Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 02. Sept. 2010 - 1 BvR 1974/08


Gericht
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung von Beratungshilfe nach dem Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz - BerHG) im Zusammenhang mit der Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
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I.
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1. Die Beschwerdeführerin bezieht seit mehreren Jahren Arbeitslosengeld II. Bereits im Jahre 2006 begab sie sich zweimal für mehrere Wochen in stationäre Behandlung in ein Krankenhaus. Für die Zeit der stationären Behandlung kürzte der Grundsicherungsträger die der Beschwerdeführerin zustehende Regelleistung jeweils mit der Begründung, die Beschwerdeführerin müsse sich die während des Klinikaufenthaltes kostenlos erhaltene Verpflegung in Höhe des in der Regelleistung enthaltenen Lebensmittelanteils (35% des Betrages der Regelleistung) leistungsmindernd anrechnen lassen. Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin persönlich nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage, die sie unter Bezugnahme auf bereits ergangene sozialgerichtliche Entscheidungen, die der Auffassung des Grundsicherungsträgers widersprachen, begründete. Das Sozialgericht gab dieser Klage hinsichtlich des zweiten Kürzungsbescheides am 30. Mai 2007 durch Gerichtsbescheid ohne Zulassung der Berufung mit der Begründung statt, für die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Kürzung der Regelleistung fehle es an einer Rechtsgrundlage. Im Juli 2007 ließ das Landessozialgericht auf die Beschwerde des Grundsicherungsträgers die Berufung zu.
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Mit Bescheid vom 22. Oktober 2007 kürzte der Grundsicherungsträger die Regelleistung für die Zeit vom 30. Oktober 2007 bis zum 30. November 2007 erneut, nachdem die Beschwerdeführerin angekündigt hatte, dass sie sich während dieses Zeitraums in einer Rehabilitationsklinik befinden werde. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin wiederum persönlich Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf die bereits vorliegende Entscheidung des Sozialgerichts. Der Grundsicherungsträger half dem Widerspruch letztlich ab, weil die Beschwerdeführerin die Rehabilitations-Maßnahme zunächst nicht antrat.
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Nachdem sich die Beschwerdeführerin sodann doch vom 3. Dezember 2007 bis zum 29. Dezember 2007 in die Rehabilitations-Maßnahme begab, kürzte der Grundsicherungsträger durch Bescheid vom 23. Januar 2008 für diesen Zeitraum die Regelleistung erneut um 35% (109, 31 Euro) und erklärte, die deshalb im Monat Dezember 2007 zuviel erhaltenen Leistungen würden zu je zwei gleichen Beträgen mit den Ansprüchen der Beschwerdeführerin auf die Regelleistung in den Monaten März und April 2008 aufgerechnet.
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Nunmehr erhob der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin Widerspruch und wies in der Begründung darauf hin, dass in vergleichbarer Angelegenheit bereits ein Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vorliege, der die Sach- und Rechtslage zutreffend bewerte.
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Der nachträglich gestellte Beratungshilfeantrag wurde vom Rechtspfleger wegen Mutwilligkeit (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG) zurückgewiesen.
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Mit der Erinnerung machte die Beschwerdeführerin geltend, dass wegen der gleich gelagerten Fallkonstellation eine behördliche Beratung nicht zumutbar wäre.
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Die Erinnerung wurde mit richterlichem Beschluss zurückgewiesen. Ein Bürger, welcher den Rechtsanwalt selbst zu zahlen hätte, hätte den Widerspruch persönlich eingelegt, da aus einem Parallelverfahren die Art des Vorgehens bereits bekannt gewesen sei.
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2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin sinngemäß eine Verletzung der Rechtswahrnehmungsgleichheit. Weil die Belastungen durch ihre Erkrankungen zuviel für sie gewesen seien, habe sie den Rechtsanwalt, der sie in der Berufungsinstanz vertrete, gebeten, den Widerspruch für sie zu übernehmen. Darüber hinaus wendet sie sich "gegen die Kürzung des Hartz IV während meines Reha-Aufenthaltes".
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3. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Gelegenheit zur Äußerung erhalten hat, hat von einer Stellungnahme abgesehen.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung, denn das Bundesverfassungsgericht hat die wesentlichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 122, 39 <48 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris, Rn. 21 ff.). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, denn die Verfassungsbeschwerde ist ohne Aussicht auf Erfolg.
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Die Beschwerdeführerin ist durch die Ablehnung von Beratungshilfe nicht in ihrem Grundrecht auf weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten im Bereich des Rechtsschutzes aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, Abs. 3 GG verletzt. Das Amtsgericht hat bei der Auslegung und Anwendung des Beratungshilfegesetzes Bedeutung und Tragweite dieses Grundrechts im konkreten Fall nicht verkannt.
