Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 19. Aug. 2015 - 7 Sa 233/15
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 05.02.2015, 7 Sa 233/15, wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.
Die Revision wird zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, ihn in einem bestimmten zeitlichen Umfang wöchentlich einzusetzen.
3Der Kläger ist seit dem 01.07.2000 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Versandhilfskraft zu einem Stundenlohn in Höhe von zuletzt 10,75 € brutto beschäftigt.
4Im Arbeitsvertrag vom 28.06.2000 wird hinsichtlich der Arbeitszeit Folgendes ausgeführt:
5"Wegen des schwankenden und nicht vorhersehbaren Umfangs der Arbeit richten sich Umfang und Lage Ihrer Arbeitszeit nach dem jeweiligen Arbeitsanfall (§ 4 Abs. 1 Beschäftigungsförderungsgesetz). Die Lage der Arbeitszeit werden wir Ihnen anhand eines Einsatzplanes bekannt geben."
6Eine Mindestarbeitszeit ist nicht ausgewiesen.
7Außerdem enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:
8"Tarifliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis, für das § 4 des Beschäftigungsförderungsgesetzes gilt, keine Anwendung".
9Wegen des Inhalts der Arbeitsverträge im Einzelnen wird auf Bl. 5 bis 6 der Akte Bezug genommen.
10Auf der Basis vergleichbarer Verträge beschäftigt die Beklagte in ihrem Betrieb in F. zirka 200 Arbeitnehmer.
11Der Kläger wurde ohne regelmäßige Arbeitszeit in wöchentlich ständig schwankendem Umfang an fünf Tagen pro Woche eingesetzt, und zwar im Kalenderjahr 2011 wöchentlich durchschnittlich 41,13 Stunden, im Kalenderjahr 2012 wöchentlich durchschnittlich 42,89 Stunden, im Kalenderjahr 2013 wöchentlich durchschnittlich 35,25 Stunden und im Kalenderjahr 2014 bis einschließlich Juli 2014 durchschnittlich 38,48 Stunden pro Woche. Wegen der unstreitig vom Kläger in den einzelnen Monaten geleisteten Stunden wird auf die Aufstellung im Schriftsatz des Klägers vom 10.12.2014 (Bl. 43 bis 45 der Akte) Bezug genommen.
12Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vertragsklausel über die Abrufarbeit sei unwirksam, da sie ihm das volle Wirtschaftsrisiko übertrage. Die Beklagte habe ihm durch den ständig hohen, über 10 Stunden weit hinausgehenden Abruf der wöchentlichen Arbeitszeit unmissverständlich signalisiert, dass es nicht bei der Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG habe bleiben sollen, so dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für eine Neuregelung maßgeblich sei. Er - der Kläger - habe auf Anforderung der Beklagten deutlich länger als 10 Stunden gearbeitet. Dadurch habe die Beklagte erklärt, dass sie die ursprüngliche Grenze in Höhe von 10 Stunden wöchentlich nicht einhalten wolle und habe ihm konkludent die Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit angeboten. Er sei dieser Aufforderung zur Arbeit über seine vertraglichen Pflichten hinaus ohne Widerspruch nachgekommen und habe damit das Angebot der Beklagten auf Vertragsänderung angenommen.
13Der Kläger hat beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, ihn als Versandhilfskraft mit einem Arbeitsumfang von durchschnittlich wöchentlich 40 Stunden zu beschäftigen.
15Die Beklagte hat beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.09.2014, 5 AZR 1024/12, die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Zwischen den Parteien bestehe ein Abrufarbeitsverhältnis. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages sei eindeutig und unmissverständlich vereinbart worden, dass die Arbeitszeit flexibel, also veränderlich sei und sich nach den betrieblichen Erfordernissen - also dem Arbeitsanfall und dem Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten - richten solle. Der Kläger habe vor diesem Hintergrund nicht davon ausgehen dürfen, es habe ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werden sollen. Ein solches sei weder schriftlich noch konkludent abgeschlossen worden. Mangels einer vertraglich vereinbarten Rahmenarbeitszeit sei gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine Mindestarbeitszeit von 10 Wochenstunden vereinbart.
18Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit im Umfang von 31,8 Stunden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, aus dem Wortlaut des Arbeitsvertrages sei ersichtlich, dass nicht nur die Lage, sondern auch der Umfang der Arbeitszeit sich nach dem jeweiligen Arbeitsanfall richten solle. Allein aufgrund des Beschäftigungsumfangs in der Vergangenheit könne nicht vermutet werden, dass ein Vollzeitarbeitsverhältnis gewollt gewesen sei. Die Parteien hätten sich auch nicht konkludent auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis bzw. eine feste Arbeitszeit geeinigt. Das bloße Abrufen der Arbeitsleistung reiche ohne weitere, darüber hinausgehende Anhaltspunkte für eine derartige Annahme nicht aus. Unstreitig sei der Kläger über die gesamte von ihm dargestellte Dauer nicht wöchentlich mit einer exakt gleichen Arbeitszeit eingesetzt worden. Der Umfang des Einsatzes belege lediglich, dass die Beklagte den Kläger jederzeit in einem Umfang habe beschäftigen können, der mindestens einer Vollzeittätigkeit entsprochen habe. Wegen der gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen Abrufabrede im Arbeitsvertrag der Parteien sei der Beschäftigungsumfang anhand einer ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln, die zu dem Ergebnis führe, dass ein Abrufarbeitsverhältnis gewollt gewesen sei, das einen Abruf mindestens bis zu einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 39,75 Stunden ermöglichen sollte. Dieser Umfang entspreche der tatsächlichen durchschnittlichen Beschäftigung des Klägers im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.07.2014. Mangels anderweitigen Vortrags sei davon auszugehen, dass die Parteien ihr Arbeitsverhältnis seit Beginn der Tätigkeit des Klägers in diesem Umfang gelebt hätten. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die von einem flexibel abrufbaren Arbeitszeitanteil von maximal 25 % im Verhältnis zu der Mindestbeschäftigung ausgehe, bestehe zu Gunsten des Klägers ein Beschäftigungsanspruch von mindestens 31,8 Stunden wöchentlich. Entsprechend der bisherigen Vertragspraxis könne der Kläger diese Beschäftigung allerdings nicht wöchentlich, sondern lediglich bezogen auf den Jahresdurchschnitt verlangen.
