Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 3 C 22/12

bei uns veröffentlicht am19.09.2013

Tatbestand

1

Die Klägerinnen sind Tochtergesellschaften der B. AG. Die Klägerin zu 1 ist während des Klageverfahrens im Wege einer umwandlungsrechtlichen Abspaltung mit Gesamtrechtsnachfolge Rechtsnachfolgerin der früheren Klägerin zu 1 (der B.H. AG) geworden. Mit ihrer Klage wenden sich die Klägerinnen gegen die der Beigeladenen erteilte Zulassung für das Tierarzneimittel Enroxil, das mit dem Tierarzneimittel Baytril im Wesentlichen inhaltsgleich ist.

2

Für das Tierarzneimittel Baytril erteilte das Bundesgesundheitsamt der Klägerin zu 2 im Jahre 1990 die Zulassung.

3

Am 11. November 1993 erteilte die zuständige Behörde im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland der Firma B. plc - einer britischen Tochtergesellschaft der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 - eine nationale Zulassung für das Tierarzneimittel Baytril. Dieser Zulassung lagen die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 erstellten Unterlagen des im Jahre 1990 in Deutschland durchgeführten Zulassungsverfahrens zugrunde. Später erstellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 auf Verlangen der britischen Zulassungsbehörde Unterlagen zur Bewertung von Umweltrisiken (sog. Ökotox-Daten), die sie im Jahre 2004 im Rahmen eines Verfahrens zur Verlängerung der britischen Zulassung des Tierarzneimittels Baytril an ihre Tochtergesellschaft in Großbritannien weitergab.

4

Die Beigeladene ist seit 1996 Inhaberin einer Zulassung für das Tierarzneimittel Enroxil in der Tschechischen Republik und seit 2001 in Ungarn. Außerdem besitzt sie eine entsprechende Zulassung in Polen.

5

Am 9. September 2005 erteilte die zuständige Behörde in Großbritannien der Firma Cyton Biosciences Ltd. (Cyton) eine nationale generische Zulassung für das Inverkehrbringen des Tierarzneimittels Enroxil. Die Firma Cyton erwirkte diese Zulassung unter Bezugnahme auf die britische Zulassung für das Tierarzneimittel Baytril als Referenzarzneimittel und die Zulassungsunterlagen der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 einschließlich ihrer im Jahre 2004 erstellten Ökotox-Daten. Rechtsmittel gegen diese Zulassung haben weder die Klägerinnen noch die britische Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1 eingelegt.

6

Am 31. Mai 2006 beantragte die Firma Cyton bei der Beklagten die Zulassung des Tierarzneimittels Enroxil in Deutschland im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung der britischen Zulassung vom 9. September 2005 und bat die Beklagte, diese Zulassung der Beigeladenen zu erteilen. Auf Anforderung der Beklagten übermittelte die zuständige britische Behörde einen Beurteilungsbericht, den die Beklagte im Rahmen der Validierung zur Prüfung schwerwiegender Gefahren des Tierarzneimittels für die Umwelt nicht für ausreichend ansah. Auf Nachfrage der Beklagten ergänzte die britische Zulassungsbehörde ihren Beurteilungsbericht mit einem Bericht, der im Jahre 2004 anlässlich der britischen Verlängerung der Zulassung von Baytril erstellt worden war und auf von der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 dort vorgelegten Daten über mögliche Umweltrisiken (Ökotox-Daten) basierte.

7

Am 10. November 2006 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die beantragte Zulassung.

8

Dagegen haben die Klägerinnen nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Sie seien durch die Zulassung des Tierarzneimittels Enroxil unter Bezugnahme auf ihre Zulassungsunterlagen in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Auch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verbiete rechtswidrige Eingriffe der Staatsgewalt. Der Zulassungsbescheid sei rechtswidrig, weil die Referenzzulassung in Großbritannien nur im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung hätte erteilt werden dürfen, denn die Beigeladene habe für das Tierarzneimittel Enroxil bereits Zulassungen in anderen Mitgliedstaaten besessen. Der angefochtene Zulassungsbescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Firma Cyton der Beklagten entgegen dem Gemeinschaftsrecht keine eigenen Ökotox-Daten vorgelegt habe. Sowohl die zuständige britische Behörde als auch die Beklagte hätten die Ökotox-Daten der Klägerinnen nicht verwenden dürfen.

9

Die Beklagte hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerinnen durch den Zulassungsbescheid nicht in ihren Rechten verletzt seien. Die britische Zulassung sei schon nicht rechtswidrig; im Übrigen sei sie - die Beklagte - nicht befugt, die Rechtmäßigkeit der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates zu überprüfen. Sie habe auch auf die Ökotox-Daten der Klägerinnen nicht unmittelbar Bezug genommen, sondern nur die diese Daten auswertenden britischen Beurteilungsberichte berücksichtigt. Im Übrigen habe sie den Beurteilungsbericht nur herangezogen, um die Entscheidung der britischen Zulassungsbehörde nachzuvollziehen und eine Gefahr für die Umwelt auszuschließen.

10

Die Beigeladene hat ausgeführt, dass die Beklagte nicht auf die Zulassungsunterlagen der Klägerinnen Bezug genommen habe, weil sie die Zulassung im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung erteilt und nach den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und des Gemeinschaftsrechts nur aufgrund des von Großbritannien übersandten Beurteilungsberichts die dortige Zulassung anerkannt habe. Dazu sei die Beklagte verpflichtet gewesen. Die Verfahrensregelungen für das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung hätten im Übrigen keine drittschützende Wirkung, so dass es auf einen Verstoß gegen diese Regelungen nicht ankomme.

11

Die Klage ist vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerinnen seien zwar klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Die Bezugnahme auf Zulassungsunterlagen des Vorantragstellers sei grundsätzlich geeignet, die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG zu verletzen. Ihre Klage sei aber unbegründet. Ein möglicher Verfahrensfehler der britischen Behörde habe keine eigenen Rechte der Klägerinnen verletzt. Die Vorschriften über die gegenseitige Anerkennung von Arzneimittelzulassungen seien nicht drittschützend, sondern dienten allein dem allgemeinen Interesse, die öffentliche Gesundheit zu schützen und die Zulassungsverfahren zu harmonisieren sowie dem freien und sicheren Verkehr mit Tierarzneimitteln. Die britische Referenzzulassung vom 9. September 2005 sei rechtswirksam erteilt worden und einer materiell-rechtlichen Überprüfung durch Behörden und Gerichte anderer Mitgliedstaaten der EU nicht zugänglich; vielmehr sei die in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erstzulassung anzuerkennen, falls nicht die Zulassung des Arzneimittels eine schwerwiegende Gefahr darstelle, was hier ersichtlich nicht der Fall sei. Wäre die Beklagte befugt oder verpflichtet, die Referenzzulassung in der Sache zu beurteilen, wäre das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung praktisch gegenstandslos. Es bestünde die Gefahr, dass verschiedene nationale Behörden zu unterschiedlichen Bewertungen kämen. Ein Rechtsmittel gegen die Zulassung vom 9. September 2005 hätten die Klägerinnen bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen oder ihre Tochtergesellschaft in Großbritannien nicht eingelegt. Ob die Zulassung von Enroxil in Großbritannien rechtswidrig erteilt worden sei, weil weder nationales Recht in Großbritannien noch Gemeinschaftsrecht eine Bezugnahme des Zweitantragstellers auf Ökotox-Daten des Erstantragstellers zulasse, könne offen bleiben, denn dies unterliege im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung nicht der Prüfungsbefugnis der Beklagten. Sie habe die von den Klägerinnen im Jahr 2004 in Großbritannien im Verfahren der Verlängerung der Zulassung für Baytril vorgelegten Ökotox-Daten auch nicht selbst verwendet, sondern lediglich Beurteilungsberichte aus Großbritannien, die auf den von den Klägerinnen im Verfahren für das Tierarzneimittel Baytril in Großbritannien im Jahr 2004 vorgelegten Ökotox-Daten basiert hätten. Ebenso sei unerheblich, ob die britische Zulassungsbehörde bei ihrer Bezugnahme auf die Ökotox-Daten der Klägerinnen Schutzfristen missachtet habe. Im Übrigen setze die Vorlage neuer Unterlagen nicht erneut die Schutzfrist in Gang. Die Klägerinnen rügten deshalb auch zu Unrecht eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder in das Recht auf chancengleiche Teilhabe am Wettbewerb. Da hinsichtlich des Schutzes von Ökotox-Daten die Voraussetzungen des § 24b AMG nicht vorlägen, weil die Beklagte in dem von der Beigeladenen eingeleiteten Verfahren für die Anerkennung der Zulassung von Enroxil nicht unmittelbar auf Ökotox-Daten der Klägerinnen Bezug genommen habe und zudem der Unterlagenschutz bereits abgelaufen gewesen sei, fehle schon ein tragfähiger Anknüpfungspunkt für eine Verletzung von Grundrechten. Sie setze im Übrigen voraus, dass eine rechtlich relevante Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs eines Grundrechts vorliege. Dies sei bei mittelbaren und faktischen Beeinträchtigungen nicht ohne weiteres anzunehmen und hier nicht ersichtlich.

