Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet; ihr werden auch keine Kosten auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Streitig ist die Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen.

I.

Der Kläger und die Beigeladene sind seit […] 2015 geschieden. Seit […] Juli 2012 leben sie getrennt. Das Getrenntleben wurde dem Finanzamt Landshut (Wohnsitzfinanzamt) am 20. August 2013 bekannt.

Für den Kläger und die Beigeladene waren unter der Steuernummer [… / 276 / …] vom Wohnsitzfinanzamt für das Jahr 2013 gemeinsame Vorauszahlungen für jedes Vierteljahr zur Einkommensteuer von 2.370,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 118,22 € festgesetzt (Bescheid vom 16. November 2012 für 2010, mit dem beide zur Einkommensteuer 2010 zusammen veranlagt wurden; […]). Die Vorauszahlungen für die vier Quartale von insgesamt 9.480,00 € und 472,88 € wurden geleistet und am 6. März, 14. Juni, 10. September und 9. Dezember 2013 […] dem Konto des Wohnsitzfinanzamts gutgeschrieben. Die Zahlungen erfolgten als Überweisungen von Konten bei der […] (R-Bank) und zwar für das 1. Vierteljahr von dem Konto Nr. […] (20123…), für das 2. Vierteljahr von dem Konto Nr. […] (10123…), für das 3. Vierteljahr vor dem Konto Nr. […] (00123…) und für das 4. Vierteljahr von dem Konto Nr. 20123… […]. Diese drei Girokonten wurden von der R-Bank als Gemeinschaftskonten des Klägers und der Beigeladenen in Form von sog. Oder-Konten geführt.

Für den Kläger und die Beigeladene wurden für das Jahr 2013 vom Wohnsitzfinanzamt Einzelveranlagungen zur Einkommensteuer durchgeführt.

Mit Bescheid für 2013 vom 21. Januar 2016 wurde gegenüber dem Kläger die Einkommensteuer auf 26.893,00 € und der Solidaritätszuschlag auf 1.378,24 € festgesetzt. Angerechnet wurde der Steuerabzug vom Lohn in Höhe von 14.944,00 € auf Einkommensteuer und von 655,67 € auf Solidaritätszuschlag. Außerdem erfolgte die Anrechnung von geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 7.110,00 € auf die Einkommensteuer und von 354,66 € auf den Solidaritätszuschlag […]. Das Wohnsitzfinanzamt war der Auffassung, dass die Vorauszahlungen für 2013 auf die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag für das 1. und das 2. Vierteljahr in vollem Umfang dem Kläger zuzuordnen seien (4.740,00 € und 236,44 €). Denn nach der Probeberechnung für das Jahr 2013 habe sich lediglich für den Kläger eine Steuernachforderung ergeben. Die Vorauszahlungen für das 3. und das 4. Vierteljahr seien von Gemeinschaftskonten nach Bekanntwerden des Getrenntlebens überwiesen worden und deshalb dem Kläger und der Beigeladenen jeweils zur Hälfte (2.370,00 € und 118,22 €) zuzurechnen […].

Gegenüber der Beigeladenen wurde mit Bescheid für 2013 vom 8. April 2015 die Einkommensteuer auf 3.150,00 € und der Solidaritätszuschlag auf 0 € festgesetzt und es wurde der Steuerabzug vom Lohn in Höhe von 3.230,00 € und 44,71 € angerechnet. Mit Bescheid vom 10. November 2015 änderte das Wohnsitzfinanzamt gegenüber der Beigeladenen die Abrechnung und brachte zusätzlich Vorauszahlungen zur Einkommensteuer von 2.370,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 118,22 € in Anrechnung […]; das Wohnsitzfinanzamt rechnete ihr die Hälfte der geleisteten Vorauszahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 zu.

Mit seinem Einspruch vom 16. Februar 2016 wendete sich der Kläger dagegen, dass ihm von den geleisteten Vorauszahlungen für 2013 nur ein Betrag von 7.110,00 € auf Einkommensteuer und 354,66 € auf Solidaritätszuschlag angerechnet wurde. Das Girokonto 00123…, von dem aus die Vorauszahlungen überwiesen worden seien, sei allein von ihm eingerichtet worden. Dies ergebe sich aus dem Kontoeröffnungsvertrag vom 2. Juli 2004. Ebenso sei das weitere Kto. 20123… allein ihm zuzurechnen gewesen. Nur das Kto. 10123… sei ein Familienkonto gewesen, auf das die Beigeladene Zugriff gehabt habe […]. Die Beigeladene trug vor, dass das Konto 00123… bei der R-Bank im Jahr 2013 ein Gemeinschaftskonto gewesen und erst nach der Scheidung am 24. April 2015 in ein Einzelkonto des Klägers umgewandelt worden sei; dies ergebe sich aus dem Auftrag zur Kontoumschreibung […].

Mit Änderungsbescheid vom 14. Juli 2016 wurde gegenüber dem Kläger die Einkommensteuer 2013 auf 26.158,00 € und der Solidaritätszuschlag auf 1.370,25 € herabgesetzt und es wurden neben dem Steuerabzug vom Lohn nun geleistete Zahlungen über Beträge von 8.844,00 € auf die Einkommensteuer und 543,36 € auf den Solidaritätszuschlag angerechnet; der Kläger hatte zwischenzeitlich am 2. März 2016 auf die verlangte Abschlusszahlung zur Einkommensteuer 2013 Zahlungen über 1.734,00 € und 188,70 € geleistet […].

Auf Antrag des Klägers erließ der Beklagte - das Finanzamt [… F-Stadt] - als die für das Wohnsitzfinanzamt zuständige Finanzkasse am 11. August 2016 einen Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 2013. Der Beklagte war der Auffassung, dass auf die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag des Klägers neben den Steuerabzugsbeträgen vom Lohn Vorauszahlungen für das 1. und 2. Vierteljahr 2013 zur Einkommensteuer von 4.740,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 236,44 € und Vorauszahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 zur Einkommensteuer von 2.370,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 118,22 € anzurechnen seien. Außerdem seien vom Kläger Tilgungsleistungen auf seine Nachzahlungen zur Einkommensteuer von 1.734,00 € und zum Solidaritätszuschlag von 188,70 € erbracht. Demgemäß ergebe sich eine rückständige Steuer mit Stand zum 10. August 2016 von 2.370,00 € Einkommensteuer und 118,22 € Solidaritätszuschlag (wegen der Einzelheiten wird auf den Abrechnungsbescheid verwiesen, […]).

Mit seinem gegen den Abrechnungsbescheid gerichteten Einspruch begehrte der Kläger, dass die geleisteten Vorauszahlungen in voller Höhe nur bei ihm angerechnet werden.

Die R-Bank teilte dem Beklagten auf ein Auskunftsersuchen am 14. Oktober 2016 mit, dass zum Zeitpunkt der Überweisungen der Vorauszahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 die Konten 00123… und 20123… auf den gemeinsamen Namen des Klägers und der Beigeladenen lauteten […].

Mit Bescheid vom 6. Dezember 2016 hat der Beklagte die ehemalige Ehefrau des Klägers zum Einspruchsverfahren hinzugezogen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2017 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger begehrt, dass die geleisteten Vorauszahlungen (über 9.480,00 € und 472,88 €) bei ihm in voller Höhe angerechnet werden und der Abrechnungsbescheid insoweit geändert wird. Die nur teilweise Anrechnung von Vorauszahlungen bei ihm (über 7.110,00 € und 354,66 €) sei fehlerhaft. Dies begründet der Kläger unter Verweis auf das Berechnungsschema für einen Fall des sogenannten Nachzahlungsüberhanges nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 14. Januar 2015 (IV A 3 - S 0160/11/10001, BStBl I 2015, 83 = AO-Handbuch 2018 Anhang 46, Tz. 3.6.2). Er und die Beigeladene hätten die gegen sie gemeinsam festgesetzten Vorauszahlungen für alle vier Vierteljahre ohne individuelle Tilgungsbestimmung entrichtet. Demgemäß seien von der gegenüber ihm in der Einzelveranlagung festgesetzten Einkommensteuer von 26.158,00 € (Bescheid vom 14. Juli 2016) die anzurechnende Lohnsteuer von 14.944,00 € und die anzurechnenden Einkommensteuervorauszahlungen von 9.480,00 € in Abzug zu bringen und es verbleibe eine Abschlusszahlung von 1.734,00 €. Diese verbleibende Abschlusszahlung habe er, wie sich aus der Abrechnung im Bescheid vom 14. Juli 2016 ergebe, zwischenzeitlich freiwillig geleistet (7.110,00 + 1.734,00 = 8.844,00). Nach diesen Grundsätzen sei auch die Abrechnung über den Solidaritätszuschlag unzutreffend. Im Übrigen hätten er und die Beigeladene in der Scheidungsvereinbarung vom 6. März 2015 eindeutig vereinbart, dass im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung aufgrund der bereits seit 2012 durchgeführten Einzelveranlagungen keine Vereinbarung mehr erforderlich sei. Mit dieser Vereinbarung könne nur gemeint sein, dass jede der Parteien davon ausgehe, dass sie ausschließlich für ihre eigenen, auf sie entfallenden und von ihr verursachten Steuerbelastungen hafte. Auch vor diesem Hintergrund sei die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung der geleisteten Vorauszahlungen unzutreffend.

Mit Beschluss vom 31. August 2017 hat der Berichterstatter auf Antrag des Beklagten die ehemalige Ehefrau des Klägers zum Verfahren beigeladen.

