Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 17. Okt. 2014 - 1 Sa 664/14
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.03.2014 – 2 Ca 1482/13 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin fordert vom Beklagten Arbeitsvergütung und stützt sich darauf, ein von den Parteien vereinbartes Praktikantenverhältnis sei tatsächlich ein Arbeitsverhältnis gewesen.
3Der Beklagte betrieb unter der Bezeichnung R-Markt in B einen Lebensmittelmarkt. Die R-Gruppe trennte sich vom Beklagten mit Wirkung zum 01.04.2014 und stellte dies in einen Kontext zum Rechtsstreit der Parteien.
4Die 1993 geborene Klägerin erlangte 2010 ihren Hauptschulabschluss mit der Note „ausreichend“. Nach Ende ihrer Schulzeit arbeitete sie zunächst für anderthalb Monate in der Filiale einer Supermarktkette, danach für etwa ein halbes Jahr in einem Betrieb der Systemgastronomie.
5Ab dem 05.09.2012 nahm die Klägerin an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teil, die vom Bildungszentrum d.H.S. (im Folgenden: BZH) als Trägergesellschaft im Auftrag der Agentur für Arbeit B durchgeführt wurde. Die Klägerin, die von der Arbeitsagentur an das BZH verwiesen worden war, erhielt auf der Basis eines Bewilligungsbescheids vom 19.09.2012 von der Agentur für Arbeit eine Berufsausbildungsbeihilfe gem. § 56 SGB III in Höhe von 262 € monatlich. Der Bewilligungsbescheid umfasste den Zeitraum vom 05.09.2012 bis zum 04.07.2013. Daneben bezog die Klägerin Kindergeld und erhielt von der Trägergesellschaft einen Fahrtkostenzuschuss. Der Beklagte zahlte der Klägerin keine Vergütung.
6Das BZH vereinbarte mit dem Beklagten einen „Rahmenvertrag zur Ableistung eines Praktikums“, in dem die inhaltliche Ausgestaltung einer Berufsbildungsmaßnahme grob umschrieben wurde. Danach war es Ziel der Förderung, ein Training der für die Ausbildung und Berufstätigkeit notwendigen Grundkompetenzen und eine Hilfe zur beruflichen Orientierung zu bieten sowie auf die Berufsschule vorzubereiten. Im Rahmenvertrag war festgelegt, dass sich die Bildungsmaßnahme, die i.d.R. am 1. September eines Jahres beginnen und am 31. August des Folgejahres enden soll, in einen schulischen und einen werkpraktischen Teil untergliedert. Der werkpraktische Teil sollte es ermöglichen, eine realitätsbezogene Berufswahl treffen zu können. Ferner war im Rahmenvertrag, wegen dessen näheren Inhalts auf Bl. 33 f d. A. Bezug genommen wird, geregelt, dass dem Praktikumsbetrieb keine Kosten entstehen sollen und die Klägerin über die Trägergesellschaft sozial- und unfallversichert werden sollte. Darüber hinaus verpflichtete sich die Trägergesellschaft, für die Klägerin als Praktikantin eine zusätzliche Haftpflichtversicherung für Schäden abzuschließen, die sie verursachen würde, der Klägerin die nötige Arbeitsbekleidung zu stellen und das Praktikum sozialpädagogisch und ggf. psychologisch zu betreuen. Festgehalten war ferner, dass sich die Arbeitszeit der Praktikantin nach den Arbeitszeiten des Praktikumsbetriebs richten würde und die Praktikantin den Weisungen und Anordnungen der betriebsinternen Praxisanleiter unterworfen sei sowie am Ende des Praktikums eine Bescheinigung oder ein Zeugnis vom Praktikumsbetrieb erhalten solle. Der Beklagte füllte während des Zeitraums der Tätigkeit der Klägerin Beurteilungsbögen über den Verlauf des Praktikums aus und übermittelte diese dem Bildungsträger.
7Die Klägerin selbst schloss mit dem Beklagten und der Trägergesellschaft unter Bezugnahme auf den Rahmenvertrag zwischen dem BZH und dem Beklagten einen dreiseitigen Praktikumsvertrag zunächst für den Zeitraum vom 18.10.2012 bis zum 15.11.2012 ab. Diesen Praktikumsvertrag verlängerten die Parteien jeweils schriftlich unter Beteiligung des BZH am 22.11.2012 bis zum 31.12.2012 und sodann Anfang 2013 bis zum 29.03.2013. Am 06.03.2013 kam zwischen den Parteien ein Berufs-ausbildungsvertrag zustande. Die Klägerin sollte ab dem 01.09.2013 zur Verkäuferin ausgebildet werden. Die Parteien vereinbarten mit Zustimmung des BZH, das Praktikum bis zum Beginn der Ausbildung zu verlängern. Die Klägerin setzte ihre Tätigkeit beim Beklagten noch bis zum 04.07.2014 fort und stellte sie dann ein. Das Berufsausbildungsverhältnis wurde nicht in Vollzug gesetzt. In der vom Bildungsträger ausgestellten Teilnahmebescheinigung, wegen deren Inhalts auf Bl. 35 d.A. verwiesen wird, wurde als Ende der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme der 04.07.2013 angegeben.
8Dem Abschluss des ersten Praktikumsvertrages mit dem Beklagten war eine schriftliche Bewerbung der Klägerin vom 11.10.2012 vorausgegangen. Bis dahin nutzte die Klägerin die Zeit beim Bildungsträger BZH, um am dort angebotenen Unterricht teilzunehmen und das Schreiben von Bewerbungen zu üben. Auf den Beklagten wurde die Klägerin nach vielen erfolglosen Bewerbungen über eine Internetseite der Arbeitsagentur aufmerksam. Die Klägerin nahm nach Aufnahme ihrer Tätigkeit beim Beklagten an schulischen Maßnahmen zumindest bis Ende 2012 teil. Neben der Klägerin waren als Praktikanten zumindest die von der Klägerin benannten Zeugen PS und W im Rahmen berufsvorbereitender Maßnahmen tätig.
9Die Klägerin hat behauptet, im Lebensmittelmarkt des Beklagten seien 12 Mitarbeiter beschäftigt gewesen, davon mindestens 4 Praktikanten. Es sei üblich, dass vor Aufnahme einer Ausbildung bei dem Beklagten Praktika zu absolvieren seien. Die Ausbildungsverhältnisse würden dann regelmäßig gekündigt. Sie sei seit dem 25.10.2012 für den Beklagten vollzeitbeschäftigt tätig geworden und habe über die im Arbeitszeitgesetz zulässige Grenze hinaus gearbeitet. Der von ihr überreichten Auflistung lasse sich entnehmen, dass sie in den Monaten Oktober 2012 bis Juli 2013 insgesamt 1.728 Stunden und 15 Minuten tätig gewesen sei. Sie habe vollwertig arbeiten müssen. Ein werkpraktischer Unterricht in dem Sinne, dass sie Einblicke in die betrieblichen Abläufe erhalten hätte, habe nicht stattgefunden. Sie habe vielmehr während der gesamten Beschäftigungsdauer Hilfstätigkeiten erbracht, die mit schwerer körperlicher Arbeit verbunden gewesen wären, insbesondere an der Kasse gearbeitet, Ware ein- und ausgeräumt und geputzt. Am Berufsschulunterricht habe sie lediglich im November und Dezember 2012 teilgenommen. Der Beklagte sei an sie und den Zeugen PS herangetreten und habe sie aufgefordert, die Berufsschule nicht mehr zu besuchen. Dies habe lediglich der Zeuge PS abgelehnt. Der weitere Zeuge S, ein Mitarbeiter des Trägervereins BZH, habe ihr am 21.12.2012 mitgeteilt, sie solle nicht mehr zum Unterricht erscheinen, sondern im Betrieb des Beklagten arbeiten. Sie sei daher nach dem 21.12.2012 auch freitags im Betrieb des Beklagten tätig geworden. Zu bestreiten sei, dass der Beklagte mit dem Trägerverein Rücksprachen gehalten und Vereinbarungen zur ordnungsgemäßen Durchführung der Maßnahme getroffen habe.
10Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse ihre Tätigkeit vom 25.10.2012 bis zum 04.07.2013 vergüten, weil es sich um ein Scheinpraktikum gehandelt habe. Unter Berücksichtigung der tarifüblichen Vergütung für nicht ausgebildete Arbeitnehmer im nordrhein-westfälischen Einzelhandel sei ein Stundensatz von 10,00 € in Ansatz zu bringen. Angesichts der dargelegten Arbeitsstunden ergäbe sich ein Betrag von 17.281,50 € brutto, auf die die erhaltene Berufsausbildungsbeihilfe nicht anzurechnen sei.
11Die Klägerin hat beantragt,
12den Beklagten zu verurteilen, Vergütung für den Zeitraum 25.10.2012 bis 04.07.2013 von 17.281,50 € brutto nebst jeweils 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils einem Betrag von 414,50 € brutto ab dem 01.11.2012, aus einem Betrag von 1.601,50 € brutto ab dem 01.12.2012, aus einem Betrag von 1.790,00 € brutto ab dem 01.01.2013, aus einem Betrag von 2.221,50 € brutto ab dem 01.02.2013, aus einem Betrag von 2.003,00 € brutto ab dem 01.03.2013, aus einem Betrag von 2.044,50 € brutto ab dem 01.04.2013, aus einem Betrag von 2.184,50 € brutto ab dem 01.05.2013, aus einem Betrag von 2.473,00 € brutto ab dem 01.06.2013, aus einem Betrag von 2.213,00 € brutto ab dem 01.07.2013 und aus einem Betrag von 320,00 € brutto ab dem 01.08.2013 zu zahlen.
13Der Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Der Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe einen allumfassenden Einblick in das Berufsbild der Einzelhandelskauffrau erhalten. Es sei zutreffend, dass die Klägerin auch Tätigkeiten an der Kasse erbracht sowie Regale befühlt und in Ordnung gehalten habe. Sie habe die Tätigkeitsbereiche kennengelernt, die auf eine Verkäuferin im Lebensmitteleinzelhandel zukämen. Sie sei sowohl von ihm – dem Beklagten - selbst als auch vom stellvertretenden Marktleiter und von weiteren Mitarbeitern eingewiesen worden. Diesbezüglich sei es zu regelmäßigen Rück- und Absprachen mit dem Trägerverein gekommen, der die ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahme begleitet habe.
16Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren sei nicht ersichtlich. Die geschlossenen Praktikantenverträge sähen eine Zahlung gerade nicht vor. Festgelegt worden sei ausdrücklich, dass lediglich ein Schnupperpraktikum habe vereinbart werden sollen, das von den Regelungen zur Entgeltlichkeit der Ausbildung nicht erfasst sei. Die jeweiligen Praktika hätten den Zweck, den Jugendlichen in den Stand zu versetzen, künftig an einer Berufsausbildung teilzunehmen. Den Teilnehmern stünde lediglich ein Anspruch auf Zahlung einer Berufsausbildungsbeihilfe im Verhältnis zur Bundesagentur für Arbeit zu.
17Mit Urteil vom 25.03.2014 hat das Arbeitsgericht den Beklagten in vollem Umfang zur Zahlung verurteilt, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Das Vertragsverhältnis stelle sich als Arbeitsverhältnis heraus. Das Praktikantenverhältnis unterscheide sich vom Arbeitsverhältnis dadurch, dass das zu Erlernende deutlich überwiegen müsse. Dies sei hier nicht der Fall. Die Klägerin habe für den Beklagten fremdbestimmte Arbeit erbringen müssen. Der Beklagte habe nicht konkret dargelegt, inwieweit die Klägerin lediglich angelernt worden sei. Sein Vortrag habe auch nicht erkennen lassen, welche Informationsdefizite im Rahmen eines Ausbildungskonzepts hätten ausgeglichen werden müssen. Vor allem lasse sich die über 8 Monate laufende Tätigkeit der Klägerin beim Beklagten nicht mit den Ausbildungszielen eines Praktikums in Übereinstimmung bringen. Es hätte dem Beklagten oblegen, den Anteil der Ausbildung in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht zu schildern und in ein Verhältnis zu setzen. Dieser Darlegungslast sei der Beklagte nicht nachgekommen. Für die Bemessung der Höhe der Vergütung sei auf die tarifübliche Vergütung abzustellen. Der von der Klägerin geltend gemachte Stundensatz von 10 € übersteige diesen Betrag nicht.
18Gegen das dem Beklagten am 22.04.2014 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 12.05.2014, die er innerhalb der bis zum 24.07.2014 verlängerten Frist am 22.07.2014 unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Ausführungen im Wesentlichen wie folgt begründet:
19Das Arbeitsgericht habe den sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund der berufsbildenden Maßnahmen, an der die Klägerin teilgenommen und er Praktika angeboten habe, nicht ausreichend berücksichtigt. So sei zu sehen, dass es der Klägerin oblegen habe, sich geeignete Praktikumsbetriebe zu suchen. Nicht er, sondern die Klägerin habe – insoweit unstreitig – den Kontakt aufgenommen. Angesicht der schlechten schulischen Leistungen und der fehlenden weiteren Qualifizierungen der Klägerin sei für ihn der Abschluss eines Ausbildungsvertrages nicht in Betracht gekommen. Da der Klägerin in ihrem Schulabschlusszeugnis aber zumindest ein gutes Sozialverhalten attestiert worden sei und er einen guten Eindruck von ihr gehabt habe, habe er mit der Klägerin auf der Basis der vom Bildungsträger zur Verfügung gestellten Formulare ein Praktikum vereinbart.
20Das ursprünglich für einen Monat angesetzte Praktikum, das am 15.11.2012 sein Ende hätte finden sollen, sei verlängert worden, weil weder er noch die Klägerin sich sicher gewesen seien, ob die Klägerin in der Lage sein würde, eine Ausbildung zu Ende zu führen. Das Praktikum sei daher bis Ende Dezember 2012 verlängert worden. Der Klägerin seien die verschiedenen Arbeitsbereiche eines Lebensmittelmarktes näher gebracht worden. So sei ihr u.a. erklärt worden, wie Regale einzuräumen und worauf dabei zu achten sei, wie mit Kunden umzugehen sei und wie das Kassensystem funktioniere. Die Klägerin sei an der Kasse – unter Beobachtung – eingesetzt worden. Für jeden Monat des Praktikums seien Beurteilungsbögen erstellt und mit der Klägerin besprochen sowie dem Maßnahmeträger zur Verfügung gestellt worden. Aus dem im laufenden Verfahren vorgelegten und die Monate Oktober bis Dezember 2012 umfassenden Beurteilungsbogen sei ersichtlich, dass die Klägerin vorgegebene Zeiten nicht immer eingehalten habe, sich leicht habe ablenken lassen sowie nicht immer das nötige Interesse gezeigt und ausgesprochen langsam und unter Inanspruchnahme häufiger Pausen gearbeitet habe. Den Inhalt von Unterweisungen habe sich die Klägerin nicht immer merken können. Im ersten Teil des Praktikums sei die Klägerin im Lebensmittelbereich des Supermarktes eingesetzt worden. Es habe sich gezeigt, dass sie dort durchgehend unpünktlich, unzuverlässig, unsorgfältig und unkonzentriert gewesen sei. Kritikfähigkeit habe ihr gefehlt. Ihre Problemlösungskompetenz sei schwach ausgeprägt gewesen.
21Arbeitsleistungen im Sinne der Erfüllung einer Arbeitspflicht seien von der Klägerin weder erbracht noch von ihr erwartet worden. Am Ende des ersten Praktikums habe er den Eindruck gehabt, die Defizite der Klägerin seien darauf zurückzuführen, dass sie sprachliche Mängel aufweise und noch nie in einem Team gearbeitet habe. Gleichwohl habe er angenommen, die Klägerin würde über ausreichendes Potential für eine Ausbildung verfügen, sofern die Schwierigkeiten überwunden werden könnten. Die Defizite seien Anfang Januar 2013 noch nicht ausgeräumt gewesen. Angesicht der gleichwohl noch bestehenden Hoffnung, die Klägerin könne die Ausbildungsreife noch erreichen, sei der Klägerin erneut angeboten worden, das Praktikum zu verlängern. Unter Einbeziehung des Maßnahmeträgers BZH sei es dann zum Anschlusspraktikum vom 08.01.2013 bis zum 29.03.2013 gekommen.
22Das Arbeitsgericht habe – so die Auffassung des Beklagten – verkannt, dass an der vertraglichen Gestaltung drei Vertragspartner beteiligt gewesen wären. Seine Verpflichtung habe lediglich darin bestanden, der Klägerin einen Praktikumsplatz anzubieten und ihr Kenntnisse des Berufsbildes zu vermitteln. Die Klägerin habe sich gegenüber dem Maßnahmeträger und der Arbeitsagentur verpflichtet, die angebotene Gelegenheit zur Durchführung des Praktikums wahrzunehmen. Außerdem sei der Träger verpflichtet gewesen, sie bei der Sozialversicherung und der Berufsgenossenschaft anzumelden. Eine Arbeitspflicht habe gerade nicht bestanden. Die gesamte Maßnahme sei vielmehr maßgeblich durch den sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund geprägt, eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme i.S.d. §§ 51 ff SGB III durchzuführen.
23Zwar sei es zutreffend, dass das Ziel des Praktikums Anfang März 2013 mit Abschluss des Ausbildungsvertrages erreicht gewesen wäre. Dies – so seine Behauptung - habe er der Klägerin auch mitgeteilt. Die Klägerin habe sich mit dem Ansprechpartner S des Bildungsträgers in Verbindung gesetzt und darum gebeten, das Praktikum fortsetzen zu können. Dieser habe keine Bedenken gehabt, zumal die maximale Förderungsdauer von 10 Monaten noch nicht erreicht gewesen wäre und aus dessen Sicht das Beibehalten der antrainierten Verhaltensweisen der Klägerin den späteren Einstieg in die Ausbildung erleichtern würde. Ein Zusammenhang zwischen einem Verbleib im Betrieb und der späteren Ausbildung sei von ihm – dem Beklagten - nicht hergestellt worden.