12

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerinnen. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihren bisherigen Vortrag und machen im Wesentlichen geltend, die Beklagte habe mit der Verwendung von Zulassungsunterlagen, die ihr pharmakologisch-medizinisches Know-how verkörperten und ihren Entwicklungs- und Marktvorsprung sicherten, in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen eingegriffen. Der Nutzwert des in den Zulassungsunterlagen verkörperten Wissens verringere sich nicht durch bloßen Zeitablauf. Wegen der Bezugnahme auf Zulassungsunterlagen des Erstantragstellers habe die die Beigeladene begünstigende Zulassung für sie den Charakter einer Duldungsverfügung. Die Nutzung der Zulassungsunterlagen durch die zuständige britische Behörde in dem Zulassungsverfahren, das in Großbritannien zu der Zulassung vom 9. September 2005 geführt habe, sei der Beklagten im Rahmen ihres hoheitlichen Handelns zurechenbar. In der Anerkennung der Zulassung durch die britische Behörde liege ferner eine eigene, mittelbare Nutzung der Zulassungsunterlagen der Klägerinnen durch die Beklagte. Die zwangsweise Verwendung ihrer Zulassungsunterlagen entziehe ihnen das Eigentum und stelle deshalb eine entschädigungspflichtige Enteignung dar, jedenfalls aber eine nur gegen Entschädigung verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Der Eingriff in das Eigentum sei formell und materiell rechtswidrig. Nach Gemeinschaftsrecht und nach dem nationalen britischen Recht hätte die Zulassung für Enroxil in Großbritannien nur im Verfahren auf Anerkennung einer schon vorhandenen Zulassung ergehen dürfen. Diese Verletzung von Verfahrensrecht hätte die Beklagte veranlassen müssen, den Antrag der Firma Cyton abzulehnen. Das Recht zur Versagung der Anerkennungs-Zulassung ergebe sich auch aus § 25a Abs. 4 und Abs. 5 AMG sowie aus § 25b Abs. 4 AMG und dem Gemeinschaftsrecht. Die britische Zulassung vom 9. September 2005 sei zudem wegen der unbefugten Nutzung von Unterlagen zur Bewertung möglicher Umweltrisiken auch materiell rechtswidrig. Diese Unterlagen der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 seien erst im Jahr 2004 bei der zuständigen Behörde in Großbritannien eingereicht worden und hätten der Schutzfrist von acht oder zehn Jahren unterlegen. Die angegriffene Zulassung verletze sie schließlich in ihrem Grundrecht auf faire Chancen im Wettbewerb aus Art. 3 Abs. 1 GG und in ihrer durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Freiheit, selbst über die Verwendung der von ihnen mit hohem finanziellen Aufwand angesammelten pharmakologisch-medizinischen Daten zu entscheiden. Es existiere keine einfachgesetzliche Grundlage, um auf Ökotox-Daten eines Erstantragstellers Bezug nehmen zu können. Die Pflicht zur Vorlage und Prüfung eines ordnungsgemäßen Antrags, insbesondere zur Vorlage eigener Ökotox-Daten, diene zumindest mittelbar auch den Interessen der Vorantragsteller und habe deshalb drittschützenden Charakter.

13

Die Beklagte und die Beigeladene verteidigen das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Zwar ist die Klage zulässig, weil jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass sich die Klägerinnen auf eine Verletzung von Unionsrecht berufen können und damit gemäß § 42 Abs. 2 VwGO in ihren Rechten verletzt sind. Die Klage ist aber unbegründet.

15

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die der Beigeladenen erteilte Zulassung für das Tierarzneimittel Enroxil die Klägerinnen in keinen subjektiven Rechten verletzt.

16

1. Eine solche Rechtsverletzung kann nicht aus möglichen Fehlern der britischen Behörde bei der Zulassung des Referenzarzneimittels hergeleitet werden.

17

Nach § 25b Abs. 2 AMG ist, wenn das Tierarzneimittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zugelassen worden ist, die Zulassung auf der Grundlage des von diesem Staat übermittelten Beurteilungsberichts anzuerkennen, es sei denn, dass Anlass zu der Annahme besteht, dass die Zulassung des Arzneimittels eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt darstellt. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die deutsche Zulassungsbehörde aufgrund dieser Bestimmung weder verpflichtet noch befugt ist, die Referenzzulassung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung soll gerade dazu dienen, keine eigene Prüfung aller Zulassungsvoraussetzungen vorzunehmen, sondern die von dem anderen Mitgliedstaat bereits erfolgte Prüfung der eigenen Entscheidung zugrunde zu legen. Das dient dem Abbau von Handelshemmnissen und der Harmonisierung der Zulassungspraxis innerhalb der Gemeinschaft; zudem vermeidet es Doppelarbeit. Der Europäische Gerichtshof hat deshalb festgestellt, dass die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung in strikter Weise geregelt sei; das Bestehen einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit bilde den einzigen Grund, auf den sich ein Mitgliedstaat berufen dürfe, um einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Humanarzneimittels die Anerkennung zu versagen (EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - Rs. C-452/06, Synthon - Slg. I 7681 Rn. 26 und 28). Nur für diesen Fall sieht das Unionsrecht deshalb auch ein Schiedsverfahren vor, an dessen Ende eine verbindliche Entscheidung der Kommission steht (vgl. Art. 36 ff. Richtlinie 2001/82/EG). Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung lässt somit keinen Raum für eine Versagung der Anerkennung eines Tierarzneimittels durch eine nationale Zulassungsbehörde aus anderen als den in Art. 33 Abs. 1 RL 2001/82/EG, § 25b Abs. 2 AMG benannten Gründen.

18

Die Beklagte hatte folglich nicht zu prüfen, ob die britische Zulassung von Enroxil als generische nationale Zulassung oder richtigerweise nur im Wege der gegenseitigen Anerkennung hätte erteilt werden dürfen, weil sich daraus unter keinem Gesichtspunkt materielle Gefahren für die öffentliche Gesundheit oder für die Umwelt ergeben können. Ebenso musste sie nicht prüfen, ob die Referenzzulassung deshalb rechtswidrig war, weil die Beigeladene keine eigenen Ökotox-Daten vorgelegt hatte. Der deutschen Behörde durfte und musste genügen, dass die Referenzzulassung wirksam erteilt und nicht angefochten worden ist. Rechtmäßigkeitsmängel, namentlich der behauptete Verstoß gegen die drittschützende Regelung über die Einhaltung von Schutzfristen bei der generischen Zulassung und eine eventuell nach britischem Recht schon seinerzeit bestehende Pflicht des Zweitantragstellers zur Vorlage eigener Ökotox-Daten hätten die Klägerinnen oder die britische Tochtergesellschaft als Inhaberin der britischen Erstzulassung mit einer Anfechtung der Referenzzulassung geltend machen müssen; dies ist jedoch nicht geschehen.

