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Streitig ist das Vorliegen der Voraussetzungen einer mittelbaren Grundstücksschenkung.
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Die Klägerin erwarb durch Vertrag des Notariats X UR... Nr. xxx vom 23. Dezember 2003 von ihrem Bruder B das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Flurstück-Nr. xxx ... Weg x in X-Y zum Preis von 100.000 Euro, der bis spätestens 10. März 2004 zahlungsfällig war. Nach § 3 des Kaufvertrages sollte der Besitz nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises übergeben werden. Der Kaufpreis wurde am 1. März 2004 durch von der Klägerin unterzeichnete Überweisung vom Konto ihres Vaters C an den Verkäufer bezahlt. Am gleichen Tag fand die Besitzübergabe statt.
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Die Klägerin beantragte beim beklagten Finanzamt (FA) am 28. Oktober 2005 Eigenheimzulage ab dem Jahr 2004 aus folgenden Anschaffungskosten (Bemessungsgrundlage):
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Kaufpreis lt. not. Vertrag vom 23.12.2003 |
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Notariatsgebühren Rg. vom 29.12.2003 und |
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Grunderwerbsteuer lt. Bescheid v. 15.1.2004 |
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Sonst. Auslagen - geschätzt |
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Auf Anfrage des FA teilte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2005 mit, sie habe die 66 m² und 52 m² großen Wohnungen ihrem Bruder bis März 2005 unentgeltlich überlassen und nutze das Wohngebäude ab November 2005 als Einfamilienhaus selbst. Der Kaufpreis sei ihr von ihren Eltern als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellt worden. Eine schriftliche Vereinbarung gebe es nicht. Der Rückzahlungstermin stehe derzeit noch nicht fest. Zum Nachweis der Selbstnutzung ab November 2005 legte die Klägerin eine Anmeldebestätigung der Gemeinde X vom 29. November 2005 vor.
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Durch Bescheid vom 8. März 2006 lehnte das FA die Festsetzung einer Eigenheimzulage ab dem Jahr 2004 ab, weil es sich bei der Überlassung des Kaufpreises um eine mittelbare Grundstücksschenkung handele.
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Hiergegen legte die Klägerin am 15. März 2006 mit der Begründung Einspruch ein, wie bereits mitgeteilt, sei der Kaufpreis durch ein Darlehen ihrer Eltern finanziert worden. Dies werde zurückbezahlt, sobald sich ihre finanzielle Lage gebessert habe und sie nicht mehr arbeitslos sei. Da keine Schenkung vorliege, sei die Eigenheimzulage ab dem Jahr 2004 zu gewähren.
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Durch Entscheidung vom 4. April 2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die zwischen der Klägerin und ihren Eltern mündlich getroffenen unüblichen Darlehensvereinbarungen hielten einem Fremdvergleich nicht stand. Es sei weder eine Endfälligkeit noch eine laufende Tilgung vereinbart worden. Es reiche nicht aus, die Rückzahlung davon abhängig zu machen, ob sich die finanzielle Lage der Klägerin bessere und diese nicht mehr arbeitslos sei. Auf Grund der mündlichen Vereinbarung des Darlehens sei dessen Durchführung nicht klar und eindeutig nachvollziehbar. Auch die fehlende Absicherung des Darlehens i.H.v. 100.000 Euro sei unüblich. Bei einer Gesamtbetrachtung führe diese Unüblichkeit zu einer steuerlichen Nichtanerkennung des Darlehens, aus welchem deshalb keine Anschaffungskosten abgeleitet werden könnten.
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Auch Anschaffungskosten aus einer Geldschenkung schieden aus, da in diesem Fall von einer mittelbaren Grundstücksschenkung ausgegangen werden müsste. Eine mittelbare Grundstücksschenkung sei ein unentgeltlicher Erwerb, der Anschaffungskosten ausschließe. Davon, dass die Eltern den Geldbetrag der Klägerin ausdrücklich zum Zweck des Erwerbs des Grundstücks zur Verfügung gestellt hätten, könne nach Aktenlage ausgegangen werden. Etwas anderes habe die Klägerin auch nicht behauptet. Diese sei in der Verfügung über den Geldbetrag nicht frei gewesen, sondern habe diesen nach der Vereinbarung mit den Eltern ausschließlich zum Erwerb des ihrem Bruder gehörenden Grundstücks verwenden müssen. Diese Bindung schließe Anschaffungskosten i.S.d. § 8 Satz 1 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) aus.