24Er habe Ende 2012 etwa 20 festangestellte Mitarbeiter beschäftigt. Bis Februar 2013 sei die Zahl auf 13 gesunken. Er habe maximal 3 bis 4 Praktikanten zeitgleich eingesetzt, nicht aber kontinuierlich. Falsch sei es, behaupte die Klägerin, er habe sie oder den Zeugen P. S bedrängt, die Schule nicht mehr zu besuchen.
25Der Beklagte beantragt,
26das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.03.2014 – 2 Ca 1482/13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
27Die Klägerin beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen
29und behauptet, die meisten Praktikanten des Beklagten seien nicht lange geblieben und hätten ständig gewechselt; ein wesentlicher Teil der Belegschaft hätte aus kostenlosen Praktikanten bestanden. Ihre Arbeitszeit und auch diejenige der anderen Praktikanten habe der Beklagte nicht erfasst. Sie sei sich von vornherein darüber bewusst gewesen, dass sie das Praktikum bis zum Beginn der Ausbildung würde fortsetzen müssen. Dies sei auch von den anderen Praktikanten verlangt worden.
30Entgegen dem Vortrag des Beklagten seien Beurteilungsbögen zwar eventuell geführt worden. Doch hätten Unterweisungen nicht stattgefunden, auch keine Besprechungen. Beurteilungsbögen hätte sie zu keiner Zeit zur Kenntnis bekommen.
31Zwar seien ihr zu Beginn der Tätigkeit die einzelnen Arbeiten erklärt worden. Auch sei sie angelernt worden. Doch habe sie von Beginn an vollwertig gearbeitet. Sie habe regelmäßig kassiert, Regale nachgefüllt, Waren neu bestellt, den Boden geputzt, Obst und Gemüse von Theken weggeräumt, Kassenabrechnungen durchgeführt und Leergutabrechnungen vorgenommen sowie das Lager aufgeräumt und den Müll entsorgt. Ferner seien die Tiefkühlräume leer geräumt und geputzt worden. Zu Beanstandungen sei es nie gekommen.
32Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die ausweislich der Sitzungsprotokolle abgegebenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe
34I. Die Berufung des Beklagten ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG) und nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 12.05.2014 gegen das am 22.04.2014 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt sowie innerhalb der verlängerten Frist am 22.07.2014 begründet worden. Sie ist damit insgesamt zulässig.
35II. Die Berufung des Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagen kein Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 17.281,50 € brutto nebst Zinsen zu.
36Einen solchen Anspruch kann die Klägerin insbesondere nicht auf einen zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag i.V.m. den §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 1 BGB stützen. Der zwischen dem Beklagten, dem Bildungszentrum des Handels und der Klägerin erstmals am 18.10.2014 schriftlich abgeschlossene und sodann mehrfach verlängerte „Praktikumsvertrag“ ist nicht als Arbeitsvertrag der Parteien dieses Rechtsstreits zu klassifizieren.
371. Nach § 611 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, ihm die vereinbarte Vergütung zu gewähren. Fehlt es an einer Vergütungsvereinbarung, etwa weil sich die getroffene Vereinbarung als wucherähnlich i.S.d. § 138 BGB und damit als nichtig herausstellt (vgl. BAG 18.03.2014 – 9 AZR 694/12, juris Rn. 31), gilt eine Vergütung nach § 612 BGB als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen Bezahlung zu erwarten ist.
382. Arbeitnehmer ist nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen verpflichtet ist, weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu leisten (BAG 18.03.2014 – 9 AZR 694/12, juris Rn. 16; 14.03.2007 – 5 AZR 499/06, juris Rn. 13; 13.03.2003 - 6 AZR 564/01, juris Rn 34; LAG Sachsen-Anhalt 18.05.2009 – 6 Sa 432/08, juris; LAG Baden-Württemberg 08.02.2008 – 5 Sa 45/07, NZA 2008, 768; ArbG Hamburg 16.10.2012, 21 Ca 43/12, juris). Unerheblich ist es, wie die Parteien das Vertragsverhältnis bezeichnen. Die Gesamtumstände sind zu würdigen, um festzustellen, ob ein Arbeitsverhältnis oder eine andere Rechtsbeziehung der Vertragspartner vorliegt. Dabei ist der objektive Geschäftsinhalt den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widerspricht die praktische Handhabung des Vertrages dem wörtlichen Inhalt des Vereinbarten, ist die tatsächliche Durchführung des Vertrages bestimmend für den Vertragsinhalt (BAG 18.03.2014 – 9 AZR 694/12, juris Rn. 17; 25.09.2013 – 10 AZR 282/12, juris Rn 17; 2 AZR 89/99, juris Rn 23). Danach war die Klägerin nicht Arbeitnehmerin des Beklagten im Sinne des § 611 BGB.
39a) Zwischen den Parteien besteht letztlich kein Streit, dass die Klägerin an einer berufsvorbereitenden Maßnahme teilgenommen hat, die von der Agentur für Arbeit B unter Einbindung des BZH als Bildungsträger gefördert worden ist und auf deren Basis sie ausweislich der von ihr im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens vorgelegten Unterlagen eine Berufsausbildungsbeihilfe i.S.d. § 56 SGB III bezogen hat. Dem Wortlaut des Rahmenvertrages über die Ableistung eines Praktikums zwischen dem Bildungsträger BZH und dem Beklagten ist zu entnehmen, dass nicht etwa der Beklagte Träger der Berufsvorbereitungsmaßnahme ist, sondern der Bildungsträger BZH, der diese Maßnahme im Auftrag der Agentur für Arbeit durchführt. Damit hat nicht etwa der Beklagte der Klägerin eine eigene Berufsvorbereitung angeboten - auch keine Berufsausbildungsvorbereitung im Sinne des § 68 Abs. 1 BBiG. Er unterstützt lediglich den Bildungsträger, indem er die Gelegenheit anbietet, werkpraktische Tätigkeiten in seinem Betrieb durchzuführen. Die Berufsausbildungsbeihilfe erhält die Klägerin aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungsbeziehung zur Bundesagentur für Arbeit und der von ihr auf dieser Grundlage eingegangenen Verpflichtung, an einer berufsvorbereitenden Maßnahme teilzunehmen, deren Bestandteil es auch ist, ein Praktikum zu absolvieren. Es ist deshalb bereits zweifelhaft, ob zwischen den Parteien überhaupt ein privatrechtlicher Vertrag vorliegt, der die Klägerin entgegen der gewählten Bezeichnung von einer Praktikantin zu einer Arbeitnehmerin werden lassen könnte.
40aa) So wird angenommen, dass Personen, die an einer öffentlich geförderten Maßnahme bei einem Bildungsträger teilnehmen, im Regelfall zur Arbeitsverwaltung in einem öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnis stehen (Herkert/Tölt, BBiG, Loseblatt, 81. Ergänzungslieferung 2012, § 68 Rn. 2; Lakies/Malottke, BBiG, 11. Aufl. 2011, § 68 Rn. 13; vgl. auch BAG 18.11.1999, 2 AZR 89/99, juris Rn 17; LAG Hamm 14.02.2000 – 17 Sa 1654/99, juris) und damit auch der berufspraktische Teil dieser beruflichen Bildungsmaßnahme, der in Betrieben durchgeführt wird, sich lediglich als Teil dieser öffentlich-rechtlichen Leistungsbeziehung darstellt. Auch das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Rechtsbeziehung eines Arbeitgebers, der sich gegenüber der (damaligen) Bundesanstalt für Arbeit unmittelbar verpflichtet hat, ein Praxistraining im Rahmen einer auf die damaligen Bestimmungen des AFG gestützten Fortbildungsmaßnahme durchzuführen, alleine öffentlich-rechtlich bestimmt sei und nicht zu einem konkludenten Vertragsschluss zwischen diesem Arbeitgeber und dem Praktikanten führe (BAG 08.04.1988 - 2 AZR 684/87, juris Rn. 25 ff). Nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen sei es ausreichend, dass die Maßnahme alleine auf der Grundlage der vertraglichen Beziehungen zwischen der Bundesanstalt und dem Arbeitgeber als Maßnahmeträger sowie der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen der Bundesanstalt und dem Teilnehmer der Maßnahme durchgeführt werde. In einer solchen Situation würden sich die gesetzliche Verpflichtung des Trägers zur Durchführung der Fortbildung und die Verpflichtung des Fortzubildenden zur Teilnahme jeweils nur gegenüber der Bundesanstalt ergeben. Die – wie hier im Rahmenvertrag geregelten - ausbildungsbezogenen Anweisungsrechte des Trägers der Praktikums sowie die Bindung des Teilnehmers an den äußeren Betriebsablauf, insbesondere an die Arbeitszeit, die betriebliche Ordnung und an Sicherheitsvorschriften, die typischerweise ein Arbeitsverhältnis ausmachten, würden ebenso über die Rechtsbeziehungen zur Bundesanstalt vermittelt wie der dem Teilnehmenden zustehende Anspruch auf eine sinnvolle Fortbildung (BAG 08.04.1988 - 2 AZR 684/87, juris Rn. 28 f).
41bb) Auch der Klägerin wurde ausweislich des Leistungsbescheids, mit dem ihr Berufsausbildungsbeihilfe nach den §§ 51 ff SGB III gewährt wurde, auferlegt, der Agentur für Arbeit jede Änderung mitzuteilen, die für die Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe von Bedeutung ist, beispielsweise das vorzeitige Ausscheiden aus der Bildungsmaßnahme, Unterbrechungen und Fehlzeiten. Für eine lediglich öffentlich-rechtlich ausgestaltete Rechtsbeziehung spricht auch, dass der zwischen dem Bildungsträger und dem Beklagten abgeschlossene Rahmenvertrag zur Ableistung eines Praktikums vorsieht, dass dem Beklagten keine Kosten entstehen sollen und die Klägerin über den Bildungsträger BZH sozialversichert und bei der Berufsgenossenschaft angemeldet sowie zusätzlich haftpflichtversichert werde. Die beim Beklagten abgeleistete Tätigkeit der Klägerin findet damit ihren Ursprung in der öffentlich-rechtlichen Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin, der Arbeitsverwaltung und dem Bildungsträger.
42b) Es mag letztlich offen bleiben, ob sich der Beklagte gegenüber der Klägerin mit dem ersten, am 18.10.2012 geschlossenen und den sodann folgenden weiteren Praktikumsverträgen privatrechtlich zur Durchführung des Praktikums verpflichten wollte und es sich bei dem zwischen der Klägerin, dem Beklagten und dem BZH vereinbarten dreiseitigen Vertrag um eine privatrechtliche Vereinbarung handelt, wie es das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 18.11.1999 (2 AZR 89/99, juris Rn 21) zumindest für die dortige Situation angenommen hat. Jedenfalls enthält der dreiseitige Vertrag keine Vertragspflichten der Klägerin und des Beklagten, die es unter Berücksichtigung der Gesamtumstände rechtfertigen würden, das Vertragsverhältnis als ein Arbeitsverhältnis zu bewerten.
43aa) Nach dem Wortlaut des dreiseitigen Praktikumsvertrages, der auf der Basis des Rahmenvertrages zwischen dem Beklagten und dem Bildungsträger abgeschlossen worden ist, war die Klägerin weder zur Arbeit verpflichtet noch durfte der Beklagte eine Arbeitsleistung abfordern. Eine – wie auch immer geartete - Leistung der Klägerin sieht der Praktikumsvertrag nicht vor. Aufgenommen ist alleine, dass die Klägerin im Rahmen eines „Schnupperpraktikums“ Einblick in das Berufsfeld mit seinen Arbeitsbedingungen und Arbeitsanforderungen erhalten soll.
44Zwar sieht der Rahmenvertrag selbst weitere Leistungen vor. Allerdings sind dies nur solche, die der dritte Vertragspartner – der Bildungsträger - zu erbringen hat. Dieser – und nicht der Beklagte – ist danach verpflichtet, für eine Sozial- und Unfallversicherung zu sorgen, der Klägerin die nötige Arbeitskleidung zur Verfügung zu stellen, eine zusätzliche Haftpflichtversicherung abzuschließen, die Klägerin sozialpädagogisch und psychologisch zu betreuen, diese angemessen auf das Praktikum vorzubereiten und das Praktikum nach seinem Ende mit der Klägerin auszuwerten. Der Beklagte selbst verpflichtete sich im dreiseitigen Vertrag lediglich dazu, den Praktikumsplatz zur Verfügung zu stellen und der Klägerin nach Beendigung des Praktikums eine Bescheinigung oder ein Zeugnis auszustellen.
45Der dreiseitige Vertrag stellt damit die für das erfolgreiche Durchführen einer berufsfördernden Bildungsmaßnahme erforderlichen und aus der öffentlich-rechtlichen Beziehung des Bildungsträgers BZH zur Bundesagentur für Arbeit folgenden Verpflichtungen des Bildungsträgers in den Vordergrund. Es ist damit nach dem Wortlaut der dreiseitigen Vereinbarung nicht ersichtlich, dass durch den Praktikumsvertrag ein Austauschverhältnis begründet werden sollte, wie es für das Arbeitsverhältnis typisch ist (vgl. BAG 18.11.1999, 2 AZR 89/99, juris Rn 22), bei dem der Beklagte von der Klägerin etwas, nämlich eine Arbeitsleistung, verlangen könnte, dem eine Gegenleistung gegenüberstehen würde.
46bb) Auch aus der praktischen Durchführung, die entscheidend ist, wenn sie vom vereinbarten Vertragsinhalt abweicht (BAG 18.03.2014 – 9 AZR 694/12, juris Rn. 17; 25.09.2013 – 10 AZR 282/12, juris Rn 17; 18.11.1999, 2 AZR 89/99, juris Rn 23), lässt sich kein anderes Ergebnis erzielen. Das Berufungsgericht vermochte dem Arbeitsgericht nicht zu folgen, wenn es zu dem Ergebnis kommt, die praktische Handhabung des Vertragsverhältnisses sei die eines Arbeitsverhältnisses. Zwar gibt das Arbeitsgericht die Rechtsprechung zur Abgrenzung eines Praktikanten- von einem Arbeitsverhältnis zutreffend wieder und weist darauf hin, dass bei einem Praktikum das Erlernen praktischer Kenntnisse und Erfahrungen die für den Betrieb erbrachten Leistungen und Arbeitsergebnisse deutlich überwiegen müsse, wofür der Arbeitgeber darlegungspflichtig sei (vgl. BAG 13.03.2003 – 6 AZR 564/01, juris; LAG Hamm 29.11.2012 – 11 Sa 74/12, juris; LAG Baden-Württemberg 08.02.2008 – 5 Sa 45/07 – NZA 2008, 768;). Doch lässt das Arbeitsgericht unberücksichtigt, dass die praktische Tätigkeit der Klägerin im Betrieb des Beklagten einen sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund hatte und auch so gehandhabt wurde.
47(1) So ist zunächst zu sehen, dass eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme im Sinne des § 51 SGB III darauf ausgerichtet ist, junge Menschen zu fördern, um sie auf die Aufnahme einer Berufsausbildung vorzubereiten. Da die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 SGB III erfüllt hat, gehört sie zum Kreis der „förderungsbedürftigen jungen Menschen“, wie es in § 51 Abs. 1 SGB III beschrieben ist. Das bestätigt sich in dem Umstand, dass die Klägerin nach einem mit „ausreichend“ bestandenen Hauptschulabschluss zunächst für nur kurze Zeit – ausbildungslos – im Einzelhandel und sodann für etwa 6 Monate in der Systemgastronomie tätig war, ohne dass sich bis zur Aufnahme der berufsvorbereitenden Maßnahme über einen Zeitraum von zwei Jahren nach Schulabschluss eine Ausbildung angeschlossen hat.
48Damit gehört die Klägerin - anders als in den Fällen der vom Arbeitsgericht wiedergegebenen Rechtsprechung zur Abgrenzung der Praktikanten- von Arbeitsverhältnissen – nicht zu einem Personenkreis, der bereits mit den durch eine duale oder akademische Ausbildung versehenen Fertigkeiten in ein Vertragsverhältnis eintritt, in dem nicht etwa weitere berufliche Fähigkeiten vermittelt werden sollen, sondern eine bereits erlernte Arbeitstätigkeit unter dem Deckmantel eines Praktikums abgefragt wird. Die Klägerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausgeführt, sie habe nach Aufnahme der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme beim Bildungsträger BZH zunächst das Schreiben von Bewerbungen geübt und eine Vielzahl von erfolglosen Bewerbungen geschrieben, bevor sie wegen der Aufnahme eines Praktikums mit dem Beklagten in Kontakt getreten sei. Die auch darin zum Ausdruck kommende Förderungsfähigkeit und -bedürftigkeit der Klägerin, deren eher schlechter schulischer Abschluss, die geringen beruflichen Aktivitäten der Klägerin nach Abschluss der Hauptschule und die Vielzahl der erfolglosen Bewerbungen um den Abschluss eines Ausbildungsvertrages sind im Rahmen der Gesamtwürdigung objektive Kriterien, die die Aufnahme eines betrieblichen Praktikums im Sinne des § 51 Abs. 4 SGB III als Teil einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme belegen.
49(2) Dem Rahmenvertrag zur Ableistung eines Praktikums zwischen dem Bildungsträger BZH und dem Beklagten lässt sich entnehmen, dass die berufsvorbereitenden Maßnahmen in der Regel am 1. September eines Jahres beginnen und am 31. August des Folgejahres enden. Der Bildungsträger hat der Klägerin eine Teilnahme an der Berufsbildungsmaßnahme, zu der werkspraktische Teile gehören, über die Dauer vom 05.09.2012 bis zum 04.07.2013 bescheinigt. Der Bescheid der Agentur für Arbeit B vom 19.12.2012 sah einen Bewilligungszeitraum für den Bezug der Berufsausbildungsbeihilfe bereits bis zum 04.07.2013 vor. Der objektiv praktizierte Zeitraum der Berufsbildungsmaßnahme einschließlich der darin enthaltenen Praktika deckt sich damit mit der Erwartung des Bildungsträgers und auch der Agentur für Arbeit über den regelmäßigen Verlauf der der Klägerin bewilligten Bildungsmaßnahme. Die mehrfache Aneinanderreihung eines Praktikums, die für einen fachlich bereits ausbildeten Arbeitnehmer ungewöhnlich sein und dafür sprechen mag, dass nicht die Vermittlung beruflicher Fertigkeiten im Vordergrund steht, sondern Arbeitsleistung abverlangt wird, überschreitet den Rahmen des regelmäßigen Zeitraums einer solchen berufspraktischen Bildungsmaßnahme nicht, der offensichtlich seinen Grund darin hat, eine Zeitspanne bis zur regelmäßigen Aufnahme einer beruflichen Ausbildung zu überbrücken, die meist zum 1. August oder 1. September eines Jahres beginnt (vgl. IHK Würzburg, http://www.wuerzburg.ihk.de/ausbildung.html: Ausbildungsbeginn und Ausbildungsende, 11.11.2014). Dieser objektive Umstand rechtfertigt weiterhin den Schluss, dass sich die praktische Handhabung der Tätigkeit beim Beklagten nach wie vor als Teil der dreiseitigen Vereinbarung darstellt.