Der Kläger weist ergänzend darauf hin, dass die Beigeladene zwischenzeitlich wegen der Anrechnung der Vorauszahlungen an ihn 1.244,00 € bezahlt hat. Im Übrigen sei dem Finanzamt die Trennung bereits im Juli 2013 bekannt gewesen. Denn die Beigeladene habe im Juli 2013 einen Wechsel ihrer Lohnsteuerklasse von V auf I veranlasst. Der entsprechende Wechsel der Lohnsteuerklassen sei dann auch am 20. August 2013 bei ihm vorgenommen worden. Damit sei jede der Vorauszahlungen für 2013 nur auf ihn anzurechnen.

Der Kläger beantragt,

den Abrechnungsbescheid vom 11. August 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2017 dahin abzuändern, dass sämtliche Vorauszahlungen zur Einkommensteuer in Höhe von 9.480,00 € und zum Solidaritätszuschlag in Höhe von 472,88 € bei ihm angerechnet werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte begründet seinen Antrag durch die Verweisung auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass sich eine andere rechtliche Beurteilung auch nicht aus der Scheidungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen vom 6. März 2015 ergebe. Die Scheidungsvereinbarung sei eine rein privatrechtliche Regelung. Die Überlegung, dass aus der Scheidungsvereinbarung abzuleiten sei, dass die Zahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 mit einer Tilgungsbestimmung zu Gunsten des Klägers geleistet worden seien, sei unzutreffend. Der Vertrag enthalte keine Aussagen zur Zurechnung von Einkommensteuervorauszahlungen für 2013. Im Übrigen wäre diese Vereinbarung eine nachträgliche Tilgungsbestimmung und eine solche sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unbeachtlich.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten - insbesondere zur tatsächlichen Nutzung der Girokonten bei der R-Bank - wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Abrechnungsbescheid im Sinne des § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) nicht in seinen Rechten verletzt. Der Beklagte hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger von den geleisteten Vorauszahlungen nur Beträge in Höhe von 7.110,00 € Einkommensteuer und 354,66 € Solidaritätszuschlag zuzurechnen sind. Der Kläger hat demgemäß keinen Anspruch auf Erstattung der der Beigeladenen zugerechneten Beträge aus Vorauszahlungen von 2.370,00 € zur Einkommensteuer 2013 nebst 118,22 € zum Solidaritätszuschlag 2013.

1. Zu Recht hat der Beklagte den Abrechnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung erlassen, denn der Beklagte ist für das Wohnsitzfinanzamt seit dem 1. August 2015 die sachlich und örtlich zuständige Finanzkasse i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Satz 4 Finanzverwaltungsgesetz (FVG). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung über Organisation und Zuständigkeiten in der Bayerischen Steuerverwaltung vom 1. Dezember 2005 in der für den Streitfall gültigen Fassung (Steuer-Zuständigkeitsverordnung - BayZustVSt; juris Abkürzung: StVwOrgZustVBY) i.V.m. Anlage 3 Nr. […] ist dem Beklagten die Zuständigkeit in Sachen Erhebung für den Bezirk des Wohnsitzfinanzamts übertragen (Anlage 3 zur BayZustVSt […], zuletzt geändert mit BayZustÄndVSt vom 15. Dezember 2017, BStBl I 2018, 248).

2. Im Streitfall ergibt sich die Verpflichtung zur Abschlusszahlung des Klägers nach § 36 Abs. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als das Ergebnis eines Überschusses zuungunsten des Klägers nach Anrechnung der entrichteten Einkommensteuervorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge auf die festgesetzte Einkommensteuer. Für die Beigeladene ergibt sich eine Erstattungsberechtigung nach § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG.

a) Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass im Streitfall ein sogenannter Fall mit Nachzahlungsüberhang (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2015, 83, Tz. 3.6.2) vorliegt. Denn den Einkommensteuerfestsetzungen aus den Einzelveranlagungen gegenüber dem Kläger mit 26.158,00 € und der Beigeladenen mit 3.150,00 € (Summe: 29.308,00 €) stehen nur Anrechnungsbeträge über Lohnsteuerabzug von 14.944,00 € (für den Kläger) und 3.230,00 € (für die Beigeladene) sowie Einkommensteuervorauszahlungen von insgesamt 9.480,00 € (Summe: 27.654,00 €) gegenüber. Entsprechendes gilt für den Solidaritätszuschlag mit 1.317,25 € (Kläger) und 0 € (Beigeladene) und Anrechnungsbeträgen über 655,67 € und 44,71 € bzw. Vorauszahlungen von 472,88 € (Summen: 1.317,25 € bzw. 1.174,26 €).

b) Hinsichtlich der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge zur Lohnsteuer und zum Solidaritätszuschlag ist nach der ständigen BFH-Rechtsprechung derjenige Beteiligte erstattungsberechtigt, von dessen Arbeitslohn die Abzugssteuer einbehalten wurde (BFH-Urteil vom 5. April 1990 VII R 2/89, BFHE 160, 400, BStBl II 1990, 719). Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Ebenso ist zu Recht zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die vom Kläger auf die aus der Einzelveranlagung resultierenden Abschlusszahlungen zur Einkommensteuer 2013 nebst Solidaritätszuschlag entrichteten Teilbeträge von 1.734,00 € und 188,70 € allein dem Kläger zuzurechnen sind.

c) Zwischen den Beteiligten ist nur die Aufteilung der geleisteten Vorauszahlungsbeträge streitig. Insoweit ist der Senat der Auffassung, dass die vom Beklagten im angefochtenen Abrechnungsbescheid vorgenommene Aufteilung zutreffend ist.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG derjenige anrechnungsberechtigt, auf dessen Rechnung, nicht aber derjenige, auf dessen Kosten gezahlt worden ist. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt erkennbar ist, getilgt werden sollte (BFH-Urteil vom 26. Juni 2007 VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742 BFH-Beschluss vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347).

Ist bei der Zahlung eines Gesamtschuldners kein abweichender Tilgungswille erkennbar, ist in der Regel anzunehmen, dass der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BFH bei der Zahlung eines Ehegatten auf die Gesamtschuld der Ehepartner. Solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), ist hier aufgrund der zwischen Ehepartnern bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft im Allgemeinen davon auszugehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will. Hinsichtlich der Tilgungsabsicht ist unerheblich, welcher der Ehegatten in seiner Person Tatbestände verwirklicht hat, die zum Entstehen der die Eheleute als Gesamtschuldner treffenden Steuerschuld geführt hat. Ob die Ehegatten sich später trennen oder einer der Ehegatten nachträglich die Einzelveranlagung nach § 26a EStG beantragt, ist für die Beurteilung der Tilgungsabsicht nicht maßgeblich, denn es kommt nur darauf an, wie sich die Umstände dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Zahlung darstellten (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 2007, VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742). Allerdings kommt eine Erstattung von Vorauszahlungen nach § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG bei fehlender Tilgungsbestimmung im Regelfall nur hinsichtlich desjenigen Betrags in Betracht, um den die Vorauszahlungen die Summe der für beide Ehegatten festgesetzten Einkommensteuer übersteigen. Dies gilt sowohl im Fall der Zusammenveranlagung als auch bei Wahl der Einzelveranlagung (bzw. getrennten Veranlagung) und folgt aus dem Sicherungszweck der Vorauszahlungen (BFH-Urteil vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607; BFH-Beschlüsse vom 13. Mai 2015 VII R 38/14, BFH/NV 2015, 1346, Rn. 11 - 12 juris; vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347, Rn. 15 juris).

d) Diese Grundsätze gelten nach § 1 Abs. 2 Solidaritätszuschlagsgesetz (SolzG) entsprechend für die Anrechnung der Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge auf den festgesetzten Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer.

3. Von diesen Grundsätzen ausgehend gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass beim Kläger die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag für das Jahr 2013 nur in dem vom Beklagten vorgenommenen Umfang angerechnet werden können.

a) Zwar lebten der Kläger und die Beigeladene seit […] 2012 getrennt. Das Getrenntleben wurde dem Finanzamt aber - nach dessen Vortrag - erst am 20. August 2013 bekannt. Soweit der Kläger nun vorträgt, dass das Getrenntleben dem Finanzamt bereits im Juli 2013 bekannt wurde, ändert dies nichts an der Beurteilung, denn auch dieses Datum liegt nach der Zahlung und der Fälligkeit der Vorauszahlungen für das 1. und 2. Vierteljahr und vor denen für das 3. und 4. Vierteljahr.

b) Für die beiden Vorauszahlungen für das 1. und das 2. Vierteljahr 2013 wurden weder vom Kläger noch von der Beigeladenen ausdrückliche Tilgungsbestimmungen getroffen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Überweisung der Vorauszahlungen für das 1. und 2. Vierteljahr 2013 gab es für das Wohnsitzfinanzamt (ebenso wie für den Beklagten) - wegen der fehlenden Kenntnis vom Getrenntleben - keine Veranlassung, einen von den oben (Tz. II.1.c der Urteilsgründe) dargestellten Erfahrungssätzen abweichenden Tilgungswillen anzunehmen. Da im Streitfall die jeweils hälftige Aufteilung der Vorauszahlungen für die beiden ersten Vierteljahre 2013 zu einem Erstattungsanspruch der Beigeladenen führen würde, während der Kläger eine Abschlusszahlung zu leisten hat, sind die Vorauszahlungen allein dem Kläger zuzurechnen. Der Beklagte hat demgemäß im Streitfall zutreffend einen Fall des Nachzahlungsüberhanges angenommen und entsprechend diesen Grundsätzen (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2015, 83; zustimmend BFH-Beschluss vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347, Rn. 15 juris) die beiden Vorauszahlungen für das 1. und 2. Vierteljahr 2013 allein dem Kläger zugerechnet. Diese Handhabung ist auch zu Recht zwischen den Beteiligten nicht streitig.

c) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Überweisung der Vorauszahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 am 10. September bzw. 9. Dezember 2013 war dem Wohnsitzfinanzamt (ebenso wie dem Beklagten) das Getrenntleben bekannt. Diese beiden Vorauszahlungen sind jeweils hälftig dem Kläger und der Beigeladenen zuzurechnen.