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Zur Begründung ihrer am 3. Mai 2006 erhobenen Klage lässt die Klägerin folgendes vortragen: Der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung seien rechtswidrig und verletzten sie in ihren Rechten. In diesen Entscheidungen werde von einer „verschleierten Schenkung“ ausgegangen. Tatsächlich sei der Kaufpreis nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten als Darlehen überlassen worden. Auf Grund ihrer längeren Arbeitslosigkeit habe sie bei Abwicklung des Kaufs/Erstellung des Antrags auf Eigenheimzulage im Oktober 2005 und bei Fertigung des Einspruchsschreibens auf rechtlichen Beistand verzichtet. Im Zeitpunkt der Darlehensgewährung sei deshalb kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden. Die Beteiligten seien sich aber einig gewesen, dass der Betrag als Darlehen überlassen werden solle. Neben den Aussagen der Beteiligten sowie ihrer drei Geschwister sprächen folgende Beweisanzeichen für das Vorliegen eines Darlehens: Außer ihr habe der Darlehensgeber drei weitere Kinder. Die Schenkung von 100.000 Euro ohne Anrechnungspflicht auf den Erbteil sei bei den gegebenen Familien- und Vermögensverhältnissen sehr unwahrscheinlich. Hätte das Grundstück von den Eltern geschenkt werden sollen, wäre ein Kauf durch die Eltern und Schenkung an sie der günstigere Weg gewesen. Denn Grunderwerbsteuer wäre dabei nicht angefallen.
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Demnach sei am 1. März 2004 ein zivilrechtlich wirksamer Darlehensvertrag abgeschlossen worden, dessen Regelungen zwischenzeitlich schriftlich niedergelegt worden seien. Dieser Ablauf sowie der Umstand, dass der schriftliche Darlehensvertrag den ursprünglichen Vereinbarungen entspreche, könne von allen Geschwistern bezeugt werden. Die Ablehnung des Eigenheimzulageantrags sei mit dem Vorliegen einer mittelbaren Grundstücksschenkung begründet worden. Hiervon könne jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. In seinem Urteil vom 1. März 2005 IX R 70/03 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - BFH/NV 2005, 1245) gehe der BFH von einer reinen Geldschenkung aus, wenn der Steuerpflichtige die Schenkung erst nach Abschluss des notariell beurkundeten Kaufvertrags über das Grundstück erhalten habe. Dies sei im vorliegenden Fall eindeutig geschehen. Eine Schenkung sei zu keinem Zeitpunkt zugesagt worden. Sie habe den Kaufpreis in Ausübung ihrer Kontovollmacht vom Konto ihres Vaters am 1. März 2004 im Wege des abgekürzten Zahlungswegs auf das Konto des Verkäufers - ihres Bruders - überwiesen. Im Ergebnis habe sie damit über den Geldbetrag, nicht erst über das Haus verfügt. Gleichzeitig zeige die Überweisung, dass eine „klammheimliche Schenkung“, ohne die Geschwister zu informieren, nicht gewünscht gewesen sei. Die Gewährung der Eigenheimzulage sei mit der Begründung abgelehnt worden, dass bei Darlehensüberweisung kein schriftlicher Vertrag vorgelegen habe. Ein schriftlicher Vertrag sei damals nicht abgeschlossen worden, weil aus der Sicht der Beteiligten eindeutig ein Darlehen bestanden habe. Auf eine steuerliche Beratung sei auf Grund fehlender finanzieller Mittel verzichtet worden. Die Umdeutung des Sachverhalts durch die Finanzverwaltung in eine Schenkung sei, da auf einer Vermutung beruhend, unzutreffend. Die Aussagen der Beteiligten würden ebenso nicht beachtet wie der nachgereichte Darlehensvertrag. Vor Ergehen der Einspruchsentscheidung seien weder sie noch ihre Angehörigen angehört worden. Die Entscheidung des FA sei gefühlsmäßig ergangen, ohne den Sachverhalt genau zu ermitteln.
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Die Klägerin beantragt, den Ablehnungsbescheid vom 8. März 2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 4. April 2006 aufzuheben und das FA zu verpflichten, Eigenheimzulage i.H.v. 1.278 Euro ab dem Kalenderjahr 2004 festzusetzen.
