Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Einreihung einer Warenzusammenstellung.

2

Die Klägerin, ein Technikverlag, beantragte mit Schreiben vom 29.01.2013 eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) für die aus der VR China importierte Ware mit der Bezeichnung "Lernpaket Arduino" (im Folgenden: Lernpaket). Arduino [TM] bzw. Freeduino ist eine Open Source-Plattform zur Programmierung von Mikrocontrollern, die hauptsächlich in der Meß-, Steuer- und Regeltechnik eingesetzt werden. Das Lernpaket enthält eine Freeduino-Mikrocontrollerplatine und ein Steckbrett nebst 20 Elektronikbauteilen. Im Einzelnen handelt es sich um Taster, Lichtsensor, Transistor, Diode, LEDs, Schallwandler (Piezohörer), Widerstände, Kondensator und Schaltdraht. Darüber hinaus enthält das Lernpaket das 210-seitige von X verfasste Begleitbuch "Lernpaket Arduino" (Bl. 53 ff. der Akte) sowie eine CD-ROM mit Beispiel-Programmcodes, Schaltplänen, Datenblättern und Software, insbesondere der Arduino-Entwicklungsumgebung (IDE). Die Einzelteile befinden sich in einem bunt bedruckten Pappkarton, der für den Einzelverkauf aufgemacht ist (Bl. 51-52 der Akte). Gemäß der Beschreibung auf dem Karton enthält das Handbuch einen Programmierlehrgang, mit dem die Steuerbefehle für den Mikrocontroller in einem vereinfachten Dialekt der Programmiersprache C anhand von Beispielen verdeutlicht werden. Das erlernte Wissen wird sodann in den im Begleitbuch beschriebenen Experimenten umgesetzt.

3

Der Beklagte erteilte für das Lernpaket unter dem 30.05.2013 die vZTA-Nr. DE ...-1, mit der es in die Unterposition 9503 0070 KN eingereiht wurde. Die einzelnen Waren, die als Einzelstücke jeweils unterschiedlichen Positionen zugeordnet werden müssten, erhielten wegen ihrer Zusammenstellung und ihrer Aufmachung den Charakter von Spielzeug, weil das Lernpaket dem Nachspielen der Rolle eines Physikers diene.

4

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.06.2013 Einspruch ein. Bei dem Lernpaket handele es sich nicht um Spielzeug, da es nicht der Unterhaltung von Kindern oder der Zerstreuung Erwachsener diene. Es gehe ausschließlich um die Vermittlung von Wissen über elektronische Schaltungen. Es handle sich nicht um einen Experimentierkasten, der als Lehrspielzeug in die Unterposition 9503 0070 KN eingereiht werden könne.

5

Mit Schreiben vom 06.08.2013 nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung Berlin (BWZ) Stellung: Auch wenn nach den Erläuterungen zu Kapitel 95 bzw. Position 9503 HS Spielzeug der Unterhaltung von Personen diene, handele es sich bei dem Lernpaket um Spielzeug in diesem Sinne. So sei beispielsweise nach den Erläuterungen zur Position 9503 HS (EZT-Nr. 50.0) ein Chemiegerätekasten (mit Reagenzgläsern, Glaskolben, Spiritusbrenner und Chemikalien) oder ein Nähkasten (mit Garn, Schere, Nadel und Fingerhut) als Spielzeug einzureihen. In beiden Fällen seien die einzelnen Waren keine Spielzeuge, würden aber durch die gemeinsame Aufmachung in ihrer Gesamtheit zu einer Ware zum Spielen. Auch aus EZT-Nr. 36.7 der Erläuterungen zu Position 9503 KN ergebe sich der Spielzeugcharakter des Lernpakets. Danach würden nämlich auch Lehrspielzeug und pädagogisches Spielzeug von der Position 9503 KN erfasst.

6

Bei dem Lernpaket handele es sich nicht um einen Bausatz der Unterposition 9503 0039 KN. Ein solcher bestehe nämlich aus mehreren Einzelteilen, die sinnvoll aufeinander abgestimmt und dafür vorgesehen seien, zu einem Modell oder Gerät zusammengebaut zu werden. Etwas anderes sei ein Experimentierkasten, der auch aus mehreren Einzelteilen bestehen könne, die aber nicht zum Zusammenbauen eines einzigen Modells vorgesehen seien, sondern immer wieder neu für verschiedene Versuche zusammengebaut werden könnten. Mit dem Lernpaket könnten 70 verschiedene Versuche durchgeführt werden. Hierdurch entstehe kein bestimmtes Endprodukt.

7

Mit Schreiben vom 25.09.2013 ergänzte die Klägerin ihre Einspruchsbegründung: Die Einreihung in die Unterposition 9503 0070 KN scheide schon deshalb aus, weil das Lernpaket keine Zusammenstellung aus mehreren Waren sei, sondern es sich um eine einzige zusammengesetzte Ware handele. Die vorprogrammierte Platine sei bereits von der Ausstattung her ersichtlich auf die speziell für die Platine vorgefertigten elektronischen Bauteile zugeschnitten. Das auf der Platine vorinstallierte Programm ermögliche allein die Programmierung mithilfe der auf der CD-ROM befindlichen Spezialsoftware. Die Einzelbestandteile des Lernpakets würden auch üblicherweise nicht getrennt zum Verkauf angeboten, so dass nach der AV 3 b) die Einreihung nach dem Bestandteil erfolge, der der Ware ihren wesentlichen Charakter verleihe. Dies sei die Platine, die in die Unterposition 8523 5193 KN einzureihen sei. Derartige Waren seien gemäß Anmerkung 1 Buchst. m) zu Kapitel 95 ausdrücklich aus diesem Kapitel ausgewiesen.

8

Mit Schreiben vom 03.12.2013 nahm das BWZ ergänzend Stellung. Das Lernpaket sei keine zusammengesetzte Ware im Sinne der AV 3 b). Dies ergebe sich schon daraus, dass das Buch und die CD-ROM nicht mit den übrigen Bestandteilen zusammengebaut werden könnten. Es handele sich vielmehr um eine Warenzusammenstellung, für die es eine spezifische Unterposition gebe, nämlich die Unterposition 9503 0070 KN. Im Übrigen sei der Mikrocontroller auch keine "nicht flüchtige Halbleiterspeichervorrichtung" im Sinne der Position 8523 KN, weil die Haupteigenschaft dass Steuern von Prozessen sei.

9

Ergänzend verwies die Klägerin mit Schreiben vom 23.04.2014 darauf, dass das Lernpaket mit LEGO(r)-Bausteinen vergleichbar sei, die in die Unterposition 9503 0035 KN eingereiht würden. Nach einem britischen Umsatzsteuerinformationsschreiben seien Mikrocontroller in die Unterposition 8542 3100 KN einzureihen.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.11.2014 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Das Lernpaket sei kein Bausatz im Sinne der Unterposition 9503 0039 KN. Die Einzelteile seien nämlich nicht zum Zusammenbauen eines bestimmten Gerätes oder Modells vorgesehen, sondern würden immer wieder neu für verschiedene Versuche zusammengebaut, bei denen nicht immer alle Teile benötigt würden. Ein bestimmtes Endprodukt entstehe nicht. Die Einreihung in die Position 8523 KN scheide aus, weil die Einzelteile, insbesondere das Anleitungsbuch und die CD-ROM nicht verbaut werden könnten. Das Lernpaket sei auch nicht als elektronische integrierte Schaltung in die Unterposition 8542 3190 KN einzureihen. Es könne dahinstehen, ob eine Komponente des Lernpakets diese Voraussetzung erfülle. Nach Anmerkung 1 p) zu Abschnitt XVI KN seien alle Waren des Kap. 95 KN - zu denen auch das Lernpaket gehöre - aus dem Abschnitt XVI KN ausgewiesen.

11

Mit der am 05.12.2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie bezieht sich auf ihren vorgerichtlichen Vortrag und führt ergänzend aus: Das Lernpaket sei nicht mit einem Chemiebaukasten vergleichbar, weil damit jede Art von Reaktion erzeugt werden könne. Der Schwerpunkt des Lernpakets liege beim Zusammenbauen und nicht beim Experimentieren. Wenn der Schwerpunkt bei der Vermittlung der elektrotechnischen Grundkenntnisse läge, würde das im Lernpaket enthaltene Handbuch ausreichen. Die Definition des Begriffs Bausatz in den Erläuterungen zur KN verlange nicht, dass mit einem Bausatz nur ein einzelnes Endprodukt hergestellt werden könne. Ausreichend sei, dass - so wie hier - ein modulares Endprodukt entstehe.

