Finanzgericht München Urteil, 19. Feb. 2019 - 12 K 23/19

bei uns veröffentlicht am19.02.2019

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger war für das Streitjahr 2009 beim Finanzamt M. (vormals Abteilung I) steuerlich erfasst. Nachdem der Kläger für 2009 keine Steuererklärungen abgegeben hatte schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen (Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid vom 12. Juli 2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung § 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO-) und setzte einen Verspätungszuschlag von 150 € für die Einkommensteuer und 10 € für die Umsatzsteuer fest. Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 10. August 2010 (Stempel Frühleerung 18. August 2010) Einspruch. Am 4. April 2011 ging beim Beklagten die Einkommensteuererklärung 2009 des Klägers ein. Hierin erklärte er positive Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte sowie negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. In seiner am 13. April 2011 eingegangenen Umsatzsteuererklärung machte er einen Erstattungsbetrag von 1.037,53 € geltend.

Im Veranlagungsverfahren waren zwischen den Beteiligten eine Vielzahl von Punkten streitig (vgl. Schriftsätze des Finanzamts vom 8. November 2011, 16. August 2012 und 14. Juni 2016, Rb-Akte).

Am 23. Juni 2015 fand vor dem Finanzgericht eine Erörterung hinsichtlich der Streitjahre 2002 bis 2008 statt, in der die Beteiligten Einigung erzielten. Eine hieran orientierte außergerichtliche Einigung für das Jahr 2009 scheiterte, da der Kläger sich nicht zur Sache äußerte.

Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2017 wurde der Einspruch gegen den Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Einspruchsentscheidung vom selben Tag wurde die Einkommensteuer 2009 auf 14.807 € herabgesetzt, der Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen und der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Dabei wich das Finanzamt bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit (Arbeitsmittel, Kfz-Kosten, Abschreibungen, Arbeitszimmer, Schuldzinsen, Kreditkartengebühren, Reisekosten, Aufwendungen für Geschenke, Beratungskosten, sonstige Betriebsausgaben, Bewirtungskosten), aus nichtselbständiger Tätigkeit (Fahrten Wohnung Arbeitsstätte und pauschale Aufwendungen für Arbeitsmittel), Einkünften aus Kapitalvermögen (kein Werbungskostenabzug), Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Schuldzinsen, Geldbeschaffungskosten, Erhaltungsaufwendungen, Versicherungen, Verwaltungskosten, Reisekosten) von der Erklärung des Klägers ab und berücksichtigte noch zwei Mitteilungen über Beteiligungseinkünfte.

Mit Einspruchsentscheidung ebenfalls vom 10. Februar 2017 setzte das Finanzamt bei der Umsatzsteuer den Erstattungsbetrag auf 176,87 € fest und den Verspätungszuschlag auf 0 € herab. Im Übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg.

Der Kläger erhob am 10. März 2017 Klage gegen die „Einspruchsentscheidungen zu den Steuererklärungen 2009“, ohne diese zu begründen. Eine Begründung sollte nachgereicht werden. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen 12 K 693/17 erfasst.

Nach erfolgloser Aufforderung durch die Senatsgeschäftsstelle (Schreiben vom 15. März 2017) und mehreren Fristverlängerungsanträgen des Klägers wurde mit Anordnung vom 7. September 2017 (zugestellt am 9. September 2017) gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 19. Oktober 2017 zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens gesetzt. Sie wurde auf Antrag des Klägers bis zum 1. November 2017 verlängert. Diese Frist blieb ungenutzt.

Am 2. November 2017 ging ein Schreiben des Klägers vom 1. November 2017 ein, in dem dieser vortrug, er habe die weitgehend fertige Klagebegründung nicht abschließen können, da er unter Herzrasen und schmerzhaftem Druck auf der linken Abdominalseite leide. Er bitte letztmalig um eine Fristverlängerung bis zum 5. November 2017. Mit Schreiben vom 6. November 2017 und 18. Dezember 2017 und Anrufen vom 15. November 2017 und 28. November 2017 bat der Kläger jeweils um weitere Fristverlängerungen wegen gesundheitlicher Probleme. Er legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeiträume 10. bis 13. Oktober 2017, 18. bis 20. Oktober 2017 und 6. bis 10. November 2017 vor.

Am 2. Januar 2018 wurde die Klage durch Gerichtsbescheid, der dem Kläger am 9. Januar 2018 zugestellt wurde, abgewiesen. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 8. Februar 2018, bei Gericht eingegangen am 9. Februar 2018, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Der Gegenstand des Klagebegehrens wurde vom Kläger nicht weiter bezeichnet.