19

2. Die angefochtene Zulassung verletzt die Klägerinnen auch nicht aus anderen Gründen in ihren Rechten. Insoweit machen sie geltend, dass die Beklagte ohne Rechtsgrundlage die ursprünglich von der britischen Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1 den dortigen Behörden 2004 im Rahmen der Verlängerung des Arzneimittels Baytril vorgelegten Ökotox-Daten angefordert und im Rahmen des Zulassungsverfahrens entgegen § 24b AMG verwendet hätte. Dieser Einwand trifft schon deshalb nicht zu, weil er nicht den tatsächlichen und mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts entspricht. Danach übermittelte die zuständige britische Behörde der Beklagten auf Anforderung einen Beurteilungsbericht, den die Beklagte im Rahmen der Validierung zur Prüfung schwerwiegender Gefahren des Tierarzneimittels für die Umwelt nicht für ausreichend ansah. Auf Nachfrage der Beklagten ergänzte die britische Zulassungsbehörde ihren Beurteilungsbericht mit einem Bericht, der im Jahre 2004 anlässlich der britischen Verlängerung der Zulassung von Baytril erstellt worden war und auf von der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 dort vorgelegten Daten über mögliche Umweltrisiken basierte. Die Ökotox-Daten selbst haben der Beklagten danach nicht vorgelegen.

20

Diese Verfahrensweise entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Für die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates findet gemäß § 25b Abs. 4 AMG Kapitel 4 der Richtlinie 2001/82/EG Anwendung. Liegt für das Tierarzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits eine Genehmigung für das Inverkehrbringen vor, so erkennen die betroffenen Mitgliedstaaten gemäß Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie 2001/82/EG die von dem Referenzmitgliedstaat erteilte Genehmigung an. Zu diesem Zweck ersucht der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen den Referenzmitgliedstaat, entweder einen Beurteilungsbericht über das Tierarzneimittel zu erstellen oder, falls erforderlich, einen bereits bestehenden Beurteilungsbericht zu aktualisieren. Der Referenzmitgliedstaat erstellt oder aktualisiert den Beurteilungsbericht innerhalb von 90 Tagen nach Erhalt eines gültigen Antrags. Der Beurteilungsbericht sowie die genehmigte Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, die Etikettierung und die Packungsbeilage, die genehmigt wurden, werden den betroffenen Mitgliedstaaten und dem Antragsteller übermittelt. Eine Übermittlung der Antragsunterlagen selbst, die zur Zulassung des Referenzarzneimittels geführt haben, ist danach nicht vorgesehen. Insbesondere ist im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung insoweit kein Raum für eine "Bezugnahme" auf Unterlagen im Sinne des § 24b AMG. Dass in dem britischen Beurteilungsbericht zur Umweltverträglichkeit - notwendigerweise - der britischen Behörde mitgeteilte Daten verwertet und beurteilt werden, liegt in der Natur der Sache.

21

Daraus folgt zugleich, dass das Berufungsgericht in diesem Punkt nicht etwa - wie die Klägerinnen allerdings geltend machen - willkürlich entschieden hat. Es hat namentlich keine gesetzeswidrige Bezugnahme auf Ökotox-Daten der Klägerinnen gebilligt. Die Klägerinnen vermengen insoweit die den Erstantragsteller bzw. den Inhaber der Erstzulassung schützenden Vorschriften über den Unterlagenschutz, die für das generische Verfahren gelten, das zur Zulassung von Enroxil in Großbritannien geführt hat, mit den Vorschriften über die gegenseitige Anerkennung von Zulassungen, um die es bei der hier angefochtenen Zulassung geht. Die von ihnen behauptete Rechtsverletzung hat - wenn überhaupt - in dem nicht angefochtenen generischen Verfahren stattgefunden.

22

3. Die Klägerinnen sind durch die der Beigeladenen erteilte Zulassung nicht in ihren Grundrechten verletzt. Da das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung auf einer Umsetzung von Unionsrecht beruht, ist es nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes zu messen, solange die Europäische Union einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Union generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleicht (BVerfGE 73, 339 <387>). Das ist namentlich durch die unionsrechtlichen Grundfreiheiten und die durch Art. 6 des Vertrags über die Europäische Union - EUV - in der bis zur Änderung durch den Lissabon-Vertrag geltenden - hier maßgeblichen - Fassung in Bezug genommenen Grund- und Menschenrechte gewährleistet. Der von den Klägerinnen insoweit angeführte Schutz der unternehmerischen Freiheit sowie das Eigentumsrecht und der Schutz des geistigen Eigentums werden indes durch die Regelungen über die gegenseitige Anerkennung von Arzneimittelzulassungen nicht verletzt. Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung, namentlich die beschränkte Prüfungspflicht des anerkennenden Mitgliedstaates, ist durch vernünftige Gemeinwohlgründe gerechtfertigt; es dient - wie gezeigt - dem Abbau von Handelshemmnissen und der Harmonisierung der Zulassungspraxis innerhalb der Gemeinschaft, zudem vermeidet es Doppelarbeit. Diese Zwecke würden nicht erreicht, wenn der anerkennende Staat eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Referenzzulassung vornehmen müsste. Dazu besteht auch unter Rechtsschutzgesichtspunkten kein Anlass. Vielmehr liegt es im Verhältnis von Referenzzulassung und Anerkennung nahe, diejenige Behördenentscheidung anzugreifen, die die behauptete Rechtsverletzung durch eine fehlerhafte Gesetzesanwendung herbeigeführt hat, hier also die britische Referenzzulassung. Dass dies nicht möglich gewesen wäre, ist weder von den Klägerinnen schlüssig dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Die mit den Gemeinschaftskodizes für Arzneimittel verbundene Harmonisierung der Zulassung von Arzneimitteln und das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung beruhen auf dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens. Jedenfalls solange sich nicht aufdrängt, dass ein Referenzmitgliedstaat die im jeweiligen Zulassungsverfahren zu beachtenden Rechte Dritter systematisch verletzt und effektiven Rechtschutz nicht gewährleistet, besteht im Anerkennungsverfahren kein Raum für eine Überprüfung, ob bei der Referenzzulassung Rechte Dritter verletzt wurden (vgl. EUGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und C-493/10, N.S. u.a. - EuGRZ 2012, 24 Rn. 75 ff., 79, 94 und vom 29. Januar 2013 - Rs. C-396/11, Radu - EuGRZ 2013, 152 Rn. 33 ff.)

23

Die von den Klägerinnen angeführten Entscheidungen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Februar 2012 (I ZR 136/10 - juris) betraf die Frage der unbefugten Weitergabe von Zulassungsunterlagen durch einen ausgeschiedenen Mitarbeiter. Das Gericht hat diese Unterlagen, jedenfalls soweit sie nicht veröffentlicht sind, als Betriebsgeheimnisse eingestuft, deren unbefugte Sicherung und Weitergabe gegen § 17 UWG verstößt (vgl. Rn. 19). Darum geht es hier jedoch nicht; die Beklagte hat Ökotox-Daten zu Baytril weder "unbefugt" gesichert noch weitergeleitet, sondern gesetzeskonform den Beurteilungsbericht der britischen Behörde im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung zugrunde gelegt. Eine Offenbarung der Daten gegenüber der Beigeladenen ist nicht erfolgt.

24

Auch die Entscheidungen des Gerichts der Europäischen Union (EuG) vom 25. April 2013 (T-73/13 R und T-44/13 R) sind nicht einschlägig. Es geht nicht darum, dass die Beklagte (oder die britische Behörde) im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung Zulassungsunterlagen ohne Zustimmung ihres Eigentümers publiziert hat; die Behörden haben vielmehr den gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen (internen) Informationsaustausch in Form der Übermittlung eines Beurteilungsberichts betrieben.

