Finanzgericht München Urteil, 10. Feb. 2017 - 3 K 2276/15

published on 10/02/2017 00:00
Finanzgericht München Urteil, 10. Feb. 2017 - 3 K 2276/15
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Streitig ist, ob ein geänderter Umsatzsteuerbescheid unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit durch den Beklagten (im Folgenden: FA) aufgehoben werden konnte.

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der A GmbH.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für 01 vom 10.8.2011 errechnete die A eine negative Umsatzsteuer von 200.000 €. Mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheid vom 11.7.2012 setzte das FA die Umsatzsteuer für 01 auf den negativen Betrag von 100.000 € fest; die Änderungen beruhten auf den Feststellungen einer UmsatzsteuerSonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Mai 01. Mit Bescheid vom 21.6.2013 setzte das FA die Umsatzsteuer für 01 auf den negativen Betrag von 50.000 € fest; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufrechterhalten. Diese Änderungen beruhten auf den Feststellungen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume Juni bis Dezember 01.

Durch Beschluss des Amtsgerichts B vom 1.4.2014 wurde über das Vermögen der A das Insolvenzverfahren eröffnet sowie der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Am 14.5.2013 wurde bei der A mit der Durchführung einer Betriebsprüfung begonnen, diese endete am 30.9.2014. Prüfungsgegenstand war unter anderem die Umsatzsteuer 01; der Prüfungsbericht stammt vom 20.1.2015. In diesem Betriebsprüfungsbericht findet sich unter Tz. 7.1 (Umsatzsteuerschuld - Übersicht) als ausgewiesener „Unterschied“ auf Grund der Prüfung ein Betrag von 0 €; die Besteuerungsgrundlagen blieben auf Grund dieser Prüfung unverändert. Mit Schreiben vom 14.4.2015 teilte das FA dem Kläger mit, dass der Prüfungsbericht vom 22.1.2015 ausgewertet wurde; bezüglich der Umsatzsteuer wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „die Rechtsbehelfe nicht erledigt sind und die Verfahren fortgeführt bzw. bis zur Entscheidung durch den BFH zurückgestellt werden“.

Mit einem an den Insolvenzverwalteter gerichteten Bescheid vom 14.4.2015 setzte das FA die Umsatzsteuer für 01 auf den negativen Betrag von 100.000 € fest; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Dieser Änderungsbescheid führte zu einem „Restguthaben“ von 50.000 €, welches vom FA allerdings nicht ausbezahlt wurde. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid wurde ausgeführt, dass „der Festsetzung die Ergebnisse der durchgeführten Außenprüfung mit Prüfungsbericht vom 16.10.2014 zugrunde liegen und dass dieser Bescheid den Bescheid vom 21.6.2013 ändere“.

Mit an den Insolvenzverwalteter gerichteten Verwaltungsakt vom 4.5.2015 hob das FA den geänderten Umsatzsteuerbescheid vom 14.4.2015 nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) wieder auf und teilte mit, dass nunmehr wieder der Bescheid vom 21.6.2013 Gegenstand des laufenden Revisionsverfahrens sei.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass der Aufhebungsbescheid vom 4.5.2015 unwirksam sei und deshalb der Änderungsbescheid vom 14.4.2015 vom FA nicht mehr aufgehoben werden könne. Zwar könnten im Insolvenzverfahren grundsätzlich keine belastenden Steuerbescheide mehr erlassen werden. Davon bestehe aber eine Ausnahme, wenn - wie im Streitfall - eine negative Umsatzsteuer für einen Besteuerungszeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt werde, wenn sich hieraus keine Zahllast ergebe. Mit dem Umsatzsteuerbescheid für 01 vom 14.4.2015 sei ein solcher Erstattungsbetrag in Höhe von 50.000 € festgesetzt worden, der Vorbehalt der Nachprüfung sei damit ausdrücklich aufgehoben worden. Es sei nicht erkennbar, auf Grund welcher Norm dieser Bescheid aufgehoben werden könne, von den Änderungsmöglichkeiten des § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO sei hier jedenfalls keine einschlägig. Gleichfalls sei die vom FA nachgeschobene Berichtigungsmöglichkeit wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO nicht einschlägig. Vorliegend handele es sich nach dem Vorbringen des FA nicht um eine offenbare Unrichtigkeit bei Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern der Erlass des Verwaltungsaktes sei die offenbare Unrichtigkeit. Die Umstände sprächen hier vielmehr dafür, dass der Betriebsprüfer die vom FA genannten Prüfhinweise beim Erlass des Bescheides vom 14.4.2015 bewusst übergangen habe. So lege auch die Tatsache, dass sich in der Handakte des Betriebsprüfers sowohl der Umsatzsteuerprüfungsbericht vom 31.5.2013 sowie der Ausdruck des Änderungsbescheides vom 21.6.2013 befinde, nahe, dass hier feststehende Tatsachen nicht berücksichtigt worden seien. Ein schlichtes Übersehen des Bescheides vom 21.6.2013 scheide auch deshalb aus, weil in dem vom FA vorlegten Prüfhinweis unter der Nummer 1967 dieser Bescheid ausdrücklich genannt werde.

