Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 21. Apr. 2015 - 6 K 418/14 K,F

ECLI:ECLI:DE:FGD:2015:0421.6K418.14K.F.00
bei uns veröffentlicht am21.04.2015

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.


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Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) gehemmt wird, wenn ein unbefristeter Antrag auf Verschiebung des Prüfungsbeginns gestellt, aber nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Antragseingang mit der Außenprüfung begonnen worden ist.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, reichte ihre Körperschaftsteuererklärungen und ihre Erklärungen zur gesonderten Feststellung der in § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) genannten Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre (1991 bis 1994) in 1992, 1994 und 1995 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) ein. Die Gewerbesteuererklärungen gingen für die Jahre 1992 und 1993 in 1994 ein. Für das Jahr 1991 ist der Eingang der Erklärung unbekannt; es liegt lediglich ein Steuermessbescheid vom 12. März 1993 vor. In der Folgezeit erließ das FA aufgrund der Steuererklärungen Steuerbescheide; diese ergingen sämtlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO).

3

In den Jahren 1990 bis 1996 fand bei der Klägerin u.a. eine Außenprüfung wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1984 bis 1990 statt. Gegen die nach der Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheide legte die Klägerin im Jahr 1997 Einsprüche ein. Gegenstand dieses Einspruchsverfahrens war u.a. die Frage, ob ein Teil des Geschäftsführergehalts als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu werten ist, weil die Gesamtausstattung des Geschäftsführers bei sämtlichen Konzerngesellschaften zu hoch sei. Die Klägerin und das FA trafen in diesem anhängigen Einspruchsverfahren am 20. Juli 2000 eine tatsächliche Verständigung zur Höhe der angemessenen Gesamtausstattung des Geschäftsführers im Konzern sowie zu der daraus resultierenden vGA der Klägerin. Die tatsächliche Verständigung wurde zudem auf die Streitjahre erstreckt. Die Klägerin "stimmte einer Bescheidänderung der betreffenden Jahre zu".

4

Daneben war gegen den Geschäftsführer der Klägerin zwischen 1990 und 1997 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung (betreffend die Jahre 1985 bis 1989) anhängig. Im Jahr 1997 erging ein Urteil, das seit Juli 1997 rechtskräftig ist.

5

Am 11. November 1996 erließ das für die Außenprüfung bei der Klägerin zuständige Finanzamt S (FA S) gegenüber der Klägerin eine Prüfungsanordnung, die u.a. auch die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer der Streitjahre betraf. Als voraussichtlichen Prüfungsbeginn gab das FA S den 11. Dezember 1996 an. In einem an den Prüfer des FA S adressierten Schreiben vom 22. November 1996 beantragte die Klägerin, den Prüfungsbeginn zu verschieben. Gründe für die Verschiebung wurden ebenso wenig genannt wie ein Zeitpunkt, bis wann die Prüfung aufgeschoben werden sollte. Die Prüfung für die Streitjahre begann am 24. Februar 2000 und dauerte bis zum 7. Februar 2001.

6

Das FA erließ am 26. Mai 2004 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide wegen Körperschaftsteuer und gesonderter Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG für die Streitjahre sowie am 26. Juli 2004 wegen Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags für die Jahre 1991 bis 1993. Zugleich hob das FA jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

7

Die Einsprüche der Klägerin gegen diese Änderungsbescheide blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit Urteil vom 17. Februar 2011  3 K 3289/08 (veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 1037) statt. Die nach § 171 Abs. 4 AO im Jahr 1996 zunächst eingetretene Ablaufhemmung sei im Jahr 1998 rückwirkend wieder entfallen, weil das FA nicht innerhalb der von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 17. März 2010 IV R 54/07 (BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7) geforderten Frist von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Verschiebung des Prüfungsbeginns mit der Prüfung begonnen habe.

8

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt,        
das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
9

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Erlass der angefochtenen geänderten Bescheide wegen Körperschaftsteuer und gesonderter Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG für die Streitjahre vom 26. Mai 2004 sowie der Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags für die Jahre 1991 bis 1993 vom 26. Juli 2004 der Ablauf der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist und damit der Eintritt der Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung entgegenstanden. Der Antrag der Klägerin auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung vom 22. November 1996 hat dazu geführt, dass die in § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO bestimmte Ablaufhemmung eingetreten ist. Für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gilt dies gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß. Die Ablaufhemmung ist auch nicht deshalb wieder rückwirkend entfallen, weil das FA nicht innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Verschieben des Prüfungsbeginns beim FA S mit einer Prüfung begonnen hat.

12

1. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO, der gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO für die gesonderte Feststellung sinngemäß gilt, ist eine Steuerfestsetzung (Feststellung) sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) abgelaufen ist. Gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Ist --wie im Streitfall-- eine Steuererklärung abzugeben, so beginnt die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Steuererklärung i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist auch die Erklärung zur gesonderten Feststellung (§ 181 Abs. 1 Satz 2 AO). Zutreffend hat das FG erkannt, dass nach diesen Rechtsgrundsätzen und ohne Berücksichtigung der streitbefangenen Ablaufhemmung die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) für das Streitjahr 1991 mit Ablauf des 31. Dezember 1996, für die Streitjahre 1992 und 1993 mit Ablauf des 31. Dezember 1998 und für das Streitjahr 1994 mit Ablauf des 31. Dezember 1999 abgelaufen ist.

13

2. Nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO, der gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gleichfalls für die gesonderte Feststellung sinngemäß gilt, war der Ablauf der Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) unter den im Streitfall vorliegenden Umständen gehemmt.

14

a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern (Feststellungsfrist für die Besteuerungsgrundlagen), auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall des Hinausschiebens der Außenprüfung erstrecken sollte, gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO u.a. nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide (Feststellungsbescheide) unanfechtbar geworden sind.

15

aa) Soweit § 171 Abs. 4 Satz 1 AO in seiner 2. Alternative dem Antrag des Steuerpflichtigen auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung (vgl. § 197 Abs. 2 AO) die gleiche Rechtsfolge (Hemmung des Ablaufs der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist) wie dem Beginn der Außenprüfung zuordnet, gilt dies nur, soweit ein entsprechender Antrag auch ursächlich für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7, m.w.N.). Dabei ist ohne Bedeutung, ob der Steuerpflichtige gewichtige Gründe für die Verlegung glaubhaft gemacht hat (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 40; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 171 AO Rz 93; Pahlke/ Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 171 Rz 77). Hinsichtlich der erforderlichen Kausalität eines Antrags nach § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO ist auf den Tag des Antragseingangs abzustellen, welcher der maßgebliche Zeitpunkt für den Eintritt der Ablaufhemmung ist (vgl. z.B. Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 171 AO Rz 40; Banniza in HHSp, § 171 AO Rz 93). Da es für den Eintritt der Ablaufhemmung nicht darauf ankommt, ob bzw. inwieweit zu einem dem Tag der Antragstellung nachfolgenden Zeitpunkt in der Sphäre der Finanzverwaltung liegende Gründe nunmehr gleichfalls ursächlich für das Hinausschieben des Beginns einer Außenprüfung sein könnten, ist es ohne Belang, ob ein Antrag auf Prüfungsaufschub befristet oder unbefristet gestellt wird. Entscheidend ist allein, ob bereits im Zeitpunkt der Antragstellung Gründe für den Prüfungsaufschub gegeben sind, die in der Sphäre der Finanzverwaltung liegen und den Eintritt der Ablaufhemmung ausschließen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7). Wird der Beginn der Außenprüfung nicht maßgeblich aufgrund des Antrags des Steuerpflichtigen, sondern aufgrund der eigenen Belange der Finanzbehörde bzw. aus innerhalb deren Sphäre liegenden Gründen hinausgeschoben, so läuft die Frist ungeachtet des Antrags ab (vgl. Senatsbeschluss vom 30. März 1999 I B 139/98, BFHE 188, 131; Frotscher in Schwarz, AO, § 171 Rz 37; Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung 1999, 192; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 171 Rz 66; Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 171 AO Rz 41; Pahlke/Koenig/Cöster, a.a.O., § 171 Rz 77).

16

bb) Nach Eingang eines Antrags des Steuerpflichtigen, der zum Eintritt der Ablaufhemmung i.S. von § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO führt, verbleibt der Finanzbehörde allerdings nach Auffassung des IV. Senats des BFH (im Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7) nicht unbegrenzte Zeit, mit der Außenprüfung zu beginnen. Dies lasse sich einem allgemeinen Rechtsgedanken entnehmen, der in § 171 Abs. 8 Satz 2 AO und auch in § 171 Abs. 10 AO Ausdruck finde. Beide Vorschriften räumten der Finanzbehörde in den Fällen des Wegfalls eines außerhalb ihrer Sphäre eingetretenen Hindernisses eine Zweijahresfrist für ein weiteres Tätigwerden ein. Ab diesem Zeitpunkt könne und dürfe die Finanzbehörde wieder selbst die Initiative zur Bearbeitung des Falles ergreifen und dementsprechend sei die Behörde auch im Hinblick auf § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO gehalten, mit der Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns zu beginnen, wolle sie den Ablauf der Festsetzungsfrist verhindern.

17

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung des IV. Senats prinzipiell an. Auch aus der Regelung in § 171 Abs. 4 Satz 2 AO wird ein derartiges einschränkendes Gesetzesverständnis sichtbar; auch diese Vorschrift will eine unbegrenzte Ablaufhemmung für jene Fälle ausschließen, in denen sich die Durchführung einer Außenprüfung über Gebühr aus einem in der Sphäre der Finanzverwaltung liegenden Grund verzögert (vgl. Beschluss des erkennenden Senats in BFHE 188, 131). § 171 AO lässt sich damit insgesamt die Vorstellung des Gesetzgebers entnehmen, dass die Finanzbehörde den konkreten Steuerfall in angemessener Zeit abschließend beurteilen soll, insbesondere dann, wenn keine rechtlichen oder --was regelmäßig Hintergrund einer Außenprüfung ist-- tatsächlichen Unsicherheiten mehr bestehen.

18

cc) Dies gilt jedenfalls, wenn --wie in dem vom IV. Senat entschiedenen Streitfall-- ein befristeter Aufschub des Prüfungsbeginns beantragt worden ist. In diesem Fall kommt es nicht in Betracht, die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) erst nach Ablauf von zwei Jahren seit Ablauf der beantragten Aufschubfrist enden zu lassen. Denn die Finanzbehörde hat bei einem zeitlich befristeten Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns die Möglichkeit, auf die zeitliche Dauer ihrer Untätigkeit Einfluss zu nehmen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7). Sie kann bereits bei Eingang des Antrags dafür Sorge tragen, dass die erforderliche (neue) Integration des Prüfungsfalles in die Prüfungspläne erfolgen kann. Der Zeitraum von zwei Jahren ab Antragseingang erscheint hierfür ausreichend bemessen.