19Gegen das ihm am 12.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 24.02.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.05.2015 mit einem am 06.05.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
20Mit seiner Berufung vertritt der Kläger weiterhin unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung, bei der Berechnung des Beschäftigungsumfangs könne nur berücksichtigt werden, wie das Arbeitsverhältnis tatsächlich gelebt worden sei. Insoweit sei auf eine Durchschnittsberechnung abzustellen, die zu dem Ergebnis führe, dass für ihn ein wöchentlicher Beschäftigungsanspruch in Höhe von 40 Stunden bestehe. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Kürzung der durchschnittlichen Arbeitszeit um 20 % sei nicht nachvollziehbar.
21Der Kläger beantragt,
221.das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 05.02.2015, 5 Ca 2359/14, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Arbeitsumfang von durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich zu beschäftigen.
232.hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Arbeitsumfang von 39,75 Stunden wöchentlich zu beschäftigen.
243.hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einem Arbeitsumfang von wöchentlich 40 Stunden berechnet auf einen Jahresdurchschnitt zu beschäftigen.
254.hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den Kläger mit einem Arbeitsumfang von wöchentlich 39,75 Stunden bezogen auf den Jahresdurchschnitt zu beschäftigen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und weist darauf hin, der Gesetzgeber habe in § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG den Fall der fehlenden Vereinbarung einer bestimmten Dauer der Arbeitszeit eindeutig und abschließend dahingehend geregelt, dass in diesem Fall eine Arbeitszeit von 10 Stunden gelte. Auch eine deutliche Überschreitung der Dauer der Arbeitszeit für einen längeren Zeitraum stelle keine Vertragsänderung dar, denn der Arbeitseinsatz an sich beinhalte keine rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern stelle ein rein tatsächliches Verhalten dar. Aus dem Abrufverhalten der Beklagten habe der Kläger lediglich auf einen hohen Bedarf an Arbeitsleistung schließen dürfen, nicht aber auf ein Angebot der Beklagten auf eine bestimmte Mindestarbeitszeit. Der Kläger habe keinesfalls einen weitergehenden Anspruch als das, was das Arbeitsgericht zu seinen Gunsten entschieden habe.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
30E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
31I.
32Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.
33II.
34Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die über den zugesprochenen Umfang hinausgehende Klage zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern.
35Zutreffend hat das Arbeitsgericht zunächst festgestellt, dass die Parteien sich nicht auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis geeinigt haben.
36Unstreitig ist im Arbeitsvertrag keine feste Arbeitszeit ausgewiesen. Vielmehr enthält der Arbeitsvertrag die Vereinbarung, dass sich der Umfang der Beschäftigung des Klägers nach dem schwankenden Arbeitsanfall richten soll und verweist zudem auf § 4 BeschFG, die Vorgängervorschrift zu § 12 Abs. 1 TzBfG. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts dazu, dass die Parteien ausweislich des Arbeitsvertrages ein Abrufarbeitsverhältnis vereinbart haben, hat der Kläger mit der Berufung nicht weiter angegriffen, so dass sich weitere Ausführungen seitens der Berufungskammer erübrigen.
37Auch eine - grundsätzlich mögliche - konkludente Vereinbarung der Parteien, das Abrufarbeitsverhältnis in ein Vollzeitarbeitsverhältnis abzuändern, liegt nicht vor.
38Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber - auch längere Zeit - unter Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, beinhaltet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für sich genommen noch keine einvernehmliche Vertragsänderung. Bei einem entsprechenden Arbeitseinsatz handelt es sich um ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt. Es ist auf die Absprachen abzustellen, die dem erhöhten Arbeitseinsatz zugrunde liegen. Die Annahme einer dauerhaften Vertragsänderung mit einer erhöhten regelmäßigen Arbeitszeit setzt die Feststellung entsprechender Erklärungen der Parteien voraus (vgl. BAG, Urteil vom 22.04.2009, 5 AZR 133/08, zitiert nach juris). Der bloße Arbeitseinsatz eines Arbeitnehmers in der Vergangenheit lässt mithin als tatsächliches Verhalten nicht darauf schließen, der Arbeitgeber wolle damit zugleich eine bindende rechtliche Erklärung zum zukünftig geschuldeten Arbeitsumfang abgeben.
39Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die tatsächliche Arbeitszuweisung durch die Beklagte vorliegend somit nicht zu einer Vertragsänderung geführt. Besondere Umstände, die die Annahme nahe legten, die Beklagte hätte sich weitergehend binden wollen, sind nicht ersichtlich. Über das tatsächliche Verhalten hinausgehende zusätzliche Erklärungen der Beklagten in Verbindung mit dem Arbeitseinsatz, die auf die Vereinbarung eines Vollzeitarbeitsverhältnisses schließen ließen, hat der Kläger selbst nicht behauptet.
40Zutreffend hat das Arbeitsgericht sodann ausgeführt, dass im Hinblick auf die Dauer der Mindestarbeitszeit des Klägers wegen einer fehlenden wirksamen Regelung im Arbeitsvertrag eine ergänzende Vertragsauslegung geboten ist.
41Die arbeitsvertraglich getroffene Vereinbarung zum Einsatz des Klägers nach Arbeitsanfall ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Diese Vertragsklausel, bei der es sich unter Berücksichtigung des insoweit übereinstimmenden Parteivortrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt, benachteiligt den Kläger unangemessen, weil sie zu seinen Lasten von § 615 BGB abweicht, nach dessen Maßgabe der Arbeitgeber das Risiko trägt, den Arbeitnehmer beschäftigen zu können bzw. ihn bei Nichtbeschäftigung wegen Auftragsmangel gleichwohl vergüten zu müssen. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die arbeitsvertragliche Regelung der Beklagten erlauben würde, eine Arbeitszeit zwischen 0 und 48 Stunden abzurufen. Ein derartiger Korridor ist selbst unter Berücksichtigung des berechtigten Wunsches der Beklagten nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht zuzulassen, weil dem Kläger jegliche Planungssicherheit hinsichtlich des zukünftig zu erzielenden Arbeitseinkommens - seiner finanziellen Existenzgrundlage - genommen würde (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2012, 8 Sa 1334/11, zitiert nach juris).
42Die Vertragsklausel ist auch am Maßstab der §§ 305 ff BGB zu messen, obwohl es sich um einen sogenannten Altfall handelt, das heißt um einen Arbeitsvertrag, der vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes abgeschlossen worden ist, denn die §§ 305 ff BGB beanspruchen nach Ablauf der einjährigen Übergangsfrist am 31.12.2002 gemäß Art. 229 § 5 EGBGB auch für derartige Verträge Geltung.
43Eine gesetzliche Regelarbeitszeit, die nach § 306 Abs. 2 BGB an die Stelle der vertraglichen Regelung treten könnte, besteht nicht. Auch ein Rückgriff auf Tarifrecht scheidet vorliegend aus, denn zum einen fehlt es an einem eindeutig bestimmbaren einschlägigen Tarifvertrag, und zum anderen haben die Parteien ausweislich des Arbeitsvertrages ausdrücklich auf eine Inbezugnahme von Tarifverträgen verzichtet.
44Die sich durch die Unwirksamkeit der Vertragsklausel ergebend Vertragslücke ist daher durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.
45Bei der ergänzenden Vertragsauslegung ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel bedacht hätten. Zur Feststellung des mutmaßlichen Parteiwillens ist die tatsächliche Vertragsdurchführung von erheblicher Bedeutung. Sie gibt Aufschluss über die von den Parteien wirklich gewollte Arbeitszeitdauer. Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, wenn die Parteien statt einer festen Arbeitszeit Arbeit auf Abruf vereinbaren wollten (vgl. BAG, Urteil vom 07.12.2005, 5 AZR 535/04, zitiert nach juris).
46Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der tatsächlichen Vertragsdurchführung zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Parteien ein Abrufarbeitsverhältnis gewollt haben, das einen Abruf min- destens bis zu einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 39,75 Stunden ermöglicht. Dieser Umfang entspricht der tatsächlichen durchschnittlichen Beschäftigung des Klägers in dem von ihm als Referenzzeitraum gewählten und vorgetragenen Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.07.2014. Es ist auch sachgerecht, der Beurteilung den durchschnittlich geleisteten Arbeitsumfang des Klägers zugrunde zu legen, weil dieser die tatsächliche Vertragsdurchführung am ehesten repräsentativ widerspiegelt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.11.2006, 1 BvR 1909/06, zitiert nach juris).
47Zutreffend hat das Arbeitsgericht sodann unter Abwägung der berechtigten Interessen der Vertragsparteien das Interesse der Beklagten berücksichtigt, die Arbeitszeit aufgrund der wechselnden Auslastung zu flexibilisieren und hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf die berechtigten Interessen des Klägers an einer festen Arbeitszeit mit festem Einkommen den flexiblen Anteil der Arbeitszeit auf 25 % begrenzt mit dem Ergebnis, dass vorliegend ein Beschäftigungsanspruch des Klägers von mindestens 31,8 Stunden wöchentlich besteht. Mit dieser Regelung werden das Interesse des Arbeitgebers an einer Flexibilisierung der Arbeitszeitdauer und das Interesse des Arbeitnehmers an einer festen Regelung der Dauer der Arbeitszeit und der sich daraus ergebenden Arbeitsvergütung angemessen zum Ausgleich gebracht. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach der Abrufanteil nicht mehr als 25 % der vertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit betragen darf (vgl. BAG, Urteil vom 07.12.2005, 5 AZR 535/04, zitiert nach juris). Dieser Auffassung schließt die Berufungskammer sich an.
