Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 07. Juli 2016 - 11 Sa 798/15

ECLI:ECLI:DE:LAGHAM:2016:0707.11SA798.15.00
bei uns veröffentlicht am07.07.2016

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Herne vom 19.05.2015 – 3 Ca 3434/13 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.400,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan


(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 8 Gang des Verfahrens


(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt. (3) Gegen di

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Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. März 2012 - 11 Sa 1634/10 - teilweise aufgehoben und unter Berücksichtigung des in der R

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Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. März 2012 - 11 Sa 1634/10 - teilweise aufgehoben und unter Berücksichtigung des in der Revision bezifferten Klageantrags zu 2 neu gefasst.

Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 28. Juli 2010 - 1 Ca 1892/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.915,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 2. Mai 2008, 3. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 2. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 2. Dezember 2008, 2. Januar 2009, 3. Februar 2009, 3. März 2009, 1. April 2009, 4. Mai 2009, 2. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 3. November 2009, 1. Dezember 2009, 4. Januar 2010, 2. Februar 2010, 2. März 2010, 1. April 2010, 3. Mai 2010, 1. Juni 2010 und dem 1. Juli 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan.

2

Der 1958 geborene Kläger war seit 1977 bei der Beklagten, die ein Unternehmen des Steinkohlenbergbaus betreibt, zunächst als Hauer beschäftigt. Seit dem Jahre 1998 war er über Tage als technischer Angestellter tätig. Zum 1. Januar 1999 wurde er zum hauptamtlichen Hauptgerätewart der Grubenwehr bestellt. Die damit verbundenen Aufgaben wurden ihm als Bestandteil des Dienstvertrags zur verantwortlichen Erfüllung übertragen. Er organisierte für die etwa 130 freiwilligen Mitglieder der Grubenwehr zwei- bis dreimal wöchentlich am Nachmittag außerhalb seiner Arbeitszeit als technischer Angestellter obligatorische Rettungsübungen, nahm an ihnen teil und bescheinigte den Mitgliedern jeweils die Teilnahme an den Übungen. Hierfür erbrachte die Beklagte zusätzlich zum tariflichen Arbeitsentgelt Zahlungen nach einer Vorstandsrichtlinie, die in den Entgeltabrechnungen unter der Lohn- und Gehaltsart „1015 Grubenwehr-Übung außerhalb“ ausgewiesen waren. Diese beliefen sich monatlich auf etwa 30 % bis 40 % seiner gesamten Bruttobezüge.

3

Zum 29. Februar 2008 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis in den vorgezogenen Ruhestand aus. Seit dem 1. März 2008 bezieht er Anpassungsgeld auf der Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“. Zusätzlich erhält er von der Beklagten auf der Grundlage des „Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG“ (GSP) vom 25. Juni 2003 einen Zuschuss in Höhe von monatlich 127,09 Euro brutto. In diesem ist bestimmt:

        

„…    

        

§ 2     

        

Arbeitnehmer, die mit Anspruch auf Anpassungsgeld oder Knappschaftsausgleichsleistungen ausscheiden

        

…       

        

7.    Zuschuss zum Anpassungsgeld            

        

(1)     

DSK leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld … das Garantieeinkommen nicht erreicht.

        

…       

        
        

(3)     

Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.

                 

Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.

                 

Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.

                 

…“    

4

Die Parteien des Gesamtsozialplans unterzeichneten am 27. Mai 2010 eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“. Darin heißt es:

        

„Die Vertragsparteien stimmen überein, dass bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß

        

●       

§ 2 Ziffer 7 (‚Zuschuss zum Anpassungsgeld’) Absatz 3 des Gesamtsozialplans,

        

…       

        
        

die in der Anlage zu dieser Protokollnotiz aufgeführten Lohn- und Gehaltsarten nicht zu berücksichtigen sind.

        

Weiterhin stellen die Vertragsparteien klar, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens i.S.d. vorgenannten Vorschriften des Gesamtsozialplans bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans am 25.06.2003 vorhanden war und dem Abschluss des Gesamtsozialplans zugrunde lag.“

5

In der Anlage dazu ist „1015 Grubenwehr-Übung ausserh.“ aufgeführt.

6

Der Kläger hat geltend gemacht, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei unter Einbeziehung der Grubenwehrzulage zu berechnen. Hierbei handele es sich um Entgelt im Sinne des Gesamtsozialplans. Ihm stünden deshalb monatlich weitere 1.265,26 Euro zu.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36.692,54 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 1. Mai 2008, 1. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 1. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009, 1. März 2009, 1. April 2009, 1. Mai 2009, 1. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 1. November 2009, 1. Dezember 2009, 1. Januar 2010, 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere 39.223,06 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Grubenwehrzulage sei bei der Berechnung des Garantieeinkommens nicht zu berücksichtigen. Hierüber habe bei Abschluss des Gesamtsozialplans zwischen den Betriebsparteien Einigkeit bestanden, was die „Protokollnotiz vom 25.06.2003“ klarstelle.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem in der Revision noch anhängigen Umfang entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist überwiegend begründet. Die dem Kläger für seine Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart gezahlte Grubenwehrzulage ist bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem Gesamtsozialplan zu berücksichtigen. Die Nebenforderung ist teilweise unbegründet. Sie besteht nicht ab dem Ersten des Folgemonats, wenn dieser auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällt. Insoweit war die Klage abzuweisen.

11

I. Der Kläger hat nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP im streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von monatlich 1.265,26 Euro. Dies ergibt die Auslegung des Gesamtsozialplans.

12

1. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt(BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09 - Rn. 9).

13

2. Der Wortlaut des Gesamtsozialplans spricht dafür, die dem Kläger gewährte Grubenwehrzulage bei der Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld zu berücksichtigen.

14

a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP wird für die Ermittlung des Bruttomonatseinkommens das Entgelt der letzten zwölf abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist unter Entgelt die Gegenleistung für geleistete Arbeit zu verstehen (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 21, BAGE 137, 300). Kennzeichnend für den Entgeltcharakter einer Leistung ist damit, dass sie in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung steht, also eine Gegenleistung hierfür darstellt.

15

b) Hiervon ausgehend legt bereits der Wortlaut des § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP nahe, dass die dem Kläger gezahlte Grubenwehrzulage Entgelt für geleistete Arbeit war. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht genügend berücksichtigt, dass dem Kläger mit der Bestellung zum hauptamtlichen Hauptgerätewart die damit verbundenen Aufgaben als Bestandteil seines Dienstvertrags übertragen wurden. Sie sind damit ein weiterer Teil seiner bereits bestehenden Arbeitspflichten geworden. Für diese Arbeitsleistungen, die er außerhalb seiner Arbeitszeiten als technischer Angestellter erbrachte, erhielt er eine Vergütung nach den in der Vorstandsrichtlinie „Bezahlung von Gruben- und Gasschutzwehren“ im Einzelnen geregelten Sätzen.

16

3. Der Regelungszusammenhang des Gesamtsozialplans bestätigt dieses Auslegungsergebnis.

17

a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 GSP bleiben Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen sowie Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, außer Betracht. Hierbei handelt es sich nicht um Entgelt, das in einem synallagmatischen Verhältnis zu erbrachten Arbeitsleistungen steht, sondern um Zusatzleistungen mit besonderer Zweckbestimmung. Diese sind daher nicht in die Bemessungsgrundlage „Bruttomonatseinkommen“ einzubeziehen. Abweichend von diesem Grundsatz sieht § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 6 GSP in einer Rückausnahme vor, dass das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 zu berücksichtigen ist. Diese Bestimmung ist erforderlich, weil nach der Regelungssystematik das Weihnachtsgeld kein Entgelt und damit an sich nicht zu berücksichtigen ist.

