Finanzgericht Hamburg Urteil, 27. Jan. 2015 - 4 K 64/14

published on 27.01.2015 00:00
Finanzgericht Hamburg Urteil, 27. Jan. 2015 - 4 K 64/14
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Gericht

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Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft.

2

Die Klägerin stellt Fruchtsaftgetränke bzw. Fruchtnektare für größere Einzelhandelsketten her. Sie führt aus Brasilien Fruchtsaftkonzentrat ein, dem durch den Herstellungsvorgang (Reduktion des Fruchtsafts) die Aromen nahezu vollständig entzogen worden sind. Vor Überführung in den freien Verkehr führt die Klägerin im Umwandlungsverfahren gemäß Art. 130 Zollkodex Aromen in einer wesentlich höheren Konzentration, als im ursprünglichen Fruchtsaft vorhanden, wieder zu. Je nach Rezeptur werden darüber hinaus Vitamine und ggf. weitere Stoffe zugeführt. Die so hergestellten Substanzen werden als Basen bezeichnet, wobei streitgegenständlich eine "Base für X-Fruchtsaftgetränk" und eine "Base für Y-Nektar 55 %" sind. Die "Base für X-Fruchtsaftgetränk" besteht zu 99,7 % aus Fruchtsaftkonzentrat und enthält darüber hinaus 0,06 % einer Vitaminmischung und 0,02 % Orangenaroma. Die "Base für Y-Nektar 55 %" besteht zu 99,4 % aus Fruchtsaftkonzentrat und enthält darüber hinaus 0,3 % einer Vitaminmischung, 0,2 % Askorbinsäure sowie 0,02 % Orangenaroma, wobei in beiden Fällen noch etwas Wasser zum Zwecke der Mischung zugesetzt ist. In der Folge wird die so hergestellte Base von der Klägerin in den freien Verkehr überführt und mit Wasser und Süßungsmittel vermischt, wodurch das endgültige Getränk entsteht. Dabei werden für die Herstellung von 1.000 l des "X-Fruchtsaftgetränks" 92,1 kg der entsprechenden Base benötigt, für die Herstellung von 1.000 l des "Y-Nektars 55 %" werden 109,65 Kilo der entsprechenden Base benötigt (vgl. zur Rezeptur die Angaben der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 04.12.2015, Gerichtsakte Bl. 77).

3

Am 04.02.2013 beantragte die Klägerin die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte. In den Anträgen gab sie an: "Base für X-Fruchtsaftgetränk" und "Base für Y-Nektar 55 %". Zur Warenbeschreibung hieß es im Antrag jeweils: Herstellung einer Base auf der Grundlage von 3301 - Duftstoffen, insbesondere essenzielles Orangenöl. Die Basen sind nicht trinkbar. Sie sind Grundlage zur Herstellung trinkbarer Getränke. Der Anteil der Aromen (natürliche Aromastoffe mit Essenzölen) liegt bei einem fertigen Getränk von 1000 l zwischen 10 und 100 g. Im Produktionsprozess werden weitere Zutaten hinzugefügt und im Endstadium findet die Verdünnung statt (Wasserzugabe). Sie schlug die Einreihung in die Unterposition 3302 1040 vor.

4

Am ... 2013 erteilte der Beklagte die verbindlichen Zolltarifauskünfte Nrn. DE ...2/...-1 und DE ...8/...-1, in denen die Waren jeweils in die Unterposition 2106 90 eingereiht wurden. Zur Warenbeschreibung heißt es jeweils, es handele sich um eine nicht unmittelbar trinkbare Flüssigkeit. Wegen einer zu geringen Menge an Riechstoffen handele es sich nicht um ein Erzeugnis der Position 3302. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden verbindlichen Zolltarifauskünfte verwiesen.

