshalb monatlich 385,19 €, für die eingeklagte Zeit von 27 Monaten 10.400,13 € (s.o. / bei den zunächst geforderten 9.090,99 € der Klageschrift seien zwei falsche Werte einbezogen worden, Januar 2010 und Juni 2010, Bl. 141 GA). Schon vor der Beratung am 22.06.2010 habe er gegenüber dem Berater U darauf hingewiesen, dass er bezüglich der nicht eingerechneten Grubenwehrvergütungen Klage erheben werde. Die Klage sei begründet nach § 2 Satz 1, 2 Ziffer 7 GSP 2003. Die Regelung sei entsprechend dem Urteil des BAG 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 – dahin auszulegen, dass die strittigen Grubenwehrvergütungen zu berücksichtigen seien. Als Mitglied der Grubenwehr habe er zusätzliche arbeitsvertragliche Pflichten übernommen. Als Mitglied der Grubenwehr habe er den Weisungen der Beklagten unterlegen (Einzelheiten Bl. 145 ff GA). Für die Einbeziehung von Zahlungen in das Garantieeinkommen komme es allein darauf an, ob eine von ihm erbrachte Arbeitsleistung zugrunde liege. Auf die Bezeichnung der Zahlung komme es nicht an. Die strittigen Grubenwehrbezüge unterfielen dem Begriff des Bruttomonatseinkommens in der maßgeblichen Regelung des GSP 2003. Es handele sich weder um Einmalzahlungen noch um Mehrarbeitsvergütung. Die bisherige Vergütung solle durch den GSP 2003 in Höhe von 60 % garantiert werden. Die Protokollnotiz vom 27.05.2010 entfalte keine Wirkung, wie das BAG zutreffend ausgeführt habe (BAG 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 –). Die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 stehe seinem Anspruch nicht entgegen. Es sei nicht zulässig durch eine spätere Vereinbarung Ansprüche von Arbeitnehmern abzuändern, die vor Wirksamwerden der Kündigung entstanden seien. Hier sei die Kündigung unter dem 06.07.2010 ausgesprochen worden, bevor die Änderungsvereinbarung GSP 2010 am 02.12.2010 vereinbart worden sei. Einen künftigen Sozialplan habe er nicht zur Grundlage seiner Überlegung machen können, ob er gegen die ausgesprochene Kündigung vorgehen solle. Er genieße insoweit Vertrauensschutz. Entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts habe die Änderungsvereinbarung GSP 2010 unzulässig in seine Rechtsposition eingegriffen.
65Der Kläger beantragt,
66das Urteil des Arbeitsgericht Herne vom 19.Mai 2015, Az.: 3 Ca 3434/13, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen
671.
68an den Kläger/Berufungskläger 10.400,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2013 zu zahlen;
69hilfsweise
70auf dem Wege der Stufenklage zu verurteilen,
712.
72bei der Berechnung des Bruttomonatseinkommens gemäß § 2 Ziffer 7 Abs. 2 des Gesamtsozialplans E Aktiengesellschaft die ihm monatlich seit dem 01. September 2009 gezahlten Vergütungen für Grubenwehreinsätze zu berücksichtigen;
733.
74auf Basis des so errechneten Bruttoeinkommens den Zuschuss zum Anpassungsgeld neu zu berechnen und
754.
76den sich aus der Differenz zwischen dem bisher gezahlten Zuschuss zum Anpassungsgeld und dem so errechneten höheren Zuschuss ergebenden Unterschiedsbetrag an den Kläger auszuzahlen.
77Die Beklagte beantragt,
78die Berufung zurückzuweisen.
79Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Berufung des Klägers sei zulässig aber unbegründet. Die Entscheidung des BAG vom 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 – betreffe den Fall eines hauptamtlichen Hauptgerätewarts. Der Kläger sei freiwilliges Mitglied der Grubenwehr und nicht Hauptgerätewart gewesen. Die Tätigkeit für die Grubenwehr habe er nicht arbeitsvertraglich geschuldet. Die Beklagte stellt auf S. 5 – 9 unter A. V. und VI. der Berufungsbegründung die historische Entwicklung und die aktuellen normativen Vorgaben für die Grubenwehr dar. Auf Bl. 243 - 247 GA wird Bezug genommen. Sie halte an ihrer Rechtsauffassung aus dem Verfahren BAG 1 AZR 544/12 fest, dass die Zulagen für Grubenwehrübungen in der Freizeit nicht bei der Errechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigen seien. Dies ergebe sich entweder aus einer authentischen Auslegung des GSP 2003 oder aus der – im Übrigen eindeutig – aus dem Wortlaut der Protokollnotiz zu entnehmenden, auch für diese gewollte normativen Wirkung. Der Kläger habe weder Anspruch auf Nachzahlung noch auf Neuberechnung und Zahlung sich ergebender Differenzbeträge. Zutreffend habe das Arbeitsgericht die Änderungsvereinbarung GSP 2010 angewandt. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Änderungsvereinbarung GSP 2010 sei der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nicht nur noch nicht entstanden gewesen, sondern noch nicht einmal als Anwartschaft begründet gewesen. Voraussetzung sei nämlich einerseits die betriebsbedingte Kündigung und andererseits die anschließende Bewilligung von Anpassungsgeldes durch die Behörde. Zutreffend habe das Arbeitsgericht eine unzulässige Rückwirkung der Änderungsvereinbarung GSP 2010 verneint. Auch ein schutzwürdiges Vertrauen habe nicht verletzt werden können. Dem Kläger sei die seiner Auffassung entgegenstehende jahrzehntelange betriebliche Praxis bekannt gewesen. Dem Kläger sei dezidiert verdeutlicht worden, dass man beklagtenseits bei der bisherigen Berechnungsweise verbleiben werde. Der beratende Herr U habe dem Kläger deutlich gemacht, dass die von ihm gewünschte Berechnung auf keinen Fall vorgenommen würde (weshalb der Kläger bereits im Beratungsgespräch mit Klage gedroht habe). Das Kündigungsschreiben verweise ausdrücklich auf die beim Ausscheiden geltende Sozialplanregelung. Zusammengefasst sei festzuhalten, dass es bereits keine tatsächliche Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf eine Einbeziehung der strittigen Zahlungen gegeben habe. Der aus dem GSP 2010 folgende Anspruch sei von ihr, der Beklagten, zutreffend berechnet und gezahlt worden. Der GSP 2010 verweise eindeutig und unmissverständlich auf § 41 Abs. 1 MTV und stelle auf die Grundvergütung im Sinne des § 31 Abs. 2 MTV ab (weitere Details Bl. 251, 252 GA). Aber auch unabhängig davon sei die Klage auch nach dem GSP 2003 unbegründet. Auf die streitgegenständlichen Zahlungen treffe nämlich nicht zu, dass es sich um Entgelt für die synallagmatische Arbeitsleitung handele. Der Kläger sei nicht aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet gewesen, Mitglied der Grubenwehr zu werden und für diese tätig zu sein. Er habe die Arbeit als Aufsichtshauer geschuldet. Die arbeitsvertragliche Verpflichtung sei nicht durch ausdrückliche oder konkludente Willenserklärungen geändert worden. Der bloße Antrag auf Mitgliedschaft in der Grubenwehr sei ebenso wie die bloße Aufnahme einer Tätigkeit als freiwilliges Mitglied der Grubenwehr wie umgekehrt das bloße Dulden einer solchen Tätigkeit kein Austausch von Erklärungen mit Rechtsbindungswillen. Der Kläger habe lediglich die in seinem Vertrag dokumentierte Tätigkeit geschuldet. Auch die „offizielle“ Aufnahme in die Grubenwehr habe keine Änderung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen bewirkt und könne eine solche auch nicht ersetzen. Das Arbeitsgericht habe schlicht unterstellt, dass sie, die Beklagte, einen Teil ihres Direktionsrechts auf Truppen- oder Oberführer delegiert habe. Es handele sich um ein Rechtsverhältnis sui generis außerhalb anderweitiger arbeitsvertraglicher Verpflichtungen. Es sei anders als im Fall eines Hauptgerätewarts, der ja kraft seines Arbeitsvertrags verpflichtet sei, gerade nur diese Tätigkeit auszuüben. Es bestünden bei dem Kläger weitaus deutlichere Ähnlichkeiten zu vereins- oder anderen gesellschaftsrechtlichen Zusammenhängen als zu arbeitsvertraglichen Zusammenhängen. Die Grubenwehr genieße eine über den Plan abgesicherte besondere Freiheit. Die Mitgliedschaft in der Grubenwehr begründe ein Rechtsverhältnis sui generis, das kein Arbeitsverhältnis sei. Sie, die Beklagte, habe kein Direktionsrecht gegenüber freiwilligen Mitgliedern der Grubenwehr. Durch die öffentlichrechtlichen Normen des Grubenrettungsplans, Betriebsplans und der aufsichtsrechtlichen Vorgaben folge im Gegenteil, dass ihr arbeitsvertragliches Weisungsrecht eingeschränkt sei. Sie könne keinen Einfluss nehmen, wer Mitglied der Grubenwehr werde oder wer austreten solle. Rechtsirrig schreibe das Urteil des Arbeitsgerichts ihr insoweit ein Direktionsrecht zu. Die Vergütung sei kein Indiz für einen Arbeitsvertrag. Auch freiwilligen Feuerwehren würden beispielsweise Aufwandsentschädigungen gezahlt. Mit der Vergütung werde freiwilliger Einsatz honoriert. Auch die für die während der Arbeitszeit geleistete Grubenwehrtätigkeit geleistete Fortzahlung der Vergütung begründe keinen synallagmatischen Zusammenhang. Grubenwehrmitglieder sollten durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit keine Einbußen erleiden.
80Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die wechselseitigen schriftsätzlichen Ausführungen der Parteien einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
81Entscheidungsgründe
82Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs.2, Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
83Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts ist der Anspruch des Klägers nach den Regeln des GSP 2003 zu prüfen und auf dieser Grundlage dann zu bejahen (1). Die Beklagte kann demgegenüber nicht erfolgreich geltend machen, dass die modifizierten Regeln des GSP 2010 nach dessen Nummer 5 am 01.01.2011 in Kraft getreten sind und der GSP 2003 nach Nummer 7 GSP 2010 (nur) für Arbeitnehmer weiter gelten soll, die bis zum 31.12.2010 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind (oder innerhalb der S Aktiengesellschaft versetzt worden sind). Obwohl der Kläger erst am 31.08.2011 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, ist sein Vertrauen auf die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 06.07.2010 allein existierenden Regeln des GSP 2003 zu schützen (2.).
841. Nach den Regeln des GSP 2003 kann der Kläger für die streitgegenständlichen 27 Monate September 2011 bis November 2013 einen weiteren Zuschussbetrag von insgesamt 10.400,13 € beanspruchen. Auf der Grundlage der unstrittig gebliebenen Berechnungen (Bl. 141 GA) ergibt sich ein monatlich um 385,19 € höherer Zuschuss, weil die im Referenzzeitraum für Grubenwehrtätigkeiten außerhalb der Schichtzeit angefallenen Bezüge entgegen der Rechtsansicht der Beklagten in das Garantieeinkommen nach dem GSP 2003 einzubeziehen sind.
85Der Anspruch hat seine Grundlage in § 2 Nr. 7 GSP 2003. Danach hat die Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld zu zahlen, wenn das Anpassungsgeld das Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen beträgt dabei 60 % des Bruttoeinkommens, maximal 60 % der einschlägigen rentenversicherungsrechtlichen Bemessungsgrenze. Für die Ermittlung des Bruttomonats-einkommens ist das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate des Arbeitsverhältnisses zugrundezulegen. Nicht einzubeziehen sind Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen sowie Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld ist mit einem monatlichen Anteil von 1/12 zu berücksichtigen. Entgegen der Argumentation der Beklagten gehören die Bezüge, die der Kläger für Grubenwehreinsätze außerhalb der Schichtzeit erhalten hat, zum Entgelt der letzten 12 Monate, das der Ermittlung des Garantieeinkommens nach § 2 Nr. 7 (3) GSP 2003 zugrunde zu legen ist.
86a) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind in das maßgebliche Garantieeinkommen die Bruttozahlungen für Grubenwehrübungen außerhalb der regulären Schichtzeit einzubeziehen. Diesem Ergebnis steht die Protokollnotiz VII vom 27.05.2010 nicht entgegen.
87aa) Die erkennende Kammer hatte in ihrem Urteil vom 22.03.2012 im Fall eines anderen Arbeitnehmers der Beklagten, eines Hauptgerätewarts, den gegenteiligen Standpunkt eingenommen (LAG Hamm 22.03.2012 – 11 Sa 1634/10 - ). Die Kammer hatte argumentiert, aus dem Gesamtsozialplan vom 25.06.2003 i.V.m. der Protokollnotiz VII vom 27.05.2010 folge, dass die Bezüge für die Teilnahme an Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeit nicht in das Garantieeinkommen einzurechnen seien. Ausweislich der Protokollnotiz sei dies bei Verabschiedung des Gesamtsozialplans 2003 das gemeinsame Verständnis der Betriebsparteien gewesen. Es habe eine Fallgestaltung vorgelegen, in der Unklarheiten und Regelungslücken in einer Betriebsvereinbarung auch rückwirkend durch eine authentische Interpretation der Betriebsparteien durch eine Protokollnotiz hätten beseitigt werden können. Die dafür erforderlichen Unklarheiten seien darin begründet, dass die Betriebsparteien die Mehrarbeitsgrundvergütung und damit sozialversicherungspflichtige Bezüge, die ebenfalls für Leistungen „außerhalb der Schichtzeit“ gezahlt würden, ausdrücklich aus dem Garantieeinkommen ausgenommen hätten.
88Dieser Argumentation ist das Bundesarbeitsgericht entgegengetreten (BAG 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 – AP BetrVG § 112 Nr. 223 LS [voller Wortlaut nur in AP Online-Fassung]). Es hat entschieden, dass die einem hauptamtlichen Hauptgerätewart gezahlte Grubenwehrzulage (außerhalb der Schichtzeit) bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG vom 25. Juni 2003 (GSP 2003) zu berücksichtigen ist. Nach der Regelungssystematik des Gesamtsozialplans ist die Grubenwehrzulage Entgelt, das bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens einzubeziehen ist (BAG aaO). Sie ist sozialversicherungspflichtiges Entgelt, das weder eine Einmalzahlung noch eine Mehrarbeitsvergütung darstellt. Dieses Ergebnis entspricht, so das BAG weiter, auch dem Regelungszweck des Sozialplans, den in den Regelungen festgelegten sozialen Besitzstand zu sichern, der sich nach der Höhe des Entgelts richtet, das der Arbeitnehmer als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat. Die Protokollnotiz VII vom 27. Mai 2010 steht diesem Ergebnis nicht entgegen (BAG aaO). Bei der Protokollnotiz handelt es sich nicht um eine eigenständige normative Regelung sondern lediglich um eine Auslegungshilfe (BAG aaO). Das in der Protokollnotiz zum Ausdruck gebrachte abweichende Verständnis der Betriebsparteien hat im Gesamtsozialplan keinen hinreichenden Niederschlag gefunden und kann deshalb bei dessen Auslegung nicht berücksichtigt werden (BAG aaO). Betriebsvereinbarungen sind objektiv auszulegen. Entscheidend ist, wie die Normunterworfenen und die Gerichte eine Regelung zu verstehen haben. Der subjektive Regelungswillen der Betriebsparteien kann nur Berücksichtigung finden, soweit er in der betreffenden Regelung erkennbaren Ausdruck gefunden hat. Daran fehlt es hier.
89Die Kammer folgt nunmehr diesem Auslegungsergebnis des BAG.
90bb) Für den so begründeten Anspruch ist es nicht entscheidungserheblich, dass der hiesige Kläger – anders als der Kläger des Urteils des BAG vom 15.10.2013 – nicht hauptamtlicher Hauptgerätewart für die Grubenwehr war (ebenso LAG Düsseldorf 01.06.2015 – 9 Sa 1146/14 -). Denn sowohl bei der „hauptamtlichen“ Übertragung als auch bei der „freiwilligen“ Übernahme von Grubenwehrtätigkeiten handelt es sich um die Übernahme einer Tätigkeit, zu der die Beklagte aufgrund gesetzlicher Regelung verpflichtet ist (LAG Düsseldorf aaO unter 2. b) [zweites 2.b)/Gliederungspunkt doppelt vergeben]). Die Beklagte hat sich entschieden, die Verpflichtung zur Grubenwehr mit eigenem Personal auszuführen, und übt ihre Befugnisse durch einige hauptamtlich zur Grubenwehr bestellte Mitglieder und durch freiwillige Mitglieder aus. Durch die Vorgaben im Plan für das Grubenrettungswesen und die Regelungen zur Bezahlung bei Einsätzen in der Grubenwehr nach der Vorstandsrichtlinie DSK VR 02/07 und die entsprechende tatsächliche Handhabung sind die Parteien dieses Rechtsstreits durch schlüssiges Verhalten übereingekommen, dass der Kläger mit Tätigwerden für die Grubenwehr eine Tätigkeit ausübt, die für die Zeit ihrer Verrichtung an die Stelle der sonstigen vertraglichen Arbeitstätigkeit tritt. Mit der Aufnahme eines Arbeitnehmers in die Grubenwehr tritt die damit verbundene Tätigkeit für die Dauer der Mitgliedschaft zur (bisher) vertraglich geschuldeten Tätigkeit hinzu und wird Teil der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung (in diesem Sinne auch BAG 30.09.2015 – 10 AZR 251/14 – AP BGB § 611 Nr. 25 Rn. 13, 17 in der ähnlich gelagerten Konstellation einer Bediensteten des Landes NW, die mit ihrer Zustimmung zur Sozialen Ansprechpartnerin (SAP) bestellt worden war). In diesem Zusammenhang ist es nicht von Bedeutung, dass der Eintritt in die Grubenwehr auf einem freien Willensentschluss des Klägers beruht. Dies ist auch bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Arbeitsvertrages so, ohne dass deshalb der Bezahlung für die anschließend verrichtete weisungsgebundene Tätigkeit die Qualifikation als Arbeitsentgelt abzusprechen wäre. Bei der Tätigkeit für die Grubenwehr war es auch nicht so, dass der Kläger insoweit weisungsungebunden tätig geworden wäre. In 3.1 des von der Beklagten aufgestellten Plans für das Grubenrettungswesens ist ausdrücklich festgelegt, dass die unter der Überschrift „Pflichten der Grubenwehrmitglieder“ (Kap. 5) festgelegten Regeln als verbindliche Dienstanweisung zu verstehen sind („Aus den ´Pflichten der Grubenwehrmitglieder´ (Kap.5) ergibt sich die für die Grubenwehrmitglieder verbindliche Dienstanweisung“). Entsprechend den benannten Vorgaben ist dem Kläger über die Jahre seiner Zugehörigkeit zur Grubenwehr für Grubenwehrtätigkeiten innerhalb der Schicht undifferenziert das reguläre vertragliche Entgelt durchgezahlt worden. Die so deutlich gewordene einvernehmliche Qualifizierung der Grubenwehrtätigkeit als Erfüllung der Arbeitsvertragspflicht kann einem Teil der Grubenwehrtätigkeiten dann nicht allein deshalb wieder abgesprochen werden, weil sie gelegentlich auch außerhalb der regulären Schichtzeit absolviert worden ist. Die von den Grubenwehrmitgliedern außerhalb der Schicht verdienten sozialversicherungspflichtigen Zahlungen der Beklagten sind ebenso wie die innerhalb der Schicht verdienten sozialversicherungspflichtigen Zahlungen Teil des bisherigen Entgelts und damit Teil des sozialen Besitzstandes des Arbeitnehmers, der durch die Garantiezahlung nach dem GSP abgesichert werden soll. Dies gilt für alle Mitglieder der Grubenwehr in gleicher Weise und unabhängig davon, ob sie in ihrer sonstigen vertraglichen Tätigkeit etwa als Hauer, Aufsichtshauer, Kolonnenführer im Maschinenbetrieb, Elektroanlageninstallateur o. a. tätig waren oder als Hauptgerätewart für die Grubenwehr. Nachdem die Bezahlung der Grubenwehrübungen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich wie geschehen praktiziert worden ist, kann die Beklagte wegen der Treuwidrigkeit widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) nun nicht mit dem Einwand gehört werden, anlässlich der Aufnahme des Klägers in die Grubenwehr sei eine schriftliche Vertragsänderung vorzunehmen gewesen. Ob durch die Förmlichkeiten der Aufnahme in die Grubenwehr die Schriftform gewahrt ist, kann dahingestellt bleiben. Die tarifvertragliche Verfallfrist steht dem Erfolg der Klage nicht entgegen. Es handelt sich bei dem Anspruch auf Zuschuss zum Anpassungsgeld nicht um einen Anspruch i.S.d. § 20 TV ABA.
91b) Die Höhe der ausgeurteilten Nachzahlung beruht auf Berechnungen des Klägers und ist in der Höhe zwischen den Parteien unstreitig. Die ausgeurteilte Verzinsung der nachzuzahlenden Beträge schuldet die Beklagte nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 247 BGB.
922. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch des Klägers nicht nach den Regeln des GSP 2010 zu prüfen. Aus Gründen des Vertrauensschutzes bestimmt sich der Anspruch des Klägers auf den betrieblichen Zuschuss zum Anpassungsgeld nach den Regeln des GSP 2003, obwohl das Ausscheiden des Klägers nach dem Wortlaut des GSP 2010 dem zeitlichen Geltungsbereich des GSP 2010 unterfällt (s.o.).