18

b) Nach dieser Regelungssystematik ist die Grubenwehrzulage Entgelt, das bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens einzubeziehen ist. Sie ist sozialversicherungspflichtiges Arbeitseinkommen, das weder eine Einmalzahlung noch eine Mehrarbeitsvergütung darstellt. Letzteres ist in der Vorstandsrichtlinie zur Bezahlung der Grubenwehren klargestellt und wird von der Beklagten auch nicht behauptet.

19

4. Ein solches Normverständnis entspricht dem Regelungszweck des Gesamtsozialplans. Durch den Zuschuss zum Anpassungsgeld werden nach § 2 Satz 1 GSP die Richtlinien zur Gewährung des Anpassungsgeldes(zuletzt in der Fassung vom 12. Dezember 2008, BAnz 2008 S. 4697) ergänzt. Diese bezwecken gemäß Nr. 1.1, die mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20. Dezember 2007 beschlossene Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus sozialverträglich zu flankieren. Wird durch das nach diesen Richtlinien gezahlte Anpassungsgeld das Garantieeinkommen in Höhe von 60 % des Bruttomonatseinkommens nicht erreicht, besteht nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP ein Anspruch auf einen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Damit dient das Anpassungsgeld dazu, den in dieser Bestimmung festgelegten sozialen Besitzstand zu sichern, der sich nach der Höhe des Entgelts richtet, das der Arbeitnehmer als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat. Da die Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart in der Grubenwehr zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers gehörte, spricht auch eine am Normzweck orientierte Auslegung dafür, das für diese Arbeitsleistung bezogene Entgelt bei der Ermittlung des für die Berechnung des Zuschusses maßgeblichen Bruttomonatseinkommens einzubeziehen.

20

5. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesamtsozialplans ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten kein anderes Ergebnis. Der bis zum Jahre 2002 geltende „Gesamtsozialplan über die öffentlichen und betrieblichen Leistungen und Vorsorgemaßnahmen für die von Stillegungen betroffenen Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“ vom 15. Mai 1968 wurde im Jahre 2003 durch den hier anwendbaren Gesamtsozialplan vollständig abgelöst. Dieser enthält ein eigenständiges Regelungswerk. Die zu dem früheren Gesamtsozialplan ergangenen Erlasse und Hinweisschreiben der Arbeitsverwaltung können schon deshalb für die Auslegung der neuen Vereinbarung nicht herangezogen werden.

21

II. Die Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 steht dieser Auslegung des Gesamtsozialplans nicht entgegen.

22

1. Hierbei handelt es sich um eine Auslegungshilfe und nicht um eine eigenständige normative Regelung. Die Betriebsparteien haben in der Protokollnotiz ihr gemeinsames Verständnis von den bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP zu berücksichtigenden Entgeltbestandteilen zum Ausdruck gebracht und ausgeführt, dass dies bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans bestand. Damit haben sie den Begriff „Bruttomonatseinkommen“ nicht konstitutiv neu festgelegt, sondern nur verdeutlicht, wie ihrer Auffassung nach ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal des Gesamtsozialplans zu verstehen ist.

23

2. Dieses Normverständnis der Betriebsparteien hat im Gesamtsozialplan allerdings keinen hinreichenden Niederschlag gefunden und kann deshalb nicht berücksichtigt werden. Da es bei dessen Auslegung darum geht festzustellen, wie die Normunterworfenen und die Gerichte eine Regelung zu verstehen haben (BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 541/06 - Rn. 13), sind Betriebsvereinbarungen objektiv auszulegen. Der subjektive Regelungswille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er in der betreffenden Regelung erkennbaren Ausdruck gefunden hat (Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 77 Rn. 65; Fitting BetrVG 26. Aufl. § 77 Rn. 15). Anders als in dem Sachverhalt, der dem Senatsurteil vom 2. Oktober 2007 (- 1 AZR 815/06 -) zugrunde lag, haben die Betriebsparteien hier den Begriff des Entgelts in § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP hinreichend deutlich bestimmt. Das Verständnis der Betriebsparteien zur fehlenden Einbeziehung von Grubenwehrzulagen, die hauptamtliche Hauptgerätewarte beanspruchen können, die arbeitsvertraglich zu dieser Tätigkeit in der Grubenwehr verpflichtet sind, ist mit Wortlaut, systematischem Regelungszusammenhang und dem sich hieraus erschließenden Zweck unvereinbar. Ein solcher Regelungswille kann deshalb keine Berücksichtigung finden.

24

III. Die Zinsentscheidung folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 193 BGB.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Hayen    

        

    Rath    

                 

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. März 2012 - 11 Sa 1634/10 - teilweise aufgehoben und unter Berücksichtigung des in der Revision bezifferten Klageantrags zu 2 neu gefasst.

Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 28. Juli 2010 - 1 Ca 1892/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.915,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 2. Mai 2008, 3. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 2. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 2. Dezember 2008, 2. Januar 2009, 3. Februar 2009, 3. März 2009, 1. April 2009, 4. Mai 2009, 2. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 3. November 2009, 1. Dezember 2009, 4. Januar 2010, 2. Februar 2010, 2. März 2010, 1. April 2010, 3. Mai 2010, 1. Juni 2010 und dem 1. Juli 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan.

2

Der 1958 geborene Kläger war seit 1977 bei der Beklagten, die ein Unternehmen des Steinkohlenbergbaus betreibt, zunächst als Hauer beschäftigt. Seit dem Jahre 1998 war er über Tage als technischer Angestellter tätig. Zum 1. Januar 1999 wurde er zum hauptamtlichen Hauptgerätewart der Grubenwehr bestellt. Die damit verbundenen Aufgaben wurden ihm als Bestandteil des Dienstvertrags zur verantwortlichen Erfüllung übertragen. Er organisierte für die etwa 130 freiwilligen Mitglieder der Grubenwehr zwei- bis dreimal wöchentlich am Nachmittag außerhalb seiner Arbeitszeit als technischer Angestellter obligatorische Rettungsübungen, nahm an ihnen teil und bescheinigte den Mitgliedern jeweils die Teilnahme an den Übungen. Hierfür erbrachte die Beklagte zusätzlich zum tariflichen Arbeitsentgelt Zahlungen nach einer Vorstandsrichtlinie, die in den Entgeltabrechnungen unter der Lohn- und Gehaltsart „1015 Grubenwehr-Übung außerhalb“ ausgewiesen waren. Diese beliefen sich monatlich auf etwa 30 % bis 40 % seiner gesamten Bruttobezüge.

3

Zum 29. Februar 2008 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis in den vorgezogenen Ruhestand aus. Seit dem 1. März 2008 bezieht er Anpassungsgeld auf der Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“. Zusätzlich erhält er von der Beklagten auf der Grundlage des „Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG“ (GSP) vom 25. Juni 2003 einen Zuschuss in Höhe von monatlich 127,09 Euro brutto. In diesem ist bestimmt:

        

„…    

        

§ 2     

        

Arbeitnehmer, die mit Anspruch auf Anpassungsgeld oder Knappschaftsausgleichsleistungen ausscheiden

        

…       

        

7.    Zuschuss zum Anpassungsgeld            

        

(1)     

DSK leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld … das Garantieeinkommen nicht erreicht.

        

…       

        
        

(3)     

Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.

                 

Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.

                 

Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.