5

Am 23.05.2013 legte die Klägerin gegen beide verbindliche Zolltarifauskünfte Einspruch ein. Zur Begründung erläuterte sie u. a., die Teilbasen seien bearbeitete Stoffe, die aus verschiedenen Zutaten bestünden, insbesondere aus ätherischen Ölen (den Duftstoffen), etwas Wasser usw., deren Zweck es sei, den Getränken, für die sie später verwendet würden, ihren fruchttypischen Geruch und Geschmack zu geben. Das Fruchtsaftkonzentrat als solches sei im Wesentlichen geschmacks- und geruchsneutral.

6

Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 18.02.2014 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, eine Einreihung in die Position 3302 wäre nur dann möglich, wenn die Zubereitungen in erster Linie dazu dienten, den Getränken Wohlgeruch zu verleihen und in einem geringen Maße Geschmack zu geben. Im Streitfall bildeten die Riechstoffe jedoch nicht die Grundlage der Mischung; sie dominierten nicht den sensorischen Eindruck und träten im Vergleich zu einem natürlichen Fruchtsaftkonzentrat nicht hervor. Die zugesetzte Menge an Riechstoffen sei äußerst gering. Da Riechstoffe bereits in sehr kleinen Mengen einen intensiven Geruch bewirken könnten, zeige die geringe Verdünnung der in Rede stehenden Waren im Endprodukt, dass die Riechstoffe eine untergeordnete Rolle in den Zubereitungen spielten. Den Zubereitungen verliehen die Fruchtsaftkonzentrate den wesentlichen Charakter, da sie den säuerlich-fruchtigen Geschmack erzeugten. Die Teilbasen enthielten auch die für das Endprodukt erforderlichen Mengen Fruchtsaft, hätten also nicht nur Bedeutung für den notwendigen Aromen-, sondern auch für den Fruchtsaft-eintrag. Die Klägerin könne sich nicht auf das Avis zur Unterposition 3302 Rz. 01.0 - 03.0 berufen. Die dortige Zubereitung (...) enthalte 2 % Riechstoffe, also eine wesentlich höhere Konzentration als die Zubereitung der Klägerin. Die Verdünnung im Endprodukt betrage im Streitfall 1:10, bei der im Avis beschriebenen Zubereitung jedoch 1:70. Der Fruchtsaftanteil betrage bei der Klägerin 44 % bzw. 55 % und trage damit wesentlich mehr zum Charakter der Getränke bei, als bei der ... (3 % Fruchtsaftanteil). Das Fruchtsaftkonzentrat bestimme sowohl anteilmäßig (etwa 99 %) als auch im Hinblick auf den Verwendungszweck (Herstellung von Getränken mit einem Fruchtsaftanteil von 45 % bzw. 55 %) den Charakter der Ware. Es sei davon auszugehen, dass der Zusatz von Aromen nicht nur zum Ersatz der während der Herstellung verloren gegangenen Aromen diene, sondern auch dazu, den verdünnten Produkten das volle Aroma zu verleihen. Eine Einreihung als Fruchtsaft in die Position 2009 komme trotz des hohen Anteils an Fruchtsaftkonzentrat nicht in Betracht. Fruchtsaftkonzentrate würden zwar unabhängig von ihrem späteren Verwendungszweck von der Position 2009 erfasst, dies allerdings nur, sofern ihnen nur die in dieser Position zulässigen Stoffe in den zulässigen Mengen zugesetzt würden. Durch die Zusätze sei jedoch das Verhältnis der verschiedenen Inhaltsstoffe, wie es in einem natürlichen Saft bestehe, gestört. Es bleibe daher nur eine Einreihung in die Position 2106.