Zwar führt im Streitfall die hälftige Aufteilung der Vorauszahlungen zu einem Erstattungsanspruch der Beigeladenen, während der Kläger eine höhere Abschlusszahlung zu leisten hat, dennoch sind die Vorauszahlungen nicht dem Kläger allein zuzurechnen. Der Kläger und die Beigeladene haben für die Vorauszahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 explizit keine individuelle Tilgungsbestimmung abgegeben. Demgemäß ist auch für diese beiden Zahlungen ein Fall der erkennbaren individuellen Tilgungsbestimmung anzunehmen (so auch BMF-Schreiben, BStBl I 2015, 83, Tz. 3.2 und Tz. 3.6.2). Ab dem Zeitpunkt, zu dem das dauernde Getrenntleben der Ehegatten dem Finanzamt bekannt geworden ist, ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass der Zahlende nur auf eigene Rechnung leisten will (BFH-Urteil vom 25. Juli 1989 VII R 118/87, BStBl II 1990, 41; BFH-Beschluss vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347). Dieser Erfahrungssatz führt im Streitfall dazu, dass diese beiden Zahlungen für das 3. und 4. Vierteljahr 2013 jeweils dem Kläger und der Beigeladenen hälftig zuzurechnen sind. Denn diese beiden Zahlungen stammen von Gemeinschaftskonten (Nr. 00123… und Nr. 20123…), die zum Zeitpunkt der Überweisung dem Kläger und der Beigeladenen gemeinsam zuzurechnen waren […], Zahlende sind demgemäß der Kläger und die Beigeladene jeweils zur Hälfte. Dass der Kläger nur das Konto Nr. 10123… als das Privat- und Familienkonto bezeichnet hat und dass die Beigeladene nur zu diesem Konto bis zum Zeitpunkt der Trennung eine EC-Karte hatte und Online-Banking ausführen konnte, ist dagegen für die Frage, wen der Beklagte als Zahlenden betrachten kann, ohne Bedeutung. Entscheidend für die Bestimmung des Zahlenden ist, wer über das Konto als Berechtigter verfügen darf und der Bank einen Zahlungsauftrag erteilen kann. Bei einem Gemeinschaftskonto, das als Oder-Konto geführt wird, kann jeder der beiden Berechtigten verfügen (van Look in Claussen, Bank- und Börsenrecht, 5. Aufl. 2014, § 2 Rz. 81 m.w.N., § 4 Rz. 16); im Zeitpunkt der Überweisungen waren dies aber immer noch der Kläger und die Beigeladene, da die Konten erst nach der Scheidung umgeschrieben wurden. Der Kläger und die Beigeladene haben demgemäß die Zahlungen jeweils zur Hälfte als Gesamtschuldner auf die festgesetzten Vorauszahlungen geleistet.

Der Umstand, dass durch die bei der Überweisung verwendeten Angaben zum Verwendungszweck der Betrag für das 3. Vierteljahr der Steuernummer [… / 276 / …] gutgeschrieben wurde und der für das 4. Vierteljahr der Steuernummer [… / 195 / …], führt zu keiner unterschiedlichen Beurteilung der beiden Vorauszahlungen. Denn diese neue Steuernummer [… / 195 / …] wurde für eine mögliche spätere Zusammenveranlagung des Klägers und der Beigeladenen im Laufe des Jahres 2013 neu vergeben, da der Kläger auch über Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft verfügt und diese Einkunftsart im Wohnsitzfinanzamt zentralisiert bearbeitet werden sollte. Wegen der späteren Einzelveranlagungen kam es aber für 2013 nicht zu einer Veranlagung unter dieser Steuernummer [… / 195 / …]. In der Finanzkasse des Beklagten wurden diese beiden Überweisungen vom Computerprogramm des Beklagten in der sog. „Liste der klaren Fälle“ geführt und wurden später mit den ersten beiden Vorauszahlungen für 2013 unter der Steuernummer [… / 195 / …] zusammengeführt […] und von dort für die Einzelveranlagungen auf die Steuernummern des Klägers und der Beigeladenen wie oben ausgeführt umgebucht. Als rein kassentechnische Behandlung ist dieser Vorgang aber für die Bestimmung des Zahlenden ohne Bedeutung.

d) Welche Regelungen der Kläger und die Beigeladene in ihrer Scheidungsvereinbarung vom 6. März 2015 getroffen haben, ist gegenüber der hier vorgenommenen Aufteilung irrelevant. Da eine einmal getroffene Tilgungsbestimmung nicht rückwirkend geändert werden kann, kann es nur auf den für den Beklagten erkennbaren Tilgungswillen zum Zeitpunkt der Zahlung ankommen (BFH-Urteil vom 26. Juni 2007 VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742; BFH-Beschluss vom 13. Mai 2015 VII R 41/14, BFH/NV 2015, 1347).

4. Für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung) maßgebend (BFH-Urteil vom 21. November 2006 VII R 68/05, BFHE 215, 70, BStBl II 2007, 291; Lindwurm in Leopold/Madle/Rader, AO, § 218 AO Rz. 34 [Feb. 2015]) und nicht wie sonst bei Anfechtungsklagen, der Zeitpunkt, in dem die gerichtliche Entscheidung ergeht (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 100 FGO Rz. 39 [Feb. 2014]). Der Senat teilt demgemäß die anzurechnenden Abzugssteuern und Steuervorauszahlungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen entsprechend den Regelungen des angefochtenen Abrechnungsbescheids auf.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 FGO); ihr werden auch keine Kosten auferlegt (§ 135 Abs. 3 FGO). Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt. Die Revision wird zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO).

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Bundesfinanzhof Urteil, 22. März 2011 - VII R 42/10

bei uns veröffentlicht am 22.03.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der im Jahr 2001 mit seiner damaligen Ehefrau zusammenlebte, leistete aufgrund eines an beide Ehegatten gerich

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(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Die Einkommensteuer entsteht, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Veranlagungszeitraums.

(2) Auf die Einkommensteuer werden angerechnet:

1.
die für den Veranlagungszeitraum entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 37);
2.
die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer, soweit sie entfällt auf
a)
die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte oder
b)
die nach § 3 Nummer 40 dieses Gesetzes oder nach § 8b Absatz 1, 2 und 6 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Bezüge
und keine Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist.2Die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer wird nicht angerechnet, wenn die in § 45a Absatz 2 oder Absatz 3 bezeichnete Bescheinigung nicht vorgelegt worden ist oder die Angaben gemäß § 45a Absatz 2a nicht übermittelt worden sind.3Soweit der Steuerpflichtige einen Antrag nach § 32d Absatz 4 oder Absatz 6 stellt, ist es für die Anrechnung ausreichend, wenn die Bescheinigung auf Verlangen des Finanzamts vorgelegt wird.4In den Fällen des § 8b Absatz 6 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ist es für die Anrechnung ausreichend, wenn die Bescheinigung nach § 45a Absatz 2 und 3 vorgelegt wird, die dem Gläubiger der Kapitalerträge ausgestellt worden ist.5In den Fällen des § 2 Absatz 7 Satz 3 ist auch die durch Steuerabzug im Kalenderjahr des Wechsels von der unbeschränkten zur beschränkten Einkommensteuerpflicht erhobene Einkommensteuer anzurechnen, die auf Einkünfte entfällt, die weder der unbeschränkten noch der beschränkten Steuerpflicht unterliegen; § 37 Absatz 2 der Abgabenordnung findet insoweit keine Anwendung;
3.
die nach § 10 des Forschungszulagengesetzes festgesetzte Forschungszulage.2Das gilt auch für die gesondert und einheitlich festgestellte Forschungszulage;
4.
in den Fällen des § 32c Absatz 1 Satz 2 der nicht zum Abzug gebrachte Unterschiedsbetrag, wenn dieser höher ist als die tarifliche Einkommensteuer des letzten Veranlagungszeitraums im Betrachtungszeitraum.

(3)1Die Steuerbeträge nach Absatz 2 Nummer 2 sind auf volle Euro aufzurunden.2Bei den durch Steuerabzug erhobenen Steuern ist jeweils die Summe der Beträge einer einzelnen Abzugsteuer aufzurunden.

(4)1Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zuungunsten des Steuerpflichtigen ergibt, hat der Steuerpflichtige (Steuerschuldner) diesen Betrag, soweit er den fällig gewordenen, aber nicht entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen entspricht, sofort, im Übrigen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten (Abschlusszahlung).2Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zugunsten des Steuerpflichtigen ergibt, wird dieser dem Steuerpflichtigen nach Bekanntgabe des Steuerbescheids ausgezahlt.3Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind, wirkt die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten.

