Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 18. Sept. 2017 - 1 BvR 361/12

ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20170918.1bvr036112
published on 18/09/2017 00:00
Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 18. Sept. 2017 - 1 BvR 361/12
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Klage des Beschwerdeführers gegen einen fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss. Beschwerdeführer ist der B. e.V., eine vom Freistaat Sachsen anerkannte Naturschutzvereinigung, die sich im Wege einer Verbandsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss gewandt hatte. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen der Nichtvorlage (Art. 267 Abs. 3 AEUV) von Fragen der Auslegung artenschutzrechtlicher Bestimmungen des Rechts der Europäischen Union und die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG wegen der Handhabung der Präklusionsvorschrift des § 17a Nr. 7 Satz 2 Bundesfernstraßengesetz in der damals maßgeblichen Fassung (im Folgenden: FStrG).

I.

2

1. Am 24. Februar 2010 stellte die Landesdirektion Chemnitz den Plan "für den Bau der Ortsumgehung Freiberg im Zuge der Bundesstraßen B 101 (Aue-Berlin) und B 173 (Bamberg-Dresden)" fest. Der Beschwerdeführer klagte gegen diesen Beschluss. Mit dem hier angegriffenen Urteil (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 - 9 A 12.10 -, juris) stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes und des Sächsischen Naturschutzgesetzes und damit gegen Vorschriften, deren Verletzung der Beschwerdeführer als anerkannte Naturschutzvereinigung rügen könne. Das rechtfertige zwar nicht die Aufhebung des Beschlusses, wohl aber die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.

3

a) Mit einem Teil seiner zahlreichen Einwendungen sei der Beschwerdeführer nach § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG präkludiert (BVerwG, a.a.O., Rn. 18 ff.). Diese Präklusionsregelung stelle eine materielle Präklusionsnorm dar, die eine Prüfung von Einwendungen auch im gerichtlichen Verfahren ausschließe, wenn die Einwendungsfrist im vorgelagerten Verwaltungsverfahren nicht eingehalten worden sei. Die formellen Voraussetzungen des Einwendungsausschlusses lägen vor. Die materiellen Präklusionsvoraussetzungen seien gleichfalls erfüllt, weil der Beschwerdeführer die betreffenden Einwendungen in seiner Stellungnahme vom 4. Dezember 2008 teils gar nicht, teils ohne die nötige Substantiierung geltend gemacht habe. Es bestehe kein Anlass zu vernünftigen Zweifeln, dass die Präklusionsregelung des § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar sei; eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erübrige sich (BVerwG, a.a.O., Rn. 23 ff.).

4

b) Der nicht präkludierte Vortrag des Beschwerdeführers umfasse neben unberechtigten Einwänden auch solche Rügen, die Mängel bei der Behandlung des Habitatschutzes, des Artenschutzes, der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und der fachplanerischen Abwägung der Naturschutzbelange aufzeigten. Diese Mängel rechtfertigten nicht die Aufhebung, sondern nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verblieben (BVerwG, a.a.O., Rn. 54 ff.).

5

2. Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.

6

Das durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Recht auf den gesetzlichen Richter sei verletzt, weil das Bundesverwaltungsgericht seine Pflicht zur Vorlage entscheidungserheblicher Fragen des Unionsrechts an den Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 3 AEUV) in Ansehung der Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d und Art. 16 FFH-Richtlinie (im Folgenden: FFH-RL) in einer offensichtlich unhaltbaren Weise gehandhabt habe.

7

Das durch Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Recht auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil das Bundesverwaltungsgericht die Präklusionsvorschrift des § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG in einer Weise auslege und anwende, die den verfassungsrechtlich relevanten Vorwurf der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit begründe.

II.

8

Es liegt kein Grund zur Annahme der Verfassungsbeschwerde vor (§ 93a Abs. 2 BVerfGG).

9

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) zur Entscheidung anzunehmen.

10

a) Die Frage, ob Art. 103 Abs. 1 GG hier durch die Art und Weise der Anwendung der fachrechtlichen Präklusionsregel verletzt wurde, stellt sich wegen eines zwischenzeitlich zur materiellen Präklusion bei naturschutzrechtlichen Vereinigungen ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, Rs. C-137/14, EU:C:2015:683) nicht mehr.