12

Nicht jeder Experimentierkasten habe Spielzeugcharakter. Dies gelte beispielhaft für bestimmte Chemiegerätekästen. Hier schließe es die Gefährlichkeit der enthaltenen Substanzen aus, dass sie zum Spielen geeignet oder kindgerecht seien. Es sei zwischen spielerischem und seriösem Anspruch des Baukastens zu unterscheiden. Das Lernpaket werde an verschiedenen Universitäten als Lehrmaterial eingesetzt.

13

Hilfsweise sei das Lernpaket in die Unterposition 8523 8093 KN einzureihen, weil sie den beschriebenen Funktionsumfang korrekt beschreibe. Letztlich spreche der Vergleich zu Bastelsets, die nicht als Spielzeug, sondern nach dem charakterbestimmenden Bestandteil eingereiht würden, für eine Einreihung des Lernpakets ins Kapitel 85 KN.

14

Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten unter Aufhebung der vZTA Nr. DE ...-1 vom 30.05.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2014 zu verpflichten, ihr eine vZTA zu erteilen, mit der das "Lernpaket Arduino" in die Unterposition 9503 0039 KN eingereiht wird,
2. hilfsweise, es als nichtflüchtige Halbleiterspeichereinrichtung in die Position 8523 KN,
3. weiter hilfsweise als elektronische integrierte Schaltung in die Unterposition 8542 3190 KN einzureihen.

15

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

16

Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus: Auch wenn die Einzelteile des Lernpakets keine Spielzeuge im Sinne der Position 9503 KN seien, ergebe sich der Spielzeugcharakter der Ware aus der spezifischen Zusammenstellung ihrer Einzelteile. Der Schwerpunkt der Beschäftigung mit dem Lernpaket liege nicht - wie die Klägerin meine - beim Zusammenbauen der Schaltungen. Ausweislich des Begleitbuchs könnten 70 verschiedene Experimente durchgeführt werden. Hierbei würden die einzelnen Teile auf der Steckplatine immer wieder neu angeordnet, wobei nicht immer alle Teile benötigt würden. Daraus gehe eindeutig hervor, dass der Unterhaltungswert des Spielzeugs sich nicht im Zusammenbauen des Endprodukts erschöpfe, sondern im Experimentieren liege. Anders als die Klägerin meine, entstehe durch den Aufbau des Lernpakets kein modulares Endprodukt. Es entstünden zwar elektronische Schaltungen, weil diese für die Programmierung unverzichtbar seien. Jedoch könnten die zusätzlichen elektronischen Bauteile frei gewählt werden. Anders ausgedrückt bedeute dies, dass die Platine je nach gewünschter Funktion unterschiedlich bestückt werde. Daher handele es sich nicht um einen Bausatz im Sinne der Unterposition 9503 0039 KN.

17

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter einverstanden erklärt (Bl. 46 der Akte).

18

Das Gericht nimmt weiter Bezug auf das vorgelegte Einspruchsheft sowie das Protokoll des Erörterungstermins. Mit E-Mail vom 08.04.2016 (Bl. 50 ff. der Akte) hat die Klägerin die Druckvorlagen für die Kartonverpackung und das Begleitbuch der Version des Lernpakets übermittelt, das dem Beklagten bei Antragstellung übermittelt wurde, dort aber nicht mehr auffindbar ist.

Entscheidungsgründe

I.

19

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 90 Abs. 2 FGO) und durch den Berichterstatter anstelle des Senats (§ 79a Abs. 3, 4 FGO).

II.

20

Die als Verpflichtungsklage zulässige Klage hat in der Sache weder mit dem Haupt- noch mit den Hilfsanträgen Erfolg. Die Ablehnung der beantragten vZTA ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO), weil sie keinen Anspruch auf antragsgemäße Erteilung der vZTA hat. Da es vorliegend um die Erteilung eines gebundenen Verwaltungsaktes geht, ist die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage anzuwenden (BFH, Urt. v. 06.08.2013, VII R 15/12, juris Rn. 10; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, 138. EL Okt. 2014, § 101 FGO Rn. 8 m. w. N.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, 226. EL Febr. 2014, § 101 FGO Rn. 25 m. w. N.). Damit richtet sich die Erteilung der vZTA nach Art. 33 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. EU L 269/1; Unionszollkodex - UZK) in Verbindung mit Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1754 vom 06.10.2015 (ABl. EU L 285/1; Kombinierte Nomenklatur - KN).

21

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der Kombinierten Nomenklatur festgelegt sind (EuGH, Urt. v. 20.11.2014, Rs. C-666/13, Rn. 24; Urt. v. 17.07.2014, Rs. C-480/13, Rn. 29 m. w. N.; BFH, Beschl. v. 28.04.2014, VII R 48/13, Rn. 29; Urt. v. 04.11.2003, VII R 58/02, Rn. 9; Urt. v. 30.07.2003, VII R 40/01, Rn. 12 - jeweils zitiert nach juris). Darüber hinaus sind die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) und zur KN ein maßgebendes, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (st. Rspr., siehe nur: EuGH, Urt. v. 20.11.2014 Rs. C-666/13, Rn. 25; Urt. v. 17.07.2014, Rs. C-480/13, Rn. 30 m. w. N.; Beschl. v. 19.01.2005, Rs. C-206/03, Rn. 26; BFH, Urt. v. 04.11.2003, VII R 58/02, Rn. 9; Urt. v. 30.07.2003, VII R 40/01, Rn. 12 - jeweils zitiert nach juris).

22

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Einreihung des Lernpakets in die Unterposition 9503 0039 KN. Vielmehr ist das Lernpaket der Unterposition 9503 0070 KN zuzuweisen (dazu 1.). Es ist auch nicht in die hilfsweise geltend gemachten Unterpositionen einzureihen (dazu 2.).

23

1. Das Lernpaket ist in die Unterposition 9503 0070 KN einzureihen.

24

1.1 Bei dem Lernpaket handelt es sich um Spielzeug im Sinne der Position 9503 00 KN. Der Spielzeugbegriff wird weder im Harmonisierten System noch in der Kombinierten Nomenklatur definiert (so auch FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.10.2010, 1 K 1138/08, EZT-Nr. 15.0 GE). Es ist somit unter Berücksichtigung der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur und zum Harmonisierten System ein zollrechtlicher Spielzeugbegriff zu entwickeln.

25

Nach den Erläuterungen zum Kapitel 95 HS (EZT-Nr. 01.0) und zur Position 9503 HS (EZT-Nr. 19.0) sind Spielzeuge Waren, die im Wesentlichen zur Unterhaltung für Kinder oder Erwachsene bestimmt sind. Waren, die als Einzelstücke zu anderen Positionen gehören würden, erhalten aufgrund ihrer Zusammenstellung und ihrer Aufmachung den Charakter von Spielzeug (Erläuterungen zur Position 9503 HS, EZT-Nr. 50.0). Beispielhaft genannt werden Chemiegerätekästen, dies allerdings nur unter der Voraussetzung, "dass diese Zusammenstellungen Spielzeugcharakter haben" (Erläuterungen zur Position 9503 HS, EZT-Nr. 50.0).

26

Hieraus kann gefolgert werden, dass eine Ware dann ein Spielzeug ist, wenn die Beschäftigung damit selbstzweckhaft ist, d. h. keinen von außerhalb des Spielzeugs an den Spieler herangetragenen Anforderungen genügen muss. Nur unter dieser Voraussetzung kann sie im Wesentlichen unterhaltende Wirkung haben. Da nach den Erläuterungen zur Unterposition 9503 0070 KN (EZT-Nr. 36.7) auch Lehrspielzeug und pädagogisches Spielzeug Spielzeug ist, schließt es den Spielzeugcharakter nicht aus, dass die einzureihende Ware (auch) der Wissensvermittlung dient, solange dies (auch) auf unterhaltsame Weise erfolgt. Insofern ist Lehrspielzeug von Lehrmaterial abzugrenzen. Letzteres ist dazu bestimmt, von außen, etwa durch Arbeitgeber, Schule oder ein universitäres Curriculum, vorgegebene Inhalte zu erlernen oder den Wissenserwerb in einer Prüfung zu dokumentieren. Da Spielzeug nach den genannten Erläuterungen auch der Unterhaltung Erwachsener dienen kann, muss es nicht die typische Aufmachung von Kinderspielzeug haben. Im Hinblick auf das Niveau des vorausgesetzten Vorwissens darf sich (Lehr-)Spielzeug am Wissensstand von Erwachsenen orientieren. Wie sich aus dem Wortlaut der Unterposition 9503 0070 KN sowie den Erläuterungen ergibt, ist für die Einordnung einer Ware auf die Zusammenstellung und die Aufmachung abzustellen. Damit können auch Warenzusammenstellungen, die jeweils für sich betrachtet keinen Spielzeugcharakter haben, nach der konkreten Art ihrer Zusammenstellung und Aufmachung insgesamt Spielzeug im Sinne des Zolltarifs sein.

