Bundessozialgericht Urteil, 23. Juli 2015 - B 5 R 32/14 R
Gericht
Tenor
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Die Revision wird als unzulässig verworfen.
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Zwischen den Beteiligten sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten zuletzt noch darüber, ob im Rahmen der Anrechnung der Verletztenrente des Klägers auf dessen Altersrente für schwerbehinderte Menschen (vormals: Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige) der abgesenkte Freibetrag in Höhe einer "Grundrente Ost" zu berücksichtigen ist. Mit Bescheid vom 23.11.1998 und Widerspruchsbescheid vom 13.10.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß seine Altersrente und rechnete dabei von Anfang an die bezogene Unfallrente an. Von der Anrechnung ausgenommen wurde ein Freibetrag in Höhe der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Da der Kläger seinen Wohnsitz am 18.5.1990 im Gebiet der neuen Bundesländer hatte, berücksichtigte die Beklagte diesen Freibetrag in Höhe der für das Beitrittsgebiet abgesenkten Grundrentensätze. Während des Verfahrens vor den Instanzgerichten wurde der Anrechnungsbetrag mehrfach fortgeschrieben. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.10.2002). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage gegen weitere Verwaltungsakte abgewiesen (Urteil vom 10.4.2008).
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Mit der vom LSG hinsichtlich der Anrechnung der Unfallrente zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI sowie einen Verstoß gegen Art 3 GG. Das BSG hat im Blick auf eine eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG vom 13.11.2008 - B 13 R 129/08 R - das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Beschluss vom 19.5.2009). Im Verfahren vor dem BVerfG hat der dortige Beschwerdeführer das Verfahren für erledigt erklärt. Das BVerfG hat es mit Beschluss vom 8.6.2012 - 1 BvR 349/09 - Juris abgelehnt, die Auslagen nach Erledigung und Rücknahme der Verfassungsbeschwerde zu erstatten. Der Senat hat das ruhende Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unzulässig (§ 169 SGG). Ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 164 Abs 2 SGG).
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Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach S 3 der Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Diese gesetzlichen Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert (vgl nur BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 f; BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 12 S 22). Sie haben den Zweck, eine Entlastung des Revisionsgerichts sowie im Interesse aller Beteiligten eine umfassende Vorbereitung des Verfahrens zu gewährleisten (vgl Senatsurteil vom 3.7.2002 - B 5 RJ 30/01 R - Juris RdNr 10; BSG vom 20.1.2005 - B 3 KR 22/03 R - Juris RdNr 16 und BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 11; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 7). Im Blick hierauf sind die vom BSG für notwendig erachteten (erweiterten) Anforderungen an die Begründung einer Revision auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BVerfG SozR 1500 § 164 Nr 17 S 29).
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Um anhand der Revisionsbegründung nachvollziehen zu können, ob der Revisionskläger bzw sein Prozessvertreter das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und die Rechtslage genau durchdacht hat, muss die Revision daher sowohl bei prozessualen als auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig begründet werden (vgl Senatsurteile vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 12 und vom 3.7.2002 - B 5 RJ 30/01 R - Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 23/10 R - Juris RdNr 12; BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 11 S 19 und BSG SozR 1500 § 164 Nr 20 S 33 f sowie BSG vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 14). Hieran fehlt es indessen.
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Der Kläger rügt eine Verletzung des § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI sowie einen Verstoß gegen Art 3 GG. Die fehlerhafte Anwendung dieser Normen kann schlüssig nur dadurch gerügt werden, dass der Revisionsführer zunächst angibt, auf welchen festgestellten Sachverhalt das Berufungsgericht die Vorschrift in welcher Weise angewandt hat. Ohne diese stets notwendigen Angaben ist eine Überprüfung des vorgenommenen Subsumtionsschlusses von vornherein ausgeschlossen.
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Das Rechtsmittel gibt bereits nicht an, von welchem Sachverhalt (im Sinne einer Gesamtheit rechtlich relevanter Tatumstände) das BSG im Revisionsverfahren auszugehen hat. Aus der Revisionsbegründung geht lediglich hervor, dass die Beklagte auf die Altersrente des Klägers dessen Verletztenrente aus der Unfallversicherung angerechnet habe und dabei wegen des Wohnsitzes des Klägers am 18.5.1990 im Gebiet der neuen Bundesländer lediglich den reduzierten "Freibetrag Ost" zugrunde gelegt habe. Dabei lässt die Revisionsbegründung bereits offen, ob diese tatsächlichen Angaben dem Berufungsgericht überhaupt zuzurechnen sind, dh ganz oder teilweise mit dem Sachverhalt übereinstimmen, den das LSG im angefochtenen Urteil festgestellt hat. Des Weiteren geht der Kläger nirgendwo darauf ein, an welcher genauen Stelle er dem Berufungsurteil welche der genannten Tatumstände entnehmen möchte. Für das Revisionsgericht sind indes die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen maßgeblich (vgl § 163 SGG). Fehlen diesbezügliche Ausführungen, wird das BSG nicht in die Lage versetzt, ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind. Es ist nicht Aufgabe des erkennenden Senats, die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst zusammenzutragen.
