Bundesverwaltungsgericht Urteil, 05. Juni 2014 - 10 C 2/14

bei uns veröffentlicht am05.06.2014

Tatbestand

1

Die 1939 geborene Klägerin, eine iranische Staatsangehörige, begehrt ihre Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.

2

Die Klägerin reiste 1988 in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde 1995 als Asylberechtigte anerkannt. Im gleichen Jahr erhielt sie eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die als Niederlassungserlaubnis fortgilt.

3

Ihren ersten Einbürgerungsantrag vom Oktober 2000 lehnte die Beklagte im Mai 2003 mangels ausreichender Deutschkenntnisse der Klägerin ab.

4

Im Mai 2008 beantragte die Klägerin erneut ihre Einbürgerung. Laut Bescheid des Versorgungsamtes Dortmund vom 22. Oktober 2007 wurde bei ihr ein Grad der Behinderung von 70 und die Erfüllung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festgestellt. Eine amtsärztliche Untersuchung führte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankungen und des Alters nicht in der Lage ist, eine schulische Einrichtung zu besuchen.

5

Mit Bescheid vom 21. April 2009 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag ab, da die Klägerin keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse nachgewiesen habe. Von diesem Erfordernis könne nicht nach § 10 Abs. 6 StAG abgesehen werden, weil sie seit ihrer Einreise ausreichend Gelegenheit gehabt habe, die deutsche Sprache zu erlernen.

6

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG - soweit von ihnen nicht abzusehen sei - erfülle. Sie habe seit mehr als acht Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und besitze eine Niederlassungserlaubnis. Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB XII habe sie nicht zu vertreten. Von der Voraussetzung einer Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit sei abzusehen, da der Iran faktisch keine Entlassungen vornehme. Es sei unschädlich, dass die Klägerin nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge, da nach § 10 Abs. 6 StAG von den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 StAG abzusehen sei. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass die Klägerin aufgrund ihrer körperlichen Erkrankungen die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 StAG nicht (mehr) erfüllen könne. Ohne Belang sei, ob sie sich die entsprechenden Kenntnisse früher hätte aneignen können. Nach § 10 Abs. 6 StAG komme es nur darauf an, ob die Hinderungsgründe im Zeitpunkt der Einbürgerung vorlägen. Für diese Auffassung spreche bereits der im Präsens formulierte Wortlaut des § 10 Abs. 6 StAG. Aus den Materialien ergebe sich nichts für die Auffassung der Beklagten, dass frühere Versäumnisse des Ausländers beim Spracherwerb zu berücksichtigen seien. Dagegen spreche die Systematik des Gesetzes, das bei § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG und nicht in § 10 Abs. 6 StAG auf ein Vertretenmüssen des Ausländers abstelle. Schließlich widerspreche diese Auffassung auch nicht dem Sinn und Zweck der Einbürgerung. Denn der Gesetzgeber habe mit der Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 6 StAG zu erkennen gegeben, dass er bei krankheits- oder altersbedingter Unfähigkeit zum Spracherwerb Teilintegrationsleistungen ausreichen lasse.

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Mit der Revision rügt die Beklagte, das Berufungsgericht habe die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 6 StAG unzutreffend ausgelegt. Die nunmehr bei der Klägerin vorliegenden krankheits- und altersbedingten Einschränkungen seien nicht der Grund dafür, dass sie die Sprachanforderungen nicht erfülle, sondern ihre diesbezüglichen Versäumnisse in der Vergangenheit. Diese vom Wortlaut gedeckte Betrachtungsweise werde durch die Entstehungsgeschichte gestützt. Denn die Änderung im Jahr 2007 gehe auf eine Anregung der Innenministerkonferenz zurück, deren Überlegungen zur sprachlichen Integration und Verschärfung der Sprachanforderungen bei der Auslegung der Vorschrift zu berücksichtigen seien. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts spreche die systematische Auslegung nicht gegen die Auffassung der Beklagten, da die Aufnahme eines "Vertretenmüssens" in den Gesetzestext bei den Ausnahmetatbeständen der Krankheit, Behinderung oder des Alters keinen Sinn gemacht hätte. Folge man der Auffassung des Berufungsgerichts, könne die Einbürgerung ohne aktive Bemühungen des Ausländers um Spracherwerb durch bloße "Ersitzung" herbeigeführt werden.

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Die Klägerin tritt der Revision entgegen und verteidigt die Entscheidung des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) entschieden, dass die Klägerin gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG einen Anspruch auf die beantragte Einbürgerung hat. Gemäß § 10 Abs. 6 StAG ist wegen ihrer Erkrankungen von den Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 StAG abzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klägerin die danach geforderten Kenntnisse in der Vergangenheit hätte erwerben können.

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1. Maßgeblich für die Prüfung des von der Klägerin mit der Verpflichtungsklage primär verfolgten Einbürgerungsanspruchs ist die gegenwärtige Rechtslage (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 <270> = Buchholz 130 § 11 StAG Nr. 1 S. 1<2>) und damit § 10 StAG in der aktuellen Fassung des Art. 5 Nr. 7 Buchst. c des Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970, zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Juni 2012, BGBl I S. 1224). Die Übergangsvorschrift des § 40c StAG ist vorliegend ohne Bedeutung, da die Klägerin den Einbürgerungsantrag am 8. Mai 2008 und damit nach dem maßgeblichen Stichtag (30. März 2007) gestellt hat.

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2. Zwischen den Beteiligten steht allein im Streit, ob zugunsten der Klägerin, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht über ausreichende Sprachkenntnisse im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 4 StAG verfügt, die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 6 StAG eingreift. Nach dieser Vorschrift wird von den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 StAG abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

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Der Senat folgt der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass es für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 StAG nur auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einbürgerungsantrag - bzw. in einem Gerichtsverfahren bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz - ankommt. Die tatsächliche Würdigung der Vorinstanz, die Klägerin werde die ihr fehlenden Sprachkompetenzen krankheitsbedingt nicht (mehr) erlangen können (BA S. 14), wird auch von der Revision nicht infrage gestellt. Sie ist jedoch der Auffassung, dass bei der Klägerin nicht die nunmehr vorliegenden krankheitsbedingten Einschränkungen der Grund dafür seien, dass diese die Sprachanforderungen nicht erfüllen könne, sondern ihre diesbezüglichen Versäumnisse in der Vergangenheit. Dieser monokausalen Betrachtungsweise, die den Blick über die gegenwärtigen Verhältnisse hinaus auf die Frage der früheren Befähigung und etwaiger Bemühungen des Ausländers zum Spracherwerb richten und ihm zurechenbare Versäumnisse in der Vergangenheit auf Dauer einbürgerungshindernd entgegenhalten will, folgt der Senat nicht (ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 12. Februar 2014 - 1 A 293/13 - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 2. Dezember 2011 - 11 K 839/11 - InfAuslR 2012, 135 <136 f.>; Berlit, in: GK-StAR, Bd. I, Stand: Juli 2012, § 10 StAG Rn. 406; Geyer, in: Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, 2008, § 10 StAG Rn. 23).

13

2.1 Gegen diesen Ansatz sprechen bereits rechtssystematische Überlegungen und der strukturelle Zusammenhang, in dem die Vorschrift des § 10 Abs. 6 StAG steht. Sie enthält in Gestalt eines obligatorischen Absehensgrundes eine Ausnahmeregelung von den in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 StAG enthaltenen Einbürgerungsvoraussetzungen. Für das Vorliegen der Voraussetzungen sowohl eines Anspruchs als auch einer Ausnahmeregelung, nach der zwingend von einer einzelnen Anspruchsvoraussetzung abzusehen ist, kommt es grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über den Antrag an, wenn das materielle Recht keine abweichende Regelung enthält. Für einen von diesem Grundsatz abweichenden Regelungswillen des Gesetzgebers gibt auch der im Präsens gehaltene Wortlaut des § 10 Abs. 6 StAG keinerlei Anhalt.

14

2.2 Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die systematische Auslegung mit Blick auf die übrigen in § 10 StAG geregelten Einbürgerungsvoraussetzungen seine Auffassung stützt. Denn die Einbürgerungsvoraussetzung der selbständigen Lebensunterhaltssicherung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG stellt mit dem immanenten Ausnahmetatbestand, dass der Ausländer die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch nicht zu vertreten hat, auch auf sein in der Vergangenheit liegendes Verhalten ab (vgl. dazu Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 5 C 22.08 - BVerwGE 133, 153 = Buchholz 130 § 10 StAG Nr. 5, jeweils Rn. 19 ff.). Wenn der Gesetzgeber eine retrospektive Betrachtung auch in § 10 Abs. 6 StAG hätte eröffnen wollen, hätte eine entsprechende Formulierung nahe gelegen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Aufnahme eines "Vertretenmüssens" in § 10 Abs. 6 StAG bei den Ausnahmetatbeständen der Krankheit, Behinderung oder des Alters keinen Sinn gemacht hätte, da diese Hinderungsgründe dem Ausländer in kaum einem Fall zurechenbar seien. Mit diesem Einwand übersieht die Revision, dass der Gesetzgeber ein "Vertretenmüssen" nicht auf den Eintritt von Krankheit, Behinderung oder Alter hätte beziehen müssen, sondern ein solches subjektives Tatbestandsmerkmal an das Unterlassen hinreichender Bemühungen des Ausländers um den Spracherwerb in der Vergangenheit hätte knüpfen können.

15

2.3 Aus den Gesetzesmaterialien und dem daraus ersichtlichen Normzweck der im Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 getroffenen staatsangehörigkeitsrechtlichen Regelungen, die die Sprachanforderungen bei der Einbürgerung betreffen, ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Auffassung der Revision. Mit dem genannten Änderungsgesetz hat der Gesetzgeber die ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache, deren Nichtvorliegen bislang einen Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG a.F. darstellte, systematisch den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 StAG zugeordnet (BTDrucks 16/5065 S. 228). Des Weiteren wurde auf Anregung der Innenministerkonferenz vom 5. Mai 2006 mit der Legaldefinition in § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG der Maßstab für die Sprachanforderungen im Gesetz geregelt, um eine bundeseinheitliche Auslegung dieses Begriffes zu garantieren (BTDrucks 16/5065 S. 229). Schließlich hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 6 StAG eine Ausnahmeregelung geschaffen, die im Gesetzentwurf der Bundesregierung folgendermaßen begründet worden ist (BTDrucks 16/5065 S. 229):

"Der neue Absatz 6 enthält Ausnahmeregelungen im Hinblick auf die Sprachkenntnisse und die Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland zugunsten von kranken, behinderten Personen und Personen, die diese Anforderungen aufgrund ihres Alters nicht mehr erfüllen können."

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Weder aus dieser Einzelbegründung noch aus der Gesamtschau der Regelungen des Richtlinienumsetzungsgesetzes zu den staatsangehörigkeitsrechtlichen Sprachanforderungen sowie den programmatischen Aussagen des darin in Bezug genommenen Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 5. Mai 2006 lassen sich belastbare Anhaltspunkte für die Ansicht der Revision gewinnen. Vielmehr spricht die wiedergegebene Detailbegründung zu § 10 Abs. 6 StAG mit der Wendung "... nicht mehr erfüllen können." eher gegen ihre Rechtsauffassung. Der Wortlaut der Vorschrift selbst (BTDrucks 16/5065 S. 46 ) ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens unverändert geblieben; die gegenteilige Annahme der Revision mit dem Verweis auf die angebliche Streichung des Wörtchens "mehr" verwechselt die Ebenen von Normtext und amtlicher Begründung innerhalb des Gesetzentwurfs.

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Schließlich führt auch der Hinweis der Revision auf den Gesetzentwurf des Bundesrates (BTDrucks 16/5107) nicht weiter. Die darin vorgesehene Flexibilisierung durch eine Ermessensregelung in § 10 Abs. 6 StAG, nach der von den Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 StAG hätte abgesehen werden können, soweit der Ausländer sie aufgrund einer altersbedingten Beeinträchtigung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann, ist von der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme abgelehnt worden (BTDrucks 16/5107 S. 13 f.):

"Die Ermessensregelung in Absatz 6 lehnt die Bundesregierung ab, da bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kein Raum mehr für ein Ermessen der Staatsangehörigkeitsbehörde bleibt. Wenn der Einbürgerungsbewerber aufgrund seiner Behinderung oder seiner altersbedingten Beeinträchtigung den Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse oder der staatsbürgerlichen Kenntnisse nicht erbringen kann, muss zwingend von diesen Voraussetzungen abgesehen werden."

18

Die explizite Entscheidung des Gesetzgebers für einen obligatorischen und gegen einen fakultativen Absehensgrund spricht eher gegen denn für die Auffassung der Revision. Denn wie bereits oben (unter 2.1) ausgeführt, kommt es bei einer strikten Pflicht der Verwaltung, von einer Anspruchsvoraussetzung abzusehen, grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über den Antrag an.

19

2.4 Soweit die Revision versucht, in einer Gesamtbetrachtung aus dem Charakter der von ihr als "Schlussstein der Integration" apostrophierten Einbürgerung und der gesetzlichen Entwicklung zu den Sprachanforderungen Rückschlüsse bei der Auslegung des § 10 Abs. 6 StAG zu ziehen, vermag ihr der Senat darin nicht zu folgen. Zwar ist es richtig, dass die Einbürgerung einem Ausländer mit der deutschen Staatsangehörigkeit den stärksten rechtlichen Status vermittelt und der Gesetzgeber die Sprachanforderungen bei der Einbürgerung im Laufe der Zeit kontinuierlich verschärft hat. Aus diesem Befund lassen sich jedoch mit Blick auf die Frage, ob frühere Bemühungen um einen Spracherwerb für § 10 Abs. 6 StAG von Bedeutung sind, keine tragfähigen Schlussfolgerungen im Sinne der Revision ziehen. Denn der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift bewusst eine Ausnahmeregelung zugunsten von Ausländern getroffen, die diese verschärften Anforderungen aufgrund Krankheit, Behinderung oder altersbedingt nicht mehr erfüllen können. Damit hat er für begrenzte Ausnahmekonstellationen die gestiegenen Anforderungen an die Beherrschung der deutschen Sprache kompensiert und eine Schwelle markiert, jenseits derer Bemühungen um einen Spracherwerb aus staatsangehörigkeitsrechtlicher Sicht nicht zumutbar sind.