Das Finanzgericht lud den Kläger zur mündlichen Verhandlung am 17. April 2018. Am 17. April 2018 beantragte der Kläger unter Hinweis auf kurzfristig aufgetretene gesundheitliche Probleme telefonisch und per E-Mail die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung. In der mündlichen Verhandlung, zu der der Kläger nicht erschien, wurde der Antrag auf Terminsverlegung abgelehnt und die Klage abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin hob der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 26. November 2018 (VIII B 84/18), auf den Bezug genommen wird, das Urteil vom 17. April 2018 auf und wies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Das Finanzgericht hatte den Kläger für die nunmehr unter dem Aktenzeichen 12 K 23/19 geführte Klage mit Postzustellungsurkunde (zugestellt am 10. Januar 2019 durch Einlegen in den Briefkasten) zum 29. Januar 2019 zur mündlichen Verhandlung geladen. Mit auf den 21. Januar 2017 datierten Schriftsatz, beim Finanzgericht eingegangen am 22. Januar 2019, beantragte der Kläger die Verlegung des Termins mit der Begründung, er sei erst am 17. Januar 2019 aus einem mehrwöchigen Urlaub in Hongkong zurückgekehrt. Da die Bearbeitung der zahlreichen Post, die sich angehäuft habe, Zeit in Anspruch genommen habe, erscheine ihm in der Kürze der Zeit eine ausreichende Prozessvorbereitung unmöglich. Mit Verfügung vom 22. Januar 2019 wurde der Antrag auf Verlegung des Termins abgelehnt. Daraufhin lehnte der Kläger den Vorsitzenden Richter des Senats wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss des Gerichts vom 5. Februar 2019 wurde das Ablehnungsgesuch abgelehnt. Der auf den 29. Januar 2019 bestimmte Termin wurde aufgehoben und der Kläger zum 19. Februar 2019 erneut geladen.

Am 14. Februar 2019 ging bei Gericht ein Schreiben des Klägers vom 12. Februar 2019 ein, in dem er erläutert, er begehre die Kosten für den Austausch eines Brillenglases für eine Computerbrille i.H.v. 184,50 €, Kosten für die Kfz-Kasko- und Haftpflichtversicherung i.H.v. 688,05 €, Kosten für Erhaltungsaufwendungen (Treppenhauslampe, etc.) i.H.v. 95,60 €, Kosten für einen Kfz-Dachträger i.H.v. 11 €, Gebühren für die Nachsendung von Postsendungen i.H.v. 15,20 €, Kosten für eine Tür-Bespannung i.H.v. 21 €, Kosten für die Ausstellung eines Schecks i.H.v. 10 €, sowie weitere Reisekosten als Hauswart/Hausmeister für eine Strecke von 105 km einfach i.H.v. 157,50 €. Die Computerbrille sei ihm für seinen Arbeitsplatz bei der Firma [… YY-GmbH] verordnet worden. Der Kfz-Dachträger sei zum Transport sperriger Materialien zum vermieteten Objekt angeschafft worden. Der Nachsendeauftrag beträfe ausschließlich Post im Zusammenhang mit dem vermieteten Objekt. Der Samtstoff sei für die Verkleidung der Dachtür angeschafft worden. Im Klageverfahren für die Vorjahre sei Einigung erzielt worden, dass von einer einfachen Entfernung von 105 km auszugehen sei.

Wegen des Vortrags im Einzelnen und die vorgelegten Unterlagen wird auf den Schriftsatz vom 12. Februar 2019 verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2019 trug der Kläger ergänzend vor, er sei der Auffassung, dass durch den BFH-Beschluss vom 26. November 2018 Az.: VIII B 84/18 für ihn die volle Möglichkeit gegeben sei, Betriebsausgaben, Werbungskosten und Vorsteuer geltend zu machen. Wäre es anders, hätte der BFH-Beschluss keinen Sinn. Für ihn habe eine mündliche Verhandlung heute keinen Sinn, wenn er weiter mit seinem Vortrag aufgrund der früheren richterlichen Anordnung ausgeschlossen sei. Es gehe hier auch um die Gewährung des rechtlichen Gehörs.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2017 hinsichtlich der Einkommensteuer 2009 bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit weitere Betriebsausgaben i.H.v. 872,55 € und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten i.H.v. 310,30 € zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 2009 entsprechend herabzusetzen und unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2017 hinsichtlich der Umsatzsteuer weitere Vorsteuer i.H.v. 29,46 € zu berücksichtigen und die Umsatzsteuer entsprechend herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Klage für unzulässig, da die Frist zur Bezeichnung des Klagebegehrens gem. § 65 Abs. 2 FGO versäumt worden sei.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 19. Februar 2019 wird verwiesen.

II.

Die Klage ist unzulässig.

Nach § 65 Abs. 1 FGO muss die Klage unter anderem den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Das Ziel der Klage muss hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. November 1979 GrS 1/78, BFHE 129, 117, BStBl II 1980, 99; vom 14. November 2017 IX B 66/17, BFH/NV 2018, 216; vom 1. Februar 2018 X B 136/17, BFH/NV 2018, 534; BFH-Urteil vom 8. Juli 1998 I R 23/97, BFHE 186, 309, BStBl II 1998, 628).

Dieser Voraussetzung genügte die Klage im Streitfall nicht. Es wurde nicht einmal dargelegt, welche Einspruchsentscheidungen der Kläger anfechten will. Er hat insoweit nur auf die Einspruchsentscheidungen zu den Steuererklärungen 2009 Bezug genommen ohne diese konkret zu bezeichnen oder vorzulegen. In Betracht kamen die Einkommensteuer 2009, die Umsatzsteuer 2009 und der Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2009, für die jeweils am 10. Februar 2017 Einspruchsentscheidungen ergangen sind. In den Einspruchsentscheidungen zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer wurde über eine Vielzahl streitiger Einzelpunkte entschieden. Da der Kläger nicht innerhalb der Ausschlussfrist dargelegt hatte, welche der Streitpunkte seiner Auffassung nach rechtswidrig sind, war das Gericht nicht in die Lage versetzt, das Klageziel und die Grenzen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis zu bestimmen.