                 

…“    

4

Die Parteien des Gesamtsozialplans unterzeichneten am 27. Mai 2010 eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“. Darin heißt es:

        

„Die Vertragsparteien stimmen überein, dass bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß

        

●       

§ 2 Ziffer 7 (‚Zuschuss zum Anpassungsgeld’) Absatz 3 des Gesamtsozialplans,

        

…       

        
        

die in der Anlage zu dieser Protokollnotiz aufgeführten Lohn- und Gehaltsarten nicht zu berücksichtigen sind.

        

Weiterhin stellen die Vertragsparteien klar, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens i.S.d. vorgenannten Vorschriften des Gesamtsozialplans bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans am 25.06.2003 vorhanden war und dem Abschluss des Gesamtsozialplans zugrunde lag.“

5

In der Anlage dazu ist „1015 Grubenwehr-Übung ausserh.“ aufgeführt.

6

Der Kläger hat geltend gemacht, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei unter Einbeziehung der Grubenwehrzulage zu berechnen. Hierbei handele es sich um Entgelt im Sinne des Gesamtsozialplans. Ihm stünden deshalb monatlich weitere 1.265,26 Euro zu.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36.692,54 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 1. Mai 2008, 1. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 1. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009, 1. März 2009, 1. April 2009, 1. Mai 2009, 1. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 1. November 2009, 1. Dezember 2009, 1. Januar 2010, 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere 39.223,06 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Grubenwehrzulage sei bei der Berechnung des Garantieeinkommens nicht zu berücksichtigen. Hierüber habe bei Abschluss des Gesamtsozialplans zwischen den Betriebsparteien Einigkeit bestanden, was die „Protokollnotiz vom 25.06.2003“ klarstelle.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem in der Revision noch anhängigen Umfang entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist überwiegend begründet. Die dem Kläger für seine Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart gezahlte Grubenwehrzulage ist bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem Gesamtsozialplan zu berücksichtigen. Die Nebenforderung ist teilweise unbegründet. Sie besteht nicht ab dem Ersten des Folgemonats, wenn dieser auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällt. Insoweit war die Klage abzuweisen.

11

I. Der Kläger hat nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP im streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von monatlich 1.265,26 Euro. Dies ergibt die Auslegung des Gesamtsozialplans.

12

1. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt(BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09 - Rn. 9).

13

2. Der Wortlaut des Gesamtsozialplans spricht dafür, die dem Kläger gewährte Grubenwehrzulage bei der Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld zu berücksichtigen.

14

a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP wird für die Ermittlung des Bruttomonatseinkommens das Entgelt der letzten zwölf abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist unter Entgelt die Gegenleistung für geleistete Arbeit zu verstehen (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 21, BAGE 137, 300). Kennzeichnend für den Entgeltcharakter einer Leistung ist damit, dass sie in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung steht, also eine Gegenleistung hierfür darstellt.

15

b) Hiervon ausgehend legt bereits der Wortlaut des § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP nahe, dass die dem Kläger gezahlte Grubenwehrzulage Entgelt für geleistete Arbeit war. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht genügend berücksichtigt, dass dem Kläger mit der Bestellung zum hauptamtlichen Hauptgerätewart die damit verbundenen Aufgaben als Bestandteil seines Dienstvertrags übertragen wurden. Sie sind damit ein weiterer Teil seiner bereits bestehenden Arbeitspflichten geworden. Für diese Arbeitsleistungen, die er außerhalb seiner Arbeitszeiten als technischer Angestellter erbrachte, erhielt er eine Vergütung nach den in der Vorstandsrichtlinie „Bezahlung von Gruben- und Gasschutzwehren“ im Einzelnen geregelten Sätzen.

16

3. Der Regelungszusammenhang des Gesamtsozialplans bestätigt dieses Auslegungsergebnis.

17

a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 GSP bleiben Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen sowie Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, außer Betracht. Hierbei handelt es sich nicht um Entgelt, das in einem synallagmatischen Verhältnis zu erbrachten Arbeitsleistungen steht, sondern um Zusatzleistungen mit besonderer Zweckbestimmung. Diese sind daher nicht in die Bemessungsgrundlage „Bruttomonatseinkommen“ einzubeziehen. Abweichend von diesem Grundsatz sieht § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 6 GSP in einer Rückausnahme vor, dass das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 zu berücksichtigen ist. Diese Bestimmung ist erforderlich, weil nach der Regelungssystematik das Weihnachtsgeld kein Entgelt und damit an sich nicht zu berücksichtigen ist.

18

b) Nach dieser Regelungssystematik ist die Grubenwehrzulage Entgelt, das bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens einzubeziehen ist. Sie ist sozialversicherungspflichtiges Arbeitseinkommen, das weder eine Einmalzahlung noch eine Mehrarbeitsvergütung darstellt. Letzteres ist in der Vorstandsrichtlinie zur Bezahlung der Grubenwehren klargestellt und wird von der Beklagten auch nicht behauptet.

19

4. Ein solches Normverständnis entspricht dem Regelungszweck des Gesamtsozialplans. Durch den Zuschuss zum Anpassungsgeld werden nach § 2 Satz 1 GSP die Richtlinien zur Gewährung des Anpassungsgeldes(zuletzt in der Fassung vom 12. Dezember 2008, BAnz 2008 S. 4697) ergänzt. Diese bezwecken gemäß Nr. 1.1, die mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20. Dezember 2007 beschlossene Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus sozialverträglich zu flankieren. Wird durch das nach diesen Richtlinien gezahlte Anpassungsgeld das Garantieeinkommen in Höhe von 60 % des Bruttomonatseinkommens nicht erreicht, besteht nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP ein Anspruch auf einen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Damit dient das Anpassungsgeld dazu, den in dieser Bestimmung festgelegten sozialen Besitzstand zu sichern, der sich nach der Höhe des Entgelts richtet, das der Arbeitnehmer als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat. Da die Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart in der Grubenwehr zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers gehörte, spricht auch eine am Normzweck orientierte Auslegung dafür, das für diese Arbeitsleistung bezogene Entgelt bei der Ermittlung des für die Berechnung des Zuschusses maßgeblichen Bruttomonatseinkommens einzubeziehen.

20

5. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesamtsozialplans ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten kein anderes Ergebnis. Der bis zum Jahre 2002 geltende „Gesamtsozialplan über die öffentlichen und betrieblichen Leistungen und Vorsorgemaßnahmen für die von Stillegungen betroffenen Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“ vom 15. Mai 1968 wurde im Jahre 2003 durch den hier anwendbaren Gesamtsozialplan vollständig abgelöst. Dieser enthält ein eigenständiges Regelungswerk. Die zu dem früheren Gesamtsozialplan ergangenen Erlasse und Hinweisschreiben der Arbeitsverwaltung können schon deshalb für die Auslegung der neuen Vereinbarung nicht herangezogen werden.

21

II. Die Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 steht dieser Auslegung des Gesamtsozialplans nicht entgegen.

22

1. Hierbei handelt es sich um eine Auslegungshilfe und nicht um eine eigenständige normative Regelung. Die Betriebsparteien haben in der Protokollnotiz ihr gemeinsames Verständnis von den bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP zu berücksichtigenden Entgeltbestandteilen zum Ausdruck gebracht und ausgeführt, dass dies bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans bestand. Damit haben sie den Begriff „Bruttomonatseinkommen“ nicht konstitutiv neu festgelegt, sondern nur verdeutlicht, wie ihrer Auffassung nach ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal des Gesamtsozialplans zu verstehen ist.