27

Auch wenn die einzelnen Komponenten des Lernpakets (Elektronikbauteile, Begleitbuch und Software) für sich betrachtet keine Spielzeuge sind, handelt es sich ausgehend von diesen Maßstäben bei dem Lernpaket insgesamt um Spielzeug für Hobbyelektroniker. Hobbyelektronik bezeichnet das Elektronikbasteln in der Freizeit und allgemein die Hobby-Beschäftigung mit Elektronik, dabei insbesondere mit elektronischen Schaltungen, Baugruppen und Geräten (https://de.wikipedia.org/wiki/Hobbyelektronik).

28

Die Programmierung des Mikrocontrollers, damit dieser konkrete Aufgaben erledigt, stellt das Herzstück des Lernpakets dar. Dies ergibt sich aus dem Vorwort des Begleitbuchs:
Das einfache Zusammenspiel aus Hard- und Software bildet die Basis für Physical Computing: die Verbindung der realen Welt mit der des Mikrocontrollers, die aus Bits und Bytes besteht.
Der leichte Einstieg in diese Welt des Physical Computing - so heißt es im Vorwort weiter - werde mit dem Lernpaket ermöglicht. Damit, nämlich dem Nachbau von Experimenten mit Baukästen und der Programmierung von Mikrocontrollern, handelt es sich um typische Beschäftigungen von Hobbyelektronikern (https://de.wikipedia.org/wiki/Hobbyelektronik; Gliederungspunkt: Arbeitsfelder).

29

Das Lernpaket vermittelt diese Kenntnisse auf spielerische Weise. Es geht nicht - wie man es von Lehrmaterial erwarten würde - um die systematische Darstellung eines Stoffes zur Vorbereitung auf Prüfungen. Sich in der Welt des Physical Computing, in der "[d]er Kreativität des Entwicklers [...] keine Grenzen gesetzt" sind, ohne äußere Zwänge zu bewegen, ist vielmehr das zentrale Anliegen des Lernpakets. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass die erlernten Programmierkenntnisse "kreativ und spielerisch in Mess-, Steuer- und Regelanwendungen eingesetzt" werden (so der Text auf der Kartonverpackung). Dieser spielerische Charakter zeigt sich nicht zuletzt in der Art und der Beschreibung der im Buch erläuterten Anwendungsbeispiele. Im Experiment mit dem launigen Titel "Mit Musik geht alles besser" (Ziff. 10.9 des Begleitbuchs) werden Grundlagen der Tonerzeugung mit dem Mikrocontroller erklärt. Das Experiment "Romantisches Mikrocontroller-Kerzenlicht" (Ziff. 10.10 des Begleitbuchs) verweist darauf, dass drei mit dem Mikrocontroller gesteuerte LEDs nicht nur ein romantisches Kerzenlicht simulieren, sondern ideal auch im Modellbahnbau eingesetzt werden können. Im "INFO"-Kasten auf S. 165 des Begleitbuchs wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Experiment zur "Lüftersteuerung" nicht am 230-V-Stromnetz ausprobiert werden sollte. Das Experiment "Codeschloss" (Ziff. 10.17 des Begleitbuchs) postuliert, dass "kein richtiger Elektroniker und Programmierer" seine Werkstatt mit einem Schlüssel statt mit einem Mikrocontroller-Codeschloss verschließen würde (S. 173 des Begleitbuchs). Der Reiz der Hobbyelektronik wird angesprochen, wenn es beim Experiment "Kapazitätsmesser mit Autorange" (Ziff. 10.18 des Begleitbuchs) heißt, dass es "immer wieder interessant und spannend" sei "Messgeräte mit geringsten Mitteln selbst zu bauen." Die 3/5 des Begleitbuchs füllenden und teilweise lehrbuchhaften Erläuterungen zur Funktionsweise eines Mikrocontrollers und zur Erläuterung der Programmiersprache machen das Lernpaket nicht zum Lehrmaterial. Der "Programmierlehrgang" - so die Beschreibung auf der Kartonverpackung - ist nur Mittel zum Zweck, um die danach (ab S. 131 des Begleitbuchs) erklärten Experimente durchzuführen. Dass zu deren Ausführung nicht unerhebliches Fachwissen erforderlich ist, ist den Eigenheiten der Hobbyelektronik geschuldet, einer Freizeitbeschäftigung, die sich mit technisch teilweise komplexen Vorgängen befasst.

30

Dass durch das Spielen mit dem Lernpaket Fähigkeiten von erheblichem praktischem Nutzen erworben werden, steht einer Einordnung als Spielzeug ebenfalls nicht entgegen. Es ist im Gegenteil gerade ein Charakteristikum von Lehrspielzeug, dass auf spielerische Weise Wissen vermittelt wird. Besonders die Hobbyelektronik erfordert und fördert handwerkliche Fähigkeiten und Fachwissen, die auch in Ausbildung oder Beruf nützlich sein können (https://de.wikipe-dia.org/wiki/Hobbyelektronik; Gliederungspunkt: Bildungs- und Wirtschaftsaspekte). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das Lernpaket in der Berufsausbildung, bei Fortbildungen oder im universitären Bereich tatsächlich eingesetzt wird.

31

1.2 Innerhalb der Position 9503 00 KN ist das Lernpaket nicht in die Unterposition 9503 0039 KN, sondern in die Unterposition 9503 0070 KN einzureihen.

32

Die Unterposition 9503 0039 KN erfasst "andere Bausätze und Baukastenspielzeug" als elektrische Eisenbahnen und maßstabgetreu verkleinerte Modelle zum Zusammenbauen (die von der Unterposition 9503 0030 KN erfasst sind) aus anderen Stoffen als Kunststoff. Nach den Erläuterungen zu den Unterpositionen 9503 0035/39 KN bestehen diese Waren aus zwei oder mehr Einzelteilen und werden zusammen in einer Verkaufsverpackung gestellt. Die Einzelteile sind sinnvoll aufeinander abgestimmt und alleine nicht zum Spielen geeignet. Es kann ein Bauplan des Bausatzes beigefügt werden. Die Unterposition 9503 0070 KN erfasst dagegen "anderes Spielzeug, aufgemacht in Zusammenstellungen oder Aufmachungen". Sie ist die Auffangposition für Waren, die keiner anderen Unterposition, etwa als "andere Bausätze und Baukastenspielzeug", zugeordnet werden können. Die Einreihung einer Ware in diese Unterposition ist daher nur möglich, wenn eine Einreihung in die speziellere Unterposition 9503 0039 KN ausscheidet (vgl. FG Hamburg, Urt. v. 10.02.2015, 4 K 123/14, juris Rn. 19). Dies ist vorliegend der Fall.

33

1.2.1 Das Lernpaket ist kein Bausatz und kein Baukastenspielzeug im Sinne der Unterpositionen 9503 0035/39 KN.

34

Zwar mag es der Einordnung als Baukastenspielzeug nicht entgegenstehen, dass die Anzahl der möglichen Anordnungen der Bauteile auf dem Mikrocontroller und dem Steckbrett nicht begrenzt ist. Denn auch mit technischen Baukastenspielzeugen oder einer Sammlung von Holzklötzen lassen sich unzählige verschiedene Modelle erstellen. Unschädlich ist ferner, dass es sich - anders als die Klägerin noch in der Einspruchsbegründung vorgetragen hat - bei dem Mikrocontroller und den Elektronikbauteilen um handelsübliche Waren handelt, die auch einzeln vertrieben werden (siehe die Bezugsquellen auf S. 210 des Begleitbuchs).