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Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
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Es hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest und erwidert auf das Klagevorbringen wie folgt: Nach wie vor gehe das FA nicht davon aus, dass - wie von der Klägerin behauptet - ein anzuerkennendes Darlehensverhältnis zwischen ihr und ihrem Vater bestanden habe. Zum Zeitpunkt der Zahlung des Kaufpreises vom Vater an den Bruder (Verkäufer) am 1. März 2004 hätten keine objektiven, für ein Darlehensverhältnis sprechenden Beweisanzeichen vorgelegen. Darlehensvereinbarungen unter Angehörigen müssten jedoch einem Fremdvergleich standhalten. Da im Klagefall jegliche Anhaltspunkte für ein „fremdübliches“ Darlehensverhältnis fehlten, habe Grundlage für die Zahlung des Vaters an den Bruder zur Ablösung der Zahlungsverpflichtung der Klägerin kein Darlehensverhältnis gewesen sein können. Der Zahlung habe deshalb eine andere Vereinbarung (Schenkung) zugrunde gelegen. Es lägen folglich keine Anschaffungskosten i.S.d. EigZulG vor.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin könne der nachgereichte schriftliche Darlehensvertrag vom April 2006 den objektiven Sachverhalt nicht mehr heilen. Da von Beginn an kein Darlehen vorgelegen habe, könne auch nachträglich nicht der Eindruck eines Darlehens erweckt werden. Der schriftliche Darlehensvertrag gebe nicht den eigentlichen Willen der Beteiligten wieder. Mit diesem Vertrag seien eben gerade nicht die mündlich bestehenden Vereinbarungen schriftlich fixiert worden. Mündlich sei nach Auffassung des FA vielmehr eine Schenkung vereinbart worden.
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Das von der Klägerin angeführte Urteil des BFH vom 1. März 2005 IX R 70/03 sei im Klagefall nicht einschlägig, da dort zumindest von vornherein einige Kriterien für ein Darlehensverhältnis gesprochen hätten (schriftlich vereinbarter Darlehensvertrag, Vereinbarung von Zinsen und Zinszahlungen und tatsächliche Zinszahlungen etwa ein Jahr nach Abschluss des Vertrags).
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Es müsse von einer mittelbaren Grundstücksschenkung durch Überweisung des geschuldeten Kaufpreises vom Schenker auf das Konto des Verkäufers ausgegangen werden. Nach dem Urteil des BFH vom 10. Mai 2005 IX R 65/04 (BFH/NV 2005, 1764) habe der Erwerber einer eigengenutzten Eigentumswohnung keinen Anspruch auf Eigenheimzulage, wenn ihm die Wohnung mittelbar in der Weise geschenkt werde, dass der Schenker den vom Erwerber geschuldeten Kaufpreis auf das Konto des Verkäufers überweise. Vergleichbar liege der Sachverhalt im Klagefall. Der Vater der Klägerin habe den Kaufpreis i.H.v. 100.000 Euro am 1. März 2004 auf das Konto des Bruders überwiesen. Dass die Klägerin in Vollmacht des Vaters die Überweisung unterschrieben habe, ändere am Sachverhalt nichts. Da der Schenker den Kaufpreis für das Grundstück an den Verkäufer entrichtet habe, sei der Beschenkte nicht mit Anschaffungskosten belastet und mithin nicht anspruchsberechtigt. Entgegen der klägerischen Auffassung habe die Klägerin somit nicht über den Geldbetrag verfügen können.
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Im Übrigen könne auch davon ausgegangen werden, dass bereits vor dem notariellen Vertrag vom 23. Dezember 2003 eine entsprechende Schenkungszusage vom Vater an die Klägerin (Tochter) erteilt worden sei und somit eine mittelbare Grundstücksschenkung vorliege.
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Die Klägerin hat einen mit ihrem Vater „im April 2006“ abgeschlossenen Darlehensvertrag vorgelegt, welcher Regelungen über Verzinsung, Sicherheiten und Kündigung enthält. Wegen der Einzelheiten der Regelungen wird auf den Vertrag Bezug genommen. In § 5 des Vertrages wurde festgestellt, dass „mit dem Vertrag die seit Februar 2004 bestehenden Vereinbarungen schriftlich fixiert werden“.
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In der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2009 sind auf Antrag der Klägerin deren Vater sowie deren Bruder B als Zeugen vernommen worden. Wegen des Gegenstands der Beweiserhebung, der Aussagen der Zeugen sowie der Anhörung der Klägerin wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
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