20

3. Die Klägerin erfüllt die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG, soweit nicht von ihnen zwingend abzusehen ist. Sie hat seit über acht Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und besitzt eine Niederlassungserlaubnis. Strafrechtlich ist sie nicht in Erscheinung getreten. Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB XII hat sie nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht zu vertreten. Des Weiteren ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG von der Voraussetzung einer Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG) abzusehen, da die Islamische Republik Iran nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts faktisch keine Entlassungen vornimmt. Der Anspruchseinbürgerung der Klägerin steht der fortgeltende Zustimmungsvorbehalt in Nr. II des Schlussprotokolls zum Niederlassungsabkommen (NAK) zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17. Februar 1929 (RGBl 1930 II S. 1002, 1006; Bekanntmachung vom 15. August 1955, BGBl II S. 829) nicht entgegen (Urteile vom 27. September 1988 - BVerwG 1 C 41.87 - BVerwGE 80, 249 <252 ff.> = Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 34 S. 10<12 ff.> und vom 27. September 1988 - BVerwG 1 C 52.87 - BVerwGE 80, 233 <245, 246> = Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 35 S. 16<27, 28>). Schließlich kann sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts krankheitsbedingt auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 StAG nicht erfüllen, so dass auch von dieser Einbürgerungsvoraussetzung gemäß § 10 Abs. 6 StAG abzusehen ist.

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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung1.von Bundesrecht oder2.einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des B

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(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit gekl

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(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er 1. handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich v

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 12


(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn 1. das Recht des ausländische

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Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, d

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 40c


Auf Einbürgerungsanträge, die bis zum 30. März 2007 gestellt worden sind, sind die §§ 8 bis 14 und 40c weiter in ihrer vor dem 28. August 2007 (BGBl. I S. 1970) geltenden Fassung anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten.

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Referenzen

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Auf Einbürgerungsanträge, die bis zum 30. März 2007 gestellt worden sind, sind die §§ 8 bis 14 und 40c weiter in ihrer vor dem 28. August 2007 (BGBl. I S. 1970) geltenden Fassung anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 19. Dezember 2012 wird der Bescheid des Beklagten vom 24. Mai 2011 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, den Kläger einzubürgern.

Die Kosten des Verfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein 1942 geborener türkischer Staatsangehöriger, der seit 1990 mit seiner Ehefrau im Bundesgebiet lebt und 1993 als Asylberechtigter anerkannt wurde, begehrt seine Einbürgerung.

Er verfügt seit 1993 über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis und seit 2009 über eine Niederlassungserlaubnis. Durch amtsärztliche Untersuchung vom 10.12.2001 wurde - vorbehaltlich des Entscheids des Rentenversicherungsträgers - Erwerbsunfähigkeit festgestellt. In einer im Rahmen der Überprüfung eines Anspruchs auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ausgestellten Bescheinigung der Landesversicherungsanstalt für das Saarland vom 20.5.2003 ist festgehalten, dass der Kläger unabhängig von der Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert ist und es unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Er bestreitet seinen Unterhalt seit seiner Einreise durch den Bezug von Sozialleistungen.

Am 8.1.2010 beantragten der Kläger und seine Ehefrau ihre Einbürgerung. Beigefügt war ein Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten, in dem es u.a. heißt, der Kläger und seine Ehefrau verfügten zwar weder über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache noch über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG. Von diesen Voraussetzungen sei aber gemäß § 10 Abs. 6 StAG abzusehen, weil sie altersbedingt nicht erfüllt werden könnten.

In einer Stellungnahme der Wohnsitzgemeinde vom 13.1.2010 heißt es, der Kläger spreche gebrochen deutsch und seine Ehefrau sei Analphabetin.

Durch Bescheid vom 24.5.2011, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 26.5.2011, lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Einbürgerung unter Hinweis auf die fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache und der Rechts- und Gesellschaftsordnung ab. Der Kläger sei mit 48 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Angesichts der seither verstrichenen 20 Jahre lägen Anhaltspunkte für ein „Ersitzen“ der Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 6 StAG vor. Ein solches „Hineinwachsen“ in das altersbedingte Unvermögen ohne ausreichende Bemühungen könne nur in Betracht kommen, wenn krankheitsbedingt für den Nichterwerb der Kenntnisse ursächliche Einschränkungen vorlägen, was durch entsprechende medizinische Nachweise zu belegen sei. Solche Nachweise seien trotz Anforderung nicht vorgelegt worden. Zudem stehe der Kläger seit seiner Einreise im Sozialhilfebezug, so dass auch eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG nicht in Betracht komme.

Hiergegen hat der Kläger am 27.6.2011, einem Montag, Klage erhoben und ausgeführt, dass im Rahmen der Prüfung nach § 10 Abs. 6 StAG nicht von Bedeutung sei, ob der Ausländer die Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 StAG mit Blick auf seinen jahrelangen Aufenthalt im Inland zu vertreten habe. Entscheidend sei, dass er sie altersbedingt nicht mehr erfüllen könne. Zudem sei offenkundig, dass er, der nie im Leben eine Schule besucht habe, diesen Voraussetzungen nicht gerecht werden könne. Hinsichtlich des Sozialhilfebezugs habe er mit dem Einbürgerungsantrag ein Attest vorgelegt, aus dem ersichtlich sei, dass er seit seiner Einreise aufgrund mehrerer Operationen sozialrechtlich als nicht erwerbsfähig geführt werde. Er habe den Sozialhilfebezug daher nicht zu vertreten.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 24.5.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn einzubürgern,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen,
äußerst hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ausführungen zur Begründung seines Bescheids bekräftigt, nach denen die Voraussetzungen weder einer Anspruchs- noch einer Ermessenseinbürgerung vorlägen. Dem Kläger sei trotz seines Analphabetismus zumutbar gewesen und noch zumutbar, durch entsprechende Kurse das geforderte Sprachniveau zu erreichen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19.12.2012 abgewiesen. Der Bezug von Sozialleistungen stehe der Einbürgerung nicht entgegen, da der Kläger die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel angesichts seiner vollen Erwerbsunfähigkeit nicht zu vertreten habe. Ein Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG scheitere jedoch an den mangelnden Kenntnissen der deutschen Sprache bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland. Der Kläger könne sich insoweit nicht auf das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes nach § 10 Abs. 6 StAG berufen. Zwar scheide die Anwendung dieser Vorschrift nicht bereits aus, wenn der Einbürgerungsbewerber sich schon seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten in Deutschland aufhalte und er sich die von § 10 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 StAG geforderten Kenntnisse in früherer Zeit hätte aneignen können, denn auf ein Vertretenmüssen habe der Gesetzgeber gerade nicht abgestellt. Dennoch greife die Ausnahmevorschrift nicht ein, weil die Ursache des Unvermögens des Klägers nicht in einem der dort aufgeführten Gründe liege. Er habe keine bestehende Erkrankung, Behinderung oder altersbedingte Beeinträchtigung, die das Erlernen der deutschen Sprache unmöglich mache, nachgewiesen. Analphabetismus sei keine Krankheit oder Behinderung im Sinne der Vorschrift und stelle in Anbetracht der Gesamtumstände ebenso wenig wie das Lebensalter einen Grund dar, der es rechtfertigen könnte, auf jegliche Sprachkenntnisse zu verzichten. Auch die Verwaltungspraxis des Beklagten, bei Einbürgerungsbewerbern, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und erst im höheren Lebensalter eingereist sind, ohne gesonderten Nachweis durch Attest von einem altersbedingten Unvermögen auszugehen, könne dem Kläger, der bereits mit 48 Jahren eingereist sei, nicht weiterhelfen. Eine Einbürgerung nach § 10 StAG sei daher ausgeschlossen und eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG scheitere daran, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten könne, was einer Ermessenseinbürgerung unabhängig von der Frage des Vertretenmüssens entgegenstehe, sowie am Nichtvorliegen der Voraussetzungen eines öffentlichen Interesses bzw. einer besonderen Härte im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG.

Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 22.1.2013 zugestellt.

Am 13.2.2013 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung und begründete diesen Antrag. Durch Beschluss vom 11.4.2013, dem Kläger zugestellt am 16.4.2013, hat der Senat die Berufung zugelassen.

Der Kläger hat seine Berufung am 15.5.2013 begründet. Er vertieft seine Auffassung, dass in seinem Fall nach § 10 Abs. 6 StAG von den Einbürgerungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 der Vorschrift mit Blick auf sein Alter und das dadurch bedingte Unvermögen, sich die notwendigen Kenntnisse noch anzueignen, abzusehen sei. Allein entscheidend sei, dass der Hinderungsgrund des altersbedingten Unvermögens im Zeitpunkt der Einbürgerung vorliege. Dabei sei nicht erforderlich, dass – neben dem Alter – irgendwelche „vom Lebensalter herrührenden Beeinträchtigungen“ bestünden. Es komme nicht darauf an, ob in früheren Zeiten ein Erlernen möglich gewesen wäre. Dies ergebe sich aus dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens und der Gesetzesbegründung sowie dem Wortlaut, der Systematik und Sinn und Zweck der Regelungen in § 10 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 und Abs. 6 StAG. Da es auf Vertretenmüssen nicht ankomme, dürfe die Frage nach der Ursache des altersbedingten Unvermögens nicht gestellt werden. Insbesondere dürfe nicht argumentiert werden, dass die Ursache für die fehlenden Kenntnisse des Klägers das Nichtbeheben seines Analphabetismus, das Nichterlernen der deutschen Sprache und das Nichterlangen staatsbürgerlicher Kenntnisse sei. Andernfalls werde auf zurechenbares Handeln oder Unterlassen des Klägers, mithin auf das Vertretenmüssen, abgestellt. Da das Gesetz keine starre Altersgrenze vorgebe, sei eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Der mittlerweile 71-jährige Kläger, der primärer Analphabet sei, könne ganz offensichtlich altersbedingt die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG nicht mehr erfüllen, ohne dass dies gesondert nachgewiesen werden müsse. Dies werde beklagtenseits nicht bestritten und könne auch nicht ernstlich bestritten werden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 19.12.2012 den Bescheid des Beklagten vom 24.5.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn einzubürgern,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen,
äußerst hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, eine Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 6 StAG scheitere am Fehlen des Tatbestandsmerkmals „altersbedingt“ und hält diesbezüglich daran fest, dass ein altersbedingtes Unvermögen im Sinne der Ausnahmevorschrift voraussetze, dass der Einbürgerungsbewerber schon im Zeitpunkt der Einreise lebensälter und daher nicht in der Lage war, sich innerhalb der erforderlichen Aufenthaltsdauer von acht Jahren staatsbürgerliche Kenntnisse und Sprachkenntnisse auf dem geforderten Niveau B 1 anzueignen und daher das in acht Jahren regelmäßig erreichbare Integrationsmaß nicht erlangen könne. Nur in solchen Fällen sei es Verwaltungspraxis, die Ausnahmeregelung anzuwenden. Personen, die in jüngeren Jahren eingereist seien und von daher ausreichend Möglichkeit gehabt hätten, die deutsche Sprache zu erlernen, müssten hingegen bei Antragstellung im fortgeschrittenen Alter gerade infolge ihres Alters in Bezug auf die Voraussetzungen der Nrn. 6 und 7 „gehandicapt“ sein und das Unvermögen, die entsprechenden Tests – etwa wegen Nachlassens der kognitiven/geistigen Leistungsfähigkeit – zu absolvieren, konkret nachweisen. Eine Regelvermutung allein auf Grund des Erreichens eines bestimmten Alters sei hier nicht angezeigt und - da im Gesetz nicht festgeschrieben - vom Gesetzgeber nicht gewollt. Angezeigt sei vielmehr eine „flexible Einzelfallbetrachtung“, was sich auch dadurch rechtfertige, dass es in der täglichen Praxis immer wieder Einbürgerungsbewerber gebe, die den Einbürgerungstest und den Sprachtest noch mit über 70 Jahren erfolgreich ablegen. Auch die historische Auslegung der Norm spreche für diese Sichtweise. So habe das Gesetz bis ins Jahr 2000 im Rahmen der Anspruchseinbürgerung überhaupt keine Deutschnachweise gefordert, in den Jahren 2000 – 2007 seien Sprachkenntnisse auf dem leichteren Niveau A 2 erforderlich gewesen und bei der Gesetzesreform 2007 habe der Gesetzgeber sich nochmals bewusst für eine Verschärfung der sprachlichen Anforderungen auf das Niveau B 1 entschieden. Er sei davon ausgegangen, dass die Sprachkenntnisse der unverzichtbare Grundstein einer jeden sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Integration sei, weswegen es völlig widersinnig wäre, anzunehmen, er habe von dieser grundlegenden Integrationsanforderung gerade solche Personen ausnehmen wollen, die seit vielen Jahren und Jahrzehnten in Deutschland leben, ohne sich um hinreichende Sprachkenntnisse und damit die Grundvoraussetzung einer Integration zu bemühen. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass manche, aber bei weitem nicht alle Menschen im Alter geistig/kognitiv abbauen und deshalb in § 10 Abs. 6 ein Absehen von den Sprach- und staatsbürgerlichen Kenntnissen vorgesehen, wenn die Betroffenen diese auf Grund altersbedingter Beeinträchtigungen jetzt nicht mehr erbringen können. Dass die Ausnahmevorschrift im Präsens formuliert ist, sei vor allem den Ausnahmevarianten der körperlichen, geistigen oder seelischen Erkrankung oder Behinderung geschuldet. Der Gesetzgeber habe ihrer Natur nach unterschiedliche Ansatzpunkte in dieser Ausnahmeregelung zusammengefasst. Hinsichtlich der Variante „altersbedingtes Unvermögen“ sei unabhängig vom Grund der fehlenden Kenntnisse Anknüpfungspunkt zwar das Alter des Einbürgerungsbewerbers im Zeitpunkt der Antragstellung, wobei dieses je nach Konstellation die Vermutung des Unvermögens begründe oder dem Einbürgerungsbewerber den Weg eröffne, sein Unvermögen individuell nachzuweisen und auf dieser Grundlage von der Notwendigkeit, die entsprechenden Tests zu bestehen, entbunden zu werden. Das Unvermögen müsse seinen Grund in einer vom Lebensalter herrührenden Beeinträchtigung haben. Wenn der Grund für die fehlenden Kenntnisse ein anderer sei, sei er eben nicht „altersbedingt“ und somit nicht tatbestandsbegründend. Allein so verstanden sei die gesetzliche Regelung in sich schlüssig und stehe im Einklang mit dem Reformansatz und der Ziel- und Grundvorstellung des Gesetzgebers. Nur bei diesem Verständnis sei auch die vom Gesetzgeber ausnahmsweise als ausreichend angesehene „Teilintegration“ aus übergeordneten Erwägungen nachvollziehbar und rechtfertige ein Zurücktreten des gesellschaftspolitischen Integrationsinteresses zu Gunsten des individuellen Einbürgerungsinteresses. Gemessen hieran könne dem Kläger die Ausnahmevorschrift nur zugute kommen, wenn er den individuellen Nachweis altersbedingten Unvermögens führen würde. Zutreffend sei, dass es im Rahmen des § 10 Abs. 6 StAG nicht auf ein Verschulden ankomme, vielmehr gehe es um die vorwurfsfreie und wertneutrale Ursächlichkeitsfrage nach dem Grund der fehlenden Sprach- und staatsbürgerlichen Kenntnisse. Sei der Grund für die fehlenden Kenntnisse nicht eine altersbedingte Beeinträchtigung, sondern etwa ein früheres Unterlassen, so sei der Tatbestand der Ausnahmevorschrift nicht erfüllt. Fallbezogen sei daher entscheidend, dass Ursache für die fehlenden Kenntnisse des Klägers das Nichtbeheben seines Analphabetismus, das Nichterlernen der deutschen Sprache und das Nichterlangen staatsbürgerlicher Kenntnisse seit seiner Einreise im Jahr 1990 sei und nicht eine jetzige altersbedingte Beeinträchtigung. Dass ihn heute altersbedingte Beeinträchtigungen daran hinderten, diese Versäumnisse nachzuholen, habe er nicht vorgetragen und erst recht nicht nachgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten ( 1 Ordner), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt der Abänderung, denn die auf Einbürgerung des Klägers gerichtete Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht auf der Grundlage des § 10 StAG ein Anspruch auf Einbürgerung zu. Der dies verkennende Bescheid des Beklagten vom 24.5.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er ist daher aufzuheben und gleichzeitig ist der Beklagte zu verpflichten, den Kläger einzubürgern.