93Im Ausgangspunkt zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass für die Geltung zweier zeitlich aufeinanderfolgender Betriebsvereinbarungen grundsätzlich das Ablösungsprinzip gilt, die jüngere Norm geht der älteren vor (BAG 23.01.2008 – 1 AZR 988/06 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 40 mwN). Zugleich ist indes anerkannt, dass eine ablösende Betriebsvereinbarung den Grundsatz des Vertrauensschutzes beachten muss und dagegen verstoßende Regelungen in nachfolgenden Betriebsvereinbarungen/Sozialplänen unwirksam sind (BAG aaO; GK-BetrVG-Kreutz, 10. Aufl. 2014, § 77 BetrVG Rn. 211 – 213; Fitting, BetrVG 28.Aufl. 2016, § 77 BetrVG Rn. 192 – 194). Wirkt eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen ein und entwertet damit nachträglich die betroffene Rechtsbeziehung, so liegt eine sog. unechte Rückwirkung vor. Sie ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Grenzen der Zulässigkeit können sich allerdings aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und des Verhältnismäßigkeitsprinzips ergeben (BAG aaO). Dies ist dann der Fall, wenn die vom Normgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Normzwecks nicht geeignet oder nicht erforderlich ist, oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Änderungsgründe für die Neuregelung überwiegen (BAG aaO; BAG 02.10.2007 – 1 AZR 815/06 – EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 20).
94Hier hat der Kläger im Sommer 2010 über seine Rechtsposition aus dem Arbeitsverhältnis disponiert, indem er sich nach betrieblicher Beratung für die Hinnahme der am 06.07.2010 erklärten betriebsbedingten Kündigung entschieden hat und davon abgesehen hat, diese innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG mit einer Kündigungsschutzklage anzugreifen. Bei dieser zeitlichen Abfolge war spätestens mit Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung vom 06.07.2010 eine Situation gegeben, in der das vom Kläger akzeptierte Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31.08.2011 für ihn einseitig nicht mehr umkehrbar war. Der Kläger hatte keine Möglichkeit mehr, allein kraft eigener Entscheidung aus dem Weg in die Anpassung auszuscheren. Vor diesem Hintergrund stellt sich die erst im Dezember 2010 erfolgte Änderung der Regelungen zur Berechnung des Garantieeinkommens durch den neuen GSP 2010 als eine unechte Rückwirkung dar. Die Änderung schmälert nachwirkend den Anspruch auf Zuschuss zum Anpassungsgeld, wie er für den Kläger im Zeitpunkt seiner Disposition im Sommer 2010 aufgrund der seinerzeit geltenden Sozialplanregelung absehbar war (nach GSP 2010 und GSP 2012 keine Berücksichtigung der Bezüge für Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeit bei der Berechnung des Garantieeinkommens zur Bestimmung des betrieblichen Zuschusses, vgl. Urteile der erkennenden Kammer vom 10.09.2015 - 11 Sa 198/15 - und vom 18.02.2016 - 11 Sa 452/15 - für die gleichlautenden Regelungen im GSP 2010 und im GSP 2012). In der gegebenen Situation überwiegt das Bestandsinteresse der Klägers zugunsten der Rechtslage, auf deren Basis er sich seinerzeit für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit anschließender Anpassung entschieden hatte, das gegenläufige Interesse der Beklagten an einer Begrenzung ihrer finanziellen Aufwendungen für die betrieblichen Zuschüsse zum Anpassungsgeld. Die Höhe des Zuschusses zum betrieblichen Anpassungsgeld ist für den Kläger in besonderer Weise bedeutsam, weil der Monatsbezug aus Rente, Anpassungsgeld und Zuschuss seine materielle Existenzgrundlage innerhalb des fünfjährigen Anpassungszeitraums ausmacht. Gegenüber der daraus resultierenden besonderen Schutzwürdigkeit tritt das von der Beklagten verfolgte Ziel der Eingrenzung ihrer wirtschaftlichen Belastung durch Zuschusszahlungen zurück; der Vertrauensschutz betrifft im Ergebnis nur die begrenzte Gruppe von Mitarbeitern, bei denen einerseits der GSP 2003 wegen besonderer Bezüge neben den Bezügen nach § 41 Abs. 1 MTV zu einem höheren Garantieeinkommen führt als der GSP 2010 und die andererseits vor der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 (GSP 2010) zugunsten der Anpassung disponiert haben und erst nach dem 31.12.2010 aus ihrem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind; betroffen ist nur eine begrenzte Teilmenge der Arbeitnehmer und das auch nur für einen begrenzten Zeitraum des Übergangs. Der dem Kläger zuzubilligende Vertrauensschutz hängt nicht davon ab, welche – zutreffenden oder unzutreffenden – Vorstellungen der Kläger und / oder die Beklagte im ersten Halbjahr 2010 zum Regelungsgehalt des GSP 2003 hegten und in den beiden Beratungsgesprächen artikuliert haben. Geschützt wird das Vertrauen auf die Maßgeblichkeit der seinerzeit objektiv bestehenden Rechtslage. Aus den aufgezeigten Gründen ist der Kläger schutzbedürftig. Die Regeln des GSP 2010 können im (Übergangs-)Fall des Klägers keine Anwendung finden.
953. Da die Berufung des Klägers mit dem Hauptantrag Erfolg hat, sind die Hilfsanträge zu 2. bis 4. nicht zur Entscheidung angefallen.
964. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Hamm Urteil, 07. Juli 2016 - 11 Sa 798/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. März 2012 - 11 Sa 1634/10 - teilweise aufgehoben und unter Berücksichtigung des in der Revision bezifferten Klageantrags zu 2 neu gefasst.
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Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 28. Juli 2010 - 1 Ca 1892/09 - teilweise abgeändert.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.915,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 2. Mai 2008, 3. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 2. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 2. Dezember 2008, 2. Januar 2009, 3. Februar 2009, 3. März 2009, 1. April 2009, 4. Mai 2009, 2. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 3. November 2009, 1. Dezember 2009, 4. Januar 2010, 2. Februar 2010, 2. März 2010, 1. April 2010, 3. Mai 2010, 1. Juni 2010 und dem 1. Juli 2010 zu zahlen.
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
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2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan.
- 2
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Der 1958 geborene Kläger war seit 1977 bei der Beklagten, die ein Unternehmen des Steinkohlenbergbaus betreibt, zunächst als Hauer beschäftigt. Seit dem Jahre 1998 war er über Tage als technischer Angestellter tätig. Zum 1. Januar 1999 wurde er zum hauptamtlichen Hauptgerätewart der Grubenwehr bestellt. Die damit verbundenen Aufgaben wurden ihm als Bestandteil des Dienstvertrags zur verantwortlichen Erfüllung übertragen. Er organisierte für die etwa 130 freiwilligen Mitglieder der Grubenwehr zwei- bis dreimal wöchentlich am Nachmittag außerhalb seiner Arbeitszeit als technischer Angestellter obligatorische Rettungsübungen, nahm an ihnen teil und bescheinigte den Mitgliedern jeweils die Teilnahme an den Übungen. Hierfür erbrachte die Beklagte zusätzlich zum tariflichen Arbeitsentgelt Zahlungen nach einer Vorstandsrichtlinie, die in den Entgeltabrechnungen unter der Lohn- und Gehaltsart „1015 Grubenwehr-Übung außerhalb“ ausgewiesen waren. Diese beliefen sich monatlich auf etwa 30 % bis 40 % seiner gesamten Bruttobezüge.
- 3
-
Zum 29. Februar 2008 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis in den vorgezogenen Ruhestand aus. Seit dem 1. März 2008 bezieht er Anpassungsgeld auf der Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“. Zusätzlich erhält er von der Beklagten auf der Grundlage des „Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG“ (GSP) vom 25. Juni 2003 einen Zuschuss in Höhe von monatlich 127,09 Euro brutto. In diesem ist bestimmt:
-
„…
§ 2
Arbeitnehmer, die mit Anspruch auf Anpassungsgeld oder Knappschaftsausgleichsleistungen ausscheiden
…
7. Zuschuss zum Anpassungsgeld
(1)
DSK leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld … das Garantieeinkommen nicht erreicht.
…
(3)
Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
…“
- 4
-
Die Parteien des Gesamtsozialplans unterzeichneten am 27. Mai 2010 eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“. Darin heißt es:
-
„Die Vertragsparteien stimmen überein, dass bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß
●
§ 2 Ziffer 7 (‚Zuschuss zum Anpassungsgeld’) Absatz 3 des Gesamtsozialplans,
…
die in der Anlage zu dieser Protokollnotiz aufgeführten Lohn- und Gehaltsarten nicht zu berücksichtigen sind.
Weiterhin stellen die Vertragsparteien klar, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens i.S.d. vorgenannten Vorschriften des Gesamtsozialplans bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans am 25.06.2003 vorhanden war und dem Abschluss des Gesamtsozialplans zugrunde lag.“
- 5
-
In der Anlage dazu ist „1015 Grubenwehr-Übung ausserh.“ aufgeführt.
- 6
-
Der Kläger hat geltend gemacht, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei unter Einbeziehung der Grubenwehrzulage zu berechnen. Hierbei handele es sich um Entgelt im Sinne des Gesamtsozialplans. Ihm stünden deshalb monatlich weitere 1.265,26 Euro zu.
- 7
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36.692,54 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 1. Mai 2008, 1. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 1. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009, 1. März 2009, 1. April 2009, 1. Mai 2009, 1. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 1. November 2009, 1. Dezember 2009, 1. Januar 2010, 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere 39.223,06 Euro zu zahlen.
- 8
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Grubenwehrzulage sei bei der Berechnung des Garantieeinkommens nicht zu berücksichtigen. Hierüber habe bei Abschluss des Gesamtsozialplans zwischen den Betriebsparteien Einigkeit bestanden, was die „Protokollnotiz vom 25.06.2003“ klarstelle.
- 9
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Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem in der Revision noch anhängigen Umfang entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die zulässige Revision ist überwiegend begründet. Die dem Kläger für seine Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart gezahlte Grubenwehrzulage ist bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem Gesamtsozialplan zu berücksichtigen. Die Nebenforderung ist teilweise unbegründet. Sie besteht nicht ab dem Ersten des Folgemonats, wenn dieser auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällt. Insoweit war die Klage abzuweisen.
- 11
-
I. Der Kläger hat nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP im streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von monatlich 1.265,26 Euro. Dies ergibt die Auslegung des Gesamtsozialplans.
- 12
-
1. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt(BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09 - Rn. 9).
- 13
-
2. Der Wortlaut des Gesamtsozialplans spricht dafür, die dem Kläger gewährte Grubenwehrzulage bei der Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld zu berücksichtigen.
- 14
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a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP wird für die Ermittlung des Bruttomonatseinkommens das Entgelt der letzten zwölf abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist unter Entgelt die Gegenleistung für geleistete Arbeit zu verstehen (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 21, BAGE 137, 300). Kennzeichnend für den Entgeltcharakter einer Leistung ist damit, dass sie in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung steht, also eine Gegenleistung hierfür darstellt.
- 15
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b) Hiervon ausgehend legt bereits der Wortlaut des § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP nahe, dass die dem Kläger gezahlte Grubenwehrzulage Entgelt für geleistete Arbeit war. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht genügend berücksichtigt, dass dem Kläger mit der Bestellung zum hauptamtlichen Hauptgerätewart die damit verbundenen Aufgaben als Bestandteil seines Dienstvertrags übertragen wurden. Sie sind damit ein weiterer Teil seiner bereits bestehenden Arbeitspflichten geworden. Für diese Arbeitsleistungen, die er außerhalb seiner Arbeitszeiten als technischer Angestellter erbrachte, erhielt er eine Vergütung nach den in der Vorstandsrichtlinie „Bezahlung von Gruben- und Gasschutzwehren“ im Einzelnen geregelten Sätzen.
- 16
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3. Der Regelungszusammenhang des Gesamtsozialplans bestätigt dieses Auslegungsergebnis.
- 17
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a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 GSP bleiben Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen sowie Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, außer Betracht. Hierbei handelt es sich nicht um Entgelt, das in einem synallagmatischen Verhältnis zu erbrachten Arbeitsleistungen steht, sondern um Zusatzleistungen mit besonderer Zweckbestimmung. Diese sind daher nicht in die Bemessungsgrundlage „Bruttomonatseinkommen“ einzubeziehen. Abweichend von diesem Grundsatz sieht § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 6 GSP in einer Rückausnahme vor, dass das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 zu berücksichtigen ist. Diese Bestimmung ist erforderlich, weil nach der Regelungssystematik das Weihnachtsgeld kein Entgelt und damit an sich nicht zu berücksichtigen ist.
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b) Nach dieser Regelungssystematik ist die Grubenwehrzulage Entgelt, das bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens einzubeziehen ist. Sie ist sozialversicherungspflichtiges Arbeitseinkommen, das weder eine Einmalzahlung noch eine Mehrarbeitsvergütung darstellt. Letzteres ist in der Vorstandsrichtlinie zur Bezahlung der Grubenwehren klargestellt und wird von der Beklagten auch nicht behauptet.
- 19
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4. Ein solches Normverständnis entspricht dem Regelungszweck des Gesamtsozialplans. Durch den Zuschuss zum Anpassungsgeld werden nach § 2 Satz 1 GSP die Richtlinien zur Gewährung des Anpassungsgeldes(zuletzt in der Fassung vom 12. Dezember 2008, BAnz 2008 S. 4697) ergänzt. Diese bezwecken gemäß Nr. 1.1, die mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20. Dezember 2007 beschlossene Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus sozialverträglich zu flankieren. Wird durch das nach diesen Richtlinien gezahlte Anpassungsgeld das Garantieeinkommen in Höhe von 60 % des Bruttomonatseinkommens nicht erreicht, besteht nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP ein Anspruch auf einen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Damit dient das Anpassungsgeld dazu, den in dieser Bestimmung festgelegten sozialen Besitzstand zu sichern, der sich nach der Höhe des Entgelts richtet, das der Arbeitnehmer als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat. Da die Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart in der Grubenwehr zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers gehörte, spricht auch eine am Normzweck orientierte Auslegung dafür, das für diese Arbeitsleistung bezogene Entgelt bei der Ermittlung des für die Berechnung des Zuschusses maßgeblichen Bruttomonatseinkommens einzubeziehen.
- 20
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5. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesamtsozialplans ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten kein anderes Ergebnis. Der bis zum Jahre 2002 geltende „Gesamtsozialplan über die öffentlichen und betrieblichen Leistungen und Vorsorgemaßnahmen für die von Stillegungen betroffenen Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“ vom 15. Mai 1968 wurde im Jahre 2003 durch den hier anwendbaren Gesamtsozialplan vollständig abgelöst. Dieser enthält ein eigenständiges Regelungswerk. Die zu dem früheren Gesamtsozialplan ergangenen Erlasse und Hinweisschreiben der Arbeitsverwaltung können schon deshalb für die Auslegung der neuen Vereinbarung nicht herangezogen werden.
- 21
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II. Die Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 steht dieser Auslegung des Gesamtsozialplans nicht entgegen.
- 22
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1. Hierbei handelt es sich um eine Auslegungshilfe und nicht um eine eigenständige normative Regelung. Die Betriebsparteien haben in der Protokollnotiz ihr gemeinsames Verständnis von den bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP zu berücksichtigenden Entgeltbestandteilen zum Ausdruck gebracht und ausgeführt, dass dies bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans bestand. Damit haben sie den Begriff „Bruttomonatseinkommen“ nicht konstitutiv neu festgelegt, sondern nur verdeutlicht, wie ihrer Auffassung nach ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal des Gesamtsozialplans zu verstehen ist.
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2. Dieses Normverständnis der Betriebsparteien hat im Gesamtsozialplan allerdings keinen hinreichenden Niederschlag gefunden und kann deshalb nicht berücksichtigt werden. Da es bei dessen Auslegung darum geht festzustellen, wie die Normunterworfenen und die Gerichte eine Regelung zu verstehen haben (BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 541/06 - Rn. 13), sind Betriebsvereinbarungen objektiv auszulegen. Der subjektive Regelungswille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er in der betreffenden Regelung erkennbaren Ausdruck gefunden hat (Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 77 Rn. 65; Fitting BetrVG 26. Aufl. § 77 Rn. 15). Anders als in dem Sachverhalt, der dem Senatsurteil vom 2. Oktober 2007 (- 1 AZR 815/06 -) zugrunde lag, haben die Betriebsparteien hier den Begriff des Entgelts in § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP hinreichend deutlich bestimmt. Das Verständnis der Betriebsparteien zur fehlenden Einbeziehung von Grubenwehrzulagen, die hauptamtliche Hauptgerätewarte beanspruchen können, die arbeitsvertraglich zu dieser Tätigkeit in der Grubenwehr verpflichtet sind, ist mit Wortlaut, systematischem Regelungszusammenhang und dem sich hieraus erschließenden Zweck unvereinbar. Ein solcher Regelungswille kann deshalb keine Berücksichtigung finden.
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Schmidt
Koch
Linck
Hayen
Rath
(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.
(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.
(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.
(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. März 2012 - 11 Sa 1634/10 - teilweise aufgehoben und unter Berücksichtigung des in der Revision bezifferten Klageantrags zu 2 neu gefasst.
-
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 28. Juli 2010 - 1 Ca 1892/09 - teilweise abgeändert.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.915,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 2. Mai 2008, 3. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 2. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 2. Dezember 2008, 2. Januar 2009, 3. Februar 2009, 3. März 2009, 1. April 2009, 4. Mai 2009, 2. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 3. November 2009, 1. Dezember 2009, 4. Januar 2010, 2. Februar 2010, 2. März 2010, 1. April 2010, 3. Mai 2010, 1. Juni 2010 und dem 1. Juli 2010 zu zahlen.
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
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2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan.
- 2
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Der 1958 geborene Kläger war seit 1977 bei der Beklagten, die ein Unternehmen des Steinkohlenbergbaus betreibt, zunächst als Hauer beschäftigt. Seit dem Jahre 1998 war er über Tage als technischer Angestellter tätig. Zum 1. Januar 1999 wurde er zum hauptamtlichen Hauptgerätewart der Grubenwehr bestellt. Die damit verbundenen Aufgaben wurden ihm als Bestandteil des Dienstvertrags zur verantwortlichen Erfüllung übertragen. Er organisierte für die etwa 130 freiwilligen Mitglieder der Grubenwehr zwei- bis dreimal wöchentlich am Nachmittag außerhalb seiner Arbeitszeit als technischer Angestellter obligatorische Rettungsübungen, nahm an ihnen teil und bescheinigte den Mitgliedern jeweils die Teilnahme an den Übungen. Hierfür erbrachte die Beklagte zusätzlich zum tariflichen Arbeitsentgelt Zahlungen nach einer Vorstandsrichtlinie, die in den Entgeltabrechnungen unter der Lohn- und Gehaltsart „1015 Grubenwehr-Übung außerhalb“ ausgewiesen waren. Diese beliefen sich monatlich auf etwa 30 % bis 40 % seiner gesamten Bruttobezüge.
- 3
-
Zum 29. Februar 2008 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis in den vorgezogenen Ruhestand aus. Seit dem 1. März 2008 bezieht er Anpassungsgeld auf der Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“. Zusätzlich erhält er von der Beklagten auf der Grundlage des „Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG“ (GSP) vom 25. Juni 2003 einen Zuschuss in Höhe von monatlich 127,09 Euro brutto. In diesem ist bestimmt:
-
„…
§ 2
Arbeitnehmer, die mit Anspruch auf Anpassungsgeld oder Knappschaftsausgleichsleistungen ausscheiden
…
7. Zuschuss zum Anpassungsgeld
(1)
DSK leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld … das Garantieeinkommen nicht erreicht.
…
(3)
Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
…“
- 4
-
Die Parteien des Gesamtsozialplans unterzeichneten am 27. Mai 2010 eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“. Darin heißt es:
-
„Die Vertragsparteien stimmen überein, dass bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß
●
§ 2 Ziffer 7 (‚Zuschuss zum Anpassungsgeld’) Absatz 3 des Gesamtsozialplans,
…
die in der Anlage zu dieser Protokollnotiz aufgeführten Lohn- und Gehaltsarten nicht zu berücksichtigen sind.
Weiterhin stellen die Vertragsparteien klar, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens i.S.d. vorgenannten Vorschriften des Gesamtsozialplans bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans am 25.06.2003 vorhanden war und dem Abschluss des Gesamtsozialplans zugrunde lag.“
- 5
-
In der Anlage dazu ist „1015 Grubenwehr-Übung ausserh.“ aufgeführt.
- 6
-
Der Kläger hat geltend gemacht, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei unter Einbeziehung der Grubenwehrzulage zu berechnen. Hierbei handele es sich um Entgelt im Sinne des Gesamtsozialplans. Ihm stünden deshalb monatlich weitere 1.265,26 Euro zu.
- 7
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36.692,54 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 1. Mai 2008, 1. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 1. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009, 1. März 2009, 1. April 2009, 1. Mai 2009, 1. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 1. November 2009, 1. Dezember 2009, 1. Januar 2010, 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere 39.223,06 Euro zu zahlen.
- 8
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Grubenwehrzulage sei bei der Berechnung des Garantieeinkommens nicht zu berücksichtigen. Hierüber habe bei Abschluss des Gesamtsozialplans zwischen den Betriebsparteien Einigkeit bestanden, was die „Protokollnotiz vom 25.06.2003“ klarstelle.
- 9
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem in der Revision noch anhängigen Umfang entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die zulässige Revision ist überwiegend begründet. Die dem Kläger für seine Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart gezahlte Grubenwehrzulage ist bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem Gesamtsozialplan zu berücksichtigen. Die Nebenforderung ist teilweise unbegründet. Sie besteht nicht ab dem Ersten des Folgemonats, wenn dieser auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällt. Insoweit war die Klage abzuweisen.
- 11
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I. Der Kläger hat nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP im streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von monatlich 1.265,26 Euro. Dies ergibt die Auslegung des Gesamtsozialplans.
- 12
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1. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt(BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09 - Rn. 9).