Zu dem weiteren Vorbringen des Klägers wird auf seine im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 4. 5.2015 zur Aufhebung des geänderten Umsatzsteuerbescheides 02 vom 14.4.2015 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt das FA im Wesentlichen vor, das § 87 der Insolvenzordnung (InsO) dem Erlass des Aufhebungsbescheides vom4.5.2015 nicht entgegenstehe und dass dieser auch aus verfahrensrechtlichen Gründen habe ergehen dürfen. So enthalte der Bescheid vom 4.5.2015 keine Besteuerungsgrundlagen, die abstrakt geeignet wären, sich auf die Höhe des zur Insolvenztabelle angemeldeten Betrages auszuwirken. Hier werde keine Steuer festgesetzt und keine Zahlung verlangt, der Bescheid führe lediglich zum Wiederaufleben des Bescheides vom 21.6.2013, der bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam bekannt gegeben worden sei. Verfahrensrechtlich könne der vorhergehende Bescheid vom 14.4.2015 zwar nicht nach § 172 AO geändert werden, eine Änderungsmöglichkeit ergebe sich aber wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO. Bei der Auswertung im Rahmen einer Betriebsprüfung sei der Prüfer von einem falschen Ausgangswert der festgesetzten Umsatzsteuer vor der Prüfung ausgegangen, der Prüfer sei hier von -100.000 € ausgegangen statt richtig -50.000 €. Der Betriebsprüfer und ihm folgend der Veranlagungsbeamte hätten hier aus Unachtsamkeit den Bescheid vom 21.6.2013 übersehen. Nach der Rechtsprechung gehöre zu den offenbaren Unrichtigkeiten auch das Übersehen eindeutiger Mitteilungen durch Nachlässigkeiten; nichts Anderes könne aber für das Übersehen eines Änderungsbescheides gelten.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

II.

Die Klage ist unbegründet. Das FA hat den Umsatzsteuerbescheid für 01 vom 14.4.2015 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit zu Recht mit Bescheid vom 4.5.2015 aufgehoben.

1. Streitig ist nur noch die Rechtsmäßigkeit des Aufhebungsbescheides vom 4.5.2015. Der Vertreter des Klägers teilte in der mündlichen Verhandlung mit, dass er keine weiteren materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für 01 erhebt und nur die Aufhebung des Bescheids vom 4.5.2015 beantragt.

2. Das FA konnte im Streitfall zunächst trotz des laufenden Insolvenzverfahrens am 14.4.2015 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 01 erlassen. Die Regelungen des § 251 Abs. 2 AO und des § 87 InsO stehen dem nicht entgegen, denn mit dem genannten Umsatzsteuerbescheid hat das FA eine negative Umsatzsteuer festgesetzt, die zu einem Restguthaben in Höhe von 50.000 € zugunsten des Klägers geführt hatte. Diesem Bescheid fehlt deshalb die abstrakte Eignung, sich auf anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken. Denn damit hat das FA keine Insolvenzforderung, die nach § 87 InsO nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgt werden kann, sondern einen Erstattungsbetrag festgesetzt, der nicht zur Tabelle anzumelden war (BFH-Urteile vom 11.12.2013 XI R 22/11, BStBl II 2014, 332, Rz. 21 und vom 13. Mai 2009 XI R 63/07, BStBl II 2010, 11, Rz. 18 und 23). Da sich hier keine Zahllast ergibt, kann sich aus dem Bescheid unter keinen Umständen eine zur Tabelle anzumeldende Forderung ergeben.