23

2. Dieses Normverständnis der Betriebsparteien hat im Gesamtsozialplan allerdings keinen hinreichenden Niederschlag gefunden und kann deshalb nicht berücksichtigt werden. Da es bei dessen Auslegung darum geht festzustellen, wie die Normunterworfenen und die Gerichte eine Regelung zu verstehen haben (BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 541/06 - Rn. 13), sind Betriebsvereinbarungen objektiv auszulegen. Der subjektive Regelungswille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er in der betreffenden Regelung erkennbaren Ausdruck gefunden hat (Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 77 Rn. 65; Fitting BetrVG 26. Aufl. § 77 Rn. 15). Anders als in dem Sachverhalt, der dem Senatsurteil vom 2. Oktober 2007 (- 1 AZR 815/06 -) zugrunde lag, haben die Betriebsparteien hier den Begriff des Entgelts in § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP hinreichend deutlich bestimmt. Das Verständnis der Betriebsparteien zur fehlenden Einbeziehung von Grubenwehrzulagen, die hauptamtliche Hauptgerätewarte beanspruchen können, die arbeitsvertraglich zu dieser Tätigkeit in der Grubenwehr verpflichtet sind, ist mit Wortlaut, systematischem Regelungszusammenhang und dem sich hieraus erschließenden Zweck unvereinbar. Ein solcher Regelungswille kann deshalb keine Berücksichtigung finden.

24

III. Die Zinsentscheidung folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 193 BGB.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Hayen    

        

    Rath    

                 

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Januar 2014 - 11 Sa 812/13 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als Soziale Ansprechpartnerin.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist seit 1982 bei dem beklagten Land als Verwaltungsangestellte beschäftigt und wird bei der Bezirksregierung A eingesetzt.

3

In der Innenverwaltung des beklagten Landes gibt es sog. Soziale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner (SAP), darunter seit 1991 auch die Klägerin. Grundlage hierfür ist - soweit für den Streitzeitraum relevant - der „Erlass zur Neukonzeption der Tätigkeit der Sozialen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner (SAP)“ (SAP-Erlass; Runderlass des Innenministeriums vom 1. Juni 2010, MBl. NRW S. 586). Dieser lautet auszugsweise:

        

„I.     

        

Leitgedanken

        

Beschäftigte der Innenverwaltung sind von den unterschiedlichsten psychosozialen Problemen betroffen, die gesundheitliche und soziale Auswirkungen für die Betroffenen haben und sich über den privaten Bereich hinaus in erheblichem Maße auf die Arbeit der Betroffenen sowie deren dienstliches Umfeld auswirken können. Je nach Art und Schwere der Störung sind Leib oder Leben der Betroffenen oder das Ansehen staatlichen Handelns gefährdet. Dem Arbeitsplatz kommt eine große Bedeutung für das Entstehen, das Erkennen und den Verlauf von Problemen sowie deren Verarbeitung zu. Oftmals scheuen sich die Betroffenen, sich mit ihren Problemen an ihre Vorgesetzten oder Fachdienste zu wenden. In anderen Fällen fehlt es an der Kenntnis von Hilfsmöglichkeiten.

        

Hier setzt der Gedanke der Sozialen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner - im Folgenden kurz SAP genannt - ein. SAP setzen sich auf freiwilliger Basis für Abhilfe bei unterschiedlichen Belastungen der Einzelnen im privaten wie im beruflichen Leben sowie für ein gutes Klima am Arbeitsplatz und in der Behörde ein. Das Grundprinzip dieses Ansatzes lautet: ‚Kolleginnen und Kollegen helfen.‘

        

II.     

        

Aufgaben/Rahmenbedingungen und Grenzen

        

für die Tätigkeit der SAP

        

1       

        

Inhalte der SAP-Tätigkeit

        

Soziale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner

        

-       

verstehen sich als Laien, die aufgrund ihrer qualifizierten Ausbildung und Praxiserfahrung besonders dazu befähigt sind, Kolleginnen und Kollegen mit Problemen in partnerschaftlicher Weise Hilfe zur Selbsthilfe zu geben,

        

-       

bieten betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine erste Anlaufstelle in der Beratung bei Problemen und Konflikten,

        

…       

        
        

-       

klären gemeinsam mit den Betroffenen die Problemlage mit dem Ziel, rechtzeitig weitere Institutionen und Beratungsstellen in den Prozess mit einzubinden.

                 

Dabei nehmen die SAP eine ‚Brückenfunktion‘ wahr. …

        

-       

sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner auch für Vorgesetzte und Behördenleitungen,

        

…       

        
        

3.1     

        

Rechtliche Stellung

        

3.1.1 

        

SAP üben ihre Tätigkeit während der Dienstzeit eigenständig und weisungsungebunden im Nebenamt aus.

                 
        

…       

        

3.1.3 

        

SAP dürfen sich unmittelbar an die Behördenleitung wenden. …

        

3.2     

        

Rechtliche Pflichten

        

3.2.1 

        

Die den SAP bekannt gewordenen Informationen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht; hiervon dürfen sie nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen abweichen.

        

…       

        

4.1     

        

Zeitlicher Umfang der Tätigkeit

        

4.1.1 

        

Die Tätigkeit als SAP sollte die dienstliche Tätigkeit im Hauptamt nicht nachhaltig und dauerhaft beeinträchtigen. Deshalb darf der zeitliche Umfang für die Tätigkeit als SAP in der Regel 10 % der Jahresarbeitszeit nicht übersteigen; …

        

4.1.2 

        

Die Tätigkeit als SAP ist bei der Belastung durch das Hauptamt zu berücksichtigen. …

        

4.1.3 

        

… Ein Tätigwerden außerhalb der Regelarbeitszeit gilt als Dienstzeit. Bezugsgröße für die Regelarbeitszeit ist der jeweils vereinbarte Arbeitszeitrahmen.

        

…       

        

4.3     

        

Dauer der Tätigkeit

        

4.3.1 

        

Die Tätigkeit als SAP ist grundsätzlich auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet. …

        

4.3.2 

        

Die Tätigkeit als SAP endet mit dem Ausscheiden der/des SAP aus dem Dienstverhältnis.

        

…       

        

5.1     

        

Die Schlüsselzahl der Anzahl der SAP im Verhältnis zur Beschäftigtenzahl einer Behörde ist so berechnet, dass eine dauerhafte Überlastung der SAP ausgeschlossen werden kann. Grundsätzlich ist von einer Schlüsselzahl von einer/einem SAP für ca. 200 Beschäftigte auszugehen.

        

…       

        

5.5     

        

Soziale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner dürfen in ihrer Aufgabenwahrnehmung nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.

        

5.6     

        

Zur Wahrung des Prinzips der Vertraulichkeit soll SAP grundsätzlich ein Einzelzimmer mit überprüfungsfreiem Telefonanschluss zur Verfügung stehen. …

        

…       

        

6.3.1 

        

Mit Abschluss der Ausbildung werden die SAP durch die jeweilige Behördenleitung bestellt.

        

…       

        

6.4     

        

Beendigung der Tätigkeit

        

6.4.1 

        

SAP können jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Nachteile jeglicher Art die Tätigkeit beenden.

        

…       

        

6.4.2 

        

Behördenleitungen können aus wichtigen Gründen zu der Entscheidung gelangen, die Tätigkeit als SAP einer/eines Beschäftigten zu beenden. Die Gründe hierfür sind den Betroffenen schriftlich mitzuteilen und in einem persönlichen Gespräch zu erläutern. Auf Wunsch der/des Betroffenen sind zu diesem Gespräch weitere SAP hinzuzunehmen. Wird kein Einvernehmen über die Beendigung der Tätigkeit erreicht, wird die für die SAP zuständige Stelle im Innenministerium unterrichtet. Sie entscheidet abschließend.