25

4. Für eine Vorlage der Sache an den Europäischen Gerichtshof besteht kein Anlass. Die von den Klägerinnen aufgeworfene Frage, ob Art. 13 der Richtlinie 2001/82/EG der Verwendung von Ökotox-Daten eines Erstanmelders im Rahmen der Erteilung einer Zulassung für den Nachantragsteller entgegensteht und ob nationale Vorschriften, die eine solche Bezugnahme ermöglichen, mit den europäischen Grundrechten des Erstantragstellers vereinbar sind, stellt sich in diesem Verfahren nicht. Sie betrifft die generische Zulassung für Enroxil in Großbritannien unter Bezugnahme auf die britische Zulassung für Baytril. Eventuelle Mängel jenes Verfahrens wirken sich, wie dargestellt, nicht auf die Rechtmäßigkeit der hier angefochtenen Zulassung aus.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 3 C 22/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 3 C 22/12

Referenzen - Gesetze

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 3 C 22/12 zitiert 12 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 25b Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentralisiertes Verfahren


(1) Für die Erteilung einer Zulassung oder Genehmigung in mehr als einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat der Antragsteller einen auf identischen Unterlagen beruhenden Antrag in diesen Mitgliedstaaten einzureichen; dies kann in englischer Spr

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 24b Zulassung eines Generikums, Unterlagenschutz


(1) Bei einem Generikum im Sinne des Absatzes 2 kann ohne Zustimmung des Vorantragstellers auf die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 einschließlich der Sachverständigengutachten nach § 24 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 des Arzneimit

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 25a Vorprüfung


(1) Die zuständige Bundesoberbehörde kann den Zulassungsantrag durch unabhängige Sachverständige auf Vollständigkeit und daraufhin prüfen lassen, ob das Arzneimittel nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend g

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 3 C 22/12 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 3 C 22/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Feb. 2012 - I ZR 136/10

bei uns veröffentlicht am 23.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 136/10 Verkündet am: 23. Februar 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Referenzen

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Bei einem Generikum im Sinne des Absatzes 2 kann ohne Zustimmung des Vorantragstellers auf die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 einschließlich der Sachverständigengutachten nach § 24 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 des Arzneimittels des Vorantragstellers (Referenzarzneimittel) Bezug genommen werden, sofern das Referenzarzneimittel seit mindestens acht Jahren zugelassen ist oder vor mindestens acht Jahren zugelassen wurde; dies gilt auch für eine Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. Ein Generikum, das gemäß dieser Bestimmung zugelassen wurde, darf frühestens nach Ablauf von zehn Jahren nach Erteilung der ersten Genehmigung für das Referenzarzneimittel in den Verkehr gebracht werden. Der in Satz 2 genannte Zeitraum wird auf höchstens elf Jahre verlängert, wenn der Inhaber der Zulassung innerhalb von acht Jahren seit der Zulassung die Erweiterung der Zulassung um eines oder mehrere neue Anwendungsgebiete erwirkt, die bei der wissenschaftlichen Bewertung vor ihrer Zulassung durch die zuständige Bundesoberbehörde als von bedeutendem klinischem Nutzen im Vergleich zu bestehenden Therapien beurteilt werden.

(2) Die Zulassung als Generikum nach Absatz 1 erfordert, dass das betreffende Arzneimittel die gleiche Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und die gleiche Darreichungsform wie das Referenzarzneimittel aufweist und die Bioäquivalenz durch Bioverfügbarkeitsstudien nachgewiesen wurde. Die verschiedenen Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe oder Derivate eines Wirkstoffes gelten als ein und derselbe Wirkstoff, es sei denn, ihre Eigenschaften unterscheiden sich erheblich hinsichtlich der Unbedenklichkeit oder der Wirksamkeit. In diesem Fall müssen vom Antragsteller ergänzende Unterlagen vorgelegt werden, die die Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit der verschiedenen Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe oder Derivate des Wirkstoffes belegen. Die verschiedenen oralen Darreichungsformen mit sofortiger Wirkstofffreigabe gelten als ein und dieselbe Darreichungsform. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, Bioverfügbarkeitsstudien vorzulegen, wenn er auf sonstige Weise nachweist, dass das Generikum die nach dem Stand der Wissenschaft für die Bioäquivalenz relevanten Kriterien erfüllt. In den Fällen, in denen das Arzneimittel nicht die Anforderungen eines Generikums erfüllt oder in denen die Bioäquivalenz nicht durch Bioäquivalenzstudien nachgewiesen werden kann oder bei einer Änderung des Wirkstoffes, des Anwendungsgebietes, der Stärke, der Darreichungsform oder des Verabreichungsweges gegenüber dem Referenzarzneimittel sind die Ergebnisse der geeigneten vorklinischen oder klinischen Versuche vorzulegen.

(3) Sofern das Referenzarzneimittel nicht von der zuständigen Bundesoberbehörde, sondern der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaates zugelassen wurde, hat der Antragsteller im Antragsformular den Mitgliedstaat anzugeben, in dem das Referenzarzneimittel genehmigt wurde oder ist. Die zuständige Bundesoberbehörde ersucht in diesem Fall die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates, binnen eines Monats eine Bestätigung darüber zu übermitteln, dass das Referenzarzneimittel genehmigt ist oder wurde, sowie die vollständige Zusammensetzung des Referenzarzneimittels und andere Unterlagen, sofern diese für die Zulassung des Generikums erforderlich sind. Im Falle der Genehmigung des Referenzarzneimittels durch die Europäische Arzneimittel-Agentur ersucht die zuständige Bundesoberbehörde diese um die in Satz 2 genannten Angaben und Unterlagen.

(4) Sofern die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates, in dem ein Antrag eingereicht wird, die zuständige Bundesoberbehörde um Übermittlung der in Absatz 3 Satz 2 genannten Angaben oder Unterlagen ersucht, hat die zuständige Bundesoberbehörde diesem Ersuchen binnen eines Monats zu entsprechen, sofern mindestens acht Jahre nach Erteilung der ersten Genehmigung für das Referenzarzneimittel vergangen sind.

(5) Erfüllt ein biologisches Arzneimittel, das einem biologischen Referenzarzneimittel ähnlich ist, die für Generika geltenden Anforderungen nach Absatz 2 nicht, weil insbesondere die Ausgangsstoffe oder der Herstellungsprozess des biologischen Arzneimittels sich von dem des biologischen Referenzarzneimittels unterscheiden, so sind die Ergebnisse geeigneter vorklinischer oder klinischer Versuche hinsichtlich dieser Abweichungen vorzulegen. Die Art und Anzahl der vorzulegenden zusätzlichen Unterlagen müssen den nach dem Stand der Wissenschaft relevanten Kriterien entsprechen. Die Ergebnisse anderer Versuche aus den Zulassungsunterlagen des Referenzarzneimittels sind nicht vorzulegen.

(6) Zusätzlich zu den Bestimmungen des Absatzes 1 wird, wenn es sich um einen Antrag für ein neues Anwendungsgebiet eines bekannten Wirkstoffes handelt, der seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wird, eine nicht kumulierbare Ausschließlichkeitsfrist von einem Jahr für die Daten gewährt, die auf Grund bedeutender vorklinischer oder klinischer Studien im Zusammenhang mit dem neuen Anwendungsgebiet gewonnen wurden.

(7) (weggefallen)

(8) (weggefallen)

(1) Die zuständige Bundesoberbehörde kann den Zulassungsantrag durch unabhängige Sachverständige auf Vollständigkeit und daraufhin prüfen lassen, ob das Arzneimittel nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist. § 25 Abs. 6 Satz 5 findet entsprechende Anwendung.

(2) Bei Beanstandungen im Sinne des Absatzes 1 hat der Sachverständige dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb von drei Monaten abzuhelfen.

(3) Ist der Zulassungsantrag nach Ablauf der Frist unter Zugrundelegung der abschließenden Stellungnahme des Sachverständigen weiterhin unvollständig oder mangelhaft im Sinne des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, so ist die Zulassung zu versagen. § 25 Abs. 4 und 6 findet auf die Vorprüfung keine Anwendung.

(4) Stellt die zuständige Bundesoberbehörde fest, dass ein gleich lautender Zulassungsantrag in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union geprüft wird, lehnt sie den Antrag ab und setzt den Antragsteller in Kenntnis, dass ein Verfahren nach § 25b Anwendung findet.