48Der Einwand des Klägers, es sei nicht nachvollziehbar, warum das Arbeitsgericht die ermittelte durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit um 20 % gekürzt habe, ist unbegründet. Bei der Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens darf - wie bereits ausgeführt - nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Parteien statt einer festen Arbeitszeit Arbeit auf Abruf vereinbart haben. Unter Berücksichtigung dieser Vereinbarung ist der Kläger von der Beklagten zwar durchschnittlich, aber im zeitlichen Umfang wechselnd 39,75 Stunden wöchentlich eingesetzt worden. Aus diesem Abrufverhalten der Beklagten konnte der Kläger allenfalls auf einen hohen Bedarf an seiner Arbeitsleistung schließen, nicht aber auf das Angebot der Beklagten einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit im Umfang von 39,75 Stunden. Zu berücksichtigen bei dieser Bewertung ist auch der Umstand, dass der Kläger kein verstetigtes Monatsgehalt auf einer bestimmten Stundenbasis erhalten hat, so dass der Kläger auch aus dem Abrechnungsverhalten der Beklagten keine Rückschlüsse auf eine Mindestarbeitszeit von 39,75 Stunden ziehen konnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in diesem Beschäftigungsumfang - für den Kläger auch erkennbar - der flexible Arbeitszeitanteil enthalten sein sollte mit der Folge, dass der flexible Anteil bei Bestimmung der Mindestarbeitszeit in Abzug zu bringen ist. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine ständig erbrachte Mindestarbeitsleistung als konkludent vereinbart angesehen werden, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht nur abgerufen und erwartet, sondern vom Arbeitnehmer als vertraglich geschuldete Leistung gefordert hat (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2012, 10 AZR 336/11, zitiert nach juris). Obwohl bereits das Arbeitsgericht auf diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hingewiesen hat, hat der Kläger allerdings auch im Berufungsverfahren keine über die tatsächliche Zuweisung von Arbeit hinausgehenden Umstände vorgetragen, so dass es bei dem vorstehend dargelegten Auslegungsergebnis bleiben muss.
49Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet ein Rückgriff auf § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG aus. Einen derartigen Rückgriff hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 07.12.2005 (a.a.O.) mit der Begründung abgelehnt, dass die Anwendung der Fiktion einer wöchentlichen Arbeitszeitdauer von zehn Stunden im dort entschiedenen Fall nicht interessengerecht sei. Die Parteien hätten offenkundig eine deutlich längere Mindestarbeitszeit gewollt. Diese Erwägung trifft angesichts der tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses auch auf das vorliegende Verfahren zu. Bei einer Mindestarbeitszeit von 10 Stunden pro Woche wäre die Beklagte im Rahmen des Abrufarbeitsverhältnisses lediglich dazu berechtigt, maximal weitere 2,5 Stunden, mithin insgesamt 12,5 Stunden abzurufen. Dies entspricht ersichtlich nicht dem Willen der Vertragsparteien, worauf bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Ein Rückgriff auf die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG gegen den Willen der Parteien wäre gerade nicht interessengerecht. Für § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG verbleibt daher praktisch kein relevanter Anwendungsbereich. Die Norm kann nur dann eingreifen, wenn sich eine vertragliche Arbeitszeitdauer in keiner Weise ermitteln lässt (vgl. ErfK-Preis, § 12 TzBfG Rn. 16).
50Schließlich hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Kläger die Beschäftigung im Umfang von 31,8 Stunden nicht regelmäßig in der Woche verlangen kann, weil dies nicht der bisherigen Vertragspraxis entspricht. Insoweit ist auf den Jahresdurchschnitt abzustellen. Diese Ausführungen des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit der Berufung letztlich auch nicht angegriffen. Vielmehr hat er unter Bezugnahme auf seinen Hilfsantrag darauf hingewiesen, dass mit dem Hilfsantrag dem Umstand Rechnung getragen werde, dass nach der bisherigen Vertragspraxis bezüglich des Arbeitsumfangs nicht regelmäßig in jeder Woche gearbeitet worden sei.
51Die Berufung war daher insgesamt zurückzuweisen.
52III.
53Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzugeben.
54IV.
55Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
56RECHTSMITTELBELEHRUNG
57Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
58R E V I S I O N
59eingelegt werden.
60Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
61Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
62Bundesarbeitsgericht
63Hugo-Preuß-Platz 1
6499084 Erfurt
65Fax: 0361-2636 2000
66eingelegt werden.
67Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
68Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
691.Rechtsanwälte,
702.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
713.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
72In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
73Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
74Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
75* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
76PaßlickWeihs Steinfeld
777 Sa 233/15
5 Ca 2359/14 Arbeitsgericht Essen |
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF
BERICHTIGUNGSBESCHLUSS In dem Rechtsstreit |
des Herrn B. F., X. str. 128, P.,
81- Kläger und Berufungskläger -
82Prozessbevollmächtigte:Assessoren M. u. a. i/ver.di-Landesbezirk NRW,
83L. str. 123-127, E.,
84g e g e n
85die Versand und Weiterverarbeitung F. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer X. B., T. str. 55-57, F.,
86- Beklagte und Berufungsbeklagte -
87Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwälte Dr. N. u. a.,
88M. str. 28, I.,
89wird Ziffer I. des Tenors des Urteils vom 19.08.2015 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO dahingehend berichtigt, dass der Wortlaut:
90"Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 05.02.2015, 7 Sa 233/15, wird zurückgewiesen."
