Bundessozialgericht Urteil, 09. Aug. 2018 - B 14 AS 20/17 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:090818UB14AS2017R0
bei uns veröffentlicht am09.08.2018

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 6. April 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für Januar bis Juni 2013 ohne Berücksichtigung von Schadensersatzzahlungen wegen Unterschlagung als Einkommen.

2

Der Kläger bezog zunächst von Januar 2005 bis Februar 2010 und bezieht seit Februar 2011 erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. 2002 hatte er ein Versäumnisurteil wegen der Unterschlagung von Baumaschinen und Baumaterial auf Zahlung von 30 000 DM erwirkt, die der Schuldner nach einem Vergleich vom 5.10.2009 seit dem 1.1.2010 in monatlichen Raten von 150 Euro bis zur Gesamtsumme von 12 000 Euro abträgt. Das beklagte Jobcenter berücksichtigte die Zahlungen im streitbefangenen Zeitraum gemindert um Absetzbeträge als Einkommen (Bescheid vom 29.11.2012; Widerspruchsbescheid vom 15.1.2013).

3

Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum Leistungen "ohne Anrechnung von Einkommen" aus dem Vergleich vom 5.10.2009 zu gewähren (Urteil vom 16.9.2014); das LSG hat die von ihm zugelassene Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 6.4.2017): Die Raten aus dem Vergleich seien kein Einkommen, sondern Vermögen. Die Zahlung auf eine Schadensersatzforderung sei nicht als Einkommen zu qualifizieren, wenn sie lediglich eine frühere Vermögenslage wiederherstelle.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von § 11 SGB II. Eine aufgrund eines Vermögensschadens geleistete Entschädigung stelle Einkommen dar, wie schon im Umkehrschluss aus § 11a Abs 2 SGB II folge. Danach sei nur Schmerzensgeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zudem seien die Zahlungen kein Surrogat für die abhandengekommenen Vermögensgegenstände, weil sie auf dem Vergleich vom 5.10.2009 beruhten.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 6. April 2017 und des Sozialgerichts Kiel vom 16. September 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Zahlung auf eine Schadensersatzforderung wegen Unterschlagung nicht als Einkommen zu qualifizieren ist.

8

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Urteilen der Bescheid vom 29.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2013, soweit das SG den Beklagten sinngemäß zur Zahlung höherer Leistungen verurteilt und das LSG dessen Berufung hiergegen zurückgewiesen hat. Der Sache nach ist damit auf die zulässig auf den Erlass eines Grundurteils im Höhenstreit (§ 130 Abs 1 SGG; vgl letztens BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 21/17 R - vorgesehen für SozR 4, RdNr 9) gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) streitig, ob der Kläger von Januar bis Juni 2013 Anspruch auf höheres Alg II ohne Berücksichtigung der aus dem Vergleich gezahlten Raten hat. Dass das SG den Beklagten zur Zahlung höherer Leistungen "ohne Anrechnung von Einkommen" aus dem Vergleich verurteilt hat, bedeutet nicht, dass es nur über die Berücksichtigung der Raten als Einkommen entschieden hat und demzufolge die Prüfung auch im Rahmen des Revisionsverfahrens hierauf beschränkt wäre. Ausweislich der Urteilsgründe hat das SG vielmehr auch geprüft, ob mit den geleisteten Zahlungen die Vermögensfreigrenzen des § 12 Abs 2 SGB II überstiegen werden. In diesem Sinne haben der Beklagte und das LSG die Entscheidung des SG ebenfalls verstanden.

9

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs des alleinstehenden Klägers, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, aber keinen Ausschlusstatbestand erfüllte, ist § 19 Abs 1 iVm §§ 7, 9, 11 ff, 20 ff SGB II idF, die das SGB II zuletzt vor dem streitbefangenen Zeitraum durch das Haushaltsbegleitgesetz 2013 vom 20.12.2012 (BGBl I 2781) erhalten hat. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15 mwN). Zu Recht haben die Vorinstanzen danach entschieden, dass der Beklagte dem Kläger weiteres Alg II zu zahlen hat, weil dem zutreffend ermittelten Bedarf in Höhe von 727,12 Euro monatlich - zusammengesetzt aus dem Regelbedarf von 382 Euro (§ 20 Abs 2 Satz 1 SGB II iVm § 2 RBSFV 2013 vom 18.10.2012, BGBl I 2173) und den tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von 345,12 Euro (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) - die Zahlungen auf den Vergleich vom 5.10.2009 weder als Einkommen (dazu 3. und 4.) noch als Vermögen (dazu 5.) gegenüberzustellen sind.

10

3. Einnahmen zum Ausgleich eines Vermögensschadens sind grundsicherungsrechtlich nicht als Einkommen zu qualifizieren.

11

a) Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II das, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte, wobei auszugehen ist vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zeitpunkt als maßgeblich bestimmt(modifizierte Zuflusstheorie; vgl letztens etwa BSG vom 19.8.2015 - B 14 AS 43/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 74 RdNr 13 mwN). Demnach sollen erst in der Bedarfszeit nach Antragstellung hinzukommende Mittel - von den Ausnahmen nach § 11a SGB II und den Absetzbeträgen nach § 11b SGB II abgesehen - grundsätzlich vollständig zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden, während auf vorher Erlangtes nur zurückzugreifen ist, soweit es die Vermögensschongrenzen überschreitet(vgl schon zur Sozialhilfe BVerwG vom 18.2.1999 - 5 C 35.97 - BVerwGE 108, 296, 299: aktueller Notlage wird aktuelles Einkommen gegenübergestellt; ebenso zur Grundsicherung für Arbeitsuchende BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 22).

12

b) Hiervon ausgehend sind Ratenzahlungen zum Ersatz eines Wertgegenstandes, den jemand vor Antragstellung bereits hatte, dem Vermögen und nicht dem Einkommen zuzurechnen. Zur Frage der Berücksichtigung von Schadensersatzzahlungen als Einkommen hat das BVerwG zu § 76 Abs 1 BSHG(nunmehr § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII)entschieden, dass solcher Schadensersatz nicht als Einkommen anzusehen ist, der lediglich eine frühere Vermögenslage wiederherstellt, wie beim Schadensersatz für die Beschädigung oder den Verlust einer Sache. Denn der bloße Ersatz für etwas, was jemand bereits hatte, bewirke keinen Zufluss, sei keine Einnahme, sondern, wie das Ersetzte, wiederum unmittelbar Vermögen. Anderenfalls werte man den Ersatz eines bereits früher Erlangten unzulässig erneut als Einkommen. Anders liege es dagegen bei denjenigen Schadensersatzleistungen, mit denen kein zuvor vorhandenes Vermögen ersetzt wird, sondern mit denen der Berechtigte erstmals eine Leistung in Geld oder Geldeswert erhält (BVerwG vom 18.2.1999 - 5 C 14.98 - Buchholz 436.0 § 76 BSHG Nr 29).

13

c) Diese Wertung hat ihre Gültigkeit bei Inkrafttreten des SGB II nicht verloren. Die Einkommensberücksichtigung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist im Wesentlichen der Sozialhilfe nachgebildet (vgl BT-Drucks 15/1516 S 53). Demgemäß ist zwar die weitgehendere Freistellung von Schadensersatz in der Arbeitslosenhilfe (zuletzt § 194 Abs 3 Nr 7 SGB III; zuvor § 138 Abs 3 Nr 6 AFG) durch die engere Maßgabe (nunmehr) des § 11a Abs 2 SGB II ersetzt worden (idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; bis zum 31.3.2011: § 11 Abs 3 Nr 2 SGB II), die § 77 Abs 2 BSHG nachgebildet ist. Ausdrücklich sind danach von der Einkommensberücksichtigung nur ausgenommen "Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden". Daraus folgt allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten nicht, dass jede andere Schadensersatzzahlung im Umkehrschluss grundsicherungsrechtlich als Einkommen zu qualifizieren ist.

14

Dem steht nach der Entstehungsgeschichte schon entgegen, dass der Gesetzgeber die maßgeblichen Vorschriften des BSHG unverändert auf das SGB II übertragen hat und nichts dafür spricht, dass damit nicht auch an das entsprechende Normverständnis des BVerwG angeknüpft werden sollte. Das wäre im Zusammenhang hier systematisch auch unvereinbar mit der ständigen Rechtsprechung zum fehlenden Wertzuwachs bei Vermögensumschichtungen. Schon zur Arbeitslosenhilfe hatte das BSG entschieden, dass durch die Veräußerung eines Gegenstands zum Verkehrswert kein Einkommen erzielt werde (BSG vom 20.6.1978 - 7 RAr 47/77 - BSGE 46, 271, 274 f = SozR 4100 § 138 Nr 3 S 14 f zu § 138 AFG). Diese anschließend auf das Sozialversicherungsrecht übertragene Rechtsprechung (vgl nur BSG vom 19.9.2007 - B 1 KR 7/07 R - SozR 4-2500 § 62 Nr 3 RdNr 18 mwN)hat das BSG für das SGB II fortgeführt und ausgesprochen, dass ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen bleibt (vgl BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 17; zuvor ebenso bereits BVerwG vom 18.2.1999 - 5 C 16.98 - NJW 1999, 3210, 3211 zu § 76 Abs 1 BSHG und nunmehr zu § 82 Abs 1 SGB XII; BSG vom 19.5.2009 - B 8 SO 35/07 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 5 RdNr 15). Sind danach Geldzuflüsse aus der Umschichtung vorhandener Werte durch den Berechtigten sozialrechtlich grundsätzlich nicht als zum Lebensunterhalt einzusetzendes Einkommen anzusehen, so kann es beim Wertersatz Dritter für die Entziehung oder Beschädigung eines dem Vermögen zuzurechnenden Gegenstands nicht anders liegen; auch durch solche Zahlungen erhält der Empfänger keinen Wert hinzu, den er nicht vorher schon hatte (ebenso Hengelhaupt in Hauck/Noftz, K § 11 SGB II, Stand Januar 2015, RdNr 570; Lange in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 12 RdNr 23).

15

d) Dem steht nicht entgegen, dass für die Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen grundsätzlich auf den Geldzufluss und nicht auf die zuvor bestehende Rechtsposition abzustellen ist. Schon das BVerwG hatte darauf hingewiesen, dass zwar eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete Forderung einen wirtschaftlichen Wert darstelle und daher zum Vermögen zähle, wenn sie dem Inhaber wie bei einer noch nicht erfüllten Gehaltsforderung für zurückliegende Monate bereits zustehe. Das führe jedoch nicht zu einer Konkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr hat es der Regelung des § 76 BSHG entnommen, dass im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung sozialhilferechtlich grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung interessiert, sondern das Gesetz insofern allein auf die Erzielung von Einkünften in Geld oder Geldeswert als Einkommen abstellt(vgl BVerwG vom 18.2.1999 - 5 C 35.97 - BVerwGE 108, 296, 300). Dem hat sich das BSG angeschlossen (vgl zum SGB II nur BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 27 mwN; zum SGB XII BSG vom 19.5.2009 - B 8 SO 35/07 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 5 RdNr 15).

16

Ausgenommen davon sind allerdings Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen, weil andernfalls der Rückgriff auf Erspartes unzulässig als Einkommen gewertet würde (vgl nur BVerwG vom 18.2.1999 - 5 C 35.97 - BVerwGE 108, 296, 300; BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 27 mwN; BSG vom 19.5.2009 - B 8 SO 35/07 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 5 RdNr 15). Demgemäß ist zwar mangels einer zweckgerichteten "Ansparung" als Einkommen etwa zu berücksichtigen nachgezahltes Arbeitsentgelt (vgl BSG vom 24.4.2015 - B 4 AS 32/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 72 RdNr 14 mwN), nachgezahltes Krankengeld (vgl etwa BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19), nachgezahltes Übergangsgeld (BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 22 RdNr 12 ff) oder eine Einkommensteuererstattung (vgl etwa BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - juris, RdNr 10). Anders liegt es neben der Auszahlung eines auf längere Zeit angelegten Sparguthabens (vgl BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 17) dagegen beim Schadensersatz für einen entzogenen oder beschädigten Vermögensgegenstand, weil es sich dabei nur um ein Surrogat für den zuvor innegehabten Vermögenswert handelt.

17

4. Zutreffend hat das LSG hiernach die Ratenzahlungen aus dem Vergleich vom 5.10.2009 im streitbefangenen Zeitraum nicht als Einkommen qualifiziert.

18

a) Das LSG hat dem Schriftwechsel zwischen den früheren Bevollmächtigten des Klägers und dessen Schuldner entnommen, dass dieser sich auf ein vom Kläger im März 2002 erwirktes Versäumnisurteil durch Schreiben vom 5.10.2009 zur Zahlung von monatlich 150 Euro ab dem 1.1.2010 bis zu einem Gesamtbetrag von 12 000 Euro verpflichtet hat, von denen 8000 Euro als Wertersatz für die Unterschlagung von Baumaschinen und Baumaterial im Wert von 30 000 DM im Unterschlagungszeitpunkt und 4000 Euro als Ausgleich für Prozesszinsen bestimmt sind. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Würdigung revisionsgerichtlich nicht zu folgen wäre, bestehen nicht. Die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen hat der Beklagte mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen (§ 164 Abs 2 Satz 3 Halbsatz 2 SGG) nicht angegriffen und sind deshalb für den Senat bindend (§ 163 SGG). Die dem Tatsachengericht darüber hinaus obliegende Auslegung der Erklärung vom 5.10.2009 wäre danach im Revisionsverfahren nur dann nicht bindend, wenn die festgestellten tatsächlichen Umstände entweder nicht vollständig verwertet oder die gesetzlichen Auslegungsregeln nicht beachtet wären oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen worden wäre (stRspr; vgl nur BSG vom 27.9.1994 - 10 RAr 1/93 - BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 S 47; BSG vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1 RdNr 63), wofür hier indes nichts ersichtlich ist.

19

b) Das gilt insbesondere für das Verständnis, dass sich die Gesamtsumme von 12 000 Euro zusammensetzt aus einem Wertersatz von 8000 Euro für die unterschlagenen Geräte und Materialien und einem Zinsanteil von 4000 Euro, auf den die Zahlungen in entsprechender Anwendung von § 367 BGB zunächst erbracht sein sollen. Auch dies ist eine Frage der Auslegung des Vergleichsvertrags vom 5.10.2009, die grundsätzlich dem Tatsachengericht obliegt und im Revisionsverfahren nur in den aufgezeigten Grenzen zu überprüfen ist. Insoweit könnte die vom LSG in Bezug genommene Wendung in der Vergleichserklärung vom 5.9.2009 "Ich nehme den Vergleich so an , 12 000 £ , zinsfrei" zwar auch so verstanden werden, dass der Schuldner überhaupt keine Zinsen zahlen wollte. Andererseits lassen sich die vom LSG festgestellten, vorher abgegebenen Erklärungen der Bevollmächtigten des Klägers zu seinem nur teilweisen Verzicht auf Zinsen ebenso dahin verstehen, wie es das LSG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ohne dass dem revisionsrechtlich beachtliche Umstände entgegenstünden.

20

c) Zutreffend ist das LSG auf dieser Grundlage davon ausgegangen, dass die monatlichen Ratenzahlungen im hier streitbefangenen Zeitraum ab Januar 2013 von dem Kläger nicht als bedarfsdeckendes Einkommen einzusetzen sind. Soweit Zinszahlungen auf Schonvermögen als Einkommen iS von § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen sind, auch wenn sie - wie hier - zeitlich nach Stellung des Antrags auf Grundsicherungsleistungen zugeflossen sind(vgl nur BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 18), war der Zinsanteil aus dem Vergleich vom 5.9.2009 durch die seit dem Januar 2010 geleisteten Zahlungen bis zu diesem Zeitpunkt bereits getilgt (4000 Euro : 150 Euro = 26,7 Monatsraten). Soweit die Zahlungen im hier maßgeblichen Zeitraum auf den Wertersatz geleistet wurden, war damit zwar bezogen auf die zur Wiederaufnahme der Alg II-Zahlungen bestehenden Umstände im Februar 2011 ein Wertzuwachs verbunden. Jedoch stand dem nach dem auch insoweit mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG zuvor ein vom Schuldner zu vertretender Wertverlust mindestens in entsprechender Höhe entgegen, weshalb nur eine Vermögenslage (teilweise) wiederhergestellt wurde, die vorher bereits bestanden hatte. Unbeachtlich ist deshalb, dass der Schuldner die Zahlungen erst auf Grundlage des Vergleichs vom 5.9.2009 aufgenommen hat. Dass ausgehend von dem 2002 ergangenen Versäumnisurteil zwischen dem Beginn der Ersatzzahlungen und der Unterschlagung eine vom LSG nicht im Einzelnen festgestellte Zeitspanne von zumindest zehn Jahren lag, steht ebenfalls nicht entgegen, weil andernfalls Gläubiger von schwer erreichbaren oder insolventen Schuldnern ungerechtfertigt benachteiligt wären; ob dies bei einer erheblich längeren Zeitspanne ebenfalls so zu sehen wäre, ist hier nicht zu entscheiden.

21

5. Eine Berücksichtigung der Zahlungen als Vermögen nach § 12 Abs 1 SGB II scheidet ebenfalls aus, weil nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG das Vermögen des im streitbefangenen Zeitraum 53-jährigen Klägers den Grundfreibetrag nach § 12 Abs 1 Nr 1 SGB II auch bei ihrer Berücksichtigung nicht erreicht hat.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

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bei uns veröffentlicht am 22.08.2013

Tenor Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an da

Bundessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2012 - B 10 LW 2/11 R

bei uns veröffentlicht am 20.12.2012

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gerich

Referenzen

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreiten,
6.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes
7.
Erbschaften.