- 13
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2. Der Wortlaut des Gesamtsozialplans spricht dafür, die dem Kläger gewährte Grubenwehrzulage bei der Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld zu berücksichtigen.
- 14
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a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP wird für die Ermittlung des Bruttomonatseinkommens das Entgelt der letzten zwölf abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist unter Entgelt die Gegenleistung für geleistete Arbeit zu verstehen (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 21, BAGE 137, 300). Kennzeichnend für den Entgeltcharakter einer Leistung ist damit, dass sie in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung steht, also eine Gegenleistung hierfür darstellt.
- 15
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b) Hiervon ausgehend legt bereits der Wortlaut des § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP nahe, dass die dem Kläger gezahlte Grubenwehrzulage Entgelt für geleistete Arbeit war. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht genügend berücksichtigt, dass dem Kläger mit der Bestellung zum hauptamtlichen Hauptgerätewart die damit verbundenen Aufgaben als Bestandteil seines Dienstvertrags übertragen wurden. Sie sind damit ein weiterer Teil seiner bereits bestehenden Arbeitspflichten geworden. Für diese Arbeitsleistungen, die er außerhalb seiner Arbeitszeiten als technischer Angestellter erbrachte, erhielt er eine Vergütung nach den in der Vorstandsrichtlinie „Bezahlung von Gruben- und Gasschutzwehren“ im Einzelnen geregelten Sätzen.
- 16
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3. Der Regelungszusammenhang des Gesamtsozialplans bestätigt dieses Auslegungsergebnis.
- 17
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a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 GSP bleiben Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen sowie Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, außer Betracht. Hierbei handelt es sich nicht um Entgelt, das in einem synallagmatischen Verhältnis zu erbrachten Arbeitsleistungen steht, sondern um Zusatzleistungen mit besonderer Zweckbestimmung. Diese sind daher nicht in die Bemessungsgrundlage „Bruttomonatseinkommen“ einzubeziehen. Abweichend von diesem Grundsatz sieht § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 6 GSP in einer Rückausnahme vor, dass das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 zu berücksichtigen ist. Diese Bestimmung ist erforderlich, weil nach der Regelungssystematik das Weihnachtsgeld kein Entgelt und damit an sich nicht zu berücksichtigen ist.
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b) Nach dieser Regelungssystematik ist die Grubenwehrzulage Entgelt, das bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens einzubeziehen ist. Sie ist sozialversicherungspflichtiges Arbeitseinkommen, das weder eine Einmalzahlung noch eine Mehrarbeitsvergütung darstellt. Letzteres ist in der Vorstandsrichtlinie zur Bezahlung der Grubenwehren klargestellt und wird von der Beklagten auch nicht behauptet.
- 19
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4. Ein solches Normverständnis entspricht dem Regelungszweck des Gesamtsozialplans. Durch den Zuschuss zum Anpassungsgeld werden nach § 2 Satz 1 GSP die Richtlinien zur Gewährung des Anpassungsgeldes(zuletzt in der Fassung vom 12. Dezember 2008, BAnz 2008 S. 4697) ergänzt. Diese bezwecken gemäß Nr. 1.1, die mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20. Dezember 2007 beschlossene Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus sozialverträglich zu flankieren. Wird durch das nach diesen Richtlinien gezahlte Anpassungsgeld das Garantieeinkommen in Höhe von 60 % des Bruttomonatseinkommens nicht erreicht, besteht nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP ein Anspruch auf einen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Damit dient das Anpassungsgeld dazu, den in dieser Bestimmung festgelegten sozialen Besitzstand zu sichern, der sich nach der Höhe des Entgelts richtet, das der Arbeitnehmer als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat. Da die Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart in der Grubenwehr zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers gehörte, spricht auch eine am Normzweck orientierte Auslegung dafür, das für diese Arbeitsleistung bezogene Entgelt bei der Ermittlung des für die Berechnung des Zuschusses maßgeblichen Bruttomonatseinkommens einzubeziehen.
- 20
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5. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesamtsozialplans ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten kein anderes Ergebnis. Der bis zum Jahre 2002 geltende „Gesamtsozialplan über die öffentlichen und betrieblichen Leistungen und Vorsorgemaßnahmen für die von Stillegungen betroffenen Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“ vom 15. Mai 1968 wurde im Jahre 2003 durch den hier anwendbaren Gesamtsozialplan vollständig abgelöst. Dieser enthält ein eigenständiges Regelungswerk. Die zu dem früheren Gesamtsozialplan ergangenen Erlasse und Hinweisschreiben der Arbeitsverwaltung können schon deshalb für die Auslegung der neuen Vereinbarung nicht herangezogen werden.
- 21
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II. Die Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 steht dieser Auslegung des Gesamtsozialplans nicht entgegen.
- 22
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1. Hierbei handelt es sich um eine Auslegungshilfe und nicht um eine eigenständige normative Regelung. Die Betriebsparteien haben in der Protokollnotiz ihr gemeinsames Verständnis von den bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP zu berücksichtigenden Entgeltbestandteilen zum Ausdruck gebracht und ausgeführt, dass dies bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans bestand. Damit haben sie den Begriff „Bruttomonatseinkommen“ nicht konstitutiv neu festgelegt, sondern nur verdeutlicht, wie ihrer Auffassung nach ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal des Gesamtsozialplans zu verstehen ist.
- 23
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2. Dieses Normverständnis der Betriebsparteien hat im Gesamtsozialplan allerdings keinen hinreichenden Niederschlag gefunden und kann deshalb nicht berücksichtigt werden. Da es bei dessen Auslegung darum geht festzustellen, wie die Normunterworfenen und die Gerichte eine Regelung zu verstehen haben (BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 541/06 - Rn. 13), sind Betriebsvereinbarungen objektiv auszulegen. Der subjektive Regelungswille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er in der betreffenden Regelung erkennbaren Ausdruck gefunden hat (Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 77 Rn. 65; Fitting BetrVG 26. Aufl. § 77 Rn. 15). Anders als in dem Sachverhalt, der dem Senatsurteil vom 2. Oktober 2007 (- 1 AZR 815/06 -) zugrunde lag, haben die Betriebsparteien hier den Begriff des Entgelts in § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP hinreichend deutlich bestimmt. Das Verständnis der Betriebsparteien zur fehlenden Einbeziehung von Grubenwehrzulagen, die hauptamtliche Hauptgerätewarte beanspruchen können, die arbeitsvertraglich zu dieser Tätigkeit in der Grubenwehr verpflichtet sind, ist mit Wortlaut, systematischem Regelungszusammenhang und dem sich hieraus erschließenden Zweck unvereinbar. Ein solcher Regelungswille kann deshalb keine Berücksichtigung finden.
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Schmidt
Koch
Linck
Hayen
Rath
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
Tenor
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1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Januar 2014 - 11 Sa 812/13 - wird zurückgewiesen.
-
2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als Soziale Ansprechpartnerin.
- 2
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Die 1959 geborene Klägerin ist seit 1982 bei dem beklagten Land als Verwaltungsangestellte beschäftigt und wird bei der Bezirksregierung A eingesetzt.
- 3
-
In der Innenverwaltung des beklagten Landes gibt es sog. Soziale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner (SAP), darunter seit 1991 auch die Klägerin. Grundlage hierfür ist - soweit für den Streitzeitraum relevant - der „Erlass zur Neukonzeption der Tätigkeit der Sozialen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner (SAP)“ (SAP-Erlass; Runderlass des Innenministeriums vom 1. Juni 2010, MBl. NRW S. 586). Dieser lautet auszugsweise:
-
„I.
Leitgedanken
Beschäftigte der Innenverwaltung sind von den unterschiedlichsten psychosozialen Problemen betroffen, die gesundheitliche und soziale Auswirkungen für die Betroffenen haben und sich über den privaten Bereich hinaus in erheblichem Maße auf die Arbeit der Betroffenen sowie deren dienstliches Umfeld auswirken können. Je nach Art und Schwere der Störung sind Leib oder Leben der Betroffenen oder das Ansehen staatlichen Handelns gefährdet. Dem Arbeitsplatz kommt eine große Bedeutung für das Entstehen, das Erkennen und den Verlauf von Problemen sowie deren Verarbeitung zu. Oftmals scheuen sich die Betroffenen, sich mit ihren Problemen an ihre Vorgesetzten oder Fachdienste zu wenden. In anderen Fällen fehlt es an der Kenntnis von Hilfsmöglichkeiten.
Hier setzt der Gedanke der Sozialen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner - im Folgenden kurz SAP genannt - ein. SAP setzen sich auf freiwilliger Basis für Abhilfe bei unterschiedlichen Belastungen der Einzelnen im privaten wie im beruflichen Leben sowie für ein gutes Klima am Arbeitsplatz und in der Behörde ein. Das Grundprinzip dieses Ansatzes lautet: ‚Kolleginnen und Kollegen helfen.‘
II.
Aufgaben/Rahmenbedingungen und Grenzen
für die Tätigkeit der SAP
1
Inhalte der SAP-Tätigkeit
Soziale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner
-
verstehen sich als Laien, die aufgrund ihrer qualifizierten Ausbildung und Praxiserfahrung besonders dazu befähigt sind, Kolleginnen und Kollegen mit Problemen in partnerschaftlicher Weise Hilfe zur Selbsthilfe zu geben,
-
bieten betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine erste Anlaufstelle in der Beratung bei Problemen und Konflikten,
…
-
klären gemeinsam mit den Betroffenen die Problemlage mit dem Ziel, rechtzeitig weitere Institutionen und Beratungsstellen in den Prozess mit einzubinden.
Dabei nehmen die SAP eine ‚Brückenfunktion‘ wahr. …
-
sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner auch für Vorgesetzte und Behördenleitungen,
…
3.1
Rechtliche Stellung
3.1.1
SAP üben ihre Tätigkeit während der Dienstzeit eigenständig und weisungsungebunden im Nebenamt aus.
…
3.1.3
SAP dürfen sich unmittelbar an die Behördenleitung wenden. …
3.2
Rechtliche Pflichten
3.2.1
Die den SAP bekannt gewordenen Informationen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht; hiervon dürfen sie nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen abweichen.
…
4.1
Zeitlicher Umfang der Tätigkeit
4.1.1
Die Tätigkeit als SAP sollte die dienstliche Tätigkeit im Hauptamt nicht nachhaltig und dauerhaft beeinträchtigen. Deshalb darf der zeitliche Umfang für die Tätigkeit als SAP in der Regel 10 % der Jahresarbeitszeit nicht übersteigen; …
4.1.2
Die Tätigkeit als SAP ist bei der Belastung durch das Hauptamt zu berücksichtigen. …
4.1.3
… Ein Tätigwerden außerhalb der Regelarbeitszeit gilt als Dienstzeit. Bezugsgröße für die Regelarbeitszeit ist der jeweils vereinbarte Arbeitszeitrahmen.
…
4.3
Dauer der Tätigkeit
4.3.1
Die Tätigkeit als SAP ist grundsätzlich auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet. …
4.3.2
Die Tätigkeit als SAP endet mit dem Ausscheiden der/des SAP aus dem Dienstverhältnis.
…
5.1
Die Schlüsselzahl der Anzahl der SAP im Verhältnis zur Beschäftigtenzahl einer Behörde ist so berechnet, dass eine dauerhafte Überlastung der SAP ausgeschlossen werden kann. Grundsätzlich ist von einer Schlüsselzahl von einer/einem SAP für ca. 200 Beschäftigte auszugehen.
…
5.5
Soziale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner dürfen in ihrer Aufgabenwahrnehmung nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.
5.6
Zur Wahrung des Prinzips der Vertraulichkeit soll SAP grundsätzlich ein Einzelzimmer mit überprüfungsfreiem Telefonanschluss zur Verfügung stehen. …
…
6.3.1
Mit Abschluss der Ausbildung werden die SAP durch die jeweilige Behördenleitung bestellt.
…
6.4
Beendigung der Tätigkeit
6.4.1
SAP können jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Nachteile jeglicher Art die Tätigkeit beenden.
…
6.4.2
Behördenleitungen können aus wichtigen Gründen zu der Entscheidung gelangen, die Tätigkeit als SAP einer/eines Beschäftigten zu beenden. Die Gründe hierfür sind den Betroffenen schriftlich mitzuteilen und in einem persönlichen Gespräch zu erläutern. Auf Wunsch der/des Betroffenen sind zu diesem Gespräch weitere SAP hinzuzunehmen. Wird kein Einvernehmen über die Beendigung der Tätigkeit erreicht, wird die für die SAP zuständige Stelle im Innenministerium unterrichtet. Sie entscheidet abschließend.
…
11
Qualitätssicherung
Zur dauerhaften Gewährleistung qualitativ hochwertiger Beratungsleistung wird von allen SAP folgendes erwartet:
…
Sollten SAP diese Auflagen nicht erfüllen, erfolgt … eine umgehende Prüfung und gegebenenfalls die Entpflichtung der entsprechenden SAP von ihrem Nebenamt durch das IM NRW.“
- 4
-
Am 7. Mai 2012 fand mit der Klägerin ein Gespräch über die Beendigung ihrer Tätigkeit als SAP statt. Mit Schreiben vom 9. Mai 2012 verfügte die Bezirksregierung A die sofortige, aber zunächst bis zum 31. Mai 2013 befristete Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP. Am 23. Mai 2012 fand ein weiteres Gespräch unter Beteiligung des Regierungspräsidenten statt. In der Amtlichen Mitteilung der Bezirksregierung vom 16. Juli 2012 wurde die sofortige Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP bekannt gegeben. Unter dem 22. April 2013 verfügte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen als Reaktion auf einen Bericht der Bezirksregierung, dass die Tätigkeit der Klägerin als SAP endgültig zu beenden sei. Dies erfolgte durch die Bezirksregierung mit Schreiben vom 14. Mai 2013, das von deren Vizepräsidenten unterzeichnet war.
- 5
-
Die Klägerin war im Jahr 2010 an 70 Tagen, im Jahr 2011 an 56 Tagen und im Jahr 2012 an insgesamt 109 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Vom 29. Oktober 2012 bis zum 8. Januar 2014 war sie durchgängig arbeitsunfähig.
- 6
-
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit als SAP sei nicht wirksam beendet worden. Das nach dem SAP-Erlass vorgesehene Verfahren sei nicht eingehalten worden, sie sei zur endgültigen Beendigung nicht angehört worden. Es lägen auch keine wichtigen Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass für die Beendigung der Tätigkeit vor. Pflichtverletzungen habe sie in Bezug auf die SAP-Tätigkeit nicht begangen. Ihre Krankheitszeiten rechtfertigten eine Beendigung ebenfalls nicht, da bei der Bezirksregierung noch sechs bis sieben Mitarbeiter als SAP tätig seien. Der Entzug der Tätigkeit als SAP sei zudem gemäß § 612a BGB unwirksam. Er sei nach dem Beklagtenvortrag wegen der mit E-Mail vom 19./20. April 2012 erfolgten Beschwerden der Klägerin erfolgt und stehe im Zusammenhang mit einem gegen das beklagte Land geführten Rechtsstreit.
- 7
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
-
1.
festzustellen, dass ihre Tätigkeit als SAP durch die Verfügung des beklagten Landes vom 14. Mai 2013 nicht beendet worden ist,
2.
das beklagte Land zu verurteilen, sie als Soziale Ansprechpartnerin bei der Bezirksregierung A zu beschäftigen.
- 8
-
Das beklagte Land hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags ausgeführt, bei der Tätigkeit als SAP handele es sich nicht um eine Arbeitsaufgabe, sondern um ein Ehrenamt, das auf freiwilliger Basis ausgeübt werde. Für die Entscheidung einer Behördenleitung, die Tätigkeit einer/eines SAP aus wichtigen Gründen zu beenden, sei kein objektiv nachvollziehbarer Grund erforderlich. Vielmehr sei die Entscheidung im Hinblick auf das notwendige Vertrauensverhältnis subjektiv determiniert. Das im SAP-Erlass geregelte Verfahren sei eingehalten worden. Die Gründe für die Beendigung seien der Klägerin in zwei Gesprächen erläutert worden. Die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin sei aus wichtigen Gründen gerechtfertigt. Die Behördenleitung und das Personaldezernat der Bezirksregierung seien davon überzeugt, dass die Klägerin den Aufgaben und Fähigkeiten einer SAP nicht mehr gerecht werde. Das für die Arbeit erforderliche Vertrauensverhältnis zur Behördenleitung und zu den Beschäftigten sei unwiderruflich und nachhaltig gestört. Ursache sei das Fehlverhalten der Klägerin als SAP. Diese habe im Jahr 2012 wegen der Unterbringung in einem Doppelzimmer einen dienstlichen Konflikt ohne Not nach außen getragen. Die in diesem Zusammenhang an das Ministerium weitergegebenen Informationen hätten in wesentlichen Teilen nicht der Wahrheit entsprochen. Dadurch seien Kollegen in Misskredit gebracht worden. Sie habe sich zudem - trotz attestierter Arbeitsunfähigkeit - über die schriftliche Aufhebung einer Abordnung zu einem SAP-Seminar hinweggesetzt. Eine SAP, die vorsätzlich dienstliche Weisungen missachte, könne keine Anlaufstelle für Hilfesuchende sein. Die Beendigung der SAP-Tätigkeit sei zudem wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin gerechtfertigt. Der Regierungspräsident habe als ausgebildeter Diplom-Pädagoge, Psychologe und Supervisor während des mit der Klägerin am 23. Mai 2012 geführten Gesprächs festgestellt, dass bei der Klägerin eine deutliche Kluft zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung bestehe. Da die Klägerin seit dem 29. Oktober 2012 durchgängig erkrankt sei, stehe sie den betroffenen Arbeitnehmern auch faktisch nicht mehr als SAP zur Verfügung.
- 9
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Die zulässige Klage (zu I.) ist begründet. Die Tätigkeit der Klägerin als SAP wurde durch die Verfügung des beklagten Landes vom 14. Mai 2013 nicht wirksam beendet (zu II.). Das beklagte Land ist zur Beschäftigung der Klägerin als SAP verpflichtet (zu III.).
- 11
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I. Die Klage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für den Antrag zu 1. erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Zwischen den Parteien ist ein Rechtsverhältnis im Streit, nämlich ob die Klägerin weiterhin SAP bei der Bezirksregierung A ist (vgl. zur Rechtsstellung als Datenschutzbeauftragter BAG 13. März 2007 - 9 AZR 612/05 - Rn. 15, BAGE 121, 369). Der Leistungsantrag zu 2. ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. grundlegend zum Weiterbeschäftigungsantrag BAG 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - BAGE 130, 195). Die begehrte Tätigkeit ist im Tenor ausdrücklich benannt. Inhalt und Art der Tätigkeit als SAP sind vom Berufungsgericht festgestellt und ergeben sich im Übrigen aus dem SAP-Erlass.
- 12
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II. Der Klageantrag zu 1. ist begründet. Die Rechtsstellung der Klägerin als SAP wurde durch die Verfügung vom 14. Mai 2013 nicht beendet. Die Tätigkeit als SAP wird bei Arbeitnehmern mit der Bestellung Teil der geschuldeten Arbeitsleistung (zu 1.). Deren Beendigung durch das beklagte Land unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle (zu 2.). Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass keine wichtigen Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass vorlagen, die eine einseitige Beendigung durch das beklagte Land rechtfertigen würden (zu 3.).
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1. Mit der Bestellung einer/eines im Arbeitsverhältnis beim beklagten Land Beschäftigten als SAP tritt die damit verbundene Tätigkeit für die Dauer des Amts zur (bisher) vertraglich geschuldeten Leistung des Arbeitnehmers hinzu und wird Teil der arbeitsvertraglich versprochenen Dienste iSv. § 611 Abs. 1 BGB.
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a) Grundlage für die Tätigkeit als SAP war im Streitzeitraum der SAP-Erlass vom 1. Juni 2010, dessen Gültigkeit zuletzt durch Runderlass vom 29. Mai 2015 bis zum 31. Dezember 2015 verlängert wurde. Der SAP-Erlass richtet sich allgemein an die Beschäftigten in der Innenverwaltung des beklagten Landes, unabhängig davon, ob diese in einem Beamtenverhältnis oder einem Arbeitsverhältnis stehen.
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b) Der SAP-Erlass regelt nicht ausdrücklich, welches Rechtsverhältnis mit der Bestellung zur/zum SAP begründet werden soll bzw. wie diese Tätigkeit hinsichtlich der unterschiedlichen Statusgruppen einzuordnen ist. Vielmehr bestimmt er lediglich die Bestellung durch das beklagte Land (Ziff. II Nr. 6.3), die auf freiwilliger Basis (Ziff. I Abs. 2), nach entsprechender Bewerbung und nach Durchlaufen eines Auswahlverfahrens (Ziff. II Nr. 6.1) erfolgt.
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c) Nach den Bestimmungen des SAP-Erlasses ist die Tätigkeit als SAP bei den in einem Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten des Landes nach der Bestellung Teil der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit (vgl. zur Rechtslage bei Beamten VG Aachen 24. Oktober 2013 - 1 K 1718/12 -). Dies entspricht dem Pflichtengefüge nach dem SAP-Erlass und den sich aus diesem Erlass ergebenden Rechten einer/eines SAP. Die Tätigkeit ist auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet (Ziff. II Nr. 4.3.1) und endet mit dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis (Ziff. II Nr. 4.3.2). SAP üben ihre Tätigkeit während der Dienstzeit eigenständig und weisungsungebunden „im Nebenamt“ aus (Ziff. II Nr. 3.1.1). Damit geht der Erlassgeber davon aus, dass ein Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitspflicht auch durch die SAP-Tätigkeit erfüllt. Auch ein Tätigkeitwerden als SAP außerhalb der Regelarbeitszeit wird als Dienstzeit anerkannt (Ziff. II Nr. 4.1.3 Satz 4). Ein Tätigwerden innerhalb und außerhalb der Dienstzeit ist dem Vorgesetzten anzuzeigen (Ziff. II Nr. 4.1.3 Sätze 1 bis 3). Die Tätigkeit im Nebenamt darf zwar in der Regel 10 % der Jahresarbeitszeit nicht übersteigen (Ziff. II Nr. 4.1.1), sie ist aber bei der Belastung im Hauptamt zu berücksichtigen (Ziff. II Nr. 4.1.2). SAP sind während der Dauer des Amts verpflichtet, an Fortbildungsmaßnahmen (Ziff. II Nr. 8 Abs. 1), Supervisionen (Ziff. II Nr. 9.1 Satz 1) und Tagungen der regionalen Arbeitskreise (Ziff. II Nr. 10 Abs. 2) teilzunehmen. Im Rahmen der Qualitätssicherung bestehen Berichtspflichten (Ziff. II Nr. 11).