§ 10 StAG legt fest, unter welchen Voraussetzungen ein Einbürgerungsbewerber einen Anspruch auf Einbürgerung hat. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger mit Ausnahme der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Absatz 4 Satz 1 der Vorschrift geforderten Kenntnisse der deutschen Sprache und der nach Absatz 1 Nr. 7 der Vorschrift erforderlichen Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland. Sowohl hinsichtlich der geforderten Sprachkenntnisse als auch hinsichtlich der staatsbürgerlichen Kenntnisse enthält § 10 Abs. 6 StAG eine Ausnahmevorschrift, nach welcher von diesen Anforderungen abzusehen ist, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann. Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des gesamten Akteninhalts hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger die Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG altersbedingt nicht erfüllen kann.

Die bisherige Rechtsprechung zu dem am 28.8.2007 in Kraft getretenen Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 6 StAG(OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.1.2013 - 19 A 364/10 -, juris Rdnrn. 22 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 2.12.2011 - 11 K 839/11 -, juris Rdnrn. 30 f.; VG Aachen, Urteil vom 8.5.2013 - 4 K 1072/11 -, juris Rdnr. 27; ebenso hinsichtlich krankheitsbedingter Einschränkungen: HessVGH, Beschluss vom 12.2.2013 - 5 A 1390/12.Z -, InfAuslR 2013, 202, 203,) und die einschlägige Kommentarliteratur(Berlit in GK-StAR,  Stand: 28. Erg.lfg. Dezember 2013,  § 10 Rdnr. 406 m.w.N.) stimmen darin überein, dass für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands „altersbedingt nicht erfüllen kann“ allein entscheidend ist, ob der Erwerb der erforderlichen Kenntnisse im Zeitpunkt der Einbürgerung aus Altersgründen nicht mehr abverlangt werden kann. Man ist sich einig, dass das Eingreifen des Ausnahmetatbestands nicht voraussetzt, dass der Einbürgerungsbewerber seine mangelnden Kenntnisse nicht zu vertreten hat.

So hat das Verwaltungsgericht Stuttgart(VG Stuttgart, Urteil vom 2.12.2011, a.a.O., Rdnr. 31) ausgeführt, § 10 Abs. 6 stelle nicht darauf ab, ob sich ein Einbürgerungsbewerber die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache (bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland) in der Vergangenheit habe aneignen können. Maßgeblich sei allein, ob der Einbürgerungsbewerber zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor Gericht wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG nicht mehr erfüllen könne. Die Anwendung des § 10 Abs. 6 StAG scheide deshalb nicht bereits dann aus, wenn der Einbürgerungsbewerber sich bereits seit vielen Jahren/Jahrzehnten in Deutschland aufhalte und er sich in früherer Zeit die von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG geforderten Erkenntnisse hätte aneignen können; auf ein Vertretenmüssen habe der Gesetzgeber gerade nicht abgestellt.

Dieser Sichtweise stimmt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen(OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.1.2013, a.a.O., juris Rdnrn. 23 ff.(Revision unter Geschäfts-Nr. 5 C 15/13 anhängig, Terminierung noch nicht absehbar)) mit ausführlicher Begründung zu. Für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 10 Abs. 6 StAG sei allein entscheidend, ob die Hinderungsgründe im Zeitpunkt der Einbürgerung vorlägen. Versäumnisse hinsichtlich des Erwerbs der maßgeblichen Kenntnisse in der Vergangenheit würden nicht berücksichtigt. Hierfür spreche der Wortlaut, die historische und genetische sowie die systematische Auslegung der Vorschrift. Sinn und Zweck der Einbürgerung stünden dieser Auslegung nicht entgegen. So stehe der maßgebliche zweite Halbsatz der Vorschrift im Präsens, was aufzeige, dass die gegenwärtige Situation entscheidend sei. Auch die Gesetzesbegründung mache - wie im Einzelnen ausgeführt wird - deutlich, dass der Gesetzgeber auf die gegenwärtigen und zukünftigen Möglichkeiten der Einbürgerungsbewerber und nicht auf frühere Versäumnisse abstelle. Die Einbürgerungsvoraussetzungen seien neu geregelt worden und hinsichtlich der Anforderungen an ausreichende Sprachkenntnisse deutlich strenger geworden. Gleichzeitig sei erstmalig ein Ausnahmetatbestand in das Gesetz aufgenommen und seien die Einbürgerungsbewerber insoweit begünstigt worden. Diese Ausnahme kompensiere für einen bestimmten Personenkreis die verschärften Anforderungen. In systematischer Hinsicht müsse gesehen werden, dass der Gesetzgeber hinsichtlich des Bezugs von Sozialleistungen in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG ausdrücklich vorgegeben habe, dass dieser einbürgerungshindernd sei, wenn der Einbürgerungsbewerber ihn zu vertreten habe. In Absatz 6 der Vorschrift fehle eine vergleichbare Regelung, was zeige, dass der Gesetzgeber hier nicht auf ein Vertretenmüssen habe abstellen wollen. Sinn und Zweck der Einbürgerung stünden der Unmaßgeblichkeit von Versäumnissen in der Vergangenheit nicht entgegen. Der Gesetzgeber nehme in den geregelten Ausnahmefällen hin, dass die üblicherweise mit einem mindestens achtjährigen Aufenthalt im Inland verbundene Integrationserwartung des Erwerbs ausreichender Sprachkenntnisse nicht erfüllt werde, lasse also insoweit eine Teilintegration ausreichen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH, Beschluss vom 12.2.2013, a.a.O., S. 203) hat in Bezug auf die Relevanz einer Prüfungsphobie ausgeführt, schon nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 6 StAG komme es hinsichtlich der Frage, ob der Ausländer die Voraussetzungen von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG wegen einer Krankheit nicht erfüllen könne, nur auf den Zeitpunkt der Einbürgerung an.

Das Verwaltungsgericht Aachen(VG Aachen, Urteil vom 8.5.2013, a.a.O., Rdnr. 17) sieht den Anknüpfungspunkt der altersbedingten Gründe darin, dass mit zunehmendem Lebensalter regelmäßig die Fähigkeit schwinde, sich neue Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen. Personen gehobenen Alters solle nicht ausnahmslos abverlangt werden, entsprechende Bemühungen zu entfalten. Eine strikte Altersgrenze könne allerdings nicht gezogen werden, da Kenntnisse und Fähigkeiten von soziokulturellen Merkmalen wie insbesondere dem erreichten Bildungsstand, der Erwerbsteilhabe sowie den Anregungen, die sich aus dem individuellen Lebensumfeld ergäben, abhingen. Der Begriff „altersbedingt“ sei daher einzelfallabhängig. Entscheidend sei dabei, ob im Zeitpunkt der Einbürgerung aus Altersgründen der Erwerb der erforderlichen Kenntnisse (noch) abverlangt werden könne; Versäumnisse in der Vergangenheit seien hingegen unbeachtlich. § 10 Abs. 6 StAG stelle nämlich anders als bei der Unterhaltsfähigkeit nicht auf Vertretenmüssen ab und damit auch nicht darauf, ob sich ein Einbürgerungsbewerber die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache (bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland) in der Vergangenheit habe aneignen können.

In der einschlägigen Kommentarliteratur(Berlit in GK-StAR, a.a.O., § 10 Rdnrn. 404 ff.) heißt es zur Problematik, Abs. 6 enthalte eine strikte Pflicht, von den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 abzusehen, wenn diese wegen Alters oder Behinderung nicht erfüllt werden könnten. Der Gesetzgeber habe ein im Ansatz unflexibles „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ normiert. Die Anforderungen könnten nicht nach Maßgabe des Grades alters- oder behinderungsbedingter Beeinträchtigungen abgesenkt werden. Sie seien entweder vollständig zu erfüllen oder es sei von ihnen vollständig abzusehen. Zwischen dem Alter oder der Behinderung und dem subjektiven Unvermögen des Einbürgerungsbewerbers, die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 zu erfüllen, müsse eine kausale Verknüpfung bestehen. Abs. 6 stelle Personen nicht allein wegen ihres Alters oder ihrer Behinderung von der Erfüllung der Anforderungen frei. Diese - abschließend benannten Umstände - müssten (nachweislich) Ursache für das Unvermögen sein, diesen Anforderungen zu entsprechen. Die altersbedingten Gründe knüpften daran an, dass - bei einer typisierenden Betrachtungsweise - die Fähigkeit schwinde, sich neue Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, und es Personen gehobenen Alters auch nicht abverlangt werden solle, entsprechende Bemühungen zu entfalten. Eine strikte Alters(unter)grenze könne nicht gezogen werden, weil Fähigkeit und - vor allem - abzuverlangende Bereitschaft zum Erwerb zusätzlicher (sprachlicher oder staatsbürgerlicher) Kenntnisse auch abhingen von soziokulturellen Merkmalen wie insbesondere dem anderweitig erreichten Bildungsstand, der Erwerbsteilhabe (und den dort zu bewältigenden Herausforderungen) sowie den Anregungen, die sich aus dem individuellen Lebensumfeld ergäben. Dieser Ausnahmegrund sei damit offen für eine umfassende Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Vor dem Erreichen des 50. Lebensjahres werde regelmäßig indes ein altersbedingtes Unvermögen ausscheiden; ab der Vollendung des 60. Lebensjahres liege es jedenfalls nahe. Eine Übertragung der für § 12 Abs. 1 Nr. 4 StAG für die Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei der Einbürgerung „älterer Personen“ zu ziehenden Altersgrenze scheide wegen der funktionalen Verknüpfung von Alter und Unvermögen zur Erfüllung der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 aus. Entscheidend sei allein, ob im Zeitpunkt der Einbürgerung aus Altersgründen der Erwerb der erforderlichen Kenntnisse (noch) abverlangt werden könne; Versäumnisse in der Vergangenheit seien unbeachtlich.

Nach alldem gehen Rechtsprechung und Kommentarliteratur einvernehmlich davon aus, dass der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 6 StAG darauf abstellt, ob der Einbürgerungsbewerber die in Absatz 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 geforderten Kenntnisse im Zeitpunkt der Einbürgerung erfüllen kann oder hieran infolge einer Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt gehindert ist, wobei es auf ein etwaiges Vertretenmüssen in Bezug auf Versäumnisse in der Vergangenheit nicht ankommt. In diese Richtung weist insbesondere auch die Formulierung in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, wonach Personen begünstigt werden sollen, die die Anforderungen aufgrund ihres Alters „nicht mehr erfüllen können“.(BT-Drs. 16/5065, S. 229) Dieser Sichtweise stimmt der Senat vollumfänglich zu.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart(VG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2013 - 11 K 1279/13 -, juris Rdnrn. 3 f.) hat sich kürzlich anlässlich eines Prozesskostenhilfeantrags, den es abgelehnt hat, erneut mit der Problematik befasst und seine oben zitierte Rechtsprechung zum altersbedingten Unvermögen dahingehend präzisiert, dass das Erreichen eines Alters von 67 Jahren für die Annahme, altersbedingt keine ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache erwerben zu können, allein nicht ausreiche. Denn nicht nur die Krankheit oder Behinderung, sondern auch das Alter müsse kausal für die unzureichenden bzw. fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache sein. Ein hohes Alter führe nicht regelmäßig dazu, dass der Einbürgerungsbewerber an der Erlangung der von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG geforderten Kenntnisse gehindert ist. Der Einbürgerungsbewerber habe deshalb substantiiert darzutun (§ 37 Abs. 1 StAG i.V.m. § 82 Abs. 1 AufenthG), dass er gerade aufgrund seines Alters nicht (mehr) in der Lage sei, die geforderten Kenntnisse zu erwerben. Dieser Mitwirkungspflicht sei nicht genügt worden.