11

aa) Die grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG setzt ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse an der Klärung der im Raum stehenden verfassungsrechtlichen Frage voraus (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>; 96, 245 <248>). Ein solches Interesse könnte im Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde bestanden haben. Die durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob der das gerichtliche Verfahren betreffende Art. 103 Abs. 1 GG Bedeutung auch bei der Anwendung von verwaltungsverfahrensrechtlichen Präklusionsvorschriften erlangt, sofern diese ins gerichtliche Verfahren hineinwirken, ist durch das Bundesverfassungsgericht bislang nicht geklärt. Von grundsätzlicher Bedeutung könnte auch die Frage gewesen sein, ob Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG Bedeutung für die Anwendung der hier in Rede stehenden Präklusionsregel entfaltet. Nach herkömmlichem Verständnis käme der Schutz des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG einer naturschutzrechtlichen Vereinigung im Rahmen einer Verbandsklage wohl mangels subjektiver materieller Rechte nicht zugute. Ob sich der Schutz des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gleichwohl auf Verbandsklagen erstreckt, ist bislang durch das Bundesverfassungsgericht ebenfalls nicht geklärt.

12

bb) Die grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung muss jedoch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 2006 - 1 BvR 1317/96 -, Rn. 53, juris). Dies ist hier nicht der Fall, weil kein Interesse mehr an der grundsätzlichen Klärung besteht, welche Anforderungen an die Anwendung der genannten Präklusionsregelung in Verbandsklageverfahren aus den Grundrechten abzuleiten sind.

13

Im Jahr 2015 hat der Europäische Gerichtshof im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage der Kommission gegen Deutschland die Unionsrechtswidrigkeit einer entsprechenden, aus dem Verwaltungs- in das gerichtliche Verfahren hineinwirkenden, materiellen Präklusionsregelung festgestellt (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, Rs. C-137/14 -, juris). Der Gerichtshof erkennt einen Verstoß gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (im Folgenden: UVP-Richtlinie) und Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (im Folgenden: IE-Richtlinie) darin, dass Präklusionsregeln des nationalen Rechts im Anwendungsbereich der genannten Richtlinien sowohl bei Verbands- als auch bei Individualklagen die Klagebefugnis und den Umfang der gerichtlichen Prüfung auf Einwendungen beschränken, die bereits innerhalb der Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren vorgebracht worden sind (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 75 ff.).

14

Infolge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs scheidet eine Anwendung materieller Präklusionsvorschriften der hier in Rede stehenden Art in Verbandsklageverfahren künftig aus, wenn sich diese gegen Projekte im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie und/oder der IE-Richtlinie richten. Das ist praktisch bei allen dem Ausgangsverfahren entsprechenden Planungen der Fall. Auf Anforderungen an die Art und Weise der Anwendung der materiellen Präklusionsregeln kommt es danach nicht mehr an. Ein Interesse an einer grundsätzlichen Klärung der dargelegten verfassungsrechtlichen Fragen besteht folglich nicht mehr.

15

b) Im Hinblick auf die Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen der unterbliebenen Vorlage von Fragen des Artenschutzes an den Europäischen Gerichtshof sind die verfassungsrechtlichen Fragen grundsätzlicher Art zur Vorlagepflicht geklärt (vgl. BVerfGE 129, 78 <105 ff.>; stRspr).

16

2. Eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Durchsetzung der geltend gemachten grundrechtsgleichen Rechte (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG) kommt nicht in Betracht, weil die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.

17

a) Im Hinblick auf die mit der Verfassungsbeschwerde als zu streng gerügte Handhabung der verfahrensrechtlichen Präklusionsvorschrift ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.

18

aa) Offen bleiben kann, ob die Verfassungsbeschwerde insoweit hinreichend begründet ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).

19

(1) Mit der ungeklärten Frage, ob sich aus Art. 103 Abs. 1 GG Anforderungen an die Anwendung einer verwaltungsverfahrensrechtlichen Präklusionsregelung der hier in Rede stehenden Art ergeben, befasst sich die ansonsten umfangreiche Begründung nur sehr knapp. Es wird kurz unter Verweis auf verfassungsrechtliche Rechtsprechung (BVerfGE 62, 249 <254>; 69, 145 <148 f.>; 75, 183 <188> und 75, 302 <315> jeweils zu Präklusionsvorschriften im Zivilprozess) dargelegt, welche Anforderungen aus Art. 103 Abs. 1 GG an Präklusionsvorschriften für das gerichtliche Verfahren folgen. Zur Übertragung dieser Rechtsprechung auf verwaltungsverfahrensrechtliche Präklusionsnormen, deren Wirkung sich im nachfolgenden Gerichtsverfahren fortsetzt, stellt der Beschwerdeführer lediglich ohne weitere Begründung fest, es mache in der Sache wegen des identischen Ergebnisses keinen Unterschied, ob einem Beteiligten das Gehör im gerichtlichen Verfahren unter Rückgriff auf eine prozessuale Bestimmung versagt oder ihm - wie hier - sein Vorbringen in Anwendung einer verwaltungsrechtlichen Präklusionsregelung abgeschnitten werde.