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d) Bei einem solchen Pflichtengefüge und einer solch engen Bindung an das Arbeitsverhältnis scheidet die Annahme aus, es handele sich um ein neben dem Arbeitsverhältnis stehendes „Ehrenamt“. Die Revision verweist insoweit ohne Erfolg darauf, dass die Beratung und Betreuung durch SAP „auf freiwilliger Basis“ erfolgt. Freiwilligkeit in diesem Sinne bedeutet allein, dass ein angestellter Landesbediensteter nicht im Wege des Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) angewiesen werden kann, die SAP-Tätigkeit wahrzunehmen. Dies erfolgt vielmehr freiwillig, wie die in Ziff. I Abs. 2 SAP-Erlass ausdrücklich betonte Freiwilligkeit der Übernahme einer solchen Tätigkeit verdeutlicht. Es bedarf somit einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, dass die Wahrnehmung des Amts Teil der vertraglich geschuldeten Leistung werden soll. Diese Vereinbarung kann auch konkludent geschlossen werden, indem der Arbeitnehmer sich um das Amt bewirbt und das angetragene Amt annimmt. Damit erweitern sich seine arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten um die Tätigkeit als SAP. Der Arbeitsvertrag wird für die Zeitspanne der Amtsübertragung entsprechend geändert und angepasst (vgl. zur Bestellung: eines Datenschutzbeauftragten BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 12, BAGE 135, 327; einer Fachkraft für Arbeitssicherheit 15. Dezember 2009 - 9 AZR 769/08 - Rn. 51, BAGE 133, 1; eines Betriebsbeauftragten für Abfall 26. März 2009 - 2 AZR 633/07 - Rn. 20, BAGE 130, 166). Der genaue Inhalt der Tätigkeit und die wechselseitigen Rechte und Pflichten bestimmen sich dabei nach dem Inhalt des maßgeblichen SAP-Erlasses (vgl. zur Inhaltsbestimmung der Tätigkeit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit unmittelbar durch das ASiG: BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 769/08 - Rn. 51, BAGE 133, 1). Erfolgt eine wirksame Beendigung der Tätigkeit als SAP nach Ziff. II Nr. 6.4 SAP-Erlass, ist diese nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung, ohne dass es weiterer arbeitsrechtlicher Maßnahmen bedürfte (vgl. zum Widerruf der Bestellung als Datenschutzbeauftragter BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 15 f., BAGE 135, 327). Damit entfällt auch der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch als SAP.
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2. Die einseitige Beendigung der Tätigkeit eines Arbeitnehmers als SAP durch das beklagte Land unterliegt einer Überprüfung durch die Gerichte für Arbeitssachen (vgl. zur Rechtslage bei Beamten VG Aachen 24. Oktober 2013 - 1 K 1718/12 -).
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a) Wie unter 1. ausgeführt, handelt es sich bei der Tätigkeit als SAP bei den in einem Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten des Landes nach der Bestellung um einen Teil der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit. Will der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Wege der Änderungskündigung, einer Ausübung seines Direktionsrechts oder durch andere Maßnahmen verändern, kann der betroffene Arbeitnehmer eine solche Maßnahme gerichtlich darauf überprüfen lassen, ob sie rechtswirksam ist (vgl. § 2 KSchG; zu § 106 GewO zB BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 - BAGE 145, 341; zum Widerruf nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG BAG 23. März 2011 - 10 AZR 562/09 -). Dabei ist nach den jeweils anwendbaren Normen und vertraglichen Regelungen zu überprüfen, ob eine solche Maßnahme rechtlich überhaupt in Betracht kommt und ob in tatsächlicher Hinsicht die nach der maßgeblichen Norm oder Vertragsregelung geforderten Voraussetzungen für die Maßnahme vorliegen.
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b) Dies gilt auch für die Beendigung der Tätigkeit einer/eines SAP durch die Behördenleitung aus wichtigen Gründen nach Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass.
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aa) Maßgeblich für die Beendigung der Tätigkeit als SAP ist nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung (vgl. dazu zB BAG 19. Februar 2003 - 7 AZR 67/02 - zu III 2 c aa der Gründe, BAGE 105, 161) der SAP-Erlass vom 1. Juni 2010. Hiervon geht auch das beklagte Land aus.
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bb) Nach dem eindeutigen Wortlaut der Ziff. II Nr. 6.4.2 Satz 1 SAP-Erlass kann eine Beendigung der SAP-Tätigkeit gegen den Willen des Betroffenen durch die Behördenleitung nur erfolgen, wenn wichtige Gründe vorliegen. Demgegenüber kann die Tätigkeit durch den Arbeitnehmer jederzeit ohne Angabe von Gründen beendet werden (Ziff. II Nr. 6.4.1 Satz 1). Der SAP-Erlass trägt mit diesen unterschiedlichen Beendigungsvoraussetzungen dem Umstand Rechnung, dass bei der Tätigkeit als SAP Konflikte sowohl mit ratsuchenden Beschäftigten als auch mit der Behördenleitung auftreten können. Die eingeschränkte Abberufungsmöglichkeit dient dem Schutz der eigenständigen und weisungsungebundenen Ausübung der Tätigkeit (Ziff. II Nr. 3.1.1). Die/Der SAP soll nicht befürchten müssen, diese auf Dauer angelegte Tätigkeit ohne Gründe erheblichen Gewichts zu verlieren, auch wenn beispielsweise eine Behördenleitung mit ihrem/seinem Handeln nicht einverstanden ist.
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cc) Hieran ändert nichts, dass in Fällen, in denen eine Behördenleitung eine Beendigung der Tätigkeit einer/eines SAP anstrebt und es zu keiner einvernehmlichen Lösung kommt, nach Ziff. II Nr. 6.4.2 Satz 5 SAP-Erlass die zuständige Stelle im Ministerium „abschließend“ entscheidet. Hierbei handelt es sich lediglich um die verwaltungsinterne Festlegung, wer im Fall des fehlenden Einvernehmens zwischen Behördenleitung und SAP die Entscheidung über die Beendigung der Tätigkeit verantwortlich trifft. Die gerichtliche Überprüfung, ob die vom SAP-Erlass vorgesehenen formellen und materiellen Voraussetzungen für die Beendigung der Tätigkeit vorliegen, wird hierdurch nicht berührt.
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3. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich dem Zugang der Verfügung vom 14. Mai 2013, keine wichtigen Gründe zur Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass vorlagen.
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a) Nach Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass kann eine Behördenleitung aus wichtigen Gründen zur Entscheidung gelangen, die Tätigkeit eines Arbeitnehmers als SAP zu beenden. Die Gründe sind dem Betroffenen schriftlich mitzuteilen und in einem persönlichen Gespräch zu erläutern. Wird kein Einvernehmen über die Beendigung erreicht, entscheidet über die Beendigung der SAP-Tätigkeit abschließend die im Innenministerium zuständige Stelle.
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aa) Der SAP-Erlass enthält keine eigenständige Begriffsbestimmung der wichtigen Gründe.
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(1) Der Wortlaut legt - trotz der Verwendung des Plurals - eine Auslegung in Anlehnung an § 626 Abs. 1 BGB nahe. Dass diese Norm - anders als beispielsweise in § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG - nicht zitiert ist, steht dem nicht entgegen. Der Erlass berücksichtigt insoweit, dass er sich nicht nur an Arbeitnehmer, sondern auch an Beamte richtet, für die § 626 Abs. 1 BGB nicht gilt.
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(2) Bei der Beendigung einer Tätigkeit wegen eines wichtigen Grundes handelt es sich um einen in der Rechtssprache gebräuchlichen Begriff. Da sich das beklagte Land als Erlassgeber dieses Rechtsbegriffs bedient hat, könnte - ebenso wie bei Tarifvertragsparteien (dazu BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 14 mwN) - angenommen werden, dass der Rechtsbegriff des wichtigen Grundes in seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung verwendet werden soll. Danach könnte die Tätigkeit einer/eines SAP nur beendet werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem beklagten Land unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile eine auch nur befristete Fortsetzung unzumutbar wäre. Gegen eine undifferenzierte Übertragung der Grundsätze aus § 626 Abs. 1 BGB spricht jedoch bereits, dass eine fristgemäße Beendigung der Tätigkeit nicht vorgesehen ist. Hinzu kommen die konstruktiven Unterschiede zwischen der SAP-Tätigkeit einerseits und dem Beendigungsschutz hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses, aber auch hinsichtlich der Beendigung zB der Tätigkeit als betrieblicher Datenschutzbeauftragter andererseits. Bei der Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB wird das Arbeitsverhältnis insgesamt und fristlos beendet. Aufgrund der damit verbundenen Folgen setzt dies nicht nur einen wichtigen Grund, sondern eine umfassende Interessenabwägung voraus (vgl. zuletzt zB BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 20 ff.). Bei einer Beendigung der SAP-Tätigkeit nach Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass bleibt dagegen das Arbeitsverhältnis selbst in seinem Bestand unberührt. Weder der Umfang der Leistung des Arbeitnehmers noch die der Gegenleistung des beklagten Landes, also die Höhe der Vergütung, werden hierdurch beeinflusst. Beendet wird lediglich ein Teil der Tätigkeit, der in der Regel nicht mehr als 10 % der Jahresarbeitszeit ausmacht (Ziff. II Nr. 4.1.1; bei Arbeitskreis-Sprecher/inne/n maximal weitere 6 %, Ziff. II Nr. 10.2), der freiwillig übernommen wurde und auf dessen Übertragung nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien in aller Regel kein Rechtsanspruch besteht. Auch handelt es sich - anders als beispielsweise beim betrieblichen Datenschutzbeauftragten - nicht um eine Aufgabe oder Tätigkeit, zu deren Einrichtung das beklagte Land gesetzlich verpflichtet ist. Darüber hinaus stehen nach der Konzeption des SAP-Erlasses nicht die Interessen des beklagten Landes und der als SAP tätigen Arbeitnehmer, sondern die der ratsuchenden Arbeitnehmer im Vordergrund. SAP sind Anlaufstellen für Arbeitnehmer mit psychosozialen Problemen, denen sie in partnerschaftlicher Weise „Hilfe zur Selbsthilfe“ geben. Der besondere Beendigungsschutz gemäß Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass stellt dabei sicher, dass SAP die Beratung und Betreuung im Interesse der ratsuchenden Arbeitnehmer ungestört ausüben können. Sie sollen ihr Amt frei von äußeren Zwängen wahrnehmen können. Deshalb genügt nicht jeder Grund, sondern es muss sich um einen wichtigen handeln. Hingegen ist nicht erkennbar, dass Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass etwa den sozialen Besitzstand der/des SAP am Erhalt des Nebenamts schützen will. Insgesamt bedarf der Begriff des wichtigen Grundes iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass deshalb einer funktionsbezogenen Bestimmung. Notwendig, aber auch ausreichend ist das Vorliegen von Umständen von erheblichem Gewicht, die eine sachgerechte Amtsführung durch die/den SAP nicht mehr zulassen. Liegen solche Umstände vor, kann eine Beendigung nach dem vorgesehenen Verfahren erfolgen, ohne dass etwa eine Interessenabwägung erforderlich wäre.
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bb) Davon ausgehend können sich wichtige Gründe iSd. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass sowohl aus der SAP-Tätigkeit selbst als auch aus dem Arbeitsverhältnis in seiner Gesamtheit ergeben.
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(1) Als aus der SAP-Tätigkeit herrührende Gründe kommen vor allem erhebliche und/oder wiederholte Verstöße gegen die im SAP-Erlass festgelegten Pflichten (vgl. dazu oben 1 c) in Betracht. Ebenso kann es eine Beendigung rechtfertigen, wenn sich herausstellt, dass die/der bestellte SAP trotz des durchlaufenen Auswahlverfahrens und auch nach entsprechender Ausbildung fachlich oder menschlich nicht in der Lage ist, die Tätigkeit sachgerecht auszuführen. Ein Fehlen der für die Tätigkeit erforderlichen Befähigung und Eignung kann sich insbesondere aus negativen Rückmeldungen von Ratsuchenden ergeben. Denkbar ist auch, dass ein dauerhafter Vertrauensverlust der jeweiligen Behördenleitung einen wichtigen Grund darstellt, wenn die/der SAP durch ihr/sein Verhalten zu einem solchen beigetragen hat. Eine sachgerechte Ausübung der Tätigkeit und eine gemeinsame Suche nach Lösungen und Verbesserungen (Ziff. II Nr. 3.1.3 Satz 2 SAP-Erlass) setzt im Interesse der ratsuchenden Arbeitnehmer notwendigerweise ein Mindestmaß an wechselseitigem Vertrauen voraus.
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(2) Wichtige Gründe für die Beendigung als SAP können sich auch aus außerhalb des Nebenamts liegenden Umständen, insbesondere aus dem Arbeitsverhältnis ergeben. So können erhebliche Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis zu der Beurteilung führen, dass die Eignung als SAP fehlt. Ebenso können längere und/oder wiederholte (krankheitsbedingte) Fehlzeiten im Einzelfall eine Beendigung der Tätigkeit als SAP rechtfertigen. Dies kann der Fall sein, wenn dadurch nicht sichergestellt ist, dass den Beschäftigten der jeweiligen Behörde SAP in einem Umfang, wie er in Ziff. II Nr. 5.1 und Nr. 6.1 SAP-Erlass vorgesehen ist, zur Verfügung stehen und damit ratsuchende Beschäftigte nicht mehr zeitnah und kontinuierlich beraten und betreut werden können. Gleiches gilt, wenn durch die Fehlzeiten die Belastung anderer SAP längerfristig über das im SAP-Erlass vorgesehene Maß von 10 % ihrer Jahresarbeitszeit steigt und diese dadurch in der Ausübung ihrer Haupttätigkeit beeinträchtigt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Ziff. II Nr. 6.4.1 Abs. 2 SAP-Erlass die Möglichkeit des Ruhens der Tätigkeit vorsieht, wobei die Initiative hierzu von der/dem SAP selbst ausgehen muss.
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b) Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beendigung der Tätigkeit als SAP und insbesondere für das Bestehen wichtiger Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass ist das beklagte Land, das sich auf die Wirksamkeit der Maßnahme beruft (vgl. zu § 106 GewO BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 - Rn. 30, BAGE 145, 341; zu § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG BAG 23. März 2011 - 10 AZR 562/09 - Rn. 22, 25). Entgegen der Auffassung des beklagten Landes genügt dabei der Vortrag bloß subjektiver Einschätzungen oder Werturteile einer Behördenleitung ohne näheren Tatsachenkern nicht, um das Vorliegen wichtiger Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass zu begründen. Zwar ist ein Vertrauensverlust zwischen einer Behördenleitung und einer/eines SAP nicht rein objektiv feststellbar, sondern beinhaltet notwendigerweise eine subjektive Komponente. Dies entbindet das beklagte Land aber nicht, im Rahmen des Möglichen die Tatsachen zu benennen, aus denen sich eine solche Einschätzung ergibt. Dies gebietet schon der Schutz der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der SAP, der nicht von der bloßen Befindlichkeit beteiligter Personen abhängen kann. Auch wenn das beklagte Land wegen der umfassenden Verschwiegenheitspflicht (vgl. Ziff. II Nr. 3.2.1 und Nr. 9.1 Abs. 4 SAP-Erlass) nur begrenzt Einblick in die unmittelbare Tätigkeit einer/eines SAP hat, kann und muss es die Anknüpfungstatsachen benennen, die es zum Anlass für die Beendigung nimmt (vgl. ähnlich zur Leistungsbeurteilung im Rahmen einer Zielvereinbarung BAG 14. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 52, BAGE 143, 292; zu dienstlichen Beurteilungen BAG 18. August 2009 - 9 AZR 617/08 - Rn. 33, BAGE 131, 367).
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c) Das Landesarbeitsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat angenommen, dass wichtige Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass, die die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP durch die Verfügung vom 14. Mai 2013 rechtfertigen könnten, nicht vorlagen. Diese Würdigung liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob das Tatsachengericht von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat (vgl. zur Tatsachenwürdigung im Kündigungsschutzprozess BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 32). Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf, er ist auch nicht offensichtlich.
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aa) Das beklagte Land hat keine Pflichtverletzung der Klägerin bei Ausübung der Tätigkeit als SAP behauptet. Es hat sich - auch in der Revision - nur pauschal darauf berufen, dass es nach dem Gespräch am 23. Mai 2012 weiterhin davon ausgehe, bei der Klägerin bestehe eine deutliche Kluft zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Das beklagte Land hat sich insoweit allein auf die Bewertung des Regierungspräsidenten bezogen, ohne auch nur ansatzweise aufzuzeigen, aufgrund welcher Tatsachen und Geschehensabläufe dieser zu jener Einschätzung gelangt ist. Das Landesarbeitsgericht durfte deshalb davon ausgehen, dass es insoweit an substanziiertem Tatsachenvortrag fehlt.
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bb) Gleiches gilt für das nach der Behauptung des beklagten Landes nachhaltig gestörte Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und der Behördenleitung.
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(1) Die Klägerin ist der Behauptung des beklagten Landes, sie habe weisungswidrig und trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit an einem Seminar teilgenommen, ausdrücklich entgegengetreten. Das beklagte Land hat keinen Beweis für die Aufhebung der Anordnung angeboten. Das Landesarbeitsgericht konnte deshalb zu Recht offen lassen, ob ein solcher Vorfall als Beendigungsgrund iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass genügt hätte.
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(2) Auch die Annahme des Berufungsgerichts, es sei kein der Klägerin vorwerfbares Fehlverhalten ersichtlich, soweit sich diese wegen der Unterbringung in einem Doppelzimmer beschwert habe, bewegt sich im Rahmen des Beurteilungsspielraums der Tatsacheninstanz. Im Übrigen hat das beklagte Land nicht dargelegt, welche Unwahrheiten die Beschwerde der Klägerin enthalten haben soll und inwiefern andere Arbeitnehmer dadurch in Misskredit gebracht worden seien. Die E-Mail vom 19./20. April 2012 wurde weder vorgelegt noch deren Inhalt mitgeteilt.
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cc) Ebenso wenig ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich zu beanstanden, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin eine Beendigung der SAP-Tätigkeit im konkreten Fall nicht rechtfertigen können, da die Klägerin zwar für eine erhebliche Zeit erkrankt gewesen sei, aber wegen des Vorhandenseins anderer SAP bei der Bezirksregierung ein wichtiger Grund nicht vorliege. Das beklagte Land hat nicht dargelegt, welche Auswirkungen die Fehlzeiten der Klägerin auf die Tätigkeit der anderen SAP oder die Beratung und Betreuung der ratsuchenden Arbeitnehmer hatten.
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d) Da die Verfügung vom 14. Mai 2013 bereits mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass nicht zur Beendigung der SAP-Tätigkeit geführt hat, kann dahinstehen, ob das beklagte Land das im SAP-Erlass vorgesehene Verfahren eingehalten hat und ob und ggf. welche Auswirkungen die Nichteinhaltung auf die Wirksamkeit der Beendigung gehabt hätte.
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III. Der Beschäftigungsantrag zu 2. ist begründet. Die Klägerin hat gegen das beklagte Land aus ihrem Arbeitsvertrag iVm. der im Jahr 1991 erfolgten Bestellung einen Anspruch auf Beschäftigung als SAP nach Maßgabe des SAP-Erlasses. Eine wirksame Beendigung ihrer Tätigkeit ist nicht, insbesondere nicht durch die Verfügung vom 14. Mai 2013 (vgl. oben II) erfolgt.
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IV. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Linck
Brune
W. Reinfelder
Zielke
Züfle
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 03.12.2014 – 5 Ca 965/14 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan, nachdem der Kläger mit Ablauf des Mai 2011 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.
3Der Kläger wurde am 01. September 1976 als Auszubildender (Bergmechaniker) auf dem damaligen Bergwerk O angelegt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Rheinisch/Westfälischen Steinkohlebergbaus Anwendung. Zuletzt war der Kläger als Technischer Angestellter unter Tage in der Gehaltsgruppe 04 auf dem Bergwerk X tätig.
4Die Beklagte ist ein Bergbauunternehmen. Aufgrund berufsgenossenschaftlicher Vorgaben ist sie verpflichtet, auf ihren Bergwerken eine Grubenwehr vorzuhalten. Die Organisation der Grubenwehr ist bei der Beklagten durch den Plan für das Grubenrettungswesen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen I geregelt. Der Kläger war bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitglied der Grubenwehr.
5Unter dem 25. Juni 2003 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat der E AG einen Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG (GSP 2003, Bl. 12 ff. GA). Dieser Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben, u.a. von der Beklagten einen Zuschuss zum Anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das Anpassungsgeld ein Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen wurde in § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplan wie folgt definiert:
6„ …
7(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
8Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
9Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
10…“
11Unter dem 27. Mai 2010 unterzeichneten die Parteien des Gesamtsozialplans eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“ (126 GA). Darin erklärten sie u.a., dass die Vertragsparteien bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes davon ausgegangen seien, dass bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens gem. § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des GSP 2003 bestimmte Lohn- und Gehaltsarten, u.a. die Zulage „1015 Grubenwehr-Übung außerh.“, nicht zu berücksichtigen seien.