Dieser Argumentation ist hinsichtlich der Annahme, dass das Erreichen eines bestimmten Alters zur Tatbestandserfüllung nicht ausreiche, weil ein hohes Alter nicht regelmäßig dazu führe, dass der Einbürgerungsbewerber an der Erlangung der geforderten Kenntnisse gehindert ist – zuzustimmen. Die weitere Formulierung, das Alter müsse kausal für die unzureichenden bzw. fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache sein, erscheint indes gemessen am Regelungsgehalt des § 10 Abs. 6 StAG problematisch.

§ 10 Abs. 6 StAG stellt – wie ausgeführt und auch vom Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 2.12.2011 ausdrücklich anerkannt – darauf ab, ob der Einbürgerungsbewerber die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nrn. 6 und 7 im Zeitpunkt der Einbürgerung erfüllen kann. Der Ausnahmetatbestand knüpft nicht an den Umstand an, dass der Einbürgerungsbewerber die Anforderungen zur Zeit der Antragstellung nicht erfüllt, und befasst sich daher nicht mit der Frage, aus welchen Gründen er diesen Anforderungen derzeit nicht genügt. Tatbestandrelevant ist vielmehr, ob der Einbürgerungsbewerber die Anforderungen „erfüllen kann“. Entscheidend ist daher, ob er sie erfüllen könnte, wenn er dies wollte und entsprechende Bemühungen zum Erwerb der geforderten Kenntnisse unternähme, oder ob er die Anforderungen infolge krankheits- oder altersbedingter Einschränkungen auch bei Entfalten diesbezüglicher Anstrengungen nicht mehr erfüllen kann. Damit ist einzelfallbezogen zu klären, ob trotz Krankheit oder Behinderung oder fortgeschrittenen Lebensalters unter Berücksichtigung der konkreten Lebensentwicklung und -umstände des Einbürgerungsbewerbers davon auszugehen ist, dass dessen etwaige Bemühungen, Sprachkenntnisse auf dem durch § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG vorgegebenen Niveau sowie die geforderten staatsbürgerlichen Kenntnisse zu erwerben, erfolgversprechend wären. Bejahendenfalls ist ihm zuzumuten, diese Bemühungen zu unternehmen, wobei sich im Falle eines Nichtbestehens der anschließenden Prüfungen die Frage stellen würde, ob das – behördlicher- bzw. gerichtlicherseits nicht erwartete – Scheitern seine Ursache in unzureichenden Anstrengungen, sonstigen Gründen (z.B. Analphabetismus eines noch lebensjungen Einbürgerungsbewerbers(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, juris)) oder einem der in § 10 Abs. 6 StAG aufgeführten Gründe hat. Denn es soll – so auch Berlit(Berlit in GK-StAR, a.a.O., § 10 Rdnr. 406) – Einbürgerungsbewerbern im fortgeschrittenen Lebensalter angesichts der typischerweise im Alter schwindenden Fähigkeit, sich neue Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, nicht ausnahmslos zugemutet werden, entsprechende Bemühungen, Kenntnisse auf dem geforderten Niveau zu erwerben, zu entfalten. Nach alldem geht es in § 10 Abs. 6 StAG um die Ursache für ein etwaiges Unvermögen, sich fehlende Kenntnisse anzueignen, nicht hingegen – wie das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 2.7.2013 möglicherweise andeuten will und der Beklagte im Einzelnen argumentiert – um die Ursache für den Umstand, dass der Einbürgerungsbewerber die geforderten Kenntnisse aktuell nicht erfüllt. Die vom Beklagten vertretene Kausalitätsbetrachtung geht am Tatbestand des § 10 Abs. 6 StAG vorbei, denn sie setzt an einem falschen Punkt an. Der Beklagte sucht die Ursache der fehlenden Kenntnisse, die er in dem Unterlassen in der Vergangenheit sieht. Nach dem Gesetz ist indes zu klären, ob der Einbürgerungsbewerber aktuell über die für den Erwerb der geforderten Kenntnisse notwendige Lernfähigkeit verfügt oder eben etwa aufgrund seines Alters nicht mehr verfügt. Entscheidungserheblich ist daher nicht, ob in der Vergangenheit die Möglichkeit des Erwerbs der Kenntnisse bestanden hätte, aber nicht genutzt wurde, sondern allein, ob die geforderten Kenntnisse derzeit aufgrund eines der in § 10 Abs. 6 StAG aufgeführten Tatbestände nicht mehr erworben werden können. Es trifft nach alldem nicht zu, dass in den Genuss der Ausnahmevorschrift grundsätzlich nur kommen soll, wer erst im hohen Alter eingereist ist.

In rechtlicher Hinsicht ist des Weiteren zu bekräftigen, dass § 10 Abs. 6 StAG kein Ermessen eröffnet. Liegt einer der Ausnahmetatbestände vor, so „ist abzusehen“, d.h. der Einbürgerungsbewerber hat - soweit er die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt - einen Anspruch darauf, dass er trotz des Fehlens der Kenntnisse eingebürgert wird. § 10 Abs. 6 StAG ist Teil der am 28.8.2007 in Kraft getretenen Neuregelung des Einbürgerungsrechts. Im Gesetzgebungsverfahren war auf Betreiben der Länder erwogen worden, den Ausnahmetatbestand als Ermessensvorschrift auszugestalten, dieser Ansatz konnte sich aber nicht durchsetzen. Diesbezüglich heißt es in der Gesetzesbegründung(BT-Drs. 16/5107, S. 13) : „Die Ermessensregelung in Abs. 6 lehnt die Bundesregierung ab, da bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kein Raum mehr für ein Ermessen der Staatsangehörigkeitsbehörde bleibt. Wenn der Einbürgerungsbewerber aufgrund seiner Behinderung oder seiner altersbedingten Beeinträchtigung den Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse oder staatsbürgerlicher Kenntnisse nicht erbringen kann, muss zwingend von diesen Voraussetzungen abgesehen werden.“

Im Rahmen der damit vorzunehmenden Einzelfallprüfung können die Behörden oder das Gericht sich zwar bei Bedarf sachverständiger Hilfe bedienen, müssen dies aber nicht, wenn die konkreten Umstände keinen vernünftigen Zweifel daran lassen, dass einer der in § 10 Abs. 6 StAG aufgeführten Ausnahmetatbestände erfüllt ist.(so auch Nr. 10.6 der Vorläufigen Anwendungshinweise des BMI vom 17.4.2009) So liegt der Fall hier.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und den sich aus dem Akteninhalt ergebenden Erkenntnissen ist nicht anzunehmen, dass der Kläger in der Lage wäre, sich Kenntnisse der deutschen Sprache in mündlicher und schriftlicher Form auf dem durch § 10 Abs. 4 StAG vorgegebenen Niveau sowie die von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 StAG geforderten Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach § 10 Abs. 5 Satz 1 StAG in der Regel durch das Bestehen eines Einbürgerungstests nachzuweisen sind, anzueignen.

Der Kläger ist inzwischen 71 Jahre alt und befindet sich damit in einem Lebensalter, in dem die Fähigkeit, sich neue Kenntnisse anzueignen zwar durchaus bestehen, aber nicht als im Regelfall gegeben unterstellt werden kann.(vgl. hierzu auch Berlit in GK-StAG, a.a.O., § 10 Rdnr. 406) Seine persönlichen Lebensumstände spielen daher eine maßgebliche Rolle für die Entscheidung der Frage, ob davon ausgegangen werden kann, dass er bei Entfalten entsprechender Bemühungen in der Lage wäre, die Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG zu erfüllen.

Nach den Bekundungen seines Sohnes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger nie eine Schule besucht und nie das Lesen und Schreiben gelernt, sondern seit jungen Jahren Arbeit auf dem Feld verrichten müssen. Dass diese Angaben nicht zutreffen könnten, ist nicht anzunehmen. Der Kläger ist 1942 geboren. Dass Ende der vierziger Jahre in den kurdischen Gebieten der Türkei flächendeckend die Möglichkeit oder gar Pflicht bestanden haben könnte, eine Schule zu besuchen, erscheint äußerst fernliegend. Der Senat hegt daher keinen Zweifel daran, dass der Kläger in seinem Herkunftsland, das er im Alter von 48 Jahren verlassen hat, nie eine Schule besucht und auch sonst keine Ausbildung absolviert hat, sondern vielmehr Tätigkeiten nachgegangen ist, die ihn sicherlich weitaus mehr in körperlicher als in geistiger Hinsicht gefordert haben.

Der Sohn des Klägers hat weiter angegeben, bei den ärztlichen Untersuchungen anlässlich der Einreise des Klägers sei die Notwendigkeit mehrerer Operationen festgestellt worden. Entsprechende Behandlungsmöglichkeiten hätten dem Kläger in der Türkei nicht offen gestanden. Trotz allem habe seine Arbeitsfähigkeit nicht wiederhergestellt werden können. Eine Arbeitsaufnahme sei ihm behördlicherseits und seitens seiner Ärzte strikt untersagt worden. Mit diesen Angaben korrespondiert, dass ausweislich Blatt 184 der Verwaltungsakte anlässlich einer auf Betreiben des Sozialamtes der Gemeinde A-Stadt durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung vom 10.12.2001 festgestellt wurde, dass der Kläger auf nicht absehbare Zeit arbeitsunfähig und – vorbehaltlich eines Entscheids des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers – erwerbsunfähig ist. Ausweislich Blatt 32 und 33 der Verwaltungsakte hat der sozialmedizinische Dienst der Landesversicherungsanstalt für das Saarland als Rentenversicherungsträger auf ein Ersuchen nach dem Grundsicherungsgesetz mit Schreiben vom 20.5.2003 bestätigt, dass der Kläger unabhängig von der Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert und es unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Damit steht für den Senat außer Zweifel, dass der Kläger sich auch nach seiner Einreise nie in einer Situation befunden hat, in der er gehalten gewesen wäre, sich zwecks Ausübung einer Erwerbstätigkeit gewisse Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, ohne die selbst eine ungelernte Kraft auf dem hiesigen Arbeitsmarkt nicht auskommen kann. Er war mithin – abgesehen von der früheren (sicherlich primär durch körperlichen Einsatz geprägten) Arbeit auf dem Feld – nie in der Situation, Anweisungen und Arbeitsabläufe verstehen, mit anderen arbeitsteilig zusammenarbeiten und sich in einen Kollegenkreis einbringen zu müssen. Er konnte demgemäß nicht von Kontakten zu Arbeitskollegen und der Notwendigkeit, sich im Erwerbsleben zurechtfinden zu müssen und sich verständlich zu machen, profitieren. Eine „Erwerbsteilnahme“ im Sinne der oben wiedergegebenen Ausführungen in der Kommentierung von Berlit gab es daher nie. Infolge seiner Erwerbsunfähigkeit bestand für ihn keine Möglichkeit, sich über die normalen Anforderungen einer Erwerbstätigkeit sprachlich und sozial in die hiesigen Lebensverhältnisse zu integrieren. Insofern verwundert auch nicht, dass er nach den glaubhaften Bekundungen seines Sohnes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seit seiner Einreise sehr zurückgezogen und ohne nennenswerte soziale Kontakte zu Deutschen lebt.

Nach alldem sind die Lebensbedingungen und die aktuelle Lebenssituation des Klägers maßgeblich dadurch geprägt, dass er noch nie in seinem Leben in beachtlicher Weise geistig gefordert war.

Dem Senat erschließt sich nicht, woran in einem solchen Fall die Erwartung anknüpfen sollte, der Kläger sei ungeachtet seines fortgeschrittenen Alters und unter Berücksichtigung seiner ganz persönlichen Lebensumstände gegenwärtig in der Lage, erstmals in seinem Leben eine Fremdsprache so zu erlernen, dass er dem seit 2007 verschärften Anforderungsniveau gerecht wird und zudem die geforderten staatsbürgerlichen Kenntnisse zu erwerben, die ihrerseits ein gewisses Sprachverständnis und die Fähigkeit, politische und gesellschaftliche Zusammenhänge erfassen zu können, voraussetzen. Die Schlussfolgerung, dass es dem 71-jährigen Kläger nicht mehr gelingen wird, sich die geforderten Kenntnisse anzueignen, liegt so nahe, dass es ihrer Bestätigung durch Einholung eines (amts-)ärztlichen Gutachtens nicht bedarf.

Soweit die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Nichtnutzung der Möglichkeit hingewiesen hat, sich in jüngeren Jahren in Volkshochschulkursen Sprachkenntnisse anzueignen, ist weder geklärt, ob es ein solches Angebot für kurdisch sprechende Interessenten gegeben hat, noch ist dies entscheidungserheblich. Denn es kommt – wie ausgeführt – nicht darauf an, ob der Kläger in der Vergangenheit versäumt hat, ihm offenstehende Möglichkeiten, Sprachkenntnisse zu erwerben, zu nutzen, sondern entscheidend ist, dass angesichts seines fortgeschrittenen – typischerweise mit schwindender Lernfähigkeit verbundenen – Lebensalters und seiner gesamten Lebensumstände nicht angenommen werden kann, dass er heute noch über die für den Erwerb der geforderten Kenntnisse notwendige Lernfähigkeit verfügt.

Die weitere rechtliche Argumentation der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die im Rahmen von Ermessenseinbürgerungen bestehenden Möglichkeiten, Einbürgerungsbewerbern unter bestimmten Voraussetzungen Privilegierungen zukommen zu lassen, wären sinnlos und gesetzestechnisch unverständlich, wenn § 10 Abs. 6 StAG das „Ersitzen“ einer Anspruchseinbürgerung ermöglichen würde, geht ebenfalls fehl. Wie ausgeführt bedarf es im Rahmen des Ausnahmetatbestandes des Absatzes 6 einer konkreten Einzelfallbetrachtung, die nicht nur das jeweilige Alter in den Blick nimmt, sondern unter Würdigung aller für und gegen ein (Fort-)Bestehen hinreichender Lernfähigkeit sprechenden persönlichen Lebensumstände entweder den Schluss rechtfertigt, dass ungeachtet des fortgeschrittenen Alters noch eine ausreichende Lernfähigkeit besteht oder eben nicht erwartet werden kann. Mit „Ersitzen“ hat diese Regelung nichts zu tun.

Da der Kläger als Asylberechtigter anerkannt ist, ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 6 StAG von der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG (Aufgabe oder Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit) abzusehen.