91durch den Wortlaut:
92"Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 05.02.2015, 5 Ca 2359/14, wird zurückgewiesen."
93Düsseldorf, den 19.08.2015
94Die Vorsitzende der 7. Kammer
95Paßlick
96Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 19. Aug. 2015 - 7 Sa 233/15
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 19. Aug. 2015 - 7 Sa 233/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.
(2) Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.
(3) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Zeitrahmen, bestimmt durch Referenzstunden und Referenztage, festzulegen, in dem auf seine Aufforderung hin Arbeit stattfinden kann. Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im Zeitrahmen nach Satz 1 zu erfolgen hat.
(4) Zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit im Sinne von § 4 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Referenzzeitraum). Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit keine drei Monate bestanden, ist der Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs die durchschnittliche Arbeitszeit dieses kürzeren Zeitraums zugrunde zu legen. Zeiten von Kurzarbeit, unverschuldeter Arbeitsversäumnis, Arbeitsausfällen und Urlaub im Referenzzeitraum bleiben außer Betracht. Für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall finden Anwendung.
(5) Für die Berechnung der Entgeltzahlung an Feiertagen nach § 2 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes gilt Absatz 4 entsprechend.
(6) Durch Tarifvertrag kann von Absatz 1 und von der Vorankündigungsfrist nach Absatz 3 Satz 2 auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Arbeit auf Abruf vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.
(2) Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.
(3) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Zeitrahmen, bestimmt durch Referenzstunden und Referenztage, festzulegen, in dem auf seine Aufforderung hin Arbeit stattfinden kann. Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im Zeitrahmen nach Satz 1 zu erfolgen hat.
(4) Zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit im Sinne von § 4 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Referenzzeitraum). Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit keine drei Monate bestanden, ist der Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs die durchschnittliche Arbeitszeit dieses kürzeren Zeitraums zugrunde zu legen. Zeiten von Kurzarbeit, unverschuldeter Arbeitsversäumnis, Arbeitsausfällen und Urlaub im Referenzzeitraum bleiben außer Betracht. Für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall finden Anwendung.
(5) Für die Berechnung der Entgeltzahlung an Feiertagen nach § 2 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes gilt Absatz 4 entsprechend.
(6) Durch Tarifvertrag kann von Absatz 1 und von der Vorankündigungsfrist nach Absatz 3 Satz 2 auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Arbeit auf Abruf vereinbaren.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.
(2) Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.
(3) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Zeitrahmen, bestimmt durch Referenzstunden und Referenztage, festzulegen, in dem auf seine Aufforderung hin Arbeit stattfinden kann. Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im Zeitrahmen nach Satz 1 zu erfolgen hat.
(4) Zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit im Sinne von § 4 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Referenzzeitraum). Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit keine drei Monate bestanden, ist der Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs die durchschnittliche Arbeitszeit dieses kürzeren Zeitraums zugrunde zu legen. Zeiten von Kurzarbeit, unverschuldeter Arbeitsversäumnis, Arbeitsausfällen und Urlaub im Referenzzeitraum bleiben außer Betracht. Für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall finden Anwendung.
(5) Für die Berechnung der Entgeltzahlung an Feiertagen nach § 2 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes gilt Absatz 4 entsprechend.
(6) Durch Tarifvertrag kann von Absatz 1 und von der Vorankündigungsfrist nach Absatz 3 Satz 2 auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Arbeit auf Abruf vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.
(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.
(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.
Tenor
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1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 12. April 2011 - 13 Sa 1393/10 - aufgehoben.
-
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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-
Die Parteien streiten darüber, ob die Kläger nur nach Arbeitsanfall beschäftigt werden müssen oder ob im Jahresdurchschnitt eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 39 Stunden vereinbart ist.
- 2
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Die Kläger sind seit dem Jahr 1994 (Kläger zu 1. und zu 3.), dem Jahr 2000 (Kläger zu 2.) und dem Jahr 1997 (Kläger zu 4.) für den Beklagten als Fleischkontrolleure tätig. Ihre Arbeitsverträge enthalten folgende Regelung:
„§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe vom 01.04.1969 und den diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträgen.
§ 3
Die Beschäftigung erfolgt nach Bedarf in verschiedenen Schlachtbetrieben im Kreis V. Die Arbeitszeit richtet sich nach der Schlachtdauer unter Berücksichtigung des jeweiligen Dienstplanes.“
-
Der arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe vom 1. April 1969 (TV Ang aöS) ist zum 1. September 2008 außer Kraft getreten. Er regelte in § 11a eine Arbeitszeit nach Arbeitsanfall, aber keine Mindestarbeitszeit. Seit dem 1. September 2008 ist der Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Beschäftigten in der Fleischuntersuchung vom 15. September 2008 (TV Fleischuntersuchung) in Kraft. Er gilt nach § 1 Abs. 1 für nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und regelt zur Arbeitszeit Folgendes:
-
„§ 5
Arbeitszeit
Die Arbeitszeit der/des Beschäftigten richtet sich nach dem Arbeitsanfall und wird vom Arbeitgeber geregelt. Ist die/der Beschäftigte verhindert, ihre/seine Arbeit aufzunehmen, hat sie/er dies dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen.