19

Anders kann es sich indessen verhalten, wenn der Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns keine zeitlichen Vorgaben enthält (so im Ergebnis Nr. 3 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 171 AO i.d.F. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. Dezember 2010, BStBl I 2011, 2). In diesem Fall kann die Finanzbehörde faktisch daran gehindert sein, den Prüfungsfall bereits im Zeitpunkt der Antragstellung neu in die Prüfungspläne zu integrieren. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn beispielsweise Rechtsbehelfsverfahren betrieben werden und diese Rechtsbehelfsverfahren Prüfungsmaßnahmen betreffen, die mit der gegen den Steuerpflichtigen gerichteten Außenprüfung in hinreichendem sachlichem Zusammenhang stehen. Entsprechend dem Rechtsgedanken, der in § 171 Abs. 8 Satz 2 AO und auch in § 171 Abs. 10 AO seinen Ausdruck gefunden hat, erscheint es in diesem Fall als sachgerecht, die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) enden zu lassen, nachdem der Hinderungsgrund beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis hat.

20

b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG im Ergebnis zu Unrecht entschieden, dass die zunächst eingetretene Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) zwei Jahre nach Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns wieder rückwirkend entfallen ist.

21

aa) Der Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns der Klägerin ist am 22. November 1996 beim FA S eingegangen und hat zunächst dazu geführt, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) gehemmt war. Das FG hat zutreffend angenommen, dass der Antrag der Klägerin ursächlich für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns war. Zu dieser Würdigung konnte das FG gelangen, obwohl die Klägerin keine Gründe für die Verlegung glaubhaft gemacht hat. Aufgrund der im Jahr 1997 eingelegten Einsprüche der Klägerin u.a. gegen die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1984 bis 1990 ging das FG im Zeitpunkt der Antragstellung von einem sachlichen Zusammenhang dieser dort zu klärenden Frage mit der Prüfung der Klägerin für die Streitjahre aus. Denn das Ergebnis der Rechtsbehelfsverfahren konnte den Ablauf der Außenprüfung beeinflussen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195). Gleiches gilt für das gegen den Geschäftsführer der Klägerin anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung (betreffend die Jahre 1985 bis 1989). Auch hier nahm das FG einen sachlichen Zusammenhang zu der Prüfung der Streitjahre an.

22

Diese Würdigung des FG war möglich, denn sie gründet auf der Feststellung, dass Gegenstand der oben genannten laufenden Verfahren die Höhe der angemessenen Gesamtausstattung des Geschäftsführers im Konzern sowie die daraus resultierende vGA der Klägerin war. Ein Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze ist nicht vorgetragen und bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung. Das FG ist daher in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Würdigung gelangt, dass der Antrag der Klägerin ursächlich für das Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung war.

23

bb) Das FG ging jedoch zu Unrecht davon aus, dass die Finanzbehörde die Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns bei der Finanzbehörde zu beginnen hat, wenn sie den Ablauf der Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) verhindern will. Denn der Antrag der Klägerin auf Aufschub des Prüfungsbeginns enthält keine zeitlichen Vorgaben, ab wann bei der Klägerin mit der Außenprüfung begonnen werden kann. Anders als bei einem zeitlich befristeten Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns kann die Finanzbehörde nicht bereits bei Eingang des Antrags dafür Sorge tragen, dass die erforderliche (neue) Integration des Prüfungsfalles in die Prüfungspläne erfolgen kann. Es war für die Finanzbehörde nicht abzusehen, wann die Rechtsbehelfsverfahren bzw. das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, als Anlass für den Prüfungsaufschub beendet sein würden. Da beide Verfahren aber nach Auffassung des FG Einfluss auf den Ablauf der Außenprüfung haben konnten, war die Finanzbehörde faktisch gehindert, den Prüfungsfall bereits im Zeitpunkt der Antragstellung neu in die Prüfungspläne aufzunehmen. Nachdem das strafrechtliche Verfahren im Juli 1997 abgeschlossen worden war, wurden die anhängigen Rechtsbehelfsverfahren nach den Feststellungen des FG schließlich erst am 20. Juli 2000 im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung zur Höhe der angemessenen Gesamtausstattung des Geschäftsführers im Konzern sowie zu der daraus resultierenden vGA der Klägerin beendet. Da die Prüfung für die Streitjahre bereits am 24. Februar 2000 begonnen hat, war die angemessene Zeitspanne nach dem Wegfall der Unsicherheiten im Urteilsfall gewahrt.

24

3. Die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) war im Zeitpunkt des Erlasses der geänderten streitbefangenen Bescheide auch nicht wegen § 171 Abs. 4 Satz 3 AO (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) abgelaufen. Danach endet die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind. Da die Prüfung für die Streitjahre nach den Feststellungen des FG am 7. Februar 2001 beendet worden war, hat das FA mit dem Erlass der streitbefangenen geänderten Bescheide am 26. Mai 2004 bzw. 26. Juli 2004 die Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO eingehalten.

25

4. Da die Vorinstanz eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif und die Klage abzuweisen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.

(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

1.
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
2.
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

(2) Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Ist über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 44 ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Das Gericht kann das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aussetzen; wird dem außergerichtlichen Rechtsbehelf innerhalb dieser Frist stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt anzusehen.

(2) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt für die Fälle sinngemäß, in denen geltend gemacht wird, dass eine der in § 348 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung genannten Stellen über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, wendet sich mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Finanzgerichts (FG), mit der das FG die Anerkennung von steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen eines PKW BMW an einen Abnehmer in Belgien und eines PKW Mercedes Benz an einen Abnehmer in Spanien nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für das Streitjahr 1998 versagt hat.

2

Das FG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe hinsichtlich der streitgegenständlichen PKW jedenfalls keinen hinreichenden Belegnachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen erbracht. Auch auf Grund der objektiven Beweislage stehe nicht fest, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG für die Lieferung der PKW Mercedes Benz und BMW vorlägen. Die Klägerin könne sich schließlich nicht auf den Vertrauensschutz gemäß § 6a Abs. 4 UStG berufen. Denn die Frage des Gutglaubensschutzes stelle sich erst dann, wenn der Unternehmer seinen --im Streitfall nicht erfüllten-- Nachweispflichten gemäß §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung nachgekommen sei.

3

Gegen das Urteil des FG wendet sich die Klägerin mit der auf Verfahrensmängel gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Oktober 2010 VI B 91/10, BFH/NV 2011, 280, m.w.N.).

5

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision u.a. zuzulassen, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

6

Die von der Beschwerde gerügten Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen --soweit sie den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt worden sind-- nicht vor.

7

1. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO) ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht unter dem Gesichtspunkt einer Überraschungsentscheidung. Eine solche liegt vor, wenn das FG seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. Januar 2008 X B 179/06, BFH/NV 2008, 608; vom 18. September 2009 IV B 140/08, BFH/NV 2010, 220, unter b).

8

Die Beteiligten haben die Frage, ob die Klägerin die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der behaupteten innergemeinschaftlichen Lieferungen der PKW BMW und Mercedes Benz ordnungsgemäß nachgewiesen hat, schriftsätzlich kontrovers erörtert. Die Abweisung der Klage als unbegründet wegen nicht erfüllter Nachweispflichten erfolgte daher für die Klägerin nicht überraschend. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern und ihnen die einzelnen für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. Mai 2000 VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235; vom 13. Juli 2012 IX B 3/12, BFH/NV 2012, 1635, unter 3.a).

9

2. Die weitere Rüge der Klägerin, das FG sei von Amts wegen gemäß § 76 Abs. 1 FGO verpflichtet gewesen, den Sachverhalt weiter aufzuklären, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht, da die Rüge nicht den formellen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht.

10

Da die Sachaufklärungspflicht dazu dient, die Spruchreife der Klage herbeizuführen, hat das FG nur das aufzuklären, was aus seiner materiell-rechtlichen Sicht entscheidungserheblich ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. August 2011 III B 144/10, BFH/NV 2011, 1915, Leitsatz 2, unter II.2.b; vom 28. Juni 2011 IX B 11/11, BFH/NV 2011, 1891; vom 18. Juli 2012 V B 99/11, nicht veröffentlicht --n.v.--, juris, unter II.1.a). Um einen Sachaufklärungsmangel hinreichend darzulegen, hätte die von einem Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin vortragen müssen, welche konkreten Tatsachen das FG habe aufklären und welche genau bezeichneten Beweise es von Amts wegen habe erheben müssen, weshalb sie nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat und weshalb sich die Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich habe aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Januar 2010 III B 50/09, BFH/NV 2010, 919; vom 18. Juli 2012 V B 99/11, n.v., juris, unter II.1.a). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.

11

Die Sachaufklärungsrüge ist auch nicht geeignet, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, die eine fachkundig vertretene Beteiligte selbst in zumutbarer Weise in der mündlichen Verhandlung beim FG hätte stellen können (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. April 2012 I B 123/11, BFH/NV 2012, 1299, Leitsatz 2; vom 18. Juli 2012 V B 99/11, n.v., juris, unter II.1.a). Ein umsichtiger Prozessvertreter muss vielmehr stets gewärtigen, dass das Gericht die Beweismittel abweichend würdigt, und ist deshalb gehalten, vorsorglich alle von ihm für zweckmäßig erachteten Beweisanträge zu stellen und ihre Ablehnung gegebenenfalls rechtzeitig zu rügen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2012, 1299, unter II.4.; vom 18. Juli 2012 V B 99/11, n.v., juris, unter II.1.a).

12

Die Klägerin hat weder dargelegt noch ist es aus dem Sitzungsprotokoll des FG ersichtlich, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG Beweisanträge gestellt hat.

13

3. Auch die von der Klägerin erhobene Rüge einer überlangen Verfahrensdauer rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.

14

a) Macht ein Beschwerdeführer den Verfahrensmangel einer überlangen Verfahrensdauer geltend, so sind schlüssige Ausführungen dazu erforderlich, inwieweit das angefochtene Urteil anders ausgefallen wäre, wenn das FG zu einem früheren Zeitpunkt entschieden hätte (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 31. August 2010 III B 95/09, BFH/NV 2010, 2294; vom 26. Oktober 2011 IV B 139/10, BFH/NV 2012, 263, unter I.F.); hieran fehlt es. Im Übrigen kann im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde eine solche Rüge nur auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens, nicht (auch) auf die Dauer des Einspruchsverfahrens gestützt werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. September 2007 VII B 75/07, BFH/NV 2008, 126; in BFH/NV 2012, 263, unter I.F.). Des Weiteren ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass eine überlange Verfahrensdauer keine Verwirkung des Steueranspruchs nach sich ziehen kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. Juli 2010 VIII B 83/09, BFH/NV 2010, 1848; in BFH/NV 2012, 263, unter I.F.).

15

b) Eine abweichende rechtliche Beurteilung folgt auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 2. September 2010 46344/06 (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2010, 3355). Der EGMR stellte darin insbesondere fest, dass das dortige Gerichtsverfahren allein vor dem Oberverwaltungsgericht fast acht Jahre anhängig war (vgl. Urteil in NJW 2010, 3355, Rz 44). Davon abweichend wendet sich die Klägerin im Streitfall gegen das fast zehn Jahre dauernde Verwaltungsverfahren vor dem FA. Das anschließende Gerichtsverfahren vor dem FG dauerte hingegen circa zwei Jahre und zehn Monate.

16

4. Soweit sich die Ausführungen der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung gegen die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung richten, wird damit keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgeführten Zulassungsgründe dargetan, sondern nur, dass das FG nach Auffassung der Klägerin falsch entschieden habe. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung vermag die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO grundsätzlich nicht zu begründen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. November 2008 XI B 172/07, BFH/NV 2009, 617; vom 1. April 2011 XI B 75/10, BFH/NV 2011, 1372, m.w.N.).

