Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 06. Okt. 2014 - 2 BvR 1569/12

bei uns veröffentlicht am06.10.2014

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

1. Die Beschwerdeführer sind die Eltern einer in der Zeit vom 3. auf den 4. September 2008 auf dem Bundeswehr-Segelschulschiff "Gorch Fock" zu Tode gekommenen Offiziersanwärterin. Sie wehren sich gegen die Einstellung eines gegen den Kommandanten gerichteten Ermittlungsverfahrens wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) und unterlassener Hilfeleistung (§ 323c StGB), weil dieser trotz ihm bekannter Mängel in der Sicherheitsausstattung des Segelschulschiffs, namentlich einer zu niedrigen Reling, auf die situationsbedingt notwendige Erteilung des Befehls der Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen wie das Anlegen einer Schwimmweste und/oder das Einpicken mittels eines Toppsgurtes zur Sicherung verzichtet habe.

2

Mit Verfügung vom 17. Oktober 2011 lehnte die Staatsanwaltschaft Kiel die Einleitung eines (erneuten) Ermittlungsverfahrens ab, nachdem mit Verfügung vom 18. Oktober 2011 der parallel zur Strafanzeige gestellte Wiederaufnahmeantrag bezüglich der bereits eingestellten von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen zurückgewiesen wurde. In dieser Verfügung setzte sich die Staatsanwaltschaft Kiel mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinander und erläuterte, weshalb die Einwendungen gegen die vormalige Einstellung des Todesermittlungsverfahrens keinen Erfolg haben könnten.

3

Mit Bescheid vom 29. März 2012 wies sodann der Generalstaatsanwalt des Landes Schleswig-Holstein die hiergegen erhobene Einstellungsbeschwerde, die mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2011 begründet worden war, als unbegründet zurück. Eine dem Kommandanten vorwerfbare Sorgfaltspflichtverletzung, welche für den Tod der Verstorbenen kausal geworden sein könnte, sei nicht zu erkennen. Insbesondere habe ein rechtswidriges Unterlassen der Erteilung des Befehls zum Anlegen von Rettungsschwimmwesten nicht ermittelt werden können.

4

Mit Beschluss vom 12. Juni 2012 verwarf das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht den hiergegen erhobenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Dieser sei unzulässig, weil er dem Gericht infolge des unvollständigen Sachverhaltsvortrags keine inhaltliche Überprüfung der Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens ohne Rückgriff auf die Akten ermögliche. Die Beschwerdeführer hätten entlastende Umstände verschwiegen und Zeugenaussagen teilweise durch bewusste Auslassungen von entlastenden Umständen verfälscht wiedergegeben. So seien einzelne Zeugenaussagen entweder vollständig übergangen oder entscheidende Passagen, welche zu einer Entlastung des Beschuldigten geführt hätten, gezielt ausgelassen worden. Diese schon bei stichprobenartigen Überprüfungen festgestellten Unzulänglichkeiten belegten, dass der gestellte Antrag nicht zur Grundlage der Überprüfung der Entscheidung der Staatsanwaltschaft gemacht werden könne, weil erkennbar die Tendenz bestehe, die Umstände des Vorfalls, namentlich die Wetter- und Seeverhältnisse, zum Nachteil des Beschuldigten zu dramatisieren.

5

Eine Gehörsrüge (§ 33a StPO) ist von den Beschwerdeführern nicht erhoben worden.

6

2. Die anwaltlich beratenen und vertretenen Beschwerdeführer sehen sich durch eine willkürliche Überspannung der Anforderungen an den Vortrag in einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. So sei es unter anderem unverhältnismäßig, aus einem Ermittlungsverfahren mit über 800seitigen Zeugenaussagen und Sachverhaltsdarstellungen alles lückenlos wiedergeben zu müssen. Zudem träfen die Behauptungen des Oberlandesgerichts, wonach eine gezielte Wiedergabe von nur belastenden Zeugenaussagen erfolgt sei, nicht zu.

7

3. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie unzulässig ist.

8

Die Verfassungsbeschwerde wird infolge der nicht erhobenen und verbeschiedenen Anhörungsrüge dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht gerecht (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; BVerfGK 19, 23; 19, 262 <264>).

9

a) Die Beschwerdeführer rügen der Sache nach (vgl. BVerfGK 19, 262 <264>, m.w.N.), unter anderem eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, indem sie dem Oberlandesgericht eine unzutreffende Darstellung des eigenen Antragsvorbringens und eine falsche Würdigung desselben vorwerfen. Damit erheben sie auch die Rüge einer Gehörsverletzung (vgl. BVerfGK 19, 23 <24>). Sie tragen indessen nicht dazu vor, diesen Verstoß im Wege der Anhörungsrüge (§ 33a StPO) zur fachgerichtlichen Überprüfung gestellt zu haben, obwohl eine Anhörungsrüge nicht offensichtlich aussichtslos gewesen wäre.

10

b) Eine solche Rüge wäre angesichts des tatsächlich erfolgten Vortrags zum Aussageinhalt etwa des Zeugen Fliege im Antrag auf gerichtliche Entscheidung sowie der insoweit tatsächlich unzutreffenden Ausführung im Beschluss des Oberlandesgerichts, wonach es beispielsweise an dieser Darstellung fehle, durchaus erfolgversprechend gewesen. Denn die Verwerfung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung stützt sich ausnahmslos auf die vermeintlich festgestellten Lücken im Vortrag der Beschwerdeführer. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb den Beschwerdeführern die Erhebung einer Gehörsrüge nach § 33a StPO unzumutbar gewesen hätte sein können (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG).

11

c) Im vorliegenden Fall kann die einfachgesetzlich unbefristete Gehörsrüge nach § 33a StPO auch nicht mehr mit für die Verfassungsbeschwerde fristwahrender Wirkung nachgeholt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass auch bei fachgerichtlich unbefristeten Rechtsbehelfen die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG nur dann offen gehalten wird, wenn der nicht befristete Rechtsbehelf innerhalb der für das Verfassungsbeschwerdeverfahren geltenden Einlegungsfrist erhoben wird (vgl. BVerfGE 19, 198 <200>; 76, 107 <115 f.>; BVerfGK 3, 159 <163>; 3, 314 <316>; 13, 390 <396>). Der angegriffene Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 12. Juni 2012 ist dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführer noch am selben Tag zugegangen. Eine für die Verfassungsbeschwerde fristwahrende Gehörsrüge hätte folglich spätestens am 12. Juli 2012 eingelegt werden müssen.

12

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Referenzen - Gesetze

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 06. Okt. 2014 - 2 BvR 1569/12 zitiert 10 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93a


(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwer

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93


(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen

Strafprozeßordnung - StPO | § 33a Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Nichtgewährung rechtlichen Gehörs


Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte

Strafgesetzbuch - StGB | § 222 Fahrlässige Tötung


Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Strafgesetzbuch - StGB | § 323c Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen


(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird

Referenzen

Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.

Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch beschwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch beschwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt entsprechend.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch beschwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt entsprechend.

(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 dadurch unterbrochen, daß der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.

(2) War ein Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß des Hoheitsaktes erhoben werden.

(4) Ist ein Gesetz vor dem 1. April 1951 in Kraft getreten, so kann die Verfassungsbeschwerde bis zum 1. April 1952 erhoben werden.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.