(5) Wird die zuständige Bundesoberbehörde nach § 22 unterrichtet, dass sich ein Antrag auf ein in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits zugelassenes Arzneimittel bezieht, lehnt sie den Antrag ab, es sei denn, er wurde nach § 25b eingereicht.

(1) Für die Erteilung einer Zulassung oder Genehmigung in mehr als einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat der Antragsteller einen auf identischen Unterlagen beruhenden Antrag in diesen Mitgliedstaaten einzureichen; dies kann in englischer Sprache erfolgen.

(2) Ist das Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union genehmigt oder zugelassen worden, ist diese Zulassung auf der Grundlage des von diesem Staat übermittelten Beurteilungsberichtes anzuerkennen, es sei denn, dass Anlass zu der Annahme besteht, dass die Zulassung des Arzneimittels eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt. In diesem Fall hat die zuständige Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Artikels 29 der Richtlinie 2001/83/EG zu verfahren.

(3) Ist das Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht zugelassen, hat die zuständige Bundesoberbehörde, soweit sie Referenzmitgliedstaat im Sinne des Artikels 28 der Richtlinie 2001/83/EG ist, Entwürfe des Beurteilungsberichtes, der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und der Kennzeichnung und der Packungsbeilage zu erstellen und den zuständigen Mitgliedstaaten und dem Antragsteller zu übermitteln. § 25 Absatz 5 Satz 5 gilt entsprechend.

(4) Für die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union findet Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG Anwendung.

(5) Bei einer abweichenden Entscheidung bezüglich der Zulassung, ihrer Aussetzung oder Rücknahme finden die Artikel 30, 32, 33 und 34 der Richtlinie 2001/83/EG Anwendung. Im Falle einer Entscheidung nach Artikel 34 der Richtlinie 2001/83/EG ist über die Zulassung nach Maßgabe der nach diesem Artikel getroffenen Entscheidung oder des nach diesem Artikel getroffenen Beschlusses der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zu entscheiden. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der zuständigen Bundesoberbehörden nach Satz 2 nicht statt. Ferner findet § 25 Abs. 6 keine Anwendung.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Für die Erteilung einer Zulassung oder Genehmigung in mehr als einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat der Antragsteller einen auf identischen Unterlagen beruhenden Antrag in diesen Mitgliedstaaten einzureichen; dies kann in englischer Sprache erfolgen.

(2) Ist das Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union genehmigt oder zugelassen worden, ist diese Zulassung auf der Grundlage des von diesem Staat übermittelten Beurteilungsberichtes anzuerkennen, es sei denn, dass Anlass zu der Annahme besteht, dass die Zulassung des Arzneimittels eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt. In diesem Fall hat die zuständige Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Artikels 29 der Richtlinie 2001/83/EG zu verfahren.

(3) Ist das Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht zugelassen, hat die zuständige Bundesoberbehörde, soweit sie Referenzmitgliedstaat im Sinne des Artikels 28 der Richtlinie 2001/83/EG ist, Entwürfe des Beurteilungsberichtes, der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und der Kennzeichnung und der Packungsbeilage zu erstellen und den zuständigen Mitgliedstaaten und dem Antragsteller zu übermitteln. § 25 Absatz 5 Satz 5 gilt entsprechend.

(4) Für die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union findet Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG Anwendung.

(5) Bei einer abweichenden Entscheidung bezüglich der Zulassung, ihrer Aussetzung oder Rücknahme finden die Artikel 30, 32, 33 und 34 der Richtlinie 2001/83/EG Anwendung. Im Falle einer Entscheidung nach Artikel 34 der Richtlinie 2001/83/EG ist über die Zulassung nach Maßgabe der nach diesem Artikel getroffenen Entscheidung oder des nach diesem Artikel getroffenen Beschlusses der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zu entscheiden. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der zuständigen Bundesoberbehörden nach Satz 2 nicht statt. Ferner findet § 25 Abs. 6 keine Anwendung.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.

(1) Bei einem Generikum im Sinne des Absatzes 2 kann ohne Zustimmung des Vorantragstellers auf die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 einschließlich der Sachverständigengutachten nach § 24 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 des Arzneimittels des Vorantragstellers (Referenzarzneimittel) Bezug genommen werden, sofern das Referenzarzneimittel seit mindestens acht Jahren zugelassen ist oder vor mindestens acht Jahren zugelassen wurde; dies gilt auch für eine Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. Ein Generikum, das gemäß dieser Bestimmung zugelassen wurde, darf frühestens nach Ablauf von zehn Jahren nach Erteilung der ersten Genehmigung für das Referenzarzneimittel in den Verkehr gebracht werden. Der in Satz 2 genannte Zeitraum wird auf höchstens elf Jahre verlängert, wenn der Inhaber der Zulassung innerhalb von acht Jahren seit der Zulassung die Erweiterung der Zulassung um eines oder mehrere neue Anwendungsgebiete erwirkt, die bei der wissenschaftlichen Bewertung vor ihrer Zulassung durch die zuständige Bundesoberbehörde als von bedeutendem klinischem Nutzen im Vergleich zu bestehenden Therapien beurteilt werden.

(2) Die Zulassung als Generikum nach Absatz 1 erfordert, dass das betreffende Arzneimittel die gleiche Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und die gleiche Darreichungsform wie das Referenzarzneimittel aufweist und die Bioäquivalenz durch Bioverfügbarkeitsstudien nachgewiesen wurde. Die verschiedenen Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe oder Derivate eines Wirkstoffes gelten als ein und derselbe Wirkstoff, es sei denn, ihre Eigenschaften unterscheiden sich erheblich hinsichtlich der Unbedenklichkeit oder der Wirksamkeit. In diesem Fall müssen vom Antragsteller ergänzende Unterlagen vorgelegt werden, die die Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit der verschiedenen Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe oder Derivate des Wirkstoffes belegen. Die verschiedenen oralen Darreichungsformen mit sofortiger Wirkstofffreigabe gelten als ein und dieselbe Darreichungsform. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, Bioverfügbarkeitsstudien vorzulegen, wenn er auf sonstige Weise nachweist, dass das Generikum die nach dem Stand der Wissenschaft für die Bioäquivalenz relevanten Kriterien erfüllt. In den Fällen, in denen das Arzneimittel nicht die Anforderungen eines Generikums erfüllt oder in denen die Bioäquivalenz nicht durch Bioäquivalenzstudien nachgewiesen werden kann oder bei einer Änderung des Wirkstoffes, des Anwendungsgebietes, der Stärke, der Darreichungsform oder des Verabreichungsweges gegenüber dem Referenzarzneimittel sind die Ergebnisse der geeigneten vorklinischen oder klinischen Versuche vorzulegen.

(3) Sofern das Referenzarzneimittel nicht von der zuständigen Bundesoberbehörde, sondern der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaates zugelassen wurde, hat der Antragsteller im Antragsformular den Mitgliedstaat anzugeben, in dem das Referenzarzneimittel genehmigt wurde oder ist. Die zuständige Bundesoberbehörde ersucht in diesem Fall die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates, binnen eines Monats eine Bestätigung darüber zu übermitteln, dass das Referenzarzneimittel genehmigt ist oder wurde, sowie die vollständige Zusammensetzung des Referenzarzneimittels und andere Unterlagen, sofern diese für die Zulassung des Generikums erforderlich sind. Im Falle der Genehmigung des Referenzarzneimittels durch die Europäische Arzneimittel-Agentur ersucht die zuständige Bundesoberbehörde diese um die in Satz 2 genannten Angaben und Unterlagen.

(4) Sofern die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates, in dem ein Antrag eingereicht wird, die zuständige Bundesoberbehörde um Übermittlung der in Absatz 3 Satz 2 genannten Angaben oder Unterlagen ersucht, hat die zuständige Bundesoberbehörde diesem Ersuchen binnen eines Monats zu entsprechen, sofern mindestens acht Jahre nach Erteilung der ersten Genehmigung für das Referenzarzneimittel vergangen sind.