        

…       

        

11    

        

Qualitätssicherung

        

Zur dauerhaften Gewährleistung qualitativ hochwertiger Beratungsleistung wird von allen SAP folgendes erwartet:

        

…       

        

Sollten SAP diese Auflagen nicht erfüllen, erfolgt … eine umgehende Prüfung und gegebenenfalls die Entpflichtung der entsprechenden SAP von ihrem Nebenamt durch das IM NRW.“

4

Am 7. Mai 2012 fand mit der Klägerin ein Gespräch über die Beendigung ihrer Tätigkeit als SAP statt. Mit Schreiben vom 9. Mai 2012 verfügte die Bezirksregierung A die sofortige, aber zunächst bis zum 31. Mai 2013 befristete Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP. Am 23. Mai 2012 fand ein weiteres Gespräch unter Beteiligung des Regierungspräsidenten statt. In der Amtlichen Mitteilung der Bezirksregierung vom 16. Juli 2012 wurde die sofortige Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP bekannt gegeben. Unter dem 22. April 2013 verfügte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen als Reaktion auf einen Bericht der Bezirksregierung, dass die Tätigkeit der Klägerin als SAP endgültig zu beenden sei. Dies erfolgte durch die Bezirksregierung mit Schreiben vom 14. Mai 2013, das von deren Vizepräsidenten unterzeichnet war.

5

Die Klägerin war im Jahr 2010 an 70 Tagen, im Jahr 2011 an 56 Tagen und im Jahr 2012 an insgesamt 109 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Vom 29. Oktober 2012 bis zum 8. Januar 2014 war sie durchgängig arbeitsunfähig.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit als SAP sei nicht wirksam beendet worden. Das nach dem SAP-Erlass vorgesehene Verfahren sei nicht eingehalten worden, sie sei zur endgültigen Beendigung nicht angehört worden. Es lägen auch keine wichtigen Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass für die Beendigung der Tätigkeit vor. Pflichtverletzungen habe sie in Bezug auf die SAP-Tätigkeit nicht begangen. Ihre Krankheitszeiten rechtfertigten eine Beendigung ebenfalls nicht, da bei der Bezirksregierung noch sechs bis sieben Mitarbeiter als SAP tätig seien. Der Entzug der Tätigkeit als SAP sei zudem gemäß § 612a BGB unwirksam. Er sei nach dem Beklagtenvortrag wegen der mit E-Mail vom 19./20. April 2012 erfolgten Beschwerden der Klägerin erfolgt und stehe im Zusammenhang mit einem gegen das beklagte Land geführten Rechtsstreit.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass ihre Tätigkeit als SAP durch die Verfügung des beklagten Landes vom 14. Mai 2013 nicht beendet worden ist,

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, sie als Soziale Ansprechpartnerin bei der Bezirksregierung A zu beschäftigen.

8

Das beklagte Land hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags ausgeführt, bei der Tätigkeit als SAP handele es sich nicht um eine Arbeitsaufgabe, sondern um ein Ehrenamt, das auf freiwilliger Basis ausgeübt werde. Für die Entscheidung einer Behördenleitung, die Tätigkeit einer/eines SAP aus wichtigen Gründen zu beenden, sei kein objektiv nachvollziehbarer Grund erforderlich. Vielmehr sei die Entscheidung im Hinblick auf das notwendige Vertrauensverhältnis subjektiv determiniert. Das im SAP-Erlass geregelte Verfahren sei eingehalten worden. Die Gründe für die Beendigung seien der Klägerin in zwei Gesprächen erläutert worden. Die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin sei aus wichtigen Gründen gerechtfertigt. Die Behördenleitung und das Personaldezernat der Bezirksregierung seien davon überzeugt, dass die Klägerin den Aufgaben und Fähigkeiten einer SAP nicht mehr gerecht werde. Das für die Arbeit erforderliche Vertrauensverhältnis zur Behördenleitung und zu den Beschäftigten sei unwiderruflich und nachhaltig gestört. Ursache sei das Fehlverhalten der Klägerin als SAP. Diese habe im Jahr 2012 wegen der Unterbringung in einem Doppelzimmer einen dienstlichen Konflikt ohne Not nach außen getragen. Die in diesem Zusammenhang an das Ministerium weitergegebenen Informationen hätten in wesentlichen Teilen nicht der Wahrheit entsprochen. Dadurch seien Kollegen in Misskredit gebracht worden. Sie habe sich zudem - trotz attestierter Arbeitsunfähigkeit - über die schriftliche Aufhebung einer Abordnung zu einem SAP-Seminar hinweggesetzt. Eine SAP, die vorsätzlich dienstliche Weisungen missachte, könne keine Anlaufstelle für Hilfesuchende sein. Die Beendigung der SAP-Tätigkeit sei zudem wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin gerechtfertigt. Der Regierungspräsident habe als ausgebildeter Diplom-Pädagoge, Psychologe und Supervisor während des mit der Klägerin am 23. Mai 2012 geführten Gesprächs festgestellt, dass bei der Klägerin eine deutliche Kluft zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung bestehe. Da die Klägerin seit dem 29. Oktober 2012 durchgängig erkrankt sei, stehe sie den betroffenen Arbeitnehmern auch faktisch nicht mehr als SAP zur Verfügung.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Die zulässige Klage (zu I.) ist begründet. Die Tätigkeit der Klägerin als SAP wurde durch die Verfügung des beklagten Landes vom 14. Mai 2013 nicht wirksam beendet (zu II.). Das beklagte Land ist zur Beschäftigung der Klägerin als SAP verpflichtet (zu III.).

11

I. Die Klage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für den Antrag zu 1. erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Zwischen den Parteien ist ein Rechtsverhältnis im Streit, nämlich ob die Klägerin weiterhin SAP bei der Bezirksregierung A ist (vgl. zur Rechtsstellung als Datenschutzbeauftragter BAG 13. März 2007 - 9 AZR 612/05 - Rn. 15, BAGE 121, 369). Der Leistungsantrag zu 2. ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. grundlegend zum Weiterbeschäftigungsantrag BAG 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - BAGE 130, 195). Die begehrte Tätigkeit ist im Tenor ausdrücklich benannt. Inhalt und Art der Tätigkeit als SAP sind vom Berufungsgericht festgestellt und ergeben sich im Übrigen aus dem SAP-Erlass.

12

II. Der Klageantrag zu 1. ist begründet. Die Rechtsstellung der Klägerin als SAP wurde durch die Verfügung vom 14. Mai 2013 nicht beendet. Die Tätigkeit als SAP wird bei Arbeitnehmern mit der Bestellung Teil der geschuldeten Arbeitsleistung (zu 1.). Deren Beendigung durch das beklagte Land unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle (zu 2.). Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass keine wichtigen Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass vorlagen, die eine einseitige Beendigung durch das beklagte Land rechtfertigen würden (zu 3.).

13

1. Mit der Bestellung einer/eines im Arbeitsverhältnis beim beklagten Land Beschäftigten als SAP tritt die damit verbundene Tätigkeit für die Dauer des Amts zur (bisher) vertraglich geschuldeten Leistung des Arbeitnehmers hinzu und wird Teil der arbeitsvertraglich versprochenen Dienste iSv. § 611 Abs. 1 BGB.

14

a) Grundlage für die Tätigkeit als SAP war im Streitzeitraum der SAP-Erlass vom 1. Juni 2010, dessen Gültigkeit zuletzt durch Runderlass vom 29. Mai 2015 bis zum 31. Dezember 2015 verlängert wurde. Der SAP-Erlass richtet sich allgemein an die Beschäftigten in der Innenverwaltung des beklagten Landes, unabhängig davon, ob diese in einem Beamtenverhältnis oder einem Arbeitsverhältnis stehen.