20

(2) Zur Anwendbarkeit des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG auf den vorliegenden Fall finden sich in der Verfassungsbeschwerde keine Ausführungen. Wollte man die Rüge der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG zugunsten des Beschwerdeführers auch als Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG auslegen, wäre die Begründung unzureichend, weil sie sich zur Problematik des fehlenden eigenen materiellen Rechts in einer Verbandsklagekonstellation hätte verhalten müssen.

21

bb) Die Rügeeiner zu strengen Handhabung der verfahrensrechtlichen Präklusionsvorschriftist jedenfalls wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde unzulässig. Der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 GG abgeleitete Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass ein Beschwerdeführer das ihm Mögliche tut, damit eine Grundrechtsverletzung im fachgerichtlichen Instanzenzug unterbleibt oder beseitigt wird. Er muss alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60>; 129, 78 <92>; 134, 106 <115 Rn. 27>; stRspr).

22

(1) Der Beschwerdeführer war allerdings nicht gehalten, im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die Europarechtswidrigkeit und damit die Unanwendbarkeit der Präklusionsregelung geltend zu machen und eine entsprechende Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV anzuregen. Die Europarechtskonformität der materiellen Präklusionsregeln des deutschen Verwaltungsprozessrechts war seit Jahren umstritten. Dass die Unionsrechtswidrigkeit der Präklusionsnorm in Betracht zu ziehen war, zeigt nicht nur nachträglich das genannte Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015, sondern ergibt sich auch aus den - verneinenden - Ausführungen zur Vorlagepflicht im angegriffenen Urteil selbst (BVerwG, a.a.O., Rn. 23 ff.). Allerdings ging das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine entsprechende Vorlage an den Europäischen Gerichtshof unter Zugrundelegung der sogenannten acte-claire-Doktrin nicht erforderlich sei (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2009 - 4 B 57.09 -, juris, Rn. 3 ff.). Eine Anregung des Beschwerdeführers an das Bundesverwaltungsgericht, den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV anzurufen, wäre daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolglos geblieben. Damit hat der Beschwerdeführer hier auch ohne eine solche Anregung die Anforderungen erfüllt, die sich aus der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde ergeben.

23

(2) Dennoch steht hier mittlerweile die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde der Zulässigkeit der Rüge einer zu strengen Handhabung der verfahrensrechtlichen Präklusionsvorschrift entgegen. Dem Beschwerdeführer haben sich infolge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 Möglichkeiten eröffnet, gegen die geltend gemachte Grundrechtsverletzung im sachnäheren Planergänzungsverfahren und gegebenenfalls im fachgerichtlichen Verfahren vorzugehen.

24

(a) Der Planfeststellungsbeschluss ist infolge des hier angegriffenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2011 nicht vollständig bestandskräftig geworden und ist bislang nicht vollziehbar. Weil das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, dass der Planfeststellungbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf, ist ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Es erscheint dann nicht völlig ausgeschlossen, dass der im ursprünglichen Planfeststellungsverfahren präkludierte Vortrag des Beschwerdeführers im Rahmen des ergänzenden Verfahrens doch noch berücksichtigt wird. Zwar hat der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass einPlanänderungs- und -ergänzungsbeschluss für den östlichen Teil der Straße am 24. April 2017 ergangen ist und die Planfeststellungsbehörde den schon im Ausgangsverfahren präkludierten Vortrag wiederum als präkludiert angesehen hat. Der Beschwerdeführer ist jedoch aus Gründen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gehalten, hiergegen im fachgerichtlichen Verfahren vorzugehen. Die materielle Rechtskraft (§ 121 VwGO) der angegriffenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mag dafür sprechen, dass Sachverhalte, die nach diesem Urteil materiell präkludiert sind, auch in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen den Planänderungs- und -ergänzungs-beschluss unbeachtlich bleiben. Abschließend entschieden ist dies für diese Kon-stellation jedoch nicht. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat bislang nicht geklärt, ob die materielle Rechtskraft eines feststellenden Urteils (§ 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) auch im anschließenden Planergänzungsverfahren die Berücksichtigung des nach den Ausführungen des Gerichts im Planfeststellungsverfahren präkludierten Vortrags verhindert, wenn zwischenzeitlich der Europäische Gerichtshof entschieden hat, dass die materielle Präklusion nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Es ist dem Beschwerdeführer zumutbar diese Frage der Einbindung einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in das nationale Fachrecht zunächst im Wege fachgerichtlichen Rechtsschutzes zu klären. Die Beurteilung der Auswirkungen der vom Europäischen Gerichtshof geklärten unionsrechtlichen Fragen auf das nationale Recht ist in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte und nicht des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 129, 186 <202>).

