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Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag nicht zulässig.
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Dieser Antrag ist unzulässig, da er unter einer außerprozessualen Bedingung gestellt worden ist, nämlich Kindergeld zu bewilligen, soweit dieses nicht dem Ehemann der Klägerin bewilligt werden sollte in den bei den Familienkassen noch anhängigen und noch nicht durch rechtskräftige Urteile abgeschlossenen Verfahren. Nach § 65 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Er ist bestimmt, wenn er erkennen lässt, welchen Rechtsschutz der Kläger begehrt. Dabei ist der Klageantrag als Prozesshandlung bedingungsfeindlich. Der ordnungsgemäße Fortgang des Verfahrens ist mit einem Schwebezustand und dem Hinausschieben bis zum Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses unvereinbar (vgl. zur bedingten Klageerhebung Beschluss des BFH vom 9. November 2000 XI B 107/99, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2001, 615, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Von einem außerprozessualen künftigen Ereignis kann eine Prozesserklärung nicht abhängig gemacht werden. Deren Folgen dürfen nicht ins Ungewisse gestellt werden. Der von der Klägerin gestellte Antrag zielt darauf ab, über ihren Klageanspruch erst und nur dann zu entscheiden, wenn feststeht, dass ihrem Ehemann für das nämliche Kind sowie den nämlichen Zeitraum kein Anspruch auf Kindergeld zusteht. Diese außerprozessuale Bedingung kommt einem Antrag auf Aussetzung bzw. Ruhen des Verfahrens gleich. Ein solcher ebenfalls getrennt gestellter Antrag kann jedoch nicht durch eine Bedingung mit dem Sachantrag verbunden werden.
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Die Klage ist mit dem Hilfsantrag nicht begründet.
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Die Familienkasse hat in den angefochtenen Bescheiden rechtsfehlerfrei entschieden, dass ein (möglicher) Anspruch der Klägerin auf Kindergeld nach den Vorschriften des EStG durch das europäische Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen ist. Ob der Tatbestand der §§ 62 Abs. 1 Nr. 2 b, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfüllt wäre, kann demnach offen bleiben.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin unterliegt diese bezüglich ihres Anspruchs auf Kindergeld im fraglichen Zeitraum dem Gemeinschaftsrecht der EU, welches Anwendungsvorrang gegenüber dem einfachen Recht der Mitgliedstaaten genießt. Die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts setzt voraus, dass sowohl der Staat der Beschäftigung des Arbeitnehmers als auch der Staat des Wohnsitzes seiner Familienangehörigen EU- Mitgliedstaaten oder solche Staaten sind, auf die das EWR-Abkommen Anwendung findet (Artikel 29 i.V.m. Artikel 6 - Rechtsakte Nr. 1 und Nr. 2 - des Abkommens über den EWR vom Mai 1992, Bundesgesetzblatt II 1993, 266, 271; Seiten 521, 536; in der Fassung des Anpassungsprotokolls vom 17. März 1993, Bundesgesetzblatt II 1294, 1300). Nach dem Anpassungsprotokoll zum EWR-Abkommen wird der räumliche, persönliche und sachliche Geltungsbereich der EWG-Verordnungen seit Mai 1995 auf Liechtenstein ausgedehnt (vgl. Dienstanweisung zur Durchführung des Kindergelds nach über- und zwischenstaatlichen Rechtsvorschriften - DAüzV - DA 200). Danach wird bezüglich der VO (EWG) 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern - im Folgenden VO (EWG) 1408/71 - und der VO (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO (EWG) 1408/71 in der Fassung der VO (EWG) Nr. 1249/92 des Rates vom 30. April 1992 - im Folgenden VO (EWG) 574/72 - so behandelt, als wäre es Mitgliedstaat der EU. Bei Erwerbstätigkeit in Liechtenstein gewährt die dortige Familienausgleichskasse für leibliche Kinder Familienbeihilfe, mithin Kindergeld (vgl. Schreiben des Bundesamts für Finanzen vom 26. Juni 2000 - St I 4 - S 2473-11/1999, BStBl I 2000, 1128, 1131).
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Maßgeblich für die Konkurrenz der jeweiligen nationalen Ansprüche im Wohn- und Beschäftigungsland sind die VO (EWG) Nr. 1408/71 und die VO (EWG) Nr. 574/72.
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Die Klägerin unterliegt dem persönlichen Geltungsbereich der VO (EWG) 1408/71. Nach Artikel 2 Abs. 1 gilt die VO u.a. für Arbeitnehmer, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind. Die Klägerin ist als Deutsche Staatsangehörige eines Mitgliedstaats und bezog aus einer Erwerbstätigkeit als Lehrerin an der.... in..... Arbeitslohn. Das Kindergeld nach den Vorschriften des EStG, das Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, fällt in den sachlichen Geltungsbereich der VO (EWG) 1408/71 und ist eine Familienleistung im Sinne des Artikel 4 Abs. 1 h der VO (EWG) Nr. 1408/71. Denn es dient, soweit es nicht die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes bewirkt, der Förderung der Familie (§ 31 Sätze 1 und 2 EStG; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. August 2002 VIII R 97/01, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2002, 1588, 1589).