15

b) Der SAP-Erlass regelt nicht ausdrücklich, welches Rechtsverhältnis mit der Bestellung zur/zum SAP begründet werden soll bzw. wie diese Tätigkeit hinsichtlich der unterschiedlichen Statusgruppen einzuordnen ist. Vielmehr bestimmt er lediglich die Bestellung durch das beklagte Land (Ziff. II Nr. 6.3), die auf freiwilliger Basis (Ziff. I Abs. 2), nach entsprechender Bewerbung und nach Durchlaufen eines Auswahlverfahrens (Ziff. II Nr. 6.1) erfolgt.

16

c) Nach den Bestimmungen des SAP-Erlasses ist die Tätigkeit als SAP bei den in einem Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten des Landes nach der Bestellung Teil der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit (vgl. zur Rechtslage bei Beamten VG Aachen 24. Oktober 2013 - 1 K 1718/12 -). Dies entspricht dem Pflichtengefüge nach dem SAP-Erlass und den sich aus diesem Erlass ergebenden Rechten einer/eines SAP. Die Tätigkeit ist auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet (Ziff. II Nr. 4.3.1) und endet mit dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis (Ziff. II Nr. 4.3.2). SAP üben ihre Tätigkeit während der Dienstzeit eigenständig und weisungsungebunden „im Nebenamt“ aus (Ziff. II Nr. 3.1.1). Damit geht der Erlassgeber davon aus, dass ein Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitspflicht auch durch die SAP-Tätigkeit erfüllt. Auch ein Tätigkeitwerden als SAP außerhalb der Regelarbeitszeit wird als Dienstzeit anerkannt (Ziff. II Nr. 4.1.3 Satz 4). Ein Tätigwerden innerhalb und außerhalb der Dienstzeit ist dem Vorgesetzten anzuzeigen (Ziff. II Nr. 4.1.3 Sätze 1 bis 3). Die Tätigkeit im Nebenamt darf zwar in der Regel 10 % der Jahresarbeitszeit nicht übersteigen (Ziff. II Nr. 4.1.1), sie ist aber bei der Belastung im Hauptamt zu berücksichtigen (Ziff. II Nr. 4.1.2). SAP sind während der Dauer des Amts verpflichtet, an Fortbildungsmaßnahmen (Ziff. II Nr. 8 Abs. 1), Supervisionen (Ziff. II Nr. 9.1 Satz 1) und Tagungen der regionalen Arbeitskreise (Ziff. II Nr. 10 Abs. 2) teilzunehmen. Im Rahmen der Qualitätssicherung bestehen Berichtspflichten (Ziff. II Nr. 11).

17

d) Bei einem solchen Pflichtengefüge und einer solch engen Bindung an das Arbeitsverhältnis scheidet die Annahme aus, es handele sich um ein neben dem Arbeitsverhältnis stehendes „Ehrenamt“. Die Revision verweist insoweit ohne Erfolg darauf, dass die Beratung und Betreuung durch SAP „auf freiwilliger Basis“ erfolgt. Freiwilligkeit in diesem Sinne bedeutet allein, dass ein angestellter Landesbediensteter nicht im Wege des Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) angewiesen werden kann, die SAP-Tätigkeit wahrzunehmen. Dies erfolgt vielmehr freiwillig, wie die in Ziff. I Abs. 2 SAP-Erlass ausdrücklich betonte Freiwilligkeit der Übernahme einer solchen Tätigkeit verdeutlicht. Es bedarf somit einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, dass die Wahrnehmung des Amts Teil der vertraglich geschuldeten Leistung werden soll. Diese Vereinbarung kann auch konkludent geschlossen werden, indem der Arbeitnehmer sich um das Amt bewirbt und das angetragene Amt annimmt. Damit erweitern sich seine arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten um die Tätigkeit als SAP. Der Arbeitsvertrag wird für die Zeitspanne der Amtsübertragung entsprechend geändert und angepasst (vgl. zur Bestellung: eines Datenschutzbeauftragten BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 12, BAGE 135, 327; einer Fachkraft für Arbeitssicherheit 15. Dezember 2009 - 9 AZR 769/08 - Rn. 51, BAGE 133, 1; eines Betriebsbeauftragten für Abfall 26. März 2009 - 2 AZR 633/07 - Rn. 20, BAGE 130, 166). Der genaue Inhalt der Tätigkeit und die wechselseitigen Rechte und Pflichten bestimmen sich dabei nach dem Inhalt des maßgeblichen SAP-Erlasses (vgl. zur Inhaltsbestimmung der Tätigkeit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit unmittelbar durch das ASiG: BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 769/08 - Rn. 51, BAGE 133, 1). Erfolgt eine wirksame Beendigung der Tätigkeit als SAP nach Ziff. II Nr. 6.4 SAP-Erlass, ist diese nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung, ohne dass es weiterer arbeitsrechtlicher Maßnahmen bedürfte (vgl. zum Widerruf der Bestellung als Datenschutzbeauftragter BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 15 f., BAGE 135, 327). Damit entfällt auch der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch als SAP.

18

2. Die einseitige Beendigung der Tätigkeit eines Arbeitnehmers als SAP durch das beklagte Land unterliegt einer Überprüfung durch die Gerichte für Arbeitssachen (vgl. zur Rechtslage bei Beamten VG Aachen 24. Oktober 2013 - 1 K 1718/12 -).

19

a) Wie unter 1. ausgeführt, handelt es sich bei der Tätigkeit als SAP bei den in einem Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten des Landes nach der Bestellung um einen Teil der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit. Will der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Wege der Änderungskündigung, einer Ausübung seines Direktionsrechts oder durch andere Maßnahmen verändern, kann der betroffene Arbeitnehmer eine solche Maßnahme gerichtlich darauf überprüfen lassen, ob sie rechtswirksam ist (vgl. § 2 KSchG; zu § 106 GewO zB BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 - BAGE 145, 341; zum Widerruf nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG BAG 23. März 2011 - 10 AZR 562/09 -). Dabei ist nach den jeweils anwendbaren Normen und vertraglichen Regelungen zu überprüfen, ob eine solche Maßnahme rechtlich überhaupt in Betracht kommt und ob in tatsächlicher Hinsicht die nach der maßgeblichen Norm oder Vertragsregelung geforderten Voraussetzungen für die Maßnahme vorliegen.

20

b) Dies gilt auch für die Beendigung der Tätigkeit einer/eines SAP durch die Behördenleitung aus wichtigen Gründen nach Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass.

21

aa) Maßgeblich für die Beendigung der Tätigkeit als SAP ist nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung (vgl. dazu zB BAG 19. Februar 2003 - 7 AZR 67/02 - zu III 2 c aa der Gründe, BAGE 105, 161) der SAP-Erlass vom 1. Juni 2010. Hiervon geht auch das beklagte Land aus.

22

bb) Nach dem eindeutigen Wortlaut der Ziff. II Nr. 6.4.2 Satz 1 SAP-Erlass kann eine Beendigung der SAP-Tätigkeit gegen den Willen des Betroffenen durch die Behördenleitung nur erfolgen, wenn wichtige Gründe vorliegen. Demgegenüber kann die Tätigkeit durch den Arbeitnehmer jederzeit ohne Angabe von Gründen beendet werden (Ziff. II Nr. 6.4.1 Satz 1). Der SAP-Erlass trägt mit diesen unterschiedlichen Beendigungsvoraussetzungen dem Umstand Rechnung, dass bei der Tätigkeit als SAP Konflikte sowohl mit ratsuchenden Beschäftigten als auch mit der Behördenleitung auftreten können. Die eingeschränkte Abberufungsmöglichkeit dient dem Schutz der eigenständigen und weisungsungebundenen Ausübung der Tätigkeit (Ziff. II Nr. 3.1.1). Die/Der SAP soll nicht befürchten müssen, diese auf Dauer angelegte Tätigkeit ohne Gründe erheblichen Gewichts zu verlieren, auch wenn beispielsweise eine Behördenleitung mit ihrem/seinem Handeln nicht einverstanden ist.