1. Vorliegend stehen die Regelungen des § 87 InsO und des § 251 AO auch dem Erlass des Aufhebungsbescheides vom4.5.2015 nicht entgegen, denn mit diesem Bescheid hat das FA nur den Rechtszustand wiederhergestellt, der vor Erlass des unrichtigen Änderungsbescheides vom 14.4.2015 bestanden hatte. Der Bescheid vom 4.5.2015 führte lediglich zum „Wiederaufleben“ des Bescheides vom 21.6.2013, der bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam bekanntgegeben und aus dem die Steuerforderungen des FA zur Insolvenztabelle angemeldet worden waren. Vorliegend ist es auch nicht zu einer Auszahlung des Guthabens in Höhe von 50.000 € an den Kläger gekommen, dieses wurde mit anderen Steuerschulden verrechnet. Durch die im Streitfall erfolgte Aufhebung eines offenkundig unrichtigen Bescheides (Tz. II.3) ist auch der Schutzzweck des § 87 InsO nicht berührt worden. Dieser besteht in der Sicherung der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger (Sternal, in Schmidt, Kommentar zur Insolvenzordnung, 19. Auflage 2016, § 87 Rz. 1). Da die Steuerforderung des FA aus der Umsatzsteuer 01 bereits vor Insolvenzeröffnung festgesetzt wurde und diese auch zur Insolvenztabelle angemeldet wurde, tritt hier keine Beeinträchtigung anderer Gläubiger ein, denn der bei Insolvenzeröffnung bestehende Rechtszustand bleibt unverändert; insoweit bedurfte es vorliegend auch keiner Feststellung einer Insolvenzforderung nach § 251 Abs. 3 AO.

3. Das FA durfte den Bescheid für die Umsatzsteuer 01 vom 14.4.2015 mit dem Bescheid vom 4.5.2015 aufheben, weil dieser an einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne von § 129 Satz 1 AO litt.

a) Gemäß § 129 Satz 1 AO sind die Finanzbehörden berechtigt, ihnen beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufene Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten zu berichtigen. Eine Berichtigung nach dieser Änderungsvorschrift ist jederzeit möglich (vgl. nur Seer, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 129 AO Rz. 30), sofern die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 2 AO), so dass die vorliegend erfolgte Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung einer Änderung nicht entgegenstand. Die vierjährige Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO für die Umsatzsteuer 01 war hier im Jahr 2015 schon deshalb nicht abgelaufen, weil die Umsatzsteuererklärung für 01 erst im Jahr 03 abgegeben wurde (vgl. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO).

b) Offenbar i.S.d. § 129 Satz 1 AO ist eine Unrichtigkeit, wenn sie auf der Hand liegt (BFH-Beschluss vom 4. September 1984 VIII B 157/83, BStBl II 1984, 834, Rz. 13), wenn der Fehler mithin durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist (BFH-Urteil vom 17. Februar 1993

X R 47/91, BFH/NV 1993, 638, Rz. 12 und Beschluss vom 4. September 1984 VIII B 157/83, BStBl II 1984, 834, Rz. 13). Zu diesen offenbaren Unrichtigkeiten gehören neben Schreibund Rechenfehlern auch ähnliche Fehler, zum Beispiel mechanische Fehler (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1988 III R 49/85, BFH/NV 1989, 341, Rz. 9). Eine Berichtigung gemäß § 129 Satz 1 AO ist auch dann möglich, wenn ein solches mechanisches Versehen eines Außenprüfers zur Unrichtigkeit des Außenprüfungsberichts geführt hat und dieser Fehler von dem Veranlagungsbeamten bei der Auswertung des Berichts lediglich unbemerkt übernommen worden ist (BFH-Urteil vom 18. August 1999 I R 93/98, BFH/NV 2000, 539 und Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 10. Dezember 1996 6 K 3320/95, EFG 1997, 382).