50(3) Auch die von der Klägerin behauptete Arbeitsleistung an der Kasse und den Warenregalen, im Lager und im Reinigungsdienst sowie deren Einbindung in Arbeitszeitabläufe im Betrieb des Beklagten stellen – anders als bei einem ausgebildeten Arbeitnehmer – keine objektiven Umstände dar, die dafür sprechen könnten, dass das Vertragsverhältnis der Parteien in der praktischen Durchführung nichts anderes als ein Arbeitsverhältnis gewesen ist. Ausweislich des Rahmenvertrages zur Ableistung eines Praktikums liegen die inhaltlichen Schwerpunkte der beruflichen Bildungsmaßnahme im Training der für die Ausbildung und Berufstätigkeit notwendigen Grundkompetenzen, in der Vorbereitung auf die Berufsschule und in der beruflichen Orientierung. Im werkpraktischen Teil sollte die Klägerin einen Einblick in betriebliche Abläufe und Inhalte erhalten. Sie sollte unterschiedliche Berufsfelder und Arbeitsbedingungen kennenlernen und ihre eigenen Fähigkeiten und Neigungen sowie ihre Eignung für den jeweiligen Beruf herausfinden, um für sich eine realitätsbezogene Berufswahl treffen zu können. Dies war nur möglich, indem die Klägerin mit den im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als Verkäuferin im Lebensmitteleinzelhandel üblichen Tätigkeiten vertraut gemacht wird und diese eintrainiert. Dazu gehören – neben vielen anderen Aufgaben – auch diejenigen, die die Klägerin benannt hat, also insbesondere die Arbeit an der Kasse, an den Warenregalen und im Lager, ebenso wie Reinigungsarbeiten in der Filiale. Zwischen den Parteien ist nicht im Streite, dass die Klägerin zunächst darin eingeführt und angelernt werden mussten, wie diese praktischen Arbeiten zu bewirken sind. Alles andere wäre angesichts des Umstands, dass die Klägerin gerade keine einschlägige Ausbildung vorweisen konnte, auch nicht zu erwarten gewesen.
51Da Sinn und Zweck der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auch war, die für die Ausbildung und Berufstätigkeiten notwendigen Grundkompetenzen einzutrainieren, entsprach es auch dem Inhalt des dreiseitigen Praktikumsvertrages, die Arbeiten und die für deren Durchführung notwendigen Grundkompetenzen nicht sofort abzubrechen, als ein Zustand erreicht war, bei dem möglicherweise ein bereits ausreichendes Verständnis vorhanden war. Ein Training setzt gerade voraus, dass durch Wiederholung und Vertiefung der einmal vermittelten Kompetenzen eine Verstetigung des Erlernten eintritt und damit die Grundlagen geschaffen werden, die nötige Ausbildungsfähigkeit der förderungsbedürftigen Klägerin zu vermitteln.
52Auch hier unterscheidet sich die Situation der Klägerin deutlich von derjenigen eines Arbeitnehmers mit abgeschlossener dualer oder akademischer Berufsausbildung, der über die für die Eingliederung in einen Betrieb erforderlichen Grundkompetenzen bereits verfügt, sich insbesondere in zeitliche, örtliche und organisatorische betriebliche Abläufe einfinden kann sowie Arbeitsanweisungen versteht und befolgt. Dass dies der Klägerin schwer gefallen ist, belegt ihre widersprüchliche Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sie sei eigentlich immer pünktlich gewesen, habe sich lediglich manchmal verspätet, jedoch niemals „geschwänzt“. Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses würde ein gelegentliches Verspäten zu Abmahnungen führen, weil ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangen kann, die betrieblichen Arbeitszeiten pünktlich einzuhalten. Von einem Praktikanten kann dies zwar auch erwartet werden. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, hat dies allerdings keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, sondern führt allenfalls zu einer negativen Bewertung über den Verlauf des Praktikums, wie es dem vom Beklagten zweitinstanzlich vorgelegten und an den Bildungsträger übermittelten Bewertungsbogen über den Erfolg des Praktikums bis zum Ablauf des Monates Dezember 2012 zu entnehmen ist.
53(4) Die Vermittlung dieser Grundkompetenzen, die nicht nur für den erfolgreichen Abschluss eines Berufsausbildungsverhältnisses erforderlich, sondern auch in jedem Arbeitsverhältnis unverzichtbare Bestandteile sind, sollten der Klägerin durch den berufspraktischen Teil der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Betrieb des Beklagten vermittelt werden. Das brachte es zwangsläufig mit sich, dass sich die Klägerin in den Betrieb des Beklagten wie eine Arbeitnehmerin einzugliedern hatte, um diese Kompetenzen zu erlernen und zu trainieren. Dass dies eben auch Teil des Praktikums und insbesondere auch der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ist, lässt sich wiederum dem Rahmenvertrag entnehmen, der ausdrücklich vorsieht, dass der Praktikant an Weisungen und Anordnungen des Praxisanleiters gebunden ist. Die Eingliederung der Klägerin in den Betrieb, deren Umfang zwischen den Parteien im Einzelnen streitig ist, kann demgemäß auch nicht herangezogen werden, um als ein objektives Kriterium gewertet zu werden, das dafür spricht, in Wirklichkeit hätten die Parteien kein Praktikanten- sondern ein Arbeitsverhältnis ins Werk gesetzt. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, behauptet die Klägerin, sie habe regelmäßig kassiert, Regale nachgefüllt, Waren neu bestellt, das Lager aufgeräumt, den Boden geputzt, Obst und Gemüse von Theken weggeräumt, Kassenabrechnungen durchgeführt und Leergutabrechnungen vorgenommen sowie weitere Arbeiten durchgeführt. Auch dies sind Arbeiten, die zum beruflichen Alltag eines ausgebildeten Arbeitnehmers im Lebensmitteleinzelhandel gehören, mit denen die Klägerin aus Gründen der beruflichen Orientierung im Rahmen des berufsvorbereitenden Praktikums vertraut gemacht werden sollte.
54(5) Die Kammer konnte offen lassen, ob die Klägerin ausreichend substantiiert dargelegt hat, der Beklagte habe von ihr verlangt, sie solle mit Ablauf des Monats Dezember 2012 davon Abstand nehmen, weiterhin an der wöchentlich eintägigen schulischen Ausbildung im Berufsbildungszentrum des Handels teilzunehmen. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass der Bildungsträger die Fortsetzung des berufspraktischen Teils der Bildungsmaßnahme auch unter diesen Umständen mitgetragen und damit vom Erfolg der Maßnahme unter diesen Voraussetzungen ausgegangen ist. Darüber hinaus ist zwischen den Parteien zumindest unstreitig, dass der von der Klägerin benannte Zeuge PS, der ebenfalls ein Praktikum im Betrieb des Beklagten aufgenommen hatte und nach den Behauptungen der Klägerin auch mit dem Begehren des Beklagten konfrontiert worden sei, er möge den Besuch der Schulung aufgeben, das Praktikum jedenfalls hat fortsetzen können, ohne dass er den Besuch der eintägigen wöchentlichen Schulung im Bildungszentrum hat beenden müssen.
55Die zumindest bis Ende Dezember auch von der Klägerin durchgeführte Teilnahme am Unterricht im Bildungszentrum spricht indes dafür, dass ein Praktikum und kein Arbeitsverhältnis praktiziert worden ist. Dies gilt auch für den Umstand, dass die Klägerin jederzeit in der Lage gewesen wäre, ihren Ansprechpartner im Bildungszentrum des Handels, den Zeugen S, über eine vermeintlich vertragswidrige Handhabung des Praktikums in Kenntnis zu setzen, das Praktikum abzubrechen und ein neues Praktikum im Rahmen der noch laufenden berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme aufzunehmen oder den schulischen Teil der berufsbildenden Maßnahme zu intensivieren, dies aber nicht oder – wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht von der Klägerin erklärt – erst kurz vor Abbruch der Maßnahme des Praktikums im Juli 2013 unternommen hat. Letztlich wurde der Bildungsträger BZH, der sich Betriebsbesuche ausweislich des Rahmenvertrages vorbehalten hatte, durch Mitzeichnung der jeweiligen dreiseitigen Praktikumsverträge und durch Übersendung der Bewertungsbögen über den Verlauf des Praktikums in Kenntnis gesetzt. Ihm standen somit objektive Kontroll- und Eingriffsbefugnisse zur Verfügung, um den erfolgreichen Verlauf der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme zu begleiten.
56(6) Aus der Sicht der Kammer spricht auch nicht gegen die tatsächliche Handhabung der Vertragsbeziehung der Parteien als Praktikum, dass zwischen den Parteien im März 2013 ein Berufsausbildungsvertrag unterzeichnet und das Praktikum gleichwohl fortgesetzt worden ist. Zwar mag das Ziel des Praktikums mit Abschluss des Ausbildungsvertrages erreicht gewesen sein. Allerdings gilt dies lediglich vordergründig. Im Rahmen der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme dient das Praktikum vor allem dazu, die erforderlichen Grundkompetenzen für eine Ausbildung und Berufstätigkeit zu trainieren. Angesichts der zuvor bestehenden langen Arbeitslosigkeit der Klägerin und deren sozialversicherungsrechtlichen Förderungswürdigkeit liegt es nahe, das Praktikum über die noch offene Zeitspanne bis zum Beginn der Berufsausbildung weiterzuführen. Wenn die Klägerin behauptet, für sie habe von vornherein festgestanden, dass sie das Praktikum bis zur Aufnahme der Ausbildung werde fortsetzen müssen, mag dies so sein. Für die Kammer ist mangels konkreten Vortrags der Klägerin nicht ersichtlich, dass der Beklagte sie etwa damit konfrontiert haben könnte, er würde das Ausbildungsverhältnis wieder auflösen, sofern sie das Praktikum nicht fortsetzen würde.
57(7) Ohne Relevanz ist es, behauptet die Klägerin, die meisten Praktikanten des Beklagten seien nicht lange geblieben und hätten ständig gewechselt, weshalb offen bleiben konnte, ob diese Behauptungen der Klägerin ausreichend substantiiert sind, um ihnen nachzugehen. Denn eine nur kurze Verweildauer von Praktikanten und deren häufiger Wechsel sprechen nicht gegen, sondern für die Vereinbarung von Praktika, die regelmäßig von kurzer Dauer sind. Auch der Umstand, dass die Arbeitszeit der Klägerin nach ihren Behauptungen nicht erfasst worden sei, spricht nicht gegen, sondern für eine Praktikantensituation. Da ein Praktikant keine Arbeitsleistung schuldet, ist es auch nicht erforderlich, die Arbeitszeitdauer wie bei einem Arbeitnehmer zu erfassen.
58(8) Zuletzt entspricht es nicht Sinn und Zweck von sozialversicherungsrechtlich geförderten beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen, bei ihrem Vollzug davon auszugehen, es läge in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis vor (vgl. BAG 18.11.1999, 2 AZR 89/99, juris Rn 26). Solche Maßnahmen, die eine starke Eingliederung des Praktikanten in den Betrieb vorsehen, ließen sich faktisch nicht mehr verwirklichen, müsste der den Praktikumsplatz anbietende Vertragspartner einer dreiseitigen Vereinbarung davon ausgehen, bereits die mit dem berufseingliederungsfördernden Zweck des Praktikums zu vereinbarende und für ein Arbeitsverhältnis typische Eingliederung in den Betrieb würde dazu führen, von einem Arbeitsverhältnis ausgehen zu müssen. Dies deckt sich im Übrigen damit, dass vergleichbare Bildungsmaßnahmen von § 22 Abs. 1 MiLoG, das beginnend mit dem 01.01.2015 einen Mindestlohn vorsehen wird, vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind.
59Die Kammer vermochte bei alledem nicht zu erkennen, dass die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung kein Praktikanten-, sondern ein Arbeitsverhältnis war, aus dem heraus die Klägerin die von ihr geltend gemachten Vergütungsansprüche hätte ableiten können. Die Klage unterlag mithin der Abweisung.
60III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfragen berühren auch nicht wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Ferner lagen keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würde.
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(1) Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung, wenn
- 1.
die Berufsausbildung förderungsfähig ist, - 2.
sie zum förderungsberechtigten Personenkreis gehören und - 3.
ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
(2) Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach § 51. Teilnehmende an einer Vorphase nach § 74 Absatz 1 Satz 2 haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe wie Auszubildende in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen, sind in den Fällen der Sätze 1 und 2 nicht zum Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe berechtigt.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Juni 2012 - 9 Sa 2359/11 - teilweise aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 15. September 2011 - 2 Ca 378/11 - teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt gefasst:
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.556,92 Euro brutto abzüglich 4.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Mai 2011 zu zahlen.
-
3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.
- 2
-
Der 1984 geborene Kläger bestand Ende 2007 zunächst die Prüfung zum Rettungssanitäter und später die staatliche Prüfung zum Rettungsassistenten. Ab 3. Dezember 2007 absolvierte er bei der Beklagten ein sog. Lehrwachen-Praktikum. Hierzu vereinbarten die Parteien am 3. Dezember 2007 ua. Folgendes:
-
„1.
Herr … wird in der Zeit vom 03.12.2007 bis zum 03.12.2008 ein Lehrwachen-Praktikum durchführen. …
Der/Die Praktikant/in unterliegt nicht den arbeitsrechtlichen Grundsätzen eines Ausbildungs- bzw. Beschäftigungsverhältnisses.
Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes sowie des Personalvertretungsgesetzes kommen nicht zur Anwendung. ...
2.
…
Der/Die Praktikant/in erhält kein Entgelt und somit unterliegt er/sie … auch nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht.
…
3.
Das Praktikum wird auf der Grundlage der tariflichen Regelwochenarbeitszeit durchgeführt. …
…
5.
Die Praktikumsdauer beträgt nach RettAssAPrV ein Jahr. …“
- 3
-
In den ersten drei Monaten wurde der Kläger - zumindest überwiegend - auf dem Krankentransportwagen oder als sog. „dritter Mann“ auf dem Rettungswagen eingesetzt. Er erhielt keine Zahlungen der Beklagten.
- 4
-
Am 29. Februar 2008 vereinbarten die Parteien einen mit „Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte“ überschriebenen „Aushilfsarbeitsvertrag“, wonach der Kläger im Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Dezember 2008 als Rettungsdienstmitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und einem monatlichen Festentgelt iHv. 400,00 Euro beschäftigt wurde. Als sachlicher Grund für die Befristung wurde ein „vorübergehender erhöhter Arbeitskräftebedarf“ angegeben. In der Vertragsurkunde wird der Kläger durchweg als „Arbeitnehmer“, die Beklagte als „Arbeitgeber[in]“ und das Vertragsverhältnis als „Arbeitsverhältnis“ bezeichnet.
- 5
-
Ab dem 15. März 2008 übernahm der Kläger auch betriebliche Aufgaben und nahm an Einsätzen neben einem Rettungsassistenten oder erfahrenen Rettungssanitäter als sog. „zweiter Mann“ teil. Für die Monate März bis Dezember 2008 zahlte die Beklagte dem Kläger jeweils 400,00 Euro netto. Am 3. Dezember 2008 erteilte sie dem Kläger eine „Bescheinigung über die erfolgreiche Ableistung der praktischen Tätigkeit“.
- 6
-
Der Kläger wurde von der Beklagten über den 31. Dezember 2008 hinaus beschäftigt. Sein monatliches Festentgelt wurde ab Januar 2009 auf 800,00 Euro brutto erhöht. Ab dem 26. Januar 2009 beschäftigte ihn die Beklagte als „Rettungsdienstmitarbeiter auf der Planstelle eines Rettungssanitäters“ mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer monatlichen Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto, die später auf 1.800,00 Euro brutto erhöht wurde. Am 4. Januar 2010 erhielt der Kläger die behördliche Erlaubnis, die Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ zu führen.
- 7
-
Mit seiner Klage macht der Kläger für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis zum 3. Dezember 2008 weitere Vergütung geltend. Er meint, er habe gemäß den §§ 26, 17 BBiG Anspruch auf eine angemessene monatliche Vergütung iHv. 1.201,25 Euro brutto.
- 8
-
Der Kläger hat sinngemäß - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.415,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 9
-
Die Beklagte hat zu ihrem Antrag auf Klageabweisung die Ansicht vertreten, für eine Vergütung der Praktikanten im Anerkennungsjahr gebe es keine gesetzliche Grundlage. Es würden ihr dafür auch keine Gelder von Dritten zur Verfügung gestellt. Im Übrigen sei das vom Kläger geforderte Praktikumsentgelt weder branchen- noch ortsüblich. Überwiegend werde Praktikanten kein Entgelt gezahlt, allenfalls erhielten diese Leistungen von Dritten.
- 10
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Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger 8.956,92 Euro brutto zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
- 11
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Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber größtenteils unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung weiterer Vergütung verurteilt.
- 12
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A. Die Beklagte schuldet dem Kläger für den Klagezeitraum gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto und damit insgesamt 19.200,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 4.000,00 Euro netto. Hiervon hat das Landesarbeitsgericht dem Kläger 8.956,92 Euro brutto zugesprochen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sind die von der Beklagten geleisteten Nettozahlungen nicht mit den Bruttoentgeltansprüchen des Klägers zu verrechnen. Das hat auch der Kläger zunächst mit Recht so gesehen. Im Schriftsatz vom 15. September 2011 hat er die an ihn gezahlten Beträge insgesamt in seinem Klageantrag noch als Nettobetrag ausgewiesen und berücksichtigt.