7

Mit ihrer am 22.03.2014 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung führt sie ergänzend aus, streitig sei allein die Frage, ob Grundlage des Zwischenprodukts (der Teilbase) die beigefügten Riechstoffe seien, oder ob ein anderer Bestandteil als Grundlage anzusehen sei. Alle anderen Voraussetzungen der Position 3302 würden auch vom Beklagten als gegeben angesehen. Die Position 2106 betreffe nur solche Lebensmittelzubereitungen, die anderweitig nicht erfasst seien. Eine Einreihung in diese Position müsse daher ausscheiden, wenn die Einreihung in eine andere Position - hier die Position 3302 - möglich sei. Im Streitfall seien die maßgeblichen Aromen das Entscheidende für die Geruchs- und die Geschmackswahrnehmung, da das Fruchtsaftkonzentrat weitestgehend geruchs- und geschmacksneutral sei. Entscheidend sei nicht die Menge der Aromastoffe, sondern deren Einfluss auf den Geruch und den Geschmack.

8

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der verbindlichen Zolltarifauskünfte Nrn. DE ...2/...-1 und DE ...8/...-1 vom ... 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.02.2014 zur verpflichten, verbindliche Zolltarifauskünfte zu erteilen, mit denen die Waren in die Unterposition 3302 1040 eingereiht werden.

9

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung und betont, die Basen enthielten über 99 % Fruchtsaftkonzentrat und daneben Riechstoffe und weitere Stoffe. Bei der Herstellung von Fruchtsaftkonzentrat würden die Riechstoffe abgetrennt, sie seien daher weitgehend geruchsneutral. Erst nach Zusatz der abgetrennten Riechstoffe im Rahmen der Weiterverarbeitung enthalte das Konzentrat wieder den fruchttypischen Geruch. Gleichwohl seien die Aromen nicht die wesentlichen Inhaltsstoffe der Basen und diese daher keine "Zubereitung auf der Grundlage von Riechstoffen" der Position 3302. Fruchtsaftkonzentrate seien Fruchtsäfte im Sinne der Position 2009. Unter der Voraussetzung, dass ihr ursprünglicher Charakter erhalten bleibe, könnten Fruchtsäfte unter anderem Zucker, natürliche oder synthetische Süßungsmittel, Standardisierungsmittel sowie Stoffe, die dazu bestimmt seien, im Verlauf der Gewinnung verloren gegangene oder geschädigte Stoffe zu ersetzen, zugesetzt werden. Danach würde auch Fruchtsaftkonzentrat, dem die während der Herstellung abgetrennten Riechstoffe in einer Menge zugesetzt würden, die natürlicherweise enthalten sei, als Fruchtsaft der Position 2009 gelten. Da aus den Basen jedoch Getränke mit einem Fruchtsaftanteil von 45 % bzw. 55 % hergestellt würden, sei der Gehalt an Riechstoffen etwa doppelt so hoch wie der natürliche Riechstoffgehalt. Dies führe zum Ausschluss aus der Position 2009. Es handele sich vielmehr um zubereitete Fruchtsaftkonzentrate der Position 2106. Als Zubereitungen auf der Grundlage von Riechstoffen könnten die Basen nicht angesprochen werden, die geringe Verdünnung der Erzeugnisse im Endprodukt zeige, dass Riechstoffe nur eine untergeordnete Rolle spielten. Die Hauptkomponenten, nämlich die Fruchtsaftkonzentrate, die durch sehr kleine Mengen an Riechstoffen aromatisiert würden, verliehen den Basen den wesentlichen Charakter.

11

Im Erörterungstermin vom 04.11.2014 haben sich die Beteiligten zu Protokoll mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

14

Die Verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

15

Die verbindlichen Zolltarifauskünfte Nrn. DE ...2/...-1 und DE ...8/...-1 vom ... 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.02.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung von verbindlichen Zolltarifauskünften, mit denen die streitgegenständlichen Basen in die Unterposition 3302 1040 eingereiht werden, § 101 Abs. 1 S. 1 FGO.

16

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofs (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteile vom 18.12.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteile vom 14.11.2000, VII R 83/99 und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02).