§ 6
Besondere Regelungen zur Arbeitszeit in Großbetrieben
(1)
In Großbetrieben werden die Beschäftigten durchschnittlich wöchentlich zehn Stunden zur Arbeit herangezogen, soweit im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist. Die/Der Beschäftigte ist in diesem Umfang zur Arbeitsaufnahme verpflichtet, wenn der Arbeitgeber dies dem Beschäftigten mindestens zwei Tage vorher und die Uhrzeit der Arbeitsaufnahme am Vortag spätestens bis 15:00 Uhr mitgeteilt hat. Die tägliche Arbeitszeit hat an solchen Einsatztagen mindestens zwei Stunden zu betragen. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zulegen. Der Arbeitgeber ist ferner berechtigt, bis zu 25 v. H. der Arbeitszeit nach Satz 1 zusätzlich abzurufen. Darüber hinaus ist eine weitere Heranziehung im Einvernehmen mit der/dem Beschäftigten nach § 5 jederzeit möglich. Die möglichst gleichmäßige Heranziehung zur Arbeitsleistung wird vom Arbeitgeber geregelt. § 5 Satz 2 findet Anwendung.
...“
- 4
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Der Beklagte setzte die Kläger in der Vergangenheit teilweise mit wöchentlich mehr als 39 Stunden ein. Die Arbeitszeiten wurden in Arbeitszeitkonten erfasst, der Beklagte zahlte bis zum 31. Dezember 2009 ein verstetigtes monatliches Gehalt auf Grundlage von 169,60 Stunden. Ende des Jahres 2006 wiesen die Arbeitszeitkonten der Kläger zwischen 361 und 692 nicht ausgezahlte Arbeitsstunden auf. Nach Einstellung weiterer Fleischkontrolleure setzte der Beklagte die Kläger seit dem Jahr 2007 in geringerem Umfang ein, sodass die Arbeitszeitkonten weitgehend abgebaut wurden. Seit dem 1. Januar 2010 erfolgt die monatliche Abrechnung auf Basis der jeweils geleisteten Stunden.
- 5
-
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Arbeitsverhältnisse hätten sich nach der Vertragspraxis und dem Umfang der Heranziehung zur Arbeit dahin gehend verändert, dass eine Mindestarbeitszeit von wöchentlich 39 Stunden im Jahresdurchschnitt Vertragsbestandteil geworden sei.
-
Die Kläger haben zuletzt beantragt
-
festzustellen, dass die Arbeitsverhältnisse der Kläger mit dem Beklagten ab dem 1. Januar 2010 mit einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 39 Stunden im Jahresdurchschnitt fortbestehen.
- 7
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Auffassung vertreten, die Parteien hätten Bedarfsarbeitsverhältnisse begründet. Einsatzzeiten unterhalb der Grenze einer Vollzeitbeschäftigung seien deshalb zulässig.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
- 9
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Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung hat die Klage keinen Erfolg. Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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I. Die Klage ist als Elementenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 779/10 - Rn. 22; 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 13, DB 2011, 2783 ). Die Parteien streiten über eine wöchentliche Mindestarbeitszeit und damit über den Umfang der vereinbarten Arbeitspflicht. Die Kläger haben ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Die angestrebte Entscheidung ist geeignet, den Konflikt der Parteien über den Umfang der vereinbarten Arbeitszeit zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden (vgl. BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 15, BAGE 116, 267).
- 11
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II. Ob die Klage begründet und eine Mindestarbeitszeit von 39 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt Vertragsinhalt geworden ist, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht stattgegeben werden.
- 12
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1. Die Parteien haben bei Begründung ihrer Arbeitsverhältnisse keine Mindestarbeitszeit vereinbart, sondern ein Bedarfsarbeitsverhältnis auf Grundlage des TV Ang aöS begründet. Dieser Tarifvertrag sollte den Besonderheiten einer Berufsgruppe im Verhältnis zu den sonstigen Beschäftigten im öffentlichen Dienst Rechnung tragen (vgl. zum TV Ang aöS: BAG 26. August 1997 - 3 AZR 183/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 611 Fleischbeschauer-Dienstverhältnis Nr. 20 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 13). Regelmäßig handelt es sich bei dieser Berufsgruppe um Teilzeitbeschäftigte, die neben ihrer Tätigkeit für den öffentlichen Dienstherrn einer weiteren Tätigkeit nachgehen; nach § 9 TV Ang aöS wird das Recht, eine sonstige berufliche Tätigkeit auszuüben, durch das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht berührt. Nach § 11a TV Ang aöS richtet sich die Arbeitszeit des Angestellten nach dem Arbeitsanfall, der Arbeitgeber ist nur verpflichtet, in Großbetrieben eine möglichst gleichmäßige Heranziehung zur Arbeit zu regeln. Der Angestellte ist nicht verpflichtet, die Arbeitsleistung aufzunehmen, er hat nach § 11a Satz 3 TV Ang aöS eine Verhinderung nur unverzüglich anzuzeigen. Eine unbedingte Verpflichtung zur Arbeitsleistung verbunden mit der Gefahr, sich bei deren Verletzung Schadensersatzansprüchen auszusetzen, besteht nach diesen tariflichen Regelungen nicht (BAG 26. August 1997 - 3 AZR 183/96 - aaO).