17

5. Von einer weiteren Begründung des Beschlusses sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

Gründe

1

I. Die in der Beschwerdebegründung unter den Buchstaben A. bis G. geltend gemachten Zulassungsgründe liegen auch unter Berücksichtigung der weiteren, erst im Schriftsatz vom 17. Juni 2011 enthaltenen Ausführungen nicht vor. Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Oktober 2010 VI B 91/10, BFH/NV 2011, 280, m.w.N.).

2

A.1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) rügen, dass das Finanzgericht (FG) im Hinblick auf das Datum des Beginns der Außenprüfung die Beweislast zum Nachteil der Kläger umgekehrt habe, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Die Rüge rechtsfehlerhafter Anwendung von Beweislastgrundsätzen begründet keinen Verfahrensmangel; vielmehr erheben die Kläger damit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des Urteils, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen (BFH-Beschluss vom 10. Mai 2011 VIII B 147/10, BFH/NV 2011, 1516, m.w.N.).

3

2. Hinsichtlich des Vorbringens, das FG habe zu Unrecht den Beweisantrag, Herrn X zu vernehmen, abgelehnt, genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Das FG hat diesen Beweisantrag mangels konkret benannter Tatsachen als Ausforschungsbeweisantrag behandelt und deshalb unbeachtet gelassen. Die Kläger hätten insoweit ausführen müssen, aus welchen Gründen der Beweisantrag als hinreichend substantiiert hätte beurteilt werden müssen und aus welchen Gründen unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG ein anderes Ergebnis möglich gewesen wäre (BFH-Beschluss vom 8. Juni 2011 IX B 157/10, BFH/NV 2011, 1510). Die Beschwerdebegründung führt im Kern lediglich aus, dass eine Zeugenvernehmung das von den Klägern gewünschte Ergebnis gebracht hätte.

4

3. Soweit die Kläger geltend machen, das FG sei verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, dass ihr Beweisantrag auf Vorlage der Prüfertagebücher ins Leere gehe, weil diese nicht aufbewahrt worden seien, ist schon nicht erkennbar, dass die angegriffene Entscheidung auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruht. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) weist zutreffend darauf hin, dass das FG seine Überzeugung, dass am 11. Dezember 1986 eine Außenprüfung begonnen hat, schon ungeachtet des Inhalts der Prüfertagebücher gebildet hat.

5

B. Die Kläger halten zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage für erforderlich, ob eine im Ausland tätige Gesellschaft, was ihren Charakter als "Verlustzuweisungsgesellschaft" anbelangt, nach deutschem oder nach ausländischem Recht zu beurteilen ist. Die Beschwerde genügt insoweit nicht den Darlegungsanforderungen. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt und wenn die Frage nach dem "Ob" und ggf. "Wie" der Rechtsfortbildung klärungsbedürftig ist. Es gelten insoweit die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO höchstrichterlich entwickelten strengen Darlegungsanforderungen (z.B. BFH-Beschluss vom 13. Juli 2011 VI B 20/11, juris). Die Kläger legen indes im Kern lediglich ihre Rechtsauffassung dar, dass die Gewinnerzielungsabsicht einer inländischen KG in dem Sinne zu beurteilen sei, dass im Ausland erzielte, dort aber steuerlich nicht zu verwertende Verluste jedenfalls bei dieser KG Berücksichtigung finden können.

6

C.1. Soweit die Kläger eine Abweichung des FG von der Rechtsprechung des BFH zu sog. Verlustzuweisungsgesellschaften geltend machen, kommt die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht in Betracht. Der Zulassungsgrund der Divergenz ist gegeben, wenn die tragenden Ausführungen des FG in dem angefochtenen Urteil und diejenigen der Divergenzentscheidung bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage voneinander abweichen (z.B. BFH-Beschluss vom 29. Juni 2011 X B 59/10, juris). Die Kläger machen indes geltend, das FG sei vordergründig der Rechtsprechung des BFH gefolgt, habe die übernommene Definition einer "Verlustzuweisungsgesellschaft" seiner Begründung jedoch nicht oder nur modifiziert zugrunde gelegt. Damit legen die Kläger keine Divergenz dar, sondern rügen im Kern lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung, die die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht zu begründen vermag (z.B. BFH-Beschluss vom 1. April 2011 XI B 75/10, BFH/NV 2011, 1372, m.w.N.).

7

2. Die in diesem Zusammenhang von den Klägern erhobene Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) führt die Beschwerde gleichfalls nicht zum Erfolg. Da die Sachaufklärungspflicht dazu dient, die Spruchreife der Klage herbeizuführen, hat das Gericht nur das aufzuklären, was aus seiner (materiell-rechtlichen) Sicht entscheidungserheblich ist (BFH-Beschlüsse vom 23. September 2009 IV B 133/08, BFH/NV 2010, 52, und vom 5. August 2011 III B 144/10, juris). Das FG hat den angebotenen ausländischen Zeugen u.a. deshalb keine Bedeutung beigemessen, weil das von ihnen erstellte Gutachten nichts zu der vom FG für entscheidungserheblich erachteten Frage habe beitragen können, ob auf der Ebene der KG, an der die Kläger beteiligt waren, Gewinne entstehen konnten.

8

D. Die Kläger halten sinngemäß die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO für geboten hinsichtlich der Frage, ob bei einer Fondsgesellschaft (KG) für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht auch dann zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterebene zu unterschieden ist, wenn Fondsinitiatoren und Anleger teilweise identisch sind. Falls dies zu bejahen sei, sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) eine klarstellende Entscheidung des BFH erforderlich, weil die Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH von der des IV. Senats des BFH möglicherweise abweiche, soweit der IV. Senat (BFH-Urteile vom 24. November 1988 IV R 37/85, BFH/NV 1989, 574, und vom 2. Februar 1989 IV R 109/87, BFH/NV 1989, 692) das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht bei einer Gesellschaft als irrelevant ansehe, sofern die Gesellschafter in Verkennung der Sachlage versuchen, im Rahmen der Geschäftstätigkeit dieser Gesellschaft einen Totalgewinn zu erzielen. Ungeachtet der Frage, ob die Beschwerdebegründung insoweit den Darlegungsanforderungen entspricht, rechtfertigt auch dieser Vortrag nicht die Zulassung der Revision.

9

1. Nach der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH, die auch von den Klägern benannt wird (Urteil vom 4. November 2003 VIII R 38/01, BFH/NV 2004, 1372, unter II.B.2.b cc), ist Voraussetzung dafür, dass dem Gesellschafter eine Mitunternehmerstellung und damit die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vermittelt wird, dass die Personengesellschaft (die Mitunternehmerschaft) ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG betreibt. Das setzt wiederum --wie die Kläger selbst vortragen-- voraus, dass die Personengesellschaft mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird. Etwas anderes gilt --so die Ausführungen des VIII. Senats des BFH-- nur dann, wenn der Gesellschafter selbst einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält und die Beteiligung dort im Betriebsvermögen hält (betrieblich beteiligter Gesellschafter). An diesen Grundsätzen ändert sich auch bei einer Fondsgesellschaft in Gestalt einer sog. Publikums-KG nichts, selbst wenn Fondsinitiatoren und Anleger (als Kommanditisten und/oder als stille Gesellschafter) teilweise identisch sind. Ob dieser Umstand für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht auf Gesellschaftsebene von Bedeutung ist, ist eine Tatfrage, die vom FG unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen ist.

10

2. Die von den Klägern vermutete Divergenz besteht --worauf das FA zutreffend hinweist-- nicht. In seinem Urteil in BFH/NV 2004, 1372 (unter II.B.2.b bb) hat der VIII. Senat des BFH ausgeführt, dass die Gewinnerzielungsabsicht auch dann gegeben sein könne, wenn ein Betrieb aus der Sicht eines objektiven, sachkundigen Beobachters nach seiner Wesensart oder der Art seiner Betriebsführung nicht geeignet sei, einen Totalgewinn zu erzielen. In diesem Fall müsse der Steuerpflichtige (im entschiedenen Fall eine GmbH & Co. KG) allerdings substantiiert Umstände darlegen und glaubhaft machen, die ihn subjektiv zu der Annahme berechtigten, insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielen zu können. Der IV. Senat des BFH ist in seinem von den Klägern zitierten Urteil in BFH/NV 1989, 574 (unter 1.a) davon ausgegangen, dass in dem Umstand, dass der Betrieb bei objektiver Beurteilung keinen Totalgewinn erwarten lasse, ein Beweisanzeichen liege, dass dem Steuerpflichtigen dies bekannt gewesen sei und er nicht in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt habe. Diese Folgerung hält jedoch auch der IV. Senat nicht für zwingend; der Steuerpflichtige könne darlegen, aus welchen besonderen Gründen er gleichwohl mit einer Gewinnerzielung gerechnet habe.

11

E. Soweit die Kläger geltend machen, das FG sei irrig von einer sog. Verlustzuweisungsgesellschaft ausgegangen und habe deshalb von den Klägern für entscheidungserheblich erachtete BFH-Entscheidungen nicht berücksichtigt und Tatsachen nicht aufgeklärt, rügen sie im Kern erneut eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG. Wie bereits ausgeführt, vermag dies die Zulassung der Revision im vorliegenden Fall nicht zu begründen.

12

F. Auch die Rüge einer überlangen Verfahrensdauer rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Macht ein Beschwerdeführer den Verfahrensmangel einer überlangen Verfahrensdauer geltend, so sind Ausführungen dazu erforderlich, inwieweit das angefochtene Urteil anders ausgefallen wäre, wenn das FG zu einem früheren Zeitpunkt entschieden hätte (BFH-Beschluss vom 31. August 2010 III B 95/09, BFH/NV 2010, 2294, m.w.N.); hieran fehlt es. Im Übrigen kann im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde eine solche Rüge nur auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens, nicht (auch) auf die Dauer des Einspruchsverfahrens gestützt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 26. September 2007 VII B 75/07, BFH/NV 2008, 126). Des Weiteren ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass eine überlange Verfahrensdauer keine Verwirkung des Steueranspruchs nach sich ziehen kann (z.B. BFH-Beschluss vom 14. Juli 2010 VIII B 83/09, BFH/NV 2010, 1848, m.w.N.).

13

G. Von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist vorliegend auch nicht die Frage, ob sich nach § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FGO die Rechtskraft des angegriffenen FG-Urteils auch auf Gesellschafter erstreckt, die ihre Beteiligung im Betriebsvermögen halten. Zum einen legen die Kläger nicht dar, dass diese Frage in einem Revisionsverfahren überhaupt klärungsfähig wäre; dass die Kläger selbst ihre Beteiligung im Betriebsvermögen halten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zum anderen kommt es --wie unter I.D.1. ausgeführt-- auf die Frage, ob die Personengesellschaft mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird, für die Annahme von Einkünften eines Gesellschafters aus Gewerbebetrieb nicht an, wenn dieser selbst einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält und die Beteiligung dort im Betriebsvermögen hält (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1372).

14

II. Von einer weiteren Begründung, insbesondere der Darstellung des Sachverhalts, wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.