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Darüber hinaus setzt sich der Kläger auch nicht in der gebotenen Weise mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander. Wendet sich die Revision gegen die Verletzung von Vorschriften des materiellen Rechts, ist in der Begründung sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei darzulegen, weshalb die Normen in der angefochtenen Entscheidung - bezogen auf den festgestellten Sachverhalt - nicht oder nicht richtig angewandt worden sind (vgl zusammenfassend: BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 10 mit zahlreichen Nachweisen auf die höchstrichterliche Rechtsprechung; BSG Beschluss vom 6.3.2006 - B 13 RJ 46/05 R - Juris RdNr 6 und 9). Dies setzt voraus, dass sich die Begründung mit dem vorinstanzlichen Urteil auseinandersetzt. "Auseinandersetzung" bedeutet, auf den Gedanken des Vordergerichts einzugehen (BSG Urteil vom 30.1.2001 - B 2 U 42/00 R - Juris RdNr 10 und BSG SozR 1500 § 164 Nr 20 S 33 f). Dazu muss der Revisionsführer - zumindest kurz - rechtlich auf die Gründe der Vorinstanz eingehen; er muss mithin erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17 und Nr 20 S 33 f mwN; Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 12 ff). Insbesondere bedarf es der Darlegung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung angegriffen wird (BSG Urteil vom 11.11.1993 - 7 RAr 94/92 - Juris RdNr 15 mwN; BSGE 70, 186, 187 f = SozR 3-1200 § 53 Nr 4 S 17; BSG SozR 1500 § 164 Nr 12, 20 und 28).
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Das LSG hat sich eingehend mit Wortlaut, Gesetzesbegründung und Systematik der streitbefangenen Norm beschäftigt und insbesondere auch einen Verfassungsverstoß gegen Art 14 GG und Art 3 Abs 1 GG verneint. Es hat sich dabei insbesondere auf den Beschluss des BSG vom 29.11.2007 - B 13 RJ 25/05 R - gestützt. Auf diese Gründe und den konkreten Subsumtionsschluss des LSG geht der Kläger nur unzureichend ein. Er beschränkt sich vielmehr darauf, dem Ergebnis des Berufungsgerichts seine eigene Rechtsauffassung entgegenzuhalten. Danach ermächtige § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI den Rentenversicherungsträger nicht, bei der Berücksichtigung des Freibetrags zwischen unfallverletzten Rentenbewerbern in den alten und neuen Bundesländern zu differenzieren. Dabei stützt er sich insbesondere auf die Entscheidungen des 4. Senats des BSG vom 10.4.2003 - B 4 RA 32/02 R - und vom 20.10.2005 - B 4 RA 27/05 R -, an denen der ab 1.1.2008 anstelle des 4. Senats für Streitigkeiten aus der Rentenversicherung zuständige 5a-Senat des BSG nicht mehr festgehalten hat (Beschluss vom 30.7.2008 - B 5a R 6/08 S). Der Hinweis des Klägers auf das von ihm selbst vertretene Auslegungsergebnis ersetzt nicht die eingehende Auseinandersetzung mit den Überlegungen, von denen sich das LSG bei seiner Rechtsauslegung hat leiten lassen.
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Letztlich macht der Kläger mit seinem Vortrag eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) geltend. Eine formgerechte Verfahrensrüge der Verletzung des Rechts der freien Beweiswürdigung liegt aber nicht vor, wenn die Revision lediglich ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG setzt oder diese eigene Würdigung als überlegen bezeichnet. Dem Revisionsgericht ist es nämlich nicht gestattet, unter mehreren möglichen Beweiswürdigungen eine Wahl zu treffen oder diese sonst zu bewerten (stRspr, vgl nur BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 50; BSG Urteil vom 19.12.2001 - B 11 AL 50/01 R - Juris RdNr 16).
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Die vorliegende Verfahrensdauer gibt keinen Anlass, von den im Gesetz vorgesehenen Anforderungen an die Begründung der Revision abzuweichen. Die Verfahrensdauer ergibt sich vorliegend im Wesentlichen daraus, dass der Senat den Rechtsstreit wegen einer ausstehenden Entscheidung des BVerfG zum Ruhen gebracht hat. Ein derartiges Zuwarten erschien vorliegend geboten, um den Kläger in den Genuss einer ihm möglicherweise positiven Entscheidung des BVerfG kommen zu lassen. Endet das verfassungsgerichtliche Verfahren indessen erfolglos, begründet der bisherige Prozessverlauf keine Erwartung hinsichtlich der Zulässigkeit der Revision oder darauf, dass sich das Revisionsgericht hierauf nicht mehr berufen werde.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
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Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.
(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.
Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.
Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.