23

cc) Hieran ändert nichts, dass in Fällen, in denen eine Behördenleitung eine Beendigung der Tätigkeit einer/eines SAP anstrebt und es zu keiner einvernehmlichen Lösung kommt, nach Ziff. II Nr. 6.4.2 Satz 5 SAP-Erlass die zuständige Stelle im Ministerium „abschließend“ entscheidet. Hierbei handelt es sich lediglich um die verwaltungsinterne Festlegung, wer im Fall des fehlenden Einvernehmens zwischen Behördenleitung und SAP die Entscheidung über die Beendigung der Tätigkeit verantwortlich trifft. Die gerichtliche Überprüfung, ob die vom SAP-Erlass vorgesehenen formellen und materiellen Voraussetzungen für die Beendigung der Tätigkeit vorliegen, wird hierdurch nicht berührt.

24

3. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich dem Zugang der Verfügung vom 14. Mai 2013, keine wichtigen Gründe zur Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass vorlagen.

25

a) Nach Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass kann eine Behördenleitung aus wichtigen Gründen zur Entscheidung gelangen, die Tätigkeit eines Arbeitnehmers als SAP zu beenden. Die Gründe sind dem Betroffenen schriftlich mitzuteilen und in einem persönlichen Gespräch zu erläutern. Wird kein Einvernehmen über die Beendigung erreicht, entscheidet über die Beendigung der SAP-Tätigkeit abschließend die im Innenministerium zuständige Stelle.

26

aa) Der SAP-Erlass enthält keine eigenständige Begriffsbestimmung der wichtigen Gründe.

27

(1) Der Wortlaut legt - trotz der Verwendung des Plurals - eine Auslegung in Anlehnung an § 626 Abs. 1 BGB nahe. Dass diese Norm - anders als beispielsweise in § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG - nicht zitiert ist, steht dem nicht entgegen. Der Erlass berücksichtigt insoweit, dass er sich nicht nur an Arbeitnehmer, sondern auch an Beamte richtet, für die § 626 Abs. 1 BGB nicht gilt.

28

(2) Bei der Beendigung einer Tätigkeit wegen eines wichtigen Grundes handelt es sich um einen in der Rechtssprache gebräuchlichen Begriff. Da sich das beklagte Land als Erlassgeber dieses Rechtsbegriffs bedient hat, könnte - ebenso wie bei Tarifvertragsparteien (dazu BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 14 mwN) - angenommen werden, dass der Rechtsbegriff des wichtigen Grundes in seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung verwendet werden soll. Danach könnte die Tätigkeit einer/eines SAP nur beendet werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem beklagten Land unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile eine auch nur befristete Fortsetzung unzumutbar wäre. Gegen eine undifferenzierte Übertragung der Grundsätze aus § 626 Abs. 1 BGB spricht jedoch bereits, dass eine fristgemäße Beendigung der Tätigkeit nicht vorgesehen ist. Hinzu kommen die konstruktiven Unterschiede zwischen der SAP-Tätigkeit einerseits und dem Beendigungsschutz hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses, aber auch hinsichtlich der Beendigung zB der Tätigkeit als betrieblicher Datenschutzbeauftragter andererseits. Bei der Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB wird das Arbeitsverhältnis insgesamt und fristlos beendet. Aufgrund der damit verbundenen Folgen setzt dies nicht nur einen wichtigen Grund, sondern eine umfassende Interessenabwägung voraus (vgl. zuletzt zB BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 20 ff.). Bei einer Beendigung der SAP-Tätigkeit nach Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass bleibt dagegen das Arbeitsverhältnis selbst in seinem Bestand unberührt. Weder der Umfang der Leistung des Arbeitnehmers noch die der Gegenleistung des beklagten Landes, also die Höhe der Vergütung, werden hierdurch beeinflusst. Beendet wird lediglich ein Teil der Tätigkeit, der in der Regel nicht mehr als 10 % der Jahresarbeitszeit ausmacht (Ziff. II Nr. 4.1.1; bei Arbeitskreis-Sprecher/inne/n maximal weitere 6 %, Ziff. II Nr. 10.2), der freiwillig übernommen wurde und auf dessen Übertragung nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien in aller Regel kein Rechtsanspruch besteht. Auch handelt es sich - anders als beispielsweise beim betrieblichen Datenschutzbeauftragten - nicht um eine Aufgabe oder Tätigkeit, zu deren Einrichtung das beklagte Land gesetzlich verpflichtet ist. Darüber hinaus stehen nach der Konzeption des SAP-Erlasses nicht die Interessen des beklagten Landes und der als SAP tätigen Arbeitnehmer, sondern die der ratsuchenden Arbeitnehmer im Vordergrund. SAP sind Anlaufstellen für Arbeitnehmer mit psychosozialen Problemen, denen sie in partnerschaftlicher Weise „Hilfe zur Selbsthilfe“ geben. Der besondere Beendigungsschutz gemäß Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass stellt dabei sicher, dass SAP die Beratung und Betreuung im Interesse der ratsuchenden Arbeitnehmer ungestört ausüben können. Sie sollen ihr Amt frei von äußeren Zwängen wahrnehmen können. Deshalb genügt nicht jeder Grund, sondern es muss sich um einen wichtigen handeln. Hingegen ist nicht erkennbar, dass Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass etwa den sozialen Besitzstand der/des SAP am Erhalt des Nebenamts schützen will. Insgesamt bedarf der Begriff des wichtigen Grundes iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass deshalb einer funktionsbezogenen Bestimmung. Notwendig, aber auch ausreichend ist das Vorliegen von Umständen von erheblichem Gewicht, die eine sachgerechte Amtsführung durch die/den SAP nicht mehr zulassen. Liegen solche Umstände vor, kann eine Beendigung nach dem vorgesehenen Verfahren erfolgen, ohne dass etwa eine Interessenabwägung erforderlich wäre.

29

bb) Davon ausgehend können sich wichtige Gründe iSd. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass sowohl aus der SAP-Tätigkeit selbst als auch aus dem Arbeitsverhältnis in seiner Gesamtheit ergeben.

30

(1) Als aus der SAP-Tätigkeit herrührende Gründe kommen vor allem erhebliche und/oder wiederholte Verstöße gegen die im SAP-Erlass festgelegten Pflichten (vgl. dazu oben 1 c) in Betracht. Ebenso kann es eine Beendigung rechtfertigen, wenn sich herausstellt, dass die/der bestellte SAP trotz des durchlaufenen Auswahlverfahrens und auch nach entsprechender Ausbildung fachlich oder menschlich nicht in der Lage ist, die Tätigkeit sachgerecht auszuführen. Ein Fehlen der für die Tätigkeit erforderlichen Befähigung und Eignung kann sich insbesondere aus negativen Rückmeldungen von Ratsuchenden ergeben. Denkbar ist auch, dass ein dauerhafter Vertrauensverlust der jeweiligen Behördenleitung einen wichtigen Grund darstellt, wenn die/der SAP durch ihr/sein Verhalten zu einem solchen beigetragen hat. Eine sachgerechte Ausübung der Tätigkeit und eine gemeinsame Suche nach Lösungen und Verbesserungen (Ziff. II Nr. 3.1.3 Satz 2 SAP-Erlass) setzt im Interesse der ratsuchenden Arbeitnehmer notwendigerweise ein Mindestmaß an wechselseitigem Vertrauen voraus.