aa) Ein derartiges mechanisches Versehen liegt aber dann nicht vor, wenn die Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers oder einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung besteht (BFH-Urteil vom 4. März 2009 I R 45/08, BFH/NV 2010, 244, Rz. 28). Insoweit stellt nicht jeder Fehler eine „offenbare Unrichtigkeit“ dar; erfasst werden nur die genannten mechanischen Fehler, denen keine Würdigung oder Beurteilung zugrunde liegt (vgl. etwa Frotscher M., in Schwarz/Pahlke, Kommentar zur AO und FGO, § 129 AO Rz. 6). So schließen Fehler bei der Auslegung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 129 Satz 1 AO aus (BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 84/86, BFH/NV 2009, 1394, Rz. 22).

bb) Es ist nicht erforderlich, dass die Unrichtigkeit aus dem Bescheid selbst erkennbar ist. Maßgebend ist vielmehr, ob der Fehler bei Offenlegung des Sachverhaltes für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkannt werden kann (BFH-Urteile vom 28. Oktober 1992 II R 111/89, BFH/NV 1993, 637, Rz. 11 und vom 15. März 1994 XI R 78/92, BFH/NV 1995, 937, Rz. 9). Hat die Nichtberücksichtigung einer Tatsache ihren Grund in einer bloßen Unachtsamkeit und liegt sie offen zutage, so kann von einem auf mangelnder Sachaufklärung beruhenden Nichterkennen der Tatsache nicht gesprochen werden (BFH-Urteil vom 29. März 1985 VI R 140/81, BStBl II 1985, 569, Rz. 12 m.w.N.).

cc) Die Frage, ob jede Möglichkeit eines Rechtsirrtums, eines Denkfehlers oder unvollständiger Sachaufklärung bzw. fehlerhafter Tatsachenwürdigung ausgeschlossen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles, vor allem nach der Aktenlage (BFH-Urteile vom 17. Februar 1993 X R 47/91, juris, Rz. 20 und vom 8. März 1989 X R 116/87, BStBl II 1989, 531, Rz. 16).

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat das FA den Umsatzsteuerbescheid 01 vom 14.4.2015 zu Recht mit Bescheid vom 4.5.2015 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit aufgehoben.

aa) Zunächst führt die falsche Bezeichnung der Änderungsvorschrift in dem Aufhebungsbescheid vom 4.5.2015 nicht zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids (BFH-Urteil vom 21. Oktober 2014 VIII R 44/11, BStBl II 2015/ 593, Rz. 15). Es entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein Änderungsbescheid selbst bei Angabe einer fehlerhaften Änderungsgrundlage rechtmäßig ist, falls er durch den Tatbestand einer anderen Änderungsvorschrift gedeckt ist (vgl. nur BFH-Beschluss vom 12. August 2013 X B 196/12, BFH/NV 2013, 1761, Rz. 8 m.w.N.); davon geht das Gericht vorliegend aus.

bb) Im Streitfall hatte der Betriebsprüfer durch Unachtsamkeit übersehen, dass nach dem Erlass des Umsatzsteuerbescheides für 01 vom 11.7.2012 am 21.6.2013 ein Änderungsbescheid ergangen war. Der Betriebsprüfer hatte als „Ausgangspunkt“ seiner Prüfungszusammenstellung für die Umsatzsteuer 01 irrtümlich die Steuerfestsetzung aus dem Umsatzsteuerbescheid für 01 vom 11.7.2012 in Höhe von negativ 100.000 € herangezogen und zugleich festgestellt, dass der „Unterschied“ auf Grund seiner Prüfung „0 €“ beträgt. Als festzusetzende Steuer ging der Betriebsprüfer - insoweit irrig - von einem negativen Betrag von 100.000 € aus und nicht - wie richtig - von einem negativen Betrag von 50.000 €. Nur dies führte zu einer Differenz in der nachfolgenden Steuerfestsetzung auf Grund der Betriebsprüfung in Höhe von 50.000 € und zu einem entsprechenden Guthaben zugunsten des Klägers, obwohl der Betriebsprüfungsbericht ausweislich seiner Tz. 7.1 gerade zu keiner Änderung der Festsetzung der Umsatzsteuer für 01 geführt hatte.