17

Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der von der Klägerin eingeführten Basen für die Herstellung von Fruchtsaftgetränken bzw. Fruchtnektar sprechen für die vom Beklagten vorgenommene Einreihung. Die Unterposition 2106 90, von der der Beklagte ausgeht, beschreibt andere Lebensmittelzubereitungen, anderweit weder genannten noch inbegriffen. Die Position 3302, von der die Klägerin ausgeht, beschreibt Mischungen von Riechstoffen und Mischungen (einschließlich alkoholischer Lösungen) auf der Grundlage eines oder mehrerer dieser Stoffe, von der als Rohstoffe für die Industrie verwendeten Art; andere Zubereitungen auf der Grundlage von Riechstoffen von der zum Herstellen von Getränken verwendeten Art. Die Unterposition 3302 1040 konkretisiert dies für andere von der Getränkeindustrie verwendete Zubereitungen.

18

Der Senat geht davon aus, dass es sich bei den streitgegenständlichen Waren um zubereitete Konzentrate handelt, die als Basis für die Herstellung von Fruchtsaftgetränken bzw. Fruchtnektar mit einem Fruchtsaftanteil von 55 % (beim Nektar) bzw. 45 % (beim Fruchtsaftgetränk) dienen. Das Konzentrat (die sog. Base) besteht jeweils zu über 99 % aus Fruchtsaftkonzentrat und, wie die Klägerin im Erörterungstermin vom 04.11.2014 und im nachfolgenden Schriftsatz vom 04.12.2014 klargestellt hat, - neben weiteren Stoffen - zu 0,02 % aus Aromen bzw. ätherischen Ölen. Dabei nimmt der Senat angesichts des insoweit übereinstimmenden Vortrags der Beteiligten an, dass es sich bei diesen Aromen um Riechstoffe im Sinne der Position 3302 handelt. Der Anteil der Riechstoffe an der Base ist - auch das tragen die Beteiligten übereinstimmend vor - etwa doppelt so hoch wie der Riechstoffgehalt einer entsprechenden Fruchtsaftmenge, da er ausreichen soll, um auch dem verdünnten Getränk das volle Aroma zu verleihen. Weiter zugesetzt werden, je nach Rezeptur, Vitamine und andere Stoffe. Aus dieser Base wird durch Hinzufügung von Wasser und Zuckersirup bzw. Zucker das fertige Getränk hergestellt.

19

Eine Einreihung in die Position 3302 scheidet nach Auffassung des Senats aus. In Betracht käme hier lediglich die Variante "andere Zubereitungen auf der Grundlage von Riechstoffen von der zum Herstellen von Getränken verwendeten Art". Es kann indes nicht davon ausgegangen werden, dass die Riechstoffe die Grundlage der Basen bilden.

20

Nach dem Wortlaut der Warenbeschreibung muss es sich um eine Mischung aus verschiedenen Stoffen handeln, bei denen Riechstoffe die Grundlage bilden. Die Riechstoffe haben im Streitfall aber nur einen Anteil von 0,02 %, während das Fruchtsaftkonzentrat mehr als 99 % der Base ausmacht. In quantitativer Hinsicht, die allerdings nicht allein entscheidend ist, stellt das Fruchtsaftkonzentrat somit die Grundlage dar, der weitere Stoffe - unter anderem Riechstoffe - zugesetzt werden, um die fertige Base zu erhalten.

21

Der Zusatz der Riechstoffe dient maßgeblich dazu, dem Fruchtsaftkonzentrat, das für die weitere Verwendung zur Herstellung des Fruchtsaftgetränks bzw. Nektars gebrauchsfertig gemacht werden soll, das durch die Konzentration entzogene Aroma wieder zuzusetzen. Damit handelt es sich im Wesentlichen um durch Zufügung von - unter anderem - zuvor entzogenen Riechstoffen aufbereitetes Saftkonzentrat, so dass nicht die Riechstoffe, sondern das Fruchtsaftkonzentrat als Grundlage für die Base angesehen werden muss. Da es sich bei den fertigen Getränken um solche mit einem Fruchtsaftanteil von 45 % bzw. 55 % handelt, sollen die das Fruchtsaftkonzentrat enthaltenen Basen in erster Linie die entsprechende Fruchtsaftmenge zuführen. Bei den in den Basen enthaltenen Riechstoffen handelt es sich letztlich um Stoffe, die dazu bestimmt sind, im Verlauf der Gewinnung des Fruchtsaftkonzentrats verloren gegangene Stoffe zu ersetzen, wie sie grundsätzlich auch einem Fruchtsaft zugesetzt werden können (vgl. Erl. HS zu Pos. 2009 Rn. 16.0), so dass das Fruchtsaftkonzentrat zur Herstellung der fertigen Getränke verwendet werden kann.