(2) Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(3) Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend von Satz 1 sind als Einkommen zu berücksichtigen

1.
die Leistungen nach § 39 des Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
a)
für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
b)
für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig,
2.
die Leistungen nach § 23 des Achten Buches,
3.
die Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie vergleichbare Leistungen der Begabtenförderungswerke; § 14b Absatz 2 Satz 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bleibt unberührt,
4.
die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Dritten Buch mit Ausnahme der Bedarfe nach § 64 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches sowie
5.
Reisekosten zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 127 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches in Verbindung mit § 73 des Neunten Buches.

(4) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

1.
ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
2.
sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(6) Überbrückungsgeld nach § 51 des Strafvollzugsgesetzes oder vergleichbare Leistungen nach landesrechtlichen Regelungen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(7) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden. Satz 1 gilt nicht für eine Ausbildungsvergütung, auf die eine Schülerin oder ein Schüler einen Anspruch hat.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Höhe des Alg II des Klägers von August 2013 bis Januar 2014 nach einem Umzug.

2

Der 1990 geborene, unverheiratete Kläger lebte bis Sommer 2013 im Haushalt seiner Mutter in H (Landkreis L) und bezog bis 31.7.2013 als Angehöriger einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter und Geschwistern Alg II vom Jobcenter Landkreis L Dieses wies ihn zur Verbesserung seiner Eingliederungschancen einer Maßnahme in der Nähe von Ha zu, in deren Rahmen er dort internatsmäßig untergebracht werden sollte. Am 1.8.2013 zog der Kläger zu seiner Freundin A, die er 2008 kennengelernt hatte und die seit ihrem Auszug aus dem elterlichen Haushalt bei den Eheleuten K in deren Wohnung im Haus S in G wohnte. Eine vorherige Zusicherung des Leistungsträgers nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II holte der Kläger nicht ein. Frau A bezog ebenso wie die Eheleute K Alg II vom beklagten Jobcenter. Nach dem Einzug des Klägers reduzierte der Beklagte die Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Eheleute K auf die Hälfte der monatlichen Aufwendungen (zwei von vier Kopfteilen); einen Kopfteil von Frau A berücksichtigte der Beklagte bei der Leistungsbewilligung für sie nicht.

3

Auf Antrag des Klägers vom 1.8.2013 bewilligte der Beklagte ihm Alg II für die Zeit vom 1.8.2013 bis 31.1.2014 in Höhe von monatlich 306 Euro (Bescheid vom 12.8.2013). Dabei berücksichtigte er neben dem Regelbedarf nur in dieser Höhe keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er einen höheren Regelbedarf und die anteiligen Bedarfe für Unterkunft und Heizung geltend machte, wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 4.9.2013): Der Kläger sei als Unter-25-Jähriger ohne Zusicherung des kommunalen Trägers umgezogen, weshalb nach § 22 Abs 5 SGB II Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht anerkannt werden könnten und nach § 20 Abs 3 SGB II der monatliche Regelbedarf 306 Euro betrage. Durch Änderungsbescheid vom 23.11.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für Januar 2014 einen Regelbedarf in Höhe von 313 Euro unter Hinweis auf die zum 1.1.2014 neu festgesetzten Regelbedarfe.

4

Die auf höhere Leistungen gerichtete Klage wies das SG ab (Urteil vom 12.12.2014). Die Berufung des Klägers wies das LSG zurück (Urteil vom 22.9.2016): Der im streitigen Zeitraum noch nicht 25 Jahre alte Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrten höheren Leistungen, weil er ohne die wegen seines ersten Umzugs aus dem elterlichen Haushalt erforderliche vorherige Zusicherung nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II umgezogen sei und von einer Zusicherung vorliegend auch nicht nach § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II abgesehen werden könne. Das Erfordernis einer Zusicherung und die leistungsrechtlichen Folgen eines Umzugs ohne Zusicherung seien nicht verfassungswidrig.

5

Mit seiner vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der Ansprüche auf den höheren Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II und auf Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sowie eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Bei der verfassungsrechtlich gebotenen restriktiven Anwendung des § 22 Abs 5 SGB II sei eine Zusicherung nicht erforderlich, wenn vor dem Umzug kein Vertrag über die Unterkunft abgeschlossen worden sei, sondern die Bedarfe für Unterkunft und Heizung ausschließlich entstünden, weil der Betroffene in einen anderen Haushalt einziehe und das Jobcenter die Unterkunftsaufwendungen nach dem Kopfteilprinzip zwischen den Haushaltsangehörigen verteile. So liege es hier, weil der Kläger keine eigene Wohnung bezogen und keinen eigenen Mietvertrag unterschrieben habe, sondern sich einem bestehenden Haushalt angeschlossen habe. Seine Bedarfe für Unterkunft und Heizung ergäben sich aus der Verteilung der Unterkunftsaufwendungen nach dem Kopfteilprinzip auf die Haushaltsangehörigen.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2016 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12. Dezember 2014 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 12. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2013 und des Änderungsbescheids vom 23. November 2013 zu verurteilen, ihm für die Zeit von August 2013 bis Januar 2014 höheres Arbeitslosengeld II zu zahlen.

7

Der Beklagte verweist auf das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob dem Begehren des Klägers nach höheren Leistungen die leistungsrechtlichen Folgen der unterlassenen Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II entgegenstehen.

9

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile des LSG und des SG und der Bescheid des Beklagten vom 12.8.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.9.2013 sowie der Änderungsbescheid vom 23.11.2013, der für Januar 2014 eine ersetzende Neuregelung enthält und nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Mit seiner zulässig auf den Erlass eines Grundurteils im Höhenstreit (§ 130 Abs 1 SGG; BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 81/12 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 2 RdNr 10) gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt der Kläger als höhere Leistungen den Regelbedarf für eine alleinstehende Person nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II statt des ihm nur bewilligten geringeren Regelbedarfs nach § 20 Abs 3 iVm Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe seines Kopfteils an den Aufwendungen für die (auch) von ihm bewohnte Wohnung. Streitig ist der Zeitraum von August 2013 bis Januar 2014.

10

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten höheren Leistungsanspruchs des Klägers sind § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 iVm § 20 Abs 2 Satz 1 und § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850; Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f).

11

3. Der Kläger erfüllte nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II (erwerbsfähiger Leistungsberechtigter), aber keinen Ausschlusstatbestand.

12

Er bildete im streitigen Zeitraum von August 2013 bis Januar 2014 keine Bedarfsgemeinschaft mit anderen Personen, sondern war alleinstehend. Alleinstehend - iS des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II(dazu 4.) - ist, wer keiner Bedarfsgemeinschaft mit anderen hilfebedürftigen Personen angehört bzw allein für seine Person "eine Bedarfsgemeinschaft" bildet (BSG vom 17.7.2014 - B 14 AS 54/13 R - BSGE 116, 200 = SozR 4-4200 § 7 Nr 37, RdNr 27; zur Auslegung des § 20 Abs 2 SGB II mit Blick auf den Zweck der Zuweisung des Regelbedarfs vgl BSG vom 1.12.2016 - B 14 AS 21/15 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 26 RdNr 16). Der Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter gehörte der Kläger nach seinem Auszug nicht mehr an. Mit den Eheleuten K bildete er nach seinem Einzug keine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 2 oder 4 SGB II, weil zu diesen keine Eltern-Kind-Beziehung bestand. Nach den Feststellungen des LSG ergeben sich zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im streitigen Zeitraum mit Frau A eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 1 und 3 Buchst c, Abs 3a SGB II bildete, weil danach beide in dieser Zeit, die mit dem Einzug des Klägers in die Wohnung der Eheleute K am 1.8.2013 begann, nicht als Partner und Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zusammenlebten (zu den Anforderungen an die Feststellung ihres Bestehens vgl BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 34/12 R - BSGE 111, 250 = SozR 4-4200 § 7 Nr 32, RdNr 13 ff, BSG vom 12.10.2016 - B 4 AS 60/15 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 51 RdNr 25 ff).

13

4. Als Regelbedarf werden nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II bei Personen, die alleinstehend sind, im streitigen Zeitraum von August bis Dezember 2013 monatlich 382 Euro und im Januar 2014 391 Euro anerkannt (Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2013 vom 18.10.2012, BGBl I 2175; Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2014 vom 16.10.2013, BGBl I 3857).

14

Abweichend von § 20 Abs 2 Satz 1 ist nach § 20 Abs 3 SGB II bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs 5 SGB II umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in § 20 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II genannte, geringere Betrag als Regelbedarf anzuerkennen. Ob diese Abweichung vorliegend zulasten des Klägers eingreift, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden (dazu 7.).

15

Anhaltspunkte für das Bestehen eines Mehrbedarfs (§ 21 SGB II) des Klägers lassen sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen.

16

5. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Dies setzt bei Mitnutzung einer Wohnung keine vertragliche Verpflichtung zur Tragung von Aufwendungen für diese voraus. Das im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II anzuwendende Kopfteilprinzip weist vielmehr bei der gemeinsamen Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen unabhängig von schuldrechtlichen Verpflichtungen jeder Person einen gleich hohen individuellen Bedarf zu, soweit nicht abweichende vertragliche Vereinbarungen bestehen oder sonst eine Abweichung vom Kopfteilprinzip anzuerkennen ist(BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 22, RdNr 13 ff).

17

Ob der Kläger Anspruch auf die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe seines Kopfteils an den Aufwendungen für die Wohnung der Eheleute K hat oder ob dem die abweichende Regelung des § 22 Abs 5 SGB II entgegensteht, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden(dazu 7.).

18

Auf die Frage der Angemessenheit ggf anzuerkennender Aufwendungen des Klägers käme es vorliegend schon mangels Kostensenkungsaufforderung nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht an.

19

6. Dass zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen den Bedarfen des Klägers im streitigen Zeitraum entgegenstehen könnte, lässt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Vielmehr hat nach diesen der Beklagte mit seinen angefochtenen Bescheiden den von ihm für den Kläger anerkannten Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II in voller Höhe ohne Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen bewilligt.

20

7. Ob Ansprüchen des Klägers auf den Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II und auf anteilige Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II widerstreitet, dass er als Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, ohne vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers umgezogen ist, oder ob vorliegend die Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II nicht erforderlich war, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden.

21

a) § 22 Abs 5 SGB II bestimmt: Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat (Satz 1). Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn 1. die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, 2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder 3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt (Satz 2). Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen (Satz 3). Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen (Satz 4).

22

b) Der Kläger ist als unter 25 Jahre alte volljährige erwerbsfähige leistungsberechtigte Person aus der bisherigen elterlichen Wohnung ausgezogen und mit seinem Einzug in die Wohnung der Eheleute K in eine andere Unterkunft iS des § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II umgezogen, ohne zuvor eine Zusicherung eingeholt zu haben. Es handelte sich um seinen erstmaligen Umzug, sodass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II stets nur auf den erstmaligen Umzug(so Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 185 f; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 265 f, 268, Stand 10/12; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 194 f) oder auch auf Folgeumzüge (so Piepenstock in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 194) Anwendung zu finden vermag. Mit seinem Umzug hat der Kläger als Alleinstehender "eine Bedarfsgemeinschaft" neu begründet (zu diesem Aspekt eines Umzugs iS des § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II vgl Luik, aaO, § 22 RdNr 202).

23

c) Das Zusicherungserfordernis vor einem Umzug und die leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung greifen nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II nur dann, wenn eine Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in eine Unterkunft umzieht, über die durch den jungen Erwachsenen vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird (vgl Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 185, 191; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 203). Zwar kann eine Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II, anders als die nach § 22 Abs 4 SGB II, auch ohne ein konkretes Wohnungsangebot für eine zu beziehende Wohnung eingeholt werden(vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 273, 275, Stand 10/12). Doch das Erfordernis der Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II erfasst nur Umzüge in eine Unterkunft, über die vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird. Allein ein Umzug löst nicht bereits das Zusicherungserfordernis aus.

24

aa) Nach seinem Wortlaut setzt § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres voraus, dass der kommunale Träger die Anerkennung "vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft" zugesichert hat. Hiernach bedarf es der Zusicherung nicht bei jedem Umzug, sondern nur vor einem Umzug in eine Unterkunft, über die ein Vertrag abgeschlossen wird.

25

bb) Der Sinn und Zweck des Zusicherungserfordernisses und der leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung, wie er durch die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) bestätigt wird, ergibt nichts Anderes.

26

Durch § 20 Abs 2a SGB II(als Vorläuferregelung zu § 20 Abs 3 SGB II in Kraft getreten am 1.7.2006) und § 22 Abs 2a SGB II(als Vorläuferregelung zu § 22 Abs 5 SGB II in Kraft getreten am 1.4.2006) sollte als Folgeregelung zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden volljährigen Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern oder einem Elternteil der Anreiz vermindert werden, auf Kosten der Allgemeinheit erstmalig eine eigene Wohnung bei gleichzeitigem Bezug der vollen Regelleistung (heute: Regelbedarf) zu beziehen. Künftig sollten diese Personen grundsätzlich vor Abschluss des Mietvertrags die Zustimmung des Leistungsträgers einholen müssen (Beschlussempfehlung und Bericht vom 15.2.2006, BT-Drucks 16/688 S 14; zu den Motiven des Gesetzgebers s auch Berlit, info also 2006, 51, 52 ff: Begrenzung des kostenträchtigen Erstbezugs einer eigenen Wohnung; zur rechtstatsächlichen Ausgangslage vor der Neuregelung s Wenner, SozSich 2005, 413).

27

Diese Anknüpfung der Zusicherung nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II an einen Vertrag ist auch sachgerecht, denn für sie spricht die Warnfunktion des beabsichtigten Vertragsschlusses über die neue Unterkunft. Bevor ein hilfebedürftiger junger Erwachsener rechtsverbindliche vertragliche Pflichten mit Blick auf nach einem Umzug zu tragende Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für eine neue Unterkunft eingeht, besteht für diesen grundsätzlich Veranlassung, die künftige Anerkennung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als Bedarfe nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II durch den kommunalen Träger bei fortbestehender Hilfebedürftigkeit zu klären. Bei einem Umzug, der nicht mit der Eingehung vertraglicher Zahlungsverpflichtungen für die neue Unterkunft verbunden ist, kommt diese Warnfunktion nicht zum Tragen.

28

cc) Es besteht kein Anlass, das Zusicherungserfordernis und damit auch die leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung über den nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte nur erfassten Fall des Umzugs in eine Unterkunft, über die vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird, hinaus auf jegliche Umzüge von Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, anzuwenden. Dagegen spricht, dass bereits zum 1.7.2006 mit § 22 Abs 2a Satz 4 SGB II(heute: § 22 Abs 5 Satz 4 SGB II) eine Regelung zur Vermeidung einer Umgehung des Zusicherungserfordernisses eingeführt wurde (Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706), die nicht auf die Einbeziehung jeglicher Umzüge zielt (zum Anwendungsbereich dieser Missbrauchsklausel vgl Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 192, 216 ff).

29

Gegen die Anwendung des Zusicherungserfordernisses bei einem Umzug, der nicht mit dem Abschluss eines Vertrags über die Unterkunft verbunden ist, sprechen mit Blick auf die leistungsrechtlichen Folgen einer Nichteinhaltung des Zusicherungserfordernisses zudem verfassungsrechtliche Erwägungen. Die durch § 20 Abs 3 und § 22 Abs 5 SGB II vorgesehenen leistungsbegrenzenden Ausnahmeregelungen für junge Erwachsene sind wegen ihrer Strenge eng auszulegen, um deren von Verfassungs wegen zu schützende Belange zu wahren und ihnen eine grundsicherungsrechtlich folgenlose Auflösung des bisherigen gemeinsamen Haushalts mit den Eltern oder einem Elternteil nicht über das durch § 22 Abs 5 SGB II nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift gebotene Maß hinaus zu erschweren(vgl BSG vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10, RdNr 30; vgl auch Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 190). Hieran ist nach dem Beschluss des BVerfG vom 27.7.2016 (1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr 15) festzuhalten.

30

Zwar hat das BVerfG das - mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen gewesene - Zusicherungserfordernis des § 22 Abs 2a SGB II(heute: § 22 Abs 5 SGB II) bei seiner Entscheidung berücksichtigt, für zumutbar gehalten und als Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts für zu rechtfertigen angesehen. Doch es hat dabei ausdrücklich nicht darüber entschieden, ob es verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist, Bedürftigen bei Auszug aus der Wohnung einer Bedarfsgemeinschaft ohne Zustimmung des Leistungsträgers weiter nur 80 % der existenzsichernden Regelleistung für Alleinstehende und keinerlei Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen, obgleich der existenznotwendige Bedarf stets zu sichern ist (BVerfG vom 27.7.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr 15, RdNr 66 f). Die hierin anklingende verfassungsrechtliche Relevanz der leistungsrechtlichen Folgen einer Nichteinhaltung des Zusicherungserfordernisses streitet dafür, es in seiner Anwendung beschränkt zu lassen auf die Umzüge in eine Unterkunft, über die durch den Leistungsberechtigten vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird.