(5) Erfüllt ein biologisches Arzneimittel, das einem biologischen Referenzarzneimittel ähnlich ist, die für Generika geltenden Anforderungen nach Absatz 2 nicht, weil insbesondere die Ausgangsstoffe oder der Herstellungsprozess des biologischen Arzneimittels sich von dem des biologischen Referenzarzneimittels unterscheiden, so sind die Ergebnisse geeigneter vorklinischer oder klinischer Versuche hinsichtlich dieser Abweichungen vorzulegen. Die Art und Anzahl der vorzulegenden zusätzlichen Unterlagen müssen den nach dem Stand der Wissenschaft relevanten Kriterien entsprechen. Die Ergebnisse anderer Versuche aus den Zulassungsunterlagen des Referenzarzneimittels sind nicht vorzulegen.

(6) Zusätzlich zu den Bestimmungen des Absatzes 1 wird, wenn es sich um einen Antrag für ein neues Anwendungsgebiet eines bekannten Wirkstoffes handelt, der seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wird, eine nicht kumulierbare Ausschließlichkeitsfrist von einem Jahr für die Daten gewährt, die auf Grund bedeutender vorklinischer oder klinischer Studien im Zusammenhang mit dem neuen Anwendungsgebiet gewonnen wurden.

(7) (weggefallen)

(8) (weggefallen)

(1) Für die Erteilung einer Zulassung oder Genehmigung in mehr als einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat der Antragsteller einen auf identischen Unterlagen beruhenden Antrag in diesen Mitgliedstaaten einzureichen; dies kann in englischer Sprache erfolgen.

(2) Ist das Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union genehmigt oder zugelassen worden, ist diese Zulassung auf der Grundlage des von diesem Staat übermittelten Beurteilungsberichtes anzuerkennen, es sei denn, dass Anlass zu der Annahme besteht, dass die Zulassung des Arzneimittels eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt. In diesem Fall hat die zuständige Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Artikels 29 der Richtlinie 2001/83/EG zu verfahren.

(3) Ist das Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht zugelassen, hat die zuständige Bundesoberbehörde, soweit sie Referenzmitgliedstaat im Sinne des Artikels 28 der Richtlinie 2001/83/EG ist, Entwürfe des Beurteilungsberichtes, der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und der Kennzeichnung und der Packungsbeilage zu erstellen und den zuständigen Mitgliedstaaten und dem Antragsteller zu übermitteln. § 25 Absatz 5 Satz 5 gilt entsprechend.

(4) Für die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union findet Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG Anwendung.

(5) Bei einer abweichenden Entscheidung bezüglich der Zulassung, ihrer Aussetzung oder Rücknahme finden die Artikel 30, 32, 33 und 34 der Richtlinie 2001/83/EG Anwendung. Im Falle einer Entscheidung nach Artikel 34 der Richtlinie 2001/83/EG ist über die Zulassung nach Maßgabe der nach diesem Artikel getroffenen Entscheidung oder des nach diesem Artikel getroffenen Beschlusses der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zu entscheiden. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der zuständigen Bundesoberbehörden nach Satz 2 nicht statt. Ferner findet § 25 Abs. 6 keine Anwendung.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.

(1) Bei einem Generikum im Sinne des Absatzes 2 kann ohne Zustimmung des Vorantragstellers auf die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 einschließlich der Sachverständigengutachten nach § 24 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 des Arzneimittels des Vorantragstellers (Referenzarzneimittel) Bezug genommen werden, sofern das Referenzarzneimittel seit mindestens acht Jahren zugelassen ist oder vor mindestens acht Jahren zugelassen wurde; dies gilt auch für eine Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. Ein Generikum, das gemäß dieser Bestimmung zugelassen wurde, darf frühestens nach Ablauf von zehn Jahren nach Erteilung der ersten Genehmigung für das Referenzarzneimittel in den Verkehr gebracht werden. Der in Satz 2 genannte Zeitraum wird auf höchstens elf Jahre verlängert, wenn der Inhaber der Zulassung innerhalb von acht Jahren seit der Zulassung die Erweiterung der Zulassung um eines oder mehrere neue Anwendungsgebiete erwirkt, die bei der wissenschaftlichen Bewertung vor ihrer Zulassung durch die zuständige Bundesoberbehörde als von bedeutendem klinischem Nutzen im Vergleich zu bestehenden Therapien beurteilt werden.

(2) Die Zulassung als Generikum nach Absatz 1 erfordert, dass das betreffende Arzneimittel die gleiche Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und die gleiche Darreichungsform wie das Referenzarzneimittel aufweist und die Bioäquivalenz durch Bioverfügbarkeitsstudien nachgewiesen wurde. Die verschiedenen Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe oder Derivate eines Wirkstoffes gelten als ein und derselbe Wirkstoff, es sei denn, ihre Eigenschaften unterscheiden sich erheblich hinsichtlich der Unbedenklichkeit oder der Wirksamkeit. In diesem Fall müssen vom Antragsteller ergänzende Unterlagen vorgelegt werden, die die Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit der verschiedenen Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe oder Derivate des Wirkstoffes belegen. Die verschiedenen oralen Darreichungsformen mit sofortiger Wirkstofffreigabe gelten als ein und dieselbe Darreichungsform. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, Bioverfügbarkeitsstudien vorzulegen, wenn er auf sonstige Weise nachweist, dass das Generikum die nach dem Stand der Wissenschaft für die Bioäquivalenz relevanten Kriterien erfüllt. In den Fällen, in denen das Arzneimittel nicht die Anforderungen eines Generikums erfüllt oder in denen die Bioäquivalenz nicht durch Bioäquivalenzstudien nachgewiesen werden kann oder bei einer Änderung des Wirkstoffes, des Anwendungsgebietes, der Stärke, der Darreichungsform oder des Verabreichungsweges gegenüber dem Referenzarzneimittel sind die Ergebnisse der geeigneten vorklinischen oder klinischen Versuche vorzulegen.

(3) Sofern das Referenzarzneimittel nicht von der zuständigen Bundesoberbehörde, sondern der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaates zugelassen wurde, hat der Antragsteller im Antragsformular den Mitgliedstaat anzugeben, in dem das Referenzarzneimittel genehmigt wurde oder ist. Die zuständige Bundesoberbehörde ersucht in diesem Fall die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates, binnen eines Monats eine Bestätigung darüber zu übermitteln, dass das Referenzarzneimittel genehmigt ist oder wurde, sowie die vollständige Zusammensetzung des Referenzarzneimittels und andere Unterlagen, sofern diese für die Zulassung des Generikums erforderlich sind. Im Falle der Genehmigung des Referenzarzneimittels durch die Europäische Arzneimittel-Agentur ersucht die zuständige Bundesoberbehörde diese um die in Satz 2 genannten Angaben und Unterlagen.

(4) Sofern die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates, in dem ein Antrag eingereicht wird, die zuständige Bundesoberbehörde um Übermittlung der in Absatz 3 Satz 2 genannten Angaben oder Unterlagen ersucht, hat die zuständige Bundesoberbehörde diesem Ersuchen binnen eines Monats zu entsprechen, sofern mindestens acht Jahre nach Erteilung der ersten Genehmigung für das Referenzarzneimittel vergangen sind.

(5) Erfüllt ein biologisches Arzneimittel, das einem biologischen Referenzarzneimittel ähnlich ist, die für Generika geltenden Anforderungen nach Absatz 2 nicht, weil insbesondere die Ausgangsstoffe oder der Herstellungsprozess des biologischen Arzneimittels sich von dem des biologischen Referenzarzneimittels unterscheiden, so sind die Ergebnisse geeigneter vorklinischer oder klinischer Versuche hinsichtlich dieser Abweichungen vorzulegen. Die Art und Anzahl der vorzulegenden zusätzlichen Unterlagen müssen den nach dem Stand der Wissenschaft relevanten Kriterien entsprechen. Die Ergebnisse anderer Versuche aus den Zulassungsunterlagen des Referenzarzneimittels sind nicht vorzulegen.

(6) Zusätzlich zu den Bestimmungen des Absatzes 1 wird, wenn es sich um einen Antrag für ein neues Anwendungsgebiet eines bekannten Wirkstoffes handelt, der seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wird, eine nicht kumulierbare Ausschließlichkeitsfrist von einem Jahr für die Daten gewährt, die auf Grund bedeutender vorklinischer oder klinischer Studien im Zusammenhang mit dem neuen Anwendungsgebiet gewonnen wurden.