Die Berufung des Klägers ist nach alldem mit seinem im Hauptantrag verfolgten Begehren, ihn einzubürgern, erfolgreich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Der Senat hat im Einklang mit der einhelligen Rechtsprechung eine Einzelfallentscheidung getroffen.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt der Abänderung, denn die auf Einbürgerung des Klägers gerichtete Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht auf der Grundlage des § 10 StAG ein Anspruch auf Einbürgerung zu. Der dies verkennende Bescheid des Beklagten vom 24.5.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er ist daher aufzuheben und gleichzeitig ist der Beklagte zu verpflichten, den Kläger einzubürgern.

§ 10 StAG legt fest, unter welchen Voraussetzungen ein Einbürgerungsbewerber einen Anspruch auf Einbürgerung hat. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger mit Ausnahme der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Absatz 4 Satz 1 der Vorschrift geforderten Kenntnisse der deutschen Sprache und der nach Absatz 1 Nr. 7 der Vorschrift erforderlichen Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland. Sowohl hinsichtlich der geforderten Sprachkenntnisse als auch hinsichtlich der staatsbürgerlichen Kenntnisse enthält § 10 Abs. 6 StAG eine Ausnahmevorschrift, nach welcher von diesen Anforderungen abzusehen ist, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann. Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des gesamten Akteninhalts hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger die Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG altersbedingt nicht erfüllen kann.

Die bisherige Rechtsprechung zu dem am 28.8.2007 in Kraft getretenen Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 6 StAG(OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.1.2013 - 19 A 364/10 -, juris Rdnrn. 22 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 2.12.2011 - 11 K 839/11 -, juris Rdnrn. 30 f.; VG Aachen, Urteil vom 8.5.2013 - 4 K 1072/11 -, juris Rdnr. 27; ebenso hinsichtlich krankheitsbedingter Einschränkungen: HessVGH, Beschluss vom 12.2.2013 - 5 A 1390/12.Z -, InfAuslR 2013, 202, 203,) und die einschlägige Kommentarliteratur(Berlit in GK-StAR,  Stand: 28. Erg.lfg. Dezember 2013,  § 10 Rdnr. 406 m.w.N.) stimmen darin überein, dass für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands „altersbedingt nicht erfüllen kann“ allein entscheidend ist, ob der Erwerb der erforderlichen Kenntnisse im Zeitpunkt der Einbürgerung aus Altersgründen nicht mehr abverlangt werden kann. Man ist sich einig, dass das Eingreifen des Ausnahmetatbestands nicht voraussetzt, dass der Einbürgerungsbewerber seine mangelnden Kenntnisse nicht zu vertreten hat.

So hat das Verwaltungsgericht Stuttgart(VG Stuttgart, Urteil vom 2.12.2011, a.a.O., Rdnr. 31) ausgeführt, § 10 Abs. 6 stelle nicht darauf ab, ob sich ein Einbürgerungsbewerber die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache (bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland) in der Vergangenheit habe aneignen können. Maßgeblich sei allein, ob der Einbürgerungsbewerber zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor Gericht wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG nicht mehr erfüllen könne. Die Anwendung des § 10 Abs. 6 StAG scheide deshalb nicht bereits dann aus, wenn der Einbürgerungsbewerber sich bereits seit vielen Jahren/Jahrzehnten in Deutschland aufhalte und er sich in früherer Zeit die von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG geforderten Erkenntnisse hätte aneignen können; auf ein Vertretenmüssen habe der Gesetzgeber gerade nicht abgestellt.

Dieser Sichtweise stimmt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen(OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.1.2013, a.a.O., juris Rdnrn. 23 ff.(Revision unter Geschäfts-Nr. 5 C 15/13 anhängig, Terminierung noch nicht absehbar)) mit ausführlicher Begründung zu. Für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 10 Abs. 6 StAG sei allein entscheidend, ob die Hinderungsgründe im Zeitpunkt der Einbürgerung vorlägen. Versäumnisse hinsichtlich des Erwerbs der maßgeblichen Kenntnisse in der Vergangenheit würden nicht berücksichtigt. Hierfür spreche der Wortlaut, die historische und genetische sowie die systematische Auslegung der Vorschrift. Sinn und Zweck der Einbürgerung stünden dieser Auslegung nicht entgegen. So stehe der maßgebliche zweite Halbsatz der Vorschrift im Präsens, was aufzeige, dass die gegenwärtige Situation entscheidend sei. Auch die Gesetzesbegründung mache - wie im Einzelnen ausgeführt wird - deutlich, dass der Gesetzgeber auf die gegenwärtigen und zukünftigen Möglichkeiten der Einbürgerungsbewerber und nicht auf frühere Versäumnisse abstelle. Die Einbürgerungsvoraussetzungen seien neu geregelt worden und hinsichtlich der Anforderungen an ausreichende Sprachkenntnisse deutlich strenger geworden. Gleichzeitig sei erstmalig ein Ausnahmetatbestand in das Gesetz aufgenommen und seien die Einbürgerungsbewerber insoweit begünstigt worden. Diese Ausnahme kompensiere für einen bestimmten Personenkreis die verschärften Anforderungen. In systematischer Hinsicht müsse gesehen werden, dass der Gesetzgeber hinsichtlich des Bezugs von Sozialleistungen in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG ausdrücklich vorgegeben habe, dass dieser einbürgerungshindernd sei, wenn der Einbürgerungsbewerber ihn zu vertreten habe. In Absatz 6 der Vorschrift fehle eine vergleichbare Regelung, was zeige, dass der Gesetzgeber hier nicht auf ein Vertretenmüssen habe abstellen wollen. Sinn und Zweck der Einbürgerung stünden der Unmaßgeblichkeit von Versäumnissen in der Vergangenheit nicht entgegen. Der Gesetzgeber nehme in den geregelten Ausnahmefällen hin, dass die üblicherweise mit einem mindestens achtjährigen Aufenthalt im Inland verbundene Integrationserwartung des Erwerbs ausreichender Sprachkenntnisse nicht erfüllt werde, lasse also insoweit eine Teilintegration ausreichen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH, Beschluss vom 12.2.2013, a.a.O., S. 203) hat in Bezug auf die Relevanz einer Prüfungsphobie ausgeführt, schon nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 6 StAG komme es hinsichtlich der Frage, ob der Ausländer die Voraussetzungen von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG wegen einer Krankheit nicht erfüllen könne, nur auf den Zeitpunkt der Einbürgerung an.

Das Verwaltungsgericht Aachen(VG Aachen, Urteil vom 8.5.2013, a.a.O., Rdnr. 17) sieht den Anknüpfungspunkt der altersbedingten Gründe darin, dass mit zunehmendem Lebensalter regelmäßig die Fähigkeit schwinde, sich neue Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen. Personen gehobenen Alters solle nicht ausnahmslos abverlangt werden, entsprechende Bemühungen zu entfalten. Eine strikte Altersgrenze könne allerdings nicht gezogen werden, da Kenntnisse und Fähigkeiten von soziokulturellen Merkmalen wie insbesondere dem erreichten Bildungsstand, der Erwerbsteilhabe sowie den Anregungen, die sich aus dem individuellen Lebensumfeld ergäben, abhingen. Der Begriff „altersbedingt“ sei daher einzelfallabhängig. Entscheidend sei dabei, ob im Zeitpunkt der Einbürgerung aus Altersgründen der Erwerb der erforderlichen Kenntnisse (noch) abverlangt werden könne; Versäumnisse in der Vergangenheit seien hingegen unbeachtlich. § 10 Abs. 6 StAG stelle nämlich anders als bei der Unterhaltsfähigkeit nicht auf Vertretenmüssen ab und damit auch nicht darauf, ob sich ein Einbürgerungsbewerber die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache (bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland) in der Vergangenheit habe aneignen können.

In der einschlägigen Kommentarliteratur(Berlit in GK-StAR, a.a.O., § 10 Rdnrn. 404 ff.) heißt es zur Problematik, Abs. 6 enthalte eine strikte Pflicht, von den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 abzusehen, wenn diese wegen Alters oder Behinderung nicht erfüllt werden könnten. Der Gesetzgeber habe ein im Ansatz unflexibles „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ normiert. Die Anforderungen könnten nicht nach Maßgabe des Grades alters- oder behinderungsbedingter Beeinträchtigungen abgesenkt werden. Sie seien entweder vollständig zu erfüllen oder es sei von ihnen vollständig abzusehen. Zwischen dem Alter oder der Behinderung und dem subjektiven Unvermögen des Einbürgerungsbewerbers, die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 zu erfüllen, müsse eine kausale Verknüpfung bestehen. Abs. 6 stelle Personen nicht allein wegen ihres Alters oder ihrer Behinderung von der Erfüllung der Anforderungen frei. Diese - abschließend benannten Umstände - müssten (nachweislich) Ursache für das Unvermögen sein, diesen Anforderungen zu entsprechen. Die altersbedingten Gründe knüpften daran an, dass - bei einer typisierenden Betrachtungsweise - die Fähigkeit schwinde, sich neue Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, und es Personen gehobenen Alters auch nicht abverlangt werden solle, entsprechende Bemühungen zu entfalten. Eine strikte Alters(unter)grenze könne nicht gezogen werden, weil Fähigkeit und - vor allem - abzuverlangende Bereitschaft zum Erwerb zusätzlicher (sprachlicher oder staatsbürgerlicher) Kenntnisse auch abhingen von soziokulturellen Merkmalen wie insbesondere dem anderweitig erreichten Bildungsstand, der Erwerbsteilhabe (und den dort zu bewältigenden Herausforderungen) sowie den Anregungen, die sich aus dem individuellen Lebensumfeld ergäben. Dieser Ausnahmegrund sei damit offen für eine umfassende Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Vor dem Erreichen des 50. Lebensjahres werde regelmäßig indes ein altersbedingtes Unvermögen ausscheiden; ab der Vollendung des 60. Lebensjahres liege es jedenfalls nahe. Eine Übertragung der für § 12 Abs. 1 Nr. 4 StAG für die Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei der Einbürgerung „älterer Personen“ zu ziehenden Altersgrenze scheide wegen der funktionalen Verknüpfung von Alter und Unvermögen zur Erfüllung der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 aus. Entscheidend sei allein, ob im Zeitpunkt der Einbürgerung aus Altersgründen der Erwerb der erforderlichen Kenntnisse (noch) abverlangt werden könne; Versäumnisse in der Vergangenheit seien unbeachtlich.

Nach alldem gehen Rechtsprechung und Kommentarliteratur einvernehmlich davon aus, dass der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 6 StAG darauf abstellt, ob der Einbürgerungsbewerber die in Absatz 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 geforderten Kenntnisse im Zeitpunkt der Einbürgerung erfüllen kann oder hieran infolge einer Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt gehindert ist, wobei es auf ein etwaiges Vertretenmüssen in Bezug auf Versäumnisse in der Vergangenheit nicht ankommt. In diese Richtung weist insbesondere auch die Formulierung in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, wonach Personen begünstigt werden sollen, die die Anforderungen aufgrund ihres Alters „nicht mehr erfüllen können“.(BT-Drs. 16/5065, S. 229) Dieser Sichtweise stimmt der Senat vollumfänglich zu.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart(VG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2013 - 11 K 1279/13 -, juris Rdnrn. 3 f.) hat sich kürzlich anlässlich eines Prozesskostenhilfeantrags, den es abgelehnt hat, erneut mit der Problematik befasst und seine oben zitierte Rechtsprechung zum altersbedingten Unvermögen dahingehend präzisiert, dass das Erreichen eines Alters von 67 Jahren für die Annahme, altersbedingt keine ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache erwerben zu können, allein nicht ausreiche. Denn nicht nur die Krankheit oder Behinderung, sondern auch das Alter müsse kausal für die unzureichenden bzw. fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache sein. Ein hohes Alter führe nicht regelmäßig dazu, dass der Einbürgerungsbewerber an der Erlangung der von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG geforderten Kenntnisse gehindert ist. Der Einbürgerungsbewerber habe deshalb substantiiert darzutun (§ 37 Abs. 1 StAG i.V.m. § 82 Abs. 1 AufenthG), dass er gerade aufgrund seines Alters nicht (mehr) in der Lage sei, die geforderten Kenntnisse zu erwerben. Dieser Mitwirkungspflicht sei nicht genügt worden.

Dieser Argumentation ist hinsichtlich der Annahme, dass das Erreichen eines bestimmten Alters zur Tatbestandserfüllung nicht ausreiche, weil ein hohes Alter nicht regelmäßig dazu führe, dass der Einbürgerungsbewerber an der Erlangung der geforderten Kenntnisse gehindert ist – zuzustimmen. Die weitere Formulierung, das Alter müsse kausal für die unzureichenden bzw. fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache sein, erscheint indes gemessen am Regelungsgehalt des § 10 Abs. 6 StAG problematisch.