31

d) Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben kann der Senat nicht beurteilen, ob der ohne vorherige Zusicherung erfolgte Umzug des Klägers dem Zusicherungserfordernis nach § 22 Abs 5 SGB II unterlag. Es fehlen konkrete tatsächliche Feststellungen des LSG dazu, ob der Umzug mit der Eingehung vertraglicher Verpflichtungen durch den Kläger zur Zahlung von Aufwendungen für seine neue Unterkunft verbunden war. Weder den Abschluss eines Vertrags durch den Kläger über die Unterkunft, der vor seinem Abschluss Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung des kommunalen Trägers über die Zusicherung nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II hätte sein können, noch das Fehlen eines Vertrags über die Unterkunft hat das LSG konkret festgestellt. Dies wird das LSG zu klären haben, das den Abschluss eines Vertrags vor dem Umzug ungeprüft gelassen hat.

32

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19. Mai 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2010 aufgehoben und im Übrigen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Berücksichtigung von an den Großvater gezahltem Kindergeld beim Enkel als Einkommen für die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010.

2

Der am 27.12.1994 geborene Kläger lebte im Haushalt des Großvaters, der sein alleiniger Vormund war und für ihn Kindergeld erhielt (für Dezember 2009 164 Euro, ab Januar 2010 184 Euro). Auf Antrag des Klägers bewilligte die beklagte Stadt M., die im eigenen Namen anstelle des als Optionskommune zugelassenen Kreises M. diese Aufgabe wahrnimmt, ihm mit Bescheiden vom 15.12.2009 und 18.12.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 31.12.2010. Dabei berücksichtigte sie die von dem Kläger bezogene Halbwaisenrente sowie das an den Großvater gezahlte Kindergeld als Einkommen. Gegen beide Bescheide legte der Kläger ua wegen der Anrechnung des Kindergelds als Einkommen Widerspruch ein. Mit Bescheiden vom 9.2.2010 und 24.2.2010 erhöhte die Beklagte die an den Kläger zu zahlenden Leistungen für Februar und März 2010 aufgrund einer Reduzierung des Warmwasserabzugs. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Weitere Änderungsbescheide ergingen für die Folgemonate. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.6.2010 wies der Kreis den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.12.2009 als unbegründet zurück, und mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 5.7.2010 wies er den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9.2.2010 zurück.

3

In dem vom Kläger angestrengten Klageverfahren hat das SG die Zeit ab dem 1.3.2010 abgetrennt und das vorliegende Verfahren auf die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010 beschränkt. Unter Abweisung der Klage im Übrigen hat das SG den "Bescheid vom 15.12.2009 und 18.12.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 9.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.6.2010" geändert und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 27.12.2009 bis 31.1.2010 zu gewähren (Urteil vom 19.5.2015). Ua hat es ausgeführt, dass das an den Großvater gezahlte Kindergeld als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen sei. Dies folge zwar nicht unmittelbar aus § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II, weil der Kläger und sein Großvater keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II bilden würden. Dennoch könne das Kindergeld beim Kläger als tatsächliches Einkommen angerechnet werden, weil der Kläger mit seinem Großvater in einem Haushalt lebe und dieser das für den Kläger gezahlte Kindergeld für diesen verwendet habe. Ob die Verwendung für von der Regelleistung umfasste oder für andere Bedarfe erfolgt sei, sei unerheblich. Entscheidend sei, dass geeignetes Einkommen vorhanden gewesen sei, um den grundsicherungsrechtlichen Bedarf zu decken. Auf Antrag des Klägers unter Vorlage der Zustimmung der Beklagten hat das SG mit Beschluss vom 10.9.2015 die Sprungrevision gegen das Urteil zugelassen, "soweit die Klage auf die Gewährung von weiteren Leistungen nach dem SGB II für die Regelleistung gerichtet ist."

4

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung des § 11 SGB II wegen der Anrechnung des an seinen Großvater gezahlten Kindergelds als Einkommen. Eine solche Anrechnung komme nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht in Betracht, weil danach nur Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder diesen als Einkommen zuzurechnen sei und der Kläger und sein Großvater keine Bedarfsgemeinschaft bilden würden. Ohne weitere Rechtsgrundlagen zu nennen, stelle das SG in seinem Urteil dar, dass das Kindergeld bei ihm - dem Kläger - tatsächlich als Einkommen angerechnet werden könne, weil das Kindergeld für ihn verwendet worden sei. Auf die allgemeine Anrechnungsregel des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II könne nicht zurückgegriffen werden, weil diese durch die speziellere Regelung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II zur Anrechnung des Kindergelds verdrängt werde. Im Übrigen sei das Kindergeld nie an ihn ausgezahlt oder auf ein Konto von ihm überwiesen worden, sodass § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II schon tatbestandlich nicht einschlägig wäre.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19. Mai 2015 sowie die Bescheide des Beklagten vom 15. Dezember 2009 und vom 9. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2010 zu ändern, den Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 27. Dezember 2009 bis zum 28. Februar 2010 höheres Arbeitslosengeld II - ohne Berücksichtigung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung - zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist insofern begründet, als das Urteil des SG vom 19.5.2015 und der Widerspruchsbescheid vom 5.7.2010 (siehe speziell dazu unter 3.) aufzuheben sind und im Übrigen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 SGG). Eine endgültige Entscheidung seitens des BSG ist mangels ausreichender Feststellungen nicht möglich.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben dem Urteil des SG der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2009 in der Fassung des ihn ändernden Bescheids vom 9.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.6.2010 und der ebenfalls hinsichtlich des Bescheides vom 9.2.2010 ergangene Widerspruchsbescheid vom 5.7.2010 sowie die vom Kläger begehrten höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - ohne solche für die Unterkunft und Heizung - für die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010.

9

2. Die beklagte Stadt M. ist die richtige Beklagte, auch wenn sie nicht Träger der geltend gemachten Leistungen ist, sondern der als Optionskommune zugelassene Kreis M., dem sie angehört, weil ihr die Aufgaben des Trägers zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen sind (Wahrnehmungszuständigkeit) und sie daher im Außenverhältnis verpflichtet ist (vgl nur BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - BSGE 117, 186 = SozR 4-4200 § 7 Nr 39, RdNr 9 mwN).

10

3. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Insbesondere war der Kreis, der die Widerspruchsbescheide erlassen hat, nicht notwendig beizuladen (BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - BSGE 117, 186 = SozR 4-4200 § 7 Nr 39, RdNr 10 mwN).

11

Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig (vgl § 161 Abs 1 SGG). Dies gilt auch hinsichtlich ihrer Beschränkung auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - ohne solche für die Unterkunft und Heizung -, weil der Beschluss des SG über die Zulassung der Sprungrevision vom 10.9.2015 in diesem Sinne zu verstehen ist, wie die weitere Formulierung in ihm zeigt, die Zulassung werde "abgelehnt, soweit die Klage auf die Gewährung von weiteren Leistungen nach dem SGB II für die Kosten der Unterkunft und Heizung gerichtet ist". Ebenso wie eine Klage kann eine Sprungrevision auf die Geltendmachung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne solche für die Unterkunft und Heizung einerseits und auf höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung andererseits zulässigerweise beschränkt werden (stRspr, grundlegend BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 ff; zuletzt BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff).

12

Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG). Mit dieser wendet er sich nach wie vor zu Recht gegen den ersten Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 15.12.2009, mit dem ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 27.12.2009 bis 31.12.2010 bewilligt wurden. Der nachfolgende mit "Duplikat" überschriebene "Bescheid" vom 18.12.2009 hatte denselben Inhalt und war nur eine wiederholende Verfügung ohne eigenen Regelungsinhalt und demgemäß kein Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X(vgl nur Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 32). Der Bescheid vom 9.2.2010, mit dem die Beklagte die an den Kläger zu zahlenden Leistungen für Februar und März 2010 aufgrund einer Reduzierung des Warmwasserabzugs erhöhte, war nach seinem Inhalt eine umfassende Neubewilligung der Leistungen des Klägers ab dem 1.2.2010 und ersetzte damit ab diesem Zeitpunkt den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 15.12.2009 (§ 39 Abs 2 SGB X). Der nachfolgende, mit "Duplikat" überschriebene "Bescheid" vom 24.2.2010 hatte denselben Inhalt und war - ebenfalls - nur eine wiederholende Verfügung. Die anschließend ergangenen Bescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger sind für das vorliegende Verfahren unbeachtlich, weil sie keine Regelungen in Bezug auf die vorliegend strittige Zeit enthalten.

13

Das hinsichtlich des angefochtenen Bescheides vom 15.12.2009 notwendige Vorverfahren nach § 78 SGG ist durch den Widerspruchsbescheid des Kreises M. vom 25.6.2010 abgeschlossen worden. Gegenstand dieses Widerspruchsverfahrens (§ 86 SGG) - und von diesem Widerspruchsbescheid umfasst - ist auch der Bescheid vom 9.2.2010 geworden, weil er den zuvor genannten Bescheid ab 1.2.2010 ersetzt hat. Der weitere vom Kreis gegenüber dem Kläger erlassene Widerspruchsbescheid vom 5.7.2010 wegen des Bescheides vom 9.2.2010, der aufgrund des Begehrens des Klägers Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, ist aufzuheben, weil es für diesen Widerspruchsbescheid nach der zuvor aufgezeigten Einbeziehung des Bescheides vom 9.2.2010 in das schon laufende Widerspruchsverfahren, das zum Widerspruchsbescheid vom 25.6.2010 führte, keinen Rechtsgrund gab.

14

4. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers gegenüber der beklagten Stadt auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne solche für die Unterkunft und Heizung - vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010 sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II, das vor dem streitbefangenen Zeit zuletzt geändert worden war durch das Gesetz vom 17.7.2009 (BGBl I 1990). Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

15

Zwar ist eine frühere, durch eine Änderung des Gesetzes abgelöste alte Fassung des Gesetzes kein aktuell geltendes Recht mehr, aufgrund der gesetzlichen Konzeption der Übergangsvorschriften im SGB II (vgl zB dessen § 66), die Ausdruck des aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art 20 Abs 3 GG folgenden Grundsatz des Vertrauensschutzes auch bei Rechtsänderungen sind, ist jedoch im SGB II vom sog Geltungszeitraumprinzip auszugehen, nach dem das Recht anzuwenden ist, das zu der Zeit galt, in der die maßgeblichen Rechtsfolgen eingetreten sind, wenn es an einer speziellen Regelung mangelt (vgl BSG Urteil vom 12.5.2011 - B 11 AL 24/10 R - SozR 4-1300 § 107 Nr 4 RdNr 22; Stölting in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 66 RdNr 4 ff; Stotz in Gagel, SGB II/SGB III, § 33 SGB II RdNr 96 f, Stand der Einzelkommentierung 3/2016; vgl zum SGB III: BSG Urteil vom 6.2.2003 - B 7 AL 72/01 R - SozR 4-4100 § 119 Nr 1 Juris-RdNr 14). Denn das SGB II dient der Deckung einer aktuellen Bedarfslage im jeweiligen Zeitpunkt, wie zahlreiche Regelungen belegen (vgl zB § 11 Abs 2, §§ 37, 41 SGB II).

16

Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2, 4 SGB II als erwerbsfähiger Leistungsberechtigter, weil er nach den für den Senat bindenden Feststellungen des SG(§ 163 SGG) am 27.12.1994 geboren ist, erwerbsfähig war und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, und die Voraussetzungen von § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 4a oder 5 SGB II nicht vorlagen.

17

Der Kläger und sein Großvater bildeten, obwohl sie in einem gemeinsamen Haushalt lebten, keine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, weil die dort enumerativ aufgezählten Konstellationen nicht das Zusammenleben nur der Großeltern oder eines Großelternteils mit ihrem oder seinem Enkelkind erfassen(zu einer Drei-Generationen-Bedarfsgemeinschaft: BSG Urteil vom 17.7.2014 - B 14 AS 54/13 R - BSGE 116, 200 = SozR 4-4200 § 7 Nr 37). Wegen der Verwandtschaft zwischen ihnen lag jedoch eine Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II vor.

18

Der Kläger hatte einen Bedarf an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne solche für Unterkunft und Heizung - in Höhe der Regelleistung von 359 Euro (§ 20 Abs 1, 2 Satz 1 SGB II iVm der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Juli 2009 vom 17.6.2009, BGBl I 1342), Anhaltspunkte für einen anderen einzubeziehenden Bedarf bestehen nicht.

19

Ob und in welchem Umfang der Kläger hilfebedürftig nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, §§ 9 ff SGB II war, kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. Als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen ist die von ihm bezogene Halbwaisenrente, zu deren Höhe im Urteil des SG unterschiedliche Angaben gemacht werden (S 3 Abs 3: 187,77 Euro, S 9 Abs 3: 169,28 Euro), was im wiedereröffneten erstinstanzlichen Verfahren zu klären ist.

20

Von dem Einkommen des Klägers ist die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro (§ 6 Abs 1 Nr 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld vom 23.7.2009, BGBl I 2340 ) abzusetzen, weil der Kläger nach den bindenden Feststellungen des SG über entsprechende eigene Versicherungen verfügte.

21

Nicht als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen ist das an den Großvater für den Kläger gezahlte Kindergeld (dazu 5.). Aufgrund der nicht näher konkretisierten Feststellung des SG, der Großvater habe das Kindergeld für den Kläger verwandt, kommt jedoch eine Berücksichtigung des Geldes als (allgemeine) Einnahme des Klägers nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II in Betracht(dazu 6.). Zudem hat das SG nicht beachtet, dass der Kläger und sein Großvater eine Haushaltsgemeinschaft bilden (vgl § 9 Abs 5 SGB II) und aus diesem Grund eine weitere Sachaufklärung, insbesondere hinsichtlich des Einkommens und der zu vermutenden Leistung des Großvaters an den Kläger, notwendig ist (dazu 7.).

22

5. Das an den Großvater gezahlte Kindergeld kann nicht als Einkommen des Klägers nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II(heute § 11 Abs 1 Satz 5 SGB II in der Fassung des 9. SGB II-Änderungsgesetzes vom 26.7.2016, BGBl I 1824 - im Folgenden 9. SGB II-ÄndG) berücksichtigt werden.

23

Kindergeld ist grundsätzlich Einkommen des Kindergeldberechtigten (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 25). Kindergeldberechtigt sind außer den Eltern ua die Großeltern, wenn sie - neben weiteren Voraussetzungen - ihren Enkel in ihren Haushalt aufgenommen haben (vgl §§ 62, 63 Abs 1 Satz 1 Nr 3 Einkommenssteuergesetz; §§ 1, 2 Abs 1 Nr 3 Bundeskindergeldgesetz > ). Abweichend hiervon wird im SGB II das Kindergeld in bestimmten Fällen dem Kind und nicht dem Kindergeldberechtigten als Einkommen zugerechnet: Satz 2 des § 11 Abs 1 SGB II bestimmt, dass der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist, nach dessen Satz 3 gilt dies auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Eine weitere - vorliegend nicht einschlägige - Sonderregelung enthält § 1 Abs 1 Nr 8 ALG II-VO, wonach Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen nicht als dessen Einkommen zu berücksichtigen ist, soweit es nachweislich an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende Kind weitergeleitet wird.

24

a) Eine Zurechnung des an den Großvater für den Kläger gezahlten Kindergelds als Einkommen des Klägers nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II scheidet bereits tatbestandlich aus. Der Kläger und sein Großvater bildeten - wie schon ausgeführt - in der hier maßgeblichen Zeit keine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II.

25

b) Für eine erweiternde Auslegung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art, wie sie die Beklagte vertritt, ist kein Raum.

26

Nach Sinn und Zweck zielt die Zurechnungsregelung in § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II darauf ab, durch das Kindergeld ggf zusammen mit dem Kinderzuschlag nach § 6a BKGG und möglichen weiteren Leistungen Hilfebedürftigkeit des Kindes nach dem SGB II zu vermeiden(BT-Drucks 15/1516, S 53; BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 7/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 10 RdNr 16; Strnischa in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 11 SGB II RdNr 63, Stand der Einzelkommentierung März 2016; Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, § 11 SGB II RdNr 38, Stand der Einzelkommentierung Dezember 2015). Bereits der Wortlaut ("ist … zuzurechnen") macht deutlich, dass diese Vorschrift lediglich die normative Zurechnung erzielten Einkommens betrifft, ohne die Einkommensqualität oder den Zufluss des Kindergelds selbst regeln zu wollen, zumal die Zurechnung (zunächst) beim Kind nur soweit erfolgt, wie es zur Deckung seines Bedarfs benötigt wird, und nichts daran ändert, dass das Kindergeld dem Grunde nach Einkommen des Kindergeldberechtigten bleibt (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 20).

27

Bei § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II handelt es sich nicht um eine dem grundsicherungsrechtlichen Faktizitätsgedanken zuwiderlaufende fiktive Berücksichtigung tatsächlich nicht vorhandenen Einkommens. Die Regelung gründet vielmehr auf der gesetzlichen Vermutung, dass das den Eltern zufließende Kindergeld in einer familiären Gemeinschaft, die ihren Gesamtbedarf aus Einkommen und Vermögen nicht vollständig decken kann und deshalb - im familienrechtlichen Sinne - eine Notgemeinschaft bildet, tatsächlich auch den Kindern zur Deckung ihres Bedarfs zugute kommt (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 20). Bildet der Kindergeldberechtigte - wie hier - mit dem Kind dagegen keine Bedarfsgemeinschaft, weil kein Eltern-Kind-Verhältnis besteht, ist dieser Vermutung die Grundlage entzogen, sodass eine Zurechnung des Kindergelds an das Kind fiktiv wäre.