Nach Ablauf der gemäß § 65 Abs. 2 FGO gesetzten Frist mit ausschließender Wirkung kann die Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens nicht mehr mit der Folge nachgeholt werden, dass die Klage zulässig wird. Hierauf wurde bereits in der Anordnung vom 7. September 2017 hingewiesen.

Eine Ausschlussfrist zu setzen war das FG nicht verpflichtet. § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO ist bereits nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Kannvorschrift. Sie räumt dem Gericht Ermessen ein, für die sog. Musserfordernisse einer Klage eine Ausschlussfrist zu bestimmen, verpflichtet es jedoch nicht dazu (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Februar 2000 X B 91/99, BFH/NV 2000, 1472; vom 17. Mai 2000 IV B 87/99, BFH/NV 2000, 1354; vom 26. März 2014 III B 133/13, BFH/NV 2014, 894; BFH-Urteil vom 6. März 2001 IX R 98/97, BFH/NV 2001, 1273). Im Streitfall war die Setzung dieser Ausschlussfrist ermessengerecht. Da der Kläger auch fast sechs Monate nach Klageerhebung dem Gericht den Gegenstand des Klagebegehrens nicht mitgeteilt hatte, war diese Maßnahme geboten, um dem Erfordernis der Prozessbeschleunigung nachzukommen. Das Gericht konnte auch aus den Akten des Finanzamts den Gegenstand des Klagebegehrens nicht zweifelsfrei erkennen, denn in dem fast sieben Jahre dauernden Einspruchsverfahren, das mit drei Einspruchsentscheidungen vom 10. Februar 2017 endete, war eine Vielzahl von Punkten zwischen den Beteiligten streitig, von denen einigen in den Einspruchsentscheidungen (teilweise) stattgegeben worden war. Wie sich aus dem nunmehr im Schreiben vom 14. Februar 2019 und in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2019 vorgetragenen Klagebegehren ergibt, begehrt der Kläger nur für einige Streitpunkte im Bereich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und Vermietung gerichtliche Klärung. Die übrigen Streitpunkte zu diesen Einkünften sowie zu allen weiteren Einkunftsarten, über die in den Einspruchsentscheidungen entschieden wurde und alle Streitpunkte hinsichtlich der Umsatzsteuer mit Ausnahme eines Betrags von 29,46 € und den Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer will der Kläger mit seiner Klage nicht angreifen. Anhand der Klageschrift und der Akten war es für das Gericht ausgeschlossen, das nunmehr erklärte Klageziel des Klägers auch nur annähernd zu bestimmen.

Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist nicht zu gewähren, da der Kläger die Gründe für eine Versäumung der Frist nicht glaubhaft gemacht hat. Laut der vorgelegten Atteste war der Kläger innerhalb der insgesamt siebeneinhalb Wochen laufenden Frist lediglich sieben Tage arbeitsunfähig erkrankt. Im Zeitraum der Fristverlängerung war der Kläger lediglich am ersten Tag, dem 20. Oktober 2017 arbeitsunfähig erkrankt; somit verblieb ausreichend Zeit, den Gegenstand des Klagebegehrens vor Fristablauf zu bezeichnen oder zumindest vor Ablauf der Frist einen Fristverlängerungsantrag zu stellen.

Außerdem ist die versäumte Handlung erst mehr als ein Jahr nach Ablauf der Frist nachgeholt worden, weshalb Wiedereinsetzung gemäß § 56 Abs. 3 FGO auch aus diesem Grund nicht mehr gewährt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Kläger hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 143 Abs. 2 FGO).

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

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Tatbestand 1 I. Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legten mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. Dezember 201

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(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Der Klage soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 56 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 4. April 2017 1 K 1200/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.

2

1. Nach ständiger Rechtsprechung stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. u.a. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2015 I B 45/14, BFH/NV 2015, 696, unter II.1., und vom 29. September 2015 I B 37/14, BFH/NV 2016, 415, jeweils m.w.N.). Im Streitfall hat das Finanzgericht (FG) die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen und insoweit auch den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) nicht verletzt. Denn der Gegenstand des Klagebegehrens war vom Kläger innerhalb der Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 FGO nicht hinreichend bezeichnet worden, so dass ein Prozessurteil ergehen konnte.

3

a) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der Berichterstatter den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern (§ 65 Abs. 2 Satz 1 FGO). Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO genannten Erfordernisse fehlt (§ 65 Abs. 2 Satz 2 FGO).

4

Wie weit das Klagebegehren im Einzelnen zu substantiieren ist, hängt von den Umständen des Falles ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird zu erkennen, worin die den Kläger betreffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt. Als prozessuale Willenserklärung ist die Klageschrift in gleicher Weise wie Willenserklärungen i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) analog § 133 BGB auszulegen. Dabei sind zur Bestimmung des Gegenstands des Klagebegehrens alle dem FG und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) bekannten und vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen. Insoweit hat das FG hinsichtlich des Mussinhalts einer Klage insbesondere auf den Inhalt der Klageschrift und die hierin bezeichneten Bescheide und Einspruchsentscheidungen zurückzugreifen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. März 2014 III B 133/13, BFH/NV 2014, 894, unter II.1.b, und in BFH/NV 2016, 415, unter II.1.c).