- 13
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I. Für die Zeit vom 1. März bis zum 3. Dezember 2008 hatte die Beklagte gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG an den Kläger eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto zu zahlen. Die Entgeltabrede im Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 ist gemäß § 134 BGB iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nichtig.
- 14
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1. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Die Beklagte zahlte dem Kläger ab dem 26. Januar 2009 als „Rettungsdienstmitarbeiter auf der Planstelle eines Rettungssanitäters“ in Vollzeit eine monatliche „Festvergütung“ iHv. 1.600,00 Euro brutto. Dafür, dass es sich bei dieser Vergütung nicht um die Vergütung eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Rettungssanitäters handelt, fehlen Anhaltspunkte. Dies hat die Beklagte auch nicht behauptet.
- 15
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2. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. Maßgeblich ist, dass diese am 29. Februar 2008 ausdrücklich einen Arbeitsvertrag abschlossen und darin ua. eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbarten. Damit war der Kläger teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer iSv. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.
- 16
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3. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13 mwN). Dementsprechend ist ein Arbeitsverhältnis anzunehmen, wenn die Leistung von Diensten nach Weisung des Dienstberechtigten und gegen Zahlung von Entgelt Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen (BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 1031/06 - Rn. 19, BAGE 123, 255).
- 17
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4. Ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ist grundsätzlich anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, wobei der objektive Geschäftsinhalt den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen ist. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgeblich (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17 [zur Abgrenzung von Arbeits- und Werkvertrag]; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15, BAGE 143, 77 [zur Abgrenzung von Arbeitsvertrag und ehrenamtlicher Tätigkeit]). Durch Parteivereinbarung kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen und der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzes nicht eingeschränkt werden (BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 84, 108).
- 18
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5. Die Würdigung, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29). Im Übrigen unterliegt sie wie jede andere Rechtsverletzung der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung.
- 19
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6. Allerdings gelten die dargestellten Grundsätze zur Ermittlung des Rechtsverhältnisses grundsätzlich nur für solche Fälle, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, sondern etwa als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis. Haben die Parteien dagegen - wie hier - ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch regelmäßig als solches einzuordnen (BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - zu II 2 der Gründe mwN, BAGE 84, 108; vgl. auch ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 36).
- 20
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7. Sachliche Gründe iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG rechtfertigen die Schlechterstellung des Klägers nicht.
- 21
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a) § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbietet eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt nicht ausnahmslos. Aus dem systematischen Zusammenhang von Satz 1 und 2 des § 4 Abs. 1 TzBfG und der Gesetzesbegründung folgt, dass § 4 Abs. 1 TzBfG ein einheitliches Verbot der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit enthält. Aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, der nicht ausdrücklich eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Arbeitsentgelt zulässt, kann nicht gefolgert werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbiete ausnahmslos eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt(BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu II 1 b der Gründe mwN).
- 22
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b) Die unterschiedliche vertragliche Arbeitszeit allein rechtfertigt jedoch nicht das Abweichen vom Pro-rata-temporis-Grundsatz. Die Sachgründe müssen anderer Art sein, zB auf der Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung oder unterschiedlichen Anforderungen am Arbeitsplatz beruhen. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich am Zweck der Leistung zu orientieren (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 33, BAGE 128, 63).
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c) Solche sachlichen Gründe hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Sie beruft sich zur Rechtfertigung der vereinbarten geringeren Vergütung lediglich darauf, der Kläger sei nicht als Arbeitnehmer, sondern ausschließlich als Praktikant eingesetzt worden. Dies trifft nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu.
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II. Für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis Februar 2008 folgt der Anspruch des Klägers auf eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto aus § 612 Abs. 2 iVm. § 138 Abs. 1 BGB.
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1. Zwischen den Parteien bestand schon ab dem 3. Dezember 2007 ein Arbeitsverhältnis, auch wenn die Vereinbarung vom 3. Dezember 2007 nicht als Arbeitsvertrag bezeichnet ist und nach deren Wortlaut gerade kein Arbeitsverhältnis eingegangen werden sollte. Mit dem Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 haben die Parteien klargestellt, dass sie ab März 2008 ein Arbeitsverhältnis begründen und der bis dahin in Vollzeit tätige Kläger, der bereits seit Ende 2007 ausgebildeter Rettungssanitäter ist, als Rettungsdienstmitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt werden soll. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass sich die Tätigkeit, die der Kläger vom 3. Dezember 2007 bis zum 29. Februar 2008 ausübte, oder die bis dahin erfolgte tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses ab dem 1. März 2008 wesentlich geändert hat. Dies hat die Beklagte auch nicht behauptet. Vielmehr hat diese in ihrer Revisionsbegründung vorgetragen, mit dem Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 sei nur die Unentgeltlichkeit der Beschäftigung des Klägers aufgehoben worden. Eine Änderung der Tätigkeit des Klägers ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zwar zum 15. März 2008 eingetreten, als der Kläger auch betriebliche Aufgaben übernahm und an Einsätzen neben einem Rettungsassistenten oder erfahrenen Rettungssanitäter als sog. „zweiter Mann“ teilgenommen hat. Eine solche Änderung ist jedoch für die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses nicht maßgeblich. Dies wird schon daraus deutlich, dass die Beklagte den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ab dem 1. März 2008 durch den Wortlaut des Arbeitsvertrags vom 29. Februar 2008 bestätigte.
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2. Die Abrede in Ziff. 2 des Arbeitsvertrags vom 3. Dezember 2007, wonach dem Kläger kein Entgelt zustehen sollte, ist als wucherähnliches Geschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Der Kläger hat deshalb nach § 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf die übliche Vergütung.
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a) Ein wucherähnliches Geschäft liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände, wie beispielsweise eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten, hinzutreten (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 9 mwN, BAGE 130, 338).
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aa) Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind regelmäßig die Tarifentgelte des jeweiligen Wirtschaftszweigs oder - wenn die verkehrsübliche Vergütung geringer ist - das allgemeine Entgeltniveau im Wirtschaftsgebiet. Das Missverhältnis ist auffällig, wenn es einem Kundigen, gegebenenfalls nach Aufklärung des Sachverhalts, ohne Weiteres „ins Auge springt“ (BAG 17. Oktober 2012 - 5 AZR 792/11 - Rn. 19 mwN, BAGE 143, 212). Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger ohne Anspruch auf Vergütung zur Arbeitsleistung in einer 40-Stunden-Woche verpflichtet sein sollte.
- 29
-
bb) Der notwendige subjektive Tatbestand eines Verhaltens gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB ist ebenfalls erfüllt. Kann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festgestellt werden, gestattet dies den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 27 mwN, BAGE 130, 338). Dann bedarf es zwar noch der Behauptung der verwerflichen Gesinnung, doch sind an diesen Vortrag keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass die benachteiligte Vertragspartei sich wie hier auf die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 36, BAGE 141, 348; BGH 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08 - Rn. 19).
- 30
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cc) Die Beklagte hat die Vermutung der verwerflichen Gesinnung nicht widerlegt. Die tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung des begünstigten Vertragsteils kann zwar im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert werden. Insoweit trägt die begünstigte Vertragspartei die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 37, BAGE 141, 348). Derartige Umstände hat die Beklagte jedoch weder vorgetragen noch hat das Landesarbeitsgericht solche festgestellt. Der Kläger ist im Gegenteil nach §§ 1, 2, 7 Abs. 1 RettAssG verpflichtet, eine praktische Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 1.600 Stunden zu absolvieren, damit ihm die Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ verliehen werden kann. Das wusste die Beklagte. Wenn diese dem als Rettungssanitäter ausgebildeten Kläger für eine Vollzeittätigkeit keine Vergütung zahlte, spricht dies eher für als gegen eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten.
- 31
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b) Der Kläger hat für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis Februar 2008 als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB gemäß § 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf die übliche monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto. Der Anspruch auf die übliche Vergütung besteht für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses (BAG 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 - zu II 1 b cc der Gründe, BAGE 100, 1). Maßgeblich ist die übliche Vergütung in dem vergleichbaren Wirtschaftskreis (BAG 26. April 2006 - 5 AZR 549/05 - Rn. 26 mwN, BAGE 118, 66). Als übliches Entgelt für eine Vollzeittätigkeit als Rettungsdienstmitarbeiter, der zugleich seine praktische Tätigkeit nach § 7 Abs. 1 RettAssG absolviert, ist von einer monatlichen Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto auszugehen. Eine Vergütung in dieser Höhe hat die Beklagte dem Kläger auch ab Januar 2009 gezahlt. Sie hat nicht vorgetragen, dass diese Vergütung unüblich gewesen sei.
- 32
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III. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB. Zwar beträgt der gesetzliche Zinssatz für (Prozess- und Verzugs-)Zinsen nach § 288 Abs. 1 BGB fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Kläger hat aber lediglich Zinsen in der tenorierten Höhe beantragt.
- 33
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
-
Brühler
Klose
Krasshöfer
W. Schmid
Mehnert
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Juni 2012 - 9 Sa 2359/11 - teilweise aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 15. September 2011 - 2 Ca 378/11 - teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt gefasst:
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.556,92 Euro brutto abzüglich 4.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Mai 2011 zu zahlen.
-
3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.
- 2
-
Der 1984 geborene Kläger bestand Ende 2007 zunächst die Prüfung zum Rettungssanitäter und später die staatliche Prüfung zum Rettungsassistenten. Ab 3. Dezember 2007 absolvierte er bei der Beklagten ein sog. Lehrwachen-Praktikum. Hierzu vereinbarten die Parteien am 3. Dezember 2007 ua. Folgendes:
-
„1.
Herr … wird in der Zeit vom 03.12.2007 bis zum 03.12.2008 ein Lehrwachen-Praktikum durchführen. …
Der/Die Praktikant/in unterliegt nicht den arbeitsrechtlichen Grundsätzen eines Ausbildungs- bzw. Beschäftigungsverhältnisses.
Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes sowie des Personalvertretungsgesetzes kommen nicht zur Anwendung. ...
2.
…
Der/Die Praktikant/in erhält kein Entgelt und somit unterliegt er/sie … auch nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht.
…
3.
Das Praktikum wird auf der Grundlage der tariflichen Regelwochenarbeitszeit durchgeführt. …
…
5.
Die Praktikumsdauer beträgt nach RettAssAPrV ein Jahr. …“
- 3
-
In den ersten drei Monaten wurde der Kläger - zumindest überwiegend - auf dem Krankentransportwagen oder als sog. „dritter Mann“ auf dem Rettungswagen eingesetzt. Er erhielt keine Zahlungen der Beklagten.
- 4
-
Am 29. Februar 2008 vereinbarten die Parteien einen mit „Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte“ überschriebenen „Aushilfsarbeitsvertrag“, wonach der Kläger im Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Dezember 2008 als Rettungsdienstmitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und einem monatlichen Festentgelt iHv. 400,00 Euro beschäftigt wurde. Als sachlicher Grund für die Befristung wurde ein „vorübergehender erhöhter Arbeitskräftebedarf“ angegeben. In der Vertragsurkunde wird der Kläger durchweg als „Arbeitnehmer“, die Beklagte als „Arbeitgeber[in]“ und das Vertragsverhältnis als „Arbeitsverhältnis“ bezeichnet.
- 5
-
Ab dem 15. März 2008 übernahm der Kläger auch betriebliche Aufgaben und nahm an Einsätzen neben einem Rettungsassistenten oder erfahrenen Rettungssanitäter als sog. „zweiter Mann“ teil. Für die Monate März bis Dezember 2008 zahlte die Beklagte dem Kläger jeweils 400,00 Euro netto. Am 3. Dezember 2008 erteilte sie dem Kläger eine „Bescheinigung über die erfolgreiche Ableistung der praktischen Tätigkeit“.
- 6
-
Der Kläger wurde von der Beklagten über den 31. Dezember 2008 hinaus beschäftigt. Sein monatliches Festentgelt wurde ab Januar 2009 auf 800,00 Euro brutto erhöht. Ab dem 26. Januar 2009 beschäftigte ihn die Beklagte als „Rettungsdienstmitarbeiter auf der Planstelle eines Rettungssanitäters“ mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer monatlichen Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto, die später auf 1.800,00 Euro brutto erhöht wurde. Am 4. Januar 2010 erhielt der Kläger die behördliche Erlaubnis, die Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ zu führen.
- 7
-
Mit seiner Klage macht der Kläger für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis zum 3. Dezember 2008 weitere Vergütung geltend. Er meint, er habe gemäß den §§ 26, 17 BBiG Anspruch auf eine angemessene monatliche Vergütung iHv. 1.201,25 Euro brutto.
- 8
-
Der Kläger hat sinngemäß - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.415,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 9
-
Die Beklagte hat zu ihrem Antrag auf Klageabweisung die Ansicht vertreten, für eine Vergütung der Praktikanten im Anerkennungsjahr gebe es keine gesetzliche Grundlage. Es würden ihr dafür auch keine Gelder von Dritten zur Verfügung gestellt. Im Übrigen sei das vom Kläger geforderte Praktikumsentgelt weder branchen- noch ortsüblich. Überwiegend werde Praktikanten kein Entgelt gezahlt, allenfalls erhielten diese Leistungen von Dritten.
- 10
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger 8.956,92 Euro brutto zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber größtenteils unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung weiterer Vergütung verurteilt.
- 12
-
A. Die Beklagte schuldet dem Kläger für den Klagezeitraum gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto und damit insgesamt 19.200,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 4.000,00 Euro netto. Hiervon hat das Landesarbeitsgericht dem Kläger 8.956,92 Euro brutto zugesprochen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sind die von der Beklagten geleisteten Nettozahlungen nicht mit den Bruttoentgeltansprüchen des Klägers zu verrechnen. Das hat auch der Kläger zunächst mit Recht so gesehen. Im Schriftsatz vom 15. September 2011 hat er die an ihn gezahlten Beträge insgesamt in seinem Klageantrag noch als Nettobetrag ausgewiesen und berücksichtigt.
- 13
-
I. Für die Zeit vom 1. März bis zum 3. Dezember 2008 hatte die Beklagte gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG an den Kläger eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto zu zahlen. Die Entgeltabrede im Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 ist gemäß § 134 BGB iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nichtig.
- 14
-
1. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Die Beklagte zahlte dem Kläger ab dem 26. Januar 2009 als „Rettungsdienstmitarbeiter auf der Planstelle eines Rettungssanitäters“ in Vollzeit eine monatliche „Festvergütung“ iHv. 1.600,00 Euro brutto. Dafür, dass es sich bei dieser Vergütung nicht um die Vergütung eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Rettungssanitäters handelt, fehlen Anhaltspunkte. Dies hat die Beklagte auch nicht behauptet.
- 15
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2. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. Maßgeblich ist, dass diese am 29. Februar 2008 ausdrücklich einen Arbeitsvertrag abschlossen und darin ua. eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbarten. Damit war der Kläger teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer iSv. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.
- 16
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3. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13 mwN). Dementsprechend ist ein Arbeitsverhältnis anzunehmen, wenn die Leistung von Diensten nach Weisung des Dienstberechtigten und gegen Zahlung von Entgelt Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen (BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 1031/06 - Rn. 19, BAGE 123, 255).
- 17
-
4. Ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ist grundsätzlich anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, wobei der objektive Geschäftsinhalt den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen ist. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgeblich (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17 [zur Abgrenzung von Arbeits- und Werkvertrag]; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15, BAGE 143, 77 [zur Abgrenzung von Arbeitsvertrag und ehrenamtlicher Tätigkeit]). Durch Parteivereinbarung kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen und der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzes nicht eingeschränkt werden (BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 84, 108).
- 18
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5. Die Würdigung, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29). Im Übrigen unterliegt sie wie jede andere Rechtsverletzung der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung.
- 19
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6. Allerdings gelten die dargestellten Grundsätze zur Ermittlung des Rechtsverhältnisses grundsätzlich nur für solche Fälle, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, sondern etwa als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis. Haben die Parteien dagegen - wie hier - ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch regelmäßig als solches einzuordnen (BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - zu II 2 der Gründe mwN, BAGE 84, 108; vgl. auch ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 36).
- 20
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7. Sachliche Gründe iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG rechtfertigen die Schlechterstellung des Klägers nicht.
- 21
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a) § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbietet eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt nicht ausnahmslos. Aus dem systematischen Zusammenhang von Satz 1 und 2 des § 4 Abs. 1 TzBfG und der Gesetzesbegründung folgt, dass § 4 Abs. 1 TzBfG ein einheitliches Verbot der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit enthält. Aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, der nicht ausdrücklich eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Arbeitsentgelt zulässt, kann nicht gefolgert werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbiete ausnahmslos eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt(BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu II 1 b der Gründe mwN).
- 22
-
b) Die unterschiedliche vertragliche Arbeitszeit allein rechtfertigt jedoch nicht das Abweichen vom Pro-rata-temporis-Grundsatz. Die Sachgründe müssen anderer Art sein, zB auf der Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung oder unterschiedlichen Anforderungen am Arbeitsplatz beruhen. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich am Zweck der Leistung zu orientieren (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 33, BAGE 128, 63).
- 23
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c) Solche sachlichen Gründe hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Sie beruft sich zur Rechtfertigung der vereinbarten geringeren Vergütung lediglich darauf, der Kläger sei nicht als Arbeitnehmer, sondern ausschließlich als Praktikant eingesetzt worden. Dies trifft nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu.
- 24
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II. Für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis Februar 2008 folgt der Anspruch des Klägers auf eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto aus § 612 Abs. 2 iVm. § 138 Abs. 1 BGB.