28

Aus der Entstehungsgeschichte der Norm lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass das Kindergeld im SGB II stets dem Kind als Einkommen zugerechnet werden soll, wenn es das Kindergeld zur Existenzsicherung benötigt. In der Ursprungsfassung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II war das Erfordernis "Bedarfsgemeinschaft" noch nicht enthalten. Ursprünglich sah der Gesetzestext die Zurechnung des Kindergelds als Einkommen "bei dem minderjährigen Kind" vor, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird (BT-Drucks 15/1516, S 11), ohne auf die Bedarfsgemeinschaft überhaupt Bezug zu nehmen oder die Zugehörigkeit des Kindes zur Bedarfsgemeinschaft des kindergeldberechtigten Elternteils ausdrücklich zur Tatbestandsvoraussetzung zu machen. Erst durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) wurde in § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II das Wort "minderjährige" durch die Wörter "zur Bedarfsgemeinschaft gehörende" ersetzt. Dadurch sollte ausweislich der Begründung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, auf dessen Vorschlag die Änderung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II zurückgeht, der Änderung der Formulierung in § 7 Abs 3 SGB II zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern Rechnung getragen werden (BT-Drucks 16/688 S 14). Die Gesetzesbegründung bezeichnet die Änderung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II daher auch nur als "Folgeänderung" zu dieser Einbeziehung der unter 25-Jährigen(BT-Drucks 16/688 S 14).

29

Zwar erfolgte die Bezugnahme auf die Bedarfsgemeinschaft in § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II entstehungsgeschichtlich damit nicht zur(ggf klarstellenden) Beschränkung der Kindergeldzurechnung auf zur Bedarfsgemeinschaft des Kindergeldberechtigten gehörende Kinder (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 20). Eine intendierte Ausweitung der Kindergeldzurechnung auf Fälle, in denen der Kindergeldberechtigte mit dem Kind keine Bedarfsgemeinschaft bildet, das Kindergeld aber vom Kind zur Existenzsicherung benötigt wird, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien indes nicht entnehmen. Hätte der Gesetzgeber eine derart weitreichende Zurechnung des Kindergelds beabsichtigt, hätte es nahegelegen, dies in der Gesetzesbegründung zu dokumentieren, zumal die gewählte Formulierung ("zur Bedarfsgemeinschaft gehörende") einer solchen Auslegung im Wege steht und eine andere, offenere Formulierung dann hätte erwartet werden dürfen.

30

c) Die Anrechnung des an den Großvater gezahlten Kindergelds als Einkommen bei dem Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aufgrund des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG geboten.

31

Unbeschadet der Klärung, ob überhaupt eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorliegt, weil zwischen der Lebenssituation von Kindern, die mit zumindest einem Elternteil, und solchen, die nur mit Großeltern zusammenleben, erhebliche Unterschiede bestehen, kann die von der Beklagten angenommene Ungleichbehandlung beider Gruppen verschieden behoben werden: Die eine Gruppe kann ebenso wie die andere, die andere kann ebenso wie die eine, und beide können auf neue, dritte Weise behandelt werden (Pieroth/Schlink, Grundrechte, 28. Aufl 2012, § 11 IV 1 RdNr 515; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl 2016, Art 3 RdNr 40). Die Festlegung, wie die Ungleichbehandlung behoben wird, obliegt jedoch nicht der Verwaltung oder den Gerichten, sondern dem Gesetzgeber, wenn der Verwaltung beim Normvollzug vom geltenden Recht keine Handlungsspielräume eingeräumt worden sind - wie vorliegend. Für eine über den Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II hinausgehende, den Kläger belastende Auslegung der Norm unter Berufung auf Art 3 Abs 1 GG seitens der Beklagten ist insofern kein Raum.

32

6. In Betracht kommt hingegen eine Berücksichtigung des Kindergelds - und sei es nur zum Teil - als (allgemeine) Einnahme des Klägers nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II, weil nach der nicht näher konkretisierten Feststellung des SG der Großvater "das Kindergeld" für den Kläger verwandt hat. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme bestimmter (Sozial-)Leistungen, die hier nicht vorliegen.

33

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Anrechnung eventueller Einkommenszuflüsse nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II, die auf der Verwendung des dem Großvater normativ zugeordneten Kindergelds durch diesen zugunsten des Klägers beruhen, nicht durch die Vorschrift des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II ausgeschlossen. Beide Vorschriften stehen nicht in einem sich ausschließenden Verhältnis, insbesondere ist § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht die speziellere Vorschrift zu § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II, die diesen verdrängt. Vielmehr ordnet der Satz 3 gerade die Zurechnung des Kindergelds in einem bestimmten Umfang als Einkommen des Kindes an, selbst wenn es nicht Kindergeldberechtigter ist (vgl dazu 5.), und erweitert damit das zu berücksichtigende Einkommen nach Satz 1.

34

b) Dass die Verwendung des Kindergelds durch den Großvater für den Kläger bei diesem zu einer Einnahme führen kann, folgt aus dem weiten Begriff der Einnahme, der auch Zuwendungen in Geldeswert damals umfasste. Die ab 1.8.2016 geltende, geänderte Rechtslage aufgrund des 9. SGB II-ÄndG, nach der nur noch Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundes- oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen, zu berücksichtigen sind (vgl Neufassung des § 11 Abs 1 Satz 1, 2 SGB II) ist nicht anzuwenden, weil Leistungen für die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010 umstritten sind und das damals geltende Recht anzuwenden ist (siehe unter 4.).

35

Bei der Anwendung des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II wird das SG in den Blick zu nehmen haben, dass zwischen Bar- und Sachzuwendungen sowie Verpflegung zu differenzieren und neben § 11 Abs 3 SGB II insbesondere die Alg II-V zu beachten ist, zB wäre Verpflegung nach § 1 Abs 1 Nr 11 Alg II-V nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Sachleistungen in Geldeswert können nur als Einkommen berücksichtigt werden, wenn sie geeignet sind, den grundsicherungsrechtlichen Bedarf zu mindern, denn Grundlage für die Anrechnung von Einkommen und Vermögen ist, dass durch diese ein bestimmter grundsicherungsrechtlich relevanter Bedarf gedeckt werden kann, sodass zusätzliche Grundsicherungsleistungen in der entsprechenden Höhe entbehrlich sind (ebenso Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, § 11 SGB II RdNr 25, Stand der Einzelkommentierung 12/2015; Klaus in GK-SGB II, VI-1 § 11 RdNr 32, Stand der Einzelkommentierung 12/2013).

36

Welche Barbeträge und welche Sachleistungen der Großvater dem Kläger zugewandt hat und welchen grundsicherungsrechtlichen Bedarf letztere deckten, wird das SG aufzuklären haben. Allgemeine Erwägungen, wie zB "dem Kläger (könne) das Kindergeld als tatsächliches Einkommen bedarfsmindernd angerechnet werden", dürfen zu Lasten des Klägers nicht berücksichtigt werden, solange nicht feststeht, dass der Großvater dem Kläger "das Kindergeld" als Geldbetrag in Höhe des jeweiligen Zahlbetrags zugewandt hat.

37

7. Weiteres beim Kläger zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen könnte sich aus der Vermutung des § 9 Abs 5 SGB II ergeben, weil er mit seinem Großvater eine Haushaltsgemeinschaft bildete(vgl zur Vermutung, dass Verwandte an mit ihnen in einem Haushalt lebende Hilfebedürftige Leistungen erbringen, hinsichtlich des Einkommens § 1 Abs 2 Alg II-V).

38

Inwieweit der Großvater ein entsprechendes Einkommen oder Vermögen hatte und Leistungen gegenüber dem Kläger erbrachte, wird das SG aufzuklären haben (zur Auskunftspflicht des Großvaters gegenüber der Beklagten: § 60 Abs 1, 2 SGB II).

39

Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird das SG ebenfalls zu entscheiden haben.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere einen Kooperationsplan abschließen. Im Rahmen der vorrangigen Selbsthilfe und Eigenverantwortung sollen erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen eigene Potenziale nutzen und Leistungen anderer Träger in Anspruch nehmen.

(2) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 8. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Im Streit steht die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für Dezember 2011 und ein Erstattungsanspruch wegen der Gutschrift von Bausparzinsen in Höhe von 226,73 Euro.

2

Die 1948 geborene Klägerin bezog seit 2005 laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Ua für Dezember 2011 bewilligte ihr das beklagte Jobcenter Alg II zunächst vorläufig in Höhe von 670,67 Euro (Bescheid vom 12.10.2011) und nach Vorlage der Verdienstabrechnung für November 2011 sinngemäß endgültig in Höhe von 677,57 Euro, die sich zusammensetzten aus 322,90 Euro für den Regelbedarf und 354,67 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung ("Änderungsbescheid" vom 21.12.2011).

3

Die Klägerin unterhält seit 1999 einen Bausparvertrag, der zum 1.1.2011 ein Guthaben von 9041,04 Euro aufwies. Ende 2011 schrieb die Bausparkasse dem Bausparkonto als "Guthabenzinsen lfd. Jahr" einen Betrag von 226,73 Euro gut, der nach den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der Bausparkasse nicht gesondert auszahlbar ist, sondern erst nach Kündigung des Bausparvertrags mit dem Gesamtguthaben ausgekehrt wird. Für eine abschlagsfreie Auszahlung noch im Dezember 2011 wäre dazu eine Kündigung bis zum 30.9.2011 erforderlich gewesen, die die Klägerin nicht erklärt hat. Unter Verweis auf den Zinszufluss hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für Dezember 2011 nach Anhörung der Klägerin in Höhe von 226,73 Euro teilweise auf und setzte einen entsprechenden Erstattungsanspruch fest (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.7.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2012).

4

Das Sozialgericht (SG) hat den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben (Urteil vom 8.10.2014). Die Zinsgutschrift bedinge keine wesentliche Änderung der für die Alg II-Bewilligung maßgeblichen Verhältnisse. Da sie mangels Kündigung des Bausparvertrags nicht als bereites Mittel zur Verfügung gestanden habe, handele es sich im Dezember 2011 nicht um anrechenbares Einkommen (Verweis auf BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 66 RdNr 18).

5

Mit der vom SG zugelassenen und mit Zustimmung der Klägerin eingelegten Sprungrevision rügt der Beklagte die Verletzung von § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II. Die Zinsgutschrift sei verfügbares Einkommen. Die Klägerin hätte ihre Auszahlung durch Kündigung des Bausparvertrages bewirken und sie so zur Deckung ihres Lebensunterhalts einsetzen können. Verletzt sei dadurch auch der "Nachrangigkeitsgrundsatz aus § 3 SGB II", dem es widerspreche, wenn die Berücksichtigung realisierbarer Zinsen von einer Gestaltung des Leistungsberechtigten abhängig sei.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 8. Oktober 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Sprungrevision des Beklagten ist unbegründet. Zutreffend hat das SG entschieden, dass die im Dezember 2011 gutgeschriebenen Bausparzinsen im streitbefangenen Zeitraum mangels Verfügbarkeit zur Deckung des Lebensunterhalts nicht als Einkommen der Klägerin bedarfsdeckend zu berücksichtigen sind.

9

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 10.7.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2012, durch den der Beklagte den "Änderungsbescheid" vom 21.12.2011 für den Zeitraum vom 1.12. bis 31.12.2011 wegen der Zinsgutschrift vom 30.12.2011 in Höhe von 226,73 Euro teilweise aufgehoben hat und Erstattung in gleicher Höhe verlangt. Im Streit steht damit die Herabsetzung der endgültigen Alg II-Bewilligung für Dezember 2011 in Änderung des Bescheids vom 21.12.2011. Durch diesen hat der Beklagte ungeachtet der Bezeichnung als "Änderungsbescheid" der Sache nach gemäß § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II(idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; im Folgenden: RBEG) iVm § 328 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) endgültig über den Leistungsanspruch der Klägerin für Dezember 2011 entschieden und hierdurch die ursprünglich nur vorläufige Leistungsbewilligung vom 12.10.2011 ersetzt, zum Ausdruck gebracht durch die Wendung "Leistungen werden nunmehr … in folgender Höhe bewilligt" (vgl dagegen zur mangelnden Eignung eines Änderungsbescheids als endgültige Leistungsbewilligung bei geringerer Leistung Bundessozialgericht Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).

10

2. Prozessuale Hindernisse, die einer Sachentscheidung über das von der Klägerin zutreffend mit der isolierten Anfechtungsklage verfolgte Rechtsschutzbegehren (§ 54 Abs 1 Satz 1 1. Alt Sozialgerichtsgesetz ) entgegenstünden, bestehen nicht. Ohne Bedeutung ist insbesondere, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes mit 226,73 Euro unterhalb der Grenze von 750 Euro liegt (vgl § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444), denn es liegt in der im Urteil des SG erfolgten Zulassung der Sprungrevision zugleich eine Zulassung der Berufung nach § 144 Abs 2 Nr 1 SGG(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 46/13 R - BSGE 115, 288 = SozR 4-1500 § 87 Nr 2, RdNr 10).

11

3. Die Rechtmäßigkeit der (Teil-)Aufhebung misst sich an § 40 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Nr 4 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB X). Betrifft er - wie hier - Leistungen nach dem SGB II, ist er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit ua nach seinem Erlass Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 40 Abs 2 Nr 4 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). So liegt es hier nicht, weil es mangels Verfügbarkeit der Zinsgutschrift zur Lebensunterhaltsdeckung an ihrer Berücksichtigungsfähigkeit als Einkommen nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II(hier in der am 1.4.2011 in Kraft getretenen Fassung des RBEG) im streitbefangenen Zeitraum fehlt.

12

4. Ein dem Guthaben eines Bausparkontos zugeschlagener Zinsertrag ist vor Auszahlung des Guthabens auch dann nicht als Einkommen bedarfsdeckend zu berücksichtigen, wenn der Bausparvertrag vorzeitig gekündigt werden kann.

13

a) Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der ständigen Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was der Leistungsberechtigte vor der Antragstellung bereits hatte(modifizierte Zuflusstheorie siehe BSG vom 30.7.2008 - B 14/11b AS 17/0AS 17/07 R - RdNr 20 ff; siehe auch BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18; BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 94/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 46 RdNr 18). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (stRspr seit BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; zuletzt etwa BSG Urteil vom 17.2.2015 - B 14 KG 1/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 69 RdNr 16).

14

b) Zutreffend ist der Beklagte hiernach davon ausgegangen, dass die Zinsgutschrift der Klägerin als Einkommen zugeflossen und nicht als Vermögen anzusehen ist. Entscheidend dafür ist allein, dass das Kapital ihres Bausparkontos im Dezember 2011, also nach erstmaliger Beantragung von Alg II einen Wertzuwachs in Höhe von 226,73 Euro erfahren hat. Ohne Bedeutung für die gebotene Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen ist dagegen, ob der Klägerin die Mittel ohne Kündigung zu diesem Zeitpunkt zur Deckung des Lebensunterhalts tatsächlich zur Verfügung standen (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 25.1.2012 - B 14 AS 101/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 47 RdNr 20; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 132/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 60 RdNr 21; BSG vom 17.2.2015 - B 14 KG 1/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 69 RdNr 17).

15

c) Bedeutung hat die tatsächliche Verfügbarkeit des Wertzuwachses im hier streitbefangenen Bewilligungszeitraum allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten für die Frage, ob das Einkommen bereits im Monat des Zuflusses als zur Sicherung des Lebensunterhalts "bereites Mittel" bedarfsdeckend zu berücksichtigen ist. Es kommt nämlich bei Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen in einem abschließenden Prüfungsschritt darauf an, ob zugeflossenes Einkommen als "bereites Mittel" geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 20; Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 21; Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 29; BSG Urteil vom 25.1.2012 - B 14 AS 101/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 47 RdNr 22; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 132/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 60 RdNr 22; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 13).

16

Demgemäß ist etwa eine nach erstmaliger Beantragung von Alg II angefallene Erbschaft erst ab dem Zeitpunkt bedarfsdeckend als Einkommen zu berücksichtigen, in dem sie als "bereites Mittel" zur Verfügung steht (BSG Urteil vom 25.1.2012 - B 14 AS 101/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 47 RdNr 21 ff; vgl zuletzt BSG Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 10/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 70 RdNr 30). Ebenso sind gepfändete Anteile des Einkommens von der Einkommensberücksichtigung ausgenommen, solange sie nicht als "bereite Mittel" zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen (BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 19). Entsprechend ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine einmalige Einnahme auch über einen Verteilzeitraum hinweg nur bedarfsmindernd berücksichtigt werden darf, soweit sie als "bereites Mittel" geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken (BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - BSGE 114, 188 = SozR 4-4200 § 11 Nr 62, RdNr 31). Ungeschriebenes zusätzliches Tatbestandsmerkmal von § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ist mithin, dass als Einkommen nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen sind, die im Monat des Zuflusses als "bereite Mittel" zur Existenzsicherung eingesetzt werden können.