12Am 29.11.2010 wurde der Kläger bei der Beklagten als „Sozialplan-Abkehrer“ beraten. Dazu verhält sich der vom Kläger unterschriebene zweiseitige „Beratungsbogen für Sozialplan-Abkehrer“. Dort heißt es unter Bemerkungen (die kursiv wiedergegebenen Zahlen sind handschriftlich in das Formular eingetragen):
13„...
14Vorläufiges Anpassungsgeld durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ca. brutto € 1851,-
15(Betrag inklusive einer evtl. Rente durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See!)
16Vorläufiger betrieblicher Zuschuss zum Anpassungsgeld durch die RAG Aktiengesellschaft brutto € 960,-
17Vorläufiges monatl. Einkommen (für ca. 6 Monate)
18ca . brutto ___2811,-
19… “
20Wegen weiterer Einzelheiten des Beratungsbogens wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 227, 228 GA).
21Unter dem 02. Dezember 2010 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine Änderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25. Juni 2003 (ÄVGSP 2010, Bl. 86 ff. GA). Hierin heißt es u.a. wörtlich:
22„ …
23- 24
1. § 2 Ziffer 7 („Zuschuss zum Anpassungsgeld“) Absatz 3 des Gesamtsozialplans wird wie folgt neu gefasst:
„Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
26a) Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird bei Arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tariflöhne sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den Bruttomonatslohn.
27Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von ½ hinzugerechnet.
28b) Bei Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ermittelt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tarifgehälter, Stufensteigerungen sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag ergibt das Bruttomonatsgehalt.
29Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12 hinzugerechnet.
30c) Bei außertariflichen Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen Bruttojahresbezüge vor dem Ausscheiden ermittelt. Die festen Bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem Jahresfixeinkommen, ggfs. dem Besitzstand und sowie ggfs. dem Garantieeinkommen, jeweils ohne Einzahlungen, Zulagen und Aufwendungsersatz.
31Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird diesem so berechneten Betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen Vergütung hinzugerechnet. Dabei wird der Gesamtzielerreichungsgrad des Vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein Faktor von 1,0 zugrunde gelegt. Dieser Betrag wird auf 1/12 der im Zeitpunkt des Ausscheidens für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.“
32… “
33Die in Bezug genommenen Bestimmungen im MTV (Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus gültig ab 1. Januar 1990 Stand April 2009) lauten:
34„11. Vergütung im Urlaubsfall
35§ 41
36Für die Dauer des Urlaubs erhält der Arbeitnehmer je Urlaubstag die durchschnittliche Grundvergütung (§ 31 Absatz 2) des Vormonats, ggf. zuzüglich Untertage-Zulage und Konti-Zulage.
371. Allgemeine Vergütungsgrundsätze
381. Arbeitseinkommen
39§ 31
40(1) Das Arbeitseinkommen besteht aus:
41a) Schichtlohn oder Gehalt
42b) Leistungszulage
43c) Zuschlägen für Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit und Erschwernisse
44d) sonstigen Zuwendungen (z.B. Jahresvergütung, Untertage-Zulage, Treueprämie, Konti-Zulage)
45e) Hausbrand
46(2) Schichtlohn oder Gehalt (je Schicht 8/174), ggf. einschließlich Leistungszulage, ist die Grundvergütung.
47(3) Schichtlohn und Gehalt ergeben sich aus den Lohn- und Gehaltstafeln in Verbindung mit der Lohnordnung und den dazugehörigen Erläuterungen sowie dem Gehaltsgruppenverzeichnis. … “
48Mit Schreiben vom 07. Dezember 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30. Juni 2011 (Bl. 156 GA). Zugleich führte sie aus, dass es aus betrieblichen Gründen erforderlich sei, dass der Kläger bereits zum 31. Mai 2011 aus den Diensten des Unternehmens ausscheide; daher verkürze sie die Kündigungsfrist dementsprechend. Ferner wies die Beklagte im Kündigungsschreiben darauf hin, dass sie dem Kläger betriebliche Leistungen nach Maßgabe des Gesamtsozialplanes zum Anpassungsprogramm der E AG in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt des Ausscheidens gewähre. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger im Dezember 2011 zu. Der Kläger gibt an, er habe das Kündigungsschreiben am 07.12.2010 erhalten (Bl. 244 GA). Die Beklagte verweist darauf, dass sie bereits erstinstanzlich ausgeführt habe, dass die Kündigung dem Kläger frühestens am 14.12.2010 zugegangen sein könne, da der Vorgang erst am 09.12.2010 vom Betriebsrat zurückgekommen sei und das Schreiben dann ab dem 10.12.2010 über die werksinterne Post vom Bergwerk zur zentralen Poststelle in I und von dort frühestens am 13.12.2010 zur Bundespost gelangt sei (Bl. 337, 152, 153 GA). Durch entsprechende Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben erklärte der Kläger am 07.01.2011 sein Einverständnis mit der ausgesprochenen Kündigung und der damit verbundenen Verkürzung der Kündigungsfrist. Die Erklärung des Klägers ging am 12. Januar 2011 bei der Beklagten ein.
49Zum 31. Mai 2011 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis aus und bezieht seit dem 01. Juni 2011 Anpassungsgeld. Zusätzlich zahlt die Beklagte an den Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld auf der Grundlage des Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der E AG vom 25. Juni 2003 in der Fassung vom 02. Dezember 2010 in Höhe von 990,00 Euro brutto monatlich, welches sie ausgehend von einem Garantieeinkommen von 3.158,75 € errechnet hat (Berechnung der Beklagten: zu berücksichtigendes Jahreseinkommen 60.839,47 € / ergibt Monatsbetrag von 5.069,69 € / zzgl. Treueprämie u. Kontoführung u. 1/12 Weihnachtsgeld 5.264,58 € / 60 % = 3.158,75 € [Bl. 128 - 130 GA]).
50Unstreitig sind als Referenzzeitraum für die Berechnung des Garantieeinkommens die zwölf Monate April 2010 bis März 2011 zugrunde zu legen. Die Parteien streiten, ob zur Berechnung des Garantieeinkommens weitere Bezüge des Referenzzeitraums einzubeziehen sind. Rechnerisch unstreitig würde die Einbeziehung der Bezüge für Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeit zu einer Erhöhung des Zuschusses um 56,24 € mtl. führen. Der Kläger teilt die seiner Auffassung nach zu berücksichtigenden Bezüge des Referenzzeitraums wie folgt mit (Bl. 250, 251 GA):
511001: Gehalt, € 43.651,98
521006: Leist. Zulage unter Tag € 5.853,24
531022: Entg. UT.Zul. Feiertag € 17,92
541025: Untertage-Zulage (verf.) € 307,11
551026: Untertage-Zulage (verg.) € 74,24
561103: Zuschlag 25 % Werktag € 1.583,43
571106: Zuschlag 50 % S. u. F. € 1.648,54
581118: OG Zuschlag 100 % FT € 71,13
592000: Nachtarbeitszulage € 162,63
602010: Kontoführungsgebühr € 15,36
612022: Warmschichtzulage € 47,68
62/57A: Treueprämie € 320,04
632230: Energiebeihilfe einmalig € 1.010,32
641015: Grubenwehr-Übung ausserh. € 252,57
651116: OG Zuschlag 50 % S. u. F. € 189,76
662016: GW-Übg. Mit Atemsch.innerh. € 303,03
679511: Heimbereitsch. Arbeitstag € 2.505,52
689512: Heimbereitsch. Freier Tag € 1.663,29
691108: Zuschlag 100 % FT € 379,36
701023: Unterlage-Zul. Durchschn. € 226,68
711150: Verg. für entg. MA FZ € 8.066,68
721173: Verg. Rufbereitsch. TU/KRH € 2.408,29
731104: Zuschlag 50 % Werktag € 23,72
741014: Grubenwehr-Übung innerh. € 37,88
752017: GW-Übung mit Atemsch.Außer € 757,55
761165: Verg.Grubenwehr TU/KRH € 83,92
772012: Einmalbetrag gem. TV € 600,00
78Außer Betracht zu bleiben haben nach Auffassung des Klägers nur die Beträge:
791100 Mehrarbeit-Grundvergütung € 8.298,62
802225 Kurbeihilfe € 65,00
812082 Erholungsbeihilfe pau. € 156,00.
82Mit seiner am 04. April 2014 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld, welchen er zuletzt mit monatlich 473,29 € beziffert, beginnend mit dem Monat Juni 2011 und fortlaufend bis zum Mai 2016.
83Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe bei der Berechnung des Zuschusses des Anpassungsgeldes ein zu geringes Garantieeinkommen zugrunde gelegt. Nach § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplans sei das gesamte vom Arbeitnehmer im Referenzzeitraum bezogene Entgelt bei der Berechnung des Garantieeinkommens zugrunde zu legen. Lediglich Mehrarbeitsvergütung, Einmalzahlungen und Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterlägen, dürften unberücksichtigt bleiben. Dieses gelte auch nach der Veränderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan vom 02. Dezember 2010. Bei der Zuschussleistung zum Anpassungsgeld handele es sich um eine Versorgungsleistung der Beklagten. Eine Verschlechterung von Versorgungsleistungen sei nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die hier nicht gegeben seien. Darüber hinaus genieße er Vertrauensschutz, da er nur auf der Grundlage des bei Zugang der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gültigen Sozialplans habe entscheiden können, ob er die Kündigung hinnehmen solle. Zu diesem Zeitpunkt sei die Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 jedoch noch nicht in Kraft getreten gewesen. Erst nach Ablauf der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage sei die Änderungsvereinbarung dann zum 01. Januar 2011 in Kraft getreten. In jedem Falle habe die Beklagte bei der Berechnung des Garantieeinkommens die Lohnart 1015 Grubenwehr außerhalb zu berücksichtigen, da es sich hierbei um Arbeitsentgelt handele. Auch die Lohnart 1150 - Vergütung für entgangene Mehrarbeit Tarifurlaub – dürfe nicht unberücksichtigt bleiben.
84Der Kläger hat zuletzt beantragt,
85- 86
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.404,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus monatlich jeweils 473,29 € ab dem 01. Kalendertag des Folgemonats, erstmals ab dem 01. Juni 2011, letztmals ab dem 01. November 2014, zu zahlen;
- 88
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm beginnend ab dem 01. Dezember 2014 bis zum 01. Juni 2016 über den jetzigen betrieblichen Zuschuss von 990,00 € monatlich hinaus einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von 473,29 € zu zahlen;
- 90
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Abrechnung zu erteilen, welche die bei der Berechnung des Brutto-Monatseinkommens nach § 2 Ziffer 3 Absatz 3 des geltenden Gesamtsozialplans einzubeziehende Lohnart und Lohnbestandteile benennt und beitragsmäßig beziffert.
Die Beklagte hat beantragt,
92die Klage abzuweisen.
93Sie hat die Ansicht vertreten, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei auf der Grundlage des Gesamtsozialplans in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 zu ermitteln. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Schon aufgrund der klarstellenden Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 habe er nicht ernsthaft davon ausgehen können, dass bei der Ermittlung des Garantieeinkommens Zulagen für Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit berücksichtigt würden. Zudem habe der Kläger in dem Beratungsgespräch im November 2010 die mitgeteilten Daten beanstandungslos hingenommen und nicht moniert, dass sein ermitteltes Einkommen erheblich von seinem bisherigen abweiche. Der Kläger habe auch nach Zugang der Kündigung ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, den Sachverhalt noch überprüfen zu lassen und entsprechenden Rechtsrat einzuholen. Als er die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses akzeptiert habe, habe er nicht davon ausgehen können, dass die Vergütung für die Teilnahme an Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit berücksichtigt würden.
94Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 03.12.2014 als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld. Der Zuschuss sei auf der Grundlage des Gesamtsozialplans vom 25.06.2003 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 zu ermitteln. Die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 sei wirksam. Die Parteien eines Sozialplans könnten die von ihnen getroffenen Regelungen jederzeit für die Zukunft abändern. Entgegen der Ansicht des Klägers habe keine Billigkeitskontrolle auf der Grundlage des Prüfungsschemas des Bundesarbeitsgerichts für die Ablösung von Versorgungszusagen zu erfolgen. Der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei lediglich eine Übergangsversorgung und keine betriebliche Altersversorgung. Die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 habe nicht in unzulässiger Weise in eine rechtlich geschützte Position des Klägers eingegriffen. Die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 entfalte im Verhältnis zum Kläger keine Rückwirkung. Am 02.12.2010 sei ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld noch nicht entstanden gewesen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Änderungsvereinbarung sei ein Anspruch des Klägers auch noch nicht im Sinne einer Anwartschaft angelegt gewesen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei erst nach Abschluss der Änderungsvereinbarung mit Schreiben vom 07.12.2010 erfolgt. Der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei von der Beklagten auf der Grundlage von § 2 Nr. 7 Abs. 3 des Gesamtsozialplans vom 26.06.2003 in der Fassung vom 02.12.2010 zutreffend berechnet worden. Dem insoweit darlegungspflichtigen Kläger sei es nicht gelungen, seine gegenteilige Auffassung schlüssig darzulegen. Entgegen der Ansicht des Klägers seien nicht alle im Referenzzeitraum an ihn erbrachten Leistungen der Beklagten zu berücksichtigen, soweit es sich nicht um Mehrarbeitsvergütung, Einmalzahlung oder Lohn- und Gehaltsbestandteile handele, die nicht der Sozialversicherung unterlägen. § 2 Ziffer 7 Abs. 3 b) des Gesamtsozialplans (2010) stelle ausdrücklich auf die Vergütung im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrages ab. Nach § 31 Abs. 2 Manteltarifvertrag sei die Grundvergütung der Schichtlohn oder das Gehalt, gegebenenfalls einschließlich Leistungszulage. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Lohnart 1015 nicht bei der Berechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigen (Grubenwehrübung außerhalb). Das Entgelt könne bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, weil die Zulage nicht während der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit verdient worden sei. Auch die Lohnart 1150 – Vergütung für entgangene Mehrarbeit – Tarifurlaub – sei nicht bei der Berechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigen. Grundlage der Lohnart 1150 sei nicht § 41 Abs. 1 Satz 1 Manteltarifvertrag sondern die Regelung in § 41 Abs. 2 Manteltarifvertrag. Aus der systematischen Erstellung der Tarifvertragsnorm werde deutlich, dass die Vergütung für entgangene Mehrarbeit eine Leistung der Beklagten sei, die zusätzlich zur Grundvergütung nach § 41 Abs. 1 Manteltarifvertrag bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen sei, die Vergütung für entgangene Mehrarbeit sei mithin nicht Bestandteil der Grundvergütung. Auch die weitergehende Klage auf zukünftig wiederkehrende Leistung sei unbegründet (§ 258 ZPO). Wie dargelegt habe der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld. Der Kläger habe schließlich keinen Anspruch auf Erteilung der eingeforderten Abrechnung. Ein solcher folge nicht aus § 108 GewO. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die tatsächlich erbrachten Leistungen zum Anpassungsgeld abgerechnet worden seien. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 242 BGB, da der Kläger aufgrund der im Referenzzeitraum erfolgten monatlichen Entgeltabrechnungen über sämtliche Informationen verfüge, um vermeintliche Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen. Ausweislich der vom Kläger selbst vorgelegten Entgeltabrechnungen habe die Beklagte dabei die jeweilige Lohnart benannt und die jeweiligen Beträge beziffert.
95Das Urteil ist dem Kläger am 12.01.2015 zugestellt worden. Der Kläger hat am 11.02.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 13.04.2015 am 10.04.2015 begründet.
96Der Kläger wendet ein, zu Unrecht habe das Arbeitsgericht es abgelehnt, die Grundsätze der unechten Rückwirkung und des Vertrauensschutzes zur Anwendung zu bringen. Rechtsfehlerhaft sei das Arbeitsgericht von der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 ausgegangen und nicht von den Regelungen des Gesamtsozialplans vom 25.06.2003. Ihm sei die Kündigung noch unter der Laufzeit des alten Sozialplans am 07.12.2010 zugegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm die Änderungsvereinbarung unbekannt gewesen. Auch in der Belegschaft sei die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 unbekannt gewesen. Die Änderungsvereinbarung sei am 07.12.2010 noch nicht in Kraft gesetzt gewesen. Auch während der gesamten Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage bis zum 28.12.2010 sei die Änderungsvereinbarung noch nicht in Kraft gewesen. Erst nach Ablauf der Klagefrist sei dann am 01.01.2011 die Änderungsvereinbarung in Kraft getreten. In Fällen wie dem vorliegenden, in welchem einem Sozialplan unechte Rückwirkung zukomme, seien die Grundsätze des Vertrauensschutzes zu beachten. Er habe in mehrfacher Weise rechtsgeschäftliche Dispositionen im Vertrauen auf die alte Regelung getroffen. Er habe schriftlich der Abkürzung der Kündigungsfrist zugestimmt. Ohne dieses Einvernehmen hätte er die Kündigung zur arbeitsgerichtlichen Überprüfung stellen können. Wegen seiner rund 40jährigen Betriebszugehörigkeit hätte er bei einer zwangsläufig durchzuführenden Sozialauswahl eine höhere Schutzwürdigkeit aufgewiesen als andere Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht gekündigt worden seien. Eine Überprüfung hätte deshalb zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kündigung geführt. Er habe diese Möglichkeit auch erwogen, weil das zu erwartende Anpassungsgeld – aufgrund eines bei ihm durchgeführten Versorgungsausgleichs – lediglich 1.400,-- € betrage. Mit Blick auf den bei Erhalt der Kündigung am 07.12.2010 geltenden Sozialplan und die seinerzeit zwischenzeitlich bekannt gewordene Entscheidung des Arbeitsgerichts Herne im Falle des Hauptgerätewartes des Bergwerkes B habe er dann aber die von der Beklagten geforderte schriftliche Einverständniserklärung zu der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegeben. Dabei habe er darauf vertraut, dass bei richtiger Anwendung des Sozialplans in seinem Falle – ebenso wie im Fall des Hauptgerätewartes der Zeche B – seine bei der Grubenwehr erzielten Lohnarten bei der Berechnung das Garantieeinkommens einzubeziehen seien. Seine Disposition, mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2011 einverstanden zu sein, sei für ihn nicht mehr revidierbar. Er habe im Vertrauen darauf disponiert, dass diejenigen Bedingungen, welche zum Zeitpunkt der Kündigung und der Abgabe der Einverständniserklärung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegolten hätten, auch diejenigen sein würden, die auf seinen Fall ausschließlich zur Anwendung kommen würden. Sein Vertrauen auf die Gültigkeit des Sozialplans sei auch berechtigt gewesen. Denn die Beklagte habe sich in § 1 Ziffer 2 des Sozialplanes vom 25.06.2003 verpflichtet, eben diesen Gesamtsozialplan allen Arbeitnehmern auszuhändigen und die Arbeitnehmer rechtzeitig über den Inhalt in Kenntnis zu setzen. Diese Regelung gelte unverändert fort. Im ersten Beratungsgespräch wenige Wochen vor Ausspruch der Kündigung seien ihm die Leistungen erläutert worden. In dem Beratungsgespräch am 29.11.2010 sei ihm ein Exemplar des Sozialplans vom 25.06.2003 übergeben worden. Danach habe er kein Exemplar der Änderungsvereinbarung erhalten. Als nächstes habe er sogleich das Kündigungsschreiben erhalten, obwohl bei Ausspruch der Kündigung die Änderungsvereinbarung bereits unterzeichnet gewesen sei und ihr Inkrafttreten am 01.01.2011 sicher festgestanden habe. Die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 beinhalte eine unzulässige Änderung des Leistungsvolumens des bisherigen Sozialplans. Durch eine schlichte Änderungsvereinbarung könne bei ansonsten unveränderter Maßnahme nicht das Niveau des Sozialplans abgesenkt werden. Die von ihm erzielten Lohnarten seien Teil des Synallagmas. Angesichts der gegebenen Sachlage sei die von ihm als Truppführer in der von der Beklagten vorgehaltenen Grubenwehr erbrachte Tätigkeit unzweifelhaft Teil des Arbeitsvertrages und die hierfür erhaltene Vergütung Teil des Entgelts im Sinne des Sozialplans vom 25.06.2003. Bei der Berechnung des Garantieeinkommens nicht zu berücksichtigen seien lediglich die drei aufgelisteten Lohnarten, nämlich Mehrarbeitsgrundvergütungen, Einmalzahlungen und Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherung unterlägen. Die im einjährigen Referenzzeitraum von April 2010 bis zum März 2011 gezahlten Bezüge (vgl. die im unstreitigen Teil des Tatbestandes wiedergegebene Aufstellung) vergüteten die von ihm auf den Arbeitsvertrag erbrachten Tätigkeiten und enthielten keinen Aufwendungsersatz. Die Bezüge seien deshalb insgesamt einzubeziehen. Entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts schulde die Beklagte auch die begehrte Abrechnung. Der Sozialplan sehe detaillierte Informations- und Beratungspflichten vor. Die Beklagte verwende für die Erstellung der Lohn- und Gehaltsabrechnungen die Unternehmens-Software SAP R 3. Dort seien weit über 1000 Lohnarten hinterlegt. Er müsse mit dieser Systematik des arbeitgeberseitigen SAP-Systems nicht vertraut sein. Zudem seien die einzelnen Lohnarten im SAP-System koptisch verschlüsselt. Er habe deshalb einen Anspruch darauf zu erfahren, welche Lohnarten die Beklagte bei der Berechnung seines Garantieeinkommens zugrunde gelegt habe und welche sie insbesondere ausgeschlossen habe. Die von der Beklagten in dem Beratungsbogen genannten Prognosewerte ließen nicht erkennen, welche Lohnarten einbezogen worden seien. Die Beklagte sei daher aus § 1 Ziffer 2 des Sozialplans vom 25.06.2003 verpflichtet ihm mitzuteilen, welche Lohnarten sie bei der Berechnung seines Garantieeinkommens mit welchen Jahresbeträgen einbezogen habe.