- 25
-
1. Zwischen den Parteien bestand schon ab dem 3. Dezember 2007 ein Arbeitsverhältnis, auch wenn die Vereinbarung vom 3. Dezember 2007 nicht als Arbeitsvertrag bezeichnet ist und nach deren Wortlaut gerade kein Arbeitsverhältnis eingegangen werden sollte. Mit dem Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 haben die Parteien klargestellt, dass sie ab März 2008 ein Arbeitsverhältnis begründen und der bis dahin in Vollzeit tätige Kläger, der bereits seit Ende 2007 ausgebildeter Rettungssanitäter ist, als Rettungsdienstmitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt werden soll. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass sich die Tätigkeit, die der Kläger vom 3. Dezember 2007 bis zum 29. Februar 2008 ausübte, oder die bis dahin erfolgte tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses ab dem 1. März 2008 wesentlich geändert hat. Dies hat die Beklagte auch nicht behauptet. Vielmehr hat diese in ihrer Revisionsbegründung vorgetragen, mit dem Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 sei nur die Unentgeltlichkeit der Beschäftigung des Klägers aufgehoben worden. Eine Änderung der Tätigkeit des Klägers ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zwar zum 15. März 2008 eingetreten, als der Kläger auch betriebliche Aufgaben übernahm und an Einsätzen neben einem Rettungsassistenten oder erfahrenen Rettungssanitäter als sog. „zweiter Mann“ teilgenommen hat. Eine solche Änderung ist jedoch für die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses nicht maßgeblich. Dies wird schon daraus deutlich, dass die Beklagte den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ab dem 1. März 2008 durch den Wortlaut des Arbeitsvertrags vom 29. Februar 2008 bestätigte.
- 26
-
2. Die Abrede in Ziff. 2 des Arbeitsvertrags vom 3. Dezember 2007, wonach dem Kläger kein Entgelt zustehen sollte, ist als wucherähnliches Geschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Der Kläger hat deshalb nach § 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf die übliche Vergütung.
- 27
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a) Ein wucherähnliches Geschäft liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände, wie beispielsweise eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten, hinzutreten (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 9 mwN, BAGE 130, 338).
- 28
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aa) Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind regelmäßig die Tarifentgelte des jeweiligen Wirtschaftszweigs oder - wenn die verkehrsübliche Vergütung geringer ist - das allgemeine Entgeltniveau im Wirtschaftsgebiet. Das Missverhältnis ist auffällig, wenn es einem Kundigen, gegebenenfalls nach Aufklärung des Sachverhalts, ohne Weiteres „ins Auge springt“ (BAG 17. Oktober 2012 - 5 AZR 792/11 - Rn. 19 mwN, BAGE 143, 212). Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger ohne Anspruch auf Vergütung zur Arbeitsleistung in einer 40-Stunden-Woche verpflichtet sein sollte.
- 29
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bb) Der notwendige subjektive Tatbestand eines Verhaltens gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB ist ebenfalls erfüllt. Kann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festgestellt werden, gestattet dies den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 27 mwN, BAGE 130, 338). Dann bedarf es zwar noch der Behauptung der verwerflichen Gesinnung, doch sind an diesen Vortrag keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass die benachteiligte Vertragspartei sich wie hier auf die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 36, BAGE 141, 348; BGH 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08 - Rn. 19).
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cc) Die Beklagte hat die Vermutung der verwerflichen Gesinnung nicht widerlegt. Die tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung des begünstigten Vertragsteils kann zwar im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert werden. Insoweit trägt die begünstigte Vertragspartei die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 37, BAGE 141, 348). Derartige Umstände hat die Beklagte jedoch weder vorgetragen noch hat das Landesarbeitsgericht solche festgestellt. Der Kläger ist im Gegenteil nach §§ 1, 2, 7 Abs. 1 RettAssG verpflichtet, eine praktische Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 1.600 Stunden zu absolvieren, damit ihm die Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ verliehen werden kann. Das wusste die Beklagte. Wenn diese dem als Rettungssanitäter ausgebildeten Kläger für eine Vollzeittätigkeit keine Vergütung zahlte, spricht dies eher für als gegen eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten.
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b) Der Kläger hat für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis Februar 2008 als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB gemäß § 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf die übliche monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto. Der Anspruch auf die übliche Vergütung besteht für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses (BAG 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 - zu II 1 b cc der Gründe, BAGE 100, 1). Maßgeblich ist die übliche Vergütung in dem vergleichbaren Wirtschaftskreis (BAG 26. April 2006 - 5 AZR 549/05 - Rn. 26 mwN, BAGE 118, 66). Als übliches Entgelt für eine Vollzeittätigkeit als Rettungsdienstmitarbeiter, der zugleich seine praktische Tätigkeit nach § 7 Abs. 1 RettAssG absolviert, ist von einer monatlichen Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto auszugehen. Eine Vergütung in dieser Höhe hat die Beklagte dem Kläger auch ab Januar 2009 gezahlt. Sie hat nicht vorgetragen, dass diese Vergütung unüblich gewesen sei.
- 32
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III. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB. Zwar beträgt der gesetzliche Zinssatz für (Prozess- und Verzugs-)Zinsen nach § 288 Abs. 1 BGB fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Kläger hat aber lediglich Zinsen in der tenorierten Höhe beantragt.
- 33
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
-
Brühler
Klose
Krasshöfer
W. Schmid
Mehnert
Tenor
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1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 23. November 2011 - 5 Sa 575/10 - wird zurückgewiesen.
-
2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
- 2
-
Der Kläger war im Rahmen befristeter Arbeitsverträge von Februar 2000 bis Dezember 2001 sowie von Mai 2002 bis November 2003 als wissenschaftliche Hilfskraft beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) und von Oktober 2004 bis Februar 2005 als wissenschaftlicher Angestellter beim Bayerischen Armeemuseum für den Beklagten tätig. Seit 2005 hat der Kläger mit kleinen Unterbrechungen aufgrund von zehn als Werkvertrag bezeichneten Verträgen für das BLfD gearbeitet, zuletzt bis zum 30. November 2009 nach Maßgabe des Vertrags vom 23. März/1. April 2009. Leistungsgegenstand des ersten Vertrags vom 19. September 2005 waren nachstehende, nach den Richtlinien für die Erfassung von Funden und Fundstellen des BLfD durchzuführende und bis zum 31. Dezember 2005 abzuschließende Tätigkeiten:
-
„a)
Bearbeitung von etwa 500 Fundmeldungen, die bis zum 31.12.2004 in der Dienststelle Thierhaupten eingegangen sind.
b)
Erstellung von etwa 500 Fundberichten mit Angaben zur Lage der Fundstelle sowie quantitativer Ansprache und Datierung der Funde.
c)
Gegebenenfalls persönliche Kontaktaufnahme mit dem Finder (Befragung, in Einzelfällen Kontrolle der Ortsangabe).
d)
Inventarisieren der Fundmeldungen einschließlich der Kartierung, Einarbeitung der Fundberichte in die Ortsakten und Eingabe in den PC.
e)
Aussonderung der zeichenwürdigen Artefakte, Kontrolle der Zeichnungen und Zuordnung zum fertigen Fundbericht.
f)
Anfertigung von Texten für die Fundchronik.
g)
Anfertigung von kurzen schriftlichen Berichten über den Bearbeitungsstand des vereinbarten Werkes jeweils bei Stellung der Rechnungen.“
- 3
-
Seit Ende 2006 hat der Kläger an der Nachqualifizierung und Revision der Bayerischen Denkmalliste gearbeitet. Für dieses Projekt sind Mitarbeiter des BLfD sowie Vertragspartner auf der Grundlage von Werkverträgen tätig. Ziel ist die kartographische und für jedermann im Internet digital abrufbare Darstellung von Bau- und Bodendenkmälern in Bayern sowie die Aktualisierung der Bayerischen Denkmalliste, einem nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz geführten Verzeichnis von Bau-, Boden- und beweglichen Denkmälern. Seit 2008 erfolgt die Nachqualifizierung im Zusammenhang mit dem Aufbau des Fachinformationssystems Denkmalpflege (FIS). In dieser Datenbank werden alle wichtigen Daten zu Denkmälern in Bayern erfasst. Ein Teil dieser Daten ist im Internet kostenlos öffentlich zugänglich (BayernViewer-denkmal).
- 4
-
Der Kläger hat Bodendenkmäler bearbeitet und nachqualifiziert. Er musste seine Tätigkeit wegen der notwendigen Dateneingabe in die behördeneigene Datenbank in Dienststellen des BLfD erbringen. Der Arbeitsort war abhängig vom jeweiligen Standort der Ortsakten des zu bearbeitenden Gebiets, mittelfränkische Landkreise wurden in Nürnberg, schwäbische Landkreise in Thierhaupten bearbeitet. Einen Schlüssel zu den Dienststellen besaß der Kläger nicht. Er hat zu den üblichen Arbeitszeiten der Dienststellen gearbeitet, ohne am Zeiterfassungssystem teilzunehmen. Der Zugang zum FIS wurde über einen PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung ermöglicht. Bei der Dateneingabe hatte der Kläger die Richtlinien des Projekthandbuchs des BLfD zu beachten, zudem hat er mehrere Schulungen zum FIS besucht. Zeitweise verfügte er über eine dienstliche E-Mail-Adresse und war im Outlook-Adressverzeichnis aufgeführt.
- 5
-
Der in den Verträgen bestimmte Termin für die Fertigstellung der Leistungen wurde ebenso wie die vereinbarte Vergütung jeweils nach der Zahl der im Arbeitsgebiet bekannten archäologischen Fundstellen kalkuliert; dem lag eine Nachqualifizierung von täglich zehn Altdatensätzen mit zugehörigen Ortsakten zugrunde.
- 6
-
Der letzte als Werkvertrag bezeichnete Vertrag betrifft die Nachqualifizierung der Stadt Fürth, des Landkreises Fürth und des Landkreises Nürnberger Land. Er enthält folgende Regelungen:
-
„1 Auftrag
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege beauftragt den Auftragnehmer, im Sinne eines Werkvertrages gemäß § 631 BGB die in Nummer 2 aufgeführten Arbeiten zu erbringen. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, weitere Aufträge zu erteilen.
2 Auftragsinhalt
Im Rahmen des Initiative Zukunft Bayern-Projektes erfolgt die Revision und Nachqualifizierung der Bayerischen Denkmalliste. Die von dem Auftragnehmer erhobenen Informationen sollen dabei wesentlicher Bestandteil einer datenbankgestützten Internet-Publikation der Bayerischen Denkmalliste werden. Der Auftragnehmer leistet die Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für die Kreisfreie Stadt und den Landkreis Fürth sowie für den Landkreis Nürnberger Land. Die Denkmaleintragung ist Aufgabe des Auftraggebers. Die Art und der Umfang dieser von dem Auftragnehmer zu erbringenden Leistung beinhaltet im Einzelnen folgende Tätigkeiten:
1.
Erfassung der Maßnahmen (Grabungsaktivitäten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und privater Grabungsfirmen, Luftbilder, übrige Fundmeldungen) anhand der Ortsakten sowie der Grabungsdokumentationen und zusammenfassende Darstellung der Maßnahmeergebnisse.
2.
Bewertung der Maßnahmeergebnisse hinsichtlich der Definition der Bodendenkmäler mit Überprüfung des bestehenden Eintrags der Denkmalliste und gegebenenfalls dessen Präzisierung und Ergänzung.
3.
Thesaurierung der Maßnahmeergebnisse.
4.
Vorschläge für die Erfassung erforderlicher Nachträge in die Denkmalliste, besonders der Altortbereiche mit Sakralbauten und Befestigungen inklusive Kartierung anhand historischer Karten oder anhand der Uraufnahme, bzw. Streichungen aus der Denkmalliste.
5.
Digitale Kartierung der Flächen der Maßnahmen, der Maßnahmeergebnisse und der Flächen der Bodendenkmäler.
6.
Änderungsvorschläge nach Abgleich der Liste der Bau- und Bodendenkmäler in Hinsicht auf Transferobjekte und komplementäre Einträge sowie gegebenenfalls nach Abgleich mit der Fläche des Weltkulturerbes Obergermanisch-raetischer Limes.
7.
Für die Arbeiten unter Punkt 1 bis 4 sind gegebenenfalls der Dehio, Großinventare, Denkmaltopographien, Ortschroniken sowie archäologische Monographien (Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte) und Fundchroniken hinzuzuziehen. Der Literaturnachweis ist festzuhalten.
8.
Ausdruck der Datenblätter und der Kartierungen mit den Vorschlägen zur Abgabe an das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege.
9.
Besprechungen bei Rückfragen zu den vorgelegten Vorschlägen.
10.
Anfertigung von kurzen schriftlichen Berichten über den Bearbeitungsstand des vereinbarten Werkes auf Anforderung und bei Stellung der Rechnungen.
11.
Umgehende Information an das Referat Z I über Beginn und Abschluss der Bearbeitung einer Gemeinde.
3 Gegenseitige Mitwirkungspflicht, Haftung
…
Der Auftragnehmer erhält die Möglichkeit, an einem Arbeitsplatz mit PC die notwendig in den Räumen des Auftraggebers zu erledigenden Arbeiten durchzuführen. Die Nutzung der zur Verfügung gestellten Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände des Landesamtes erfolgt ausschließlich zum Zwecke der Erfüllung dieses Vertrages, wofür der Auftragnehmer in vollem Umfang haftet. …
4 Fristen
Der Termin für die Erstellung des Werkes wird auf den 30. November 2009 festgelegt. Der vereinbarte Termin ist einzuhalten und kann nur in begründeten Sonderfällen im gegenseitigen Einvernehmen verlängert werden, jedoch grundsätzlich ohne Erhöhung der vereinbarten Vergütung.
5 Vergütung und Kostentragung
Der Auftragnehmer erhält für die Leistungen aus diesem Vertrag, einschließlich der Übertragung der Nutzungsrechte gemäß § 3, eine Vergütung in Höhe von 31.200,00 Euro einschließlich eventuell anfallender gesetzlicher Mehrwertsteuer.
Die Reisekosten und sonstige Nebenkosten sind in diesem Betrag inbegriffen.
Rechnungen können nach Abschluss der Bearbeitung der Kreisfreien Stadt Fürth, des Landkreises Fürth sowie nach Abschluss der Bearbeitung von ca. je einem Viertel (dreimal 10, einmal 12 Gemeinden) der Gemeinden und gemeindefreien Gebiete im Landkreis Nürnberger Land in Höhe von jeweils 5.200,00 Euro gestellt werden.
6 Werkvertragsbezogene Nachbesserungen
Genügt die angelieferte Arbeit nicht den Anforderungen, so kann eine Nachbesserung verlangt werden. Arbeiten, die trotz Nachbesserungen nicht den Anforderungen entsprechen, werden nicht honoriert; der Auftragnehmer verpflichtet sich zur anteiligen bzw. gegebenenfalls vollständigen Rückzahlung der Abschlagszahlung bis spätestens vierzehn Tage nach schriftlicher Erklärung des endgültigen Scheiterns von Nachbesserungen (Nummer 8.2 findet entsprechende Anwendung).
7 Informations- und Auskunftspflicht des Auftragnehmers
Der Auftragnehmer verpflichtet sich, jederzeit auch über Teilergebnisse seiner Arbeit gegenüber dem Auftraggeber fachliche Auskunft zu geben.
…
8 Kündigung und Rücktritt
1.
Der Vertrag kann von beiden Vertragschließenden jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wobei der Kündigungsgrund schriftlich mitzuteilen ist. Der Auftragnehmer händigt in diesem Fall das zur Bearbeitung überlassene Material und alle Hilfsmittel sowie bis dahin vorliegende Arbeitsergebnisse bzw. auch Teilergebnisse umgehend vollständig aus.
2.
Bei Vorliegen von Kündigungsgründen, die der Auftragnehmer zu vertreten hat, bzw. wenn der Auftraggeber zu der Auffassung kommt, dass die Arbeiten im Rahmen des Vertrages unzureichend sind und der Auftragnehmer die festgestellten Mängel in einer vorgegebenen Frist nicht beheben kann, ist der Auftraggeber berechtigt, den Vertrag zu kündigen bzw. von diesem zurückzutreten.
Der Auftragnehmer erhält dann nur die Vergütung, die den bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entspricht.
9 Ergänzende Vorschriften
Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und andere arbeitsrechtliche Bestimmungen finden auf das vorliegende Vertragsverhältnis keine Anwendung. Es gelten ausschließlich die Bestimmungen des BGB über den Werkvertrag (§§ 631 - 650). Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf vergüteten Urlaub und wird weder zur Sozial- und Krankenversicherung angemeldet noch wird das Honorar durch den Auftraggeber versteuert; dies obliegt dem Auftragnehmer. Er ist nicht Arbeitnehmer.“
- 7
-
Der Kläger arbeitete in der Dienststelle des BLfD in Nürnberg. Die dortige Tätigkeit nahm er bereits am 9. März 2009 auf, seine FIS-Kennung war zu diesem Zeitpunkt nach wie vor aktiviert. Allgemeine Informationen für „NQ-Kräfte“ hatte der Kläger auch nach Beendigung des letzten Werkvertrags am 31. Dezember 2008 erhalten, so zB aktualisierte Vorgaben für die Formulierung der Listentexte, Teilliste Bodendenkmäler, und für Maßnahmenamen. Der Kläger bediente wiederum die FIS-Eingabemaske, überprüfte angelegte Denkmäler und nahm Denkmäler in das FIS neu auf. Während der Laufzeit des Vertrags bearbeitete er nach Aufforderung zuständiger Referenten auch Nachfragen zu bereits abgeschlossenen Vorgängen.
- 8
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis. Er sei in die Arbeitsorganisation der Dienststellen eingegliedert gewesen und habe dieselben Tätigkeiten verrichtet wie angestellte Mitarbeiter; wie diese sei er in den arbeitsteiligen Prozess der Erstellung der Denkmalliste eingebunden gewesen, habe fachlichen Weisungen der zuständigen Referenten unterlegen und mit der Eingabe der Bodendenkmäler hoheitliche Aufgaben wahrgenommen. Eine etwaige Befristung im Vertrag vom 23. März /1. April 2009 sei schon deshalb unwirksam, weil er bereits vor Unterzeichnung des Vertrags seine Tätigkeit aufgenommen habe.
- 9
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Mit einer am 15. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten und dem Beklagten am 23. Dezember 2009 zugestellten Klageänderung hat der Kläger beantragt
-
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 23. März/1. April 2009 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 beendet worden ist;
2.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Inventarisator weiterzubeschäftigen.