- 13
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2. Mit der Ersetzung des TV Ang aöS durch den TV Fleischuntersuchung zum 1. September 2008 ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, dieser Tarifvertrag Vertragsbestandteil geworden. Wegen des Fehlens einer Tarifsukzessionsklausel im Arbeitsvertrag ergibt sich dies entweder aus einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 19 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 21 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) oder aus einer ergänzenden (konkludenten) Vereinbarung der Parteien, da die materiellen Regelungen des TV Fleischuntersuchung auf die Arbeitsverhältnisse angewendet wurden. Auch der TV Fleischuntersuchung bestimmt nach § 5(Arbeitszeit), dass sich die Arbeitszeit nach dem Arbeitsanfall richtet, er regelt aber abweichend hiervon in § 6(Besondere Regelungen zur Arbeitszeit in Großbetrieben), dass die Beschäftigten durchschnittlich wöchentlich zehn Stunden zur Arbeit herangezogen werden, sofern im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist; nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TV Fleischuntersuchung ist der Beschäftigte nach näherer tariflicher Maßgabe in diesem Umfang zur Arbeitsaufnahme verpflichtet. Allein durch Unterstellung der Arbeitsverhältnisse unter den TV Fleischuntersuchung hat sich an der Vertragslage der Kläger im Hinblick auf die geltend gemachte Vereinbarung einer Mindestarbeitszeit von 39 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt nichts geändert.
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3. Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Eine Konkretisierung der Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Wege stillschweigender Vertragsergänzung setzt voraus, dass über den bloßen Zeitablauf hinaus Umstände vorliegen, die ein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitnehmers auf Beibehaltung des bisherigen Leistungsinhalts für die Zukunft begründen (BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 17, BAGE 116, 267). Dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber - auch längere Zeit - unter deutlicher Überschreitung einer vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, ergibt für sich genommen noch keine Vertragsänderung. Bei dem Arbeitseinsatz handelt es sich um ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt. Vielmehr ist auf die Absprachen abzustellen, die dem erhöhten Arbeitseinsatz zugrunde liegen. Dazu zählen auch die betrieblichen Anforderungen, die vom Arbeitgeber gestellt und vom Arbeitnehmer akzeptiert werden. Ohne derartige zumindest konkludente Erklärungen des Arbeitgebers ist der konkrete Arbeitseinsatz nicht denkbar, es sei denn, der Arbeitnehmer arbeitet eigenmächtig. Die Annahme einer dauerhaften Vertragsänderung mit einer erhöhten regelmäßigen Arbeitszeit setzt die Feststellung entsprechender Erklärungen der Parteien voraus. Dafür kann neben anderen Umständen von Bedeutung sein, um welche Art von Arbeit es sich handelt, wie sie in die betrieblichen Abläufe integriert ist und in welcher Weise die Arbeitszeit hinsichtlich Dauer und Lage geregelt bzw. ausgedehnt wird. In diesem Sinne kann für die Bestimmung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abgestellt werden (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 12, AP BGB § 615 Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 20).
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4. Das Landesarbeitsgericht hat wegen des Umfangs der Heranziehung der Kläger zu Arbeitsleistungen in der Vergangenheit, der Jahressalden der Arbeitszeitkonten seit 2007 und der Zahlung eines verstetigten Monatsentgelts auf Grundlage von 169,60 Stunden die konkludente Vereinbarung einer Mindestarbeitszeit von 39 Stunden wöchentlich im Jahresdurchschnitt angenommen. Entscheidend sei, dass nach § 6 Abs. 1 Satz 1 TV Fleischuntersuchung die arbeitsvertragliche Arbeitszeitregelung gegenüber der dort normierten wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden vorrangig sei. Dem folgt der Senat nicht. Diese Feststellungen erlauben nicht den Schluss auf eine einvernehmliche Vertragsänderung.
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a) Es liegt nahe, die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des gleichförmigen Abruf- und Abrechnungsverhaltens des Beklagten im Hinblick auf den darin liegenden rechtsgeschäftlichen Erklärungswert revisionsrechtlich nach den Regeln über typische Willenserklärungen zu überprüfen. Aber auch einer revisionsrechtlich nur eingeschränkten Überprüfung, ob die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt worden sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sein können, außer Betracht gelassen worden sind(st. Rspr., BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 - Rn. 26, AP BUrlG § 7 Nr. 51 = EzA BUrlG § 7 Nr. 124; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 21, AP HGB § 74 Nr. 82 = EzA HGB § 74 Nr. 70), hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.
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b) Dem Landesarbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass in dem Abrechnungsverhalten des Beklagten grundsätzlich ein Indiz für eine weitergehende vertragliche Bindung als im Rahmen eines reinen Bedarfsarbeitsverhältnisses liegen kann. Eine verstetigte Vergütung führt im Gegensatz zu einer Abrechnung nach geleisteten Stunden zu größerer Planungssicherheit der Beschäftigten und ist geeignet, diesbezüglich Vertrauen zu begründen. Dies gilt umso mehr, als tariflich nach § 12 Abs. 5 TV Ang aöS für die Berechnung der Vergütung die innerhalb eines Kalendermonats geleistete Arbeitszeit zusammenzurechnen ist. Der Beklagte hat die zustehende Vergütung aber stets auf Grundlage des TV Ang aöS und des TV Fleischuntersuchung berechnet und eine gegenüber dem TVöD erhöhte Vergütung gezahlt, während er auf die Arbeitsverhältnisse vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer den TVöD angewendet hat. Der Beklagte wollte sich damit grundsätzlich im Rahmen des jeweils anwendbaren Tarifrechts bewegen; aus dem Abrechnungsverhalten allein ist ein Rückschluss auf eine Vertragsänderung im Hinblick auf eine an den TVöD angelehnte Mindestarbeitszeit von 39 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt deshalb nicht möglich.