(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

1.
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
2.
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

(2) Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

Tatbestand

1

I. Streitig ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen Zulassungskosten für Pflanzenschutzmittel in den Jahren 1999 und 2000.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform der GmbH & Co. KG ein Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln. Für zwei Wirkstoffe, deren Zulassungen im Jahr 2002 ausliefen, und für die Erstzulassung eines von ihr neu entwickelten Wirkstoffs beantragte die Klägerin im Jahr 1999 die Zulassung nach dem Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) bei der zuständigen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA). Die Kosten für die Zulassung durch die BBA schätzte sie nach dem Gebührenverzeichnis, das als Anlage der Pflanzenschutzmittel-Gebührenverordnung (PflSchMGebV) ergangen ist, und stellte diese in eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in den Streitjahren ein. Zum 31. Dezember 1999 betrug die Rückstellung für Zulassungskosten 180.000 DM, zum 31. Dezember 2000 erhöhte die Klägerin die Rückstellung auf 221.160 DM.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Rückstellung nicht an und verneinte die wirtschaftliche Verursachung der Zulassungskosten in den Streitjahren, da diese erst mit zukünftigen Erträgen im Zusammenhang stünden. Die Bildung einer Rückstellung setze die konkrete Zugehörigkeit künftiger Ausgaben zu bereits realisierten Erträgen voraus.

4

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Gemäß § 11 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) entstünden Kostenschulden, soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der zuständigen Behörde. Daher sei mit dem Zulassungsantrag eine Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber der BBA aus der auf Gesetz beruhenden Gebührenregelung in der Weise entstanden, dass die Klägerin einer rechtlichen Bindung hinsichtlich der Gebühreninanspruchnahme durch die BBA unterliege. Die Zulassungskosten seien jedoch in den Streitjahren nicht wirtschaftlich verursacht. Die Pflicht zur Zulassung der Pflanzenschutzmittel sei nicht daran geknüpft, dass die Klägerin in der Vergangenheit mit Pflanzenschutzmitteln habe handeln wollen, sondern daran, dass sie dies auch in Zukunft weiter beabsichtige. Die Bildung einer Rückstellung setze jedoch Aufwendungen voraus, die mit dem Gewinnermittlungszeitraum verknüpft sind. Hierfür reiche die rechtliche Verursachung einer ungewissen Verbindlichkeit im Gewinnermittlungszeitraum nicht aus, was sich aus dem Verbot der Bilanzierung der Verpflichtungen aus schwebenden Geschäften ergebe. Dem für den Ausweis von Aktiva maßgeblichen Realisationsprinzip stehe auf der Passivseite ein Belastungsprinzip gegenüber, das die Verknüpfung zwischen einer zukünftigen, ihrer Höhe nach ungewissen Ausgabe und dem laufenden Geschäftsjahr herstelle. Daher müssten entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ungewisse Verbindlichkeiten nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten. Einem hiervon abweichenden Urteil des I. Senats des BFH (Urteil vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121), wonach die Bildung einer Rückstellung unabhängig von der wirtschaftlichen Verursachung dann zulässig ist, wenn die Verbindlichkeit dem Grunde nach rechtlich entstanden und lediglich in ihrer Höhe ungewiss ist, schloss sich das FG nicht an. Es ließ die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu.

5

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts. Da ihre Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühren mit der Antragstellung entstanden und lediglich deren Höhe ungewiss sei, komme es auf die wirtschaftliche Verursachung der Zulassungskosten vor dem Bilanzstichtag nicht an.

6

Die Klägerin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Für die Zulassungskosten könne keine Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten anerkannt werden, da die Verpflichtung zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit der Fortführung des Handels mit diesen Produkten verknüpft sei, eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten aber Vergangenes abgelten müsse.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

10

Das FG hat die wirtschaftliche Verursachung im Jahr 1999 zu Unrecht verneint, soweit dies die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Zulassungskosten für das von ihr neu entwickelte Pflanzenschutzmittel betrifft.

11

1. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung sind in der Handelsbilanz u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus folgende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in den für die Streitjahre maßgeblichen Fassungen auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.1. der Gründe; vom 19. August 2002 VIII R 30/01, BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.1. der Gründe, und vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644, unter I. vor 1. der Gründe).

12

a) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann. Der Schuldner muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116, unter 3. der Gründe). Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, wobei in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt ist, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten gilt. Nach Auffassung des I. Senats des BFH ist die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr ein Merkmal, das nur bei der Passivierung künftig entstehender Verbindlichkeiten, nicht hingegen bei dem Grunde nach bereits bestehenden --lediglich dem Betrage nach ungewissen-- Verpflichtungen gilt (BFH-Urteile in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.3.a der Gründe, und vom 5. Juni 2002 I R 96/00, BFHE 199, 309, BStBl II 2005, 736, unter II.3. der Gründe). Urteilen anderer Senate ist möglicherweise zu entnehmen, dass auch eine dem Grunde nach rechtlich entstandene Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht sein muss (BFH-Urteile vom 25. August 1989 III R 95/87, BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3. der Gründe; vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, unter 1.a der Gründe; vom 18. Januar 2011 X R 14/09, BFHE 232, 449, BStBl II 2011, 496, unter II.1.b der Gründe).

13

b) Auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts innerhalb eines bestimmten Zeitraums gerichtet sind, sind Rückstellungen zu bilden, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.2. der Gründe, und in BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644, unter I.2. der Gründe).

14

2. Die Klägerin war im Gewinnermittlungszeitraum 1999 verpflichtet, im Hinblick auf ihre Verpflichtung zur Zahlung der Zulassungskosten für das von ihr neu entwickelte Pflanzenschutzmittel eine Rückstellung zu bilden. Dabei kann der erkennende Senat offenlassen, ob er sich der vom I. Senat des BFH vertretenen Auffassung zur wirtschaftlichen Verursachung anschließen könnte. Denn die genannte Zahlungsverpflichtung der Klägerin war im Jahr 1999 sowohl rechtlich (II.2.b) als auch wirtschaftlich (II.2.d) verursacht.

15

a) Die Passivierung der Verpflichtung zur Zahlung der Zulassungskosten ist nicht gemäß § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ausgeschlossen. Die Zulassungskosten sind nach Auffassung des erkennenden Senats zwar Bestandteil der Herstellungskosten für die Rezeptur des Pflanzenschutzmittels, die von der Klägerin selbst entwickelt wurde. Wegen des Aktivierungsverbots des § 5 Abs. 2 EStG für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens führen Aufwendungen für die Zulassung jedoch zu steuerlich sofort abziehbaren Betriebsausgaben.

16

aa) Die Zulassungskosten sind Teil der Herstellungskosten der Rezeptur, die ein eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens ist.

17

(1) Bei der Rezeptur eines Pflanzenschutzmittels handelt es sich um eine selbständige immaterielle Rechtsposition, die eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringt, einer besonderen Bewertung zugänglich ist, mindestens zusammen mit dem Unternehmen veräußert werden kann und für die der Erwerber eines Betriebs etwas aufwenden würde. Die Rezeptur erfüllt damit die Voraussetzungen, um als eigenständiges Wirtschaftsgut angesehen zu werden (vgl. BFH-Urteile vom 19. Juni 1997 IV R 16/95, BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808, unter II.1. der Gründe, und vom 14. April 2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696, unter II.1.a, m.w.N.). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob an der Rezeptur ein Patent oder andere gewerbliche Schutzrechte bestehen. Auch eine ungeschützte Erfindung kann ein Wirtschaftsgut sein (BFH-Urteil vom 2. Juni 1976 I R 20/74, BFHE 119, 410, BStBl II 1976, 666, unter 1. der Gründe). Da sich die Rezeptur eines Pflanzenschutzmittels nicht in einem einmaligen Akt verbraucht, sondern grundsätzlich dazu bestimmt ist, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen, ist sie dem Anlagevermögen zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 225/93, BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320, unter 1.c der Gründe).

18

(2) Die Kosten für die Zulassung eines neu entwickelten Pflanzenschutzmittels sind Teil der Herstellungskosten, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Schaffung der Rezeptur aufgebracht werden müssen. Herstellungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB). Hierzu gehören neben den Kosten, die unmittelbar der Herstellung dienen, auch alle Aufwendungen, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Herstellung des Wirtschaftsguts anfallen oder mit der Herstellung in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Die Herstellung endet regelmäßig, wenn das Wirtschaftsgut fertiggestellt ist, d.h. wenn es einen Zustand erreicht hat, der seine bestimmungsgemäße Nutzung ermöglicht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101, unter A.1. der Gründe, und vom 24. März 1987 IX R 17/84, BFHE 149, 548, BStBl II 1987, 694, unter 1. der Gründe, jeweils m.w.N.).

19

Die Zulassungskosten dienen dazu, die Rezeptur eines Pflanzenschutzmittels bestimmungsgemäß dafür zu nutzen, das Pflanzenschutzmittel am Markt anzubieten. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG in der in den Streitjahren gültigen Fassung dürfen Pflanzenschutzmittel grundsätzlich nur eingeführt oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie über eine Zulassung durch die BBA verfügen. Wer ein Pflanzenschutzmittel erstmals in den Verkehr bringen oder einführen will, muss gemäß § 12 i.V.m. § 11 PflSchG hierfür eine Zulassung der BBA beantragen. Durch §§ 11 f. PflSchG ist das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels unter ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gestellt (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. November 2009 I ZR 186/07, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zivilrecht 2010, 767, unter II.3.b der Gründe).

20

bb) Die Zuordnung der Zulassungskosten zu den Herstellungskosten der Rezeptur eines Pflanzenschutzmittels schließt im Streitfall die Bildung einer Rückstellung nicht aus. Nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, die insoweit in der Regelung des § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ihren Niederschlag gefunden haben, sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zulässig, wenn die künftigen Aufwendungen zur Erfüllung der Verpflichtung steuerrechtlich sofort abziehbare Ausgaben darstellen, also nicht als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert werden müssen (BFH-Urteile vom 19. August 1998 XI R 8/96, BFHE 186, 417, BStBl II 1999, 18, unter II.1. der Gründe, und vom 6. Oktober 2009 I R 36/07, BFHE 226, 342, BStBl II 2010, 232, unter II.2.a der Gründe). Aus § 5 Abs. 2 EStG folgt, dass für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens keine Aktivposten angesetzt werden dürfen. Ist deshalb der Herstellungsaufwand nicht zu aktivieren, muss hierfür eine Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten gebildet werden, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

21

b) Im Gewinnermittlungszeitraum 1999 war die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Zulassungskosten für das von ihr neu entwickelte Pflanzenschutzmittel unmittelbar kraft Gesetzes dem Grunde nach rechtlich entstanden.

22

aa) Die Klägerin hatte im Jahr 1999 einen Antrag auf Zulassung des von ihr neu entwickelten Pflanzenschutzmittels bei der sachlich zuständigen BBA gestellt. Die Beantragung der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels ist gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG i.V.m. § 1 Nr. 1 PflSchMGebV ein gebührenpflichtiger Tatbestand, für den die BBA Gebühren und Auslagen erhebt. An einen solchen Tatbestand knüpft § 11 Abs. 1 VwKostG an und regelt, dass die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Einreichung des Antrags entsteht (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 24. März 1999  8 C 27/97, BVerwGE 108, 364, unter 1.b der Gründe). In diesem Zeitpunkt wird der Anspruch der jeweiligen Behörde auf Zahlung der Kosten begründet (BVerwG-Urteil vom 24. Februar 2005  3 C 38/04, BVerwGE 123, 92, unter 2. der Gründe).