(5)1Die festgesetzte Steuer, die auf den Aufgabegewinn nach § 16 Absatz 3a und den durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart erzielten Gewinn entfällt, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden, wenn die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums zuzuordnen sind, sofern durch diese Staaten Amtshilfe entsprechend oder im Sinne der Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Absatz 11 des EU-Amtshilfegesetzes und gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung im Sinne der Beitreibungsrichtlinie einschließlich der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Durchführungsbestimmungen in den für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geltenden Fassungen oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsakts geleistet werden.2Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten; die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31. Juli der Folgejahre fällig.3Die Jahresraten sind nicht zu verzinsen; sie sollen in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden.4Die noch nicht entrichtete Steuer wird innerhalb eines Monats nach Eintritt eines der nachfolgenden Ereignisse fällig,

1.
soweit ein Wirtschaftsgut im Sinne des Satzes 1 veräußert, entnommen, in andere als die in Satz 1 genannten Staaten verlagert oder verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt wird,
2.
wenn der Betrieb oder Teilbetrieb während dieses Zeitraums eingestellt, veräußert oder in andere als die in Satz 1 genannten Staaten verlegt wird,
3.
wenn der Steuerpflichtige aus der inländischen unbeschränkten Steuerpflicht oder der unbeschränkten Steuerpflicht in den in Satz 1 genannten Staaten ausscheidet oder in einem anderen als den in Satz 1 genannten Staaten ansässig wird,
4.
wenn der Steuerpflichtige Insolvenz anmeldet oder abgewickelt wird oder
5.
wenn der Steuerpflichtige seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Ratenzahlungen nicht nachkommt und über einen angemessenen Zeitraum, der zwölf Monate nicht überschreiten darf, keine Abhilfe für seine Situation schafft; Satz 2 bleibt unberührt.
5Ändert sich die festgesetzte Steuer, sind die Jahresraten entsprechend anzupassen.6Der Steuerpflichtige hat der zuständigen Finanzbehörde jährlich mit der Steuererklärung oder, sofern keine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht, zum 31. Juli anzuzeigen, ob die Voraussetzungen für die Ratenzahlung weiterhin erfüllt sind; kommt er dieser Anzeigepflicht oder seinen sonstigen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 90 der Abgabenordnung nicht nach, werden die noch nicht entrichteten Jahresraten rückwirkend zum 1. August des vorangegangenen Jahres fällig, frühestens aber einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids.7Unbeschadet des Satzes 6 hat der Steuerpflichtige den Eintritt eines Ereignisses nach Satz 4 der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich anzuzeigen.8Unterliegt der Steuerpflichtige einer Erklärungspflicht, kann die Anzeige auf Grund eines Ereignisses nach Satz 4 Nummer 1 abweichend von der in Satz 7 genannten Frist mit der nächsten Steuererklärung erfolgen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28. August 2014  5 K 193/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegen den Kläger und Revisionskläger (Kläger) und dessen damalige Ehefrau Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2008 fest. Der Kläger zahlte die festgesetzten Beträge (pro Quartal 565 € Einkommensteuer, 15 € Solidaritätszuschlag und 20 € evangelische Kirchensteuer) im Jahr 2008 von seinem Konto an das FA. Seit dem 19. Dezember 2009 lebten die Eheleute getrennt.

2

Mit Abgabe der Einkommensteuererklärung 2008 im Februar 2010 beantragten die Eheleute die getrennte Veranlagung. Im März 2010 erließ das FA gegenüber der Ehefrau einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008. Auf den ermittelten Nachzahlungsbetrag rechnete das FA die Hälfte der vom Kläger geleisteten Vorauszahlungen für Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag sowie die gesamten Vorauszahlungen für die evangelische Kirchensteuer an, da der Kläger keiner Konfession angehörte.

3

Mit Schreiben vom 8. April 2010 erklärte der Kläger gegenüber dem FA, er habe die Einkommensteuervorauszahlungen ausschließlich auf eigene Rechnung geleistet. In dem an den Kläger gerichteten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 14. April 2010 rechnete das FA die vom Kläger für den Veranlagungszeitraum 2008 geleisteten Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag trotzdem nur zur Hälfte an (1.130 € Einkommensteuer sowie 30 € Solidaritätszuschlag).

4

Am 6. August 2010 erging auf Antrag des Klägers hierüber ein Abrechnungsbescheid. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, aufgrund der zwischen Eheleuten bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft habe das FA davon ausgehen dürfen, dass der Kläger nicht nur seine eigene Steuerschuld, sondern auch die Steuerschuld seiner damaligen Ehefrau habe begleichen wollen. Dass der Kläger die Zahlungen von seinem Konto geleistet habe und die festgesetzten Vorauszahlungen ausschließlich auf seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit beruhten, sei für die Tilgungsbestimmung unerheblich. Die Tilgungsbestimmung im Schreiben vom 8. April 2010 könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da sie nachträglich erfolgt sei. Darüber hinaus habe die Ehefrau zu diesem Zeitpunkt bereits einen Einkommensteuerbescheid erhalten, der ohne ihre Zustimmung nur unter den Voraussetzungen der §§ 172 ff. der Abgabenordnung (AO) habe geändert werden können.

5

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs habe sich nicht auf Fälle bezogen, bei denen von Anfang an eine getrennte Veranlagung beantragt worden sei. Außerdem ergebe sich weder aus § 37 Abs. 2 AO noch aus § 36 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), dass es für den erkennbaren Tilgungswillen allein auf den Zahlungszeitpunkt ankomme. Vielmehr müsse im Streitfall die Tilgungsbestimmung im Schreiben vom 8. April 2010 berücksichtigt werden. Ansonsten komme es zu einer Enteignung in Höhe der hälftigen Vorauszahlungen, die nicht durch Art. 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes gerechtfertigt sei.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Abrechnungsbescheid vom 6. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2012 dahin zu ändern, dass seine Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag für das Jahr 2008 in voller Höhe angerechnet werden (2.260 € Einkommensteuer und 60 € Solidaritätszuschlag).

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Es folgt der Begründung des FG und verweist auf seine Ausführungen im Klageverfahren.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

10

Das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der angefochtene Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) rechtmäßig ist. Auf die Einkommensteuerschuld des Klägers ist gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG nur die Hälfte der von seinem Konto abgebuchten Vorauszahlungen anzurechnen.

11

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG derjenige anrechnungsberechtigt, auf dessen Rechnung, nicht aber derjenige, auf dessen Kosten gezahlt worden ist. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt erkennbar ist, getilgt werden sollte (Senatsurteil vom 26. Juni 2007 VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742, m.w.N.).

12

Ist bei der Zahlung eines Gesamtschuldners kein abweichender Tilgungswille erkennbar, ist i.d.R. anzunehmen, dass der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Senats bei der Zahlung eines Ehegatten auf die Gesamtschuld der Ehepartner. Solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), ist hier aufgrund der zwischen Ehepartnern bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft im Allgemeinen davon auszugehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will. Dabei kommt es allein darauf an, wie sich dem Finanzamt als Zahlungsempfänger die Umstände zum Zeitpunkt der Zahlung darstellten (Senatsurteil vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607, m.w.N.).

13

2. Von diesen Grundsätzen, an denen der Senat festhält (zur Kritik vgl. z.B. Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl. 2014, § 37 Rz 34), ist auch das FG ausgegangen und zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass bei dem Kläger die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag für das Jahr 2008 nur zur Hälfte angerechnet werden können.

14

Zwar lebten die Eheleute seit dem 19. Dezember 2009 dauernd getrennt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlungen gab es für das FA jedoch keine Veranlassung, eine abweichende Tilgungsbestimmung anzunehmen. Solch ein abweichender Tilgungswille lässt sich insbesondere nicht dem Schreiben des Klägers an das FA vom 8. April 2010 entnehmen. Da eine einmal getroffene Tilgungsbestimmung nicht rückwirkend geändert werden kann, kann es nämlich nur auf den für das Finanzamt erkennbaren Tilgungswillen zum Zeitpunkt der Zahlung ankommen (Senatsbeschluss vom 4. November 2003 VII B 382/02, BFH/NV 2004, 314; Senatsurteil in BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742). Entgegen der Auffassung des Klägers beschränkt sich die Rechtsprechung des Senats zur Tilgungsbestimmung bei Vorauszahlungen von Ehegatten auch nicht auf Fälle, bei denen zunächst die Zusammenveranlagung beantragt wird.

15

Das Senatsurteil in BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607 führt im Streitfall ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat der Senat in diesem Urteil offen gelassen, wie Vorauszahlungen aufzuteilen sind, wenn sie --wie im Streitfall-- nicht zur Tilgung der Steuerschulden ausreichen. Da sich diese Senatsrechtsprechung ausdrücklich auf die gesetzliche Zweckbestimmung der Vorauszahlungen (Sicherung eines stetigen Steueraufkommens) stützt, besteht in solch einem Fall aber keine Veranlassung, von einer gleichmäßigen Aufteilung nach Köpfen abzuweichen. Nur soweit diese Aufteilung zu einem Erstattungsanspruch eines Ehegatten führt, während der andere Ehegatte eine Abschlusszahlung zu leisten hätte, sind die Vorauszahlungen abweichend von der bei Ehegatten üblichen Aufteilung nach Köpfen diesem anderen Ehegatten zuzurechnen (Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 14. Januar 2015 IV A 3 - S 0160/11/10001, BStBl I 2015, 83).