35

Der Einordnung des Lernpakets als Bausatz oder Baukastenspielzeug steht jedoch entgegen, dass es nicht darum geht, die Bauteile so auf dem Mikrocontroller und dem Steckbrett zu arrangieren, dass sie eine bestimmte Gestalt annehmen. Es ist für die Durchführung der Programmierexperimente belanglos, wie etwa die Widerstände oder LEDs befestigt werden, solange der elektrische Kontakt hergestellt ist. Selbst wenn der Mikrocontroller, das Steckbrett und die Elektronikbauteile einen Bausatz oder ein Baukastenspielzeug darstellen würden, gilt dies nicht für das Begleitbuch und die mitgelieferte Software. Das Begleitbuch, das - wenn es separat eingeführt werden würde - als Buch oder Broschüre in die Unterposition 4901 9900 KN einzureihen wäre, ist nicht nur ein Bauplan i. S. d. Erläuterungen zu den Unterpositionen 9503 0035/39 KN, der einem Bausatz oder Baukastenspielzeug beigefügt werden kann, ohne dass dieser Umstand an der Einreihung der übrigen Warenbestandteile etwas ändert. Die im Begleitbuch abgebildeten Aufbauschemata (z. B. Bild 10.13 und 10.14) zeigen zwar die Anordnung der Elektronikbauteile auf dem Steckbrett. Sie können jedoch nicht als Bauplan verstanden werden, weil sie nur den schematischen Aufbau des Experiments zeigen, nicht die konkrete Anordnung der einzelnen Elemente zueinander. Hinzu kommt, dass der Hauptzweck des Lernpakets nicht im Aufbau einer vorgegebenen Schaltung auf dem Steckbrett besteht. Er liegt vielmehr in der Anwendung der erlernten Programmiersprache in der Welt des Physical Computing (siehe oben). Auch die Begleitsoftware ist ersichtlich nicht Teil eines Bausatzes oder eines Baukastenspielzeugs. Die CD-ROM enthält neben der Arduino-Entwicklungsumgebung insbesondere die Programmcodes für die im Begleitbuch dargestellten Experimente.

36

1.2.2 Das Lernpaket ist als Warenzusammenstellung aus Mikrocontroller, Steckbrett und Elektronikbauteilen einerseits und Begleitbuch nebst Software andererseits als ein "anderes Spielzeug, aufgemacht in Zusammenstellungen oder Aufmachungen" in die Unterposition 9503 0070 KN einzureihen. Dieses Einreihungsergebnis steht im Einklang mit den Erläuterungen zu dieser Unterposition (EZT-Nr. 36.7). Danach sind von dieser Unterposition Aufmachungen aus zwei oder mehr unterschiedlichen Waren, die in einer Verpackung für den Einzelverkauf angeboten und für eine spezielle Freizeitbeschäftigung oder Arbeit bzw. für bestimmte Personen oder Berufe typisch sind, wie bspw. Lehrspielzeug oder pädagogisches Spielzeug, erfasst. Vorliegend handelt es sich - wie dargelegt - um (Lehr-)Spielzeug für Hobbyelektroniker.

37

2. Die Klage hat auch mit den Hilfsanträgen keinen Erfolg. Da das Lernpaket - wie dargelegt - in die Position 9503 00 KN einzureihen ist, ist ausweislich der Anmerkung 1 p) zu Abschnitt XVI KN, die Waren des Kapitels 95 KN aus diesem Abschnitt (Kapitel 84-85 KN) ausweist, seine Einreihung in die Positionen 8523 KN oder 8542 KN von vornherein ausgeschlossen.

III.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 101


Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spr

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 79a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2. bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;3. bei Erledigung des Rechtsstr

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in den Jahren 2010 und 2011  96 Sendungen Warensortimente mit Ursprung in den USA in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Zugleich beantragte sie die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 des Zollkodex (ZK) und meldete die Waren unter der Unterpos. 6109 10 10 der Kombinierten Nomenklatur (KN) für T-Shirts an. Die Zollstelle nahm die Anträge an und fertigte die Waren antragsgemäß ab. Bei stichprobenhaften Beschaffenheitsbeschauen, die u.a. auch die hier zu beurteilenden Sendungen erfassten, hatte das Zollamt keine anderen Waren als T-Shirts festgestellt.

2

Eine Zollprüfung des Prüfungsdienstes des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) im Jahr 2012 bei der Klägerin ergab, dass die Sendungen als "Nylon Tricot Legging", "Nylon Tricot High-Waist Legging", "Printet Nylon Legging", "Shiny Legging" und "Shiny High-Waist Legging" bezeichnete Waren enthielten.

3

Bei diesen Waren handelte es sich um Bekleidungsstücke, die zu 100 % aus synthetischen Chemiefasern gewirkt waren. Die in Größen für Erwachsene konfektionierten Bekleidungsstücke waren hosenähnlich und wiesen knöchellange Beine ohne Fußteile auf. Sie hatten einen die Taille abschließenden elastischen Bund in unterschiedlicher Breite (2,5 bis 12,7 cm). An den Kleidungsstücken waren vorn weder eine Öffnung noch ein Verschluss, aber Nähte an den Innenseiten der Beine vorhanden. Merkmale, die auf einen bestimmten Trägerkreis hinwiesen, waren nicht feststellbar. Die Bekleidungsstücke konnten ohne Weiteres als eine lange, den Unterkörper bedeckende Hose getragen werden.

4

Der Prüfungsdienst reihte diese Waren in die Unterpos. 6104 63 00 KN ein und stellte fest, dass sich daraus neben dem Zollsatz von 12 % ein Zusatzzoll von weiteren 15 % ergebe. Das HZA folgte den Feststellungen und erhob von der Klägerin Einfuhrabgaben nach, in welchen --neben hier unstreitigen, auf fehlerhaften Zollwerten beruhenden, zu- und abgerechneten Zollbeträgen-- ein Zusatzzoll enthalten war.

5

Einspruch und Klage, mit welchen die Klägerin die Einreihung der Leggings in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise in die Unterpos. 6115 21 KN beanspruchte und geltend machte, der auf der Verordnung (EG) Nr. 673/2005 (VO Nr. 673/2005) des Rates vom 25. April 2005 zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 110/1) beruhende Zusatzzoll sei auf die zutreffende Tarifposition nicht anwendbar, im Übrigen sei bei einer Einreihung auf Antrag nach Art. 81 ZK nur die Anwendung des in der KN vorgesehenen höchsten Zollsatzes gestattet, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der für die Nacherhebung der Zollschuld nach Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK maßgebliche Zollsatz ergebe sich nach Art. 20 Abs. 1 ZK aus dem Zolltarif, im Streitfall aus der VO Nr. 673/2005 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 317/2009 (VO Nr. 317/2009) der Kommission vom 17. April 2009 (ABlEU Nr. L 100/6), einer sonstigen Gemeinschaftsregelung i.S. des Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK, die für Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN einen Zusatzzoll von 15 % des Wertes der eingeführten Waren vorsehe. Bei den streitgegenständlichen Leggings handele es sich um lange Hosen, aus Gewirken und Gestricken, für Frauen und Mädchen, die in die Pos. 6104 KN und innerhalb dieser Position aufgrund der synthetischen Spinnstoffe, aus denen sie bestehen, in die Unterpos. 6104 63 00 KN einzureihen seien.

6

Sie seien nicht als Waren der Pos. 6406 KN oder der Pos. 6115 KN einzureihen. Unter die Pos. 6406 KN fielen --u.a.-- Gamaschen und ähnliche Waren, aber keine hosenähnlichen Waren. Das ergebe sich auch aus den für die Auslegung maßgeblichen französischen und englischen Fassungen. Nach den Warenbezeichnungen in französischer Sprache handelt es sich bei "guêtres" um Gamaschen und Halbgamaschen, und bei "jambières" um Beinschienen, Beinschützer, Beinschutz, Gamaschen, sog. Legwarmer und Stulpen. In der englischen Fassung fänden sich neben "gaiters", das sind Stulpen oder Gamaschen, zwar "leggings and similar articles". Auch diese Bezeichnungen ließen aber nicht erkennen, dass die darunter fallenden Waren hosenähnlich sein dürften, nämlich ein zwei miteinander verbundenes, beide Beine und den Unterkörper bedeckendes Kleidungsstück sein könnten. Der Begriff "leggings" habe im Englischen zwei Bedeutungen: Zum einen bezeichne er gamaschenähnliche Kleidungsstücke, zum anderen sehr eng geschnittene Hosen für Frauen und Kinder. Letztere würden aber nicht von der Pos. 6406 KN erfasst. Dies ergebe sich aus dem Vergleich mit den übrigen, von der Position erfassten Waren. Auch die Entwicklung der Pos. 6406 KN bestätige diese Auslegung. Vor dem Beitritt Großbritanniens sei die heutige Pos. 6406 in den Tarifnummern 64.05 für Schuhteile und 64.06 für Gamaschen, Schienbeinschützer und ähnliche Waren sowie Teile davon (Verordnung (EWG) Nr. 950/68 --VO Nr. 950/68-- des Rates vom 28. Juni 1968 über den gemeinsamen Zolltarif, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 172/1) erfasst gewesen; auf Französisch "Guêtres, jambières, molletières, protège-tibias et articles similaires et leurs parties". Die inhaltlich unveränderten Tarifnummern seien dann in der englischen Fassung des Gemeinsamen Zolltarifs (VO (EWG) Nr. 1/73 des Rates vom 19. Dezember 1972, ABlEG Nr. L 1/1) als "Gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof" übersetzt worden. Eine inhaltliche Änderung der Tarifnummer mit dem Ziel der Einbeziehung von Damenhosen sei damit nicht verbunden gewesen, unter Leggings seien nur Kleidungsstücke zu verstehen, die ein Bein ganz oder teilweise bedeckten, aber nicht miteinander verbunden seien.