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c) Auch in dem Umfang der Heranziehung zur Arbeit kann ein rechtsgeschäftlicher Erklärungsgehalt liegen. Allein daraus, dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber - auch längere Zeit - unter deutlicher Überschreitung einer vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, ergibt sich aber keine Vertragsänderung (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 12, AP BGB § 615 Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 20). Der Arbeitseinsatz ist ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt. Mit den Klägern war eine bestimmte Arbeitszeit im Rahmen ihrer Bedarfsarbeitsverhältnisse auch nicht vereinbart. Aus dem Abrufverhalten des Beklagten konnten die Kläger deshalb grundsätzlich nur auf einen hohen Bedarf an ihrer Arbeitsleistung, nicht aber auf die Vereinbarung einer bestimmten Mindestarbeitszeit schließen.
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Eine Auslegung des Abrufverhaltens des Beklagten ist auch deshalb nicht möglich, weil konkrete Feststellungen fehlen. Soweit das Landesarbeitsgericht seiner Auslegung die Entwicklung der Arbeitszeitkonten seit dem Jahr 2007 zugrunde gelegt hat, hat es verkannt, dass die Kläger in dieser Zeitpanne mit weniger als 39 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt beschäftigt worden sind. Das Abrufverhalten seit dem Jahr 2007 stützt das Klagebegehren nicht.
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d) Rechtsfehlerhaft ist auch, dass das Landesarbeitsgericht „entscheidend“ für seine Auslegung darauf abgestellt hat, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 TV Fleischuntersuchung ausdrücklich den Vorrang der arbeitsvertraglichen Arbeitszeitregelung bestimmt. Diese Norm regelt zwar erstmalig eine tarifliche Mindestbeschäftigungsdauer (KomTVöD/Litschen § 6 TV Fleischuntersuchung Rn. 1); sie kann aber im Rahmen der geltend gemachten (konkludenten) Vertragsänderung nicht als Argument herangezogen werden, weil die Kläger zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV Fleischuntersuchung bereits mit einer geringeren durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit als mit der Klage geltend gemacht, beschäftigt wurden.
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5. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen eine abschließende Entscheidung nicht zu. Den Klägern ist Gelegenheit zu geben, ergänzenden Vortrag zu halten. Es bedarf der Darlegung der konkreten Entwicklung des Abrufverhaltens des Beklagten vor dem Jahr 2007 sowie in diesem Zusammenhang der Darlegung etwaiger Absprachen, die dem erhöhten Arbeitseinsatz zugrunde gelegen haben. Rückschlüsse auf die begehrte Rechtsfolge können sich daraus ergeben, inwieweit die Arbeitsverhältnisse in der täglichen Praxis tatsächlich als Bedarfs- oder doch als Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse gelebt wurden (Umgang mit Verhinderungsanzeigen der Kläger; Bindung an Dienstpläne). Eine ständig erbrachte Mindestarbeitsleistung könnte als konkludent vereinbart angesehen werden, wenn der Beklagte die Arbeitsleistung nicht nur abgerufen und erwartet, sondern von den Klägern als vertraglich geschuldete Leistung gefordert hat. Auch sonstige Erklärungen oder Verhaltensweisen des Beklagten können schutzwürdiges Vertrauen begründet haben und den Schluss auf einen Erklärungswert erlauben, dass die Arbeitsverhältnisse nicht als Bedarfsarbeitsverhältnisse, sondern mit einer Mindestarbeitszeit von 39 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt fortgesetzt werden sollten.
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6. Erlauben die weiteren Feststellungen keinen Schluss auf die konkludente Vereinbarung einer Mindestarbeitszeit, folgt daraus nicht, dass der Beklagte künftig über die Heranziehung der Kläger zur Arbeit frei entscheiden kann. Mit der gelebten Vertragspraxis hat der Beklagte ein berechtigtes schutzwürdiges Vertrauen der Kläger auf fortgesetzte Beschäftigung im bisherigen Umfang begründet, welches bei der gebotenen Ausübung billigen Ermessens im Rahmen der Heranziehung der Kläger zu berücksichtigen ist.
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Schmitz-Scholemann
W. Reinfelder
Mestwerdt
R. Baschnagel
Stefan Fluri
(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.
(2) Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.
(3) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Zeitrahmen, bestimmt durch Referenzstunden und Referenztage, festzulegen, in dem auf seine Aufforderung hin Arbeit stattfinden kann. Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im Zeitrahmen nach Satz 1 zu erfolgen hat.
(4) Zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit im Sinne von § 4 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Referenzzeitraum). Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit keine drei Monate bestanden, ist der Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs die durchschnittliche Arbeitszeit dieses kürzeren Zeitraums zugrunde zu legen. Zeiten von Kurzarbeit, unverschuldeter Arbeitsversäumnis, Arbeitsausfällen und Urlaub im Referenzzeitraum bleiben außer Betracht. Für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall finden Anwendung.
(5) Für die Berechnung der Entgeltzahlung an Feiertagen nach § 2 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes gilt Absatz 4 entsprechend.
(6) Durch Tarifvertrag kann von Absatz 1 und von der Vorankündigungsfrist nach Absatz 3 Satz 2 auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Arbeit auf Abruf vereinbaren.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.