23

Bereits aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 VwKostG ergibt sich, dass eine Gebührenschuld, soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der zuständigen Behörde rechtlich entsteht, auch wenn zu diesem Zeitpunkt der genaue Kostenbetrag noch ungewiss ist. Davon ging auch der historische Gesetzgeber aus, als er im VwKostG das Entstehen der Kostenschuld (§ 11 VwKostG) zu einem früheren Zeitpunkt als dem Eintritt der Fälligkeit (§ 17 VwKostG) geregelt hat. Nur eine bereits entstandene Gebühren- und Auslagenschuld kann fällig werden (vgl. Gesetzesbegründung für den Entwurf eines Verwaltungskostengesetzes, BTDrucks VI/330, Einzelbegründung zu § 11 VwKostG, S. 15; Schlabach, Gebührenrecht der Verwaltung in Baden-Württemberg, Vorschriftensammlung und Kommentar zum Landesgebührenrecht und zum Gebührenrecht des Bundes, § 11 VwKostG Rz 1). In systematischer Auslegung ergibt sich die rechtliche Entstehung der Kostenschuld im Zeitpunkt der Antragstellung auch aus § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwKostG, wonach der Anspruch auf Zahlung von Kosten spätestens mit dem Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung verjährt. Dies gilt trotz der Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 VwKostG ohne Rücksicht darauf, zu welchem Zeitpunkt die Kostenschuld durch Bekanntgabe einer Kostenentscheidung im Einzelfall fällig wird (BVerwG-Urteil in BVerwGE 123, 92, unter 2. der Gründe).

24

bb) Die rechtliche Entstehung der Kostenschuld dem Grunde nach wird nicht davon berührt, dass bei Antragstellung noch ungewiss war, ob das Verwaltungsverfahren mit der Erteilung einer Zulassung an die Klägerin oder damit endet, dass ihr Antrag abgewiesen wird. Der Gebührentatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG i.V.m. § 1 Nr. 1 PflSchMGebV bezieht sich bereits seinem Wortlaut nach auf Sachentscheidungen über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels und damit auf den Erlass eines positiven oder negativen Bescheids, mit dem das Zulassungsverfahren abschließt (vgl. BVerwG-Urteil in BVerwGE 108, 364, unter 1.a der Gründe). Auch aus dem Verweis von § 3 Abs. 1 PflSchMGebV auf § 15 Abs. 2 VwKostG folgt, dass die Ablehnung einer Pflanzenschutzmittelzulassung grundsätzlich eine kostenpflichtige Amtshandlung ist (vgl. Schlabach, a.a.O., § 15 VwKostG Rz 4).

25

c) Die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Gebühren und Auslagen für die von ihr beantragte Zulassung des neu entwickelten Pflanzenschutzmittels war am Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 hinreichend konkretisiert.

26

aa) Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist hinreichend konkretisiert, wenn am Bilanzstichtag sicher voraussehbar ist, ob und ggf. in welchem Zeitpunkt die Verpflichtung entsteht. Die Verpflichtung muss auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums zielen. Bei einer kraft Gesetzes bestehenden Verpflichtung muss hierfür ein entsprechend konkreter Gesetzesbefehl bestehen und die Verletzung der Verpflichtung sanktionsbewehrt sein, so dass sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht mehr entziehen kann (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.2.b aa der Gründe; in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.2. der Gründe; in BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.1.b der Gründe, und in BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644, unter I.2. der Gründe).

27

bb) Mit der rechtlichen Entstehung der Kostenschuld war für die Klägerin vorhersehbar, dass sie wegen der im Zulassungsverfahren entstehenden Kosten in Anspruch genommen werden würde. Die BBA ist im Zeitpunkt der rechtlichen Entstehung der Kostenschuld verpflichtet, ihren Kostenanspruch wegen der im Zulassungsverfahren entstehenden Kosten gegenüber der Klägerin geltend zu machen, indem sie eine Kostenentscheidung erlässt. Sie verfügt über keinen Ermessensspielraum, hierauf zu verzichten. Auch die Klägerin konnte nach Einreichung ihres Antrags im Jahr 1999 das Entstehen der Kostenschuld dem Grunde nach nicht mehr durch Rücknahme des Antrags rückgängig machen. Eine Rücknahme des Zulassungsantrags nach Beginn der sachlichen Bearbeitung, aber vor Erteilung der Zulassung, bewirkt gemäß § 3 Abs. 1 PflSchMGebV i.V.m. § 15 Abs. 2 Halbsatz 1 VwKostG lediglich eine Ermäßigung der Kostenschuld um ein Viertel. Auch eine im Ermessen stehende Billigkeitsentscheidung der BBA kann gemäß § 3 Abs. 1 PflSchMGebV i.V.m. § 15 Abs. 2 Halbsatz 2 VwKostG allein zu einer weiteren Ermäßigung der vorgesehenen Gebühr oder zum Absehen von der Erhebung der geschuldeten Gebühren, nicht aber zur Aufhebung oder zum Erlöschen der dem Grunde nach vollwirksam entstandenen Kostenschuld führen.

28

Die Begleichung der Kostenschuld durch die Klägerin ist weiterhin sanktionsbewehrt und seitens der BBA rechtlich durchsetzbar, so dass sich die Klägerin am Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 der Erfüllung ihrer Verpflichtung im Ergebnis nicht mehr entziehen konnte. Gemäß § 18 Abs. 1 VwKostG in der im Streitfall anzuwendenden Fassung konnten bei Nichtzahlung einer fälligen Kostenschuld Säumniszuschläge in Höhe eines Prozents des rückständigen Betrags pro angefangenem Monat erhoben werden, wenn dieser Betrag 100 DM übersteigt. Bei Säumniszuschlägen handelt es sich um ein Druck- und Zwangsmittel eigener Art, um die rechtzeitige Kostenzahlung sicherzustellen (von Dreising, Verwaltungskostengesetz, § 18 Rz 1.2.). Für die rechtliche Durchsetzung ihres Kostenanspruchs stehen der BBA die Vollstreckungsmöglichkeiten nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG) zur Verfügung, da es sich bei der Kostenschuld um eine öffentlich-rechtliche Geldforderung i.S. des § 1 VwVG handelt.

29

d) Die Kostenschuld der Klägerin für die beantragte Zulassung des neu entwickelten Mittels ist im Gewinnermittlungszeitraum 1999 auch wirtschaftlich verursacht.

30

aa) Eine ungewisse Verbindlichkeit aufgrund öffentlichen Rechts ist wirtschaftlich verursacht, wenn sie so eng mit dem betrieblichen Geschehen des Wirtschaftsjahres verknüpft ist, dass es geboten ist, sie wirtschaftlich als Aufwand des jeweiligen Wirtschaftsjahres zu behandeln. Dafür müssen --ungeachtet der rechtlichen Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale einer Verbindlichkeit-- die wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Verpflichtung erfüllt sein und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen. Weiterhin muss der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung in der Vergangenheit liegen, so dass die Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt (BFH-Urteile vom 20. März 1980 IV R 89/79, BFHE 130, 165 , BStBl II 1980, 297, unter 5. der Gründe; in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3.a der Gründe; vom 25. März 1992 I R 69/91, BFHE 168, 527, BStBl II 1992, 1010, unter II.4.a der Gründe).

31

bb) Nach diesen Maßstäben ist die dem Grunde nach rechtlich entstandene Kostenschuld der Klägerin auch wirtschaftlich im Jahr 1999 verursacht.

32

(1) Entgegen dem FG-Urteil ist hierbei nicht darauf abzustellen, ob die Klägerin zur Zulassung des Pflanzenschutzmittels verpflichtet war und diese Verpflichtung in den Streitjahren wirtschaftlich verursacht ist. Maßgeblich für den Streitfall ist insoweit allein die wirtschaftliche Verursachung der Kostenschuld, um deren Passivierbarkeit die Beteiligten streiten. Diese ist unabhängig davon zu beurteilen, ob die Klägerin aufgrund des PflSchG verpflichtet war, für das von ihr neu entwickelte Mittel die Zulassung zu beantragen.

33

(2) Mit Einreichung ihres Zulassungsantrags für das neu entwickelte Mittel hat die Klägerin alle Tatbestandsmerkmale erfüllt, die für das Entstehen der Kostenschuld wesentlich sind. Der Antrag der Klägerin begründet zugleich den wirtschaftlichen Bezugspunkt der Kostenschuld zum Gewinnermittlungszeitraum 1999. Damit hat die Klägerin ein Verwaltungsverfahren initiiert, für dessen Kosten sie in Zukunft aufkommen muss. Im Hinblick auf die in der Kostenschuld enthaltenen Gebühren zahlt sie ein Entgelt für die Inanspruchnahme der Verwaltung, während die daneben zu begleichenden Auslagen auf die Erstattung der im Zulassungsverfahren entstandenen Aufwendungen gerichtet sind (vgl. Schlabach, a.a.O., § 1 VwKostG Rz 1).

34

Der Vergangenheitsbezug der Kostenschuld ergibt sich weiterhin daraus, dass die Kostenschuld unabhängig vom Ausgang des Zulassungsverfahrens besteht. Die Klägerin muss --wie dargestellt-- die Zulassungskosten sowohl bei Erlass eines positiven wie auch bei Erlass eines negativen Bescheids begleichen. Demgegenüber ist es unerheblich, ob sie im Falle eines positiven Bescheids das von ihr neu entwickelte Mittel zukünftig tatsächlich am Markt anbietet, also von der erteilten Zulassung auch Gebrauch macht, oder ob sie ihre unternehmerische Tätigkeit zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 vollständig beendet oder jedenfalls davon absieht, das neu entwickelte Pflanzenschutzmittel zukünftig in den Verkehr zu bringen. Eine Verbindlichkeit erweist sich im Wesentlichen als vergangenheitsorientiert, wenn die Pflicht unabhängig davon zu erfüllen ist, ob der Unternehmer seine Tätigkeit in Zukunft fortführt oder den Betrieb zum jeweiligen Bilanzstichtag beendet (BFH-Urteile vom 23. Juli 1980 I R 28/77, BFHE 131, 463, BStBl II 1981, 62, unter 1. der Gründe; in BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.2.a der Gründe).

35

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin im Falle der Erteilung der von ihr beantragten Zulassung und ihrer unterstellten Verwertung am Markt erst in Zukunft mit dem Pflanzenschutzmittel handeln wird und daraus künftige Erträge resultieren werden.