7

Auch in den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zu Pos. 6406 KN Rz 14.0 würden die in der Klammer als Leggings bezeichneten Waren als Beinlinge, also nicht als Hosen oder hosenähnliche Kleidungsstücke beschrieben.

8

Bei den als Leggings bezeichneten Waren handele es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN. Eine Strumpfhose sei eine aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte Unterleibsbekleidung. Dazu gehörten die streitgegenständlichen Waren jedoch nicht.

9

Das HZA sei auch berechtigt gewesen, in dem der Klägerin auf ihren Antrag bewilligten Verfahren nach Art. 81 ZK die Zollbelastung für alle Sendungen nach der höchsten Einfuhrabgabenbelastung, also mit dem Zusatzzoll nach der VO Nr. 673/2005 zu ermitteln. Die Klägerin hätte die in ihrem eigenen Warenwirtschaftssystem zutreffend unter der Unterpos. 6104 63 00 KN erfassten Leggings gesondert anmelden können.

10

Von der Nacherhebung könne auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK abgesehen werden. Es habe keine Warenbeschau gegeben, auf Grund derer die Klägerin davon habe ausgehen können, für die Leggings falle kein Zusatzzoll an.

11

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor: Die Leggings seien als "ähnliche Waren" wie Gamaschen in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise als "Strumpfhosen" in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

12

Für die Einreihung in die Pos. 6406 KN spreche die Verwendung des Begriffs "legging" in der englischen Sprachfassung und auch für das französische Wort "jambières" werde in Wörterbüchern als Synonym der Begriff "leggings" angegeben. Angesichts dieser eindeutigen Wortlaute habe das FG seine Auslegung nicht auf einen systematischen Vergleich der Ware mit den übrigen von der Position erfassten Waren stützen dürfen. Auf die Entwicklung des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG dürfe zur Auslegung der KN nicht zurückgegriffen werden, da die KN nicht auf der VO Nr. 950/68, sondern auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren beruhe und sich im Übrigen --wie der gegenüber der Tarifnummer 64.06 ("gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof") verkürzte Wortlaut der Pos. 6406 KN ("gaiters, leggings and similar articles, and parts thereof") zeige-- die zolltarifliche Rechtslage gegenüber dem Gemeinsamen Zolltarif geändert habe.

13

Den Klammerzusatz "leggings" zum Begriff Beinlinge in den ErlHS zu Pos. 6406 Rz 14.0 interpretiere das FG falsch, er sei als Ausweitung des Begriffs "Beinlinge" auf hosenähnliche Beinkleider zu verstehen.

14

Hilfsweise seien die Leggings als Strumpfhosen in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

15

Die Klägerin hält im Übrigen die Anwendung des Zusatzzolls der VO Nr. 673/2005 gemäß Art. 81 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK auf sämtliche Waren der jeweiligen Sendung nicht für gerechtfertigt. Das FG verkenne, dass sich die VO Nr. 673/2005 und Art. 81 ZK widersprächen. Gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 finde der Zusatzzoll ausschließlich auf die in Anhang I genannten Waren Anwendung. Nur so sei gewährleistet, dass die zusätzlichen Zölle 72 % der jährlichen Auszahlungen der USA aus vereinnahmten Antidumping- und Ausgleichszöllen an die geschädigten US-amerikanischen Unternehmen nicht übersteigen, was nach der Entscheidung des Schiedsgerichts der World Trade Organisation (WTO) vom 31. August 2004 (WT/DS217/ARB/EEC) Bedingung für die Erhebung der zusätzlichen Zölle sei. Die bei Anwendung des Art. 81 ZK sich ergebende Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren, führe zu einer Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags. Bei der gebotenen völkerrechtskonformen Auslegung von Unionsrecht müsse der Zusatzzoll bei der Ermittlung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung der Waren einer Sendung nach Art. 81 ZK außer Betracht bleiben.

16

Außerdem sei die Zulassung der vereinfachten Einreihung nach Art. 81 ZK rechtswidrig gewesen, weil Aufwand und Kosten der Einzelanmeldungen angesichts der hohen Zollsätze für Textilien nicht außer Verhältnis zur Höhe der Einfuhrabgaben stünden. Auch deshalb sei die Anwendung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung rechtswidrig.

17

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einfuhrabgabenbescheid vom 16. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2013 aufzuheben.

18

Das HZA schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

20

Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

21

Für die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten in 96 Sendungen zusammengefassten Warensortimente ist, da die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 ZK antragsgemäß bewilligt war, eine Zollschuld entstanden, die wegen der in den Sendungen enthaltenen Leggings zu einem Zollsatz von 12 % und gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 i.V.m. Unterpos. 6104 63 00 KN zu einem Zusatzzoll von 15 % führt. Da der entsprechende Abgabenbetrag für die streitigen Einfuhren seinerzeit nicht buchmäßig erfasst wurde, ist er gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachzuerheben.

22

1. Die Voraussetzungen einer vereinfachten Einfuhrabgabenerhebung gemäß Art. 81 ZK liegen vor. Die Klägerin hat die in den Einfuhrsendungen enthaltenen Waren einheitlich als solche angemeldet, auf die der jeweils höchste Abgabensatz entfällt, und diese Zollanmeldungen sind angenommen worden. Daran muss sie sich festhalten lassen. Die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der Zollanmeldungen gemäß Art. 66 Abs. 2 ZK i.V.m. Art. 251 der Zollkodex-Durchführungsverordnung sind schon hinsichtlich der dort vorgesehenen Antragsfristen nicht erfüllt.

23

2. Bei der Ermittlung der auf die Waren des jeweiligen Sortiments entfallenden höchsten Einfuhrabgabenbelastung war auch der Zusatzzoll aus der VO Nr. 673/2005 zu berücksichtigen, sofern eine der Waren von einer im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Tarifbezeichnungen erfasst war. Die Vereinfachungsvorschrift des Art. 81 ZK betrifft (nur) die Einfuhrabgaben i.S. des Art. 4 Nr. 10 ZK (vgl. Weymüller in Dorsch, Zollrecht, Art. 81 ZK Rz 38), also nach dem hier maßgeblichen Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK "Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren". Darunter fällt auch der Zusatzzoll gemäß der VO Nr. 673/2005. Denn der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst nach Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK die sonstigen zolltariflichen Maßnahmen der Union, also auch die sog. Retorsionszölle, die im Fall von Handelsstreitigkeiten festgelegt werden, wie es mit der VO Nr. 673/2005 geschehen ist (so auch Lux in Dorsch, Zollrecht, Art. 20 ZK Rz 33).

24

Mit ihrem Einwand, die Anwendung der unter Einbeziehung des Zusatzzolls ermittelten höchsten Abgabenbelastung auf alle Waren einer Sendung führe zu einer Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren und damit zu einer von der Genehmigung der Zusatzzölle durch das Schiedsgericht der WTO nicht mehr gedeckten Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags, macht die Klägerin keine Verletzung eines eigenen subjektiv-öffentlichen Rechts geltend, auf welches allein sie die Anfechtung der Nacherhebung stützen kann. Da Art. 81 ZK den Begriff Einfuhrabgabenbelastung verwendet und damit nach den Definitionen der Art. 4 Nr. 10 und Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK sonstige zolltarifliche Maßnahmen der Gemeinschaft bzw. Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle einbezieht, sind Zusatzzölle wie solche des Streitfalls bei der Ermittlung der "höchsten Einfuhrabgabenbelastung" i.S. des Art. 81 ZK nicht ausgenommen. Anderenfalls ließen sich mithilfe dieses für Sammelsendungen unterschiedlicher Waren vorgesehenen vereinfachten Einreihungsverfahrens Zusatzzölle für bestimmte in solchen Sendungen enthaltene Einfuhren umgehen.

25

Trotz der seitens der Kommission mit Schreiben vom 27. September 2013, auf das sich die Revision beruft, geäußerten Rechtsmeinung hält der Senat in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts des Art. 81 ZK sowie des Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK die Auslegung jener Vorschrift auch im Hinblick auf die mit der VO Nr. 673/2005 verfolgten Ziele für zweifelsfrei und sieht keinen Grund, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuholen.