25

(b) Der Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht hier nicht entgegen, dass die Notwendigkeit weiterer fachgerichtlicher Klärung erst infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 - mithin erst nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde - erforderlich geworden ist (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2012 - 1 BvR 2292/11 -, juris, Rn. 10). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass eine Verfassungsbeschwerde auch nachträglich unzulässig werden kann (vgl. BVerfGE 21, 139 <143>; 30, 54 <58>; 33, 247 <253>; 50, 244 <247>; 56, 99 <106>; 72, 1 <5>; 81, 138 <140>).

26

b) Die Rüge einer Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) wegen der nicht erfolgten Vorlage (Art. 267 Abs. 3 AEUV) von Fragen des Artenschutzes an den Europäischen Gerichtshof hat ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg.

27

aa) Das Bundesverfassungsgericht überprüft nach ständiger Rechtsprechung nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>; 126, 286 <315 ff.>). Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung) (BVerfGE 129, 78<106 f.>).

28

bb) Indem das Bundesverwaltungsgericht angenommen hat, die Frage der räumlichen Reichweite des Begriffs der Fortpflanzungs- und Ruhestätte im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d FFH-RL bedürfe - anders als der Beschwerdeführer angeregt hatte - nicht der Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, weil die Norm nach ihrem eindeutigen Wortlaut keinen allgemeinen Lebensraumschutz vermittle, hat es die Vorlagepflicht nicht offensichtlich unhaltbar gehandhabt.

29

Auch in Bezug auf die unterlassene Vorlage hinsichtlich der Freistellungsregelung in § 42 Abs. 4 Satz 2 und 3 BNatSchG in der damals maßgeblichen Fassung liegt keine Verletzung des Rechts aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vor. Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers war das Bundesverwaltungsgericht nicht gehalten, eine Frage zur Auslegung dieser Regelungen vorzulegen, denn deren Auslegung erweist sich für das angegriffene Urteil allenfalls als mittelbar entscheidungserheblich.

30

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

31

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

15 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Annotations

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Für das Anhörungsverfahren gilt § 73 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit folgenden Maßgaben:

1.
Die Anhörungsbehörde kann auf eine Erörterung im Sinne des § 73 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 18 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung verzichten. Findet keine Erörterung statt, so hat die Anhörungsbehörde ihre Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen nach Ablauf der Einwendungsfrist abzugeben und zusammen mit den sonstigen in § 73 Absatz 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes aufgeführten Unterlagen der Planfeststellungsbehörde zuzuleiten.
2.
Soll ein ausgelegter Plan geändert werden, so kann im Regelfall von der Erörterung im Sinne des § 73 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 18 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Für das Anhörungsverfahren gilt § 73 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit folgenden Maßgaben:

1.
Die Anhörungsbehörde kann auf eine Erörterung im Sinne des § 73 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 18 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung verzichten. Findet keine Erörterung statt, so hat die Anhörungsbehörde ihre Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen nach Ablauf der Einwendungsfrist abzugeben und zusammen mit den sonstigen in § 73 Absatz 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes aufgeführten Unterlagen der Planfeststellungsbehörde zuzuleiten.
2.
Soll ein ausgelegter Plan geändert werden, so kann im Regelfall von der Erörterung im Sinne des § 73 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 18 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen werden.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.

(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.

(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.

(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Zoos sind dauerhafte Einrichtungen, in denen lebende Tiere wild lebender Arten zwecks Zurschaustellung während eines Zeitraumes von mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden. Nicht als Zoo gelten

1.
Zirkusse,
2.
Tierhandlungen und
3.
Gehege zur Haltung von nicht mehr als fünf Arten von Schalenwild, das im Bundesjagdgesetz aufgeführt ist, oder Einrichtungen, in denen nicht mehr als 20 Tiere anderer wild lebender Arten gehalten werden.