5

b) Wird dem Kläger zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens zu Unrecht oder nicht wirksam eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzt oder bezeichnet er im Falle rechtmäßiger Ausschlussfristsetzung das Klagebegehren durch weitere, fristgerecht erfolgte Darlegungen, dann führt die unterbliebene Berücksichtigung des weiteren Klagevorbringens und die Abweisung der Klage als unzulässig zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2014, 894, unter II.1., und vom 17. November 2003 XI B 213/01, BFH/NV 2004, 514, unter II.2.).

6

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das FG im Streitfall zu Recht ein Prozessurteil erlassen.

7

Weder dem Klageschriftsatz vom 21. August 2016 noch der als Anlage zur Klage eingereichten Einspruchsentscheidung noch den ergänzend eingereichten weiteren Schreiben konnte das FG ein konkretes Klagebegehren entnehmen. Der Kläger hatte sich danach zwar gegen die Festsetzung der Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft gewandt. Es lässt sich seinem Vorbringen aber selbst durch Auslegung und Heranziehung der beigefügten Schriftstücke und der Steuerakten weder eine konkrete (betragsmäßige) Beschwer entnehmen noch welche Besteuerungsgrundlagen er konkret in welchem Umfang in Streit stellt. Denn hinsichtlich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft war der Kläger seinen Angaben entsprechend veranlagt worden.

8

Zwar kann eine hinreichende Bestimmung des Klagebegehrens auch erfolgen, indem die angefochtenen Bescheide bezeichnet und die Einspruchsentscheidung beigefügt wird (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 514, unter II.2.b; in BFH/NV 2014, 894, unter II.1.b und c, und in BFH/NV 2016, 415, unter II.2.). Dies gilt allerdings nicht, wenn, wie im Streitfall, der Kläger in Übereinstimmung mit seinen bisherigen Angaben veranlagt worden ist und sich die konkreten Streitpunkte, die Gegenstand des Klageverfahrens sein könnten, aus der Einspruchsentscheidung nicht entnehmen lassen.

9

Das Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 8. März 2017 und in der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2017 kann nicht zur Bestimmung seines Klagebegehrens herangezogen werden. Denn im Fall einer Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 FGO ist auf die innerhalb der Ausschlussfrist dem FG mitgeteilte Begründung abzustellen (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Juni 2013 III B 83/12, BFH/NV 2013, 1596, unter II.1.b; Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 65 Rz 71).

10

2. Das FG hat auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht abgelehnt. Denn der Kläger hatte innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, das ursächlich für die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist war (§ 56 Abs. 2 FGO), keinen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt.

11

3. Die vom FG gesetzte Ausschlussfrist war auch nicht unangemessen kurz. Das FG hatte den Kläger mit Fristsetzung vom 1. Dezember 2016 aufgefordert, bis zum 10. Januar 2017 das Klagebegehren zu bezeichnen. Das Schreiben wurde dem Kläger am 3. Dezember 2016 zugestellt. Dem Kläger standen damit mehr als fünf Wochen zur Beantwortung zur Verfügung, was selbst unter Berücksichtigung der Feiertage um den Jahreswechsel nicht zu kurz bemessen ist (zur Fristdauer vgl. Gräber/Herbert, a.a.O., § 65 Rz 60 f., m.w.N.).

12

4. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 14. September 2017  5 K 842/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erzielte mit drei Unternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nach einer Betriebsprüfung setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Steuern und Gewerbesteuermessbeträge der Streitjahre größtenteils abweichend, teils höher, teils niedriger fest; teilweise blieb es bei Nullfestsetzungen. Die Einsprüche begründete die Klägerin nicht. Mit der Klage gegen die Einspruchsentscheidungen (in der Hauptsache sowie betreffend die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung --AdV--) beantragte die Klägerin anderweitige Festsetzungen. Die Klage richte sich gegen unzutreffende Feststellungen der Betriebsprüfung, um Frist für die weitere Klagebegründung bis zum 17. Juli 2017 werde gebeten.

2

Das Finanzgericht (FG) forderte die Klägerin mit Verfügung vom 19. Juni 2017 u.a. auf, bis zum 17. Juli 2017 die Begründung einzureichen. Am 18. Juli 2017 übertrug das FG den Rechtsstreit auf den Einzelrichter und beraumte unter Hinweis auf § 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mündliche Verhandlung an, die es nach antragsgemäßer Verlegung schließlich am 14. September 2017 in Abwesenheit der Klägerin sowie deren Prozessbevollmächtigter durchführte. Eine Begründung war nicht eingegangen.

3

Das FG wies die Klage mit am 18. September 2017 zugestellten Urteil ab. Die Klage betreffend die AdV sei unzulässig, da insoweit nur der Antrag nach § 69 Abs. 3, 5 FGO statthaft sei. Die Klage gegen die übrigen Bescheide sei unzulässig. § 40 Abs. 1 FGO erfordere, dass der Kläger dem Gericht substantiiert darlege, inwiefern der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig sei und ihn in seinen Rechten verletze. Das Gericht müsse so das Klagebegehren ermitteln können. Hinsichtlich der Nullbescheide sowie derjenigen Bescheide mit niedrigeren Festsetzungen als vor der Betriebsprüfung fehle es überdies an einer Beschwer.