Die Möglichkeit eines Rechtsirrtums des Betriebsprüfers schließt das Gericht bei diesem Sachverhalt als fernliegend aus (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 10. Dezember 1996 6 K 3320/95, EFG 1997, 382). Denn hier bestand kein sachlicher Grund, der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer 01 den bereits durch Änderung keine Wirkung mehr entfaltenden Bescheid vom 11.7.2012 und nicht den letzten Änderungsbescheid vom 21.6.2013 zugrunde zu legen, vor allem, weil der Betriebsprüfungsbericht keine Prüfungsfeststellungen für die Umsatzsteuer 01 enthielt.

cc) Ausgangspunkt des „Fehlers“ des FA bei den nachfolgenden Veranlagungsarbeiten war demnach die Erstellung dieses Betriebsprüfungsberichts vom 20.1.2015, den das FA dann im Umsatzsteuerbescheid vom 14.4.2015 auch noch fehlerhaft als „Prüfungsbericht vom 16.10.2014“ bezeichnete.

Dieser „Fehler“ wurde dann bei den Veranlagungsarbeiten „übernommen“. Ein mechanisches Versehen kann nun auch darin liegen, dass eine offenbare Unrichtigkeit, die in einem Außenprüfungsbericht enthalten ist, von dem Veranlagungsbeamten bei der Auswertung des Berichts unbemerkt in den Bescheid übernommen wird (BFH-Urteil vom 18. August 1999 I R 93/98, BFH/NV 2000, 539, Rz. 15). Denn in diesem Fall macht sich der Veranlagungsbeamte diesen Fehler zu eigen mit der Folge, dass der Bescheid, in den der Fehler eingeht, in der gleichen Weise berichtigt werden kann, als ob der Veranlagungsbeamte selbst den Fehler begangen hätte. Zu den offenbaren Unrichtigkeiten i.S. des § 129 AO gehören auch solche, die sich im Vorfeld der Steuerfestsetzung ergeben haben (BFH-Urteile vom 4. März 2009 I R 45/08, BFH/NV 2010, 244, Rz. 29 und vom 18. August 1999 I R 93/98, BFH/NV 2000, 539). Von einer derartigen „Fehlerübernahme“ geht das Gericht hier im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Sachverhalts aus. Erkennbar wird das auch aus dem an den Kläger gerichteten Schreiben des FA vom 14.4.2015, welches mithin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Umsatzsteuerbescheid vom 14.4.2015 erstellt wurde. Hier führt das FA unter Hinweis auf die Auswertung des Betriebsprüfungsberichts an, dass „die Rechtsbehelfe bezüglich der Umsatzsteuer nicht erledigt seien…“. Das zeigt deutlich, dass die Veranlagungsbearbeiterin und ihr folgend die zeichnungsberechtigten Sachgebietsleiter schlicht einen Fehler übersehen hatten und insbesondere keine eigene rechtliche Würdigung hinsichtlich der Umsatzsteuer 01 in dem Sinne vornehmen wollten, dass sie den Umsatzsteuerbescheid für 01 vom 21.6.2013 aufheben wollten.

An diesem Ergebnis ändert sich auch dadurch nichts, dass bei der Veranlagung entsprechende elektronisch erstellte Prüfhinweise übersehen wurden. Bei den Vorarbeiten zur Steuerfestsetzung hatte die Veranlagungsbeamtin des FA eine sogenannte „Hinweismitteilung“ zur Umsatzsteuer-Festsetzung 01 erhalten, in der drei Prüfhinweise (PHW) und ein Bearbeitungshinweis (BHW) erschienen waren. Diese Prüfhinweise wurden aber von der Bearbeiterin sowie den zeichnungsberechtigten Sachgebietsleitern ignoriert und die Veranlagung freigegeben. Auch dies zeigt, dass vorliegend eine erneute rechtliche Würdigung durch das FA gerade unterblieben ist. Die zur Veranlagung und zur Freigabe der Veranlagung zuständigen Beamten hatten den Fehler des Betriebsprüfers ohne weitere Prüfung übernommen.