22

Diese Einschätzung bestätigt sich durch die Erläuterungen (HS) zur Pos. 3302. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass die Erläuterungen auf die Bedeutung der Riechstoffe innerhalb der Mischung abstellen, ohne dass sich dies auf den quantitativen Anteil beschränken würde. Bestimmt ist nur, dass die Rohstoffe die Grundlage der Mischung bilden müssen (Rn. 06.7), unter welchen Umständen sie als "Grundlage" angesehen werden können, wird nicht erläutert. Konkret in Bezug auf Getränke heißt es indes in der Rn. 08.5, die Zubereitungen müssten auf der Grundlage von einem oder mehreren Riechstoffen bestehen, die in erster Linie dazu dienten, dem Getränk Wohlgeruch zu verleihen und in einem geringeren Maße Geschmack zu geben; solche Zubereitungen enthielten im allgemeinen eine relativ geringe Menge an Riechstoffen, die ein bestimmtes Getränk charakterisierten; die Zubereitungen könnten auch z. B. Säfte enthalten, vorausgesetzt, dass sie ihren Charakter als Riechstoffe beibehielten. Ob der Anteil von 0,02 % ausreicht, um noch von einer "relativ geringen Menge" sprechen zu können, mag dahinstehen. In dem Avis (HS) zu Unterposition 3302 10 handelte es sich mit einem Anteil an Riechstoffen von 2 % jedenfalls um einen um ein Vielfaches höheren Anteil. Die Riechstoffe dienen im Streitfall - wie ausgeführt - wesentlich dazu, das durch die Reduktion entzogene Aroma wieder zuzuführen. Sie dienen also nicht "in erster Linie dazu, den Getränken Wohlgeruch zu verleihen und nur in einem geringeren Maße Geschmack zu geben", sondern sollen dem Konzentrat, das unstreitig für sich genommen nahezu geruchs- und geschmacksneutral ist, wieder - gleichermaßen - Geruch und Geschmack verleihen. Dass Geruch und Geschmack für die sensorische Wahrnehmung zusammengehören, trägt die Klägerin nachvollziehbar vor, der Senat vermag jedoch nicht zu erkennen, dass es vorliegend in erster Linie um den Geruch und nur in geringerem Maß um den Geschmack geht. Abgesehen davon kann auch insoweit nicht ohne Bedeutung sein, dass die Basen zu mehr als 99 % aus Fruchtsaftkonzentrat bestehen, so dass die Zubereitung wesentlich dazu dient, dafür zu sorgen, dass das fertige Getränk den erforderlichen Fruchtsaftanteil von 45 % bzw. 55 % erhält; die Riechstoffe sollen nur sicherstellen, dass das fertige Getränk dann auch so schmeckt, wie dies angesichts des Fruchtsaftanteils zu erwarten ist.