§ 10 Abs. 6 StAG stellt – wie ausgeführt und auch vom Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 2.12.2011 ausdrücklich anerkannt – darauf ab, ob der Einbürgerungsbewerber die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nrn. 6 und 7 im Zeitpunkt der Einbürgerung erfüllen kann. Der Ausnahmetatbestand knüpft nicht an den Umstand an, dass der Einbürgerungsbewerber die Anforderungen zur Zeit der Antragstellung nicht erfüllt, und befasst sich daher nicht mit der Frage, aus welchen Gründen er diesen Anforderungen derzeit nicht genügt. Tatbestandrelevant ist vielmehr, ob der Einbürgerungsbewerber die Anforderungen „erfüllen kann“. Entscheidend ist daher, ob er sie erfüllen könnte, wenn er dies wollte und entsprechende Bemühungen zum Erwerb der geforderten Kenntnisse unternähme, oder ob er die Anforderungen infolge krankheits- oder altersbedingter Einschränkungen auch bei Entfalten diesbezüglicher Anstrengungen nicht mehr erfüllen kann. Damit ist einzelfallbezogen zu klären, ob trotz Krankheit oder Behinderung oder fortgeschrittenen Lebensalters unter Berücksichtigung der konkreten Lebensentwicklung und -umstände des Einbürgerungsbewerbers davon auszugehen ist, dass dessen etwaige Bemühungen, Sprachkenntnisse auf dem durch § 10 Abs. 4 Satz 1 StAG vorgegebenen Niveau sowie die geforderten staatsbürgerlichen Kenntnisse zu erwerben, erfolgversprechend wären. Bejahendenfalls ist ihm zuzumuten, diese Bemühungen zu unternehmen, wobei sich im Falle eines Nichtbestehens der anschließenden Prüfungen die Frage stellen würde, ob das – behördlicher- bzw. gerichtlicherseits nicht erwartete – Scheitern seine Ursache in unzureichenden Anstrengungen, sonstigen Gründen (z.B. Analphabetismus eines noch lebensjungen Einbürgerungsbewerbers(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, juris)) oder einem der in § 10 Abs. 6 StAG aufgeführten Gründe hat. Denn es soll – so auch Berlit(Berlit in GK-StAR, a.a.O., § 10 Rdnr. 406) – Einbürgerungsbewerbern im fortgeschrittenen Lebensalter angesichts der typischerweise im Alter schwindenden Fähigkeit, sich neue Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, nicht ausnahmslos zugemutet werden, entsprechende Bemühungen, Kenntnisse auf dem geforderten Niveau zu erwerben, zu entfalten. Nach alldem geht es in § 10 Abs. 6 StAG um die Ursache für ein etwaiges Unvermögen, sich fehlende Kenntnisse anzueignen, nicht hingegen – wie das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 2.7.2013 möglicherweise andeuten will und der Beklagte im Einzelnen argumentiert – um die Ursache für den Umstand, dass der Einbürgerungsbewerber die geforderten Kenntnisse aktuell nicht erfüllt. Die vom Beklagten vertretene Kausalitätsbetrachtung geht am Tatbestand des § 10 Abs. 6 StAG vorbei, denn sie setzt an einem falschen Punkt an. Der Beklagte sucht die Ursache der fehlenden Kenntnisse, die er in dem Unterlassen in der Vergangenheit sieht. Nach dem Gesetz ist indes zu klären, ob der Einbürgerungsbewerber aktuell über die für den Erwerb der geforderten Kenntnisse notwendige Lernfähigkeit verfügt oder eben etwa aufgrund seines Alters nicht mehr verfügt. Entscheidungserheblich ist daher nicht, ob in der Vergangenheit die Möglichkeit des Erwerbs der Kenntnisse bestanden hätte, aber nicht genutzt wurde, sondern allein, ob die geforderten Kenntnisse derzeit aufgrund eines der in § 10 Abs. 6 StAG aufgeführten Tatbestände nicht mehr erworben werden können. Es trifft nach alldem nicht zu, dass in den Genuss der Ausnahmevorschrift grundsätzlich nur kommen soll, wer erst im hohen Alter eingereist ist.

In rechtlicher Hinsicht ist des Weiteren zu bekräftigen, dass § 10 Abs. 6 StAG kein Ermessen eröffnet. Liegt einer der Ausnahmetatbestände vor, so „ist abzusehen“, d.h. der Einbürgerungsbewerber hat - soweit er die übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt - einen Anspruch darauf, dass er trotz des Fehlens der Kenntnisse eingebürgert wird. § 10 Abs. 6 StAG ist Teil der am 28.8.2007 in Kraft getretenen Neuregelung des Einbürgerungsrechts. Im Gesetzgebungsverfahren war auf Betreiben der Länder erwogen worden, den Ausnahmetatbestand als Ermessensvorschrift auszugestalten, dieser Ansatz konnte sich aber nicht durchsetzen. Diesbezüglich heißt es in der Gesetzesbegründung(BT-Drs. 16/5107, S. 13) : „Die Ermessensregelung in Abs. 6 lehnt die Bundesregierung ab, da bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kein Raum mehr für ein Ermessen der Staatsangehörigkeitsbehörde bleibt. Wenn der Einbürgerungsbewerber aufgrund seiner Behinderung oder seiner altersbedingten Beeinträchtigung den Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse oder staatsbürgerlicher Kenntnisse nicht erbringen kann, muss zwingend von diesen Voraussetzungen abgesehen werden.“

Im Rahmen der damit vorzunehmenden Einzelfallprüfung können die Behörden oder das Gericht sich zwar bei Bedarf sachverständiger Hilfe bedienen, müssen dies aber nicht, wenn die konkreten Umstände keinen vernünftigen Zweifel daran lassen, dass einer der in § 10 Abs. 6 StAG aufgeführten Ausnahmetatbestände erfüllt ist.(so auch Nr. 10.6 der Vorläufigen Anwendungshinweise des BMI vom 17.4.2009) So liegt der Fall hier.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und den sich aus dem Akteninhalt ergebenden Erkenntnissen ist nicht anzunehmen, dass der Kläger in der Lage wäre, sich Kenntnisse der deutschen Sprache in mündlicher und schriftlicher Form auf dem durch § 10 Abs. 4 StAG vorgegebenen Niveau sowie die von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 StAG geforderten Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach § 10 Abs. 5 Satz 1 StAG in der Regel durch das Bestehen eines Einbürgerungstests nachzuweisen sind, anzueignen.

Der Kläger ist inzwischen 71 Jahre alt und befindet sich damit in einem Lebensalter, in dem die Fähigkeit, sich neue Kenntnisse anzueignen zwar durchaus bestehen, aber nicht als im Regelfall gegeben unterstellt werden kann.(vgl. hierzu auch Berlit in GK-StAG, a.a.O., § 10 Rdnr. 406) Seine persönlichen Lebensumstände spielen daher eine maßgebliche Rolle für die Entscheidung der Frage, ob davon ausgegangen werden kann, dass er bei Entfalten entsprechender Bemühungen in der Lage wäre, die Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 und 7 StAG zu erfüllen.

Nach den Bekundungen seines Sohnes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger nie eine Schule besucht und nie das Lesen und Schreiben gelernt, sondern seit jungen Jahren Arbeit auf dem Feld verrichten müssen. Dass diese Angaben nicht zutreffen könnten, ist nicht anzunehmen. Der Kläger ist 1942 geboren. Dass Ende der vierziger Jahre in den kurdischen Gebieten der Türkei flächendeckend die Möglichkeit oder gar Pflicht bestanden haben könnte, eine Schule zu besuchen, erscheint äußerst fernliegend. Der Senat hegt daher keinen Zweifel daran, dass der Kläger in seinem Herkunftsland, das er im Alter von 48 Jahren verlassen hat, nie eine Schule besucht und auch sonst keine Ausbildung absolviert hat, sondern vielmehr Tätigkeiten nachgegangen ist, die ihn sicherlich weitaus mehr in körperlicher als in geistiger Hinsicht gefordert haben.

Der Sohn des Klägers hat weiter angegeben, bei den ärztlichen Untersuchungen anlässlich der Einreise des Klägers sei die Notwendigkeit mehrerer Operationen festgestellt worden. Entsprechende Behandlungsmöglichkeiten hätten dem Kläger in der Türkei nicht offen gestanden. Trotz allem habe seine Arbeitsfähigkeit nicht wiederhergestellt werden können. Eine Arbeitsaufnahme sei ihm behördlicherseits und seitens seiner Ärzte strikt untersagt worden. Mit diesen Angaben korrespondiert, dass ausweislich Blatt 184 der Verwaltungsakte anlässlich einer auf Betreiben des Sozialamtes der Gemeinde A-Stadt durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung vom 10.12.2001 festgestellt wurde, dass der Kläger auf nicht absehbare Zeit arbeitsunfähig und – vorbehaltlich eines Entscheids des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers – erwerbsunfähig ist. Ausweislich Blatt 32 und 33 der Verwaltungsakte hat der sozialmedizinische Dienst der Landesversicherungsanstalt für das Saarland als Rentenversicherungsträger auf ein Ersuchen nach dem Grundsicherungsgesetz mit Schreiben vom 20.5.2003 bestätigt, dass der Kläger unabhängig von der Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert und es unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Damit steht für den Senat außer Zweifel, dass der Kläger sich auch nach seiner Einreise nie in einer Situation befunden hat, in der er gehalten gewesen wäre, sich zwecks Ausübung einer Erwerbstätigkeit gewisse Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, ohne die selbst eine ungelernte Kraft auf dem hiesigen Arbeitsmarkt nicht auskommen kann. Er war mithin – abgesehen von der früheren (sicherlich primär durch körperlichen Einsatz geprägten) Arbeit auf dem Feld – nie in der Situation, Anweisungen und Arbeitsabläufe verstehen, mit anderen arbeitsteilig zusammenarbeiten und sich in einen Kollegenkreis einbringen zu müssen. Er konnte demgemäß nicht von Kontakten zu Arbeitskollegen und der Notwendigkeit, sich im Erwerbsleben zurechtfinden zu müssen und sich verständlich zu machen, profitieren. Eine „Erwerbsteilnahme“ im Sinne der oben wiedergegebenen Ausführungen in der Kommentierung von Berlit gab es daher nie. Infolge seiner Erwerbsunfähigkeit bestand für ihn keine Möglichkeit, sich über die normalen Anforderungen einer Erwerbstätigkeit sprachlich und sozial in die hiesigen Lebensverhältnisse zu integrieren. Insofern verwundert auch nicht, dass er nach den glaubhaften Bekundungen seines Sohnes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seit seiner Einreise sehr zurückgezogen und ohne nennenswerte soziale Kontakte zu Deutschen lebt.

Nach alldem sind die Lebensbedingungen und die aktuelle Lebenssituation des Klägers maßgeblich dadurch geprägt, dass er noch nie in seinem Leben in beachtlicher Weise geistig gefordert war.

Dem Senat erschließt sich nicht, woran in einem solchen Fall die Erwartung anknüpfen sollte, der Kläger sei ungeachtet seines fortgeschrittenen Alters und unter Berücksichtigung seiner ganz persönlichen Lebensumstände gegenwärtig in der Lage, erstmals in seinem Leben eine Fremdsprache so zu erlernen, dass er dem seit 2007 verschärften Anforderungsniveau gerecht wird und zudem die geforderten staatsbürgerlichen Kenntnisse zu erwerben, die ihrerseits ein gewisses Sprachverständnis und die Fähigkeit, politische und gesellschaftliche Zusammenhänge erfassen zu können, voraussetzen. Die Schlussfolgerung, dass es dem 71-jährigen Kläger nicht mehr gelingen wird, sich die geforderten Kenntnisse anzueignen, liegt so nahe, dass es ihrer Bestätigung durch Einholung eines (amts-)ärztlichen Gutachtens nicht bedarf.

Soweit die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Nichtnutzung der Möglichkeit hingewiesen hat, sich in jüngeren Jahren in Volkshochschulkursen Sprachkenntnisse anzueignen, ist weder geklärt, ob es ein solches Angebot für kurdisch sprechende Interessenten gegeben hat, noch ist dies entscheidungserheblich. Denn es kommt – wie ausgeführt – nicht darauf an, ob der Kläger in der Vergangenheit versäumt hat, ihm offenstehende Möglichkeiten, Sprachkenntnisse zu erwerben, zu nutzen, sondern entscheidend ist, dass angesichts seines fortgeschrittenen – typischerweise mit schwindender Lernfähigkeit verbundenen – Lebensalters und seiner gesamten Lebensumstände nicht angenommen werden kann, dass er heute noch über die für den Erwerb der geforderten Kenntnisse notwendige Lernfähigkeit verfügt.

Die weitere rechtliche Argumentation der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die im Rahmen von Ermessenseinbürgerungen bestehenden Möglichkeiten, Einbürgerungsbewerbern unter bestimmten Voraussetzungen Privilegierungen zukommen zu lassen, wären sinnlos und gesetzestechnisch unverständlich, wenn § 10 Abs. 6 StAG das „Ersitzen“ einer Anspruchseinbürgerung ermöglichen würde, geht ebenfalls fehl. Wie ausgeführt bedarf es im Rahmen des Ausnahmetatbestandes des Absatzes 6 einer konkreten Einzelfallbetrachtung, die nicht nur das jeweilige Alter in den Blick nimmt, sondern unter Würdigung aller für und gegen ein (Fort-)Bestehen hinreichender Lernfähigkeit sprechenden persönlichen Lebensumstände entweder den Schluss rechtfertigt, dass ungeachtet des fortgeschrittenen Alters noch eine ausreichende Lernfähigkeit besteht oder eben nicht erwartet werden kann. Mit „Ersitzen“ hat diese Regelung nichts zu tun.

Da der Kläger als Asylberechtigter anerkannt ist, ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 6 StAG von der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG (Aufgabe oder Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit) abzusehen.