17

So lag es bei der Zinsgutschrift im hier streitbefangenen Zeitraum nicht. Voraussetzung dafür wäre nach den von der Bausparkasse verwandten ABB, wie der Gesamtzusammenhang der von der Sprungrevision nicht in Zweifel zu ziehenden (§ 161 Abs 4 SGG) und daher bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des SG ergibt, vielmehr die Kündigung des Bausparvertrags zu Ende Dezember 2011 gewesen, die die Klägerin nicht erklärt hat. Bis dahin hat ihr die Gutschrift zunächst nur die Rechtsposition vermittelt, nach einer Kündigung des Bausparvertrags als Teil der bis dahin angewachsenen Bausparsumme die Auszahlung auch der Zinsen für das Jahr 2011 verlangen zu können. Erst mit der Überweisung auf ein zur Bestreitung des Lebensunterhalts frei verfügbares Konto stehen die Zinsen so zur Verfügung, dass sie als "bereite Mittel" zur Existenzsicherung eingesetzt werden können.

18

d) Davon ist entgegen der Auffassung des Beklagten hier nicht deshalb abzuweichen, weil der Klägerin - wie die Feststellungen des SG zu verstehen sind - die Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung des Bausparvertrags offen stand. Da sie davon nach den Feststellungen bis Ende Dezember 2011 keinen Gebrauch gemacht hat, wäre sie nach dieser Betrachtungsweise auf lediglich fiktiv vorhandenes Einkommen verwiesen. Ein solcher Verweis ist nach übereinstimmender Rechtsprechung der Grundsicherungssenate des BSG unzulässig; die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund der Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten - hier also der vorzeitigen Kündigung des Bausparvertrags - (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Art 1 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 GG nicht vereinbar (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 20; BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 21; Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 29; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 13 f; BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 73/12 R - NZS 2014, 114 RdNr 24). Steht der als Einkommen erlangte Wertzuwachs im Zeitpunkt des Zuflusses aus Rechtsgründen noch nicht als "bereites Mittel" bedarfsdeckend zur Verfügung, ist deshalb die Berücksichtigung als Einkommen zu diesem Zeitpunkt auch dann ausgeschlossen, wenn der Leistungsberechtigte auf die Realisierung des Wertes hinwirken kann; sofern in solchen Fällen in früheren Entscheidungen eine Berücksichtigung bereits zum Zeitpunkt des Zuflusses erwogen worden ist, wenn eine Freigabe der fraglichen Mittel "ohne Weiteres" zu erreichen war (vgl etwa BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 132/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 60 RdNr 22), so ist darauf nach der zitierten jüngeren Rechtsprechung nicht mehr abzustellen. Allenfalls ist in dieser Lage nach der übereinstimmenden Rechtsprechung beider Grundsicherungssenate des BSG vielmehr in Betracht zu ziehen, dass ein solches - einen Wertzuwachs nicht realisierendes - Verhalten einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslösen kann(vgl etwa BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 17; Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 76/12 R - RdNr 13; BSG Urteil vom 24.4.2015 - B 4 AS 39/14 R - BSGE , SozR 4-4200 § 52 Nr 1, RdNr 46). Hierdurch wird auch dem vom Beklagten angesprochene Nachrangigkeitsgrundsatz (vgl §§ 2, 3 Abs 3 Halbs 1 SGB II) Rechnung getragen, der hinsichtlich der Berücksichtigung von Einkommen durch die §§ 11 ff SGB II und die dazu ergangene Rechtsprechung in der zuvor dargestellten Weise konkretisiert wird.

19

5. Mangels rechtmäßiger Teilaufhebung der Alg II-Bewilligung für Dezember 2011 ist auch der darauf gestützte Erstattungsbescheid rechtswidrig (vgl § 50 Abs 1 SGB X).

20

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreiten,
6.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes
7.
Erbschaften.

(2) Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(3) Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend von Satz 1 sind als Einkommen zu berücksichtigen

1.
die Leistungen nach § 39 des Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
a)
für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
b)
für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig,
2.
die Leistungen nach § 23 des Achten Buches,
3.
die Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie vergleichbare Leistungen der Begabtenförderungswerke; § 14b Absatz 2 Satz 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bleibt unberührt,
4.
die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Dritten Buch mit Ausnahme der Bedarfe nach § 64 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches sowie
5.
Reisekosten zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 127 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches in Verbindung mit § 73 des Neunten Buches.

(4) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

1.
ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
2.
sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(6) Überbrückungsgeld nach § 51 des Strafvollzugsgesetzes oder vergleichbare Leistungen nach landesrechtlichen Regelungen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(7) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden. Satz 1 gilt nicht für eine Ausbildungsvergütung, auf die eine Schülerin oder ein Schüler einen Anspruch hat.

(1) Vom Einkommen abzusetzen sind

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge
a)
zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind,
b)
zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind,
soweit die Beiträge nicht nach § 26 bezuschusst werden,
4.
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten,
5.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
6.
für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach Absatz 3,
7.
Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag,
8.
bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 67 oder § 126 des Dritten Buches bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag.
Bei der Verteilung einer einmaligen Einnahme nach § 11 Absatz 3 Satz 4 sind die auf die einmalige Einnahme im Zuflussmonat entfallenden Beträge nach den Nummern 1, 2, 5 und 6 vorweg abzusetzen.

(2) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt.

(2a) § 82a des Zwölften Buches gilt entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 der Betrag nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die

1.
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
2.
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen,
3.
einem Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz nachgehen oder
4.
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen außerhalb der in § 11a Absatz 7 genannten Zeiten erwerbstätig sind; dies gilt nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen auch bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats.
Bei der Anwendung des Satzes 1 Nummer 3 gilt das Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes und nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes als Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, tritt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 an die Stelle des Betrages nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches der Betrag von 250 Euro monatlich. Sofern die unter Satz 1 Nummer 1 bis 4 genannten Personen die in § 11a Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 bis 5 genannten Leistungen, Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder einen Unterhaltsbeitrag nach § 10 Absatz 2 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes erhalten, ist von diesen Leistungen für die Absetzbeträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag in Höhe von mindestens 100 Euro abzusetzen, wenn die Absetzung nicht bereits nach Satz 1 oder nach Absatz 2 Satz 1 erfolgt ist. Satz 4 gilt auch für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben.

(3) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich

1.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, auf 20 Prozent,
2.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 000 Euro beträgt, auf 30 Prozent und
3.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 1 000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 200 Euro beträgt, auf 10 Prozent.
Anstelle des Betrages von 1 200 Euro tritt für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die entweder mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder die mindestens ein minderjähriges Kind haben, ein Betrag von 1 500 Euro. In den Fällen des Absatzes 2b ist Satz 2 Nummer 1 nicht anzuwenden.

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes,
6.
Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden; dies gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben,
7.
ein Betrag von insgesamt 520 Euro monatlich bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die
a)
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
b)
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen oder
c)
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen während der Schulzeit erwerbstätig sind,
8.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten und
9.
Erbschaften.
Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und
4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 250 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft.

(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.

(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus

1.
einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und
3.
einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.
Werden bis zu zwölf Monatsleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, insbesondere gemäß einer Vereinbarung nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, zusammengefasst, so ist das Einkommen gleichmäßig auf den Zeitraum aufzuteilen, für den die Auszahlung erfolgte.

(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

(1) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreiten,
6.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes
7.
Erbschaften.

(2) Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(3) Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend von Satz 1 sind als Einkommen zu berücksichtigen

1.
die Leistungen nach § 39 des Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
a)
für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
b)
für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig,
2.
die Leistungen nach § 23 des Achten Buches,
3.
die Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie vergleichbare Leistungen der Begabtenförderungswerke; § 14b Absatz 2 Satz 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bleibt unberührt,
4.
die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Dritten Buch mit Ausnahme der Bedarfe nach § 64 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches sowie
5.
Reisekosten zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 127 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches in Verbindung mit § 73 des Neunten Buches.

(4) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

1.
ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
2.
sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(6) Überbrückungsgeld nach § 51 des Strafvollzugsgesetzes oder vergleichbare Leistungen nach landesrechtlichen Regelungen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(7) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden. Satz 1 gilt nicht für eine Ausbildungsvergütung, auf die eine Schülerin oder ein Schüler einen Anspruch hat.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes,
6.
Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden; dies gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben,
7.
ein Betrag von insgesamt 520 Euro monatlich bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die
a)
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
b)
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen oder
c)
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen während der Schulzeit erwerbstätig sind,
8.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten und
9.
Erbschaften.
Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und
4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 250 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft.

(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.

(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus

1.
einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und
3.
einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.
Werden bis zu zwölf Monatsleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, insbesondere gemäß einer Vereinbarung nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, zusammengefasst, so ist das Einkommen gleichmäßig auf den Zeitraum aufzuteilen, für den die Auszahlung erfolgte.

(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für Juni 2007.

2

Die Klägerin zu 1 (geboren 1979) und der Kläger zu 5 (geboren 1975) waren verheiratet. Die Klägerin zu 3 (geboren am 1997) und der Kläger zu 4 (geboren 2000) sind ihre gemeinsamen Kinder, die Klägerin zu 2 (geboren 1994) ist nur ein Kind der Klägerin zu 1. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 sind Eigentümer einer 105 qm großen, selbst genutzten Wohnung, zu deren Finanzierung sie drei Darlehen aufnahmen, die im Jahr 2007 mit etwa 100 000 Euro valutierten. Für die ersten beiden Darlehen waren im Juni 2007 Schuldzinsen in Höhe von 354,33 Euro und 109,38 Euro sowie für das dritte, ein zinsloses Darlehen, nur ein jährlicher Verwaltungskostenbeitrag von 71,78 Euro neben der Tilgung zu zahlen. Im Jahr 2007 betrugen die Grundsteuer für die Eigentumswohnung 454,02 Euro, die Schornsteinfegergebühr 51,96 Euro, monatlich aufzubringen waren für Wasser und Abwasser 78 Euro, eine Wohngebäudeversicherung 29,06 Euro und die Gasheizung mit Warmwasserbereitung ein Abschlag von 80 Euro. Der Kläger zu 5 hatte zwei Lebensversicherungen, die am 1.6.2007 Rückkaufswerte von 2641,00 Euro bei einer Beitragsleistung von 3435,82 Euro und von 2393,89 Euro bei einer Beitragsleistung von 4591,95 Euro hatten und von denen die Letztere zur Sicherung eines Darlehens abgetreten waren. Die Klägerin zu 1, die im Juni 2007 keine Erwerbseinkünfte hatte, erhielt für die drei in ihrem Haushalt lebenden Kinder Kindergeld in Höhe von 462 Euro monatlich. Der Vater der Klägerin zu 2 zahlte im Jahr 2007 monatlich einen Unterhalt von 71 Euro.

3

Seit dem 1.1.2005 bezog die Klägerin zu 1 zusammen mit den Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters (nachfolgend einheitlich Beklagter). Aufgrund eines Antrags der Klägerin zu 1 vom 21.11.2006 bewilligte der Beklagte ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 in Höhe von zuletzt 883,78 Euro für April und 907,78 Euro für Mai 2007 (Bewilligungsbescheid vom 21.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 14.2.2007).

4

Der Kläger zu 5 war vom 25.3.2004 bis zum 11.4.2007 inhaftiert und zog nach der Haftentlassung wieder in die eheliche Wohnung. Bei seiner Haftentlassung erhielt er insgesamt 2734,42 Euro ausgezahlt, davon 2277 Euro Überbrückungsgeld, 418,77 Euro Eigengeld, 38,65 Euro Hausgeld nach §§ 51, 52, 47 Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Ihm wurde Arbeitslosengeld (Alg) bewilligt und ua 1014,90 Euro im Juni 2007 ausgezahlt. Am 12.4.2007 stellte der Kläger zu 5 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten, am 20.4.2007 die Klägerin zu 1 einen Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 1.6.2007.

5

Der Beklagte hob die Bewilligung für April 2007 teilweise und für Mai 2007 ganz auf und lehnte den Fortzahlungsantrag ab 1.6.2007 ab (Bescheid vom 25.4.2007). Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft sei durch das Einkommen des Klägers zu 5 - dem Alg und dem von der Justizvollzugsanstalt ausgezahlten Betrag in Höhe von 2734,42 Euro, der auf einen angemessenen Zeitraum von sechs Monaten zu verteilen sei, - gedeckt. Nachdem hinsichtlich der Höhe der Leistungen für April noch ein Änderungsbescheid ergangen war, wurden die Widersprüche der Kläger zurückgewiesen (Widerspruchsbescheide vom 8.6.2007 und 4.9.2007). Ab dem 1.11.2007 zahlte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Seit dem 29.11.2009 leben die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 getrennt.

6

Gegen beide Widerspruchsbescheide wurden Klagen erhoben, die vom Sozialgericht (SG) miteinander verbunden und abgewiesen wurden (Urteil vom 8.12.2009). Im Berufungsverfahren ist die Familienkasse nach § 75 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen worden, außerdem haben sich die Beteiligten für die Monate April, Mai und Juli bis Oktober 2007 verglichen. Hinsichtlich der allein strittig gebliebenen Leistungen für Juni 2007 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.9.2012) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwischen der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 5 habe als Ehepaar eine Bedarfsgemeinschaft bestanden, deren Mitglieder auch die dem Haushalt angehörenden, minderjährigen Kinder ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen, die Klägerin zu 3 und der Kläger zu 4 als gemeinsame Kinder sowie die Klägerin zu 2 als Tochter der Klägerin zu 1 gewesen seien. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft sei durch das anzurechnende Einkommen vollständig gedeckt gewesen. Der Bedarf habe sich monatlich auf 1386,19 Euro belaufen und zusammengesetzt aus den Regelleistungen für die Kläger, abzüglich des Kindergeldes und des Unterhalts bei dem jeweiligen Kind, sowie den Aufwendungen für die Unterkunft von 614,58 Euro und die Heizung von 61,61 Euro. Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf habe nicht bestanden. Der Betrag für die Unterkunft setze sich zusammen aus den Schuldzinsen für die Darlehen in Höhe von 354,33 und 109,38 Euro, zzgl der anteiligen Verwaltungskosten für das dritte Darlehen von (71,58 : 12 =) 5,97 Euro, die monatlichen Nebenkosten bestehend aus der anteiligen Grundsteuer (454,02 : 12 =) 37,84 Euro, der Wohngebäudeversicherung von 29,06 Euro, dem Wasser und Abwasser von 78 Euro und den anteiligen Schornsteinfegergebühren (51,96 : 12 =) 4,33 Euro. Die Tilgungsleistungen seien nicht zu berücksichtigen. Bei der Klägerin zu 2 sei noch das über der Regelleistung liegende Einkommen von 18 Euro abzuziehen.

7

Dieser Bedarf sei durch das zu berücksichtigende Einkommen aus dem um die Versicherungspauschale bereinigten Alg in Höhe von 984,90 Euro und einer anteiligen einmaligen Einnahme in Höhe von 569,25 Euro, insgesamt 1554,15 Euro, gedeckt. Der Betrag von 569,25 Euro ergebe sich aus dem am 11.4.2007 ausgezahlten Überbrückungsgeld in Höhe von 2277 Euro, das als weiteres Einkommen zu berücksichtigen und auf die Zeit vom 1.5. bis 31.8.2007 aufzuteilen sei. Der Kläger zu 5 habe zwar erst am 12.4.2007 einen Leistungsantrag beim Beklagten gestellt, jedoch sei der Fortzahlungsantrag der Klägerin zu 1 vom 21.11.2006 für die Zeit vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 nach § 38 SGB II auch als Leistungsantrag des Klägers zu 5 zu werten, weil er sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch bis zu seiner Haftentlassung am 11.4.2007 eine Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin zu 1 gebildet habe. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 seien verheiratet gewesen und hätten nicht dauernd getrennt gelebt, ihre Trennung sei erst im April 2009 erfolgt. Die gesetzliche Vermutung der Bevollmächtigung der Klägerin zu 1 sei auch nicht widerlegt, die langjährige Strafhaft des Klägers zu 5 stehe dem nicht entgegen, ebenso wenig sein Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II. Für die Vermutung des § 38 SGB II spreche auch, dass das Hinzukommen eines weiteren Mitglieds zur Bedarfsgemeinschaft Auswirkungen auf die Leistungsansprüche der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft habe. Das Übergangsgeld sei als Einkommen zu berücksichtigen, da es kein privilegiertes Einkommen iS des § 11 SGB II sei, zumal es den Zweck der Sicherung des Lebensunterhalts des Haftentlassenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Haftentlassung habe. Das Übergangsgeld sei auf die Zeit vom 1.5. bis 31.8.2007 zu verteilen, weil die Leistungen für April 2007 schon am 11.4.2007 ausgezahlt gewesen seien. Das Ende des Verteilzeitraums folge aus der im September erfolgten Nachzahlung des Wohngeldes in Höhe von 1200 Euro, die zusammen mit dem Alg des Klägers zu 5 den Bedarf für September und Oktober 2007 gedeckt habe. Krankenversicherungsschutz für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft habe aufgrund des Alg-Bezugs des Klägers zu 5 bestanden.

8

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügen die Kläger, weder das Übergangsgeld, das auch nicht pfändbar sei, noch das Eigen- oder Hausgeld, das der Kläger zu 5 am 11.4.2007 erhalten habe, seien als Einkommen zu berücksichtigen. Die Gelder seien ihm vor seiner Antragstellung am 12.4.2007 zugeflossen. Der Kläger zu 5 sei aufgrund seiner Strafhaft kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der anderen Kläger gewesen und erst mit seiner Haftentlassung und Rückkehr in den Haushalt am 11.4.2007 in die Bedarfsgemeinschaft aufgenommen worden. Davon sei auch der Beklagte ausgegangen und damit sei die Vermutungsregelung des § 38 SGB II widerlegt. Im Übrigen wirke sich die Vermutung belastend aus und führe zu einem Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht (Art 2 Abs 1 Grundgesetz ) des Klägers zu 5, sodass er hierüber eine Mitteilung seitens des Beklagten habe erhalten müssen. Bei den Aufwendungen für die Unterkunft seien auch die Tilgungsleistungen zu berücksichtigen.