26

Ist das vereinfachte Einreihungsverfahren gemäß Art. 81 ZK beantragt und bewilligt, tritt die gesetzliche Folge ein, dass der für bestimmte in der Sendung enthaltene Waren vorgesehene höchste Einfuhrabgabensatz --und damit ebenso der für solche Waren zu erhebende Strafzoll-- auch auf Waren anzuwenden ist, für die eigentlich kein Strafzoll, sondern ein geringerer Abgabensatz gilt. Hätte der Unionsgesetzgeber diese Rechtsfolge für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren vermeiden wollen, hätte es nahe gelegen, in dieser Verordnung die Anwendung des Art. 81 ZK auszuschließen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat der Unionsgesetzgeber mit Art. 3 VO Nr. 673/2005 eine andere Regelung zur Einhaltung des vorgesehenen Kompensationsbetrags vorgesehen. Es kommt daher nicht in Betracht, für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren die Rechtsfolge des Art. 81 ZK trotz Vorliegens seiner Voraussetzungen nicht eintreten zu lassen mit der Folge, dass die Erhebung des Zusatzzolls auch für in der Einfuhrsendung enthaltene Waren der VO Nr. 673/2005 unterbleibt.

27

3. Dem Einwand der Klägerin, es sei unverhältnismäßig, die gesamte Warenmenge mit dem Zusatzzoll zu belegen, ist nicht zu folgen (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1989 VII R 10/87, BFHE 158, 200, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1990, 48, zu § 79 Abs. 2 des Zollgesetzes 1961). Der Anmelder kann Einfuhrwaren mit besonders hoher Abgabenbelastung ausschließen, indem er diese Waren getrennt anmeldet, oder er kann für eine Warengruppe angeben, dass bestimmte Waren in dieser nicht enthalten sind (vgl. Weymüller in Dorsch, a.a.O., Art. 81 ZK Rz 37).

28

4. Auf die streitgegenständlichen Waren ("Leggings") entfällt der Zusatzzoll nach Art. 2 VO Nr. 673/2005 (für die Einfuhren des Jahres 2009 i.d.F. der VO Nr. 317/2009) i.V.m. deren Anhang I auf Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN.

29

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 15. November 2012 C-558/11, ZfZ 2013, 41, Rz 29, m.w.N.) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (s. Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der KN 1 und 6).

30

a) Von der Unterpos. 6104 63 00 KN werden u.a. lange Hosen aus Gewirken und Gestricken aus synthetischen Chemiefasern für Frauen oder Mädchen erfasst.

31

aa) Nach den Feststellungen des FG handelte es sich bei den in Warensendungen enthaltenen Leggings um Kleidungsstücke aus zwei miteinander verbundenen Beinteilen, die beide Beine und den Unterkörper bedecken, mit Nähten an den Innenseiten der Beinteile, einem breiten Bund und ohne Fußteile, und die ohne Weiteres als lange, den Unterkörper bedeckende Hosen getragen werden können. Diese tatrichterliche Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, sie erscheint vielmehr durchaus nachvollziehbar. Die Klägerin setzt ihr auch lediglich ihre eigene --abweichende-- Wertung entgegen, die Leggings seien als Oberbekleidung nicht geeignet.

32

bb) Die Leggings fallen auch nicht unter die Anmerkung 1 Buchst. n zu Abschn. XI, wonach Gamaschen und ähnliche Waren des Kapitels 64 aus diesem Abschnitt ausgewiesen sind.

33

Von der Pos. 6406 KN sind in der deutschen Sprachfassung erfasst "Schuhteile ...; Einlegesohlen, Fersenstücke und ähnliche herausnehmbare Waren; Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon". Leggings sind nicht genannt. Zwar taucht dieser Begriff in den ErlHS zu Pos. 6406 unter "II) Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon" in Rz 14.0 als Synonym für Beinlinge ("Leggings") auf, die den sog. Beinschützern ähnlichen Waren --wie Wadengamaschen (einschließlich Wickelgamaschen), Stutzen, Trachtenstrümpfe usw., ohne Fußteil und mit oder ohne Steg-- zugeordnet werden. Es ist allerdings offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung, dass die von der Klägerin eingeführten Leggings keine diesen Kleidungsstücken ähnliche Waren sind. Aus der englischen Sprachfassung der Pos. 6406 KN folgt nichts anderes.

34

b) Bei den als Leggings bezeichneten Waren handelt es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN.

35

Weder aus dem Wortlaut der Positionen der KN noch aus den Anmerkungen ergeben sich Definitionen oder klare Abgrenzungskriterien für Strumpfhosen und lange Hosen.

36

Gleichwohl tragen diese Waren ihre Definition in sich. Sie ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch.

37

Strumpfhosen sind eng an Fuß, Bein und Unterleib anliegende, gewirkte oder gestrickte Hosen (besonders für Frauen und Kinder), die wie ein Strumpf angezogen werden. Dementsprechend hat das FG zutreffend herausgearbeitet, dass Strumpfhosen aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte, typischerweise --wie Strümpfe-- rundgewebte Unterleibsbekleidungen sind. Strumpfhosen weisen eine besondere, machartbedingte Passform auf, sie passen sich eng anliegend der Körperform an.

38

Dieser Definition entsprechen die streitigen Kleidungsstücke schon nicht, weil sie keinen Strumpf, d.h. keinen den Fuß umhüllenden Teil aufweisen. Auf die übrigen vom FG zur Unterscheidung von Hosen und Strumpfhosen herangezogenen Merkmale --wie Längsnähte an den Innenseiten oder fehlende Angaben zur Feinheit der verwendeten Garne-- braucht daher nicht eingegangen zu werden.

39

5. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK sind nicht erfüllt. Insoweit wird auf die Ausführungen im FG-Urteil Bezug genommen.

40

6. Ist das Urteil nach alledem revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, so ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft.

2

Die Klägerin führt über A in China hergestellte, als Adventskalender mit 24 Türchen gestaltete Pappkartons mit der Handelsbezeichnung "Adventskalender XX" ein. Hinter den Türchen verbergen sich Elektronikbauteile. Hierfür beantragte sie die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft, wobei sie zunächst die Einreihung in die Warennummer 8542 90 vorschlug.

3

Am ... 2012 erteilte der Beklagte eine verbindliche Zolltarifauskunft, mit der die Ware in die Unterposition 9503 0070 00 eingereiht wurde. Zur Warenbeschreibung heißt es: Das in einem blauen, als Adventskalender mit 24 Türchen gestalteten Pappkarton für den Einzelverkauf aufgemachte Set besteht aus 25 verschiedenen Elektronik-Bauteilen (z. B. LED, Widerstände, Drähte, Transistoren), die zumeist einzeln aus 24 kleinen Pappkartons über die Kalendertürchen zu entnehmen sind. Zusätzlich befindet sich in dem Pappkarton eine 20-seitige, thematisch aufgebaute Anleitung. Auf einem Experimentiersteckboard können 24 verschiedene, in der Anleitung dargestellte Versuche aufgebaut und so spielerisch die Funktionsweise der einzelnen Bauteile und Schaltungen sowie Wissenswertes über Leuchtdioden, Stromkreisgrundlagen, Transistoren usw. erlernt werden. Die einzelnen Waren, die als Einzelstücke zu anderen Positionen gehören würden, erhalten aufgrund ihrer Zusammenstellung und ihrer Aufmachung den Charakter von Spielzeug. Der "Experimentierkasten" dient dem Nachspielen der Rolle eines Physikers. Das als Adventskalender verpackte Set ist als Spielzeug in einer Aufmachung einzureihen.

4

Am 10.10.2012 legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, die vom Beklagten vorgenommene Einreihung sei unzutreffend. Es handele sich schon nicht um Spielzeug, da der Adventskalender nicht der Unterhaltung von Kindern oder der Zerstreuung von Erwachsenen diene. Es gehe vielmehr um das Erlernen elektronischer Grundbegriffe und um die Vermittlung von physikalischem Spezialwissen. Anhand von Versuchen bzw. Experimenten sollten Grundkenntnisse in Sachen Elektronik und Schaltungen vermittelt werden. Demgemäß stelle das dem Kalender beiliegende Handbuch, dessen Lektüre erhebliche intellektuelle Anstrengungen erfordere, an jedem Tag im Dezember einen neuen Versuch vor. Der Adventskalender sei in die Unterposition 9503 0039 einzureihen. Bei sachgerechter Nutzung des Adventskalenders werde als Endprodukt am 24. Dezember eine Lichterkette hervorgebracht, insofern liege ein zur erweiternden Nutzung bestimmter Bausatz vor, auch wenn nicht erforderlich sei, dass ein bestimmtes einziges Endprodukt hergestellt werde.