(7) (weggefallen)

(8) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 136/10 Verkündet am:
23. Februar 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
MOVICOL-Zulassungsantrag
UWG § 17 Abs. 2

a) Eine Wegnahme im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c UWG liegt nicht
vor, wenn der Täter bereits Alleingewahrsam an der Verkörperung hat.

b) Sichern im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b UWG erfordert, dass eine
schon vorhandene Kenntnis genauer oder bleibend verfestigt wird; es reicht
nicht aus, dass ein Mitarbeiter beim Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis
die Kopie eines Betriebsgeheimnisse des bisherigen Dienstherrn enthaltenden
Dokuments mitnimmt, die er im Rahmen des Dienstverhältnisses befugt
angefertigt oder erhalten hatte. Dagegen kommt ein unbefugtes Sichverschaffen
im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG in Betracht, wenn der ausgeschiedene
Mitarbeiter den mitgenommenen Unterlagen ein Betriebsgeheimnis
entnimmt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 26. Februar 2009
- I ZR 28/06, GRUR 2009, 603 = WRP 2009, 613 - Versicherungsuntervertreter
).
BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 - I ZR 136/10 - OLG Celle
LG Hildesheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 15. Juli 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die deutsche Vertriebsniederlassung der N. -Gruppe , die sich mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Medikamenten beschäftigt. Seit 1976 vertreibt sie das Abführmittel MOVICOL, das als wesentlichen Wirkstoff Macrogol enthält und am 18. Dezember 1995 in Großbritannien zugelassen wurde. Mit dem Zulassungsverfahren war der seit dem 1. Oktober 1995 als wissenschaftlicher Leiter bei der Klägerin angestellte Beklagte zu 1 befasst. Nachdem er das Beschäftigungsverhältnis zum 1. Oktober 1997 durch ordentliche Kündigung beendet hatte, wurde der Beklagte zu 1 1999 Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagten zu 2. Diese berät Unternehmen unter anderem bei der Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln.
2
Im August 2007 ließ die Dr. K. GmbH in einem Rechtsstreit mit der Klägerin vortragen, dass ihr der Clinical Expert Report aus dem MOVICOL -Zulassungsantrag vorliege.
3
Im November 2007 wurde einer Schwestergesellschaft der Klägerin bekannt , dass die Beklagte zu 2 auf Initiative des Beklagten zu 1 mit der Kl. GmbH zusammenarbeitete, um ein macrogolhaltiges Abführmittel auf den Markt zu bringen. Im Rahmen eines Rechtsstreits mit der Kl. GmbH ist der Klägerin mehrmals Einsicht in den bei der Zulassungsbehörde eingereichten Zulassungsantrag der Kl. GmbH gewährt worden.
4
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte zu 1 habe sich unbefugt ihren Arzneimittel-Zulassungsantrag für das Abführmittel MOVICOL gesichert und ihn der Beklagten zu 2 zur Verfügung gestellt, die ihn dann unter Verletzung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Klägerin verwertet habe.
5
Die auf Unterlassung, Herausgabe, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verboten, den Arzneimittel-Zulassungsantrag der Klägerin betreffend das Abführmittel MOVICOL mit den Wirkstoffen Macrogol (Polyethylenglykol) 3350, Natriumchlorid , Natriumhydrogencarbonat und Kaliumchlorid, insbesondere mit den Unterlagen gemäß den Anlagen L 6, L 30/2, L 30/5 und L 30/8, ganz oder teilweise zu verwerten und/oder an andere weiterzugeben.
6
Außerdem hat es die Beklagten zur Herausgabe sämtlicher bei ihnen noch vorhandener Kopien des MOVICOL-Zulassungsantrags sowie zur Auskunft über die Verwertung und Weitergabe des Zulassungsantrags verurteilt und die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt.
7
Soweit die Klägerin mit dem Klageantrag 1 c auch Auskunft darüber verlangt hat, wem die Beklagten die Verwertung/Weitergabe des MOVICOLAntrages angeboten haben, hat das Berufungsgericht ihre Berufung zurückgewiesen.
8
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin erstrebt im Wege der Anschlussrevision weiterhin die Verurteilung der Beklagten auch nach dem Klageantrag 1 c, soweit dieser Antrag bezüglich des Anbietens vom Berufungsgericht für unbegründet erachtet worden ist. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Anschlussrevision.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der Beklagten gegen §§ 3, 4 Nr. 11 in Verbindung mit § 17 UWG angenommen und dazu ausgeführt:
10
Der MOVICOL-Arzneimittel-Zulassungsantrag der Klägerin stelle sowohl in seinen nicht veröffentlichten Teilen als auch in seiner Gesamtheit ein Betriebsgeheimnis dar. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Beklagte zu 1 den Zulassungsantrag unbefugt gesichert, ihn der Beklagten zu 2 zur Verfügung gestellt und diese ihn im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Kl. GmbH zumindest in Teilen unbefugt verwertet habe.
11
Die Klageanträge hat das Berufungsgericht weitgehend als begründet erachtet. Dagegen fehle für die begehrte Auskunft darüber, wem die Beklagten die Verwertung und Weitergabe des MOVICOL-Antrags angeboten hätten, das Rechtsschutzbedürfnis.
12
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt - soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat - zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts kann weder ein Verstoß des Beklagten zu 1 gegen § 17 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 noch ein Verstoß der Beklagten zu 2 gegen § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG angenommen werden.
13
1. Die rechtliche Bewertung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 1 habe sich den MOVICOL-Zulassungsantrag der Klägerin durch Herstellung einer verkörperten Wiedergabe unbefugt gesichert (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b UWG), wird von seinen Feststellungen nicht getragen. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, durch welche konkrete Handlung das unbefugte Sichern erfolgt sein soll.
14
Sichern im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b UWG erfordert, dass eine schon vorhandene Kenntnis genauer oder bleibend verfestigt wird (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 17 Rn. 31; MünchKomm.UWG/ Brammsen, § 17 Rn. 73; Fezer/Rengier, UWG, 2. Aufl., § 17 Rn. 54). Ein Sichern liegt deshalb nicht vor, wenn ein Mitarbeiter beim Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis die Kopie eines Betriebsgeheimnisse des bisherigen Dienstherrn enthaltenden Dokuments mitnimmt, die er im Rahmen des Dienstverhältnisses befugt angefertigt oder erhalten hat. Ebenso wenig stellt ein solcher Vorgang eine Wegnahme im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c UWG dar. Eine Wegnahme gemäß dieser Norm liegt nicht vor, wenn der Täter bereits Alleingewahrsam an der Verkörperung hat (BayObLG, WRP 1992, 174, 175 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 17 Rn. 35).
15
Der Beklagte zu 1 war bei der Klägerin dienstlich mit dem MOVICOLZulassungsverfahren befasst und hatte bei dieser Tätigkeit Zugang zu dem Zu- lassungsantrag. Es liegt nicht fern, dass er in diesem Zusammenhang für dienstliche Zwecke und damit befugt eine Kopie des Zulassungsantrags erhalten oder angefertigt hat, die er dann bei Beendigung seines Dienstverhältnisses bei der Klägerin mitgenommen hat. Abweichende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
16
2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen auch nicht aus, um einen Verstoß des Beklagten zu 1 oder der Beklagten zu 2 gegen § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG anzunehmen.
17