16

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1)1Ehegatten können zwischen der Einzelveranlagung (§ 26a) und der Zusammenveranlagung (§ 26b) wählen, wenn

1.
beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 oder 2 oder des § 1a sind,
2.
sie nicht dauernd getrennt leben und
3.
bei ihnen die Voraussetzungen aus den Nummern 1 und 2 zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind.
2Hat ein Ehegatte in dem Veranlagungszeitraum, in dem seine zuvor bestehende Ehe aufgelöst worden ist, eine neue Ehe geschlossen und liegen bei ihm und dem neuen Ehegatten die Voraussetzungen des Satzes 1 vor, bleibt die zuvor bestehende Ehe für die Anwendung des Satzes 1 unberücksichtigt.

(2)1Ehegatten werden einzeln veranlagt, wenn einer der Ehegatten die Einzelveranlagung wählt.2Ehegatten werden zusammen veranlagt, wenn beide Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen.3Die Wahl wird für den betreffenden Veranlagungszeitraum durch Angabe in der Steuererklärung getroffen.4Die Wahl der Veranlagungsart innerhalb eines Veranlagungszeitraums kann nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids nur noch geändert werden, wenn

1.
ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird und
2.
die Änderung der Wahl der Veranlagungsart der zuständigen Finanzbehörde bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Änderungs- oder Berichtigungsbescheids schriftlich oder elektronisch mitgeteilt oder zur Niederschrift erklärt worden ist und
3.
der Unterschiedsbetrag aus der Differenz der festgesetzten Einkommensteuer entsprechend der bisher gewählten Veranlagungsart und der festzusetzenden Einkommensteuer, die sich bei einer geänderten Ausübung der Wahl der Veranlagungsarten ergeben würde, positiv ist.2Die Einkommensteuer der einzeln veranlagten Ehegatten ist hierbei zusammenzurechnen.

(3) Wird von dem Wahlrecht nach Absatz 2 nicht oder nicht wirksam Gebrauch gemacht, so ist eine Zusammenveranlagung durchzuführen.

(1)1Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten sind jedem Ehegatten die von ihm bezogenen Einkünfte zuzurechnen.2Einkünfte eines Ehegatten sind nicht allein deshalb zum Teil dem anderen Ehegatten zuzurechnen, weil dieser bei der Erzielung der Einkünfte mitgewirkt hat.

(2)1Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach den §§ 35a und 35c werden demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat.2Auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten werden sie jeweils zur Hälfte abgezogen.3Der Antrag des Ehegatten, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat, ist in begründeten Einzelfällen ausreichend.4§ 26 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Die Anwendung des § 10d für den Fall des Übergangs von der Einzelveranlagung zur Zusammenveranlagung und von der Zusammenveranlagung zur Einzelveranlagung zwischen zwei Veranlagungszeiträumen, wenn bei beiden Ehegatten nicht ausgeglichene Verluste vorliegen, wird durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates geregelt.

(1) Die Einkommensteuer entsteht, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Veranlagungszeitraums.

(2) Auf die Einkommensteuer werden angerechnet:

1.
die für den Veranlagungszeitraum entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 37);
2.
die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer, soweit sie entfällt auf
a)
die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte oder
b)
die nach § 3 Nummer 40 dieses Gesetzes oder nach § 8b Absatz 1, 2 und 6 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Bezüge
und keine Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist.2Die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer wird nicht angerechnet, wenn die in § 45a Absatz 2 oder Absatz 3 bezeichnete Bescheinigung nicht vorgelegt worden ist oder die Angaben gemäß § 45a Absatz 2a nicht übermittelt worden sind.3Soweit der Steuerpflichtige einen Antrag nach § 32d Absatz 4 oder Absatz 6 stellt, ist es für die Anrechnung ausreichend, wenn die Bescheinigung auf Verlangen des Finanzamts vorgelegt wird.4In den Fällen des § 8b Absatz 6 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ist es für die Anrechnung ausreichend, wenn die Bescheinigung nach § 45a Absatz 2 und 3 vorgelegt wird, die dem Gläubiger der Kapitalerträge ausgestellt worden ist.5In den Fällen des § 2 Absatz 7 Satz 3 ist auch die durch Steuerabzug im Kalenderjahr des Wechsels von der unbeschränkten zur beschränkten Einkommensteuerpflicht erhobene Einkommensteuer anzurechnen, die auf Einkünfte entfällt, die weder der unbeschränkten noch der beschränkten Steuerpflicht unterliegen; § 37 Absatz 2 der Abgabenordnung findet insoweit keine Anwendung;
3.
die nach § 10 des Forschungszulagengesetzes festgesetzte Forschungszulage.2Das gilt auch für die gesondert und einheitlich festgestellte Forschungszulage;
4.
in den Fällen des § 32c Absatz 1 Satz 2 der nicht zum Abzug gebrachte Unterschiedsbetrag, wenn dieser höher ist als die tarifliche Einkommensteuer des letzten Veranlagungszeitraums im Betrachtungszeitraum.

(3)1Die Steuerbeträge nach Absatz 2 Nummer 2 sind auf volle Euro aufzurunden.2Bei den durch Steuerabzug erhobenen Steuern ist jeweils die Summe der Beträge einer einzelnen Abzugsteuer aufzurunden.

(4)1Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zuungunsten des Steuerpflichtigen ergibt, hat der Steuerpflichtige (Steuerschuldner) diesen Betrag, soweit er den fällig gewordenen, aber nicht entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen entspricht, sofort, im Übrigen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten (Abschlusszahlung).2Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zugunsten des Steuerpflichtigen ergibt, wird dieser dem Steuerpflichtigen nach Bekanntgabe des Steuerbescheids ausgezahlt.3Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind, wirkt die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten.

(5)1Die festgesetzte Steuer, die auf den Aufgabegewinn nach § 16 Absatz 3a und den durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart erzielten Gewinn entfällt, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden, wenn die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums zuzuordnen sind, sofern durch diese Staaten Amtshilfe entsprechend oder im Sinne der Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Absatz 11 des EU-Amtshilfegesetzes und gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung im Sinne der Beitreibungsrichtlinie einschließlich der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Durchführungsbestimmungen in den für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geltenden Fassungen oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsakts geleistet werden.2Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten; die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31. Juli der Folgejahre fällig.3Die Jahresraten sind nicht zu verzinsen; sie sollen in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden.4Die noch nicht entrichtete Steuer wird innerhalb eines Monats nach Eintritt eines der nachfolgenden Ereignisse fällig,

1.
soweit ein Wirtschaftsgut im Sinne des Satzes 1 veräußert, entnommen, in andere als die in Satz 1 genannten Staaten verlagert oder verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt wird,
2.
wenn der Betrieb oder Teilbetrieb während dieses Zeitraums eingestellt, veräußert oder in andere als die in Satz 1 genannten Staaten verlegt wird,
3.
wenn der Steuerpflichtige aus der inländischen unbeschränkten Steuerpflicht oder der unbeschränkten Steuerpflicht in den in Satz 1 genannten Staaten ausscheidet oder in einem anderen als den in Satz 1 genannten Staaten ansässig wird,
4.
wenn der Steuerpflichtige Insolvenz anmeldet oder abgewickelt wird oder
5.
wenn der Steuerpflichtige seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Ratenzahlungen nicht nachkommt und über einen angemessenen Zeitraum, der zwölf Monate nicht überschreiten darf, keine Abhilfe für seine Situation schafft; Satz 2 bleibt unberührt.
5Ändert sich die festgesetzte Steuer, sind die Jahresraten entsprechend anzupassen.6Der Steuerpflichtige hat der zuständigen Finanzbehörde jährlich mit der Steuererklärung oder, sofern keine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht, zum 31. Juli anzuzeigen, ob die Voraussetzungen für die Ratenzahlung weiterhin erfüllt sind; kommt er dieser Anzeigepflicht oder seinen sonstigen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 90 der Abgabenordnung nicht nach, werden die noch nicht entrichteten Jahresraten rückwirkend zum 1. August des vorangegangenen Jahres fällig, frühestens aber einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids.7Unbeschadet des Satzes 6 hat der Steuerpflichtige den Eintritt eines Ereignisses nach Satz 4 der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich anzuzeigen.8Unterliegt der Steuerpflichtige einer Erklärungspflicht, kann die Anzeige auf Grund eines Ereignisses nach Satz 4 Nummer 1 abweichend von der in Satz 7 genannten Frist mit der nächsten Steuererklärung erfolgen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der im Jahr 2001 mit seiner damaligen Ehefrau zusammenlebte, leistete aufgrund eines an beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheides für die Einkommensteuer des Jahres 2001 Vorauszahlungen in Höhe von 23.298 €, die der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) aufgrund einer Einzugsermächtigung von seinem Konto abbuchte. Das Zusammenleben der Eheleute dauerte bis Ende 2001 oder Anfang 2002 an. Später wurde die Ehe geschieden.

2

Die frühere Ehefrau des Klägers beantragte im Mai 2003 die getrennte Veranlagung für das Jahr 2001. In der Folgezeit führten der Kläger und das FA einen Schriftwechsel über die Höhe der Anrechnung der Vorauszahlungen bei der Veranlagung des Klägers, in dem der Kläger die Anrechnung in voller Höhe, zumindest aber im Verhältnis der Einkünfte der Eheleute --zu ca. 77 %-- forderte, während das FA anbot, ihm die Vorauszahlung bis September zur Hälfte, danach voll zuzurechnen.