4

Die Klägerin legte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein und macht eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO sowie Verfahrensmängel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend. Das FG weiche von dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Januar 2002 VI B 114/01 (BFHE 198, 1, BStBl II 2002, 306) ab, in dem der BFH festgestellt habe, dass der Antrag "Ablehnungsbescheid über den Antrag auf Änderung ..." den Gegenstand des Klagebegehrens hinreichend bezeichne. Bereits in der Klageschrift wie auch mit Schriftsatz vom 31. Juli 2017 habe die Klägerin entsprechende Anträge gestellt und mit dem zuletzt genannten Schriftsatz die Klage auch umfangreich begründet. Das FG habe keinen Hinweis erteilt, dass die Klagebegründung unzureichend sei, insbesondere auch keine Ausschlussfrist gesetzt. Es habe zwar am 14. September 2017 in Abwesenheit der Klägerin verhandeln dürfen, hätte dann aber deren schriftlichen Vortrag berücksichtigen müssen.

5

Abschließend formuliert die Klägerin: "Unsere Klagebegründung vom 31.07.2017 überreichen wir der Vollständigkeit halber als Anlage R2, aufgrund des Umfangs derselben allerdings nur auf dem Postweg."

Entscheidungsgründe

II.

6

Die Beschwerde ist, soweit sie überhaupt den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, zumindest unbegründet.

7

1. Hinsichtlich der AdV sowie derjenigen Bescheide, mit denen das FA nach der Betriebsprüfung Festsetzungen auf Null bzw. niedriger als vor der Betriebsprüfung vorgenommen hat und das FG deswegen die Klage auch wegen fehlender Beschwer nach § 40 Abs. 2 FGO abgewiesen hat, fehlt der Beschwerde jegliche Begründung. Sie ist insoweit unzulässig.

8

2. Soweit die Klägerin beschwert ist und das FG die Klageabweisung allein auf die fehlende Bezeichnung des Klagebegehrens gestützt hat, liegen Gründe für die Zulassung der Revision nicht vor.

9

a) Eine Abweichung von dem BFH-Beschluss in BFHE 198, 1, BStBl II 2002, 306 besteht nicht. Vielmehr entspricht die angefochtene Entscheidung dessen Grundsätzen. Der BFH hat dort ausgeführt, dass das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt. Dafür könne ein bestimmter Klageantrag ausreichen, etwa dann, wenn ein Kläger die Herabsetzung der Steuerschuld bzw. einer bestimmten Besteuerungsgrundlage oder der Einkünfte auf einen genau bezeichneten Betrag beantragt. Weitere Angaben zum Sachverhalt sind auch dann nicht erforderlich, wenn der Sachverhalt, um den gestritten wird, in groben Zügen aus der Einspruchsentscheidung erkennbar ist.

10

Die Klägerin hat zutreffend ausgeführt, dass in dem jener Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreit über eine Klage gegen einen Ablehnungsbescheid über den Antrag auf Änderung eines bestimmten Bescheids zu befinden war. Dem war der Umfang des Klagebegehrens unmissverständlich zu entnehmen, nämlich auf antragsgemäße Änderung gerichtet. Damit ist der vorliegende Streitfall nicht vergleichbar, da der Antrag auf "anderweitige" Festsetzung in Verbindung mit Einspruchsentscheidungen über nicht begründete Einsprüche gerade nicht erkennen lässt, auf welche Beträge die angefochtenen Bescheide nach der Vorstellung der Klägerin hätten reduziert werden sollen oder gegen welche konkreten Feststellungen der Betriebsprüfung mit welchen steuerlichen Folgen sie sich wendet. Das FG ist damit von den in dem Beschluss in BFHE 198, 1, BStBl II 2002, 306 aufgestellten Grundsätzen nicht abgewichen.

11

Soweit die Klägerin sich außerdem auf einen Schriftsatz vom 31. Juli 2017 beruft, mit dem sie jedenfalls das Klagebegehren konkretisiert habe, ist dieser nach Aktenlage beim FG nicht eingegangen. Es gab folglich für das FG abgesehen von der Klage selbst keine weiteren Schriftsätze, die es zu beurteilen hatte und in Abweichung von den Grundsätzen des vorgenannten Beschlusses hätte beurteilen können. Zulassungsrügen i.S. des § 115 Abs. 2 FGO, die sich auf den Zugang des behaupteten Schriftsatzes vom 31. Juli 2017 beziehen, hat die Klägerin nicht erhoben.

12

b) Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen ebenfalls nicht vor.

13

aa) Die Rüge, das FG habe wegen des Begründungsmangels keinen Hinweis erteilt und keine Ausschlussfrist gesetzt, geht fehl.

14

Nach § 65 Abs. 1 FGO muss die Klage den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen (Satz 1), sie soll einen bestimmten Antrag enthalten (Satz 2), die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden (Satz 3) und es soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden (Satz 4). Nach § 65 Abs. 2 Satz 1 FGO hat das FG (der Vorsitzende oder der Berichterstatter) bei einer Klage, die den Anforderungen des § 65 Abs. 1 FGO nicht entspricht, den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Vorsitzender oder Berichterstatter können nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt.