36

(a) Dies ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin ihre Kostenschuld --wie ausgeführt-- auch im Falle eines Ablehnungsbescheids begleichen muss. Darüber hinaus kann der Vergangenheitsbezug einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nicht allein damit verneint werden, dass die Verpflichtung in unternehmerischer Perspektive der Erzielung künftiger Einnahmen dient. In diesem Sinne kann bei allen Verbindlichkeiten, die ein Unternehmer in Fortführung seines Unternehmens eingeht, ein Bezug zu künftigen Einnahmen bejaht werden. So wie es für den zukunftsorientierten Charakter einer Verbindlichkeit vor allem darauf ankommt, ob diese dem künftigen Betrieb zugeordnet werden kann und diese Frage nicht zwingend identisch ist mit der Alimentierung künftiger Erträge (Clemm, Bilanzrecht und Kapitalmarkt, Festschrift für Adolf Moxter, 167, 177), ergibt sich umgekehrt der Vergangenheitsbezug einer Verbindlichkeit nicht allein daraus, dass die Verpflichtung konkrete Erträge in der Vergangenheit ermöglicht hat. Insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen kann der künftige Aufwand nicht eindeutig künftigen oder bereits realisierten Erträgen unmittelbar zugeordnet werden. Diese Verbindlichkeiten bestehen wegen ihres besonderen öffentlichen Rechtsgrunds unabhängig von konkreten Erträgen in der Vergangenheit oder in der Zukunft.

37

Auch im Falle der Klägerin ließen sich zukünftige Erträge aus einem künftigen Handel mit dem neu entwickelten Pflanzenschutzmittel nicht unmittelbar auf die Pflanzenschutzmittelzulassung bzw. den dafür entstandenen Zulassungsaufwand zurückführen. Die zukünftigen Erträge würden vielmehr aus den von der Klägerin eingegangenen Geschäften folgen, die sie auf Grundlage der Pflanzenschutzmittelzulassung tätigen kann.

38

(b) Mit dieser Betrachtung setzt sich der erkennende Senat nicht in Widerspruch zu der BFH-Rechtsprechung, die zu Rückstellungen für den Aufwand aus einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Nachanalyse und Zulassung von Arzneimitteln ergangen ist. Nach dieser Rechtsprechung hat eine Verpflichtung zukunftsorientierten Charakter, wenn ihre Entstehung im Wesentlichen von den zukünftigen Gewinnchancen des Unternehmens abhängt bzw. der Aufwand künftige Gewinnchancen ermöglicht (BFH-Urteile in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3.b der Gründe; vom 28. Mai 1997 VIII R 59/95, BFH/NV 1998, 22, unter 2.b der Gründe; vgl. BFH-Beschluss vom 24. Januar 1990 I B 112/88, BFH/NV 1991, 434, unter II.3.c der Gründe). Maßgeblicher Rechtsgrund für die in jenen Entscheidungen verneinte Passivierbarkeit von Kosten für die Nachanalyse und Zulassung von Arzneimitteln ist nach Ansicht des erkennenden Senats, dass die Verpflichtung zur Nachanalyse und Zulassung der bislang zulassungsfreien Arzneimittel jeweils erst in zukünftigen Wirtschaftsjahren bestand und die Arzneimittel in den Streitjahren ohne Einschränkung vertrieben werden konnten (BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 22, am Ende der Gründe; in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3.b der Gründe, und BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 434, unter II.3.c der Gründe). Bei der Pflicht zur Nachanalyse und Zulassung der Arzneimittel handelte es sich somit jeweils um eine Verbindlichkeit, die erst in Zukunft bei Fortführung des Betriebs über den Bilanzstichtag hinaus zum Tragen kam. Daran zeigte sich der zukunftsorientierte Charakter der Verpflichtung und ihre fehlende Zugehörigkeit zu bereits realisierten Erträgen (BFH-Urteile in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3.b der Gründe; in BFH/NV 1998, 22, unter 2.b der Gründe; BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 434, unter II.3.c der Gründe). Auch in diesen Entscheidungen wurde für die wirtschaftliche Verursachung somit maßgeblich darauf abgestellt, ob die Verpflichtung an den Betrieb des Unternehmens in der Vergangenheit anknüpft und daher auch dann fortbesteht, wenn es am Bilanzstichtag zur Einstellung des Betriebs kommt, oder ob es sich um eine Verpflichtung handelt, die erst bei Fortführung des Betriebs über den Bilanzstichtag hinaus zum Tragen kommt.

39

e) Bei der Verpflichtung zur Zahlung der Zulassungskosten handelt es sich nicht um Aufwand, der im überwiegenden Eigeninteresse der Klägerin liegt und bei der Erfüllung einer nicht passivierbaren "Verpflichtung gegen sich selbst" entsteht (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 2000 I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570, unter II.3. und II.4. der Gründe; in BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.2.b ee der Gründe). Die Zulassungskosten sind der Sache nach Herstellungskosten der Rezeptur des Pflanzenschutzmittels (siehe oben unter II.2.a der Gründe) und schon aus diesem Grund kein eigenbetrieblicher Aufwand im Sinne der bisherigen BFH-Rechtsprechung. Zudem besteht die Verpflichtung auf Zahlung der Kosten als echte Außenverpflichtung der Klägerin gegenüber der BBA. Aufwand, der aufgrund einer echten Außenverpflichtung gegenüber einem Dritten entsteht, ist kein Betriebserhaltungsaufwand aufgrund einer überwiegenden "Verpflichtung gegen sich selbst".

40

3. Das Urteil beruht auf der rechtsfehlerhaften Entscheidung des FG, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Zulassungskosten für das von der Klägerin neu entwickelte Pflanzenschutzmittel im Jahr 1999 nicht vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht worden sei. Es war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

41

a) Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, auf welche Höhe sich die Kosten für die Zulassung des von der Klägerin neu entwickelten Mittels voraussichtlich belaufen. Weiterhin fehlen Feststellungen dazu, ob sich die im Jahr 2000 vorgenommene Erhöhung der Rückstellung auf die Zulassungskosten bezieht, die für das neu entwickelte Pflanzenschutzmittel voraussichtlich anfallen, und ob diese Erhöhung sachlich gerechtfertigt ist.

42

b) Im Hinblick auf die Zulassungskosten für die zwei Pflanzenschutzmittel, deren Zulassungen im Jahr 2002 ausliefen, fehlen Feststellungen des FG dazu, ob die Rezepturen für diese beiden Mittel von der Klägerin selbst entwickelt wurden oder ob die Klägerin die Rezepturen für diese Mittel entgeltlich am Markt erworben hat. Im Falle von Eigenentwicklungen handelt es sich bei den Zulassungskosten um nachträgliche Herstellungskosten der Rezepturen, die die Klägerin gemäß § 5 Abs. 2 EStG nicht aktivieren darf. Dann sind die Zulassungskosten in eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten einzustellen. Hat die Klägerin dagegen die Rezepturen dieser Mittel entgeltlich am Markt erworben, stellen die Zulassungskosten aktivierungspflichtige nachträgliche Anschaffungskosten dar. In diesem Fall darf die Klägerin wegen dieser Zulassungskosten keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG).

Tatbestand

1

A. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist Eigentümerin mehrerer Flugzeuge, die sie Dritten zur Nutzung überlässt.

2

Wegen anstehender Maßnahmen zur Anpassung der Flugzeuge an den jeweiligen Stand der Technik bildete die Klägerin regelmäßig Rückstellungen. Die Anpassungsverpflichtungen resultierten u.a. aus Lufttüchtigkeitsanweisungen (LTA) sowie aus sog. "Joint Aviation Requirements" (JAR).

3

LTA wurden im Streitjahr 2002 auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 4. März 1970 (BGBl I 1970, 262) in der im Streitjahr geltenden Fassung (LuftBO) vom Luftfahrtbundesamt als der zuständigen Stelle angeordnet und in den "Nachrichten für Luftfahrer" oder in der "Informationsschrift des Beauftragten" bekanntgemacht. Sie verpflichten zur Durchführung konkret bezeichneter Maßnahmen an Luftfahrtgeräten, wenn sich beim Betrieb eines Luftfahrtgeräts Mängel des Musters herausstellen, die die Lufttüchtigkeit beeinträchtigen. Die in einer LTA angeordnete Maßnahme ist innerhalb einer bestimmten Umsetzungsfrist durchzuführen. Nach Ablauf der Frist darf das betroffene Flugzeug grundsätzlich nur in Betrieb genommen oder gehalten werden, wenn die angeordneten Maßnahmen vorschriftsgemäß durchgeführt worden sind (§ 14 Abs. 2 LuftBO).

4

Daneben richtete sich der Betrieb von Luftfahrzeugen, die, wie die Flugzeuge der Klägerin, zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen eingesetzt werden, im Streitjahr gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 LuftBO nach den Bestimmungen der Joint Aviation Authorities in ihrer jeweils jüngsten vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Bundesanzeiger bekanntgemachten Fassung der deutschen Übersetzung (JAR-OPS 1 deutsch --JAR-OPS 1--). Auch für die aus solchen JAR-OPS 1 resultierenden Verpflichtungen zur Durchführung von konkreten Maßnahmen sind Umsetzungsfristen vorgesehen, bei deren Nichteinhaltung eine Stilllegung des betroffenen Flugzeugs droht.

5

Die Klägerin bildete wegen voraussichtlicher Ausgaben für nach LTA und JAR-OPS 1 durchzuführende Maßnahmen regelmäßig aufwandswirksame Rückstellungen in der Steuerbilanz. Zum 31. Dezember des Streitjahrs 2002 (Bilanzstichtag) betrugen diese Rückstellungen 2.951.814,12 €. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) endete die Umsetzungsfrist für durchzuführende Maßnahmen, die mit 611.133,50 € in den Rückstellungen passiviert wurden (Maßnahmen "BAE 5", "BAE 6", "BAE 9", "LR 2" und "LR 3"), spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2002. Für die übrigen luftverkehrsrechtlich angeordneten Maßnahmen, die mit 2.340.680,62 € in den Rückstellungen enthalten waren, endete die Umsetzungsfrist erst nach Ablauf des Bilanzstichtags.

6

In vorangegangenen Betriebsprüfungen war die Bildung derartiger Rückstellungen nicht beanstandet worden. Erstmals anlässlich einer u.a. für das Streitjahr durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass den streitgegenständlichen Rückstellungen eigenbetrieblicher Aufwand zugrunde liege und es sich demnach um die Bildung nicht zulässiger Aufwandsrückstellungen handle. Entsprechend seien die Rückstellungen gewinnerhöhend aufzulösen.

7

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Auffassung des Prüfers und erließ auf der Grundlage der Ergebnisse der Außenprüfung für das Streitjahr unter dem 20. April 2006 einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in dem entsprechend der aufgelösten Rückstellungen ein höherer Gewinn festgestellt wurde.

8

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage hielt die Klägerin an ihrem Begehren fest, dass die voraussichtlichen Ausgaben wegen der verpflichtend durchzuführenden Maßnahmen in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 2002 in einer Rückstellung aufwandswirksam zu passivieren seien.

9

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG führte mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 884 veröffentlichten Urteil aus, dass die Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in Höhe von 611.133,50 €, d.h. für diejenigen Verpflichtungen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen zum Bilanzstichtag bereits abgelaufen seien, vorlägen. Insoweit habe zum Bilanzstichtag eine Verbindlichkeit bestanden, die lediglich der Höhe nach ungewiss gewesen sei. Für Maßnahmen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen zum Bilanzstichtag noch nicht abgelaufen seien und die die Klägerin mit 2.340.680,62 € beziffert habe, könnten hingegen zum 31. Dezember 2002 keine Rückstellungen gebildet werden. Denn insoweit seien öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zum Bilanzstichtag weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht gewesen. Insoweit könne sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass entsprechende Rückstellungen bei bisherigen Betriebsprüfungen unbeanstandet geblieben seien und ihr deshalb Vertrauensschutz zu gewähren sei.