c) Der genannte Fehler des FA war für den Kläger auch offenkundig. Dabei ist es für eine solche Offenkundigkeit nach der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung ausreichend, wenn die Unrichtigkeit bei Offenlegung des Sachverhalts für die Beteiligten klar und eindeutig erkennbar ist (BFH-Urteile vom 28. Oktober 1992 II R 111/89, BFH/NV 1993, 637, Rz. 11 und vom 15. März 1994 XI R 78/92, BFH/NV 1995, 937, Rz. 9; vgl. auch Wernsmann, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO und FGO, § 129 AO Rz. 69). Von einer derartigen Offenkundigkeit für den Kläger geht das Gericht bei der Gesamtwürdigung der Umstände des Sachverhalts aus folgenden Erwägungen aus:

aa) Zunächst war es für den Kläger schon aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung unter Tz. 7.1 des Prüfungsberichts leicht erkennbar, dass bei dieser Prüfung für die Umsatzsteuer 01 keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen erfolgt ist, denn in dem Betriebsprüfungsbericht wird für die Umsatzsteuer 01 ein Unterschied von 0 € ausgewiesen. Wenn der Kläger dann nachfolgend einen Umsatzsteuerbescheid für diesen Besteuerungszeitraum erhält, der trotz unveränderter Besteuerungsgrundlagen einen Erstattungsbetrag von 50.000 € ausweist, musste ihm ohne weiteres bewusst sein, dass dieser Bescheid fehlerhaft war. Dies gilt umso mehr, als der Bescheid vom 14.4.2015 den vorangegangenen Bescheid vom 21.6.2013 auf den Cent genau negiert hatte, denn mit dem zuletzt genannten Bescheid wurde ein Zahlbetrag zu Lasten des Klägers in Höhe von 50.000 € errechnet.

bb) Die offenkundige Unrichtigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung für 01 auf Grund der Steuerfestsetzung vom 14.4.2015 war für den Kläger auch daraus ersichtlich, dass das FA ihm mit Schreiben vom gleichen Tag über die Auswertung des Betriebsprüfungsberichts unterrichtete und ihm damit zugleich mitteilte, dass „die Rechtsbehelfe bezüglich der Umsatzsteuer dadurch nicht erledigt seien“. Dass eine zeitgleiche Entstehung eines Guthabens in Höhe von immerhin 50.000 € nicht auf rechtlichen Erwägungen, sondern nur auf einem Fehler beruhen konnte, liegt deshalb nach Überzeugung des Gerichts auf der Hand.

cc) An dieser Offenkundigkeit für den Kläger ändert auch die Tatsache nichts, dass das FA den Bescheid trotz der elektronisch generierten Fehlerhinweise erlassen hat. Denn eine offenbare Unrichtigkeit bleibt auch dann bestehen, wenn die Flüchtigkeit dem Beamten mehrmals unterlaufen ist (Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 1992 12 K 176/90, EFG 1993, 357; Wernsmann, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO und FGO, § 129 AO Rz. 73). Die Offenbarkeit eines Fehlers kann nicht daran gemessen werden, ob der Veranlagungsbeamte den Fehler tatsächlich bemerkt hat oder hätte bemerken müssen, denn dann würde diese Änderungsvorschrift weitestgehend leerlaufen und die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 129 Satz 1 AO würde von ihr fremden Verschuldenserwägungen abhängig gemacht.

Eine andere Beurteilung wäre allenfalls gerechtfertigt, wenn aufgrund des Fehlerhinweises eine Überprüfung zu einer neuen Willensbildung des Veranlagungsbeamten oder der zeichnungsberechtigten Vorgesetzten geführt hätte. Eine solche Willensbildung oder rechtliche Würdigung lässt sich im Streitfall aber aus den oben genannten Gründen nicht feststellen. Gerade die Missachtung der elektronisch generierten Fehlerhinweise spricht hier gegen eine neue Willensbildung des FA mit Blick auf die Veranlagung der Umsatzsteuer für 01.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
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published on 21/10/2014 00:00

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr 2003 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit als Arbeitnehmer der ...
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Annotations

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.