15

Der aus § 65 Abs. 2 Satz 1 FGO folgenden Verpflichtung ist das FG nachgekommen, indem es die Klägerin mit Verfügung vom 19. Juni 2017 aufgefordert hatte, bis zum 17. Juli 2017 die Begründung nachzureichen. Es hat zwar nicht explizit die Bezeichnung des Klagebegehrens angesprochen. Die Aufforderung zur Begründung schließt das Klagebegehren aber mit ein, denn eine Begründung geht möglicherweise über das Klagebegehren hinaus, bleibt aber keinesfalls dahinter zurück.

16

Eine Ausschlussfrist zu setzen war das FG nicht verpflichtet. § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO ist bereits nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Kannvorschrift. Sie räumt dem Gericht Ermessen ein, für die sog. Musserfordernisse einer Klage eine Ausschlussfrist zu bestimmen, verpflichtet es jedoch nicht dazu (vgl. BFH-Entscheidungen vom 15. Februar 2000 X B 91/99, BFH/NV 2000, 1472; vom 17. Mai 2000 IV B 87/99, BFH/NV 2000, 1354, unter I.6.; vom 6. März 2001 IX R 98/97, BFH/NV 2001, 1273).

17

Soweit teilweise demgegenüber unter Berufung auf das Senatsurteil vom 29. November 2000 X R 10/00 (BFH/NV 2001, 627) auf die aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs folgende richterliche Fürsorge- und Hinweispflicht und auf das Verbot der Überraschungsentscheidung die Auffassung vertreten wird, das FG sei im Regelfall dennoch verfahrensrechtlich verpflichtet, die Ausschlussfrist zu setzen (vgl. Brandis in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 65 FGO Rz 24; Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 65 Rz 56), folgt der Senat dem nicht. Rechtliches Gehör gewährt das FG bereits mit dem einfachen Hinweis nach § 65 Abs. 2 Satz 1 FGO, zu dem das Gesetz im offenbaren Gegensatz zu Satz 2 ausdrücklich verpflichtet hat. Es ist nicht erkennbar, warum der Beteiligte unter dem Gesichtspunkt rechtlichen Gehörs darüber hinaus einen Anspruch haben sollte, dass das FG ihm die deutlich schärfere Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO setzt. Gegenüber der einfachen Fristsetzung des § 65 Abs. 2 Satz 1 FGO begründet die Ausschlussfrist für den Beteiligten ausschließlich Rechtsnachteile. Ergänzt er die Klage nicht fristgerecht, wird mit Ablauf der Ausschlussfrist vorbehaltlich der Wiedereinsetzung die Klage unheilbar unzulässig, während er bei einfacher Frist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die erforderlichen Ergänzungen vornehmen, ggf. in der mündlichen Verhandlung noch etwaige Hinweise des FG hierzu nutzen kann.

18

Aus dem Senatsurteil in BFH/NV 2001, 627 ergibt sich nichts anderes. Der Senat hatte ausdrücklich offengelassen, ob das FG verpflichtet war, eine Ausschlussfrist zu setzen. Entscheidend hatte er darauf abgestellt, dass das dortige FG überhaupt einen richterlichen Hinweis auf den Verfahrensmangel hätte erteilen müssen. Diesen Anforderungen ist aber bereits mit der Aufforderung nach § 65 Abs. 2 Satz 1 FGO genügt.

19

bb) Soweit die Klägerin darüber hinaus die Auffassung vertritt, der Vortrag im Klageverfahren habe bereits zur Bezeichnung des Klagebegehrens ausgereicht, so dass das FG die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen und damit rechtliches Gehör i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO i.V.m. § 119 Nr. 3 FGO verletzt habe (vgl. Senatsbeschluss vom 14. März 2017 X S 18/16 (PKH), BFH/NV 2017, 909, unter II.2.), ist dies unzutreffend. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen zu der Divergenzrüge (s.o. unter II.2.a) Bezug genommen.

20

cc) Ebenfalls eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt die Klägerin mit ihrem Vorhalt, das FG hätte zwar am 14. September 2017 verhandeln dürfen, nicht aber ohne ihren schriftlichen Vortrag zu berücksichtigen. Das FG konnte indes keinen schriftlichen Vortrag berücksichtigen, da ein solcher nicht vorlag.

21

Hieran ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass die Klägerin nunmehr im Beschwerdeverfahren auf die angeblich eingereichte Klagebegründung vom 31. Juli 2017 Bezug nimmt. Selbst wenn im Beschwerdeverfahren ein solches Schriftstück vorgelegt worden wäre, ist es dennoch nicht im Klageverfahren vorgelegt worden. Im Übrigen ist es der Ankündigung der Klägerin entgegen bis zum jetzigen Zeitpunkt auch im BFH nicht eingegangen. Die gesamte Beschwerdebegründung liegt nur als Telefax vor. Schließlich ist mit dem 20. Dezember 2017 auch die Beschwerdebegründungsfrist abgelaufen. Wenn die Klägerin die bis heute nie vorgelegte Klagebegründung noch an diesem Tage abgesandt hätte, wäre sie frühestens tags darauf eingegangen und hätte der Senat sie im Rahmen der vorliegenden Beschwerde nicht mehr berücksichtigen dürfen.