(2) Die Errichtung, Erweiterung, wesentliche Änderung und der Betrieb eines Zoos bedürfen der Genehmigung. Die Genehmigung bezieht sich auf eine bestimmte Anlage, bestimmte Betreiber, auf eine bestimmte Anzahl an Individuen einer jeden Tierart sowie auf eine bestimmte Betriebsart.

(3) Zoos sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
bei der Haltung der Tiere den biologischen und den Erhaltungsbedürfnissen der jeweiligen Art Rechnung getragen wird, insbesondere die jeweiligen Gehege nach Lage, Größe und Gestaltung und innerer Einrichtung art- und tiergerecht ausgestaltet sind,
2.
die Pflege der Tiere auf der Grundlage eines dem Stand der guten veterinärmedizinischen Praxis entsprechenden schriftlichen Programms zur tiermedizinischen Vorbeugung und Behandlung sowie zur Ernährung erfolgt,
3.
dem Eindringen von Schadorganismen sowie dem Entweichen der Tiere vorgebeugt wird,
4.
die Vorschriften des Tier- und Artenschutzes beachtet werden,
5.
ein Register über den Tierbestand des Zoos in einer den verzeichneten Arten jeweils angemessenen Form geführt und stets auf dem neuesten Stand gehalten wird,
6.
die Aufklärung und das Bewusstsein der Öffentlichkeit in Bezug auf den Erhalt der biologischen Vielfalt gefördert wird, insbesondere durch Informationen über die zur Schau gestellten Arten und ihre natürlichen Biotope,
7.
sich der Zoo beteiligt an
a)
Forschungen, die zur Erhaltung der Arten beitragen, einschließlich des Austausches von Informationen über die Arterhaltung, oder
b)
der Aufzucht in Gefangenschaft, der Bestandserneuerung und der Wiederansiedlung von Arten in ihren Biotopen oder
c)
der Ausbildung in erhaltungsspezifischen Kenntnissen und Fähigkeiten.

(4) Die Genehmigung nach Absatz 2 ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die Pflichten nach Absatz 3 erfüllt werden,
2.
die nach diesem Kapitel erforderlichen Nachweise vorliegen,
3.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers sowie der für die Leitung des Zoos verantwortlichen Personen ergeben sowie
4.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb des Zoos nicht entgegenstehen.
Die Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden; insbesondere kann eine Sicherheitsleistung für die ordnungsgemäße Auflösung des Zoos und die Wiederherstellung des früheren Zustands verlangt werden.

(5) Die Länder können vorsehen, dass die in Absatz 2 Satz 1 vorgesehene Genehmigung die Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a und 3 Buchstabe d des Tierschutzgesetzes einschließt.

(6) Die zuständige Behörde hat die Einhaltung der sich aus den Absätzen 3 und 4 ergebenden Anforderungen unter anderem durch regelmäßige Prüfungen und Besichtigungen zu überwachen. § 52 gilt entsprechend.

(7) Wird ein Zoo ohne die erforderliche Genehmigung oder im Widerspruch zu den sich aus den Absätzen 3 und 4 ergebenden Anforderungen errichtet, erweitert, wesentlich geändert oder betrieben, so kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen treffen, um die Einhaltung der Anforderungen innerhalb einer angemessenen Frist sicherzustellen. Sie kann dabei auch bestimmen, den Zoo ganz oder teilweise für die Öffentlichkeit zu schließen. Ändern sich die Anforderungen an die Haltung von Tieren in Zoos entsprechend dem Stand der Wissenschaft, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen erlassen, wenn den geänderten Anforderungen nicht auf andere Weise nachgekommen wird.

(8) Soweit der Betreiber Anordnungen nach Absatz 7 nicht nachkommt, ist der Zoo innerhalb eines Zeitraums von höchstens zwei Jahren nach deren Erlass ganz oder teilweise zu schließen und die Genehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen. Durch Anordnung ist sicherzustellen, dass die von der Schließung betroffenen Tiere angemessen und im Einklang mit dem Zweck und den Bestimmungen der Richtlinie 1999/22/EG des Rates vom 29. März 1999 über die Haltung von Wildtieren in Zoos (ABl. L 94 vom 9.4.1999, S. 24) auf Kosten des Betreibers art- und tiergerecht behandelt und untergebracht werden. Eine Beseitigung der Tiere ist nur in Übereinstimmung mit den arten- und tierschutzrechtlichen Bestimmungen zulässig, wenn keine andere zumutbare Alternative für die Unterbringung der Tiere besteht.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.