a) Liegen einem ausgeschiedenen Mitarbeiter schriftliche Unterlagen vor, die er während der Beschäftigungszeit befugt angefertigt hat, und entnimmt er ihnen ein Betriebsgeheimnis seines früheren Dienstherrn, verschafft er sich damit dieses Betriebsgeheimnis „sonst unbefugt“ im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 28/06, GRUR 2009, 603 Rn. 15 = WRP 2009, 613 - Versicherungsuntervertreter, mwN). Stellt er dieses Betriebsgeheimnis einem Dritten, etwa seinem neuen Dienstherrn, zur Verfügung , verschafft sich auch dieser das Geheimnis unbefugt.
18
b) Den Feststellungen des Berufungsgerichts kann indessen nicht entnommen werden, dass sich der Beklagte zu 1 ein Betriebsgeheimnis der Klägerin in diesem Sinne verschafft und an die Beklagte zu 2 weitergegeben hat.
19
aa) Das Berufungsgericht hat sich aufgrund der erhobenen Beweise nicht in der Lage gesehen festzustellen, dass die Beklagten der Dr. K. GmbH den Clinical Export Report von A. U. übergeben haben, der als nicht veröffentlichtes Dokument ein Betriebsgeheimnis darstellt.
20
bb) Als bewiesen hat es das Berufungsgericht dagegen angesehen, dass die als Anlagen L 30/3, L 30/6 und L 30/9 vorgelegten Unterlagen aus dem Zu- lassungsantrag der Kl. GmbH für ein macrogolhaltiges Abführmittel aus dem MOVICOL-Zulassungsantrag der Klägerin stammen. Das wird von der Revision nicht angegriffen. Bei diesen Unterlagen handelt es sich aber sämtlich um wissenschaftliche Fachveröffentlichungen und nicht um Betriebsgeheimnisse. Die Anlage L 30/3 stammt aus der im März 1988 erschienenen Ausgabe einer als „AJDC“ abgekürzten wissenschaftlichen Fachzeitschrift. Die Anlage L 30/6 gibt einen Ausschnitt eines Beitrags von V.K. Rowe und M.A. Wolf aus „Patty's Industrial Hygiene & Toxicology“, 3. Auflage, Seiten 3844, 3850 und 3852 wieder. Die Anlage L 30/9 ist ein Aufsatz von Davis u.a., abgedruckt in der Zeitschrift „Gastroenterology“, 79. Jahrgang, Heft 1. Solche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und Fachbüchern sind regelmäßig ohne großen Aufwand allgemein zugänglich und deshalb offenkundig (Fezer/Rengier aaO § 17 Rn. 13; Harte-Bavendamm in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., § 17 Rn. 4; Ohly in Piper/ Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 17 Rn. 9).
21
Anders als das Berufungsgericht meint, ist auch die Auswahl und Zusammenstellung veröffentlichter Studien und Informationen zu einem bestimmten Zweck nicht schon deshalb ohne weiteres als Betriebsgeheimnis für den Betriebsinhaber schützenswert, weil sie auf einer nicht „auf dem freien Markt“ erhältlichen wissenschaftlichen Leistung beruht. Es kommt nicht darauf an, ob die in einer bestimmten Dokumentation enthaltene Zusammenstellung in dieser Form „als Paket“ erworben werden kann. Für die Qualität als Betriebsgeheimnis ist vielmehr entscheidend, ob die Zusammenstellung der veröffentlichten Unterlagen einen großen Zeit- oder Kostenaufwand erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - I ZR 71/05, GRUR 2008, 727 Rn. 19 = WRP 2008, 1085 - Schweißmodulgenerator; GRUR 2009, 603 Rn. 13 - Versicherungsuntervertreter , mwN).
22
Bei der Prüfung, ob ein Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG vorliegt, ist der Zeitpunkt der Tathandlung , also der unbefugten Verwertung oder Mitteilung, maßgeblich. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kommt als einzige mögliche Tathandlung im Streitfall die Zusammenarbeit der Beklagten mit der Kl. GmbH bei der Zulassung eines macrogolhaltigen Abführmittels in Betracht.
23
Wann genau Unterlagen aus dem MOVICOL-Zulassungsantrag im Rahmen des Zulassungsverfahrens der Kl. GmbH verwendet oder zu diesem Zweck vom Beklagten zu 1 der Beklagten zu 2 mitgeteilt wurden, ist nicht festgestellt. Jedenfalls hatte im November 2007 eine Schwestergesellschaft der Klägerin Kenntnis von der Zusammenarbeit zwischen der Beklagten zu 2 und der Kl. GmbH erhalten. Die Klägerin und die Beklagten haben übereinstimmend vorgetragen, dass der Zulassungsantrag der Kl. GmbH im Jahr 2006 eingereicht worden ist.
24
Für die Frage, ob die Zusammenstellung der veröffentlichten Unterlagen aus dem MOVICOL-Zulassungsantrag, die im Zulassungsverfahren der Kl. GmbH verwendet wurden, einen großen Zeit- oder Kostenaufwand erforderte, kommt es daher - vorbehaltlich etwa schon vorher erbrachter Vorarbeiten - grundsätzlich auf die Recherchemöglichkeiten im Jahr 2006 an. Die in diesem Zusammenhang erforderlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es ist nicht auszuschließen, dass die weitverbreitete Zugänglichkeit von in- und ausländischen Fachpublikationen im Internet schon zum danach erheblichen Beurteilungszeitpunkt ein einfaches Auffinden der veröffentlichten Publikationen aus dem Antrag der Kl. GmbH ermöglichte, die der MOVICOL -Zulassung entnommen waren.
25
3. Soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat, erweist sich seine Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Das Berufungsurteil ist daher in diesem Umfang aufzuheben. Die getroffenen Feststellungen erlauben auch keine abschließende Sachentscheidung durch den Senat. Die Sache ist daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
26
III. Die Anschlussrevision erweist sich ebenfalls als begründet. Das Berufungsgericht hätte den Auskunftsantrag der Klägerin hinsichtlich des Anbietens nicht mit der Begründung zurückweisen dürfen, dass dafür kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe.
27
Fällt den Beklagten ein Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG zur Last, hat die Klägerin unter dem Aspekt der Folgenbeseitigung (§ 249 Abs. 1 BGB) grundsätzlich ein schützenswertes Interesse daran zu erfahren, wem die Beklagten Betriebsgeheimnisse aus dem MOVICOL-Antrag der Klägerin angeboten haben. Sie wird dadurch in die Lage versetzt, diesen Dritten gegenüber gegebenenfalls richtigzustellen, dass die Beklagten dazu nicht berechtigt waren. Es besteht ferner die realistische Möglichkeit, dass Dritte durch das Angebot des MOVICOL-Antrags seitens der Beklagten davon abgehalten wurden, um eine Lizenz für Movicol bei der Klägerin nachzusuchen. Als Anspruchsgrundlage für die Klägerin kommt in diesem Zusammenhang auch § 687 Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 681, 666 BGB in Betracht.
28
Das Berufungsurteil ist daher auch insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen worden ist. Auch in diesem Umfang ist die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
29
IV. Für die neue Verhandlung gibt der Senat dem Berufungsgericht folgende Hinweise:
30
1. Die Vorschrift des § 24d AMG räumt sowohl in ihrer heutigen Fassung als auch nach dem Stand bei Einreichung des Zulassungsantrags der Kl. GmbH allein der Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem Arzneimittelgesetz die Befugnis ein, Teile der Zulassungsunterlagen amtsintern zu verwerten. Daraus folgt indessen nicht die Offenkundigkeit dieser Unterlagen. Einem Akteneinsichtsrecht Dritter steht insoweit grundsätzlich § 29 Abs. 2 VwVfG entgegen.
31
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass es nicht zu einer den Geheimnischarakter ausschließenden allgemeinen Bekanntheit führt, wenn die Zulassungsunterlagen einem begrenzten - wenn auch unter Umständen größeren - Personenkreis zugänglich waren, etwa den aufgrund des Arbeitsvertrags zur Verschwiegenheit verpflichteten Betriebsangehörigen oder auch bestimmten Kunden und Lieferanten. Nichts anderes gilt, soweit die Unterlagen den mit der Vorbereitung und Prüfung des Zulassungsantrags dienstlich befassten Personen bekannt geworden sind.
32
3. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin nachzugehen haben, die Beklagten hätten noch weitere, Betriebsgeheimnisse enthaltende Teile des MOVICOL-Zulassungsantrags unbefugt verwertet.
Bornkamm Pokrant Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 03.06.2009 - 11 O 27/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 15.07.2010 - 13 U 107/09 -