- 10
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei aufgrund von Werkverträgen für das BLfD tätig gewesen, habe die Beurteilung der Denkmalseigenschaft von archäologischen Objekten vorbereitet und dem zuständigen Referat des BLfD eine fachkundige Einschätzung unterbreitet. Weitere Arbeitsschritte bis hin zur Eintragung in die Denkmalliste habe er nicht durchgeführt, die vereinbarten Werke seien stillschweigend abgenommen worden. Die Tätigkeit in der Revision und Nachqualifizierung der Bayerischen Denkmalliste mache nur einen kleinen Teil des Aufgabenbereichs eines Beschäftigten im zuständigen Referat aus.
- 11
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
- 12
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Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, welches nicht am 30. November 2009 beendet worden ist.
- 13
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I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger macht mit einer Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG geltend, dass das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis nach seinem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis ist, welches nicht durch Fristablauf beendet worden ist(vgl. BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 111/11 - Rn. 40 zur Einhaltung der Klagefrist bei nicht abschließend geklärten befristeten Rechtsverhältnissen).
- 14
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II. Die Klage ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, dass zwischen den Parteien kein Werkvertrags- sondern ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist.
- 15
-
1. Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird (BGH 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 151, 330).
- 16
-
2. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines Werkunternehmers zudem maßgeblich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit (BGH 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - zu I 2 b aa der Gründe). Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13 mwN). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15; 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe mwN, BAGE 115, 1); der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Dagegen ist der Werkunternehmer selbständig. Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 723/10 - Rn. 27; 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 14). Ob ein Werkvertrag, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben; ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer wird nicht durch Auferlegung einer Erfolgsgarantie zum Werkunternehmer (vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 611 BGB Rn. 13).
- 17
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3. Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend (BAG 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15; 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 19 mwN). Legen die Parteien die zu erledigende Aufgabe und den Umfang der Arbeiten konkret fest, kann das für das Vorliegen eines Werkvertrags sprechen (BGH 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 151, 330). Fehlt es an einem abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht, weil der „Auftraggeber“ durch weitere Weisungen den Gegenstand der vom „Auftragnehmer“ zu erbringenden Leistung erst bestimmen und damit Arbeit und Einsatz erst bindend organisieren muss (vgl. BAG 9. November 1994 - 7 AZR 217/94 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 78, 252). Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem jeweiligen Bedarf des Auftraggebers, so kann auch darin ein Indiz gegen eine werk- und für eine arbeitsvertragliche Beziehung liegen, etwa wenn mit der Bestimmung von Leistungen auch über Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit entschieden wird. Wesentlich ist, inwiefern Weisungsrechte ausgeübt werden und in welchem Maß der Auftragnehmer in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess eingegliedert ist. Zwar steht auch einem Werkbesteller gegenüber dem Werkunternehmer das Recht zu, Anweisungen für die Ausführung des Werks zu erteilen (vgl. § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB zu den Auswirkungen auf die Vergütungsgefahr). Davon abzugrenzen ist aber die Ausübung von Weisungsrechten bezüglich des Arbeitsvorgangs und der Zeiteinteilung (Kittner/Zwanziger/Deinert-Deinert 7. Aufl. § 3 Rn. 137). Weisungen, die sich ausschließlich auf das vereinbarte Werk beziehen, können im Rahmen eines Werkvertrags erteilt werden (vgl. ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 14); wird die Tätigkeit aber durch den „Besteller“ geplant und organisiert und wird der „Werkunternehmer“ in einen arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten „Werks“ faktisch ausschließt, liegt ein Arbeitsverhältnis nahe.
- 18
-
4. Gemessen daran ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kumulation und Verdichtung der Bindungen sei in einer Gesamtschau als Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten, sodass nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis bestehe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 30). Solche Rechtsfehler liegen nicht vor.
- 19
-
a) Das Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass auch vor Abschluss des letzten Vertrags bestehende Vertragsbeziehungen in eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind, wenn der den Streitgegenstand bestimmende Kläger sich auf sie beruft und sie einen Rückschluss auf den wahren Geschäftsinhalt ermöglichen.
- 20
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b) Bereits nach den schriftlichen Vertragsgrundlagen lässt sich nicht hinreichend erkennen, dass tatsächlich bestimmte Arbeitsergebnisse oder -erfolge vereinbart waren. Der erste „Werkvertrag“ vom 19. September 2005 benennt als „Werkleistung“ die „Bearbeitung von etwa 500 Fundmeldungen, die bis zum 31.12.2004 in der Dienststelle Thierhaupten eingegangen sind“, die „Erstellung von etwa 500 Fundberichten mit Angaben zur Lage der Fundstelle sowie quantitativer Ansprache und Datierung der Funde“ und die „gegebenenfalls persönliche Kontaktaufnahme mit dem Finder (Befragung, in Einzelfällen Kontrolle der Ortsangabe)“. Dies sind tätigkeitsbezogene Leistungen, die Gegenstand eines (freien) Dienstverhältnisses sein können, es wird aber kein konkreter „Werkerfolg“ geschuldet. Gleiches gilt für die in Ziff. 2 des Vertrags vom 23. März/1. April 2009 vereinbarten Leistungen mit den Angaben zu den geschuldeten Tätigkeiten. Mit der Erfassung von Maßnahmen (Ziff. 2.1), der Bewertung von Maßnahmeergebnissen (Ziff. 2.2), der Erbringung von Vorschlägen für die Erfassung erforderlicher Nachträge in die Denkmalliste (Ziff. 2.4) oder der Unterbreitung von Änderungsvorschlägen (Ziff. 2.6) werden Dienstleistungen geschuldet, nicht aber ein bestimmtes „Werk“. Zwar mag die komplette Erstellung eines Verzeichnisses (von Denkmälern) als Werkvertrag vergeben werden können, nach der Vertragslage waren aber nur Teiltätigkeiten seiner Erstellung vereinbart. Zudem geben Ziff. 2.7 bis 2.9 mit den geschuldeten Tätigkeiten im Einzelnen vor, wie und mit welchen Hilfsmitteln die Arbeiten erledigt werden müssen. Dass Ziff. 6 Regelungen zur Gewährleistung und werkvertraglichen Nachbesserung enthält und nach Ziff. 9 der TV-L und andere arbeitsrechtliche Bestimmungen keine Anwendung finden, macht den Vertrag im Hinblick auf die geschuldete Tätigkeit und die gelebte Vertragspraxis nicht zu einem Werkvertrag; auch ist nicht ersichtlich, dass die Nachbesserungsklausel einen realen Hintergrund hatte und je zur Anwendung gekommen ist.
- 21
-
c) Bestehen nach den schriftlichen Verträgen gleichwohl noch Zweifel und ist insbesondere auch die Annahme eines freien Dienstvertrags möglich, so ist das Landesarbeitsgericht nach dem wahren Geschäftsinhalt zutreffend von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen.
- 22
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aa) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht als wichtiges Indiz für die persönliche Abhängigkeit auf die örtliche Einbindung des Klägers in die Arbeitsorganisation des Beklagten abgestellt. Der Kläger war an den Standort der im Rahmen der Nachqualifizierungsarbeiten heranzuziehenden Ortsakten gebunden und konnte seine Arbeit nur an einem PC-Arbeitsplatz des BLfD erbringen, weil er auf den Zugang zum FIS angewiesen war. Der Einwand der Revision, diese Einbindung ergebe sich nicht aus der Arbeitsorganisation, sondern aus der werkvertraglich gestellten Aufgabe, spricht nicht gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts. Der Kläger konnte nicht, wie es für einen Werkunternehmer typisch ist, die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisieren; ihm war nicht gestattet, die Fachsoftware auf einen eigenen Rechner aufzuspielen, um Tätigkeiten auch an einem anderen Ort wahrnehmen zu können.
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bb) Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend erkannt, dass der Kläger zeitlich sowohl im Hinblick auf das Volumen der täglich zu erbringenden Arbeit als auch im Hinblick auf die Lage der Arbeitszeit weitgehend in den Arbeitsablauf der jeweiligen Dienststelle des BLfD eingegliedert war. Grundlage der Vertragslaufzeit war die kalkulierte Bearbeitung von arbeitstäglich zehn Altdatensätzen bei einer vollschichtigen Tätigkeit. Da der Kläger keinen Schlüssel zu den Diensträumen besaß, konnte er nur zu den vorgegebenen Öffnungszeiten der Dienststellen arbeiten und war damit zeitlich in die Arbeitsabläufe der Dienststellen eingebunden; es war ihm nicht möglich, seine Arbeitsleistung in nennenswertem Umfang anderen Auftraggebern anzubieten. Dass er, wie die Revision geltend macht, rechtlich nicht zur Anwesenheit verpflichtet war und an der Zeiterfassung der Angestellten nicht teilgenommen hat, konnte das Landesarbeitsgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung als unerheblich erachten; trotz rechtlicher Zeitsouveränität war der Kläger nach dem wahren Geschäftsinhalt nicht in der Lage, seine Arbeitszeit iSv. § 84 HGB frei einzuteilen.
- 24
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cc) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger auch inhaltlichen Weisungen unterworfen war. Bereits die Richtlinien des Projekthandbuchs einschließlich der Formulierungsvorgaben der Listentexte enthalten fachliche tätigkeitsbezogene Weisungen, die typisch für ein Arbeitsverhältnis sind. Selbst wenn die Erteilung vergleichbarer Weisungen im Rahmen einer werkvertraglichen Beziehung für denkbar erachtet wird, kommt hinzu, dass der Kläger auch außerhalb des im Vertrag vom 23. März /1. April 2009 definierten Aufgabenkreises zugewiesene Tätigkeiten verrichtet hat. Dies ist typisch für ein Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach § 106 GewO bestimmt. Soweit die Revision einwendet, es handele sich um untypische, den Personalverantwortlichen nicht bekannte Einzelfälle, zeigt sie damit keinen Rechtsfehler in der Beurteilung durch das Landesarbeitsgericht auf. Der Kläger ist mehrfach zu weiteren Leistungen herangezogen worden, die Erbringung solcher Leistungen gehörte zum wahren Geschäftsinhalt. Der Beklagte muss sich diese Form der Vertragsdurchführung auch zurechnen lassen. Der Vertrag beschreibt die vom Auftragnehmer zu erbringenden Tätigkeiten nur pauschal; nach seiner Gestaltung war die Abstimmung mit den zuständigen Fachreferenten unabdingbar und damit seitens des Beklagten zumindest geduldet.
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dd) Schließlich ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, dass die vereinbarten Tätigkeiten vom Kläger persönlich zu erbringen waren. Eine Gestattung der Weitergabe des Auftrags regelt der Vertrag nicht, Erfüllungsgehilfen durfte der Kläger nicht einsetzen. Seine Beauftragung erfolgte in Kenntnis des Umstands, dass er keine Mitarbeiter beschäftigt. Maßgeblich für die Vergabe des Vertrags an ihn waren seine persönliche Qualifizierung und seine Fachkenntnisse.
- 26
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ee) Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich weder aus der „internen Richtlinie zum Abschluss von Werkverträgen“ noch aus dem Umstand, dass keine weiteren arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten von „Werkvertragspartnern“ des Beklagten anhängig sein sollen, eine Verkehrsanschauung der beteiligten Verkehrskreise. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die übereinstimmend gewollte Vertragsdurchführung der „Richtlinie“ entspricht.
- 27
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III. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat über den 30. November 2009 hinaus fortbestanden. Es ist zweifelhaft, kann aber dahinstehen, ob die Parteien überhaupt mit der erforderlichen Eindeutigkeit die Befristung eines Rechtsverhältnisses vereinbart haben. Jedenfalls hat der Kläger die Klagefrist gemäß § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt, § 253 Abs. 1, § 261 Abs. 2, § 167 ZPO, während sich der Beklagte nicht, auch nicht hilfsweise, auf die wirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses und insbesondere das Vorliegen eines sachlichen Grundes berufen hat.
- 28
-
IV. Der Klageantrag zu 2. ist nicht zur Entscheidung angefallen; der Kläger hat Weiterbeschäftigung nur bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung beantragt (vgl. BAG 13. Februar 2013 - 7 AZR 324/11 - Rn. 31).
- 29
-
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
-
Mikosch
W. Reinfelder
Mestwerdt
Simon
A. Effenberger
(1) Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung, wenn
- 1.
die Berufsausbildung förderungsfähig ist, - 2.
sie zum förderungsberechtigten Personenkreis gehören und - 3.
ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
(2) Auszubildende haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach § 51. Teilnehmende an einer Vorphase nach § 74 Absatz 1 Satz 2 haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe wie Auszubildende in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen, sind in den Fällen der Sätze 1 und 2 nicht zum Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe berechtigt.
(1) Die Berufsausbildungsvorbereitung richtet sich an lernbeeinträchtigte oder sozial benachteiligte Personen, deren Entwicklungsstand eine erfolgreiche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf noch nicht erwarten lässt. Sie muss nach Inhalt, Art, Ziel und Dauer den besonderen Erfordernissen des in Satz 1 genannten Personenkreises entsprechen und durch umfassende sozialpädagogische Betreuung und Unterstützung begleitet werden.
(2) Für die Berufsausbildungsvorbereitung, die nicht im Rahmen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder anderer vergleichbarer, öffentlich geförderter Maßnahmen durchgeführt wird, gelten die §§ 27 bis 33 entsprechend.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Juni 2012 - 9 Sa 2359/11 - teilweise aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 15. September 2011 - 2 Ca 378/11 - teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt gefasst:
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.556,92 Euro brutto abzüglich 4.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Mai 2011 zu zahlen.
-
3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.
- 2
-
Der 1984 geborene Kläger bestand Ende 2007 zunächst die Prüfung zum Rettungssanitäter und später die staatliche Prüfung zum Rettungsassistenten. Ab 3. Dezember 2007 absolvierte er bei der Beklagten ein sog. Lehrwachen-Praktikum. Hierzu vereinbarten die Parteien am 3. Dezember 2007 ua. Folgendes:
-
„1.
Herr … wird in der Zeit vom 03.12.2007 bis zum 03.12.2008 ein Lehrwachen-Praktikum durchführen. …
Der/Die Praktikant/in unterliegt nicht den arbeitsrechtlichen Grundsätzen eines Ausbildungs- bzw. Beschäftigungsverhältnisses.
Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes sowie des Personalvertretungsgesetzes kommen nicht zur Anwendung. ...
2.
…
Der/Die Praktikant/in erhält kein Entgelt und somit unterliegt er/sie … auch nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht.
…
3.
Das Praktikum wird auf der Grundlage der tariflichen Regelwochenarbeitszeit durchgeführt. …
…
5.
Die Praktikumsdauer beträgt nach RettAssAPrV ein Jahr. …“
- 3
-
In den ersten drei Monaten wurde der Kläger - zumindest überwiegend - auf dem Krankentransportwagen oder als sog. „dritter Mann“ auf dem Rettungswagen eingesetzt. Er erhielt keine Zahlungen der Beklagten.
- 4
-
Am 29. Februar 2008 vereinbarten die Parteien einen mit „Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte“ überschriebenen „Aushilfsarbeitsvertrag“, wonach der Kläger im Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Dezember 2008 als Rettungsdienstmitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und einem monatlichen Festentgelt iHv. 400,00 Euro beschäftigt wurde. Als sachlicher Grund für die Befristung wurde ein „vorübergehender erhöhter Arbeitskräftebedarf“ angegeben. In der Vertragsurkunde wird der Kläger durchweg als „Arbeitnehmer“, die Beklagte als „Arbeitgeber[in]“ und das Vertragsverhältnis als „Arbeitsverhältnis“ bezeichnet.
- 5
-
Ab dem 15. März 2008 übernahm der Kläger auch betriebliche Aufgaben und nahm an Einsätzen neben einem Rettungsassistenten oder erfahrenen Rettungssanitäter als sog. „zweiter Mann“ teil. Für die Monate März bis Dezember 2008 zahlte die Beklagte dem Kläger jeweils 400,00 Euro netto. Am 3. Dezember 2008 erteilte sie dem Kläger eine „Bescheinigung über die erfolgreiche Ableistung der praktischen Tätigkeit“.
- 6
-
Der Kläger wurde von der Beklagten über den 31. Dezember 2008 hinaus beschäftigt. Sein monatliches Festentgelt wurde ab Januar 2009 auf 800,00 Euro brutto erhöht. Ab dem 26. Januar 2009 beschäftigte ihn die Beklagte als „Rettungsdienstmitarbeiter auf der Planstelle eines Rettungssanitäters“ mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer monatlichen Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto, die später auf 1.800,00 Euro brutto erhöht wurde. Am 4. Januar 2010 erhielt der Kläger die behördliche Erlaubnis, die Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ zu führen.
- 7
-
Mit seiner Klage macht der Kläger für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis zum 3. Dezember 2008 weitere Vergütung geltend. Er meint, er habe gemäß den §§ 26, 17 BBiG Anspruch auf eine angemessene monatliche Vergütung iHv. 1.201,25 Euro brutto.
- 8
-
Der Kläger hat sinngemäß - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.415,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 9
-
Die Beklagte hat zu ihrem Antrag auf Klageabweisung die Ansicht vertreten, für eine Vergütung der Praktikanten im Anerkennungsjahr gebe es keine gesetzliche Grundlage. Es würden ihr dafür auch keine Gelder von Dritten zur Verfügung gestellt. Im Übrigen sei das vom Kläger geforderte Praktikumsentgelt weder branchen- noch ortsüblich. Überwiegend werde Praktikanten kein Entgelt gezahlt, allenfalls erhielten diese Leistungen von Dritten.
- 10
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Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger 8.956,92 Euro brutto zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
- 11
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Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber größtenteils unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung weiterer Vergütung verurteilt.
- 12
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A. Die Beklagte schuldet dem Kläger für den Klagezeitraum gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto und damit insgesamt 19.200,00 Euro brutto abzüglich gezahlter 4.000,00 Euro netto. Hiervon hat das Landesarbeitsgericht dem Kläger 8.956,92 Euro brutto zugesprochen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sind die von der Beklagten geleisteten Nettozahlungen nicht mit den Bruttoentgeltansprüchen des Klägers zu verrechnen. Das hat auch der Kläger zunächst mit Recht so gesehen. Im Schriftsatz vom 15. September 2011 hat er die an ihn gezahlten Beträge insgesamt in seinem Klageantrag noch als Nettobetrag ausgewiesen und berücksichtigt.