3

Der gegen den Kläger ergangene Einkommensteuerbescheid 2001 enthielt jedoch keine Anrechnung der Vorauszahlungen und setzte eine Zahllast von 15.090,63 € fest, die durch Abbuchung vom Konto des Klägers beglichen wurde. Die Veranlagung der Ehefrau ergab eine Zahllast von 727,93 €.

4

Die für das Jahr 2001 geleisteten Vorauszahlungen überschritten rechnerisch die Summe der für dieses Jahr in den Einkommensteuerbescheiden beider Ehegatten ausgewiesenen Zahllasten um 7.480,44 €.

5

Im Dezember 2004 erhielt der Kläger nach einer an ihn adressierten Mitteilung über die bevorstehende Auszahlung der Erstattung mit dem Betreff "Auszahlung eines Erstattungsbetrages für Herrn ... (Kläger) und Frau ... (Ehefrau)" vom FA eine Erstattung des vollen Betrages der Vorauszahlungen, teils durch Anrechnung auf geschuldete Umsatzsteuer, teils durch Überweisung auf sein Konto.

6

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. November 2006 forderte das FA vom Kläger die Hälfte des ihm erstatteten Betrages zurück. In der Einspruchsentscheidung führte das FA aus, der Kläger habe nur Anspruch auf Anrechnung der Hälfte der Vorauszahlungen, da Vorauszahlungen eines Ehepartners bei zusammenlebenden Eheleuten als auf beider Steuerschuld geleistet gelten, wenn --wie geschehen-- keine gegenteilige Absicht bekundet werde.

7

Die Klage, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Aufhebung des angegriffenen Rückforderungsbescheides beschränkte, soweit der Rückforderungsbetrag 3.740,22 € übersteigt, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass der Rückforderungsbescheid insoweit rechtswidrig sei, weil die Steuerrückzahlung des FA bis auf den Betrag von 3.740,22 € mit Rechtsgrund i.S. des § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erfolgt sei. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) habe der Kläger Anspruch auf Anrechnung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer beider Eheleute gehabt. Die überschüssige Vorauszahlung stehe beiden Eheleuten zur Hälfte zu, sie sei ihm deshalb in Höhe von 3.740,22 € zu erstatten.

8

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 2003 veröffentlicht.

9

Mit seiner Revision macht das FA geltend, dass es keine gesetzlichen Grundlagen gebe, die geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen in der vom FG angeordneten Weise auf die Ehegatten aufzuteilen. Da die Einkommensteuervorauszahlungen für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden seien, seien beide Ehegatten auch anteilig erstattungsberechtigt. Der Erstattungsbetrag sei nach dem Willen des Zahlenden im Zeitpunkt der Zahlung zu ermitteln.

10

Der Kläger hält das FG-Urteil im Ergebnis für richtig. Infolge der gegen ihn festgesetzten Einkommensteuer 2001 entfalte die Vorauszahlungsfestsetzung keine Wirkung mehr, so dass der Rechtsgrund i.S. des § 37 Abs. 2 AO entfallen sei. Ferner sei dem FA im Zeitpunkt der getrennten Veranlagungen hinreichend bekannt gewesen, dass die Ehe nicht mehr intakt gewesen sei und dass er, der Kläger, eine Anrechnung der von ihm entrichteten Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe der durch seine Einkünfte ausgelösten Steuerschuld begehre.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des FA ist nur zu einem geringen Teil begründet. Das Urteil entspricht nicht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), soweit das FG den Rückforderungsbescheid des FA vom 22. November 2006 in dem beantragten Umfang aufgehoben hat. Die Rückforderung ist vielmehr in Höhe von 4.467 € (statt 3.740,22 €) berechtigt.

12

Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO hat derjenige, auf dessen Rechnung eine Zahlung bewirkt worden ist, gegen den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung eines zurückgezahlten Betrages, wenn ohne Rechtsgrund gezahlt worden ist. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO gilt sowohl für den Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen gegen das FA als auch für den umgekehrten Fall der Rückforderung einer an den Steuerpflichtigen rechtsgrundlos gezahlten Steuererstattung durch das FA (Urteil des Senats vom 13. Februar 1996 VII R 89/95, BFHE 180, 1, BStBl II 1996, 436, m.w.N.).

13

1. Leistungsempfänger und damit richtiger Adressat eines Anspruchs auf Rückzahlung zuviel geleisteter Erstattung ist im Streitfall der Kläger. Auch wenn die an den Kläger adressierte Mitteilung über die bevorstehende Auszahlung der Erstattung im Betreff "Auszahlung eines Erstattungsbetrages für Herrn ... (Kläger) und Frau ... (Ehefrau)" benennt, ergibt sich aus dem Verfahrensgang und den schriftsätzlichen Einlassungen, dass das FA und der Kläger übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die Zahlung für den Kläger bestimmt war.

14

2. Die Rückforderung des die Hälfte der zurücküberwiesenen Vorauszahlungen überschreitenden Betrages scheitert nicht schon daran, dass diese Hälfte zwar der Ehefrau zugestanden, das FA aber gemäß § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG mit befreiender Wirkung an den Kläger geleistet haben könnte. Denn nach dieser Vorschrift wirkt die Auszahlung an einen Ehegatten für und gegen den anderen Ehegatten nur, wenn beide nach den §§ 26, 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind.

15

3. Soweit die Rückforderung den Betrag von 4.467 € (3.740 € plus 727 € --für die Ehefrau festgesetzte Einkommensteuer-Zahllast-- bzw. die Differenz zwischen den geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 23.298 € und der Einkommensteuerzahllast des Klägers in Höhe von 15.091 € plus 3.740 €) überschreitet, ist der Rückzahlungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO nicht gegeben, da dieser Betrag im Dezember 2004 vom FA nicht rechtsgrundlos erstattet worden ist.

16

a) Die Erstattung wäre rechtsgrundlos erfolgt, wenn das FA die Vorauszahlungen aufgrund des Vorauszahlungsbescheides hätte behalten dürfen. So verhält es sich aber nicht. Denn der Vorauszahlungsbescheid ist durch den Einkommensteuerbescheid und dieser ist durch die Tilgung der Steuerschuld als Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der Vorauszahlungsbeträge nachträglich entfallen.

17

aa) Ein Vorauszahlungsbescheid verliert durch den Jahressteuerbescheid seine Wirksamkeit, da der Jahressteuerbescheid den Vorauszahlungsbescheid in seinen Regelungsgehalt aufnimmt (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, vgl. z.B. Entscheidungen vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671; vom 22. Oktober 2003 V B 103/02, BFH/NV 2004, 502). Der Einkommensteuerbescheid bildet einen neuen Rechtsgrund für die Steuerzahlungen, so dass sich der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid nach § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt hat (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1995 I R 39/95, BFHE 179, 91, BStBl II 1996, 87, m.w.N.). Der Einkommensteuerbescheid ist vielmehr die alleinige Grundlage für die Verwirklichung der Steuerschulden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 3/93, BFHE 178, 11, BStBl II 1995, 730).

18

bb) Da die Einkommensteuerschuld durch die Abbuchung vom Konto des Klägers erloschen ist, hat sich auch der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 erledigt; er kann daher keinen Rechtsgrund mehr dafür darstellen, dass das FA die geleisteten Vorauszahlungsbeträge behalten darf.

19

b) Die Auszahlung des jetzt zurückgeforderten Betrages war im Streitfall auch nicht deshalb rechtsgrundlos, weil ihr kein förmlicher Abrechnungsbescheid zugrunde lag, den der Kläger zur Durchsetzung seines Erstattungsanspruchs hätte erwirken müssen. Der Anspruch auf Erstattung der Vorauszahlungen nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO entsteht unmittelbar mit dem Wegfall der Rechtsgrundlage (§ 38 AO; vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 1979 VIII R 58/77, BFHE 128, 146, BStBl II 1979, 639). Er setzt keine vorherige Festsetzung durch Verwaltungsakt voraus (vgl. Urteil des Senats vom 30. April 1996 VII R 122/94, BFH/NV 1996, 866; Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 218 AO Rz 33, m.w.N). Eine solche Festsetzung wird nur erforderlich, wenn das FA die Erstattung verweigert, weil es den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach bestreitet. Wenn im Streitfall die Rückforderung des zunächst erstatteten Betrages als ein derartiges Bestreiten des Rückzahlungsanspruchs zu werten wäre, könnte allenfalls der streitige Rückforderungsbescheid als Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 Satz 2 AO angesehen werden (so wohl auch Alber in HHSp, § 218 AO Rz 34, m.w.N.).

20

c) Gleichwohl ist die Rückforderung des FA in der tenorierten Höhe berechtigt, weil der Kläger in diesem Umfang nicht erstattungsberechtigt ist. Der Wegfall des Vorauszahlungs- und des Einkommensteuerbescheides als Rechtsgrund dafür, dass das FA die vom Kläger geleisteten Zahlungen hätte behalten dürfen, bedeutet nicht zugleich, dass der Kläger die volle Rückzahlung beanspruchen konnte. Denn dem Kläger sind --im Rahmen des nach § 37 Abs. 2 AO zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger (FA) bestehenden Rückgewährschuldverhältnisses-- die gezahlten Vorauszahlungen in Höhe von 4.467 € nicht als Leistendem zuzurechnen.

21

aa) Grundsätzlich ist nach § 37 Abs. 2 AO derjenige erstattungsberechtigt, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist und nicht derjenige, auf dessen Kosten die Zahlung erfolgt ist. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte (Senatsurteil vom 30. September 2008 VII R 18/08, BFHE 222, 235, BStBl II 2009, 38). Den Finanzbehörden wird damit nicht zugemutet, im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerschuldner und einem zahlenden Dritten daraufhin zu überprüfen, wer von ihnen --im Innenverhältnis-- auf die zu erstattenden Beträge materiell-rechtlich einen Anspruch hat (Senatsurteil vom 25. Juli 1989 VII R 118/87, BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41).