Die Berufung des Klägers ist nach alldem mit seinem im Hauptantrag verfolgten Begehren, ihn einzubürgern, erfolgreich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Der Senat hat im Einklang mit der einhelligen Rechtsprechung eine Einzelfallentscheidung getroffen.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

Der Bescheid der Stadt Heilbronn vom 05.04.2011 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin ein Drittel und die Beklagte zwei Drittel.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Klägerin wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

 
Die am ...1949 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie reiste am 15.04.1991 in das Bundesgebiet ein. Am 15.04.1991 beantragte sie die Gewährung von Asyl. Mit Bescheid vom 03.05.1994 wurde die Klägerin - nach gerichtlicher Verpflichtung - vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als Asylberechtigte anerkannt und festgestellt, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Seit dem 16.06.1994 ist die Klägerin im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Mit Bescheid vom 29.09.2006 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die mit Bescheid vom 03.05.1994 erfolgte Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Die hierauf erhobene Klage wies das VG Stuttgart mit Urteil vom 01.03.2007 - A 18 K 1655/06 - ab.
Mit Beschluss vom 27.01.2010 bestellte das Notariat III Heilbronn - Betreuungsgericht - Frau ... zur ehrenamtlichen Betreuerin der Klägerin. Zur Begründung wurde ausgeführt, für die Klägerin sei ein Betreuer zu bestellen, weil sie aufgrund einer psychischen Erkrankung und körperlichen Behinderung in Form eines apoplektischen Insult und zentralen Gehstörungen nicht in der Lage sei, die dem Betreuer übertragenen Aufgabenkreise für sich selbst eigenverantwortlich zu besorgen.
Mit Beschluss vom 26.02.2010 erweiterte das Notariat III Heilbronn - Betreuungsgericht - den Aufgabenkreis des Betreuers. Danach gehören zum Aufgabenkreis des Betreuers auch die persönlichen Angelegenheit, insbesondere auch die Vertretung bei und vor Gerichten, Behörden und sonstigen öffentlichen Einrichtungen.
Nach einer Stellungnahme des städtischen Gesundheitsamts Heilbronn vom 17.12.2009 besteht bei der Klägerin ein Zustand nach apoplektischem Insult mit reflektierendem hirnorganischem Psychosyndrom, eine zentrale Gehstörung und primärer Analphabetismus. Es liege eine schwere psychische und körperliche Erkrankung und Behinderung vor. Die Klägerin sei absolut geschäftsunfähig im Sinne des BGB. Bei der Klägerin fänden sich gravierende Einschränkungen hinsichtlich der Gedankenführung, der Urteils- und Kritikfähigkeit sowie des Einsichtsvermögens.
Am 04.03.2010 beantragte die Klägerin die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Nach einer Auskunft aus dem Zentralregister vom 12.03.2010 gibt es über die Klägerin keine Eintragung. Am 17.03.2010 gab die Klägerin eine Bekenntnis- und Loyalitätserklärung ab. Die Klägerin bezieht gemeinsam mit ihrem Ehemann Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Mit Bescheid vom 05.04.2011 lehnte die Stadt Heilbronn den Antrag auf Einbürgerung ab und führte zur Begründung aus, aufgrund des Betreuungsverhältnisses sei davon auszugehen, dass die Klägerin handlungsunfähig i.S.d. § 80 AufenthG sei. Die Klägerin habe zwar die Bekenntnis- und Loyalitätserklärung unterschrieben. Es werde indes bezweifelt, dass sie den Inhalt verstanden habe. Aufgrund der Handlungsunfähigkeit der Klägerin sei deshalb von den Voraussetzungen nach § 10 Satz 1 Nr. 1 StAG (Bekenntnis- und Loyalitätserklärung) und § 10 Satz 1 Nr. 7 StAG (Kenntnisse zur Rechts- und Gesellschaftsordnung) abzusehen. Bei der Klägerin lägen aber ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache gemäß § 10 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 4 StAG nicht vor. Schon im August 2003 sei festgestellt worden, dass die mündliche Verständigung mit der Klägerin sehr schwierig sei. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten angegeben, in der Türkei keine Schule besucht zu haben. Auch bei einer Vorsprache am 25.01.2007 sei eine mündliche Verständigung mit der Klägerin nicht möglich gewesen. Am 14.09.2008 habe die Klägerin einen Schlaganfall erlitten und leide seitdem unter den Folgeerscheinungen. Bis zum Zeitpunkt des Schlaganfalls habe die Klägerin jedoch keine Fortschritte beim Erlernen der deutschen Sprache gemacht. Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Atteste könne davon ausgegangen werden, dass die Klägerin wegen ihrer Erkrankung nicht an einem Deutschtest teilnehmen könne. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin in den Jahren davor hinreichend bemüht habe, die deutsche Sprache zu erlernen. Deshalb sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin auch ohne den Eintritt der Krankheit nicht um den Erwerb der deutschen Sprache bemüht hätte. Damit könne sich die Klägerin nicht auf § 10 Abs. 6 StAG berufen; die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG sei nicht erfüllt. Ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG habe, könne dahingestellt bleiben. Ebenso könne offenbleiben, ob der langjährige und auch aktuelle Bezug von Leistungen nach dem SGB II dem Einbürgerungsbegehren gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG entgegenstehe. Da die Klägerin trotz ihres 20-jährigen Aufenthalts im Bundesgebiet nie gearbeitet habe, könne davon ausgegangen werden, dass sie den derzeitigen Leistungsbezug zu vertreten habe. Eine Einbürgerung nach § 8 StAG sei gleichfalls nicht möglich. Die Klägerin habe vor ihrer Erkrankung keine nennenswerten mündlichen Deutschkenntnisse und keine Schriftkenntnisse gehabt. Zum Zeitpunkt ihrer Einreise in das Bundesgebiet sei sie 42 Jahre alt gewesen. Eine Teilnahme an einem Sprach- oder Alphabetisierungskurs sei ihr in der Folgezeit zumutbar gewesen. Seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet habe sie keine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Hinweise auf eine anderweitige hinreichende Integration in die deutschen Lebensverhältnisse lägen nicht vor. Trotz der jetzigen Erkrankung der Klägerin bestehe keine atypische Situation, da ihre fehlenden Bemühungen zum Spracherwerb in der Vergangenheit nicht auf Krankheit oder Behinderung zurückzuführen seien. Bestehe aber keine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse aufgrund unzureichender Deutschkenntnisse, liege ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung der Klägerin im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG nicht vor. Im Hinblick auf die Anforderungen an ausreichende Deutschkenntnisse eröffne § 8 Abs. 2 StAG keine Ausnahme.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.04.2011 Widerspruch ein.
Bereits am 08.03.2011 hatte die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben und zur Begründung vorgetragen, zwar bestünden bei ihr keine ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 6 StAG. Aufgrund eines erlittenen Schlaganfalles habe sie schwere kognitive Störungen, die das Erlernen der deutschen Sprache unmöglich machten. Folge des im Jahre 2008 erlittenen schweren Schlaganfalls seien eine Sprach- und Wortfindungsstörung sowie eine allgemeine Verwirrtheit. Nach den vorgelegten ärztlichen Attesten bestehe bei ihr eine Einschränkung der motorischen und auch kognitiven Funktionen. In den letzten zwei Jahren hätten sich ihre sprachlichen Fähigkeiten wesentlich verschlechtert. Mittlerweile fehlten ihr auch die einschlägigen türkischen Begriffe, um sich auszudrücken. Damit seien die Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 StAG erfüllt, so dass die unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache ihrem Einbürgerungsbegehren nicht entgegenstünden. § 10 Abs. 6 StAG stelle nicht auf ein Vertretenmüssen ab. Mit dieser Bestimmung werde gerade auch älteren, geistig oder seelisch behinderten Menschen ein Anspruch auf Einbürgerung vermittelt. Eine Inanspruchnahme der Sozialleistungen habe sie nicht zu vertreten, so dass auch die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG vorliege. Die meiste Zeit ihres Lebens habe sie sich als Hausfrau um ihre sechs Kinder gekümmert. An eine Erwerbstätigkeit neben der Haushaltsführung sei nicht zu denken gewesen. Ihre Kinder hätten mittlerweile auch Enkel, um die sie sich auch gekümmert habe. Wegen der Erziehung ihrer Kinder habe sie beim Arbeitsamt auch nie vorsprechen müssen. Dies spreche gleichfalls dafür, dass sie den Leistungsbezug nicht zu vertreten habe. Sie habe auch Anspruch auf Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG. Die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit stoße aufgrund ihrer Krankheit auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten. Aufgrund ihrer psychischen und körperlichen Behinderung habe im Januar 2010 eine Betreuerin bestellt werden müssen. Seit dem 21.07.2009 sei sie auch im Besitz eines Schwerbehindertenausweises. Deshalb sei eine persönliche Vorsprache bei der Auslandsvertretung für sie unzumutbar. Eine Versagung der Einbürgerung stelle auch eine besondere Härte i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG dar. Alle ihre Kinder seien mittlerweile deutsche Staatsangehörige und sie habe seit über 15 Jahren ihren gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Bescheid der Stadt Heilbronn vom 05.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie in den deutschen Staatsverband einzubürgern;
11 
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen;
12 
höchst hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über ihren Antrag auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
13 
Die Beklagte beantragte,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Sie verweist auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids.
16 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörenden Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der am 02.12.2011 nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangene Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 02.12.2011 gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
18 
Die Klage ist als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig. Nach § 75 Satz 1 VwGO ist die Verpflichtungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Liegt nach Ablauf einer Sperrfrist von 3 Monaten seit Antragstellung (§ 75 Satz 2 VwGO) ein zureichender Grund für die Verzögerung der Bescheidung des Antrags durch die Behörde vor, setzt das Gericht nach § 75 Satz 3 VwGO das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Ohne eine derartige Aussetzung des Verfahrens bleibt eine nach § 75 Satz 1 VwGO erhobene Untätigkeitsklage zulässig und erfordert die Durchführung des Vorverfahrens selbst dann nicht, wenn die Behörde den Antragsteller während des Rechtsstreits ablehnend bescheidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.1983 - 5 C 114/81 - BVerwGE 66, 342 und Urt. v. 04.06.1991 - 1 C 42/88 - BVerwGE 88, 254). Hier hat die Klägerin mehr als 1 Jahr nach Stellung ihres Einbürgerungsantrags Klage erhoben. Das Gericht hat das Verfahren nicht gem. § 75 Satz 3 VwGO ausgesetzt. Die Klage ist daher zulässig. Die Klägerin darf den erst nach Klageerhebung ergangenen Bescheid der Stadt Heilbronn vom 05.04.2011 über die Ablehnung ihres Antrags auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband in den Rechtsstreit einbeziehen; eine Klageänderung liegt darin nicht, weil der Regelungsgegenstand der nachträglichen Behördenentscheidung mit dem Streitgegenstand der Untätigkeitsklage deckungsgleich ist (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 24.06.1998 - 13 S 1099/96 - InfAuslR 1998, 433 und Urt. v 13.06.2000 - 13 S 1378/98 - VBlBW 2001, 23).
19 
Die Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid der Stadt Heilbronn vom 05.04.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat aber nur einen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
20 
Der geltend gemachte Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1B 82/95 - InfAuslR 1996, 399 und Urt. v. 20.10.2005 - 5 C 8/05 - BVerwGE 124, 268).
21 
Einem Anspruch der Klägerin auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband steht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Danach ist Voraussetzung der Einbürgerung, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall, da sie im Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit ist. Türkische Staatsangehörige verlieren mit der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nicht automatisch ihre bisherige Staatsangehörigkeit. Die Klägerin hat ihre türkische Staatsangehörigkeit bislang auch nicht aufgegeben.
22 
Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG abgesehen wird, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, liegen nicht vor.
23 
Die Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG für politisch Verfolgte greift zugunsten der Klägerin nicht mehr ein. Nach dem rechtskräftigen Widerruf ihrer Asylanerkennung und der Flüchtlingszuerkennung ist die Klägerin nicht mehr im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist unerheblich, dass die Klägerin früher den Status einer Asylberechtigten innegehabt und damit den Reiseausweis rechtmäßig besessen hat. Denn die Frage, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG erfüllt sind, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
24 
Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Insbesondere ist der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht erfüllt. Nach dieser Bestimmung ist Mehrstaatigkeit zwingend hinzunehmen, wenn der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeit stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde. Vorliegend stößt die Entlassung der Klägerin aus der türkischen Staatsangehörigkeit aber nicht auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten. Das Erfordernis der “unverhältnismäßigen Schwierigkeiten“ bezieht sich auf den Vorgang der Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit, nicht auf das Interesse des Einbürgerungsbewerbers an der Einbürgerung oder die Folgen ihrer Versagung. Wegen der systematischen Stellung in einer Sonderregelung für ältere Menschen haben diese Schwierigkeiten altersbezogen zu sein, d.h. die Unverhältnismäßigkeit muss auf das fortgeschrittene Lebensalter des Einbürgerungsbewerbers zurückzuführen sein. Dies ist insbesondere bei altersbedingten gesundheitlichen Einschränkungen eines Einbürgerungsbewerbers zu bejahen, die ihn daran hindern, in der Auslandsvertretung persönlich vorzusprechen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010 - 5 C 9/10 - BVerwGE 137, 237).
25 
Nach diesen Grundsätzen ist für das Gericht nicht zu erkennen, dass eine persönliche Vorsprache bei der türkischen Auslandsvertretung für die Klägerin unzumutbar ist. Allerdings wurde für die Klägerin auf Grund des im Jahre 2008 erlittenen Schlaganfalls und den seitdem bestehenden Folgeerscheinungen ein Betreuer bestellt. Nach dem zuletzt vorgelegten ärztlichen Attest von Dr. ... vom 17.10.2010 besteht bei der Klägerin eine erhebliche Gangstörung, sodass ein eigenständiges Gehen nicht mehr möglich ist. Von einer Reiseunfähigkeit ist in sämtlichen, der Einbürgerungsbehörde und dem Gericht vorgelegten ärztlichen Attesten jedoch nie die Rede. Die Betreuerin der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, ihre Mutter sei auf einen Rollator angewiesen; mit Hilfe dieses Rollators und in Begleitung einer Person könne sie Arztbesuche wahrnehmen. Nach diesem Vorbringen ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin mit Hilfe der sie auch bislang unterstützenden Personen sich außer Haus begeben und auch das türkische Generalkonsulat aufsuchen kann. Der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG ist somit nicht erfüllt.
26 
Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist zulässig und hat in der Sache auch Erfolg.
27 
Die Einbürgerungszusicherung ist eine dem allgemeinen Verfahrensrecht (vgl. § 38 LVwVfG) entlehntes Institut, das in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Mehrstaatigkeit angewandt wird. Zwar steht die Erteilung einer Zusicherung grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Dieses Ermessen reduziert sich aber auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, wenn die Durchsetzung eines Einbürgerungsanspruchs dadurch ermöglicht oder doch wesentlich erleichtert wird, dass der Einbürgerungsbewerber zum Zwecke der Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeit eine solche Zusicherung erhält. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung setzt jedoch weiter voraus, dass die sonstigen Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs vorliegen (vgl. Sachsenmaier, HTK-StAR / § 10 StAG / Allgemeines 07/2011 Nr. 8 m.w.N.).
28 
Die Klägerin hat in der Sache - abgesehen vom Erfordernis der Aufgabe ihrer türkischen Staatsangehörigkeit - einen Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG. Zwischen den Beteiligten ist lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 6 StAG streitig.
29 
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Voraussetzungen des § 10 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 StAG erfüllt. Zwar bezieht die Klägerin seit jeher Leistungen nach dem SGB II. Deren Inanspruchnahme hat sie indes nicht zu vertreten. Zu Beginn ihres Aufenthalts im Bundesgebiet war der Klägerin eine Arbeitsaufnahme wegen der Betreuung ihrer sechs Kinder unzumutbar. Aber auch mit fortschreitendem Alter der Kinder und der damit verbundenen verringerten Betreuungsbedürftigkeit war der weiter bestehende Leistungsbezug nicht zu vertreten, da die Klägerin keinerlei Qualifikation für den Arbeitsmarkt vorweisen kann und bei ihr damit ein objektiv vermittlungshemmendes Merkmal vorlag, eine zumutbare Beschäftigung zu finden (vgl. Sachsenmaier, HTK-StAR / § 10 StAG / zu Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 05/2011 Nr. 3.2 m.w.N.). Die Klägerin ist Analphabetin und spricht die deutsche Sprache nicht. Dass für die Klägerin vor ihrem Schlaganfall eine irgendwie geartete Vermittlungsmöglichkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt bestand, hat auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht aufzuzeigen vermocht.
30 
Hinsichtlich der fehlenden Deutschkenntnisse (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG) kann sich die Klägerin auf die Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 6 StAG berufen. Nach dieser Bestimmung ist von den Voraussetzungen der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache und der Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland abzusehen, wenn der Einbürgerungsbewerber wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt diese Voraussetzungen nicht erfüllen kann. Nach Überzeugung des Gerichts ist die Klägerin wegen ihrer Krankheit nicht mehr in der Lage, die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 4 StAG geforderten Kenntnisse zu erwerben.
31 
Auf Grund des am 14.09.2008 erlittenen Schlaganfalls leidet die Klägerin seitdem unter zahlreichen Folgeerscheinungen. Nach einer Stellungnahme des Städtischen Gesundheitsamtes Heilbronn vom 17.12.2009 bestehen bei der Klägerin gravierende Einschränkungen hinsichtlich der Gedankenführung, der Urteils- und Kritikfähigkeit sowie des Einsichtsvermögens. Auch in der ärztlichen Stellungnahme von Dr. ... vom 26.10.2010 wird von einer Verschlechterung der kognitiven Funktionen berichtet. In der aktuellsten ärztlichen Stellungnahme vom 17.10.2010 führt Dr. ... aus, bei der Klägerin bestünden komplexe kognitive Störungen, die ein umfassendes Verständnis für Sachverhalte deutlich einschränken könnten. Die Beklagte geht in ihrem Bescheid vom 05.05.2011 ersichtlich auch nicht davon aus, dass die Klägerin aktuell die von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 4 StAG geforderten Kenntnisse erwerben kann; dies haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Sie hält der Klägerin lediglich vor, dass sie sich in der Zeit vor dem Schlaganfall nicht hinreichend darum bemüht habe, die deutsche Sprache zu erlernen, und deshalb davon auszugehen sei, dass sich die Klägerin auch ohne den Eintritt der Krankheit nicht um den Erwerb der deutschen Sprache bemüht hätte. Selbst wenn dieses Vorbringen der Beklagten zutrifft, würde dies die Anwendung des § 10 Abs. 6 StAG nicht hindern. § 10 Abs. 6 StAG stellt nicht darauf ab, ob sich ein Einbürgerungsbewerber die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache (bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland) in der Vergangenheit aneignen konnte. Maßgebend ist allein, ob der Einbürgerungsbewerber zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Nr. 7 StAG nicht mehr erfüllen kann. Die Anwendung des § 10 Abs. 6 StAG scheidet deshalb nicht bereits dann aus, wenn der Einbürgerungsbewerber sich bereits seit vielen Jahren/Jahrzehnten in Deutschland aufhält und er sich in früherer Zeit die von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Nr. 7 StAG geforderten Kenntnisse hätte aneignen können; auf ein Vertretenmüssen hat der Gesetzgeber gerade nicht abgestellt (vgl. Sachsenmaier, HTK-StAR / § 10 StAG / zu Abs. 6 03/2011 m.w.N.).
32 
Die Kostenentscheidung beruht § 155 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Klägerin war wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.