- 13
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I. Für die Zeit vom 1. März bis zum 3. Dezember 2008 hatte die Beklagte gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG an den Kläger eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto zu zahlen. Die Entgeltabrede im Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 ist gemäß § 134 BGB iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nichtig.
- 14
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1. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Die Beklagte zahlte dem Kläger ab dem 26. Januar 2009 als „Rettungsdienstmitarbeiter auf der Planstelle eines Rettungssanitäters“ in Vollzeit eine monatliche „Festvergütung“ iHv. 1.600,00 Euro brutto. Dafür, dass es sich bei dieser Vergütung nicht um die Vergütung eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Rettungssanitäters handelt, fehlen Anhaltspunkte. Dies hat die Beklagte auch nicht behauptet.
- 15
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2. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. Maßgeblich ist, dass diese am 29. Februar 2008 ausdrücklich einen Arbeitsvertrag abschlossen und darin ua. eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbarten. Damit war der Kläger teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer iSv. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.
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3. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13 mwN). Dementsprechend ist ein Arbeitsverhältnis anzunehmen, wenn die Leistung von Diensten nach Weisung des Dienstberechtigten und gegen Zahlung von Entgelt Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen (BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 1031/06 - Rn. 19, BAGE 123, 255).
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4. Ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ist grundsätzlich anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, wobei der objektive Geschäftsinhalt den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen ist. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgeblich (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17 [zur Abgrenzung von Arbeits- und Werkvertrag]; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15, BAGE 143, 77 [zur Abgrenzung von Arbeitsvertrag und ehrenamtlicher Tätigkeit]). Durch Parteivereinbarung kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen und der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzes nicht eingeschränkt werden (BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 84, 108).
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5. Die Würdigung, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis vorliegt, ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29). Im Übrigen unterliegt sie wie jede andere Rechtsverletzung der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung.
- 19
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6. Allerdings gelten die dargestellten Grundsätze zur Ermittlung des Rechtsverhältnisses grundsätzlich nur für solche Fälle, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, sondern etwa als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis. Haben die Parteien dagegen - wie hier - ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch regelmäßig als solches einzuordnen (BAG 12. September 1996 - 5 AZR 1066/94 - zu II 2 der Gründe mwN, BAGE 84, 108; vgl. auch ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 36).
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7. Sachliche Gründe iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG rechtfertigen die Schlechterstellung des Klägers nicht.
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a) § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbietet eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt nicht ausnahmslos. Aus dem systematischen Zusammenhang von Satz 1 und 2 des § 4 Abs. 1 TzBfG und der Gesetzesbegründung folgt, dass § 4 Abs. 1 TzBfG ein einheitliches Verbot der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit enthält. Aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, der nicht ausdrücklich eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Arbeitsentgelt zulässt, kann nicht gefolgert werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbiete ausnahmslos eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt(BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu II 1 b der Gründe mwN).
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b) Die unterschiedliche vertragliche Arbeitszeit allein rechtfertigt jedoch nicht das Abweichen vom Pro-rata-temporis-Grundsatz. Die Sachgründe müssen anderer Art sein, zB auf der Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung oder unterschiedlichen Anforderungen am Arbeitsplatz beruhen. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich am Zweck der Leistung zu orientieren (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 33, BAGE 128, 63).
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c) Solche sachlichen Gründe hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Sie beruft sich zur Rechtfertigung der vereinbarten geringeren Vergütung lediglich darauf, der Kläger sei nicht als Arbeitnehmer, sondern ausschließlich als Praktikant eingesetzt worden. Dies trifft nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu.
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II. Für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis Februar 2008 folgt der Anspruch des Klägers auf eine monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto aus § 612 Abs. 2 iVm. § 138 Abs. 1 BGB.
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1. Zwischen den Parteien bestand schon ab dem 3. Dezember 2007 ein Arbeitsverhältnis, auch wenn die Vereinbarung vom 3. Dezember 2007 nicht als Arbeitsvertrag bezeichnet ist und nach deren Wortlaut gerade kein Arbeitsverhältnis eingegangen werden sollte. Mit dem Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 haben die Parteien klargestellt, dass sie ab März 2008 ein Arbeitsverhältnis begründen und der bis dahin in Vollzeit tätige Kläger, der bereits seit Ende 2007 ausgebildeter Rettungssanitäter ist, als Rettungsdienstmitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt werden soll. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass sich die Tätigkeit, die der Kläger vom 3. Dezember 2007 bis zum 29. Februar 2008 ausübte, oder die bis dahin erfolgte tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses ab dem 1. März 2008 wesentlich geändert hat. Dies hat die Beklagte auch nicht behauptet. Vielmehr hat diese in ihrer Revisionsbegründung vorgetragen, mit dem Arbeitsvertrag vom 29. Februar 2008 sei nur die Unentgeltlichkeit der Beschäftigung des Klägers aufgehoben worden. Eine Änderung der Tätigkeit des Klägers ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zwar zum 15. März 2008 eingetreten, als der Kläger auch betriebliche Aufgaben übernahm und an Einsätzen neben einem Rettungsassistenten oder erfahrenen Rettungssanitäter als sog. „zweiter Mann“ teilgenommen hat. Eine solche Änderung ist jedoch für die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses nicht maßgeblich. Dies wird schon daraus deutlich, dass die Beklagte den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ab dem 1. März 2008 durch den Wortlaut des Arbeitsvertrags vom 29. Februar 2008 bestätigte.
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2. Die Abrede in Ziff. 2 des Arbeitsvertrags vom 3. Dezember 2007, wonach dem Kläger kein Entgelt zustehen sollte, ist als wucherähnliches Geschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Der Kläger hat deshalb nach § 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf die übliche Vergütung.
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a) Ein wucherähnliches Geschäft liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände, wie beispielsweise eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten, hinzutreten (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 9 mwN, BAGE 130, 338).
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aa) Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind regelmäßig die Tarifentgelte des jeweiligen Wirtschaftszweigs oder - wenn die verkehrsübliche Vergütung geringer ist - das allgemeine Entgeltniveau im Wirtschaftsgebiet. Das Missverhältnis ist auffällig, wenn es einem Kundigen, gegebenenfalls nach Aufklärung des Sachverhalts, ohne Weiteres „ins Auge springt“ (BAG 17. Oktober 2012 - 5 AZR 792/11 - Rn. 19 mwN, BAGE 143, 212). Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger ohne Anspruch auf Vergütung zur Arbeitsleistung in einer 40-Stunden-Woche verpflichtet sein sollte.
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bb) Der notwendige subjektive Tatbestand eines Verhaltens gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB ist ebenfalls erfüllt. Kann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festgestellt werden, gestattet dies den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 27 mwN, BAGE 130, 338). Dann bedarf es zwar noch der Behauptung der verwerflichen Gesinnung, doch sind an diesen Vortrag keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass die benachteiligte Vertragspartei sich wie hier auf die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 36, BAGE 141, 348; BGH 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08 - Rn. 19).
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cc) Die Beklagte hat die Vermutung der verwerflichen Gesinnung nicht widerlegt. Die tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung des begünstigten Vertragsteils kann zwar im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert werden. Insoweit trägt die begünstigte Vertragspartei die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 37, BAGE 141, 348). Derartige Umstände hat die Beklagte jedoch weder vorgetragen noch hat das Landesarbeitsgericht solche festgestellt. Der Kläger ist im Gegenteil nach §§ 1, 2, 7 Abs. 1 RettAssG verpflichtet, eine praktische Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 1.600 Stunden zu absolvieren, damit ihm die Berufsbezeichnung „Rettungsassistent“ verliehen werden kann. Das wusste die Beklagte. Wenn diese dem als Rettungssanitäter ausgebildeten Kläger für eine Vollzeittätigkeit keine Vergütung zahlte, spricht dies eher für als gegen eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten.
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b) Der Kläger hat für die Zeit vom 3. Dezember 2007 bis Februar 2008 als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB gemäß § 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf die übliche monatliche Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto. Der Anspruch auf die übliche Vergütung besteht für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses (BAG 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 - zu II 1 b cc der Gründe, BAGE 100, 1). Maßgeblich ist die übliche Vergütung in dem vergleichbaren Wirtschaftskreis (BAG 26. April 2006 - 5 AZR 549/05 - Rn. 26 mwN, BAGE 118, 66). Als übliches Entgelt für eine Vollzeittätigkeit als Rettungsdienstmitarbeiter, der zugleich seine praktische Tätigkeit nach § 7 Abs. 1 RettAssG absolviert, ist von einer monatlichen Vergütung iHv. 1.600,00 Euro brutto auszugehen. Eine Vergütung in dieser Höhe hat die Beklagte dem Kläger auch ab Januar 2009 gezahlt. Sie hat nicht vorgetragen, dass diese Vergütung unüblich gewesen sei.
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III. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB. Zwar beträgt der gesetzliche Zinssatz für (Prozess- und Verzugs-)Zinsen nach § 288 Abs. 1 BGB fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Kläger hat aber lediglich Zinsen in der tenorierten Höhe beantragt.
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Brühler
Klose
Krasshöfer
W. Schmid
Mehnert
Tenor
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1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 23. November 2011 - 5 Sa 575/10 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
- 2
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Der Kläger war im Rahmen befristeter Arbeitsverträge von Februar 2000 bis Dezember 2001 sowie von Mai 2002 bis November 2003 als wissenschaftliche Hilfskraft beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) und von Oktober 2004 bis Februar 2005 als wissenschaftlicher Angestellter beim Bayerischen Armeemuseum für den Beklagten tätig. Seit 2005 hat der Kläger mit kleinen Unterbrechungen aufgrund von zehn als Werkvertrag bezeichneten Verträgen für das BLfD gearbeitet, zuletzt bis zum 30. November 2009 nach Maßgabe des Vertrags vom 23. März/1. April 2009. Leistungsgegenstand des ersten Vertrags vom 19. September 2005 waren nachstehende, nach den Richtlinien für die Erfassung von Funden und Fundstellen des BLfD durchzuführende und bis zum 31. Dezember 2005 abzuschließende Tätigkeiten:
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„a)
Bearbeitung von etwa 500 Fundmeldungen, die bis zum 31.12.2004 in der Dienststelle Thierhaupten eingegangen sind.
b)
Erstellung von etwa 500 Fundberichten mit Angaben zur Lage der Fundstelle sowie quantitativer Ansprache und Datierung der Funde.
c)
Gegebenenfalls persönliche Kontaktaufnahme mit dem Finder (Befragung, in Einzelfällen Kontrolle der Ortsangabe).
d)
Inventarisieren der Fundmeldungen einschließlich der Kartierung, Einarbeitung der Fundberichte in die Ortsakten und Eingabe in den PC.
e)
Aussonderung der zeichenwürdigen Artefakte, Kontrolle der Zeichnungen und Zuordnung zum fertigen Fundbericht.
f)
Anfertigung von Texten für die Fundchronik.
g)
Anfertigung von kurzen schriftlichen Berichten über den Bearbeitungsstand des vereinbarten Werkes jeweils bei Stellung der Rechnungen.“
- 3
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Seit Ende 2006 hat der Kläger an der Nachqualifizierung und Revision der Bayerischen Denkmalliste gearbeitet. Für dieses Projekt sind Mitarbeiter des BLfD sowie Vertragspartner auf der Grundlage von Werkverträgen tätig. Ziel ist die kartographische und für jedermann im Internet digital abrufbare Darstellung von Bau- und Bodendenkmälern in Bayern sowie die Aktualisierung der Bayerischen Denkmalliste, einem nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz geführten Verzeichnis von Bau-, Boden- und beweglichen Denkmälern. Seit 2008 erfolgt die Nachqualifizierung im Zusammenhang mit dem Aufbau des Fachinformationssystems Denkmalpflege (FIS). In dieser Datenbank werden alle wichtigen Daten zu Denkmälern in Bayern erfasst. Ein Teil dieser Daten ist im Internet kostenlos öffentlich zugänglich (BayernViewer-denkmal).
- 4
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Der Kläger hat Bodendenkmäler bearbeitet und nachqualifiziert. Er musste seine Tätigkeit wegen der notwendigen Dateneingabe in die behördeneigene Datenbank in Dienststellen des BLfD erbringen. Der Arbeitsort war abhängig vom jeweiligen Standort der Ortsakten des zu bearbeitenden Gebiets, mittelfränkische Landkreise wurden in Nürnberg, schwäbische Landkreise in Thierhaupten bearbeitet. Einen Schlüssel zu den Dienststellen besaß der Kläger nicht. Er hat zu den üblichen Arbeitszeiten der Dienststellen gearbeitet, ohne am Zeiterfassungssystem teilzunehmen. Der Zugang zum FIS wurde über einen PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung ermöglicht. Bei der Dateneingabe hatte der Kläger die Richtlinien des Projekthandbuchs des BLfD zu beachten, zudem hat er mehrere Schulungen zum FIS besucht. Zeitweise verfügte er über eine dienstliche E-Mail-Adresse und war im Outlook-Adressverzeichnis aufgeführt.
- 5
-
Der in den Verträgen bestimmte Termin für die Fertigstellung der Leistungen wurde ebenso wie die vereinbarte Vergütung jeweils nach der Zahl der im Arbeitsgebiet bekannten archäologischen Fundstellen kalkuliert; dem lag eine Nachqualifizierung von täglich zehn Altdatensätzen mit zugehörigen Ortsakten zugrunde.
- 6
-
Der letzte als Werkvertrag bezeichnete Vertrag betrifft die Nachqualifizierung der Stadt Fürth, des Landkreises Fürth und des Landkreises Nürnberger Land. Er enthält folgende Regelungen:
-
„1 Auftrag
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege beauftragt den Auftragnehmer, im Sinne eines Werkvertrages gemäß § 631 BGB die in Nummer 2 aufgeführten Arbeiten zu erbringen. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, weitere Aufträge zu erteilen.
2 Auftragsinhalt
Im Rahmen des Initiative Zukunft Bayern-Projektes erfolgt die Revision und Nachqualifizierung der Bayerischen Denkmalliste. Die von dem Auftragnehmer erhobenen Informationen sollen dabei wesentlicher Bestandteil einer datenbankgestützten Internet-Publikation der Bayerischen Denkmalliste werden. Der Auftragnehmer leistet die Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für die Kreisfreie Stadt und den Landkreis Fürth sowie für den Landkreis Nürnberger Land. Die Denkmaleintragung ist Aufgabe des Auftraggebers. Die Art und der Umfang dieser von dem Auftragnehmer zu erbringenden Leistung beinhaltet im Einzelnen folgende Tätigkeiten:
1.
Erfassung der Maßnahmen (Grabungsaktivitäten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und privater Grabungsfirmen, Luftbilder, übrige Fundmeldungen) anhand der Ortsakten sowie der Grabungsdokumentationen und zusammenfassende Darstellung der Maßnahmeergebnisse.
2.
Bewertung der Maßnahmeergebnisse hinsichtlich der Definition der Bodendenkmäler mit Überprüfung des bestehenden Eintrags der Denkmalliste und gegebenenfalls dessen Präzisierung und Ergänzung.
3.
Thesaurierung der Maßnahmeergebnisse.
4.
Vorschläge für die Erfassung erforderlicher Nachträge in die Denkmalliste, besonders der Altortbereiche mit Sakralbauten und Befestigungen inklusive Kartierung anhand historischer Karten oder anhand der Uraufnahme, bzw. Streichungen aus der Denkmalliste.
5.
Digitale Kartierung der Flächen der Maßnahmen, der Maßnahmeergebnisse und der Flächen der Bodendenkmäler.
6.
Änderungsvorschläge nach Abgleich der Liste der Bau- und Bodendenkmäler in Hinsicht auf Transferobjekte und komplementäre Einträge sowie gegebenenfalls nach Abgleich mit der Fläche des Weltkulturerbes Obergermanisch-raetischer Limes.
7.
Für die Arbeiten unter Punkt 1 bis 4 sind gegebenenfalls der Dehio, Großinventare, Denkmaltopographien, Ortschroniken sowie archäologische Monographien (Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte) und Fundchroniken hinzuzuziehen. Der Literaturnachweis ist festzuhalten.
8.
Ausdruck der Datenblätter und der Kartierungen mit den Vorschlägen zur Abgabe an das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege.
9.
Besprechungen bei Rückfragen zu den vorgelegten Vorschlägen.
10.
Anfertigung von kurzen schriftlichen Berichten über den Bearbeitungsstand des vereinbarten Werkes auf Anforderung und bei Stellung der Rechnungen.
11.
Umgehende Information an das Referat Z I über Beginn und Abschluss der Bearbeitung einer Gemeinde.
3 Gegenseitige Mitwirkungspflicht, Haftung
…
Der Auftragnehmer erhält die Möglichkeit, an einem Arbeitsplatz mit PC die notwendig in den Räumen des Auftraggebers zu erledigenden Arbeiten durchzuführen. Die Nutzung der zur Verfügung gestellten Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände des Landesamtes erfolgt ausschließlich zum Zwecke der Erfüllung dieses Vertrages, wofür der Auftragnehmer in vollem Umfang haftet. …
4 Fristen
Der Termin für die Erstellung des Werkes wird auf den 30. November 2009 festgelegt. Der vereinbarte Termin ist einzuhalten und kann nur in begründeten Sonderfällen im gegenseitigen Einvernehmen verlängert werden, jedoch grundsätzlich ohne Erhöhung der vereinbarten Vergütung.
5 Vergütung und Kostentragung
Der Auftragnehmer erhält für die Leistungen aus diesem Vertrag, einschließlich der Übertragung der Nutzungsrechte gemäß § 3, eine Vergütung in Höhe von 31.200,00 Euro einschließlich eventuell anfallender gesetzlicher Mehrwertsteuer.
Die Reisekosten und sonstige Nebenkosten sind in diesem Betrag inbegriffen.