9

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Juni 2007 ohne Anrechnung der dem Kläger zu 5 am 11. April 2007 ausgezahlten 2734,42 Euro zu zahlen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Kläger gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.9.2012 ist insoweit begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen ist (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

13

1. Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten und von SG und LSG sowie dem Beklagten verneinten Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Juni 2007 sind hinsichtlich der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 5 §§ 19 ff iVm § 7 SGB II in der für die strittige Zeit geltenden Fassung aufgrund des Gesetzes vom 20.4.2007 (BGBl I 554 - im Folgenden: SGB II aF), denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden; hinsichtlich der Klägerinnen zu 2 und 3 sowie des Klägers zu 4 sind es §§ 28, 19 ff SGB II aF.

14

Die Grundvoraussetzungen - bestimmtes Alter, Erwerbsfähigkeit und ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland -, um die genannten Leistungen zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II), erfüllten die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 im Juni 2007, ebenso wenig lag ein Ausschlusstatbestand vor (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II), wie sich aus den Feststellungen des LSG ergibt.

15

2. Die Hilfebedürftigkeit der Kläger im Juni 2007 kann jedoch aufgrund der derzeitigen Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, eine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt des mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen und Vermögen beschaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs 1, 2 SGB II aF).

16

Zur Beurteilung dieser Voraussetzung fehlen ausreichende Feststellungen zu den Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft, um zunächst deren Bedarf zu ermitteln (dazu 3.), sowie zu dem zu berücksichtigenden Vermögen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 5 (dazu 8.). Wenn auch bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens der Kläger (dazu 4.), grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das dem Kläger zu 5 im April 2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld in diesem Monat Einkommen war (dazu 5.), ist es jedoch im Juni 2007 nicht als Einkommen zu berücksichtigen (dazu 6.), ebenso wenig das Eigengeld und das Hausgeld (dazu 7.).

17

Dass die Kläger im Juni 2007 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und folgt unmittelbar aus § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a, Nr 4 SGB II für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 5 als nicht getrennt lebende Ehegatten sowie die Kläger zu 2, 3 und 4 als deren ihrem Haushalt angehörende, unverheiratete Kinder vor Vollendung des 25. Lebensjahres, die ihren Bedarf nicht selbst decken können (wegen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 5 vgl nur BSG Urteil vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10).

18

3. Wie hoch der Bedarf der Kläger für Juni 2007 war, kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden, zumal seine Ausführungen zu den Aufwendungen für die Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II teilweise nicht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) übereinstimmen.

19

Bei den Aufwendungen für die Unterkunft sind, da die Kläger in einer selbst genutzten Eigentumswohnung leben, die Schuldzinsen zu übernehmen, nicht aber - entgegen der Ansicht der Revision - die Tilgungsleistungen, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, weil die Kläger im Juni 2007 nicht ein "kleines Restdarlehen" im Sinne der Rechtsprechung des Senats zu tilgen hatten (vgl Urteile vom 28.2.2010 - B 14 AS 74/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 31, vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R -, vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48), sondern nach den Feststellungen des LSG circa 100 000 Euro.

20

Dem LSG kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es einen weiteren Betrag von 71,58 Euro pro Jahr als Verwaltungskosten für das dritte Darlehen festgestellt und davon ein Zwölftel berücksichtigt hat. Das gleiche gilt für die Grundsteuer in Höhe von 454,02 Euro und die Schornsteinfegergebühren in Höhe von 51,96 Euro, bei denen es sich nach den Ausführungen des LSG um Jahresbeträge handelt und die das LSG mit einem Zwölftel berücksichtigt hat.

21

Der Senat hat wiederholt ausgeführt, dass die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatsweise zu erfolgen hat, wenn auch zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um zB die Grundsteuer auf das ganze Jahr zu verteilen, ist trotz einer denkbaren Verwaltungsvereinfachung nicht zu erkennen, zumal der ggf erhebliche finanzielle Bedarf aufgrund der Grundsteuer gerade dann zu tragen ist, wenn sie fällig wird (BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 20; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 63 RdNr 14).

22

Es ist aufzuklären, ob einer dieser Jahresbeträge gerade im Juni 2007 angefallen ist, dann ist er als Aufwendung für die Unterkunft in diesem Monat (voll) zu berücksichtigen, andernfalls nicht, auch nicht anteilig.

23

4. Als im Juni 2007 zu berücksichtigendes Einkommen der Kläger kommt - neben dem Kindergeld und der Unterhaltszahlung - nach den Feststellungen des LSG nur das dem Kläger zu 5 gezahlte Alg, nicht aber ein Teil des Überbrückungsgeldes, Eigengeldes oder Hausgeldes in Betracht.

24

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach anderen Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.

25

Das Alg des Klägers zu 5, das am 29.6.2007 in Höhe von 1014,90 Euro auf das Konto der Klägerin zu 1 gezahlt wurde und mangels weiterer Absetzbeträge nur um die Versicherungspauschale gemäß § 3 Nr 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung vom 20.10.2004 (BGBl I 2622 - Alg II-V) von 30 Euro zu bereinigen ist, ist in Höhe von 984,90 Euro als ein solches Einkommen zu berücksichtigen.

26

Der dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 bei seiner Haftentlassung ausgezahlte Betrag von insgesamt 2734,42 Euro, der sich zusammensetzte aus 2277 Euro Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG, 418,77 Euro Eigengeld nach § 53 StVollzG, 38,65 Euro Hausgeld nach § 47 StVollzG ist nicht (anteilig) als Einkommen im Juni 2007 zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Überbrückungsgeld als Einnahme anzusehen und nicht als Vermögen, aber entgegen der Ansicht des Beklagten und der Vorinstanzen ist es nicht im Juni 2007 als Einkommen zu berücksichtigen. Gleiches gilt für das Eigengeld und das Hausgeld, obwohl hinsichtlich der einzelnen Beträge entsprechend ihrer verschiedenen Rechtsgrundlagen und der ihrer sich daraus ergebenden rechtlichen Einordnung zu differenzieren ist.

27

Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist von Folgendem auszugehen: Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(modifizierte Zuflusstheorie: BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 15; BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 42 RdNr 10). Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (zB Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (zB Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Eine Ausnahme ist allerdings dann zu machen, wenn mit früherem Einkommen Vermögen angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen, weil andernfalls der Rückgriff auf das Ersparte bei dessen Auszahlung eine unzulässige erneute Bewertung als Einkommen wäre (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 17 zu einer Zinsgutschrift; Gegenbeispiel: Einkommensteuererstattung: BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18).

28

5. Das dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld war zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigendes Einkommen und kein Vermögen.

29

Das Überbrückungsgeld wird seitens der Justizverwaltung aus den Bezügen des Gefangenen gebildet, in dem diese, soweit sie ihm nicht als Hausgeld zur Verfügung stehen, einem für das Überbrückungsgeld gebildeten Konto zugeführt werden; es soll den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern (§ 51 Abs 1 StVollzG). Die Höhe des Überbrückungsgeldes setzt die Justizverwaltung fest und sie soll nach der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift zu § 51 StVollzG das "Vierfache des Regelsatzes nach dem BSHG" nicht unterschreiten, aufgrund der Umstände des Einzelfalls kann ein höherer Betrag festgesetzt werden(abgedruckt zB von Däubler/Galli in Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl 2012, bei § 51). Das Überbrückungsgeld soll ein gewisses "Polster" bilden, um die Wiedereingliederung des Gefangenen in das normale Leben zu erleichtern (Däubler/Galli, aaO, § 51 RdNr 1), weswegen es auch dem Pfändungsschutz unterliegt (§ 51 Abs 4 Satz 1 StVollzG). Vor der Haftentlassung und Auszahlung durch die Justizverwaltung kann der Gefangene über das Geld nicht verfügen (vgl zur ausnahmsweise vorherigen Inanspruchnahme nach "Gestattung" durch die Justizverwaltung § 51 Abs 3 StVollzG, Arloth, StVollzG, 3. Aufl 2011, § 51 RdNr 10).

30

Ausgehend von dieser zwangsweisen Einbehaltung eines Teils der Bezüge des Gefangenen und seiner mangelnden Verfügungsmacht über das Überbrückungsgeld vor seiner Auszahlung am Tag seiner Entlassung ist von der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen nicht abzuweichen, wovon das LSG in Übereinstimmung mit anderen LSG und der Literatur zu Recht ausgegangen ist (vgl LSG Baden-Württemberg vom 24.4.2009 - L 12 AS 5623/08; LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.4.2010 - L 7 AS 107/09; LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.5.2010 - L 13 AS 105/09; Geiger in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 11a RdNr 10; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung 6/2010, K § 11 RdNr 256; Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand der Einzelkommentierung 3/2013, § 11a RdNr 118 f; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 11a RdNr 20). Das Überbrückungsgeld-Konto ist nicht einem Sparbuch vergleichbar, auf dem mit bereits erlangten Einkünften, von dem Gefangenen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde, vielmehr stand dieser Teil seiner Bezüge dem Gefangenen nie zur Verfügung.

31

Zur Bestimmung der für die Abgrenzung maßgeblichen Antragstellung (vgl § 37 SGB II aF sowie oben unter 4.) ist nicht auf den Antrag des Klägers zu 5 am 12.4.2007 abzustellen, weil er schon vor dem 11.4.2007 - dem Tag seiner Haftentlassung und dem Einzug in die eheliche Wohnung - eine Bedarfsgemeinschaft mit den Klägern zu 1 bis 4 bildete. Diese Bedarfsgemeinschaft hatte - vertreten nach § 38 SGB II durch die Klägerin zu 1 - im November 2006 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, der zu dem Bewilligungsbescheid vom 21.11.2006 für die Zeit vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 führte.

32

Angesichts des Urteils des LSG und des Revisionsvorbringens der Kläger ist zunächst klarzustellen, dass die Antragstellung der Klägerin zu 1 auch den Kläger zu 5 umfasste, wie sich aus § 38 Satz 2 SGB II aF ergibt, der lautet: "Leben mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt." Gründe, warum diese Vermutung widerlegt sein soll, sind keine zu erkennen. Entgegen den Ausführungen der Revision steht die Strafhaft des Klägers zu 5 seiner Mitgliedschaft in einer Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin zu 1 nicht entgegen, sondern führt nur zu einem Leistungsausschluss seinerseits nach § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II aF. Ebenso wenig liegt eine Verletzung des Art 2 Abs 1 GG vor, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern § 38 Satz 2 SGB II aF ein Eingriff in dieses Grundrecht beinhalten könnte. Die Vorschrift gibt dem Kläger zu 5 keine Rechtspflicht auf und die Nichtgewährung einer staatlichen Leistung ist kein Grundrechtseingriff, da nicht die abwehrrechtliche Dimension der Grundrechte betroffen ist (vgl nur BVerfG Beschluss vom 29.5.2013 - 1 BvR 1083/09 - RdNr 10 mwN).

33

Auf die Vermutung des § 38 SGB II wegen der Antragstellung der Klägerin zu 1 in Bezug auf den Kläger zu 5 kommt es jedoch nicht entscheidend an, sondern auf die Antragstellung der Klägerin zu 1 als solcher und die Bedarfsgemeinschaft zwischen ihr und dem Kläger zu 5. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG bilden Eheleute, solange sie nicht getrennt leben, auch wenn der Ehegatte einer nach dem SGB II leistungsberechtigten Person selbst keine Leistungen nach dem SGB II beziehen kann, weil er zB Altersrentner ist oder eine schwerstpflegebedürftige Person in einem Pflegeheim, eine Bedarfsgemeinschaft und das Einkommen zB des Altersrentners ist auf den Bedarf der leistungsberechtigten Person anzurechnen (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 2/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 4; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 105/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 30; BSG Urteil vom 16.4.2013 - B 14 AS 71/12 R - vorgesehen für SozR, Pflegeheimfall). Dass zwischen der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 5 eine Bedarfsgemeinschaft auch während dessen Strafhaft bestand, folgt aus den Feststellungen des LSG, das ein Getrenntleben des Ehepaars erst ab April 2009 festgestellt und ausführlich begründet, während der Zeit der Strafhaft verneint hat. Auf die von den Klägern angeführte möglicherweise gegenteilige Auffassung des Beklagten kommt es nicht an, da diese keine das Gericht bindende Tatbestandswirkung entfaltet.

34

Andere Gründe, die gegen eine Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes im April 2007 als Einkommen sprechen, liegen nicht vor. Insbesondere ist es keine zweckbestimmte Einnahme nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II aF, die nicht als Einkommen zu berücksichtigen wäre, weil sie einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient. Vielmehr hat das Überbrückungsgeld denselben in § 51 Abs 1 Satz 1 StVollzG festgeschriebenen Zweck, denn es soll "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten … sichern"(vgl BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 94/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 46 RdNr 17 ff; LSG Baden-Württemberg vom 24.4.2009 - L 12 AS 5623/08; LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.4.2010 - L 7 AS 107/09; LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.5.2010 - L 13 AS 105/09; vgl zur Literatur nur: Geiger in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, K § 11a RdNr 10; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung 6/2010, § 11a RdNr 205; Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand der Einzelkommentierung 3/2013, § 11a RdNr 118 f; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 11a RdNr 20). Aus dem von der Revision angeführten Umstand, dass das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 4 Satz 1 StVollzG unpfändbar ist, folgt nichts anderes, zumal es hiervon in § 51 Abs 5 Satz 1 StVollzG eine Ausnahme für die Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen von Kindern und Ehegatten nach § 850d Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung gibt, die letztlich das obige Ergebnis - Einsatz des Überbrückungsgeldes als Einkommen für diese Personen im Rahmen des SGB II - bestätigt.

35

6. Das dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld ist jedoch nicht als einmalige Einnahme auf den Juni 2007 zu verteilen.

36

Nach dem damals geltenden § 2 Abs 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen, und "sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen". Die Länge des so genannten Verteilzeitraums war damals nicht geregelt (vgl zB BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 28 ff gegen eine Begrenzung auf den Bewilligungsabschnitt), mittlerweile ist er vom Gesetzgeber auf sechs Monate begrenzt worden (§ 11 Abs 3 SGB II idF vom 13.5.2011, BGBl I 850). Zur Bestimmung des vom Verordnungsgeber genannten "angemessenen Zeitraums" ist auf die vom Gesetzgeber in § 51 Abs 1 StVollzG angegebene Zweckbestimmung für das Überbrückungsgeld zurückzugreifen, "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern" zu sollen. Angesichts der Offenheit der Verordnung einerseits und der exakten Zeitangabe im Gesetz andererseits kann das "angemessen" bei der Verteilung von Überbrückungsgeld aus systematischen Gründen und aufgrund der Normenhierarchie hier für einen Verteilzeitraum - anders als in anderen Konstellationen (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 76/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 27 RdNr 19 mwN) - nur mit "vier Wochen" konkretisiert werden.

37

Demgegenüber rechtfertigen weder die Erwägungen des LSG, das aufgrund späterer Einnahmen der Kläger abweichend von dem Beklagten keinen Verteilzeitraum von sechs, sondern vier Monaten annimmt, noch andere Entscheidungen, die einen abweichenden Zeitraum für die Verteilung vornehmen, ein anderes Ergebnis (vgl LSG Sachsen-Anhalt vom 26.1.2012 - L 2 AS 192/09 - RdNr 43: für eine Anrechnung auf "wenigstens auf zwei Monate" aufgrund der dortigen Sachlage). Ein solches Ergebnis (vgl LSG Rheinland-Pfalz vom 15.5.2012 - L 3 AS 87/10 - RdNr 37 ff) kann auch nicht aus allgemeinen Überlegungen für einen Verteilzeitraum, wie insbesondere die Gewährleistung von Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung, hergeleitet werden, weil dieser durch eine Nichtverteilung des Überbrückungsgeldes nicht zwingend entfällt, wie der vorliegende Fall zeigt. Ebenso wenig wirft eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf die ggf zwei Monate, in die die vier Wochen fallen, spezifische Probleme auf. Die am jeweiligen Einzelfall orientierten unterschiedlichen Ergebnisse der LSG sprechen im Gegenteil vielmehr für eine allgemeine, auf der Rechtsgrundlage für die entsprechende Leistung beruhende Auslegung im obigen Sinne.

38

7. Die dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlten 418,77 Euro Eigengeld nach § 52 StVollzG sind ebenfalls kein im Juni 2007 zu berücksichtigendes Einkommen.

39

Mangels Zufluss im Juni 2007 kommt eine Berücksichtigung als Einkommen nur in Betracht, wenn es sich bei dem Eigengeld um eine einmalige Einnahme iS des § 2 Abs 3 Alg II-V handelt, die dem Kläger zu 5 vorher zugeflossen und auf die Folgemonate zu verteilen ist.