23

Dafür, dass die Riechstoffe im Streitfall als Grundlage der Zubereitung verstanden werden können, spricht auch ein weiterer Blick auf das Avis (HS) zu Unterposition 3302 10. Der Fruchtsaftanteil der darin beschriebenen Zubereitung besteht allein aus Zitronenkonzentrat (46 %). Hinzugefügt werden 2 % Riechstoffe, um einen Softdrink mit Orangenaroma herstellen zu können. Dabei geht es also ersichtlich nicht primär um die Zuführung von im Reduktionsvorgang entzogenen Aromen, sondern um den Zusatz anderer Aromen, die Geschmack und Geruch dominieren, da statt des zu erwartenden Zitronenaromas ein Orangenaroma entsteht. Abgesehen davon beträgt die Verdünnung der in dem Avis beschriebenen Zubereitung, wie der Beklagte in der Einspruchsentscheidung unwidersprochen ausgeführt hat, etwa 1:70, so dass der Fruchtsaftanteil für das fertige Getränk zwangsläufig eine wesentlich geringere Bedeutung hat, als dies bei den streitgegenständlichen Basen und Getränken der Fall ist, während die Riechstoffe eine entsprechend größere Bedeutung haben, was sich schon in dem höheren Anteil von 2 % ausdrückt. Die Riechstoffe haben im Streitfall also eine - nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ - erheblich größere Bedeutung, da sie nicht nur das wegen des hohen Orangensaftanteils erwartete, aber im Herstellungsprozess verloren gegangene Aroma wiederherstellen, sondern ein ganz anderes Aroma erzeugen. Mangels hinreichender Vergleichbarkeit der Zubereitungen kann sich die Klägerin daher auch nicht auf dieses Avis berufen.

24

Eine Einreihung als Fruchtsaft der Position 2009 100 kommt ebenfalls nicht in Betracht. Das Fruchtsaftkonzentrat bestimmt zwar aufgrund seines Anteils von mehr als 99 % am Produkt dessen Charakter, der Beklagte hat jedoch überzeugend und unwidersprochen dargelegt, dass durch den Zusatz der Aromen das Verhältnis der verschiedenen Inhaltsstoffe, wie es in einem natürlichen Saft besteht, gestört ist. Dann scheidet nach der Erl. HS Rn. 16.0 eine Einreihung in die Position 2009 aus, hiervon gehen die Beteiligten im Übrigen übereinstimmend aus.

25

Es bleibt dann bei der vom Beklagten angenommenen Unterposition 2106 90 (andere Lebensmittelzubereitung, anderweit weder genannt noch inbegriffen). Dabei handelt es sich um eine Auffangposition, in der unter anderem nichtalkoholhaltige Zubereitungen, wie sie bei der Herstellung von verschiedenen nichtalkoholischen Getränken verwendet werden, erfasst werden, auch wenn sie für sich genommen nicht für den Gebrauch als Getränk bestimmt sind und wenn das Getränk selbst dadurch hergestellt wird, dass die Zubereitung mit Wasser oder sonstigen Zusätzen verdünnt wird. Dem entsprechen die streitgegenständlichen Basen. Die Erläuterungen (HS) zur Pos. 2106 bestätigen diese Auffassung. Nichtalkoholhaltige Zubereitungen, wie sie bei der Herstellung von verschiedenen nichtalkoholischen Getränke verwendet werden, die Aromastoffe enthalten, die dem Getränk einen bestimmten Charakter geben, sind dort in der Rn. 13.2 ausdrücklich als Waren der Position 2106 genannt. Zu Recht verweist der Beklagte auch auf Einzelentscheidungen zur Kombinierten Nomenklatur. So wurde etwa die Zubereitung eines dünnflüssigen Sirups mit dem Geschmack und dem Geruch von Orangen mit einem Gehalt an ätherischen Ölen von 0,25 % der Position 2106 zugewiesenen (vgl. ErlHS zur Position 2106 Rn. 83.2, 84.0); eine sirupartige aromatisierte Flüssigkeit mit einem Gehalt an Aromastoffen von 0,46 %, aus der durch Verdünnung mit Wasser oder Alkohol ein genussfertiger Cocktail hergestellt wird, wurde ebenfalls der Position 2106 zugewiesen (vgl. ErlHS zur Position 2106 Rn. 286.0). Im Hinblick auf den Anteil der Aromastoffe und den Charakter des Produkts sind diese Zubereitungen mit den streitgegenständlichen Basen vergleichbar.

II.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger
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published on 17.08.2016 00:00

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 27. Januar 2015 4 K 64/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.