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1. Die Auslegung und Anwendung des Beratungshilfegesetzes obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Entsprechend dem für die Prozesskostenhilfe geltenden Prüfungsmaßstab überschreiten die Fachgerichte jedoch dann den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung der Bestimmungen des Beratungshilfegesetzes zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einem unbemittelten Rechtsuchenden im Vergleich zum bemittelten Rechtsuchenden die Rechtswahrnehmung unverhältnismäßig eingeschränkt wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris, Rn. 25). Zugleich haben die Fachgerichte aber auch zu beachten, dass Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG auch einer Besserstellung desjenigen, der seine Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten muss und daher von vorneherein kein Kostenrisiko trägt, gegenüber dem Bemittelten, der sein Kostenrisiko wägen muss, entgegen steht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. November 2009 - 1 BvR 2455/08 -, juris, Rn. 9). Dementsprechend ist der Unbemittelte nur einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der bei seiner Entscheidung für die Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die hierdurch entstehenden Kosten berücksichtigt und vernünftig abwägt (vgl. BVerfGE 122, 39 <49>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris, Rn. 22). Ein kostenbewusster Rechtsuchender wird dabei insbesondere prüfen, inwieweit er fremde Hilfe zur effektiven Ausübung seiner Verfahrensrechte braucht oder selbst dazu in der Lage ist. Die Frage nach der Selbsthilfe mag einfachrechtlich im Rahmen des Beratungshilfegesetzes umstritten sein (generell ablehnend Schoreit, in: Schoreit/Groß, Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe, 9. Aufl. 2008, § 1 Rn. 52; für Berücksichtigung im Rahmens eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses: Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rn. 954, 960). Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist aber kein Verstoß gegen das Gebot der Rechtswahrnehmungsgleichheit erkennbar, wenn ein Bemittelter wegen ausreichender Selbsthilfemöglichkeiten die Einschaltung eines Anwalts vernünftigerweise nicht in Betracht ziehen würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris, Rn. 34).
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Ob die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Beratung notwendig ist oder der Rechtsuchende zumutbar auf Selbsthilfe zu verweisen ist, hat das Fachgericht unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abzuwägen. Insbesondere kommt es darauf an, ob der dem Beratungsanliegen zugrunde liegende Sachverhalt schwierige Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft und der Rechtsuchende über besondere Rechtskenntnisse verfügt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris, Rn. 35 f.). Die pauschale Verweise auf die Beratungspflicht der Behörde stellt keine zumutbare Selbsthilfemöglichkeit dar, wenn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde identisch sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris, Rn. 38 ff.).
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2. Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Beschwerdeführerin - ungeachtet der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris, Rn. 35) - im konkreten Fall in der Lage war, den Widerspruch persönlich, das heißt ohne anwaltliche Hilfe, einzulegen.
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Die Notwendigkeit anwaltlicher Beratung kann allerdings verfassungskonform nicht stets und pauschal mit der Verweisung auf ein Parallelverfahren verneint werden. Gerade die Frage, ob ein Parallelfall vorliegt, kann bei Rechtsunkundigen den Beratungsbedarf begründen.
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Hier hat die Beschwerdeführerin jedoch ohne Schwierigkeiten erkannt, dass es in dem Bescheid vom 23. Januar 2008 um genau die gleiche rechtliche und tatsächliche Problematik ging, wie in drei weiteren, zuvor ergangenen Bescheiden, in denen die Regelleistung wegen eines Klinikaufenthaltes gekürzt worden war, und dass das Sozialgericht die betreffende Rechtsfrage im Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2007 in einem gegen einen der Kürzungsbescheide gerichteten Verfahren zu ihren Gunsten entschieden hatte. Dass sie in der Lage war, ohne anwaltliche Hilfe Widerspruch einzulegen, zeigt sich vor allem darin, dass sie gegen den zunächst erlassenen Bescheid vom 22. Oktober 2007 über die Kürzung der Regelleistung im Zeitraum vom 30. Oktober 2007 bis zum 30. November 2007 persönlich Widerspruch eingelegt und ausdrücklich auf die bereits vorliegende Entscheidung des Sozialgerichts Bezug genommen hat. Zudem hat sie sich schon in dem Verfahren vor dem Sozialgericht selbst vertreten und dort sachkundig auf Rechtsprechung Bezug genommen, die der Rechtsauffassung des Grundsicherungsträgers widersprach. Es leuchtet deshalb nicht ein, warum ihre Rechtskenntnisse für die Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 23. Januar 2008, der den Zeitraum der Kürzung gegenüber dem Bescheid vom 22. Oktober 2007 lediglich verschob, nicht ausgereicht haben sollen. Die Beschwerdeführerin hat auch nichts Entsprechendes behauptet, sondern die Notwendigkeit anwaltlicher Beratung damit zu begründen versucht, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, den Widerspruch persönlich einzulegen. Insoweit ist ihr Vorbringen jedoch unsubstantiiert, da sie innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG keine ärztlichen Unterlagen über ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Januar 2008 vorgelegt hat.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Annotations
(1) Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Beratungshilfe) wird auf Antrag gewährt, wenn
- 1.
Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen können, - 2.
keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme den Rechtsuchenden zuzumuten ist, - 3.
die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.
(2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 sind gegeben, wenn den Rechtsuchenden Prozeßkostenhilfe nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten zu gewähren wäre. Die Möglichkeit, sich durch einen Rechtsanwalt unentgeltlich oder gegen Vereinbarung eines Erfolgshonorars beraten oder vertreten zu lassen, ist keine andere Möglichkeit der Hilfe im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2.
(3) Mutwilligkeit liegt vor, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen werden soll, obwohl Rechtsuchende, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Beratungshilfe beanspruchen können, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würden, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten der Rechtsuchenden sowie ihre besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.
(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.
(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,
- a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt, - b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.
(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.
(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.
(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 dadurch unterbrochen, daß der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.
(2) War ein Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich.
(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß des Hoheitsaktes erhoben werden.
(4) Ist ein Gesetz vor dem 1. April 1951 in Kraft getreten, so kann die Verfassungsbeschwerde bis zum 1. April 1952 erhoben werden.
(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.
(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.
(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.