97Der Kläger beantragt,
98unter Aufhebung des Urteils – AZ: 5 Ca 965/14 vom 03.12.2014 – des Arbeitsgerichts Herne die Beklagte zu verurteilen,
99- 100
I. an den Kläger € 21.771,34 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - aus monatlich jeweils € 473,29 ab dem ersten Kalendertag des Folgemonats, erstmals ab dem 01.07.2011, letztmals ab dem 01.11.2014, zu zahlen und
- 102
II. an den Kläger beginnend ab dem 01.04.2015 bis zum 31.05.2016 über den jetzigen betrieblichen Zuschuss von € 990,00 monatlich hinaus einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von € 473,29 zu zahlen und
- 104
III. dem Kläger eine Abrechnung zu erteilen, welche die bei der Berechnung des Brutto-Monatseinkommens nach § 2 Ziffer 3. Abs. 3 des geltenden Gesamtsozialplans einzubeziehende Lohnart und Lohnbestandteile benennt und beitragsmäßig beziffert.
Die Beklagte beantragt,
106die Berufung zurückzuweisen.
107Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Klarzustellen sei, dass der Kläger entgegen seiner Darstellung vor seinem Ausscheiden nicht an Transfer-Kurzarbeit teilgenommen habe.
108Zu Recht habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass für etwaige Ansprüche des Klägers der Gesamtsozialplan in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 maßgeblich sei. Die Argumentation des Klägers beruhe auf einer falschen Sachverhaltsdarstellung. Nicht richtig sei, dass ihm das Kündigungsschreiben am 07.12.2010 zugegangen sei und die Klagefrist des § 4 KSchG damit am 28.12.2010 abgelaufen sei. Bereits erstinstanzlich sei dargestellt worden, dass entsprechend der innerbetrieblichen Abläufe der Zugang frühestens am 14.12.2010 erfolgt sein könne. Der Kläger habe seinerzeit in die Anpassung gehen wollen. Voraussetzung dafür sei eine betriebsbedingte Kündigung gewesen. Bei Zugang der Kündigung sei nicht sicher gewesen, dass Anpassungsgeld gewährt werde, weil es sich hier um eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde handele. Jeder Arbeitnehmer, der in die Anpassung gehen wolle, müsse die Klagefrist verstreichen lassen ohne zu wissen, ob das Anpassungsgeld und wenn ja in welcher Höhe es schließlich gewährt werde. Darüber hinaus sei dem Kläger bekannt gewesen, dass nach Auffassung des Arbeitgebers bei Anwendung des alten Gesamtsozialplans die Vergütung für außerhalb der Arbeitszeit erbrachte Grubenwehrtätigkeit nicht bei der Berechnung des Garantieeinkommens einfließe. Die Protokollnotiz mit der die Betriebspartner die aus ihrer Sicht „richtige“ Berechnungsweise klargestellt hätten, sei im ganzen Unternehmen und auch dem Kläger bekannt gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger gewusst, dass sie sich im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem vom Kläger zitierten Hauptgerätewart dezidiert und grundsätzlich gegen die nun auch von dem Kläger vertretene Rechtsauffassung zur Wehr gesetzt habe. Wenn überhaupt, habe er seinerzeit eine andere Rechtsauffassung vertreten können. Für ein angebliches „Vertrauen“ auf eine von der jahrzehntelangen Praxis der Beklagten abweichende von ihm gewünschte Berechnungsmethode fehle jede tatsächliche Grundlage. Dem stehe auch entgegen, dass der Kläger im Rahmen der Beratungsgespräche (erstes Beratungsgespräch am 29.11.2010) anhand der dargelegten Berechnung ohne Weiteres habe erkennen können, dass und welche Vergütungsbestandteile gerade nicht Gegenstand des Garantieeinkommens sein würden. Es gebe weder eine Grundlage für ein Vertrauen auf die Einbeziehung der zusätzlichen Vergütungsbestandteile noch ein Vertrauen darauf, dass der alte Sozialplan in dieser Situation unverändert in Kraft bleiben werde. Der Kläger habe gewusst, dass die Vergütung für außerhalb der Arbeitszeit erbrachte Grubenwehrtätigkeiten bei der Berechnung der Sozialplanleistung nach dem erklärten Verständnis der Beklagten keine Rolle spiele. Er habe die Klagefrist verstreichen lassen und sein Einverständnis mit der vorzeitigen Beendigung allein deshalb erteilt, weil er so schnell wie möglich in die Anpassung habe gehen wollen. Ein unzulässiger Eingriff in rechtlich geschützte Positionen des Klägers sei nicht gegeben. Zu Recht habe das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der GSP 2010 gegenüber dem Kläger weder eine echte noch eine unechte Rückwirkung entfalte. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 sei der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld noch nicht entstanden gewesen, er sei auch nicht als Anwartschaft begründet gewesen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von einer (nicht vorliegenden) unechten Rückwirkung ausgehen wolle, verletze die Änderungsvereinbarung nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Betriebspartner seien in Jahrzehnten übereinstimmend der gleichen Auffassung gewesen, wie das Garantieeinkommen als Basis für den betrieblichen Zuschuss berechnet werden solle. Mit der Änderungsvereinbarung hätten die Betriebsparteien ihrem ursprünglichen Willen Rechnung getragen und Rechtssicherheit für die Lösung geschaffen, die sie von Anfang an gemeinsam gewollt hätten. Die Vereinbarung sei also geeignet, erforderlich und proportional, um das von den Betriebspartnern von Beginn an erstrebte Ziel zu erreichen. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf einen höheren Sozialplanschutz habe durch die Vereinbarung nicht verletzt werden können. Dem Kläger sei die jahrzehntelange Praxis der Beklagten bekannt gewesen. Der Kläger habe um den Rechtsstreit gewusst, in dem sie dezidiert bei ihrer Auffassung zur richtigen Berechnungspraxis verblieben sei. In diesem Sinne sei der Kläger auch beraten worden. Er sei darauf hingewiesen worden, dass der im Zeitpunkt seines Ausscheidens geltende Sozialplan maßgeblich sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien die Betriebspartner berechtigt, Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne für die Zukunft auch zu Lasten der Arbeitnehmer abzuändern. Der Einwand des Klägers gehe aber auch in der Sache fehl. Die Betriebspartner hätten mit der Änderungsvereinbarung keineswegs ein ursprünglich von ihm verteiltes Volumen verändert. Vielmehr seien sich die Betriebspartner einig gewesen, welche Vergütungsbestandteile und Leistungen bei der Berechnung des Garantieeinkommens nicht einbezogen werden sollten. Nachdem nun das Bundesarbeitsgericht für einen hauptamtlichen Gerätewart insoweit eine andere Auslegung vorgenommen habe, möge dies juristisch begründet sein, ein solches Zusatzvolumen sei aber im Rahmen der Verhandlungen seitens der Betriebspartner nie Gegenstand der Verhandlungen gewesen. Mit der Veränderungsvereinbarung sei nicht etwa ein ursprünglich verteiltes Volumen beschränkt worden, sondern der Wortlaut der Regelung sei unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung an den ursprünglich und immer noch gleichermaßen vorhandenen Willen der Betriebspartner angepasst worden.
109Den Anspruch des Klägers gemäß § 2 Ziffer 7 b GSP 2010 habe sie erfüllt. Zu Recht habe das Arbeitsgericht nicht weiter geprüft, ob bei einer unterstellten Anwendung des GSP 2003 die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche begründet sein könnten. Gleichwohl sei insoweit darauf hinzuweisen, dass das Zahlenwerk des Klägers dazu unschlüssig sei. Unzutreffend sei die Auffassung des Klägers, dass die gewährte Grubenwehrzulage bei der Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem GSP 2003 zugunsten des Klägers zu berücksichtigen sei. Die Entscheidung des BAG vom 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 – betreffe den Fall eines hauptamtlichen Hauptgerätewarts und sei deshalb für den Fall des Klägers nicht einschlägig. Die Beklagte stellt die historische Entwicklung und die gegenwärtigen normativen Vorgaben für das Grubenrettungswesen dar. Insoweit wird auf die Ausführungen unter III. und IV. der Berufungsbegründung Bezug genommen (Bl. 331 - 335 GA). Sie halte an ihrer Auffassung fest, dass die für Grubenwehrübungen in der Freizeit gewährten Zulagen bei der Berechnung des Zuschusses nicht zu berücksichtigen seien. Dies folge entweder aus einer authentischen Auslegung des Gesamtsozialplans unter Berücksichtigung der Protokollnotiz oder aus der - im Übrigen eindeutig - dem Wortlaut der Protokollnotiz zu entnehmenden, auch für diese gewollten normativen Wirkung. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Kläger aufgrund des Arbeitsvertrages nicht verpflichtet gewesen, Mitglied der Grubenwehr zu werden oder Tätigkeiten eines Mitglieds der Grubenwehr zu erbringen. Zu der vom Kläger arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung habe es unstreitig nicht gehört, die Arbeiten eines Mitglieds der Grubenwehr zu verrichten. Der bloße Antrag auf Mitgliedschaft in der Grubenwehr sei ebenso wie die bloße Aufnahme einer Tätigkeit als freiwilliges Grubenwehrmitglied oder umgekehrt das bloße Dulden einer solchen Tätigkeit durch sie, die Beklagte, kein Austausch von Erklärungen mit Rechtsbindungswillen, die auf den Abschluss eines besonderen zusätzlichen Arbeitsvertrages oder die Erweiterung der Pflichten eines bestehenden Arbeitsvertrages gerichtet seien. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bewirke die „offizielle“ Aufnahme als Mitglied der Grubenwehr keinen Arbeitsvertragsabschluss und keine Änderung bestehender arbeitsvertraglicher Verpflichtungen. Bei der Mitgliedschaft in der Grubenwehr handele es sich um ein Rechtsverhältnis sui generis, um ein ehrenamtliches Engagement, das gerade außerhalb etwaig bestehender anderweitiger arbeitsvertraglicher Verpflichtungen ausgeübt werde. Nachdem der Grubenrettungsplan Teil des von der Bergaufsicht zu genehmigenden allgemeinen Betriebsplans sei, sei auch die Organisation der Grubenwehr Teil dieses aufsichtsrechtlichen und damit öffentlich-rechtlichen Verfahrens zur Genehmigung eines Betriebs. Die Bereiche, die der Regulation der Bergaufsicht unterlägen, seien dadurch gekennzeichnet, dass die dort tätigen sogenannten „verantwortlichen Personen“ nur eingeschränkt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterlägen. Über den Plan werde aufsichtsrechtlich eine besondere Freiheit der Grubenwehren abgesichert. Die ehrenamtliche Mitgliedschaft in der Grubenwehr begründe insoweit ein Rechtsverhältnis sui generis, das kein Arbeitsvertrag sei. Sie, die Beklagte, habe kein Direktionsrecht für freiwillige Mitglieder der Grubenwehr. Betrachte man das Zusammenspiel von Grubenrettungsplan, Betriebsplan und den aufsichtsrechtlichen Vorgaben im Übrigen, so ergebe sich gerade im Gegenteil, dass das Direktionsrecht aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen gegenüber den Grubenwehren und deren Mitgliedern tatsächlich eingeschränkt sei. Sie könne keinen Einfluss darauf nehmen, welcher Arbeitnehmer zum Mitglied einer Grubenwehr ernannt werde, selbst wenn sie es wollte. Umgekehrt könne sie auch keinem Arbeitnehmer vorschreiben, dass er Mitglied der Grubenwehr werde oder als Mitglied austreten solle oder was er konkret als Mitglied der Grubenwehr aktuell an Aufgaben erledigen solle. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei rechtswidrig, weil das Urteil ihr, der Beklagten, ein Direktionsrecht zuschreibe, das sie nicht habe. Die Zahlung einer Vergütung sei kein Indiz für einen Arbeitsvertrag. Die Tatsache, dass die freiwilligen Mitglieder der Grubenwehren für ihre Tätigkeit in der Freizeit Zahlungen erhielten, spreche nicht dafür, dass es sich damit automatisch um Leistungen handele, wie sie im Rahmen und als Teil der arbeitsvertraglichen Pflichten erbracht würden. Wie das Beispiel der freiwilligen Feuerwehren zeige, gebe es auch andere freiwillige und ehrenamtliche Tätigkeiten, bei denen sehr wohl Aufwandsentschädigungen gezahlt würden bzw. pauschale Zahlungen die Freiwilligen motivieren sollten. Die Tatsache, dass die Vergütungen sozialversicherungsrechtlich verbeitragt werden müssten, sei kein Indiz für einen abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass auch dann, wenn man für die Auslegung des Gesamtsozialplans der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts folgen wolle und die Protokollnotiz der Betriebspartner für wirkungslos erachte, die Klage abzuweisen sei. Die Tätigkeit des Klägers als freiwilliges Mitglied der Grubenwehr in seiner Freizeit sei weder Teil seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen noch Teil eines zweiten neben seinem Hauptarbeitsvertrag abgeschlossenen Nebenarbeitsverhältnisses. Der Kläger erbringe diese Tätigkeiten im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements als freiwilligem Mitglied der Grubenwehr, was sie mit Zahlung der streitbefangenen Zulage honoriere. Da der Gesamtsozialplan als Berechnungsgrundlage für den betrieblichen Zuschuss nur auf das Entgelt abstelle, das im synallagmatischen Zusammenhang des Arbeitsvertrages stehe, seien Zahlungen für die Grubenwehrübungen für die Berechnung des Zuschusses nicht zu berücksichtigen.
110Der Klageantrag zu 3) auf Abrechnung sei unzulässig. Der Tenor einer stattgebenden Entscheidung wäre nicht vollstreckungsfähig. Jedenfalls sei der Antrag, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt habe, unbegründet. Es fehle eine Anspruchsgrundlage. Die Berufungsbegründung mache noch einmal deutlich, dass der Kläger keine echte „Abrechnung“ begehre. Im Kern verlange er eine verschriftlichte Rechtsprüfung, welche Lohnarten und Lohnbestandteile bei seiner Auffassung nach „richtiger“ Auslegung des Gesamtsozialplans zu berücksichtigen seien. Die tatsächliche Abrechnung der Leistungen sei unstreitig erfolgt. Unabhängig davon, ob § 1 Ziffer 2 des Gesamtsozialplans überhaupt einer Anspruchsgrundlage im Sinne eines klagbaren Rechts darstelle, beinhalte weder das „Inkenntnis-Setzen“ noch die „Beratung“ die Erstellung des hier vom Kläger begehrten Rechtsgutachtens.
111Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die wechselseitigen schriftsätzlichen Ausführungen der Parteien einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
112Entscheidungsgründe
113I. Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
114II. In der Sache bleibt die Berufung ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht das Zahlungsbegehren - für die vergangenen und für die noch folgenden Monate - als unbegründet abgewiesen. Nach dem hier anzuwenden Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG vom 25.06.2003 (GSP 2003) in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 (ÄVGSP 2010) ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines weitergehenden Zuschusses zum Anpassungsgeld. Entgegen der Ansicht des Klägers sind bei der Berechnung des Garantieeinkommens nach § 2 Ziffer 7 Absatz 3 b) ÄVGSP 2010 nicht alle finanziellen Leistungen zu berücksichtigen, die die Beklagte im Referenzzeitraum an ihn erbracht hat und bei denen es sich nicht um Mehrarbeitsvergütung, Einmalzahlung oder sozialversicherungsfreie Lohn- und Gehaltsbestandteile handelt. Das von der Beklagten gezahlte Anpassungsgeld ist in seiner Höhe nicht zu beanstanden (1.). Der Anwendung der ÄVGSP 2010 stehen weder Gesichtspunkte einer unzulässigen Rückwirkung noch Gründe des Vertrauensschutzes entgegen (2.).
1151. Nach der ÄVGSP 2010 besteht kein Anspruch des Klägers auf einen höheren Zuschuss zum Anpassungsgeld. Sowohl der Zahlungsantrag zu I. wie auch der Antrag zu II. auf künftige Zahlungen für den Zeitraum bis zum 31.05.2016 sind deshalb unbegründet.
116a) Die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 zum GSP 2003 tritt gemäß ihrer Ziffer 5 am 01.01.2011 in Kraft und gilt gemäß Ziffer 6 für alle Arbeitnehmer, die ab dem 01.01.2011 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden (während für Arbeitnehmer, die bis zum 31.12.2010 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, die bis zum 31.12.2010 geltende Fassung des GSP 2003 weiter gilt). Der Kläger ist mit Ablauf des 31.05.2011 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und fordert weitere Zuschusszahlungen für die Monate ab dem Juni 2011. Beide Daten liegen im zeitlichen Geltungsbereich der ÄVGSP 2010.
117b) Die Beklagte hat dem Kläger einen monatlichen Zuschuss von 990,00 € gezahlt. Sie ist dabei von einem monatlichen Garantieeinkommen von 3.158,75 € ausgegangen (Jahreswert 60.839,47 / Monatswert 5.069,96 € + Anteil Treueprämie + Kontoführung + 1/12 Weihnachtsgeld = 5.264,58 € / 60 % = 3.158,75 €, s.o.). Ein weiter- gehender Anspruch kann dem Kläger nach dem unterbreiteten Prozessstoff nicht zuerkannt werden.
118aa) Nach § 2 Nr. 7 GSP ÄV 2010 hat die Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld zu zahlen, wenn das Anpassungsgeld das Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen beträgt dabei 60 % des Bruttoeinkommens, maximal 60 % der einschlägigen rentenversicherungsrechtlichen Bemessungsgrenze. Nach Nr. 1 b) ÄVGSP 2010 wird das Bruttoeinkommen bei Angestellten – wie dem Kläger – auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus (MTV) ermittelt. Nicht einzubeziehen sind Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen. Zur Ermittlung des Bruttomonatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten zwölf abgerechneten Monate durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, letztere jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12, hinzugerechnet.
119bb) Für die Berechnung des Garantieeinkommens einzubeziehen sind die Beträge nach § 41 Abs. 1 Satz 1 MTV. Das ist zunächst die „durchschnittliche Grundvergütung (§ 31 Abs. 2 MTV)“ und damit „Schichtlohn oder Gehalt (je Schicht 8/174), ggf. einschl. Leistungszulage“ (§ 31 Abs. 2 MTV). Das sind die in der Aufstellung des Klägers ausgewiesenen Beträge zu den Lohn- und Gehaltsarten 1001 (43.651,68 €) und 1006 (5.853,24 €). Hinzu kommen die weiteren Beträge aus § 41 Abs. 1 Satz 1 MTV: Untertage-Zulage [ggf.] und Konti-Zulage [ggf.], 1022 und 1023 und 1025 und 1026 (17,92 € + 226,68 € + 307,11 € + 74,24). Weiter sind die Beträge aus der Regelung in 1 b) 2. Absatz ÄVGSP 2010 einzubeziehen: durchschnittliche monatliche sozialversicherungspflichtige Mehrarbeitszuschläge sowie Weihnachtsgeld und Treueprämie jeweils mit einem Anteil von 1/12. Die letzteren beiden Beträge hat die Beklagte unstreitig einschließlich der weiteren Position Kontoführung mit einem Betrag von monatlich 194,62 € in das Garantiemonatseinkommen (100 %) einbezogen.
120cc) Nicht einzubeziehen sind die auch vom Kläger unberücksichtigt gelassenen Positionen Mehrarbeitsgrundvergütung (8.298,62 €) sowie Kur- und Erholungsbeihilfe (65,00 € + 156,00 €).
121dd) Ferner ergibt sich aus der Systematik der in Bezug genommenen tarifvertraglichen Regelungen (§ 41 Abs. 1 Satz 1 MTV i. V. m. § 31 Abs. 2 MTV), dass die Bezüge zu § 31 Abs. 1 b) bis e) (u.a. Sonn- und Feiertagsarbeit und Erschwernisse, Hausbrand) außer Betracht zu bleiben haben, sofern sie nicht ausdrücklich in der ÄVGSP 2010 als berücksichtigungsfähig ausgewiesen sind. Auch die Bezüge für Grubenwehrübungen außerhalb der regelmäßigen Schichtzeit (1015, 2017), deren Berücksichtigung hier rechnerisch unstreitig zu einem um 56,74 € höheren Zuschuss führen würde, bleiben außer Betracht, da sie nicht zu den von der ÄVGSP 2010 erfassten Bezügen gehören. Die Position 1150 („Verg. für entg. MA FZ“) bleibt als Ersatz für entgangene Mehrarbeitsvergütung außer Betracht, weil Mehrarbeitsgrundvergütung nach den Festlegungen der ÄVGSP 2010 unberücksichtigt bleibt. Es handelt sich um einen Vergütungsbestandteil, der in § 41 Abs. 2 MTV geregelt ist und deshalb nicht zur „verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrages“ gehört (Wortlaut 1 b) ÄVGPS 2010). Als Einmalzahlungen haben schließlich die Beträge zu 2230 und 2012 unberücksichtigt zu bleiben (1010,32 € und 600,00 €).
122ee) Die weiteren in der Aufstellung des Klägers ausgewiesenen Bezüge sind nach ihrer Benennung nicht in die Berechnung des Garantieeinkommens nach den Regeln der ÄVGSP 2010 einzubeziehen. Es findet sich zu diesen Bezügen auch kein weiterer Vortrag des Klägers, der zu einer Einbeziehung dieser weiteren Bezüge in das Garantieeinkommen führt.