22

Lässt sich aus den dem FA bei Zahlung erkennbaren Umständen nicht entnehmen, wessen Steuerschuld der zahlende Gesamtschuldner (§ 44 AO) begleichen wollte, so wird im Allgemeinen angenommen, dass der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte (Senatsurteil vom 18. Februar 1997 VII R 117/95, BFH/NV 1997, 482, m.w.N.).

23

bb) Anders kann dies jedoch nach der Rechtsprechung des Senats sein, wenn ein Ehegatte auf die Gesamtschuld gezahlt hat. In Bezug auf den Erstattungsanspruch sind die Ehegatten weder Gesamtgläubiger i.S. des § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) noch Mitgläubiger i.S. des § 432 BGB (Senatsbeschluss vom 17. Februar 2010 VII R 37/08, BFH/NV 2010, 1078). Vielmehr steht der Erstattungsanspruch demjenigen Ehegatten zu, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (vgl. Senatsurteile in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41; vom 26. Juni 2007 VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742, und in BFHE 222, 235, BStBl II 2009, 38; Senatsbeschluss vom 10. Februar 2000 VII B 152/99, BFH/NV 2000, 940). Liegen keine Anhaltspunkte oder ausdrücklichen Absichtsbekundungen vor, kann das FA als Zahlungsempfänger, solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile in BFHE 222, 235, BStBl II 2009, 38; vom 15. November 2005 VII R 16/05, BFHE 211, 396, BStBl II 2006, 453, m.w.N.). Ob die Eheleute sich später trennen oder einer der Ehegatten nachträglich die getrennte Veranlagung beantragt, ist für die Beurteilung der Tilgungsabsicht nicht maßgeblich, denn es kommt nur darauf an, wie sich die Umstände dem FA zum Zeitpunkt der Vorauszahlung darstellten (Senatsurteil in BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742).

24

(1) Die danach unterstellte Tilgungsabsicht hat nach bisheriger Rechtsprechung zur Folge, dass im Fall einer --durch die Anrechnung der Vorauszahlungen auf die gegen die zusammen veranlagten Eheleute festgesetzte Steuer entstandenen-- Überzahlung beide Ehegatten nach § 37 Abs. 2 AO erstattungsberechtigt sind. Der Erstattungsbetrag ist zwischen ihnen nach Köpfen aufzuteilen (Senatsurteil in BFHE 222, 235, BStBl II 2009, 38).

25

(2) Diese hälftige Zuordnung der geleisteten Vorauszahlungen hat der Senat auch in den Fällen --bei Aufteilung der Gesamtschuld nach §§ 268 ff. AO oder getrennter Veranlagung nach § 26a EStG-- für geboten erachtet, in denen die Anrechnung dieses Teilbetrages nicht zur Tilgung der für den einen Ehegatten festgesetzten Jahressteuer ausreicht, so dass er eine Abschlusszahlung zu leisten hat, während für den anderen Ehegatten nach Anrechnung noch ein Auszahlungsanspruch verbleibt.

26

cc) Nach dieser Rechtsprechung hätte der Kläger den an ihn ausgezahlten Betrag nur zur Hälfte mit Rechtsgrund erhalten. Nach den Feststellungen des FG wurden die fälligen Vorauszahlungsbeträge durch Abbuchung vom Konto des Klägers entrichtet. Eine Tilgungsbestimmung, die als empfangsbedürftige Willenserklärung gemäß § 130 Abs. 1 BGB erst mit ihrem Zugang beim FA wirksam würde (Senatsurteil in BFH/NV 1997, 482), hat der Kläger nicht abgegeben.

27

Von der Trennung der Eheleute hat das FA erst nach Ablauf des Veranlagungsjahres durch den Antrag der Ehefrau des Klägers auf getrennte Veranlagung erfahren. Im Vorauszahlungszeitraum durfte das FA daher vom Regelfall ausgehen, dass die Zahlungen vom Kläger für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden sind.

28

Auch spielt keine Rolle, dass die Beträge ausschließlich vom Konto des Klägers abgebucht wurden und dass die festgesetzten Vorauszahlungen ausschließlich auf den Einkünften des Klägers aus selbständiger Tätigkeit beruhten. Denn es ist hinsichtlich der Tilgungsabsicht unerheblich, welcher der Ehegatten in seiner Person Tatbestände verwirklicht hat, die zum Entstehen der die Eheleute als Gesamtschuldner treffenden Steuerschuld geführt haben (Senatsurteil in BFHE 211, 396, BStBl II 2006, 453, m.w.N.).

29

dd) Nach nochmaliger Überprüfung sieht sich der Senat aber veranlasst, diese --mit dem Urteil in BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41 eingeleitete-- Rechtsprechung fortzuentwickeln:

30

Eine Erstattung von Vorauszahlungen kommt im Regelfall nur hinsichtlich des Betrages in Betracht, um den die Vorauszahlungen die Summe der für beide Ehegatten festgesetzten Einkommensteuer übersteigt. Das gilt sowohl im Fall der Zusammenveranlagung als auch wenn getrennte Veranlagung gewählt wird. Ist die Vorauszahlung --insbesondere wegen anderweitiger Tilgung der Steuerschulden-- nicht bestimmungsgemäß auf die festgesetzten Steuern angerechnet worden, so ist die Vorauszahlung bei getrennter Veranlagung zunächst in Höhe des festgesetzten Betrages dem Ehegatten zu erstatten, auf dessen Schuld sie sonst anzurechnen gewesen wäre. Sofern nach Abrechnung der für beide Eheleute festgesetzten Steuern von den geleisteten Vorauszahlungen noch ein Rest verbleibt, ist dieser den Ehegatten anteilig zu erstatten.

31

(1) Die vorrangig vor jedweder Aufteilung vorzunehmende Verrechnung der Vorauszahlungen mit der später festgesetzten Einkommensteuer entspricht sowohl dem Sinn und Zweck der Vorauszahlung als auch den Vorstellungen, die die an dem Vorauszahlungsvorgang Beteiligten --auch das FA-- in der Regel mit der Zahlung verbinden.

32

Vorauszahlungen sind nach § 37 Abs. 1 EStG --unabhängig davon, wer sie zahlt oder von wessen Konto sie abgebucht werden-- auf die für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich geschuldete Einkommensteuer zu entrichten. Die Festsetzung von Vorauszahlungen dient der Sicherung eines stetigen Steueraufkommens (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2004 VI R 182/97, BFHE 208, 273, BStBl II 2005, 358), nicht dagegen dem Ansparen des künftig zur Tilgung der Einkommensteuer benötigten Betrages. Das macht auch --worauf das FG zutreffend hingewiesen hat-- die Anrechnungsvorschrift in § 36 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 2 EStG deutlich, wonach eine Auszahlung nur des überschießenden Vorauszahlungsbetrages angeordnet ist.

33

Angesichts dieser klaren gesetzlichen Zweckbestimmung der Vorauszahlungen ist auch davon auszugehen, dass sich der, der auf einen an ihn und seinen Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheid leistet, nicht nur bewusst ist, dass seine Zahlungen in Höhe der später festgesetzten Einkommensteuer endgültig beim Fiskus verbleiben sollen, sondern dass er die --wenn auch unmittelbar zur Erfüllung der Gesamtschuld aus dem Vorauszahlungsbescheid entrichteten-- Zahlungen auch leistet, um damit die zu erwartende Einkommensteuer beider Ehegatten zu tilgen. Diese Beurteilung gründet sich auf die gleichen Erwägungen, auf die die bisherige Rechtsprechung den gesamtschuldnerischen Tilgungswillen bezüglich der Vorauszahlungen gestützt hat: Ist die im Zeitpunkt der Vorauszahlungen noch bestehende Wirtschaftsgemeinschaft hinreichender Anknüpfungspunkt dafür, die Vorauszahlungen als für Rechnung beider Ehegatten geleistet zu unterstellen, dann ist daraus auch der in diesem Zeitpunkt übereinstimmende Wille abzuleiten, dass diese Vorauszahlungen später dafür verwendet werden sollen, die auf beide Ehegatten später entfallenden Steuerschulden auszugleichen.

34

Dem Zweck der Vorauszahlung wird die bisherige Rechtsprechung in den Fällen nicht gerecht, in denen bei getrennter Veranlagung oder Abrechnung unterschiedlich hohe Steuerschulden bei den Ehegatten anfallen: Bei hälftiger Aufteilung der Vorauszahlungen wird der Teil des Vorauszahlungsbetrages, der auf den Ehegatten mit der geringeren Steuerlast entfällt, nicht vollständig auf eine Steuerschuld angerechnet, während der Ehegatte mit der höheren Steuerbelastung nachzahlen muss. Das kann dazu führen, dass der Fiskus mit einer Steuerforderung ausfällt, wenn der höher belastete Steuerschuldner zwischenzeitlich seine Leistungsfähigkeit verloren hat, obwohl die Steuer durch die bereits gezahlten Vorauszahlungen bereits "gesichert" schienen. Dieses Ergebnis ist aber allein mit dem typisierten --nur auf die Vorauszahlungen fokussierten-- Tilgungswillen der in einer Wirtschaftsgemeinschaft lebenden Eheleute nicht zu rechtfertigen.