31

(2) Wichtige Gründe für die Beendigung als SAP können sich auch aus außerhalb des Nebenamts liegenden Umständen, insbesondere aus dem Arbeitsverhältnis ergeben. So können erhebliche Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis zu der Beurteilung führen, dass die Eignung als SAP fehlt. Ebenso können längere und/oder wiederholte (krankheitsbedingte) Fehlzeiten im Einzelfall eine Beendigung der Tätigkeit als SAP rechtfertigen. Dies kann der Fall sein, wenn dadurch nicht sichergestellt ist, dass den Beschäftigten der jeweiligen Behörde SAP in einem Umfang, wie er in Ziff. II Nr. 5.1 und Nr. 6.1 SAP-Erlass vorgesehen ist, zur Verfügung stehen und damit ratsuchende Beschäftigte nicht mehr zeitnah und kontinuierlich beraten und betreut werden können. Gleiches gilt, wenn durch die Fehlzeiten die Belastung anderer SAP längerfristig über das im SAP-Erlass vorgesehene Maß von 10 % ihrer Jahresarbeitszeit steigt und diese dadurch in der Ausübung ihrer Haupttätigkeit beeinträchtigt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Ziff. II Nr. 6.4.1 Abs. 2 SAP-Erlass die Möglichkeit des Ruhens der Tätigkeit vorsieht, wobei die Initiative hierzu von der/dem SAP selbst ausgehen muss.

32

b) Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beendigung der Tätigkeit als SAP und insbesondere für das Bestehen wichtiger Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass ist das beklagte Land, das sich auf die Wirksamkeit der Maßnahme beruft (vgl. zu § 106 GewO BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 - Rn. 30, BAGE 145, 341; zu § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG BAG 23. März 2011 - 10 AZR 562/09 - Rn. 22, 25). Entgegen der Auffassung des beklagten Landes genügt dabei der Vortrag bloß subjektiver Einschätzungen oder Werturteile einer Behördenleitung ohne näheren Tatsachenkern nicht, um das Vorliegen wichtiger Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass zu begründen. Zwar ist ein Vertrauensverlust zwischen einer Behördenleitung und einer/eines SAP nicht rein objektiv feststellbar, sondern beinhaltet notwendigerweise eine subjektive Komponente. Dies entbindet das beklagte Land aber nicht, im Rahmen des Möglichen die Tatsachen zu benennen, aus denen sich eine solche Einschätzung ergibt. Dies gebietet schon der Schutz der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der SAP, der nicht von der bloßen Befindlichkeit beteiligter Personen abhängen kann. Auch wenn das beklagte Land wegen der umfassenden Verschwiegenheitspflicht (vgl. Ziff. II Nr. 3.2.1 und Nr. 9.1 Abs. 4 SAP-Erlass) nur begrenzt Einblick in die unmittelbare Tätigkeit einer/eines SAP hat, kann und muss es die Anknüpfungstatsachen benennen, die es zum Anlass für die Beendigung nimmt (vgl. ähnlich zur Leistungsbeurteilung im Rahmen einer Zielvereinbarung BAG 14. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 52, BAGE 143, 292; zu dienstlichen Beurteilungen BAG 18. August 2009 - 9 AZR 617/08 - Rn. 33, BAGE 131, 367).

33

c) Das Landesarbeitsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat angenommen, dass wichtige Gründe iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass, die die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als SAP durch die Verfügung vom 14. Mai 2013 rechtfertigen könnten, nicht vorlagen. Diese Würdigung liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob das Tatsachengericht von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat (vgl. zur Tatsachenwürdigung im Kündigungsschutzprozess BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 32). Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf, er ist auch nicht offensichtlich.

34

aa) Das beklagte Land hat keine Pflichtverletzung der Klägerin bei Ausübung der Tätigkeit als SAP behauptet. Es hat sich - auch in der Revision - nur pauschal darauf berufen, dass es nach dem Gespräch am 23. Mai 2012 weiterhin davon ausgehe, bei der Klägerin bestehe eine deutliche Kluft zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Das beklagte Land hat sich insoweit allein auf die Bewertung des Regierungspräsidenten bezogen, ohne auch nur ansatzweise aufzuzeigen, aufgrund welcher Tatsachen und Geschehensabläufe dieser zu jener Einschätzung gelangt ist. Das Landesarbeitsgericht durfte deshalb davon ausgehen, dass es insoweit an substanziiertem Tatsachenvortrag fehlt.

35

bb) Gleiches gilt für das nach der Behauptung des beklagten Landes nachhaltig gestörte Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und der Behördenleitung.

36

(1) Die Klägerin ist der Behauptung des beklagten Landes, sie habe weisungswidrig und trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit an einem Seminar teilgenommen, ausdrücklich entgegengetreten. Das beklagte Land hat keinen Beweis für die Aufhebung der Anordnung angeboten. Das Landesarbeitsgericht konnte deshalb zu Recht offen lassen, ob ein solcher Vorfall als Beendigungsgrund iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass genügt hätte.

37

(2) Auch die Annahme des Berufungsgerichts, es sei kein der Klägerin vorwerfbares Fehlverhalten ersichtlich, soweit sich diese wegen der Unterbringung in einem Doppelzimmer beschwert habe, bewegt sich im Rahmen des Beurteilungsspielraums der Tatsacheninstanz. Im Übrigen hat das beklagte Land nicht dargelegt, welche Unwahrheiten die Beschwerde der Klägerin enthalten haben soll und inwiefern andere Arbeitnehmer dadurch in Misskredit gebracht worden seien. Die E-Mail vom 19./20. April 2012 wurde weder vorgelegt noch deren Inhalt mitgeteilt.

38

cc) Ebenso wenig ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich zu beanstanden, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin eine Beendigung der SAP-Tätigkeit im konkreten Fall nicht rechtfertigen können, da die Klägerin zwar für eine erhebliche Zeit erkrankt gewesen sei, aber wegen des Vorhandenseins anderer SAP bei der Bezirksregierung ein wichtiger Grund nicht vorliege. Das beklagte Land hat nicht dargelegt, welche Auswirkungen die Fehlzeiten der Klägerin auf die Tätigkeit der anderen SAP oder die Beratung und Betreuung der ratsuchenden Arbeitnehmer hatten.

39

d) Da die Verfügung vom 14. Mai 2013 bereits mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes iSv. Ziff. II Nr. 6.4.2 SAP-Erlass nicht zur Beendigung der SAP-Tätigkeit geführt hat, kann dahinstehen, ob das beklagte Land das im SAP-Erlass vorgesehene Verfahren eingehalten hat und ob und ggf. welche Auswirkungen die Nichteinhaltung auf die Wirksamkeit der Beendigung gehabt hätte.

40

III. Der Beschäftigungsantrag zu 2. ist begründet. Die Klägerin hat gegen das beklagte Land aus ihrem Arbeitsvertrag iVm. der im Jahr 1991 erfolgten Bestellung einen Anspruch auf Beschäftigung als SAP nach Maßgabe des SAP-Erlasses. Eine wirksame Beendigung ihrer Tätigkeit ist nicht, insbesondere nicht durch die Verfügung vom 14. Mai 2013 (vgl. oben II) erfolgt.

41

IV. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder     

        

        

        

    Zielke     

        

    Züfle    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 03.12.2014 – 5 Ca 965/14 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 10.03.2015 - 2 Ca 2188/13 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.


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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.