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Der Anspruch der Klägerin auf Kindergeld nach den Rechtsvorschriften des EStG ist durch Artikel 13 Abs. 2 d der VO (EWG) Nr. 1408/71 ausgeschlossen. Die Artikel 13 bis 17 a des Titels II der VO (EWG) Nr. 1408/71 legen fest, welche Rechtsvorschriften auf Arbeitnehmer und Selbständige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, anwendbar sind. Sie bilden nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ein geschlossenes System von Kollisionsnormen und bezwecken, dass die Betroffenen nur dem System der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats unterliegen, so dass die Kumulierung anwendbarer Rechtsvorschriften und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, vermieden werden (Urteil des BFH vom 13. August 2002 VIII R 61/00, BFH/NV 2002, 1584, 1585, mit Rechtsprechungsnachweisen des EuGH). Dementsprechend bestimmt Artikel 13 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 1408/71, dass - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Artikel 14 c und 14 f - Personen, für die diese VO gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegen. Nach Artikel 13 Abs. 2 a der VO (EWG) Nr. 1408/71 gilt, soweit die Artikel 14 bis 17 nicht etwas anderes bestimmen, dass eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, den Rechtsvorschriften dieses Staats unterliegt, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin auch in Deutschland einen Wohnsitz hatte.
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Zwar hat der EuGH entschieden, dass die VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht zum Verlust von Ansprüchen führen dürfe, die allein nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats erworben worden sind (Urteil vom 21. Oktober 1975 Rs. 24/75, EuGHE 1975, 1149). Das Gericht hat jedoch in der Folgezeit klargestellt, dass dieser Grundsatz nicht die in Titel II der VO (EWG) Nr. 1408/71 niedergelegten Regeln über die anwendbaren Rechtsvorschriften betrifft und deshalb nicht bewirken kann, dass der Betroffene entgegen Artikel 13 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 1408/71 für einen bestimmten Zeitraum den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten unterliegt. Die Mitgliedstaaten seien verpflichtet, die geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, also auch die Kollisionsnormen des Titels II der VO (EWG) Nr. 1408/71, zu beachten (Urteil des EuGH vom 10. Juli 1986 Rs 60/85; Urteil des BFH vom 13. August 2002 VIII R 97/01, a.a.O.; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BFH Report 2004, 1060, 1062).
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Die Klägerin unterlag folglich nach dem Beschäftigungslandprinzip gemäß Artikel 73 i.V.m. Artikel 13 Abs. 2 a der VO (EWG) Nr. 1408/71 ausschließlich den Rechtsvorschriften, d.h. ihr stand kraft Gemeinschaftsrecht nur ein Anspruch auf Familienleistungen nach..... zu. Darauf, ob die Familienleistungen denjenigen in Deutschland entsprachen, kommt es nicht an. Unterliegt eine Person den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates, so ist nach dem Ausschließlichkeitsgrundsatz in Deutschland weder Kindergeld noch Teilkindergeld zu zahlen. Dass die Bezieher von den Kindergeld vergleichbaren ausländischen Leistungen aufgrund des Beschäftigungslandsprinzips gegenüber in Deutschland Kindergeldberechtigten im Einzelfall benachteiligt werden können, mag zwar zutreffen, ist jedoch verfassungsrechtlich unbedenklich und verstößt insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (Beschluss des BVerfG vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, a.a.O.).
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Der Ehemann der Klägerin ist nicht wie beantragt als möglicher weiterer Anspruchsberechtigter gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) notwendig zum Verfahren beizuladen. Erhebt ein Elternteil Klage mit dem Ziel, ihm Kindergeld zu gewähren, ist der andere Elternteil nicht notwendig zum Verfahren beizuladen. Denn die Entscheidung über den angefochtenen, gegenüber der Klägerin ergangenen Aufhebungsbescheid greift nicht - wie dies § 60 Abs. 3 FGO voraussetzt - unmittelbar gestaltend in die Rechtssphäre des Ehemanns der Klägerin ein (Beschluss des BFH vom 16. April 2002 VIII B 171/01, BStBl II 2002, 578).
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Dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens kann ebenfalls nicht entsprochen werden. Eine Aussetzung könnte nur dann angeordnet werden, wenn das von der Klägerin angeführte Verfahren 12 K 43/03 ihres Ehemanns für das vorliegende Verfahren vorgreiflich im Sinne des § 74 FGO wäre. Dies ist jedoch - wie oben ausgeführt - nicht der Fall.
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Auch ein Ruhen des Verfahrens gemäß § 155 FGO i.V.m. § 251 Zivilprozessordnung konnte nicht angeordnet werden. Eine derartige Anordnung kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die Familienkasse einem solchen Antrag nicht zugestimmt hat.
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Der Senat hält es bei der höchstrichterlich geklärten Rechtslage für nicht erforderlich, die Streitsache - wie von der Klägerin angeregt - gem. Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) dem EuGH vorzulegen.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.
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