10

Gegen das finanzgerichtliche Urteil haben sowohl das FA als auch die Klägerin fristgerecht Revision eingelegt. Mit den Revisionen wird jeweils die Verletzung materiellen Rechts geltend gemacht.

11

Das FA beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 13. Dezember 2010  3 K 3356/08 F aufzuheben und die Klage abzuweisen; im Übrigen die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 13. Dezember 2010  3 K 3356/08 F aufzuheben und den Bescheid vom 20. April 2006 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2008 dahingehend zu ändern, dass die in der Steuerbilanz der Klägerin ausgewiesenen Rückstellungen für behördliche Auflagen zur technischen Umrüstung und Anpassung von Flugzeugen anerkannt und die Einkünfte der Klägerin um 1.087.245 € gemindert werden.

13

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

14

B. I. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

15

Das FG ist zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass für die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen aus LTA und JAR-OPS 1, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen am Bilanzstichtag bereits abgelaufen waren, grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Rückstellungsbildung vorgelegen haben. Denn insoweit bestanden am Bilanzstichtag Verbindlichkeiten, die lediglich der Höhe nach noch ungewiss waren. Anhand der bisher getroffenen Feststellungen kann aber nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin im Streitjahr Rückstellungen für diese öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen bilden durfte.

16

1. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs in der für das Streitjahr geltenden Fassung (HGB) sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivierungsgebot für Verbindlichkeitsrückstellungen gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291, unter II.3.a, juris Rz 24; BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 11, m.w.N.).

17

a) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach --deren Höhe zudem ungewiss sein kann-- sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 12, m.w.N.). Zudem darf es sich bei den Aufwendungen nicht um (nachträgliche) Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts handeln (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG).

18

b) Diese Voraussetzungen gelten auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts gerichtet sind, sofern die öffentlich-rechtliche Verpflichtung bereits konkretisiert, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 13 und 26, m.w.N.; vom 6. Februar 2013 I R 8/12, BFHE 240, 252, BStBl II 2013, 686, Rz 11, m.w.N.).

19

2. Im Streitfall waren danach Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten wegen derjenigen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen aus LTA und JAR-OPS 1 zu bilden, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen am Bilanzstichtag des Streitjahrs bereits abgelaufen waren. Diese Verpflichtungen waren am Bilanzstichtag hinreichend konkretisiert und sowohl rechtlich entstanden (dazu B.I.2.a) als auch wirtschaftlich verursacht (dazu B.I.2.b) und nur der Höhe nach noch ungewiss. Losgelöst von der Frage, ob die Klägerin Adressatin der streitbefangenen luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen war, greifen die gegen die Bildung der Rückstellungen erhobenen Einwendungen des FA nicht durch (dazu B.I.2.c).

20

a) Nach allgemeinen Grundsätzen entstehen (auch öffentlich-rechtliche) Ansprüche und Verpflichtungen zu dem Zeitpunkt, zu dem die sie begründenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (BFH-Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 327/83, BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848, unter 1.a). Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung kann sich unmittelbar aus dem Gesetz oder durch einen gesetzeskonkretisierenden Verwaltungsakt ergeben (BFH-Urteil vom 25. August 1989 III R 95/87, BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.2.a). Für das rechtliche Entstehen der Verpflichtung kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt die in der konkreten Regelung enthaltenen materiellen Rechtsfolgen ausgelöst werden. Bei einem Verwaltungsakt kann dies der Zeitpunkt der Bekanntgabe, aber auch ein späterer Zeitpunkt sein. Letzterer ist insbesondere dann maßgebend, wenn die konkrete Regelungsanordnung unter einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung steht; die Verpflichtung entsteht in diesem Fall rechtlich erst im Zeitpunkt des Bedingungseintritts bzw. Fristablaufs (BFH-Urteile vom 13. Dezember 2007 IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516, unter II.2.b aa, und in BFHE 240, 252, BStBl II 2013, 686, Rz 13 und 18 f.).

21

Nach diesen Maßstäben ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Verpflichtungen zur Durchführung der Maßnahmen "BAE 5", "BAE 6", "BAE 9", "LR 2" und "LR 3" zum Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden und hinreichend konkretisiert waren. Denn nach den den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG war die Umsetzungsfrist für diese Maßnahmen am Bilanzstichtag bereits abgelaufen. Damit war sowohl der Adressat der Verpflichtungen zur Durchführung der in den entsprechenden LTA und JAR-OPS 1 vorgesehenen konkreten Maßnahmen verpflichtet als auch mit der sofortigen Stilllegung der betroffenen Flugzeuge zu rechnen.

22

b) Die demnach rechtlich entstandenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen waren im Streitjahr 2002 auch wirtschaftlich verursacht.

23

aa) Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist wirtschaftlich verursacht, wenn sie so eng mit dem betrieblichen Geschehen des Wirtschaftsjahrs verknüpft ist, dass es geboten ist, sie wirtschaftlich als Aufwand des jeweiligen Wirtschaftsjahrs zu behandeln (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 1991 IV R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600, unter II.1.b). Dafür müssen --ungeachtet der rechtlichen Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale-- die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des die Verpflichtung auslösenden Tatbestands erfüllt sein und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen. Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen, so dass die Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt (BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 30, m.w.N.). Maßgeblich ist dabei die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalls (BFH-Urteil in BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848, unter 1.b, juris Rz 14). Dabei ist geklärt, dass eine Verpflichtung, die lediglich darauf gerichtet ist, die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts in Zeiträumen nach Ablauf des Bilanzstichtags zu ermöglichen, in den bis dahin abgeschlossenen Rechnungsperioden wirtschaftlich noch nicht verursacht ist (BFH-Urteile in BFHE 240, 252, BStBl II 2013, 686, Rz 20f., m.w.N.; in BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516, unter II.2.b bb; in BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848, unter 1., juris Rz 17).

24

bb) Ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung am Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden, bedarf es allerdings keiner Prüfung der wirtschaftlichen Verursachung mehr, weil eine Verpflichtung nach Ansicht des Senats spätestens im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Entstehung auch wirtschaftlich verursacht ist. Denn mit der rechtlichen Entstehung sind nicht nur die wesentlichen, sondern alle Tatbestandsmerkmale des die Verpflichtung auslösenden Tatbestands erfüllt. Ab diesem Zeitpunkt ist auch eine Verpflichtung zur technischen Anpassung eines Wirtschaftsguts, das weiter genutzt werden soll, nicht mehr lediglich darauf gerichtet, die objektive Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts in Zeiträumen nach Ablauf des Bilanzstichtags zu ermöglichen. Vielmehr sind diese Verpflichtungen bereits der Rechnungsperiode zuzuordnen, in der sie rechtlich entstanden sind. Denn die durchzuführenden Maßnahmen dienen bereits mit dem rechtlichen Entstehen der ihnen zugrunde liegenden Verpflichtung dem Erhalt der technischen Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts im laufenden Betrieb. Eine mit Ablauf der Umsetzungsfrist rechtlich entstandene Verpflichtung knüpft damit also bereits an die gegenwärtige Nutzung des Wirtschaftsguts an. Folglich liegt --anders als vor Ablauf der Umsetzungsfrist-- bei wertender Betrachtung keine zukunftsorientierte Maßnahme vor, sondern aus Sicht des Bilanzstichtags eine (bereits) vergangenheitsbezogene.

25

Aufgrund dieses Verständnisses von der wirtschaftlichen Verursachung einer Verbindlichkeit kommt der Senat zu denselben Ergebnissen wie der I. Senat des BFH, nach dessen Auffassung es auf die wirtschaftliche Verursachung nicht ankommt, wenn die Verpflichtung rechtlich dem Grunde nach bereits entstanden ist (vgl. BFH-Urteile vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.3.; vom 5. Juni 2002 I R 96/00, BFHE 199, 309, BStBl II 2005, 736, unter II.3., und I R 23/01, BFH/NV 2002, 1434, unter II.3.).

26

c) Lösgelöst von der Frage, wer als Adressat der streitbefangenen luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen anzusehen ist, greifen die Einwendungen des FA gegen die Bildung der Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht durch.

27

aa) Die Durchführung der streitigen Maßnahmen liegt im überwiegenden öffentlichen Interesse. Der Senat verkennt nicht, dass der mit der Durchführung der Maßnahmen einhergehende Aufwand auch erforderlich ist, um ein Flugbetriebsunternehmen im Sinne des Unternehmensziels aufrechterhalten zu können. Gleichwohl rechtfertigt bereits der hohe Rang der Schutzgüter, deren Gefährdung durch den Erlass von LTA und JAR-OPS 1 entgegengetreten werden soll, die Annahme, dass das öffentliche Interesse an der Durchführung der Maßnahmen ein eigenbetriebliches Interesse jedenfalls überwiegt (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 2000 I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570, unter II.4.; vom 19. August 2002 VIII R 30/01, BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.2.b ee).

28

bb) Die Bildung einer Rückstellung für die streitigen Verpflichtungen ist auch nicht gemäß § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ausgeschlossen. Denn bei den durch sie verursachten Aufwendungen handelt es sich nicht um aktvierungspflichtige (nachträgliche) Anschaffungskosten. Insoweit konnte das FG eine Erweiterung oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung der betroffenen Flugzeuge i.S. des § 255 Abs. 1 HGB nicht feststellen. An diese Feststellung ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da diese weder mit Verfahrensrügen angegriffen wurde noch gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

29

cc) Die demnach zum Bilanzstichtag grundsätzlich zu bildenden Rückstellungen sind auch nicht um die Einnahmen aus den laufenden oder künftig abzuschließenden Charterverträgen der Höhe nach zu mindern. Insoweit fehlt es an einem sachlichen Zusammenhang zwischen der Pflichterfüllung und den (künftigen) Vorteilen.

30

(1) Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG sind bei der Bewertung von Rückstellungen künftige Vorteile, die mit der Erfüllung einer Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind, wertmindernd zu berücksichtigen.

31

Künftige Vorteile sind dabei auch solche, die nach dem Bilanzstichtag realisiert werden (Kiesel in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 6 EStG Rz 1176 am Ende; Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 977 b). Voraussetzung für die Wertminderung der Rückstellung ist allerdings, dass zwischen der zu erfüllenden Verpflichtung und dem wirtschaftlichen Vorteil zumindest ein sachlicher Zusammenhang besteht (so auch Urteil des FG Köln vom 14. Dezember 2005  4 K 2927/03, EFG 2006, 877; Urteil des FG München vom 27. März 2012  6 K 3897/09, EFG 2012, 1533, unter II.1.a; HHR/Kiesel, § 6 EStG Rz 1177). Dies ergibt sich zwar nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, aber aus ihrem Sinn und Zweck.