123ff) Die danach berücksichtigungsfähigen Bezüge aus der Aufstellung des Klägers führen nicht zu einem höheren Jahresbetrag als 60.839,47 €. Auch unter Berücksichtigung von Treueprämie / Kontoführung / Weihnachtsgeld errechnet sich kein höheres monatliches Garantieeinkommen als 5.264,58 € (100 %). Dem Kläger kann deshalb kein weiterer Betrag Zuschuss zum Anpassungsgeld zugesprochen werden. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
1242. Der Anwendung des GSP ÄV 2010 stehen weder Gesichtspunkte einer unzulässigen Rückwirkung (a) noch Gründe eines Vertrauensschutzes entgegen (b).
125a) Die ÄVGSP 2010 ist wirksam, insbesondere führt ihre Anwendung nicht zu einer rechtlich unzulässigen Rückwirkung. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt. Das Berufungsgericht nimmt Bezug auf die Darstellung des Arbeitsgerichts (§ 69 Abs. 2 ArbGG) und beschränkt sich im Hinblick auf die eingelegte Berufung auf die nachstehenden wiederholenden, zusammenfassenden und ergänzenden Ausführungen.
126Die Parteien eines Sozialplanes können die von ihnen getroffene Regelung wie auch bei anderen Betriebsvereinbarungen grundsätzlich jederzeit für die Zukunft abändern. Der neue Sozialplan kann auch Regelungen enthalten, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip sondern die Zeitkollisionsregel (Ablöseprinzip). Danach geht die jüngere Norm der älteren vor (BAG 23.01.2008 AP BetrVG 1972 § 77 BV Nr. 40; Fitting, BetrVG 27.Aufl. 2014, § 77 BetrVG Rn. 192 mwN). Die ablösende Betriebsvereinbarung muss sich aber an die Grenzen von Recht und Billigkeit halten (§ 75 Absatz 1 BetrVG). Betriebsvereinbarungen unterliegen deshalb einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle.
127Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Billigkeitskontrolle nicht auf der Grundlage des Prüfungsschemas zu erfolgen, welches das Bundesarbeitsgericht für die Ablösung von Versorgungszusagen entwickelt hat (z.B. BAG 12.02.2013 – 3 AZR 414/12 –; Fitting, BetrVG aaO, § 77 BetrVG Rn. 195 mwN). Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der streitgegenständliche Zuschuss keine Versorgungsleistung im Sinne des Betriebsrentengesetzes ist. An einen ausgeschiedenen Arbeitnehmer gezahlte Anpassungsleistungen wegen Umstrukturierungen im Bergbau sind keine betriebliche Altersversorgung (BAG 14.02.2012 AP BetrAVG § 1 Nr. 68). Es handelt sich vielmehr um ein Instrument zum sozialverträglichen Personalabbau im Bergbau und damit um eine Übergangsversorgung (BAG aaO). Es wird kein biometrisches Risiko im Sinne des Betriebsrentengesetzes übernommen (Alter, Invalidität, Tod), sondern es wird das Risiko der Arbeitslosigkeit abgedeckt (BAG aaO). Der Zuschuss zum Anpassungsgeld nach § 2 GSP 2003 / ÄVGSP 2010 knüpft nicht an den Eintritt in den Ruhestand an. Er setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausscheidet und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien hat. Der Zuschuss soll die mit dem Arbeitsplatzverlust verbundenen Nachteile der Arbeitnehmer abmildern. Der Zuschuss wird ergänzend zum Anpassungsgeld geleistet, welches seinerseits nach den gültigen Richtlinien die geordnete Durchführung des Anpassungsprogramms im Steinkohle Bergbau sozial flankieren soll. Beide Leistungen sind so ausgestattet, dass sie lediglich den Übergang in den Ruhestand erleichtern und mit dem Bezug der gesetzlichen Altersrente entfallen.
128Die Regelung des ÄVGSP 2010 zur Berechnung des Garantieeinkommens für die Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld hat nicht in unzulässiger Weise in eine rechtlich geschützte Position des Klägers eingegriffen. Neue Betriebsvereinbarungen bzw. Sozialpläne können bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern oder entfallen lassen. Die Möglichkeit einer Rückwirkung normativer Regelungen ist durch das Vertrauensschutz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (BAG 02.10.2007 – 1 AZR 815/06 – NZA-RR 2008,242 = EZA § 77 BetrVG 2001 Nr. 20; Fitting, BetrVG aaO Rn. 193 ff). Die Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 entfaltet im Verhältnis zum Kläger keine Rückwirkung. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung am 02. Dezember 2010 war der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld noch nicht entstanden; nach § 2 Ziffer 7 Absatz 1 des Gesamtsozialplans entsteht der Zahlungsanspruch erstmals mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Bezug von Anpassungsgeld. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger erst ab dem 01. Juni 2011. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Änderungsvereinbarung war der Anspruch des Klägers auch noch nicht im Sinne einer Anwartschaft angelegt. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte erst nach Abschluss der Änderungsvereinbarung mit Schreiben der Beklagten vom 07. Dezember 2010. Eine Einigung über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2011 kam erst mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Klägers bei der Beklagten am 07./12. Januar 2011 zustande. Sofern der Kläger während dieses Zeitraumes irrtümlich davon ausgegangen sein sollte, dass der Zuschuss zum Anpassungsgeld noch auf der Grundlage der alten Fassung des Gesamtsozialplans berechnet würde, wäre dieses Vertrauen nicht schutzwürdig, da es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen wäre, sich in diesem Zeitraum selbst Klarheit über die Rechtslage zu verschaffen. Demnach entfaltet die Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 jedenfalls im Verhältnis zum Kläger keine echte oder unechte Rückwirkung.
129b) Ein rechtlich schützenswertes Vertrauen des Klägers auf einen höheren Zuschuss ist weder durch die betriebliche Beratung des Klägers am 29.11.2010 noch durch die nachfolgenden Verlautbarungen der Beklagten begründet worden. Die Beklagte hat in dem auch klägerseits unterschriebenen Beratungsbogen vom 29.11.2010 den „vorläufigen betrieblichen Zuschuss zum Anpassungsgeld durch die RAG Aktiengesellschaft“ mit „brutto € 960,-“ ausgewiesen. Ein Vertrauen auf einen höheren Zuschuss als den tatsächlich gewährten Betrag von 990,00 € ist so nicht begründet worden. Für den Kläger war bei auch nur überschlägigem Nachvollzug der Beträge erkennbar, dass die Beklagte keinesfalls alle Bruttobezüge, die er nun einbezogen wissen will, in das Garantieeinkommen einbezogen hatte. Für ihn war ersichtlich, wie sich der Gesamtbetrag von „ca. brutto € 2.811,-“ zu seinen bisherigen Bezügen verhielt. Die Beklagte hat den Kläger nachfolgend im Kündigungsschreiben vom 07.12.2010 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die betrieblichen Leistungen nach Maßgabe des Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der E AG in der jeweiligen Fassung zum Zeitpunkt seines Ausscheidens gewährt werden. Angesichts dieser Sachlage kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Kläger das Kündigungsschreiben entsprechend der differenzierten Darstellung der Beklagten frühestens am 14.12.2010 erhalten hat oder bereits am 07.12.2010 (was ein Verstreichen der Klagefrist nach § 4 KSchG noch vor Ablauf des 31.12.2010 bedeuten würde).
130III. Ebenfalls zutreffend hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Abrechnung (Berufungsantrag III.) abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung, welche die bei der Berechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigenden Lohnarten und Gehaltsbestandteile benennt und beitragsmäßig beziffert. Ein entsprechender Anspruch folgt nicht aus § 108 GewO. Ein Anspruch auf Abrechnung nach § 108 GewO besteht nur hinsichtlich der vom Arbeitgeber ausgezahlten Beträge (BAG 07.09.2009 AP GewO § 109 Nr. 1). Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die von der Beklagten tatsächlich an den Kläger erbrachten Leistungen zum Anpassungsgeld abgerechnet wurden. Beträge, die die Beklagte nicht ausgezahlt hat, muss sie nicht nach § 108 GewO abrechnen. Der verfolgte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 242 BGB. Die Beklagte ist nicht aus arbeitsvertraglicher Nebenpflicht zu einer entsprechenden Auskunft verpflichtet, da der Kläger bereits über alle erforderlichen Informationen verfügt, um vermeintliche Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen. Die Beklagte hat die an den Kläger im Referenzzeitraum erbrachten Entgeltleistungen unstreitig umfangreich abgerechnet. Ausweislich der vom Kläger selbst mit der Klageschrift vorgelegten monatlichen Entgeltabrechnungen hat sie dabei die jeweiligen Lohnarten benannt und die entsprechenden Beträge beziffert. Damit verfügt der Kläger über sämtliche Informationen, um vermeintliche Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld geltend zu machen. Ein Anspruch folgt schließlich nicht aus § 1 Nr. 2 GSP 2003 / ÄVGSP 2010. Die Beklagte hat den Kläger am 29.11.2010 beraten, wozu sich der vom Kläger unterschriebene Beratungsbogen verhält. Ergänzend hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit ihre Rechtsauffassung zur Zusammensetzung des Garantieeinkommens deutlich gemacht. Weitergehende Aufklärung schuldet die Beklagte nach § 1 Nr. 2 GSP 2003 / ÄVGSP 2010 nicht. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Frage, ob eine bestimmte Lohnart zur Vergütung im Sinne des § 2 Nr. 7 Abs. 3 des Gesamtsozialplans zählt, keine Tatsachenfrage ist, die die Beklagte durch eine entsprechende Auskunft klären könnte, sondern eine Rechtsfrage.
131IV. Die Kostenentscheidung fußt auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels hat die Partei zu tragen, die es eingelegt hat. Das ist hier der Kläger. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 10.03.2015 - 2 Ca 2188/13 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Berechnung eines betrieblichen Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan für die Monate August 2012 bis Juli 2017.
3Der Kläger ist 1962 geboren. Zwischen den Parteien bestand vom 15.08.1978 bis zum 31.07.2012 ein Arbeitsverhältnis. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Rheinisch/Westfälischen Steinkohlebergbaus Anwendung. Der Kläger arbeitete zuletzt als Aufsichtshauer der Lohngruppe 13 auf dem Bergwerk V.
4Die Beklagte ist ein Bergbauunternehmen. Aufgrund berufsgenossenschaftlicher Vorgaben ist sie verpflichtet, auf ihren Bergwerken eine Grubenwehr vorzuhalten. Die Organisation der Grubenwehr ist bei der Beklagten durch den Plan für das Grubenrettungswesen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen P geregelt. Der Kläger war langjährig und bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitglied der Grubenwehr. Wegen der Vorstandsrichtlinie DSK VR 02/07 „Bezahlung der Gruben- und Gasschutzwehren“ wird auf die Anlage K 4 zur Klageschrift Bezug genommen (Bl. 31 ff GA). Als Mitglied der Grubenwehr nahm der Kläger mehrfach an Übungen der Grubenwehr außerhalb seiner Arbeitszeit teil und erhielt dafür Zahlungen nach der DSK VR 02/07 (Kopie DSK VR 02/07 Bl. 31 ff GA). Wegen der Bezüge des Klägers während des Zeitraums von August 2010 bis Juli 2011 wird auf die Tabelle in der Klageschrift und auf die in Kopie beigefügten Abrechnungen Bezug genommen (Bl. 10, 33 – 56 GA).
5Unter dem 27.06.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2012. Im Kündigungsschreiben heißt es, dass der Kläger [im Anpassungszeitraum] „betriebliche Leistungen nach Maßgabe des Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Deutsche Steinkohle AG in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens“ erhalten werde (Anlage B 6, Bl. 134 GA). Im Nachgang zum Kündigungsschreiben erklärte der Kläger – wie im Kündigungsschreiben angeregt – sein Einverständnis zu einem Ausscheiden bereits zum 31.07.2012. Vom 01.08.2011 bis zum 31.07.2012 befand sich der Kläger in Transferkurzarbeit. Vor seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis war der Kläger im Betrieb beraten worden. Auf die zur Akte gereichten Unterlagen wird Bezug genommen (Bl. 28 ff GA, „Beratungsbogen für Sozialplanabkehrer“). Seit dem 01.08.2012 bis voraussichtlich zum 31.07.2017 bezieht der Kläger 761,41 € Anpassungsgeld und 836,87 € Knappschaftsrente wegen langjähriger Untertagebeschäftigung. Zusätzlich leistet die Beklagte einen betrieblichen Zuschuss zum Anpassungsgeld von monatlich 392,22 €. Der Kläger beansprucht von der Beklagten eine höhere Zuschussleistung.
6Unter dem 25. Juni 2003 hatten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat der Deutschen Steinkohle AG einen Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG vereinbart (GSP 2003 / Bl. 13 -26 GA). Dieser Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohle Bergbaus des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben, u.a. von der Beklagten einen Zuschuss zum Anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das Anpassungsgeld ein Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen wurde in § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplan wie folgt definiert:
7„ […]
8(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
9Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
10Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
11[…]“
12Unter dem 27. Mai 2010 unterzeichneten die Parteien des Gesamtsozialplans eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“. Darin erklärten sie u.a., dass die Vertragsparteien bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes 2003 davon ausgegangen seien, dass bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens gem. § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des GPS bestimmte Lohn- und Gehaltsarten, u.a. die Zulage „1015 Grubenwehr-Übung außerh.“ nicht zu berücksichtigen seien.
13Unter dem 02. Dezember 2010 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine Änderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25. Juni 2003 (GSP 2010). Hierin heißt es u.a. wörtlich:
14…
15- 16
1. § 2 Ziffer 7 („Zuschuss zum Anpassungsgeld“) Absatz 3 des Gesamtsozialplans wird wie folgt neu gefasst:
„Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
18a) Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird bei Arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tariflöhne sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den Bruttomonatslohn.
19Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von ½ hinzugerechnet.
20b) Bei Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ermittelt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tarifgehälter, Stufensteigerungen sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag ergibt das Bruttomonatsgehalt.
21Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12 hinzugerechnet.
22c) Bei außertariflichen Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen Bruttojahresbezüge vor dem Ausscheiden ermittelt. Die festen Bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem Jahresfixeinkommen, ggfs. dem Besitzstand und sowie ggfs. dem Garantieeinkommen, jeweils ohne Einzahlungen, Zulagen und Aufwendungsersatz.
23Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird diesem so berechneten Betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen Vergütung hinzugerechnet. Dabei wird der Gesamtzielerreichungsgrad des Vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein Faktor von 1,0 zugrunde gelegt. Dieser Betrag wird auf 1/12 der im Zeitpunkt des Ausscheidens für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.
24……….
255. Diese Änderungsvereinbarung tritt am 01.01.2011 in Kraft.
266. Der Gesamtsozialplan in der ab dem 01.01.2011 gültigen Fassung gilt für alle unter den Geltungsbereich des Gesamtsozialplans fallende Arbeitnehmer, die ab dem 01.01.2011 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder die ab dem 01.01.2011 innerhalb der RAG Aktiengesellschaft versetzt werden.
277. Der Gesamtsozialplan in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung gilt weiter für alle unter den Geltungsbereich des Gesamtsozialplans fallende Arbeitnehmer, die bis zum 31.12.2010 innerhalb der RAG Aktiengesellschaft versetzt wurden. Mit Abwicklung dieser Fälle tritt der Gesamtsozialplan in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung außer Kraft.
28…“
29Die in Bezug genommenen Bestimmungen im MTV (Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus gültig ab 1. Januar 1990 Stand April 2009) lauten (Bl. 105, 106 GA):
30„11. Vergütung im Urlaubsfall
31§ 41
32(1) Für die Dauer des Urlaubs erhält der Arbeitnehmer je Urlaubstag die durchschnittliche Grundvergütung (§ 31 Absatz 2) des Vormonats, ggf. zuzüglich Untertage-Zulage und Konti-Zulage.
33(2) Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts gemäß Abs. 1 ist die Mehrarbeit (Abs. 4) zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer in den letzten 3 Kalendermonaten vor Beginn des Urlaubs (Rahmenfrist) geleistet hat, wenn …..
34(3)…..
35(4) Unter Mehrarbeit im Sinne der Absätze 2 und 3 ist Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit zu verstehen, mit Ausnahme der Sonn- und Feiertagsarbeit, die die Arbeitnehmer im Rahmen seines normalen Schichtplans verfahren hat.
36(5) …….
371. Allgemeine Vergütungsgrundsätze
381. Arbeitseinkommen
39§ 31
40(1) Das Arbeitseinkommen besteht aus:
41a) Schichtlohn oder Gehalt
42b) Leistungszulage
43c) Zuschlägen für Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit und Erschwernisse
44d) sonstigen Zuwendungen (z.B. Jahresvergütung, Untertage-Zulage, Treueprämie, Konti-Zulage)
45e) Hausbrand
46(2) Schichtlohn oder Gehalt (je Schicht 8/174), ggf. einschließlich Leistungszulage, ist die Grundvergütung.
47(3) Schichtlohn und Gehalt ergeben sich aus den Lohn- und Gehaltstafeln in Verbindung mit der Lohnordnung und den dazugehörigen Erläuterungen sowie dem Gehaltsgruppenverzeichnis. … “
48Unter dem 06. März 2012 schlossen der Gesamtbetriebsrat der Beklagten sowie die Betriebsräte der einzelnen Bergwerke mit der Beklagten einen Gesamtsozialplan zur sozialverträglichen Beendigung des Deutschen Steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 ab (GSP 2012 / Kopie Bl. 83 - 104 GA). Nach Ziffer 2.1 GSP 2012 werden von dessen Geltungsbereich die Arbeitnehmer erfasst, die ab dem 01.04.2012 von unternehmerischen Maßnahmen betroffen sind. Auch dieser Gesamtsozialplan sah unter Ziffer 3 die Zahlung eines Zuschusses an Anpassungsgeld berechtigter Arbeitnehmer zur Erreichung eines Garantieeinkommens vor. Das Garantieeinkommen wurde in Ziffer 3.2.3 GSP 2012 wortgleich definiert wie in dem Gesamtsozialplan vom 25. Juni 2003 in der Fassung vom 02. Dezember 2010 (GSP 2010):
49„…
502. Allgemeine Bestimmungen
512.1. Geltungsbereich
52Dieser Gesamtsozialplan gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der RAG Aktiengesellschaft, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen und von unternehmerischen Maßnahmen gemäß des „Gesamtinteressenausgleichs zur sozialverträglichen Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018“ vom 05.03.2012 ab dem 01.04.2012 betroffen sind.
53...
543.2 Zuschuss zum Anpassungsgeld
553.2.1
56Die RAG Aktiengesellschaft leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld ohne Abzug der in Ziffer 4.1.2 der APG-Richtlinien genannten Leistungen das Garantieeinkommen nicht erreicht.
573.2.2
58Sofern das Anpassungsgeld wegen Zusammentreffens mit einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ruht oder eine Minderung durch Versorgungsausgleich eingetreten ist, wird für die Zuschussberechnung das ungekürzte Anpassungsgeld zugrunde gelegt.
593.2.3
60Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
61a) Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird bei Arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tariflöhne sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den Bruttomonatslohn.
62Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von ½ hinzugerechnet.
63b) Bei Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ermittelt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tarifgehälter, Stufensteigerungen sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag ergibt das Bruttomonatsgehalt.
64Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12 hinzugerechnet.
65c) Bei außertariflichen Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen Bruttojahresbezüge vor dem Ausscheiden ermittelt. Die festen Bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem Jahresfixeinkommen, ggfs. dem Besitzstand und sowie ggfs. dem Garantieeinkommen, jeweils ohne Einzahlungen, Zulagen und Aufwendungsersatz.
66Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird diesem so berechneten Betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen Vergütung hinzugerechnet. Dabei wird der Gesamtzielerreichungsgrad des Vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein Faktor von 1,0 zugrunde gelegt. Dieser Betrag wird auf 1/12 der im Zeitpunkt des Ausscheidens für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.
673.2.4
68Sind APG-Berechtigte in den der Entlassung vorausgegangenen 12 Monaten … wegen Rentenbezugs herabgestuft worden, …
697. Vertragsdauer
70Dieser Gesamtsozialplan tritt mit Wirkung zum 01.04.2012 in Kraft. …
71…“
72Wegen des weiteren Inhalts des GSP 2012 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 83 - 104 GA).
73Mit seiner am 13.10.2011 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld.
74Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die gezahlten Zulagen für die Teilnahme an Grubenwehrübungen außerhalb der regulären Schichtzeit in die Berechnung des Garantieeinkommens und damit des Zuschusses zum Anpassungsgeld einzufließen hätten, zumindest hinsichtlich desjenigen Teiles des einjährigen Referenzzeitraumes, welcher vor dem Inkrafttreten der Änderungsvereinbarung zum 01.01.2011 liege. Zwar habe – unstreitig – sein Arbeitsverhältnis erst am 31.07.2012 geendet und damit nach Inkrafttreten des Gesamtsozialplans vom 06.03.2012 am 01.04.2012. Die Grundlage für die Berechnung des Garantieeinkommens bilde jedoch – unstreitig – das Jahr vor dem Eintritt in die Transferkurzarbeit, also hier die Monate vom 01.08.2010 bis zum 31.07.2011. Das Anpassungsgeld sei eine Sonderform der vorgezogenen Rente. Es handele sich um eine Versorgungsleistung. Auf Versorgungsleistungen des Arbeitgebers seien die Grundsätze für die Zulässigkeit von Verschlechterungen arbeitgeberseitiger Versorgungsleistungen anzuwenden. Durch seine freiwillige, überobligationsmäßige Tätigkeit in der Grubenwehr habe er seinen Teil der bis zum 31.12.2010 geltenden Vereinbarung erbracht. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes stünden der rückwirkenden Verschlechterung des Zuschusses durch Änderungen des Gesamtsozialplans entgegen. Die zum 01.01.2011 in Kraft getretene Änderungsvereinbarung betreffe ihn des Weiteren ohnehin deshalb nicht, da er mit Eintritt in die Transferkurzarbeit am 31.07.2011 bei der Beklagten ausgeschieden sei. Die Beklagte unterscheide zwischen dem Ausscheiden mit Eintritt in die Transferkurzarbeit und der Abkehr mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er sei ab dem Eintritt in die Transferkurzarbeit wie die anderen Arbeitnehmer in dieser Lage als nicht mehr unternehmenszugehörig betrachtet worden. Er habe – unstreitig – keine Arbeitsleistung mehr erbracht. Hätte eine Betriebsratswahl in dem Zeitraum der Transferkurzarbeit stattgefunden, wäre er nicht wahlberechtigt gewesen und hätte keine Wahlunterlagen erhalten. Deswegen habe der Gesamtbetriebsrat kein Mandat mehr gehabt habe für ihn als ausgeschiedenen Mitarbeiter zu handeln.