22

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

23

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Der Klage soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 56 entsprechend.

Tatbestand

1

I. Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legten mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. Dezember 2011 und 23. Dezember 2011 Klage gegen die Bescheide zur Einkommensteuer, Gewerbesteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2005 bis 2008 in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 25. November 2011 ein. Den Klageschriftsätzen waren weder die angegriffenen Bescheide noch die Einspruchsentscheidung beigefügt. Nachdem das Finanzgericht (FG) den Prozessbevollmächtigten zunächst ergebnislos aufgefordert hatte, u.a. die angegriffenen Bescheide vorzulegen, einen bestimmten Antrag zu stellen und die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen und Beweismittel anzugeben, forderte es den Kläger durch Verfügung der Berichterstatterin vom 28. Februar 2012 auf, innerhalb einer bis zum 3. April 2012 laufenden Ausschlussfrist den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Die Verfügung wurde dem Prozessbevollmächtigten am 29. Februar 2012 zugestellt.

2

Mit beim FG am 3. April 2012 um 18.11 Uhr eingegangenem Telefax vom selben Tage beantragte der Prozessbevollmächtigte, die gesetzte Frist bis zum 16. Mai 2012 zu verlängern. Zur Begründung verwies er darauf, dass er nach schwerer Krankheit auf Grund von Arbeitsüberlastung auf ärztlichen Rat einen zweiwöchigen Kurzurlaub antreten müsse und dass er den Kläger aufgrund dessen Auslandsaufenthalts nur einmal erreicht habe. Mit Schreiben vom 4. April 2012, das dem Prozessbevollmächtigten am 7. April zugestellt wurde, lehnte das FG die Fristverlängerung unter Hinweis darauf ab, dass die hierfür erforderlichen Gründe weder hinreichend dargelegt noch nachgewiesen worden seien.

3

Mit beim FG am 11. April 2012 eingegangenem Telefax vom selben Tage beantragte ein Kanzleimitarbeiter des Prozessbevollmächtigten im Auftrag des Prozessbevollmächtigten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung führte der Kanzleimitarbeiter an, dass es dem Prozessbevollmächtigten aus gesundheitlichen Gründen erst am heutigen Tage möglich gewesen sei, ihn über die versäumte Frist zu informieren. Zudem legte er ein Attest des den Prozessbevollmächtigten behandelnden Allgemeinarztes vor, wonach der Prozessbevollmächtigte aufgrund akuter Erkrankung ärztlichen Besuch benötigt habe und krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, seinen Geschäften nachzukommen. Das FG teilte hierauf mit, dass das ärztliche Attest weder eine Diagnose noch Krankheitssymptome erkennen lasse und deshalb Zweifel bestünden, ob das Attest den Wiedereinsetzungsantrag stützen könne. Mit Schreiben vom 16. April 2012 übersandte der Prozessbevollmächtigte ein weiteres Attest seines Arztes, wonach der Prozessbevollmächtigte im genannten Zeitraum an einem ausgeprägten fiebrigen Infekt mit einem Burn-Out-Syndrom gelitten habe. Zugleich reichte der Prozessbevollmächtigte eine ausführliche Klagebegründung ein.

4

Nach mündlicher Verhandlung wies das FG die Klage als unzulässig ab. Zur Begründung verwies es darauf, dass es die Kläger versäumt hätten, innerhalb der gesetzten und zurecht nicht verlängerten Ausschlussfrist den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren gewesen, da die Kläger Wiedereinsetzungsgründe nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hätten.

5

Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen des Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Insbesondere machen sie geltend, das FG habe die Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht setzen und nicht durch Prozessurteil entscheiden dürfen, da der Gegenstand des Klagebegehrens bereits durch die Klageschriftsätze hinreichend bezeichnet worden sei.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO). Das FG hat zu Unrecht nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden und dadurch den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO).

7

1. Nach ständiger Rechtsprechung stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. November 2003 XI B 213/01, BFH/NV 2004, 514). Wird dem Kläger zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens zu Unrecht oder nicht wirksam eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzt, führt die unterbliebene Berücksichtigung des weiteren Klagevorbringens und die Abweisung der Klage als unzulässig zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 514).

8

a) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der Berichterstatter den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern (§ 65 Abs. 2 Satz 1 FGO). Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO genannten Erfordernisse fehlt (§ 65 Abs. 2 Satz 2 FGO). Entspricht die eingereichte Klage den in § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO genannten Erfordernissen, ist die gleichwohl gesetzte Ausschlussfrist unwirksam und deshalb nicht zu berücksichtigen (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Januar 2003 VIII B 63/02, BFH/NV 2003, 790, m.w.N.).

9

b) Wieweit das Klagebegehren im Einzelnen zu substantiieren ist, hängt von den Umständen des Falles ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird zu erkennen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt (BFH-Beschluss vom 16. April 2007 VII B 98/04, BFH/NV 2007, 1345, m.w.N.). Als prozessuale Willenserklärung ist die Klageschrift in gleicher Weise wie Willenserklärungen i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) analog § 133 BGB auszulegen. Dabei sind zur Bestimmung des Gegenstandes des Klagebegehrens alle dem FG und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) bekannten und vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen (z.B. BFH-Urteil vom 27. Juni 1996 IV R 61/95, BFH/NV 1997, 232; Senatsurteil vom 12. Mai 1989 III R 132/85, BFHE 157, 296, BStBl II 1989, 846, jeweils m.w.N.). Insoweit hat das FG hinsichtlich des Mussinhalts einer Klage insbesondere auf den Inhalt der Klageschrift und die hierin bezeichneten Bescheide und Einspruchsentscheidungen zurückzugreifen (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 22. Januar 2003 VIII B 63/02, BFH/NV 2003, 790).