40

Bei der rechtlichen Beurteilung des Eigengeldes ist zu beachten, dass es "die Bezüge des Gefangenen sind, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden" (§ 52 StVollzG), auf dem Eigengeldkonto auch das vom Gefangenen eingebrachte Geld gutzuschreiben ist (§ 83 StVollzG) und er über das Eigengeld grundsätzlich frei verfügen kann - von bestimmten Beschränkungen abgesehen, wie zB innerhalb der Anstalt für Einkäufe (vgl § 22 StVollzG) oder einer Sperrung, bis das Überbrückungsgeld die festgesetzte Höhe erreicht hat (§ 83 Abs 2 Satz 3 StVollzG; vgl Arloth, StVollzG, aaO, § 52 RdNr 3; Däubler/Galli in Feest/Lesting, StVollzG, aaO, § 52 RdNr 3 ff). Dies spricht gegen einen Zufluss des Eigengeldes am 11.4.2007, sondern möglicherweise früher. Entscheidend ist jedoch, dass angesichts eines Betrags von 418,77 Euro keine Gründe für eine Verteilung auf mehrere Monate zu erkennen sind.

41

Entsprechendes gilt für das Hausgeld nach § 47 StVollzG, weil dieses dem Gefangenen schon während seiner Inhaftierung zur freien Verfügung steht und der am 11.4.2007 ausgezahlte Betrag sich nur auf 38,65 Euro belief.

42

8. Schließlich wird das LSG zu ermitteln haben, inwieweit einer Hilfebedürftigkeit der Kläger im Juni 2007 zu berücksichtigendes Vermögen entgegenstand (vgl §§ 9, 12 SGB II), weil dem Urteil des LSG insoweit keine abschließenden Feststellungen zu entnehmen sind.

43

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht noch die Rechtmäßigkeit einer teilweisen Aufhebung der Bewilligung von Alg II für den Monat Mai 2011 und ein damit verbundener Erstattungsanspruch des Beklagten in Höhe von 182,84 Euro.

2

Der 1970 geborene allein lebende Kläger stand bis einschließlich April 2011 in einem Beschäftigungsverhältnis. Im Anschluss daran bewilligte ihm der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Mai bis August 2011 in Höhe von monatlich 748,50 Euro, die sich zusammensetzten aus 364 Euro für den Regelbedarf und 384,50 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 12.5.2011).

3

Am 31.5.2011 erhielt der Kläger gemäß einer für Mai 2011 noch erstellten Bezügeabrechnung einen Betrag von 328,55 Euro als Nachzahlung seines letzten Arbeitgebers auf seinem Konto gut geschrieben. Diese beruhte auf zu Unrecht einbehaltenen Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung in dem Zeitraum vom Januar 2010 bis April 2011 und wurde dem Beklagten im Oktober 2011 in Verbindung mit einem Weiterbewilligungsantrag bekannt.

4

Nach Anhörung des Klägers hob der Beklagte die Bewilligung vom 12.5.2011 teilweise für Mai 2011 in Höhe von 182,84 Euro auf und forderte die Erstattung dieses Betrags. Wegen einer Steuererstattung hob er durch den gleichen Bescheid auch die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2012 in Höhe von 259,32 Euro auf, ebenfalls verbunden mit dem entsprechenden Erstattungsanspruch (Bescheid vom 18.7.2012; Widerspruchsbescheid vom 11.9.2012).

5

Die dagegen erhobene Klage hat das SG Konstanz abgewiesen (Urteil vom 16.4.2013). Auf die zugelassene Berufung hat das LSG Baden-Württemberg den angefochtenen Bescheid "insoweit aufgehoben, als darin die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2012 teilweise aufgehoben und ein Erstattungsbetrag von 259,32 Euro festgesetzt wird". Soweit der Monat Mai 2011 Gegenstand des angefochtenen Bescheides war, hat das LSG sich der Rechtsauffassung des SG angeschlossen und die Berufung zurückgewiesen. Die Nachzahlung aus dem Monat Mai 2011 sei von dem Beklagten zu Recht im Monat des Zuflusses und nicht im Folgemonat angerechnet worden. Es handele sich um eine einmalige Einnahme, da das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits im April 2011 beendet worden sei. Die Regelung des § 11 Abs 3 S 2 SGB II zur Berücksichtigung einmaliger Einnahmen erst im Folgemonat, wenn bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden seien, sei nach seinem Sinn und Zweck nur anzuwenden, wenn der Leistungsträger die Leistungen für den Folgemonat noch nicht gewährt und ausbezahlt habe. Ansonsten müsse ohnehin eine Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidung getroffen werden, sodass die Verschiebung der Anrechnung einer Leistung in den Monat nach dem Zufluss keinen Sinn mehr mache (Urteil vom 25.6.2014).

6

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 11 Abs 3 S 2 SGB II. Der Auslegung durch das SG und LSG stehe der eindeutige Wortlaut der Norm entgegen. Auch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass die Verwaltung nach der Neufassung der Norm im Falle, dass Leistungen für den Zuflussmonat bereits erbracht worden seien, nicht mehr die Möglichkeit haben solle, einmalige Einnahmen in diesem Monat anzurechnen. Es liege kein Versehen des Gesetzgebers vor.

7

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juni 2014 und des Sozialgerichts Konstanz vom 16. April 2013 teilweise aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 18. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2012 insgesamt aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht haben LSG und SG die Klage abgewiesen, soweit die Aufhebung und die Erstattungsentscheidung den Monat Mai 2011 betreffen. Die dem Kläger im Mai 2011 zugeflossene Nachzahlung ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen aber nicht als einmalige, sondern als laufende Einnahme zu beurteilen, sodass sie schon deshalb im Monat Mai und nicht im Folgemonat als Einkommen zu berücksichtigen war.

11

Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 18.7.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.9.2012, gegen den sich der Kläger zulässigerweise mit einer isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG)wendet. Inhalt dieses Bescheides ist nur noch die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung für Mai 2011 in Höhe von 182,84 Euro und ein entsprechender Erstattungsanspruch. Die von diesem Bescheid zunächst mitumfasste Aufhebung und die Erstattungsforderung für den Monat Juli 2012 hat sich erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X), weil das LSG diesen Teil des Bescheides durch sein Urteil aufgehoben hat. Der Beklagte hat gegen das Urteil keine Revision eingelegt, sodass das Berufungsurteil insoweit rechtskräftig ist.

12

Die materielle Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 18.7.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.9.2012 beurteilt sich nach § 40 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt nach S 3 der Regelung in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums. Wegen § 40 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 330 Abs 3 S 1 SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend.

13

Die Voraussetzungen für die vom Beklagten verfügte teilweise Aufhebung liegen hier vor. Durch die dem Kläger noch im Mai 2011 gutgeschriebene Nachzahlung in Höhe von 328,55 Euro ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen gegenüber denen, die der Bescheiderteilung vom 12.5.2011 zugrunde lagen, eingetreten. Im Ergebnis zutreffend sind das LSG und das SG davon ausgegangen, dass diese Nachzahlung bereits im Monat Mai 2011 als Einkommen zu berücksichtigen war und dem Kläger für Mai 2011 nur entsprechend niedrigere Leistungen nach dem SGB II zugestanden haben.

14

Bei der dem Kläger am 31.5.2011 gutgeschriebenen Nachzahlung aus dem zum 30.4.2011 beendeten Arbeitsverhältnis handelt es sich um Einkommen. Denn auch ein für zurückliegende Zeiträume, aber nach der Antragstellung, erbrachter Geldbetrag ist Einkommen und nicht Vermögen. Nach § 11 Abs 1 S 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist nach der Rechtsprechung der für Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG zur so genannten Zuflusstheorie grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen iS von § 12 SGB II, das er vor Antragstellung bereits hatte. Dabei ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht deren Schicksal von Bedeutung, sondern es ist allein die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert maßgebend(vgl nur BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; Urteile des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - RdNr 11, vom 13.5.2009 - B 4 AS 49/08 R - RdNr 12 und vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 20). Unerheblich ist deshalb, dass das der Nachzahlung zugrunde liegende Entgelt bereits zu einem früheren Zeitpunkt erarbeitet wurde.

15

Diese Nachzahlung ist bereits für Mai 2011 anzurechnen, denn nach § 11 Abs 2 S 1 SGB II sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Entgegen der Auffassung von LSG und SG handelt es sich bei der Nachzahlung nicht um eine einmalige Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II. Ihre Berücksichtigung erst im Folgemonat auf der Grundlage von § 11 Abs 3 S 2 SGB II kommt schon deshalb nicht in Betracht.

16

Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum übereinstimmend vorgenommenen Abgrenzung sind laufende Einnahmen solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden, bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung (BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 27; Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 21; vgl auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11 RdNr 431 ff, Stand Dezember/2014; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 11 RdNr 65; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 11 RdNr 37).

17

Diese Abgrenzung bedarf einer weitergehenden Präzisierung für Fälle wie dem vorliegenden, in denen die regelmäßige Erfüllung von Ansprüchen, die aus demselben Rechtsgrund herrühren, Störungen unterworfen ist. In diesen Fällen kommt dem Rechtsgrund der Zahlungen die maßgebende Bedeutung zu. Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reicht es danach aus, wenn sie zwar nicht "laufend" sondern in einem Gesamtbetrag erbracht wird, aber nach dem zugrunde liegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre. Diese entscheidend auf den Rechtsgrund abstellende Sichtweise ermöglicht auch in Fällen mit Leistungsstörungen eine klare und praktisch gut handhabbare Abgrenzung, denn Rechtsgrund und vereinbarter Turnus von Zahlungen sind in der Regel einfach feststellbar. Zudem hängt die Beurteilung einer Einnahme als laufende oder einmalige nicht vom Verhalten des Schuldners ab, welches, wenn bestehende Ansprüche nicht erfüllt werden, unter Umständen sogar vertragswidrig ist. Wenn also Zahlungen aus ihrem Rechtsgrund heraus regelmäßig zu erbringen sind, ändert sich ihr Charakter als laufende Einnahme nicht dadurch, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - dem Berechtigten zeitweise ganz oder teilweise vorenthalten und erst später in einem Betrag nachgezahlt werden (so bereits - allerdings im Falle einer Auszahlung mit anderen laufenden Bezügen - Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 21).

18

Ohne Bedeutung für die Abgrenzung ist es, ob das Rechtsverhältnis, auf dem die Zahlung beruht, zum Zeitpunkt der Zahlung noch bestanden hat oder schon beendet war. Da der Rechtsgrund der Zahlung maßgebliches Anknüpfungskriterium ist, ändert auch dies den Charakter der Zahlung als eine auf einem einheitlichen Rechtsgrund beruhende und an sich regelmäßig zu erbringende Einnahme nicht. Würde man nur auf den Zeitpunkt abstellen, zu dem das Rechtsverhältnis endet, wäre im Übrigen die Qualifizierung als einmalige oder laufende Einnahme von den Zufälligkeiten der Zahlungsmodalitäten abhängig. Gerade bei Arbeitsverhältnissen kann die Schlussabrechnung häufig überhaupt erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgen, etwa wenn variable Bezügebestandteile, wie Spesen (vgl dazu Urteil des Senats vom 11.12.2012 - B 4 AS 27/12 R - SozR 4-4225 § 6 Nr 2 RdNr 17 ff)oder Provisionen, abzurechnen sind. Dementsprechend haben beide für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG bereits mehrfach entschieden, dass auch die letzte (Abschluss-)Zahlung in einer Reihe laufender Zahlungen als laufende Einnahme zu qualifizieren ist (BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 27; Urteil des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19 RdNr 20; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 4/08 R - RdNr 21; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 22 RdNr 26; BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R - RdNr 14; Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 20), ohne dass problematisiert wurde, ob das zugrunde liegende Rechtsverhältnis überhaupt noch bestanden hat.

19

Vor diesem rechtlichen Hintergrund stellt sich die dem Kläger am 31.5.2011 zugeflossene Zahlung als laufende Einnahme dar. Die Zahlung hatte ihre rechtliche Grundlage in dem vom 1.5.2009 bis 30.4.2011 bestehenden Arbeitsverhältnis. Die (abschließende) Bezügeabrechnung ergab eine Nachzahlung wegen zu Unrecht einbehaltener Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. In der Sache handelt es sich bei der Nachzahlung um vorenthaltenes Arbeitsentgelt, das grundsätzlich regelmäßig monatlich zu erbringen gewesen wäre.

20

Die eingetretene Änderung berechtigte den Beklagten auch zu einer Aufhebung in Höhe von 182,84 Euro. Von dem zugeflossenen Einkommen von 328,55 Euro war zunächst die Erwerbstätigenpauschale gemäß § 11b Abs 2 S 1 SGB II in Höhe von 100 Euro und sodann von den verbleibenden 228,55 Euro der Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 11b Abs 3 S 1 und S 2 Nr 1 SGB II in Höhe von 20 % (45,71 Euro) in Abzug zu bringen, sodass sich ein nach § 11 Abs 1 S 1 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 182,84 Euro ergibt.

21

Aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung hat der Kläger den vom Beklagten bereits erbrachten Betrag in Höhe von 182,84 Euro gemäß § 50 Abs 1 SGB X zu erstatten.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Rücknahme des Bescheides der beklagten Alterskasse vom 23.6.2000 über die Bewilligung vorzeitiger Altersrente an die Klägerin sowie die Rückforderung der aufgrund des Bescheides für die Zeit vom 1.7.2000 bis 31.8.2007 gezahlten Rentenbeträge.

2

Unter dem 4.4.2000 beantragte der am 1935 geborene Ehemann der Klägerin Altersrente für Landwirte ab dem 65. Lebensjahr. Die unter B. 2. des Antragsvordrucks gestellte Frage "Haben Sie oder Ihr Ehegatte noch weitere landw. Unternehmen betrieben?" wurde verneint. Das Formular wurde im Abschnitt "G. Erklärung des Antragstellers" unter der Überschrift "Eigenhändige Unterschrift des Antragstellers" vom Ehemann der Klägerin sowie unter der Überschrift "Eigenhändige Unterschrift des Ehegatten" von der am 1937 geborenen Klägerin unterzeichnet. Unter "H. Bestätigungsvermerk der Gemeinde" bestätigte die Gemeindeverwaltung E., dass die angegebenen Geburts-, Heirats- und Sterbedaten mit den amtlichen Unterlagen übereinstimmten und dass der Antrag am 4.4.2000 sowohl zur Bestätigung und Weiterleitung an die Alterskasse vorgelegt, als auch dem Antragsteller wieder ausgehändigt wurde. Der Antrag wurde von der Beklagten am 8.5.2000 (Eingangsstempel) erfasst.

3

Unter dem 22.5.2000 fertigte die Beklagte einen Aktenvermerk über die Vorsprache der Klägerin und deren Ehemannes. Die Klägerin unterzeichnete die Erklärung "mit dem Antrag auf AR für meinen Ehemann sollte eigentlich auch ein Antrag auf vorzeitige AR für mich gestellt werden". Die Beklagte vermerkte ferner "Hr D. wurde ausgerechnet, was er zurückbehalten darf …". Das Formular des am 8.5.2000 erfassten Rentenantrags des Ehemannes der Klägerin erhielt den Aufdruck "Antrag erfasst 22. Mai 2000". Entsprechend den auf dem Formular gesetzten Kreuzen bezieht sich der Antrag auf Gewährung einer Altersrente ab dem 65. Lebensjahr für Landwirte und einer vorzeitigen Altersrente für Ehegatten eines Landwirts.

4

Mit fünf Pachtverträgen vom 12.6.2000 verpachtete der Ehemann der Klägerin insgesamt 15,7371 ha landwirtschaftliche Flächen und sogenanntes Unland in E., Oberbayern, an verschiedene Pächter. Nachdem den Eheleuten seitens der Beklagten ausgerechnet worden war, in welchem Umfang sie landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Flächen zurückbehalten dürften, erklärten sie, 0,6288 ha landwirtschaftliche Flächen, 3,7124 ha forstwirtschaftliche Flächen sowie 0,4132 ha Haus- und Hoffläche (zusammen 4,7544 ha) zurückbehalten zu haben. Die formularmäßige Erklärung beider Ehegatten vom 16.6.2000 zu den zurückbehaltenen Unternehmensteilen enthält folgende Versicherung: "Ich versichere, dass meine Angaben der Wahrheit einsprechen. Mir ist bekannt, dass die Alterskasse die Anspruchsvoraussetzungen für die Rentengewährung erneut prüfen muss, wenn sich die im Antragsverfahren gemachten Angaben ändern. Ich bin mir bewusst, dass unrichtige oder unvollständige Angaben unter Verletzung meiner Meldepflichten bei Änderung der Verhältnisse eine grobe Fahrlässigkeit darstellen."

5

Mit Bescheid vom 23.6.2000 bewilligte die Beklagte daraufhin der Klägerin ab 1.7.2000 vorzeitige Altersrente an Landwirte gemäß § 12 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) in monatlicher Höhe von anfänglich 240,68 Euro. Dem Bescheid war ein Merkblatt "Hinweise und Meldepflichten" beigefügt. Als "wesentliche Meldetatbestände" waren darin ua bezeichnet: Übernahme oder Wiederübernahme landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie die Änderung der Nutzungsart zurückbehaltener Flächen, wenn feststeht oder möglich ist, dass dadurch (allein oder zusammen mit anderen etwa zurückbehaltenen Flächen) 25 vH der festgesetzten Mindestgröße überschritten werden.