Gründe

 
17 
Der am 02.12.2011 nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangene Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 02.12.2011 gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
18 
Die Klage ist als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig. Nach § 75 Satz 1 VwGO ist die Verpflichtungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Liegt nach Ablauf einer Sperrfrist von 3 Monaten seit Antragstellung (§ 75 Satz 2 VwGO) ein zureichender Grund für die Verzögerung der Bescheidung des Antrags durch die Behörde vor, setzt das Gericht nach § 75 Satz 3 VwGO das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Ohne eine derartige Aussetzung des Verfahrens bleibt eine nach § 75 Satz 1 VwGO erhobene Untätigkeitsklage zulässig und erfordert die Durchführung des Vorverfahrens selbst dann nicht, wenn die Behörde den Antragsteller während des Rechtsstreits ablehnend bescheidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.1983 - 5 C 114/81 - BVerwGE 66, 342 und Urt. v. 04.06.1991 - 1 C 42/88 - BVerwGE 88, 254). Hier hat die Klägerin mehr als 1 Jahr nach Stellung ihres Einbürgerungsantrags Klage erhoben. Das Gericht hat das Verfahren nicht gem. § 75 Satz 3 VwGO ausgesetzt. Die Klage ist daher zulässig. Die Klägerin darf den erst nach Klageerhebung ergangenen Bescheid der Stadt Heilbronn vom 05.04.2011 über die Ablehnung ihres Antrags auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband in den Rechtsstreit einbeziehen; eine Klageänderung liegt darin nicht, weil der Regelungsgegenstand der nachträglichen Behördenentscheidung mit dem Streitgegenstand der Untätigkeitsklage deckungsgleich ist (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 24.06.1998 - 13 S 1099/96 - InfAuslR 1998, 433 und Urt. v 13.06.2000 - 13 S 1378/98 - VBlBW 2001, 23).
19 
Die Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid der Stadt Heilbronn vom 05.04.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat aber nur einen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.
20 
Der geltend gemachte Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.08.1996 - 1B 82/95 - InfAuslR 1996, 399 und Urt. v. 20.10.2005 - 5 C 8/05 - BVerwGE 124, 268).
21 
Einem Anspruch der Klägerin auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband steht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Danach ist Voraussetzung der Einbürgerung, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall, da sie im Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit ist. Türkische Staatsangehörige verlieren mit der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nicht automatisch ihre bisherige Staatsangehörigkeit. Die Klägerin hat ihre türkische Staatsangehörigkeit bislang auch nicht aufgegeben.
22 
Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG abgesehen wird, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, liegen nicht vor.
23 
Die Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG für politisch Verfolgte greift zugunsten der Klägerin nicht mehr ein. Nach dem rechtskräftigen Widerruf ihrer Asylanerkennung und der Flüchtlingszuerkennung ist die Klägerin nicht mehr im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist unerheblich, dass die Klägerin früher den Status einer Asylberechtigten innegehabt und damit den Reiseausweis rechtmäßig besessen hat. Denn die Frage, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG erfüllt sind, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
24 
Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Insbesondere ist der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht erfüllt. Nach dieser Bestimmung ist Mehrstaatigkeit zwingend hinzunehmen, wenn der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeit stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde. Vorliegend stößt die Entlassung der Klägerin aus der türkischen Staatsangehörigkeit aber nicht auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten. Das Erfordernis der “unverhältnismäßigen Schwierigkeiten“ bezieht sich auf den Vorgang der Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit, nicht auf das Interesse des Einbürgerungsbewerbers an der Einbürgerung oder die Folgen ihrer Versagung. Wegen der systematischen Stellung in einer Sonderregelung für ältere Menschen haben diese Schwierigkeiten altersbezogen zu sein, d.h. die Unverhältnismäßigkeit muss auf das fortgeschrittene Lebensalter des Einbürgerungsbewerbers zurückzuführen sein. Dies ist insbesondere bei altersbedingten gesundheitlichen Einschränkungen eines Einbürgerungsbewerbers zu bejahen, die ihn daran hindern, in der Auslandsvertretung persönlich vorzusprechen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2010 - 5 C 9/10 - BVerwGE 137, 237).
25 
Nach diesen Grundsätzen ist für das Gericht nicht zu erkennen, dass eine persönliche Vorsprache bei der türkischen Auslandsvertretung für die Klägerin unzumutbar ist. Allerdings wurde für die Klägerin auf Grund des im Jahre 2008 erlittenen Schlaganfalls und den seitdem bestehenden Folgeerscheinungen ein Betreuer bestellt. Nach dem zuletzt vorgelegten ärztlichen Attest von Dr. ... vom 17.10.2010 besteht bei der Klägerin eine erhebliche Gangstörung, sodass ein eigenständiges Gehen nicht mehr möglich ist. Von einer Reiseunfähigkeit ist in sämtlichen, der Einbürgerungsbehörde und dem Gericht vorgelegten ärztlichen Attesten jedoch nie die Rede. Die Betreuerin der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, ihre Mutter sei auf einen Rollator angewiesen; mit Hilfe dieses Rollators und in Begleitung einer Person könne sie Arztbesuche wahrnehmen. Nach diesem Vorbringen ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin mit Hilfe der sie auch bislang unterstützenden Personen sich außer Haus begeben und auch das türkische Generalkonsulat aufsuchen kann. Der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG ist somit nicht erfüllt.
26 
Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist zulässig und hat in der Sache auch Erfolg.
27 
Die Einbürgerungszusicherung ist eine dem allgemeinen Verfahrensrecht (vgl. § 38 LVwVfG) entlehntes Institut, das in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Mehrstaatigkeit angewandt wird. Zwar steht die Erteilung einer Zusicherung grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Dieses Ermessen reduziert sich aber auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, wenn die Durchsetzung eines Einbürgerungsanspruchs dadurch ermöglicht oder doch wesentlich erleichtert wird, dass der Einbürgerungsbewerber zum Zwecke der Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeit eine solche Zusicherung erhält. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung setzt jedoch weiter voraus, dass die sonstigen Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs vorliegen (vgl. Sachsenmaier, HTK-StAR / § 10 StAG / Allgemeines 07/2011 Nr. 8 m.w.N.).
28 
Die Klägerin hat in der Sache - abgesehen vom Erfordernis der Aufgabe ihrer türkischen Staatsangehörigkeit - einen Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG. Zwischen den Beteiligten ist lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 6 StAG streitig.
29 
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Voraussetzungen des § 10 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 StAG erfüllt. Zwar bezieht die Klägerin seit jeher Leistungen nach dem SGB II. Deren Inanspruchnahme hat sie indes nicht zu vertreten. Zu Beginn ihres Aufenthalts im Bundesgebiet war der Klägerin eine Arbeitsaufnahme wegen der Betreuung ihrer sechs Kinder unzumutbar. Aber auch mit fortschreitendem Alter der Kinder und der damit verbundenen verringerten Betreuungsbedürftigkeit war der weiter bestehende Leistungsbezug nicht zu vertreten, da die Klägerin keinerlei Qualifikation für den Arbeitsmarkt vorweisen kann und bei ihr damit ein objektiv vermittlungshemmendes Merkmal vorlag, eine zumutbare Beschäftigung zu finden (vgl. Sachsenmaier, HTK-StAR / § 10 StAG / zu Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 05/2011 Nr. 3.2 m.w.N.). Die Klägerin ist Analphabetin und spricht die deutsche Sprache nicht. Dass für die Klägerin vor ihrem Schlaganfall eine irgendwie geartete Vermittlungsmöglichkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt bestand, hat auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht aufzuzeigen vermocht.
30 
Hinsichtlich der fehlenden Deutschkenntnisse (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StAG) kann sich die Klägerin auf die Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 6 StAG berufen. Nach dieser Bestimmung ist von den Voraussetzungen der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache und der Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland abzusehen, wenn der Einbürgerungsbewerber wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt diese Voraussetzungen nicht erfüllen kann. Nach Überzeugung des Gerichts ist die Klägerin wegen ihrer Krankheit nicht mehr in der Lage, die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 4 StAG geforderten Kenntnisse zu erwerben.
31 
Auf Grund des am 14.09.2008 erlittenen Schlaganfalls leidet die Klägerin seitdem unter zahlreichen Folgeerscheinungen. Nach einer Stellungnahme des Städtischen Gesundheitsamtes Heilbronn vom 17.12.2009 bestehen bei der Klägerin gravierende Einschränkungen hinsichtlich der Gedankenführung, der Urteils- und Kritikfähigkeit sowie des Einsichtsvermögens. Auch in der ärztlichen Stellungnahme von Dr. ... vom 26.10.2010 wird von einer Verschlechterung der kognitiven Funktionen berichtet. In der aktuellsten ärztlichen Stellungnahme vom 17.10.2010 führt Dr. ... aus, bei der Klägerin bestünden komplexe kognitive Störungen, die ein umfassendes Verständnis für Sachverhalte deutlich einschränken könnten. Die Beklagte geht in ihrem Bescheid vom 05.05.2011 ersichtlich auch nicht davon aus, dass die Klägerin aktuell die von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 4 StAG geforderten Kenntnisse erwerben kann; dies haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Sie hält der Klägerin lediglich vor, dass sie sich in der Zeit vor dem Schlaganfall nicht hinreichend darum bemüht habe, die deutsche Sprache zu erlernen, und deshalb davon auszugehen sei, dass sich die Klägerin auch ohne den Eintritt der Krankheit nicht um den Erwerb der deutschen Sprache bemüht hätte. Selbst wenn dieses Vorbringen der Beklagten zutrifft, würde dies die Anwendung des § 10 Abs. 6 StAG nicht hindern. § 10 Abs. 6 StAG stellt nicht darauf ab, ob sich ein Einbürgerungsbewerber die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache (bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland) in der Vergangenheit aneignen konnte. Maßgebend ist allein, ob der Einbürgerungsbewerber zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Nr. 7 StAG nicht mehr erfüllen kann. Die Anwendung des § 10 Abs. 6 StAG scheidet deshalb nicht bereits dann aus, wenn der Einbürgerungsbewerber sich bereits seit vielen Jahren/Jahrzehnten in Deutschland aufhält und er sich in früherer Zeit die von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Nr. 7 StAG geforderten Kenntnisse hätte aneignen können; auf ein Vertretenmüssen hat der Gesetzgeber gerade nicht abgestellt (vgl. Sachsenmaier, HTK-StAR / § 10 StAG / zu Abs. 6 03/2011 m.w.N.).
32 
Die Kostenentscheidung beruht § 155 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Klägerin war wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.