10

Hierbei kommt es --auch wenn die Klage, wie im Streitfall, unmittelbar beim FG angebracht wird-- unter Berücksichtigung des Grundsatzes der rechtsschutzgewährenden Auslegung von Verfahrensvorschriften (Art. 19 Abs. 4 GG, vgl. hierzu z.B. Senatsbeschluss vom 23. April 2012 III B 187/11, BFH/NV 2012, 1328) nicht darauf an, ob der Kläger die angegriffenen Bescheide und die Einspruchsentscheidung der Klage bereits beigefügt hat oder ob diese Verwaltungsakte dem FG bei Setzung der Ausschlussfrist anderweitig vorgelegen haben (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1996 III R 93/95, BFHE 180, 247, BStBl II 1996, 483; Stöcker in Beermann/Gosch, FGO § 65 Rz 58.2). Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Zum einen kann die Klage nach § 47 Abs. 2 FGO fristwahrend auch beim FA angebracht werden. In diesem Fall könnte die Auslegung der Klageschrift nicht davon abhängen, wann die zu ihrer Auslegung heranzuziehenden Umstände dem FG als zweitem der beiden möglichen Adressaten erkennbar gewesen sind (BFH-Urteil vom 12. April 1984 IV R 209/83, juris; Senatsurteil in BFHE 157, 296, BStBl II 1989, 846, m.w.N.). Nachdem § 47 Abs. 2 FGO die Anbringung einer Klage beim FA als fristwahrend anerkennt, ist eine in dieser Form angebrachte Klage in jedem Fall so erhoben, wie sie das FA vernünftigerweise verstehen musste. Da das Gesetz die Klageanbringung beim FA und beim FG hinsichtlich der Fristwahrung als gleichwertig ansieht, müssen beide Formen der Klageanbringung auch bei der Auslegung der Klageschrift und der Entscheidung darüber, welche tatsächlichen und rechtlichen Umstände außerhalb der Klageschrift hierbei zu berücksichtigen sind, gleichbehandelt werden (Senatsurteil in BFHE 157, 296, BStBl II 1989, 846, m.w.N.). Zum anderen gehört die Vorlage des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht zum Mussinhalt einer ordnungsgemäßen Klageerhebung. Vielmehr enthält § 65 Abs. 1 Satz 4 FGO insoweit nur eine der Verfahrensbeschleunigung dienende Sollvorschrift (BTDrucks 14/4061, S. 8). Demgegenüber sieht § 71 Abs. 2 FGO vor, dass die beteiligte Finanzbehörde die den Streitfall betreffenden Akten nach Empfang der Klageschrift an das Gericht übermitteln muss, und zwar ohne schuldhaftes Zögern (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 71 FGO Rz 34). Auch wenn die Vorlage der vollständigen Akten aus prozessökonomischen Gründen in der Regel bis zur Übersendung der Klageerwiderung zurückgestellt werden kann (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 30. Juni 1998 IX B 29/98, juris), schließt dies nicht aus, dass für die Auslegung der Klageschrift notwendige Unterlagen (ggf. in Kopie) vorab vom FA zu übersenden bzw. vom FG anzufordern sind.

11

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das FG im Streitfall zu Unrecht ein Prozessurteil erlassen.

12

Mit ihren Klageschriftsätzen vom 22. und 23. Dezember 2011 haben die Kläger die angegriffenen Bescheide und die angegriffene Einspruchsentscheidung genau bezeichnet. Der Gegenstand des Klagebegehrens konnte unter Heranziehung der Einspruchsentscheidung durch Auslegung ermittelt werden. Danach wurde im Einspruchsverfahren nur über wenige Punkte (Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland; Qualifizierung der Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich; Anerkennung weniger Betriebsausgabenpositionen) und nicht etwa über eine Vielzahl von Feststellungen --z.B. nach einer Steuerfahndungsprüfung-- (s. hierzu BFH-Beschluss vom 18. Februar 2003 VIII B 218/02, BFH/NV 2003, 1186) gestritten. Entsprechend wurde das FG in die Lage versetzt zu erkennen, worin die Rechtsverletzung nach Ansicht der Kläger liegt. Die gleichwohl gesetzte Ausschlussfrist war daher unwirksam und rechtfertigte kein darauf gestütztes Prozessurteil.

13

Dahingestellt bleiben kann nach den oben dargestellten Rechtsgrundsätzen, wann dem FG die Akten des FA und mithin die angegriffenen Bescheide und die Einspruchsentscheidung vorgelegen haben. Denn jedenfalls hat es das FG versäumt, die Klageschriften unter Heranziehung der bereits vorliegenden oder noch vom FA anzufordernden angegriffenen Verwaltungsakte auszulegen.

14

2. Die Kostenentscheidung wird entsprechend § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.