Rechnungen können nach Abschluss der Bearbeitung der Kreisfreien Stadt Fürth, des Landkreises Fürth sowie nach Abschluss der Bearbeitung von ca. je einem Viertel (dreimal 10, einmal 12 Gemeinden) der Gemeinden und gemeindefreien Gebiete im Landkreis Nürnberger Land in Höhe von jeweils 5.200,00 Euro gestellt werden.
6 Werkvertragsbezogene Nachbesserungen
Genügt die angelieferte Arbeit nicht den Anforderungen, so kann eine Nachbesserung verlangt werden. Arbeiten, die trotz Nachbesserungen nicht den Anforderungen entsprechen, werden nicht honoriert; der Auftragnehmer verpflichtet sich zur anteiligen bzw. gegebenenfalls vollständigen Rückzahlung der Abschlagszahlung bis spätestens vierzehn Tage nach schriftlicher Erklärung des endgültigen Scheiterns von Nachbesserungen (Nummer 8.2 findet entsprechende Anwendung).
7 Informations- und Auskunftspflicht des Auftragnehmers
Der Auftragnehmer verpflichtet sich, jederzeit auch über Teilergebnisse seiner Arbeit gegenüber dem Auftraggeber fachliche Auskunft zu geben.
…
8 Kündigung und Rücktritt
1.
Der Vertrag kann von beiden Vertragschließenden jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wobei der Kündigungsgrund schriftlich mitzuteilen ist. Der Auftragnehmer händigt in diesem Fall das zur Bearbeitung überlassene Material und alle Hilfsmittel sowie bis dahin vorliegende Arbeitsergebnisse bzw. auch Teilergebnisse umgehend vollständig aus.
2.
Bei Vorliegen von Kündigungsgründen, die der Auftragnehmer zu vertreten hat, bzw. wenn der Auftraggeber zu der Auffassung kommt, dass die Arbeiten im Rahmen des Vertrages unzureichend sind und der Auftragnehmer die festgestellten Mängel in einer vorgegebenen Frist nicht beheben kann, ist der Auftraggeber berechtigt, den Vertrag zu kündigen bzw. von diesem zurückzutreten.
Der Auftragnehmer erhält dann nur die Vergütung, die den bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entspricht.
9 Ergänzende Vorschriften
Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und andere arbeitsrechtliche Bestimmungen finden auf das vorliegende Vertragsverhältnis keine Anwendung. Es gelten ausschließlich die Bestimmungen des BGB über den Werkvertrag (§§ 631 - 650). Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf vergüteten Urlaub und wird weder zur Sozial- und Krankenversicherung angemeldet noch wird das Honorar durch den Auftraggeber versteuert; dies obliegt dem Auftragnehmer. Er ist nicht Arbeitnehmer.“
- 7
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Der Kläger arbeitete in der Dienststelle des BLfD in Nürnberg. Die dortige Tätigkeit nahm er bereits am 9. März 2009 auf, seine FIS-Kennung war zu diesem Zeitpunkt nach wie vor aktiviert. Allgemeine Informationen für „NQ-Kräfte“ hatte der Kläger auch nach Beendigung des letzten Werkvertrags am 31. Dezember 2008 erhalten, so zB aktualisierte Vorgaben für die Formulierung der Listentexte, Teilliste Bodendenkmäler, und für Maßnahmenamen. Der Kläger bediente wiederum die FIS-Eingabemaske, überprüfte angelegte Denkmäler und nahm Denkmäler in das FIS neu auf. Während der Laufzeit des Vertrags bearbeitete er nach Aufforderung zuständiger Referenten auch Nachfragen zu bereits abgeschlossenen Vorgängen.
- 8
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis. Er sei in die Arbeitsorganisation der Dienststellen eingegliedert gewesen und habe dieselben Tätigkeiten verrichtet wie angestellte Mitarbeiter; wie diese sei er in den arbeitsteiligen Prozess der Erstellung der Denkmalliste eingebunden gewesen, habe fachlichen Weisungen der zuständigen Referenten unterlegen und mit der Eingabe der Bodendenkmäler hoheitliche Aufgaben wahrgenommen. Eine etwaige Befristung im Vertrag vom 23. März /1. April 2009 sei schon deshalb unwirksam, weil er bereits vor Unterzeichnung des Vertrags seine Tätigkeit aufgenommen habe.
- 9
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Mit einer am 15. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten und dem Beklagten am 23. Dezember 2009 zugestellten Klageänderung hat der Kläger beantragt
-
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 23. März/1. April 2009 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 beendet worden ist;
2.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Inventarisator weiterzubeschäftigen.
- 10
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei aufgrund von Werkverträgen für das BLfD tätig gewesen, habe die Beurteilung der Denkmalseigenschaft von archäologischen Objekten vorbereitet und dem zuständigen Referat des BLfD eine fachkundige Einschätzung unterbreitet. Weitere Arbeitsschritte bis hin zur Eintragung in die Denkmalliste habe er nicht durchgeführt, die vereinbarten Werke seien stillschweigend abgenommen worden. Die Tätigkeit in der Revision und Nachqualifizierung der Bayerischen Denkmalliste mache nur einen kleinen Teil des Aufgabenbereichs eines Beschäftigten im zuständigen Referat aus.
- 11
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
- 12
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Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, welches nicht am 30. November 2009 beendet worden ist.
- 13
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I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger macht mit einer Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG geltend, dass das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis nach seinem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis ist, welches nicht durch Fristablauf beendet worden ist(vgl. BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 111/11 - Rn. 40 zur Einhaltung der Klagefrist bei nicht abschließend geklärten befristeten Rechtsverhältnissen).
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II. Die Klage ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, dass zwischen den Parteien kein Werkvertrags- sondern ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist.
- 15
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1. Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird (BGH 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 151, 330).
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2. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines Werkunternehmers zudem maßgeblich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit (BGH 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - zu I 2 b aa der Gründe). Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13 mwN). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15; 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe mwN, BAGE 115, 1); der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Dagegen ist der Werkunternehmer selbständig. Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 723/10 - Rn. 27; 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 14). Ob ein Werkvertrag, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben; ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer wird nicht durch Auferlegung einer Erfolgsgarantie zum Werkunternehmer (vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 611 BGB Rn. 13).
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3. Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend (BAG 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15; 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 13; 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 19 mwN). Legen die Parteien die zu erledigende Aufgabe und den Umfang der Arbeiten konkret fest, kann das für das Vorliegen eines Werkvertrags sprechen (BGH 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 151, 330). Fehlt es an einem abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht, weil der „Auftraggeber“ durch weitere Weisungen den Gegenstand der vom „Auftragnehmer“ zu erbringenden Leistung erst bestimmen und damit Arbeit und Einsatz erst bindend organisieren muss (vgl. BAG 9. November 1994 - 7 AZR 217/94 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 78, 252). Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem jeweiligen Bedarf des Auftraggebers, so kann auch darin ein Indiz gegen eine werk- und für eine arbeitsvertragliche Beziehung liegen, etwa wenn mit der Bestimmung von Leistungen auch über Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit entschieden wird. Wesentlich ist, inwiefern Weisungsrechte ausgeübt werden und in welchem Maß der Auftragnehmer in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess eingegliedert ist. Zwar steht auch einem Werkbesteller gegenüber dem Werkunternehmer das Recht zu, Anweisungen für die Ausführung des Werks zu erteilen (vgl. § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB zu den Auswirkungen auf die Vergütungsgefahr). Davon abzugrenzen ist aber die Ausübung von Weisungsrechten bezüglich des Arbeitsvorgangs und der Zeiteinteilung (Kittner/Zwanziger/Deinert-Deinert 7. Aufl. § 3 Rn. 137). Weisungen, die sich ausschließlich auf das vereinbarte Werk beziehen, können im Rahmen eines Werkvertrags erteilt werden (vgl. ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 14); wird die Tätigkeit aber durch den „Besteller“ geplant und organisiert und wird der „Werkunternehmer“ in einen arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten „Werks“ faktisch ausschließt, liegt ein Arbeitsverhältnis nahe.
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4. Gemessen daran ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kumulation und Verdichtung der Bindungen sei in einer Gesamtschau als Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten, sodass nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis bestehe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 30). Solche Rechtsfehler liegen nicht vor.
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a) Das Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass auch vor Abschluss des letzten Vertrags bestehende Vertragsbeziehungen in eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind, wenn der den Streitgegenstand bestimmende Kläger sich auf sie beruft und sie einen Rückschluss auf den wahren Geschäftsinhalt ermöglichen.
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b) Bereits nach den schriftlichen Vertragsgrundlagen lässt sich nicht hinreichend erkennen, dass tatsächlich bestimmte Arbeitsergebnisse oder -erfolge vereinbart waren. Der erste „Werkvertrag“ vom 19. September 2005 benennt als „Werkleistung“ die „Bearbeitung von etwa 500 Fundmeldungen, die bis zum 31.12.2004 in der Dienststelle Thierhaupten eingegangen sind“, die „Erstellung von etwa 500 Fundberichten mit Angaben zur Lage der Fundstelle sowie quantitativer Ansprache und Datierung der Funde“ und die „gegebenenfalls persönliche Kontaktaufnahme mit dem Finder (Befragung, in Einzelfällen Kontrolle der Ortsangabe)“. Dies sind tätigkeitsbezogene Leistungen, die Gegenstand eines (freien) Dienstverhältnisses sein können, es wird aber kein konkreter „Werkerfolg“ geschuldet. Gleiches gilt für die in Ziff. 2 des Vertrags vom 23. März/1. April 2009 vereinbarten Leistungen mit den Angaben zu den geschuldeten Tätigkeiten. Mit der Erfassung von Maßnahmen (Ziff. 2.1), der Bewertung von Maßnahmeergebnissen (Ziff. 2.2), der Erbringung von Vorschlägen für die Erfassung erforderlicher Nachträge in die Denkmalliste (Ziff. 2.4) oder der Unterbreitung von Änderungsvorschlägen (Ziff. 2.6) werden Dienstleistungen geschuldet, nicht aber ein bestimmtes „Werk“. Zwar mag die komplette Erstellung eines Verzeichnisses (von Denkmälern) als Werkvertrag vergeben werden können, nach der Vertragslage waren aber nur Teiltätigkeiten seiner Erstellung vereinbart. Zudem geben Ziff. 2.7 bis 2.9 mit den geschuldeten Tätigkeiten im Einzelnen vor, wie und mit welchen Hilfsmitteln die Arbeiten erledigt werden müssen. Dass Ziff. 6 Regelungen zur Gewährleistung und werkvertraglichen Nachbesserung enthält und nach Ziff. 9 der TV-L und andere arbeitsrechtliche Bestimmungen keine Anwendung finden, macht den Vertrag im Hinblick auf die geschuldete Tätigkeit und die gelebte Vertragspraxis nicht zu einem Werkvertrag; auch ist nicht ersichtlich, dass die Nachbesserungsklausel einen realen Hintergrund hatte und je zur Anwendung gekommen ist.
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c) Bestehen nach den schriftlichen Verträgen gleichwohl noch Zweifel und ist insbesondere auch die Annahme eines freien Dienstvertrags möglich, so ist das Landesarbeitsgericht nach dem wahren Geschäftsinhalt zutreffend von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen.
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aa) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht als wichtiges Indiz für die persönliche Abhängigkeit auf die örtliche Einbindung des Klägers in die Arbeitsorganisation des Beklagten abgestellt. Der Kläger war an den Standort der im Rahmen der Nachqualifizierungsarbeiten heranzuziehenden Ortsakten gebunden und konnte seine Arbeit nur an einem PC-Arbeitsplatz des BLfD erbringen, weil er auf den Zugang zum FIS angewiesen war. Der Einwand der Revision, diese Einbindung ergebe sich nicht aus der Arbeitsorganisation, sondern aus der werkvertraglich gestellten Aufgabe, spricht nicht gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts. Der Kläger konnte nicht, wie es für einen Werkunternehmer typisch ist, die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisieren; ihm war nicht gestattet, die Fachsoftware auf einen eigenen Rechner aufzuspielen, um Tätigkeiten auch an einem anderen Ort wahrnehmen zu können.
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bb) Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend erkannt, dass der Kläger zeitlich sowohl im Hinblick auf das Volumen der täglich zu erbringenden Arbeit als auch im Hinblick auf die Lage der Arbeitszeit weitgehend in den Arbeitsablauf der jeweiligen Dienststelle des BLfD eingegliedert war. Grundlage der Vertragslaufzeit war die kalkulierte Bearbeitung von arbeitstäglich zehn Altdatensätzen bei einer vollschichtigen Tätigkeit. Da der Kläger keinen Schlüssel zu den Diensträumen besaß, konnte er nur zu den vorgegebenen Öffnungszeiten der Dienststellen arbeiten und war damit zeitlich in die Arbeitsabläufe der Dienststellen eingebunden; es war ihm nicht möglich, seine Arbeitsleistung in nennenswertem Umfang anderen Auftraggebern anzubieten. Dass er, wie die Revision geltend macht, rechtlich nicht zur Anwesenheit verpflichtet war und an der Zeiterfassung der Angestellten nicht teilgenommen hat, konnte das Landesarbeitsgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung als unerheblich erachten; trotz rechtlicher Zeitsouveränität war der Kläger nach dem wahren Geschäftsinhalt nicht in der Lage, seine Arbeitszeit iSv. § 84 HGB frei einzuteilen.
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cc) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger auch inhaltlichen Weisungen unterworfen war. Bereits die Richtlinien des Projekthandbuchs einschließlich der Formulierungsvorgaben der Listentexte enthalten fachliche tätigkeitsbezogene Weisungen, die typisch für ein Arbeitsverhältnis sind. Selbst wenn die Erteilung vergleichbarer Weisungen im Rahmen einer werkvertraglichen Beziehung für denkbar erachtet wird, kommt hinzu, dass der Kläger auch außerhalb des im Vertrag vom 23. März /1. April 2009 definierten Aufgabenkreises zugewiesene Tätigkeiten verrichtet hat. Dies ist typisch für ein Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach § 106 GewO bestimmt. Soweit die Revision einwendet, es handele sich um untypische, den Personalverantwortlichen nicht bekannte Einzelfälle, zeigt sie damit keinen Rechtsfehler in der Beurteilung durch das Landesarbeitsgericht auf. Der Kläger ist mehrfach zu weiteren Leistungen herangezogen worden, die Erbringung solcher Leistungen gehörte zum wahren Geschäftsinhalt. Der Beklagte muss sich diese Form der Vertragsdurchführung auch zurechnen lassen. Der Vertrag beschreibt die vom Auftragnehmer zu erbringenden Tätigkeiten nur pauschal; nach seiner Gestaltung war die Abstimmung mit den zuständigen Fachreferenten unabdingbar und damit seitens des Beklagten zumindest geduldet.
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dd) Schließlich ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, dass die vereinbarten Tätigkeiten vom Kläger persönlich zu erbringen waren. Eine Gestattung der Weitergabe des Auftrags regelt der Vertrag nicht, Erfüllungsgehilfen durfte der Kläger nicht einsetzen. Seine Beauftragung erfolgte in Kenntnis des Umstands, dass er keine Mitarbeiter beschäftigt. Maßgeblich für die Vergabe des Vertrags an ihn waren seine persönliche Qualifizierung und seine Fachkenntnisse.
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ee) Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich weder aus der „internen Richtlinie zum Abschluss von Werkverträgen“ noch aus dem Umstand, dass keine weiteren arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten von „Werkvertragspartnern“ des Beklagten anhängig sein sollen, eine Verkehrsanschauung der beteiligten Verkehrskreise. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die übereinstimmend gewollte Vertragsdurchführung der „Richtlinie“ entspricht.
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III. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat über den 30. November 2009 hinaus fortbestanden. Es ist zweifelhaft, kann aber dahinstehen, ob die Parteien überhaupt mit der erforderlichen Eindeutigkeit die Befristung eines Rechtsverhältnisses vereinbart haben. Jedenfalls hat der Kläger die Klagefrist gemäß § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt, § 253 Abs. 1, § 261 Abs. 2, § 167 ZPO, während sich der Beklagte nicht, auch nicht hilfsweise, auf die wirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses und insbesondere das Vorliegen eines sachlichen Grundes berufen hat.
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IV. Der Klageantrag zu 2. ist nicht zur Entscheidung angefallen; der Kläger hat Weiterbeschäftigung nur bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung beantragt (vgl. BAG 13. Februar 2013 - 7 AZR 324/11 - Rn. 31).
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V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Mikosch
W. Reinfelder
Mestwerdt
Simon
A. Effenberger
(1) Die Agentur für Arbeit kann förderungsberechtigte junge Menschen durch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen fördern, um sie auf die Aufnahme einer Berufsausbildung vorzubereiten oder, wenn die Aufnahme einer Berufsausbildung wegen in ihrer Person liegender Gründe nicht möglich ist, ihnen die berufliche Eingliederung zu erleichtern.
(2) Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme ist förderungsfähig, wenn sie
- 1.
nicht den Schulgesetzen der Länder unterliegt und - 2.
nach Aus- und Fortbildung sowie Berufserfahrung der Leitung und der Lehr- und Fachkräfte, nach Gestaltung des Lehrplans, nach Unterrichtsmethode und Güte der zum Einsatz vorgesehenen Lehr- und Lernmittel eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lässt.
(3) Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme kann zur Erleichterung der beruflichen Eingliederung auch allgemeinbildende Fächer enthalten und auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses vorbereiten.
(4) Betriebliche Praktika können abgestimmt auf den individuellen Förderbedarf in angemessenem Umfang vorgesehen werden.
(1) Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie
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ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten, - 2.
ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten, - 3.
ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder - 4.
an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen.
(2) Personen im Sinne von § 2 Absatz 1 und 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne abgeschlossene Berufsausbildung gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.
(3) Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie ehrenamtlich Tätigen.
(4) Für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch waren, gilt der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung nicht. Die Bundesregierung hat den gesetzgebenden Körperschaften zum 1. Juni 2016 darüber zu berichten, inwieweit die Regelung nach Satz 1 die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gefördert hat, und eine Einschätzung darüber abzugeben, ob diese Regelung fortbestehen soll.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.