75Der Kläger hat zuletzt beantragt,
76- 77
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.828,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 349,31 € erstmals ab dem 03.09.2012 zum jeweils 3. des Folgemonats, letztmals ab dem 3.03.2015 zu zahlen und
- 79
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem Monat März 2015 und letztmals in dem Monat Juli 2017 über den bereits gewährten Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von 392,22 € hinaus einen weiteren Zuschuss von 349,31 € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
81die Klage abzuweisen.
82Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Gesamtsozialplan vom 06.03.2012 (GSP 2012) Anwendung finde, da der Kläger nach Inkrafttreten dieses Gesamtsozialplans aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Zulagen für Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit gehörten nicht zum Garantieeinkommen im Sinne des Gesamtsozialplans 2012. Anpassungsgeld sei keine Versorgungsleistung im Sinne des BetrAVG. Es sei auch keine vorgezogene Rente. Der Kläger habe kein Vertrauen darauf entwickeln können, dass sie die Grubenwehrzulagen in die Berechnung des Zuschusses zum Anpassungsgeld einbeziehen würde. Mitarbeiter in Kurzarbeit könnten bei ihr an Betriebsratswahlen teilnehmen, wobei dies letztendlich der Wahlvorstand entscheide. Sie unterscheide inhaltlich nicht zwischen den Begriffen Abkehr und Ausscheiden.
83Einen zwischenzeitlich verfolgten Klageantrag auf Erteilung einer Abrechnung hat der Kläger im Verlaufe des Verfahrens erster Instanz zurückgenommen.
84Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.03.2015 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld von 10.828,61 €. Der bestehende Anspruch des Klägers auf Zuschuss sei durch die erbrachten Leistungen vollständig erfüllt. Einen darüber hinausgehenden Anspruch habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Maßgeblich sei der GSP 2012, welcher den GSP 2003 abgelöst habe. Insoweit gelte zwischen den beiden Gesamtsozialplänen nicht das Günstigkeitsprinzip sondern die Zeitkollisionsregel (Ablöseprinzip). Das Arbeitsverhältnis habe bis zum 31.07.2012 bestanden. Selbst wenn man von einem Ausscheiden zum 01.08.2011 ausgehe, führe dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn dann gelte die wortidentische Regelung der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 zum GSP 2003 (GSP 2010). Dem Kläger sei es nicht gelungen schlüssig darzulegen, dass die Berechnung der Beklagten nicht dem GSP 2012 entspreche. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die Zuschläge für die Teilnahme an Grubenwehrübungen nicht bei der Berechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigen, weil die Zulage nicht in der betrieblichen Arbeitszeit verdient worden sei. Die rechtlichen Einwände des Klägers gegen die Wirksamkeit der Änderungen des GSP 2003 überzeugten nicht. Ablösende Betriebsvereinbarungen dürften Verschlechterungen enthalten. Die Grundsätze für Altersversorgungsleistungen seien auf den Zuschuss für das Anpassungsgeld nicht anzuwenden. Es gehe insoweit nur um eine Übergangsversorgung. Es handele sich nicht um eine unzulässige echte Rückwirkung. Ein entgegenstehendes Vertrauen auf Berücksichtigung der Grubenwehrzulagen bei der Berechnung des Garantieeinkommens habe der Kläger nicht entwickeln können. In der Vergangenheit und auch heute noch vertrete die Beklagte die Auffassung, dass die Grubenwehrzulagen auch nach dem alten Sozialplan keine Berücksichtigung fänden – mit Ausnahme von Hauptgerätewarten entsprechend BAG 15.10.2013 – 1 AZR 544/12 -. Vom 01.08.2011 bis zum 31.07.2011 habe keine Betriebsratswahl stattgefunden. Etwaige Fehler des Wahlvorstandes bei der Erstellung des Wählerverzeichnisses hätten zudem nicht die Beklagte getroffen. Zudem sei der GSP 2012 identisch zum GSP 2010. Aus den aufgezeigten Gründen bestehe auch kein Anspruch des Klägers auf die eingeklagten zukünftigen Leistungen.
85Das Urteil ist dem Kläger am 17.03.2015 zugestellt worden. Der Kläger hat am 26.03.2015 Berufung eingelegt. Der Kläger hat die Berufung am 12.05.2015 begründet.
86Der Kläger wendet ein, entgegen der Handhabung der Beklagten habe er auch bei Anwendung des GSP 2012 Anspruch darauf, dass die Lohnarten für seine Tätigkeit in der Grubenwehr bei der Berechnung des Garantieeinkommens einbezogen würden. Wenn er für die Grubenwehr tätig gewesen sei, handele es sich um regelmäßige betriebliche Arbeitszeit. Denn die Beklagte habe die Grubenwehr als eine eigene Betriebsabteilung geführt, welche eine von den Schichtzeiten der Zeche abweichende regelmäßige betriebliche Arbeitszeit gehabt habe. Er sei nicht nur der Betriebsabteilung zugeordnet gewesen, in welcher er als Aufsichtshauer Bergtechnik tätig gewesen sei sondern ebenso der weiteren Betriebsabteilung „Grubenwehr“. Als Mitglied der Grubenwehr habe er einer geschossenen Weisungskette unterstanden Vorstand(sressort), Direktor Bergwerk, Oberführer Grubenwehr, Truppführer und Hauptgerätewarte bis hin zu den Wehrmännern und Gerätewarten). Die Vorstandrichtlinie 2/07 (s.o.) belege, dass die Beklagte Tätigkeiten ihrer Mitarbeiter in der Grubenwehr als Teil der Arbeitsverhältnisse betrachte. Sämtliche Grubenwehrtätigkeiten innerhalb der Schichtarbeitszeit habe die Beklagte als Arbeit zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen anerkannt. Diese Arbeiten hätten nach eigener Praxis der Beklagten zum Arbeitsverhältnis/Synallagma gehört. Für Grubenwehrtätigkeit innerhalb der Schichtzeit habe die Beklagte eine gleiche Stundenvergütung gezahlt, wie er sie sonst erhalten habe. Die unter den Schlüsseln OE02 (Übung Gruben-/Gasschutzwehr außerhalb) und 0223 (Vergütung Heimbereitschaft/ Übung/einsatz bei TU) seien die einzigen Lohnarten, die er für seine Tätigkeit in der Wehr erhalten habe. Sie stellten deshalb für diese Tätigkeit die Grundvergütung dar. Alles sei einheitlich zur Sozialversicherung verbeitragt worden. Zu keinem Zeitpunkt sei das Arbeitsverhältnis aufgespalten gewesen in ein solches für die Grubenwehr und ein solches für die Wahrnehmung seines erlernten Berufs. Die Grubenwehrübungen außerhalb der Schichtzeiten, welche die Beklagte ausgeschlossen wissen möchte, seien regelmäßig deshalb zu diesem Zeitpunkt organisiert worden, weil man die Bergleute nicht aus dem Schichtdienst habe herausziehen wollen. Es gebe eine entsprechende Anweisung. Vergleichbar sei die Tätigkeit für die Grubenwehr etwa der eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten, eines Sicherheitsbeauftragten o.ä. (zahlreiche weitere beauftragte Personen S. 7, 8 Berufungsbeantwortung = Bl. 196, 197 GA). Auf mehreren Zechen habe die Beklagte gesonderte „Grubenwehrreviere“ eingerichtet. Die dortigen Mitarbeiter würden insbesondere bei Personalknappheit auch in der Produktion eingesetzt oder auch als schnelle Eingreiftruppe. Richtigerweise müssten die Lohnarten für die Grubenwehr bei § 41 Abs. 1, 31 Abs. 2 MTV einbezogen werden.
87Der Kläger beantragt,
88das Urteil des Arbeitsgerichts Herne – AZ: 2 Ca 2188/13 vom 10.03.2015 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
89I. an ihn € 11.527,23 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz - aus monatlich jeweils 349,31 € ab dem ersten Kalendertags des Folgemonats, erstmals ab dem 03.09.2012, letztmals ab dem 3.03.2015 zu zahlen und
90II. an den Kläger beginnend ab dem Monat Juni 2015 bis zu dem Monat Juli 2017 über den jetzigen Zuschuss von 392,22 € monatlich hinaus einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von € 349,31 zu zahlen.
91Die Beklagte beantragt,
92die Berufung zurückzuweisen.
93Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Der Zuschuss berechne sich nach dem GSP 2012. Auch nach der alten Regelung des GSP 2003 hätte der Kläger eine Berücksichtigung von Bezügen für Übungen außerhalb der Schichtzeit nicht beanspruchen können (Einzelheiten S. 2 – 5, 16 – 23 der Berufungserwiderung = Bl. 243 – 246, 257 - 264 GA). Die Tätigkeit für die Grubenwehr habe der Kläger nicht im Rahmen eines eigentlichen Arbeitsverhältnisses geschuldet. Das Vorbringen des Klägers zu neu eingeführten „Organisationseinheiten“ sei unsubstantiiert und falsch. Der Kläger möge erläutern, was er meine; ebenso sei es beim Vortrag des Klägers zu einer „zentralen Grubenwehr“. Der entsprechende Vortrag sei nebulös. Die Darstellung des Klägers, er habe in zwei „betrieblichen Arbeitszeiten“ gearbeitet, sei so unsubstantiiert wie falsch. Richtig sei unverändert, dass der Kläger die Tätigkeit als Aufsichtshauer geschuldet habe und außerhalb seiner Arbeitszeit für die Grubenwehr tätig geworden sei. Wegen der Ausführungen der Beklagten zur historischen Entwicklung und zu den aktuellen normativen Vorgaben für die Grubenwehr wird auf die Ausführungen der Beklagten unter V. und VI. der Berufungserwiderung Bezug genommen (Bl. 249 ff GA). Das Urteil des Arbeitsgerichts sei zutreffend. Selbst wenn man den GSP 2010 anwenden wolle, komme man zum gleichen Ergebnis. Den geschuldeten Zuschuss habe sie zutreffend berechnet. Einen weiteren Zuschuss könne der Kläger nicht beanspruchen. Zutreffend habe das Arbeitsgericht ausgeführt, dass es sich bei dem Zuschuss nicht um eine betriebliche Altersversorgung handele. Die Berufung des Klägers sei unzulässig. Den Umfang des Angriffs könne man der Berufungsbegründung nicht entnehmen, da sich dort nur neuer Sachvortrag mit nebulösen Ausführungen finde. Zu einer einzelvertraglichen Zusage und zu einem Schadensersatzanspruch verhalte sich die Berufungsbegründung gar nicht. Den Anspruch aus 3.2.3 GSP 2012 habe sie in vollem Umfang erfüllt. Die schlichte Behauptung des Klägers, die Grubenwehrübungen fänden immer in (irgendeiner) Arbeitszeit statt, ändere am Ergebnis nichts. Der GSP 2012 habe die Vorgängerregelung wirksam abgelöst. Maßgeblich sei nach dem GSP 2012 die Vergütung im Sinne der dort genannten tariflichen Vorschriften (§§ 41 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 2 MTV). Maßgeblich sei der tarifliche Schichtlohn bzw. das tarifliche Grundgehalt sowie eine etwaige tarifliche Leistungszulage. Diese drei Komponenten seien maßgeblich. Zulagen für Grubenwehrtätigkeiten gehörten nicht dazu.
94Bezüglich des weiteren Vorbringens und wegen weiterer Einzelheiten der gewechselten Argumente wird auf die schriftsätzlichen Ausführungen der Parteien einschließlich der beigefügten Anlagen ergänzend Bezug genommen.
95Entscheidungsgründe
96I. Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
97II. In der Sache bleibt die Berufung ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht das Zahlungsbegehren - für die vergangenen und für die noch folgenden Monate - als unbegründet abgewiesen. Anzuwenden ist der „Gesamtsozialplan zur sozialverträglichen Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018“ vom 06.03.2012 (GSP 2012 / Bl. 83 ff GA). Nach dem GSP 2012 ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines weitergehenden Zuschusses zum Anpassungsgeld. Entgegen der Ansicht des Klägers sind bei der Berechnung des Garantieeinkommens nach 3.2.3 GSP 2012 nicht alle finanziellen Leistungen zu berücksichtigen, die die Beklagte im Referenzzeitraum an ihn erbracht hat und bei denen es sich nicht um Mehrarbeitsvergütung, Einmalzahlung oder sozialversicherungsfreie Lohn- und Gehaltsbestandteile handelte. Das von der Beklagten gezahlte Anpassungsgeld ist in seiner Höhe nicht zu beanstanden.
981. Nach dem GSP 2012 besteht kein Anspruch des Klägers auf einen höheren Zuschuss zum Anpassungsgeld. Sowohl der Zahlungsantrag zu I. (August 2012 bis April 2015) wie auch der Antrag zu II. auf künftige Zahlungen für den weiteren Zeitraum bis zum 31.07.2017 sind unbegründet.
99a) Die Regelungen des GSP 2012 sind gemäß Ziffer 7 zum 01.04.2012 in Kraft getreten und gelten gemäß Ziffer 2.1 für alle Arbeitnehmer, die ab dem 01.04.2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Der Kläger ist mit Ablauf des 31.07.2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und fordert weitere Zuschusszahlungen für die Monate ab dem August 2012. Die maßgeblichen Daten liegen im zeitlichen Geltungsbereich des GSP 2012.
100b) Die Beklagte zahlt dem Kläger im Anpassungszeitraum unstreitig einen monatlichen Zuschuss von 392,22 €. Sie ist dabei von einem monatlichen Garantieeinkommen in der Größenordnung von 1.954,36 € ausgegangen (Berechnungsbogen Bl. 30 GA). Ein weitergehender Anspruch kann dem Kläger nach dem unterbreiteten Prozessstoff nicht zuerkannt werden.
101aa) Nach 3.2.1, 3.2.3 GSP 2012 hat die Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld zu zahlen, wenn das Anpassungsgeld das Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Bruttoeinkommens, maximal 60 % der einschlägigen rentenversicherungsrechtlichen Bemessungsgrenze. Nach 3.2.3 a) GSP 2012 wird das Bruttoeinkommen bei Arbeitern wie dem Kläger ermittelt auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus (MTV). Nicht einzubeziehen sind Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen. Zur Ermittlung des Bruttomonatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten zwölf abgerechneten Monate durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, letztere jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12, hinzugerechnet.
102bb) Für die Berechnung des Garantieeinkommens einzubeziehen sind die Beträge nach § 41 Abs. 1 Satz 1 MTV. Das ist zunächst die „durchschnittliche Grundvergütung (§ 31 Abs. 2 MTV)“ und damit „Schichtlohn oder Gehalt (je Schicht 8/174), ggf. einschl. Leistungszulage“ (§ 31 Abs. 2 MTV). Hinzu kommen die weiteren Beträge aus § 41 Abs. 1 Satz 1 MTV: Untertage-Zulage [ggf.] und Konti-Zulage [ggf.]. Weiter sind die Beträge aus der Regelung in 3.2.3 b) 2. Absatz GSP 2012 einzubeziehen: durchschnittliche monatliche sozialversicherungspflichtige Mehrarbeitszuschläge sowie Weihnachtsgeld und Treueprämie jeweils mit einem Anteil von 1/12. Nicht einzubeziehen sind nach der Regelung im GSP 2012 die Positionen wie: Mehrarbeitsgrundvergütung, Kur- und Erholungsbeihilfe sowie gemäß der Systematik nach § 41 Abs. 1 Satz 1 MTV i. V. m. § 31 Abs. 2 MTV die Bezüge zu § 31 Abs. 1 b) bis e) (u.a. Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit und Erschwernisse, Hausbrand), sofern diese nicht ausdrücklich im GSP 2012 als berücksichtigungsfähig ausgewiesen sind. Die vom Kläger in seiner Berufungsbegründung genannten Bezüge für Grubenwehrübungen außerhalb der regelmäßigen Schichtzeit bleiben außer Betracht, da sie nicht zu den von dem GSP 2012 erfassten Bezügen gehören. Entgegen der Argumentation des Klägers sind diese nicht Bestandteil der „bei regelmäßiger Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags“. Weshalb Übungen außerhalb der Schichtzeit Teil der regelmäßigen Arbeitszeit sein sollen, erschließt sich nach den Ausführungen des Klägers nicht. Der Kläger spezifiziert in seinen Schriftsätzen keine weiteren Bezüge, die nach den Regeln des GSP 2012 einzubeziehen wären und damit zu einem höheren Zuschuss führen könnten.
1032. Weiter zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Anwendung des GSP 2012 weder Gesichtspunkte einer unzulässigen Rückwirkung noch Gründe eines Vertrauensschutzes entgegen stehen. Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip sondern die Zeitkollisionsregel (Ablöseprinzip). Danach geht die jüngere Norm der älteren vor (BAG 23.01.2008 AP BetrVG 1972 § 77 BV Nr. 40; Fitting, BetrVG 27.Aufl. 2014, § 77 BetrVG Rn. 192 mwN). Neue Betriebsvereinbarungen bzw. Sozialpläne können allerdings bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern oder entfallen lassen. Die Möglichkeit einer Rückwirkung normativer Regelungen ist durch das Vertrauensschutz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (BAG 02.10.2007 – 1 AZR 815/06 – NZA-RR 2008,242 = EZA § 77 BetrVG 2001 Nr. 20; Fitting, BetrVG aaO Rn. 193 ff). Eine ablösende Betriebsvereinbarung muss sich an die Grenzen von Recht und Billigkeit halten (§ 75 Absatz 1 BetrVG). Die Regelung des GSP 2012 zur Berechnung des Garantieeinkommens für die Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld greift nicht in unzulässiger Weise in eine rechtlich geschützte Position des Klägers ein.
104Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Billigkeitskontrolle nicht auf der Grundlage des Prüfungsschemas zu erfolgen, welches das Bundesarbeitsgericht für die Ablösung von Versorgungszusagen entwickelt hat (z.B. BAG 12.02.2013 – 3 AZR 414/12 –; Fitting, BetrVG aaO, § 77 BetrVG Rn. 195 mwN). Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der streitgegenständliche Zuschuss keine Versorgungsleistung im Sinne des Betriebsrentengesetzes ist. An einen ausgeschiedenen Arbeitnehmer gezahlte Anpassungsleistungen wegen Umstrukturierungen im Bergbau sind keine betriebliche Altersversorgung (BAG 14.02.2012 AP BetrAVG § 1 Nr. 68). Es handelt sich vielmehr um ein Instrument zum sozialverträglichen Personalabbau im Bergbau und damit um eine Übergangsversorgung (BAG aaO). Es wird kein biometrisches Risiko im Sinne des Betriebsrentengesetzes übernommen (Alter, Invalidität, Tod), sondern es wird das Risiko der Arbeitslosigkeit abgedeckt (BAG aaO). Der Zuschuss zum Anpassungsgeld nach § 2 GSP 2003 / GSP 2010 / GSP 2012 knüpft nicht an den Eintritt in den Ruhestand an. Er setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausscheidet und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien hat. Der Zuschuss soll die mit dem Arbeitsplatzverlust verbundenen Nachteile der Arbeitnehmer abmildern. Der Zuschuss wird ergänzend zum Anpassungsgeld geleistet, welches seinerseits nach den gültigen Richtlinien die geordnete Durchführung des Anpassungsprogramms im Steinkohle Bergbau sozial flankieren soll. Beide Leistungen sind so ausgestattet, dass sie lediglich den Übergang in den Ruhestand erleichtern und mit dem Bezug der gesetzlichen Altersrente entfallen.
105Der GSP 2012 entfaltet im Verhältnis zum Kläger keine unzulässige Rückwirkung. Der Anpassungszeitraum begann ab August 2012 und damit nach Inkrafttreten des GSP 2012 zum 01.04.2012. Ein rechtlich schützenswertes Vertrauen des Klägers auf einen höheren Zuschuss ist auch nicht durch die betriebliche Beratung im Abkehrgespräch oder durch sonstige Umstände begründet worden. Ein Vertrauen auf einen höheren Zuschuss als den tatsächlich gewährten Betrag ist zu keinem Zeitpunkt begründet worden. Für den Kläger war bei auch nur überschlägigem Nachvollzug der Beträge erkennbar, dass die Beklagte keinesfalls alle Bruttobezüge, die er nun einbezogen wissen will, in das Garantieeinkommen einbezogen hat. Der Hinweis im Kündigungsschreiben vom 01.08.2011 auf „betriebliche Leistungen nach Maßgabe des Gesamtsozialplans … in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens“ beschreibt die gegebene Rechtslage zutreffend und begründet keine Vertrauen auf Leistungen über den GSP 2012 hinaus.
106Am Ergebnis ändert sich nichts, wenn entgegen der hier vertretenen Auffassung wegen des Zugangs der Kündigung im August 2011 oder wegen des Ausscheidens des Klägers vor Verabschiedung des GSP 2012 ggf. der GSP 2010 anzuwenden wäre. Der GSP 2010 sieht eine Berechnung des Garantieeinkommens nach identischen Regeln vor. GSP 2010 und GSP 2012 führen bei der Berechnung des Garantieinkommens zum gleichen Ergebnis (vgl. LAG Hamm 10.09.2015 – 11 Sa 198/15 -).
107III. Die Kostenentscheidung fußt auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels hat die Partei zu tragen, die es eingelegt hat. Das ist hier der Kläger. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.