35

(2) Ein --nach Verrechnung der für beide Ehegatten festgesetzten Einkommensteuer mit den Vorauszahlungen verbleibender-- Betrag ist nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung (z.B. in BFHE 222, 235, BStBl II 2009, 38) nach Kopfteilen zu erstatten, wenn die Eheleute für die Vorauszahlungen keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen haben.

36

(3) Wie aufzuteilen wäre, wenn die Vorauszahlung zur Tilgung beider Zahllasten nicht ausreichte --ob sie etwa im Verhältnis der Steuerbeträge anzurechnen bzw. auszuzahlen wäre (sofern die Anrechnung unterblieben und nicht nachzuholen ist)-- ist im Streitfall, in dem ein Überschuss zu verteilen war, ebenfalls nicht zu entscheiden.

37

ee) Im Streitfall kann der Kläger danach die voll an ihn zurückgezahlten Vorausleistungen nur in Höhe von 18.831 € --der gegen ihn festgesetzten Einkommensteuer von 15.091 € zuzüglich der Hälfte des rechnerisch nach Abzug der Einkommensteuer beider Ehegatten verbleibenden Vorauszahlungsbetrages ([23.298 € - 15.090,63 € - 727,93 €] : 2 = 3.739,72 €, gerundet 3.740 €)-- beanspruchen. Daher ist der Rückforderungsbescheid des FA in Höhe von 4.467 € (23.298 € - 18.831 €) rechtmäßig und im Übrigen vom FG zu Recht aufgehoben worden.

38

4. Ob die Geltendmachung dieses Rückforderungsanspruchs wegen der besonderen Umstände des Falles gegen den --auch im Steuerrecht geltenden-- Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (vgl. hierzu generell BFH-Urteil vom 9. August 1989 I R 181/85, BFHE 158, 31, BStBl II 1989, 990), insbesondere ob der Kläger Verwirkung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 14. September 1978 IV R 89/74, BFHE 126, 130, BStBl II 1979, 121, 124) geltend machen könnte, kann offenbleiben. Zum einen fehlt es im Streitfall an einem Verhalten des FA, welches für den Kläger den eindeutigen Schluss zuließe, dass die zu Unrecht zurückerstatteten Vorauszahlungen nicht zurückgefordert werden. Zum anderen hat der Kläger eine grundsätzliche Rückzahlungsverpflichtung selbst eingeräumt. Zwar ist der vom Kläger eingeräumte Rückzahlungsbetrag niedriger als der nunmehr vom Senat berechnete. Wie sich aus der Revisionserwiderung ergibt, folgt er aber der Rechtsauffassung des FG, die der Senat nunmehr lediglich konkretisiert hat. Gegen die --so berechnete-- Rückforderung wendet sich der Kläger dem Grunde nach nicht.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28. August 2014  5 K 193/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegen den Kläger und Revisionskläger (Kläger) und dessen damalige Ehefrau Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2008 fest. Der Kläger zahlte die festgesetzten Beträge (pro Quartal 565 € Einkommensteuer, 15 € Solidaritätszuschlag und 20 € evangelische Kirchensteuer) im Jahr 2008 von seinem Konto an das FA. Seit dem 19. Dezember 2009 lebten die Eheleute getrennt.

2

Mit Abgabe der Einkommensteuererklärung 2008 im Februar 2010 beantragten die Eheleute die getrennte Veranlagung. Im März 2010 erließ das FA gegenüber der Ehefrau einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008. Auf den ermittelten Nachzahlungsbetrag rechnete das FA die Hälfte der vom Kläger geleisteten Vorauszahlungen für Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag sowie die gesamten Vorauszahlungen für die evangelische Kirchensteuer an, da der Kläger keiner Konfession angehörte.

3

Mit Schreiben vom 8. April 2010 erklärte der Kläger gegenüber dem FA, er habe die Einkommensteuervorauszahlungen ausschließlich auf eigene Rechnung geleistet. In dem an den Kläger gerichteten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 14. April 2010 rechnete das FA die vom Kläger für den Veranlagungszeitraum 2008 geleisteten Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag trotzdem nur zur Hälfte an (1.130 € Einkommensteuer sowie 30 € Solidaritätszuschlag).

4

Am 6. August 2010 erging auf Antrag des Klägers hierüber ein Abrechnungsbescheid. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, aufgrund der zwischen Eheleuten bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft habe das FA davon ausgehen dürfen, dass der Kläger nicht nur seine eigene Steuerschuld, sondern auch die Steuerschuld seiner damaligen Ehefrau habe begleichen wollen. Dass der Kläger die Zahlungen von seinem Konto geleistet habe und die festgesetzten Vorauszahlungen ausschließlich auf seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit beruhten, sei für die Tilgungsbestimmung unerheblich. Die Tilgungsbestimmung im Schreiben vom 8. April 2010 könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da sie nachträglich erfolgt sei. Darüber hinaus habe die Ehefrau zu diesem Zeitpunkt bereits einen Einkommensteuerbescheid erhalten, der ohne ihre Zustimmung nur unter den Voraussetzungen der §§ 172 ff. der Abgabenordnung (AO) habe geändert werden können.

5

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs habe sich nicht auf Fälle bezogen, bei denen von Anfang an eine getrennte Veranlagung beantragt worden sei. Außerdem ergebe sich weder aus § 37 Abs. 2 AO noch aus § 36 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), dass es für den erkennbaren Tilgungswillen allein auf den Zahlungszeitpunkt ankomme. Vielmehr müsse im Streitfall die Tilgungsbestimmung im Schreiben vom 8. April 2010 berücksichtigt werden. Ansonsten komme es zu einer Enteignung in Höhe der hälftigen Vorauszahlungen, die nicht durch Art. 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes gerechtfertigt sei.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Abrechnungsbescheid vom 6. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2012 dahin zu ändern, dass seine Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag für das Jahr 2008 in voller Höhe angerechnet werden (2.260 € Einkommensteuer und 60 € Solidaritätszuschlag).

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Es folgt der Begründung des FG und verweist auf seine Ausführungen im Klageverfahren.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

10

Das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der angefochtene Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) rechtmäßig ist. Auf die Einkommensteuerschuld des Klägers ist gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG nur die Hälfte der von seinem Konto abgebuchten Vorauszahlungen anzurechnen.

11

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG derjenige anrechnungsberechtigt, auf dessen Rechnung, nicht aber derjenige, auf dessen Kosten gezahlt worden ist. Es kommt also nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt erkennbar ist, getilgt werden sollte (Senatsurteil vom 26. Juni 2007 VII R 35/06, BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742, m.w.N.).

12

Ist bei der Zahlung eines Gesamtschuldners kein abweichender Tilgungswille erkennbar, ist i.d.R. anzunehmen, dass der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Senats bei der Zahlung eines Ehegatten auf die Gesamtschuld der Ehepartner. Solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), ist hier aufgrund der zwischen Ehepartnern bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft im Allgemeinen davon auszugehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will. Dabei kommt es allein darauf an, wie sich dem Finanzamt als Zahlungsempfänger die Umstände zum Zeitpunkt der Zahlung darstellten (Senatsurteil vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607, m.w.N.).

13

2. Von diesen Grundsätzen, an denen der Senat festhält (zur Kritik vgl. z.B. Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl. 2014, § 37 Rz 34), ist auch das FG ausgegangen und zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass bei dem Kläger die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag für das Jahr 2008 nur zur Hälfte angerechnet werden können.

14

Zwar lebten die Eheleute seit dem 19. Dezember 2009 dauernd getrennt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlungen gab es für das FA jedoch keine Veranlassung, eine abweichende Tilgungsbestimmung anzunehmen. Solch ein abweichender Tilgungswille lässt sich insbesondere nicht dem Schreiben des Klägers an das FA vom 8. April 2010 entnehmen. Da eine einmal getroffene Tilgungsbestimmung nicht rückwirkend geändert werden kann, kann es nämlich nur auf den für das Finanzamt erkennbaren Tilgungswillen zum Zeitpunkt der Zahlung ankommen (Senatsbeschluss vom 4. November 2003 VII B 382/02, BFH/NV 2004, 314; Senatsurteil in BFHE 218, 10, BStBl II 2007, 742). Entgegen der Auffassung des Klägers beschränkt sich die Rechtsprechung des Senats zur Tilgungsbestimmung bei Vorauszahlungen von Ehegatten auch nicht auf Fälle, bei denen zunächst die Zusammenveranlagung beantragt wird.

15

Das Senatsurteil in BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607 führt im Streitfall ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat der Senat in diesem Urteil offen gelassen, wie Vorauszahlungen aufzuteilen sind, wenn sie --wie im Streitfall-- nicht zur Tilgung der Steuerschulden ausreichen. Da sich diese Senatsrechtsprechung ausdrücklich auf die gesetzliche Zweckbestimmung der Vorauszahlungen (Sicherung eines stetigen Steueraufkommens) stützt, besteht in solch einem Fall aber keine Veranlassung, von einer gleichmäßigen Aufteilung nach Köpfen abzuweichen. Nur soweit diese Aufteilung zu einem Erstattungsanspruch eines Ehegatten führt, während der andere Ehegatte eine Abschlusszahlung zu leisten hätte, sind die Vorauszahlungen abweichend von der bei Ehegatten üblichen Aufteilung nach Köpfen diesem anderen Ehegatten zuzurechnen (Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 14. Januar 2015 IV A 3 - S 0160/11/10001, BStBl I 2015, 83).

16

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.