32

(a) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG bedarf es einer voraussichtlichen Verbindung zwischen dem Vorteilseintritt und der Erfüllung der Verpflichtung. Inwieweit eine solche Verbundenheit gegeben sein muss, konkretisiert das Gesetz hingegen nicht. Zur Auslegung dieses Merkmals kann nicht mehr auf die vor der Einfügung dieser steuerrechtlichen Bewertungsvorschrift ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden, die auf der Maßgeblichkeit handelsrechtlicher Grundsätze beruhte und derzufolge eine Anrechnung künftiger Vorteile auf eine zu passivierende Verpflichtung nur möglich war, wenn diese derart in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der drohenden Inanspruchnahme aus der Verpflichtung standen, dass sie Letzterer wenigstens teilweise spiegelbildlich entsprachen, rechtlich der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig nachfolgten und vollwertig waren (BFH-Urteile vom 17. Februar 1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437, unter 3.b; vom 3. August 1993 VIII R 37/92, BFHE 174, 31, BStBl II 1994, 444, unter II.3.b --Kompensation durch Rückgriffsansprüche--; vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251, unter II.4.c). Eine solche unmittelbare Verbindung wird von der nun geschaffenen steuerrechtlichen Regelung nicht mehr verlangt.

33

(b) Dass nicht jeder Zusammenhang zwischen der zu erfüllenden Verpflichtung und einem künftigen wirtschaftlichen Vorteil ausreicht, sondern ein sachlicher Zusammenhang erforderlich ist, ergibt sich jedoch aus Sinn und Zweck der Norm. Die Kompensationsregelung verfolgt das Ziel, die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Betriebs zutreffend zu bemessen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass künftige Einnahmen die später zu erfüllende Verbindlichkeit in ihrer Belastungswirkung mindern. So heißt es auch in der Gesetzesbegründung, dass ein gedachter Erwerber eines Betriebs derartige zu erwartende Erträge als belastungsmindernd honorieren würde (BTDrucks 14/23, S. 172; BTDrucks 14/443, S. 23; ebenso HHR/Kiesel, § 6 EStG Rz 1175; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz Da 23). Unter diesem Gesichtspunkt fehlt es aber an einem Verpflichtung und Vorteil verbindenden Zusammenhang, wenn die Erfüllung der Verpflichtung lediglich die allgemeine Aufrechterhaltung des Betriebs und damit allgemein die Möglichkeit der künftigen Einnahmeerzielung zur Folge hat. Der gedachte Erwerber eines Betriebs rechnet gerade mit den Einnahmen des laufenden Betriebs und würde diese beim Kauf nicht als belastungsmindernd zu Gunsten der ausgewiesenen Rückstellungen berücksichtigen.

34

(2) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht keinen sachlichen Zusammenhang zwischen dem künftigen Vorteil, die Flugzeuge auch weiterhin verchartern und folglich Betriebseinnahmen erzielen zu können, und der Verpflichtung zur Durchführung der in den streitigen LTA und JAR-OPS 1 angeordneten Maßnahmen gesehen. Anders als das FA meint, stehen insbesondere die sich aus der (künftigen) Vercharterung ergebenden Einnahmen nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Verpflichtungserfüllung, sondern allenfalls in einem allgemeinen Zusammenhang mit dem laufenden Betrieb. Ob --wie das FG meint-- ein sachlicher Zusammenhang zwischen den im Streitfall bestehenden Verpflichtungen und einem wirtschaftlichen Vorteil aus einer etwaigen Verwertung der in Folge der Umrüstungsmaßnahmen ausgebauten Flugzeugbestandteile bestehen würde, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil eine solche Verwertungshandlung ausweislich der Feststellungen des FG nicht stattgefunden hat.

35

3. In Bezug auf voraussichtliche Aufwendungen für die Maßnahmen, für deren Durchführung die Umsetzungsfrist am Bilanzstichtag bereits abgelaufen war, lagen danach die Voraussetzungen zur Bildung von Rückstellungen zum Bilanzstichtag grundsätzlich vor. Das Urteil des FG ist gleichwohl mangels Spruchreife aufzuheben, weil die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht seine Annahme stützen, dass die Klägerin als Adressatin der LTA bzw. der JAR-OPS 1 zur Durchführung der angeordneten Maßnahmen verpflichtet gewesen sei. Rückstellungen für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen kann nur der konkret Verpflichtete bilden, also der Adressat der gesetzlichen oder behördlichen Anordnung. Adressat der luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen ist nach § 2 Abs. 1 LuftBO, anders als das FG meint, jedoch der Halter und nicht der Eigentümer des Luftfahrtgeräts.

36

Die bisherigen Feststellungen des FG ermöglichen dem Senat keine Entscheidung darüber, ob die Klägerin Halterin der Flugzeuge und deshalb aufgrund der streitigen Verpflichtungen zur Umsetzung der durchzuführenden Maßnahmen verpflichtet war. Durch die Zurückverweisung erhält das FG Gelegenheit, die insoweit fehlenden Feststellungen nachzuholen. In diesem Zusammenhang wird zunächst zu klären sein, aufgrund welcher Vertragsgrundlage die Klägerin die Flugzeuge an Dritte zur Nutzung überlassen hat (Leasing, Vercharterung, etc.). Je nach Einordnung des Überlassungsvertrags kann die Haltereigenschaft variieren (vgl. z.B. Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 4. Aufl., Kap. 7, Rz 293 ff.) und möglicherweise bei der Klägerin liegen.

37

II. Die Revision der Klägerin ist ungeachtet der Frage, ob die Klägerin überhaupt als Adressatin der streitbefangenen luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen anzusehen ist, unbegründet und war daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

38

FA und FG haben den Aufwand für diejenigen luftverkehrsrechtlichen Maßnahmen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen am Bilanzstichtag des Streitjahrs noch nicht abgelaufen waren, zu Recht nicht ergebnismindernd durch eine Rückstellung berücksichtigt. Denn die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung lagen zum Bilanzstichtag nicht vor (dazu B.II.1.). Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Bildung der Rückstellung am Bilanzstichtag jedenfalls subjektiv richtig gewesen sei (dazu B.II.2.).

39

1. Nach den oben unter B.I.1. dargelegten Grundsätzen ist Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten u.a. das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach --deren Höhe zudem ungewiss sein kann-- sowie die wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag.

40

a) Nach den oben unter B.I.2.a dargelegten Maßstäben für das rechtliche Entstehen einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung ist dem FG darin zu folgen, dass diejenigen luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen zum Bilanzstichtag des Streitjahrs noch nicht abgelaufen waren, rechtlich noch nicht entstanden waren.

41

b) Nach den oben unter B.I.2.b dargelegten Maßstäben zur wirtschaftlichen Verursachung ist auch die rechtliche Beurteilung des FG nicht zu beanstanden, dass diese Verpflichtungen im Streitjahr auch noch wirtschaftlich nicht verursacht waren. Denn ihr wirtschaftlicher Bezugspunkt liegt nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft. Die Verpflichtungen knüpfen zukunftsorientiert an den Ablauf der Umsetzungsfrist nach dem Bilanzstichtag an. Folglich dienen die durchzuführenden Maßnahmen objektiv dem Erhalt der technischen Nutzbarkeit der Flugzeuge für Zeiträume nach dem Bilanzstichtag und damit nicht dem laufenden Betrieb des Streitjahrs. Dies gilt unabhängig davon, dass der (unerkannte) Mangel bereits vor dem Bilanzstichtag angelegt war. Das FG knüpft deshalb zu Recht daran an, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung sanktionsbewehrt nur dann zu erfüllen ist, wenn der Betrieb in Zukunft fortgeführt werden soll. Die Maßnahmen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen erst nach dem Bilanzstichtag des Streitjahrs abliefen, dienten deshalb ausschließlich dazu, dass mit den Flugzeugen auch künftig gewerbliche Luftverkehrsleistungen erbracht werden können.

42

2. Die Klägerin kann sich auch weder darauf berufen, dass die Bildung der Rückstellungen für diese Verpflichtungen am Bilanzstichtag jedenfalls subjektiv richtig gewesen sei, noch darauf, dass ihr im Hinblick auf die Nichtbeanstandung entsprechender Rückstellungsbildungen in vorangegangenen Betriebsprüfungen Vertrauensschutz zu gewähren sei.

43

a) Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10 (BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317) ist das FA im Rahmen der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung der Klägerin gebunden, die der aufgestellten Bilanz und deren einzelnen Ansätzen zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war (Aufgabe des sog. "subjektiven Fehlerbegriffs" hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen). Maßgebend sind vielmehr die für den Bilanzstichtag geltenden Vorschriften in objektiv zutreffender Auslegung. Insofern braucht der erkennende Senat über die Frage, ob die Rechtsauffassung der Klägerin zur Bildung der streitgegenständlichen Rückstellung zumindest subjektiv nicht fehlerhaft gewesen ist, nicht zu entscheiden.

44

b) Auch die Anerkennung der in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen durch die Klägerin gebildeten Rückstellungen durch das FA und die Betriebsprüfung rechtfertigt die Aufrechterhaltung der streitigen Rückstellungen nicht. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 der Abgabenordnung) verpflichtet das FA vielmehr, eine als unrichtig erkannte Rechtsauffassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufzugeben. Das FA ist grundsätzlich an seine rechtliche Würdigung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden (Grundsatz der Abschnittsbesteuerung). Dies gilt selbst dann, wenn die fehlerhafte Auffassung in einem Prüfungsbericht niedergelegt worden ist oder wenn das FA über eine längere Zeitspanne eine fehlerhafte, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hat und der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert haben sollte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 30. Oktober 1997 IV R 76/96, BFH/NV 1998, 578, unter 2.b der Gründe, m.w.N.; vom 23. Februar 2012 IV R 13/08, BFH/NV 2012, 1112, Rz 70).

45

III. Die erfolgreiche Revision des FA führt insgesamt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (dazu oben B.I.). Soweit die Revision als unbegründet zurückgewiesen wurde (dazu oben B.II.), ist sie im zweiten Rechtsgang nicht mehr Gegenstand des fortgesetzten Klageverfahrens (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 20).

(1) Die Verordnung regelt den Betrieb von Luftfahrzeugen,

1.
nach § 1c Nr. 1 des Luftverkehrsgesetzes,
1a.
die nach § 1 Abs. 4 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung keiner Musterzulassung bedürfen, soweit sich nicht aus den Besonderheiten dieser Luftfahrtgeräte, insbesondere der Freistellung von der Verkehrszulassung, die Unanwendbarkeit einzelner Vorschriften ergibt,
2.
für die die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung des Eintragungsstaates übernommen hat,
3.
die in einem anderen Land registriert sind, aber im Rahmen einer Genehmigung nach § 20 des Luftverkehrsgesetzes eingesetzt werden.

(2) Der Betrieb von Luftfahrzeugen nach Absatz 1 richtet sich

1.
bei Flugzeugen, die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen eingesetzt werden, nach den §§ 3, 3a, 14, 25 und 55 sowie nach den Bestimmungen des Anhangs III der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates vom 16. Dezember 1991 in Bezug auf gemeinsame technische Vorschriften und Verwaltungsverfahren für den gewerblichen Luftverkehr mit Flächenflugzeugen (ABl. L 373 vom 31.12.1991, S. 4), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 859/2008 (ABl. L 254 vom 20.9.2008, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung;
2.
bei Hubschraubern, die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen eingesetzt werden, nach den §§ 3, 3a, 14, 25 und 55 sowie nach den Bestimmungen der Joint Aviation Authorities über die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und Sachen in Hubschraubern in ihrer jeweils jüngsten vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Bundesanzeiger bekanntgemachten Fassung der deutschen Übersetzung (JAR-OPS 3 deutsch);
3.
im übrigen nach den nachfolgenden Vorschriften.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.