5

Mit Schreiben vom 26.11.2012 und vom 17.01.2014 nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung Stellung. Grundsätzlich sei richtig, dass Spielzeug Waren aller Art seien, die zur Unterhaltung von Kindern bzw. zur Zerstreuung für Erwachsene bestimmt seien. Selbst wenn die Einzelstücke zu anderen Positionen gehörten, erhielten sie aufgrund ihrer Zusammenstellung und Aufmachung im Streitfall den Charakter von Spielzeug, wie dies etwa auch bei Chemiegerätekästen oder Nähkästen (ErlHS Pos 9503 Rz. 50.0), bei denen die darin enthaltenen Waren kein Spielzeug seien, der Fall sei. Die einzelnen elektronischen Bauteile seien für sich genommen kein Spielzeug und würden auch nicht von der Position 9503 erfasst, durch die spezielle Zusammenstellung und die detaillierte Anleitung sei aber erkennbar, dass das Set als Physiklernpaket verwendet werde. Lernpakete seien nach der ErlKN Pos 9503 Rz. 36.7 ausdrücklich von dieser Position erfasst. Es handele sich nicht um einen Bausatz aus anderen Stoffen im Sinne der Unterposition 9503 0039. Ein Bausatz sei dazu bestimmt, zu einem Gerät oder Modell zusammengebaut zu werden. Mit der vorliegenden Ware könnten indes 24 verschiedene physikalische Versuchsanordnungen aufgebaut werden, indem die einzelnen Teile immer wieder neu auf der Steckplatine angeordnet würden. Ein bestimmtes Endprodukt, wie bei einem Bausatz üblich, entstehe nicht. Es handele sich vielmehr um einen Experimentierkasten. Anders, als bei einem Bausatz üblich, würden die zusammengeführten Teile auf der Platine je nach dem Bedarf des Versuchs neu zusammengesetzt, wobei nicht immer alle Teile benötigt würden. Nach dem letzten Versuchsaufbau mit den Teilen aus dem Kalendertürchen 24 könne zwar eine Lichterkette zusammengesetzt werden, es blieben allerdings diverse Teile übrig, die für diesen Versuch nicht benötigt würden.

6

Der Einspruch wurde, nachdem das Einspruchsverfahren zwischenzeitlich im Hinblick auf andere von der Klägerin beantragte verbindliche Zolltarifauskünfte geruht hatte, mit Einspruchsentscheidung vom 03.06.2014 zurückgewiesen. Der Beklagte referiert die Stellungnahmen des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung und betont, unter Zuhilfenahme der Anleitung könnten 24 verschiedene Versuche aufgebaut und so spielerisch die Funktionsweise der einzelnen Bauteile erlernt werden. Bei einem Bausatz stünde typischerweise ein Endprodukt, bei dem alle Teile verbaut worden seien, am Ende. Dies sei im Streitfall anders.

7

Mit ihrer am 27.06.2014 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. In der Kombinierten Nomenklatur sei nicht geregelt, wie viele Zwischenstufen für ein Endprodukt existieren dürften. Entscheidend sei, dass bei Verbauung der 25 hinter 24 Kalendertürchen befindlichen Elemente des Adventskalenders ein Endprodukt in Gestalt einer weihnachtlichen Lichterkette entstehe. Daher handele es sich um einen Bausatz. Es handele sich nicht um Spielzeug. Beim Zusammenfügen der Ware sei kein Spielcharakter erkennbar. Der Vergleich mit dem Chemiebaukasten passe nicht. Mit dem Inhalt der ersten beiden Adventskalendertürchen lasse sich keine Unterhaltung herstellen. Im Gegensatz dazu könne schon mit zwei Chemikalien aus dem Chemiebaukasten Unterhaltung beim Mischen und beim Beobachten der Reaktionen entstehen. Zudem handele es sich um einen Weihnachtsartikel der Position 9509.

8

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der verbindlichen Zolltarifauskunft vom ... 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.06.2014 zu verpflichten, ihr eine verbindliche Zolltarifauskunft zu erteilen, mit der die Ware mit der Handelsbezeichnung "Adventskalender XX" als anderer Bausatz und Baukastenspielzeug in die Position 9503, hilfsweise als Weihnachtsartikel in die Position 9505 eingereiht wird.

9

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

10

Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, es handele sich nicht um einen Weihnachtsartikel im Sinne der Position 9505. Der Adventskalender ohne Inhalt könne einen Weihnachtsartikel darstellen. Gefüllte Adventskalender würden grundsätzlich nach der Art der Füllung als charakterbestimmendem Bestandteil eingereiht. Die 25 elektronischen Bauelemente seien einzeln betrachtet kein Spielzeug, stellten aber durch ihre gemeinsame Aufmachung in ihrer Gesamtheit eine Ware zum Spielen dar, daher sei die Position 9503 richtig. Bausätze seien von Experimentierkästen zu unterscheiden. Ein Bausatz bestehe aus Einzelteilen, die sinnvoll aufeinander abgestimmt und dafür vorgesehen seien, zu einem Modell oder Gerät zusammengebaut zu werden. Einmal zusammengeführte Teile würden nachträglich nicht wieder verändert bzw. entfernt. Am Ende stehe ein Endprodukt und alle Teile seien verbaut worden. Dies sei bei dem streitgegenständlichen Adventskalender anders. Die Teile würden je nach Versuch neu zusammengesetzt und es würden nicht immer alle Teile benötigt. Es könne zwar mit den Teilen aus allen Kalendertürchen eine Art Lichterkette zusammengesetzt werden, es blieben allerdings diverse Teile übrig, die für andere Experimente genutzt werden könnten. Es handele sich daher um eine Ware der Unterposition 9503 0070.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte einschließlich der vorliegenden Warenprobe sowie die Sachakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.

I.

13

Die verbindliche Zolltarifauskunft vom ... 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Einreihung der Ware mit der Handelsbezeichnung "Adventskalender XX" als anderer Bausatz und Baukastenspielzeug in die Position 9503 bzw., wie sie hilfsweise begehrt, als Weihnachtsartikel in die Position 9505, § 101 S. 1 FGO.

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Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofs (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom 18.12.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/99 und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02).

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Zwischen den Beteiligten ist die Einreihung einer Ware mit der Handelsbezeichnung "Adventskalender XX" streitig. Die Klägerin geht von einer Einreihung in die Unterposition 9503 0039 aus. Diese Unterposition beschreibt andere Bausätze und Baukastenspielzeug aus anderen Stoffen. Hilfsweise begehrt die Klägerin eine Einreihung als Festartikel (Weihnachtsartikel) in die Position 9505. Der Beklagte geht demgegenüber von anderem Spielzeug, aufgemacht in Zusammenstellungen oder Aufmachungen der Unterposition 9503 0070 00 0 aus.

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Bei der Ware mit der Handelsbezeichnung "Adventskalender XX" handelt es sich um einen mit 24 Türchen gestalteten Pappkarton. Hinter den Türchen verbergen sich Elektronikbauteile, die auf eine mitgelieferte Platine gesteckt werden können.

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Übereinstimmend gehen die Beteiligten - die Klägerin mittlerweile jedenfalls mit ihrem Hauptantrag - davon aus, dass die streitgegenständliche Ware als Spielzeug in die Position 9503 einzureihen ist. Die Frage ist lediglich, ob es sich um anderes Spielzeug, aufgemacht in Zusammenstellungen oder Aufmachungen der Unterposition 9503 0070, oder um einen Bausatz aus anderen Stoffen der Unterposition 9503 0039 handelt.

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Diese Frage ist im Sinne des Beklagten zu beantworten. Bausätze und Baukastenspielzeug der Unterposition 9503 0039 werden in den ErlKN Pos 9503 dahin beschrieben, dass die Waren aus zwei oder mehr Einzelteilen bestehen und zusammen in einer Verkaufsverpackung gestellt werden, wobei die Einzelteile sinnvoll aufeinander abgestimmt und alleine nicht zum Spielen geeignet sind. Ein Bauplan kann dem Bausatz beigefügt sein (Rn. 33.0 und 34.0.). Ausgehend von dieser Erläuterung ließe sich die Ware, da - unbestreitbar - ihre Einzelteile sinnvoll aufeinander abgestimmt sind, jedes Einzelteil für sich genommen nicht zum Spielen geeignet ist und die Einzelteile in einer Verkaufsverpackung gestellt werden, als Bausatz ansehen. Anderes Spielzeug in Aufmachungen der Unterposition 9503 0070 wird in den Erläuterungen dahin beschrieben, dass sie aus zwei oder mehr unterschiedlichen Waren bestehen, die in einer Verpackung für den Einzelverkauf angeboten werden und für eine spezielle Freizeitbeschäftigung oder Arbeit bzw. für bestimmte Personen oder Berufe typisch sind, wie beispielsweise Lernspielzeug oder pädagogisches Spielzeug (ErlKN Pos 9503 Rz. 36.1, 36.7), wobei als Beispiele in Chemiegerätekästen mit Reagenzgläsern, Glaskolben, einem Spiritusbrenner und Chemikalien oder Nähkästen mit Garn, Schere, Nadeln, Fingerhut usw. genannt werden, vorausgesetzt dass diese Zusammenstellungen Spielzeugcharakter haben (ErlHS Pos 9503 Rz. 50.0). Auch hierunter ließe sich die streitgegenständliche Ware subsumieren. Die verschiedenen elektronischen Bauteile werden in dem "Adventskalender" angeboten, der insoweit eine Verpackung für den Einzelverkauf darstellt. Die Bauteile des "Adventskalenders" können auch als typische spezielle Freizeitbeschäftigungen oder Arbeiten von Berufsgruppen angesehen werden (Hobbybastler, Elektronikfacharbeiter, Elektroingenieure etc.), wobei angesichts der zu erzielenden Ergebnisse der Spielzeugcharakter offensichtlich ist.

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Aufgrund der Systematik innerhalb der Position 9503 kommt eine Einreihung in die Unterposition 9503 0070 nur in Betracht, wenn eine Einreihung in die Unterposition 9503 0039 ausscheidet. Angesichts der allgemein gehaltenen Unterpositionswortlaute, die auch durch die Erläuterungen nicht eindeutig ausgelegt werden, muss zur Abgrenzung auf die in den Erläuterungen genannten Beispiele sowie das allgemeine Verständnis der aufgeführten Begriffe zurückgegriffen werden. Dem Beklagten ist zunächst dahin zuzustimmen, dass mit einem Bausatz nach allgemeinem Verständnis zumeist nur ein Modell erstellt oder einige wenige Modelle oder Geräte oder Varianten zusammengebaut werden können; mit einem Baukasten - Baukastenspielzeug fällt ebenfalls ausdrücklich in die Unterposition 9503 0035 - kann zumeist eine Vielzahl von Modellen oder Geräten gebaut werden bzw. wird ein variantenreiches freies Spiel ermöglicht (vgl. Wikipedia, Suchbegriff Bausatz). Die in dem Adventskalender enthalten Bauteile ermöglichen gerade nicht, nur ein bestimmtes Gerät oder wenige Geräte zusammenzubauen. Es geht im Streitfall nicht primär darum, bestimmte Geräte zu bauen, es soll auch kein variantenreiches freies Spiel möglich werden. Vielmehr dienen die Elektronikteile, die der Nutzer des "Adventskalenders" im Laufe der 24 Tage zur Verfügung gestellt bekommt, dazu, durch Versuche und Experimente Verständnis für elektrotechnische Zusammenhänge zu bekommen. Dies wird bereits im Vorwort des beiliegenden Heftes deutlich. Darin heißt es, es könnten ganz unterschiedliche Schaltungen aufgebaut werden und es ist von Versuchen und Experimenten die Rede, bei denen kleine Variationen jederzeit möglich seien und bei denen die Aufbauzeichnungen nur als Vorschläge dienten, da die Bauteile auch anders auf die Steckplatine gesetzt werden könnten, Variationen in den Schaltungen seien oft möglich und sinnvoll. Bereits mit den ersten Teilchen lässt sich am 1. Dezember mittels einer roten LED und eines Widerstandes ein einfacher Versuch durchführen. In den folgenden Tagen kommen weitere Bauteile hinzu und es werden im Anleitungsheft jeweils weitere Versuche beschrieben. Vergleicht man etwa die Position des Widerstandes in der Beschreibung für den 2. Dezember mit den Beschreibungen vom 3. Dezember und den Folgetagen, stellt man fest, dass der Aufbau häufig unterschiedlich ist. Der Versuchsaufbau ist jeden Tag im Prinzip ein anderer, auch wenn die Schaltungen komplexer werden und aufeinander aufbauen. Es ist auch nicht etwa so, dass die Platine jeden Tag um ein weiteres Teilchen ergänzt würde, dies zeigt etwa der Vergleich zwischen dem 22. Dezember, dem 23. Dezember und dem 24. Dezember. Der Aufbau der Bauteile auf der Platine ist jeweils ein anderer, so werden etwa am 22. Dezember vier LEDs, am 23. Dezember drei LEDs und am 24. Dezember sechs LEDs eingebaut. Es werden auch für jeden Tag bestimmte Versuche mit bestimmten Ergebnissen beschrieben. Die Darstellung der Klägerin, es gehe im Laufe der 24 Tage um den Bau einer Lichterkette, ist daher nicht nachvollziehbar. Dies wird auch deutlich durch den Umstand, dass für den Aufbau der Schaltung vom 24. Dezember nicht alle Bauteile benötigt werden, worauf in der Versuchsbeschreibung für diesen Tag ausdrücklich hingewiesen wird.

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Dass dem Zusammenbau der verschiedenen Bauteile auch Unterhaltungswert zukommt, liegt auf der Hand. Das Experimentieren mit elektronischen Bauteilen ist unterhaltsam und vermittelt spielerisch Wissen. Das Zusammenbauen von Teilen, um bestimmte Effekte zu erzielen und beobachten zu können, ist geradezu ein Musterbeispiel für pädagogisch sinnvolles Spielen. So weist auch die Klägerin selbst in ihrem Anleitungsbuch darauf hin, dass "Sie" - gemeint sind wohl die Eltern von Kindern - mit dem "Elektronik-Adventskalender" die Wartezeit auf Weihnachten durch interessante Experimente verkürzen. Weshalb dieses Experimentieren nicht spielerisch sein soll bzw. keine Unterhaltungswert haben soll, wie die Klägerin in der Klagebegründung meint, erschließt sich dem Gericht nicht.

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Demgegenüber legen die Erläuterungen zur Position 9503 die Einreihung als anderes Spielzeug, aufgemacht in Zusammenstellungen oder Aufmachungen der Unterposition 9503 0070 nahe. In der ErlHS Rz. 50.0 ist als Beispiel für diese Unterposition ein Chemiegerätekasten genannt, also eine Zusammenstellung von Gegenständen und Materialien, die für die Durchführung chemischer Experimente erforderlich sind. Hiermit ist der streitgegenständliche "Adventskalender" zu vergleichen. Dabei handelt es sich im Prinzip um einen Elektronikgerätekasten, mit dem elektronische Experimente durchgeführt werden können.

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Eine Einreihung in die Position 9505 als Weihnachtsartikel kommt ebenfalls nicht in Betracht. Hierunter fallen nach der ErlHS Rz. 04.2 Gegenstände, die nach herkömmlichen Brauch in der Weihnachtszeit/Adventszeit verwendet werden. Grundsätzlich fallen - als solche erkennbare - Adventskalender sicherlich in diese Position. Das Gericht hat bereits Zweifel, ob dass dies - unabhängig von der Füllung - beim streitgegenständlichen "Adventskalender" der Fall ist. Dass es sich bei der streitgegenständlichen Ware um einen "Adventskalender" handelt, sieht man ihr nicht wirklich an. Es finden sich keine weihnachtlichen bzw. vorweihnachtlichen Bilder oder Symbole auf dem Karton und es wird auch sonst in keiner Weise auf die Adventszeit Bezug genommen. Auch die Zahl 24 wird ohne entsprechenden Zusammenhang nicht zwangsläufig in Verbindung mit der Advents- bzw. Weihnachtszeit gebracht. Die Türchen sind zwar - mit etwas Fantasie betrachtet - in Form einer Tanne angeordnet, letztlich weist die Ware aber auch was die Anordnung der Türchen anbelangt ein Maß an Abstraktion auf, die sie nicht ohne weiteres mit Weihnachten bzw. der Adventszeit in Zusammenhang bringt. Zu Recht hat der Beklagte jedenfalls darauf hingewiesen, dass der Adventskalender mit anderen Waren gestellt wird, die für sich betrachtet keine Festtagsartikel darstellen und im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3 b den Charakter der Ware bestimmen.

II.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.