6

Im Rahmen eines Telefongesprächs am 8.3.2007 erklärte der Ehemann der Klägerin gegenüber der Beklagten, die Klägerin sei noch Eigentümerin von circa 5 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen in P. (Niederbayern). Diese seien zu keiner Zeit von den Eheleuten selbst bewirtschaftet worden. Aus dem von dem Ehemann der Klägerin vorgelegten Liegenschaftskataster des Vermessungsamtes P. geht hervor, dass die Klägerin Eigentümerin des Flurstücks 1473 (Gesamtfläche 4,0050 ha, davon 3,9760 ha Acker-, Grünland und 0,0290 ha Gebäude- und Freifläche) sowie des Flurstücks 2330/2 (Gesamtfläche 1,4317 ha, davon 0,5450 Grünland und 0,8867 Ackerland) ist. Der Ehemann der Klägerin gab dazu an, diese Flächen seien verpachtet. Nicht verpachtet seien ein Obstgarten sowie ein baufälliges landwirtschaftliches Anwesen. Die nicht verpachteten Flächen seien von den Eheleuten genutzt worden (Mähen des Rasens, Obsternte). Es wurden Pachtverträge aus den Jahren 1995 und 2005 vorgelegt. Der Pachtvertrag vom 27.12.1995 ist am 31.12.2006 ausgelaufen. Ferner wurde der an die Klägerin gerichtete Bescheid der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern-Oberpfalz vom 4.11.1985 vorgelegt, wonach die Klägerin nicht zu dem Personenkreis der landwirtschaftlichen Unternehmer nach § 1 Abs 3 und 4 Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) iVm § 17 Abs 1 GAL gehöre. Für sie bestehe keine Beitragspflicht. Der Bescheid über ihre Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis und Veranlagung zur Beitragszahlung werde aufgehoben.

7

Nachdem die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen hatte, dass der sogenannte Rückbehalt durch den Betrieb in Oberbayern bereits vollständig ausgeschöpft sei und deshalb sämtliche Flächen des Betriebs in Niederbayern abgegeben werden müssten, stellte die Klägerin im Juli 2007 vorsorglich Antrag auf Altersrente und legte einen notariellen Überlassungsvertrag vom 27.6.2007 betreffend das unverpachtete Flurstück 431/1 (2521 m² = 0,251 ha) vor. Später überreichte die Klägerin einen weiteren notariellen Überlassungsvertrag vom 3.9.2007 betreffend die verpachteten Flurstücke 1473 und 2330/2 (40050 m² = 4,005 ha und 14317 m² = 1,4317 ha). Nach beiden Verträgen sollte der Besitz sofort übergehen.

8

Mit Bescheid vom 13.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.8.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente gemäß § 11 ALG ab 1.10.2007. Im anschließenden Verfahren vor dem Sozialgericht München (SG) - S 30 LW 57/08 - legte die Klägerin einen bezüglich der Flurstücke 1473 und 2330/2 am 25.6.2007 zum 30.6.2007 geschlossenen schriftlichen Pachtvertrag mit neunjähriger Laufzeit vor. Daraufhin erkannte die Beklagte den Rentenanspruch ab 1.7.2007 an (Schriftsatz vom 24.11.2008; Annahmeerklärung der Klägerin im Termin am 9.7.2009). Der Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 1.7. bis 30.9.2007 sollte mit der Überzahlung der vorzeitigen Altersrente verrechnet werden.

9

Nachdem die Beklagte vermerkt hatte, dass die land- und forstwirtschaftlichen Flächen der Klägerin in Niederbayern dem Ehemann der Klägerin nicht zugerechnet werden könnten, hörte sie mit Schreiben vom 9.8.2007 die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.6.2000 an. Es sei festgestellt worden, dass sie einen eigenen Betrieb in Niederbayern geführt habe und dieser nicht nach den Vorschriften des § 21 ALG abgegeben gewesen sei. Daher bestehe bis zur Abgabe des Betriebs in Niederbayern kein Anspruch auf Rente.

10

Mit Bescheid vom 12.9.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 23.6.2000 gestützt auf § 45 Abs 1 und 2 SGB X auf. In Folge dieser Aufhebung ergebe sich für die Zeit vom 1.7.2000 bis 31.8.2007 eine Überzahlung in Höhe von 21 309,42 Euro, wovon bereits 7117,65 Euro mit "der Nachzahlung Ihres Ehegatten" verrechnet worden seien. Die zu Unrecht erbrachte Leistung in Höhe von 14 191,77 Euro sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Die Klägerin habe bei der Beantragung der Rente die Frage verneint, ob neben den durch den Ehegatten nachgewiesenen Flächen noch weitere Grundstücke im Eigentum oder Miteigentum beider Ehegatten stünden. Am 8.3.2007 habe sie - die Beklagte - Kenntnis von dem Eigentum der Klägerin an landwirtschaftlichen Nutz-, Haus- und Hofflächen in Niederbayern und einer Brachlandfläche (0,2521 ha) in Oberbayern erfahren. Diese Flächen seien nicht iS des § 21 ALG abgegeben, die Anspruchsvoraussetzung für eine vorzeitige Altersrente also nicht erfüllt gewesen. Der Bescheid sei damit aufzuheben und die überzahlten Leistungen ab Rentenbeginn zurückzufordern.

11

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008 zurück und führte zur Begründung ergänzend aus: Das im Eigentum der Klägerin stehende landwirtschaftliche Unternehmen in Niederbayern sei nicht bis zum Rentenbeginn am 1.7.2000 abgegeben worden. Ausweislich der dortigen Beitragsbescheide der Berufsgenossenschaft für die Jahre 2004 und 2006 seien noch Flächen auf Rechnung der Klägerin bewirtschaftet worden. Die im Antrag auf vorzeitige Altersrente gestellte Frage, ob die Klägerin oder ihr Ehemann noch weitere landwirtschaftliche Unternehmen betreibe, sei mit "nein" beantwortet worden. Somit habe die Klägerin wissentlich eine unrichtige Angabe gemacht. Sie, die Beklagte, habe eine Abwägung der Interessen der Klägerin mit dem öffentlichen Interesse vorgenommen. Die finanzielle Belastung der Klägerin durch die Rückforderung werde nicht verkannt. Die Angaben der Klägerin im Widerspruchsverfahren rechtfertigten es jedoch nicht, im Wege des eingeräumten Ermessens von einer Rücknahme des Bewilligungsbescheides abzusehen. Das öffentliche Interesse an der Rücknahme überwiege gegenüber dem Individualinteresse der Klägerin am Weiterbestehen des Verwaltungsakts.

12

Die dagegen von der Klägerin beim SG erhobene Klage - S 30 LW 9/08 - ist ebenso ohne Erfolg geblieben wie die Berufung der Klägerin beim Bayerischen Landessozialgericht - LSG - (Urteil des SG vom 18.11.2008; Urteil des LSG vom 28.9.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt:

13

Die Beklagte habe gemäß § 45 SGB X den Rentenbescheid vom 23.6.2000 mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen dürfen. Der Bewilligungsbescheid sei rechtswidrig. Gemäß § 12 ALG in der vom 1.1.1995 bis 31.12.2007 gültigen und damit gemäß § 94 Abs 2 ALG maßgeblichen Fassung könnten Landwirte die Altersrente bis zu zehn Jahre vor Vollendung des 65. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzungen nach § 11 Abs 1 Nr 2 und 3 ALG vorlägen und der Ehegatte bereits Anspruch auf eine Altersrente vom 65. Lebensjahr an habe oder gehabt habe. Nach § 11 Abs 1 ALG hätten Landwirte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr beendet, die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben sei. Die Klägerin sei bei der Rentenbewilligung gemäß § 1 Abs 3 ALG Landwirtin gewesen. Danach gelte der Ehegatte eines Landwirts nach § 1 Abs 2 ALG als Landwirt, wenn beide Ehegatten nicht dauernd getrennt lebten und der Ehegatte nach den Vorschriften des SGB VI nicht erwerbsunfähig, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage sei. Diese Voraussetzungen seien zum Bewilligungszeitpunkt erfüllt gewesen. Da das Unternehmen der Klägerin in Niederbayern zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung unstreitig nicht die Mindestgröße erreicht habe, sei sie nicht Landwirtin iS des § 1 Abs 2 ALG gewesen.

14

Die Gewährung einer vorzeitigen Altersrente an Ehegatten eines Landwirts setze damit voraus, dass zum einen der Ehegatte das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben habe. Denn dies sei Voraussetzung dafür, dass der Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente vom 65. Lebensjahr an habe. Aus der Erwähnung des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG in § 12 ALG sei zum anderen zu folgern, dass der Ehegatte eines Landwirts nur dann eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen könne, wenn er auch ein weiteres Unternehmen der Landwirtschaft, das er selbst betreibe, bis auf die zulässigen Rückbehaltsflächen abgegeben habe.

15

Dies sei bei der Klägerin zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung nicht der Fall gewesen. In ausreichendem Umfang abgegeben sei nur der ihr zuzurechnende Betrieb des Ehegatten gewesen, nicht jedoch ihr eigener Betrieb in Niederbayern. Nach ihren eigenen Angaben habe die Klägerin 0,55 ha selbst landwirtschaftlich genutzt (Obsternte). 3 ha landwirtschaftlicher Fläche seien für die Zeit vom 1.1.1996 bis 31.12.2006 verpachtet gewesen. Weitere 1,86 ha seien erst vom 1.4.2005 an verpachtet worden.

16

Ein Unternehmen der Landwirtschaft sei gemäß § 21 Abs 2 ALG im Falle einer Verpachtung(§ 21 Abs 2 S 1 Nr 1 ALG) der landwirtschaftlich genutzten Flächen nur dann abgegeben, wenn der Pachtvertrag schriftlich abgeschlossen sei und sich auf einen Zeitraum von mindestens neun Jahren erstrecke. Gemäß § 21 Abs 7 ALG gelte ein Unternehmen der Landwirtschaft auch dann als abgegeben, wenn der Wirtschaftswert des nicht abgegebenen Teils des Unternehmens ohne Berücksichtigung erst aufgeforsteter Flächen 25 vH der nach § 1 Abs 5 ALG festgelegten Mindestgröße nicht überschreite. Zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung habe nur der schriftliche Pachtvertrag vom 27.12.1995 vorgelegen, der ab Vertragsschluss für mindestens neun Jahre abgeschlossen worden sei. Damit sei zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung die betroffene 2,41 ha landwirtschaftliche Fläche nicht abgegeben und der zulässige Einbehalt von 25 Prozent der geltenden Mindestgröße von 4 ha (Auskunft der LAK Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben vom 14.4.2011) deutlich überschritten.

17

Gemäß § 45 Abs 2 S 1 SGB X dürfe ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf dessen Bestand vertraut und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei. Auf Vertrauen könne sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. So sei es hier. Die Klägerin habe im Rentenantragsformular in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht, da sie die Frage verneint habe, ob sie noch weitere landwirtschaftliche Unternehmen betreibe. Der Senat gehe zwar nicht davon aus, dass diese Angaben vorsätzlich falsch erfolgt seien. Grobe Fahrlässigkeit sei jedoch gegeben. Grobe Fahrlässigkeit liege vor, wenn dasjenige unbeachtet geblieben sei, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Die falsche Beantwortung der einfach und unmissverständlich formulierten Frage nach dem Betreiben eines weiteren landwirtschaftlichen Unternehmens durch die Klägerin sei grob fahrlässig.

18

Die Klägerin sei nicht gehalten gewesen, eigene rechtliche Überlegungen anzustellen, ob sie im Sinne des Gesetzes ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe oder nicht. Diese Prüfung hätte sie der Beklagten überlassen müssen. Die Klägerin hätte zumindest nachfragen müssen, ob sie ihr Unternehmen in Niederbayern angeben müsse oder nicht. Es sei jedenfalls dann grob fahrlässig, wenn derartige Nachfragen unterblieben und man schlicht annehme, ein Betreiben liege aufgrund der Verpachtungen, die jedoch nicht rechtswirksam erfolgt seien, nicht vor. Im Übrigen sei auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin das landwirtschaftliche Unternehmen (in Niederbayern) zum Teil selbst betrieben habe. Denn den Obstgarten habe sie nach Angaben ihres Ehemannes landwirtschaftlich selbst genutzt.

19

Auf den falschen Angaben der Klägerin habe der Erlass des Rentenbescheides vom 23.6.2000 auch beruht. Zweifel könnten nur insoweit bestehen, als die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht habe, der Beklagten sei der Bescheid der landwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben vom 4.11.1985 vorgelegt worden mit der Folge, dass der Beklagten ein weiteres landwirtschaftliches Unternehmen der Klägerin in Niederbayern bekannt gewesen sei. Eine derartige Kenntnis der Beklagten stehe zur Überzeugung des Senats aber nicht fest. Denn der von der Klägerin genannten Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H., sei dieser Sachverhalt nicht bekannt. Sie habe sich für den Senat nachvollziehbar dahingehend geäußert, dass sie, wenn es wie behauptet gewesen wäre, eine Kopie des Bescheides zu den Akten genommen hätte. Eine derartige Kopie sei jedoch in Zusammenhang mit der Antragsstellung nicht bei den Akten.

20

Die Beklagte habe auch ihr nach § 45 Abs 1 und 2 SGB X zustehendes Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Schließlich habe die Beklagte die von ihr zu beachtenden Fristen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X eingehalten.

21

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Beklagte habe mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 12.9.2007 zu Unrecht den Bescheid vom 23.6.2000 aufgehoben und ebenfalls zu Unrecht die Erstattung der für den Zeitraum vom 1.7.2000 bis 31.8.2007 bezogenen Altersrente gefordert. Sie vertrete die Auffassung, dass "das Unternehmen der Landwirtschaft" iS des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG nur dasjenige Unternehmen sein könne, das Grundlage für die Beitragspflicht sei. Demgegenüber gehe das LSG zu Unrecht davon aus, dass auch weitere Unternehmen der Landwirtschaft, die vom Ehegatten des Landwirts selbst betrieben würden, abgegeben seien müssten.

22

Zutreffend habe das LSG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung 2,41 ha landwirtschaftliche Flächen des niederbayerischen Unternehmens nicht abgegeben worden seien und somit der zulässige Rückbehalt überschritten gewesen sei. Insoweit erscheine es jedoch mehr als fraglich, ob bei einer derart geringen Flächengröße von einem landwirtschaftlichen Unternehmen gesprochen werden könne, mit dessen Übergabe das strukturpolitische Ziel, nämlich die Förderung junger Unternehmer, überhaupt erreicht werden könne. Denn der Gesetzgeber sei im Regelfall davon ausgegangen, dass es sich hier um Unternehmen handele, die dazu geeignet seien, einem Betriebsnachfolger eine gewisse Existenzgrundlage zu bieten. Um ein solches Unternehmen handele es sich bei einer Flächengröße von 2,41 ha nicht.

23

Selbst wenn man dem LSG darin folgen wolle, dass auch ein weiteres, vom Ehegatten des Landwirts selbst betriebenes landwirtschaftliches Unternehmen abgegeben werden müsse, müsse zumindest ein die maßgebliche Mindestgröße überschreitendes Unternehmen existiert haben. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Gesetzestextes des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG - "das Unternehmen der Landwirtschaft "-, sehe sie es nicht als zulässig an, den Begriff entsprechend der Auslegung des LSG im Sinne eines Oberbegriffs zu verstehen, unter den gegebenenfalls auch mehrere (Einzel-)Unternehmen der Landwirtschaft fallen könnten.

24

Entgegen der Auffassung des LSG sehe sie nach wie vor eine unzulässige Ungleichbehandlung was die Anspruchsvoraussetzungen von Landwirten einerseits und mitarbeitenden Familienangehörigen andererseits angehe. Letzterer verliere gerade nicht seinen Rentenanspruch, wenn er ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe. Der Umstand, dass mitarbeitende Familienangehörige in wesentlich geringerem Maße von der steuerfinanzierten Alterssicherung der Landwirte (AdL) profitierten, könne insoweit nicht entscheidend sein. Aufgrund des Teilsicherungscharakters in der AdL sowie der heutzutage den Lebensunterhalt der Altenteiler nicht mehr sichernden Übergabeleistungen seien ehemalige Landwirte in gleichem Umfang auf Hinzuverdienst nach Abgabe des Unternehmens angewiesen wie ehemalige mitarbeitende Familienangehörige.

25

Selbst dann, wenn der Rentenbescheid zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen sein sollte, sei die Rücknahme dieses rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes gemäß § 45 Abs 1 und 2 SGB X nicht zulässig. Insbesondere sei ihr nicht der Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit zu machen. Sie habe die erforderliche Sorgfalt nicht in besonders schwerem Maße verletzt, denn sie musste nicht mit der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 23.6.2000 rechnen. Zwar begründe die Nichtbeachtung eines von einer Behörde ausgehändigten Merkblattes im Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit, wenn dieses so abgefasst sei, dass der oder die Begünstigte in der Lage gewesen sei, seinen Inhalt zu verstehen. Jedoch sei für den Grad des Verschuldens in ihrem Falle auch zu berücksichtigen, dass sie mit Bescheid der landwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern-Oberpfalz vom 4.11.1985 darauf hingewiesen worden sei, dass die Beitragspflicht für Flächen in Niederbayern ab 1.1.1984 aufgehoben sei, weil es sich um kein landwirtschaftliches Unternehmen mehr handele. Es möge sein, dass sich ihr Zweifel hätten aufdrängen müssen, ob angesichts der in ihrem Eigentum stehenden Flächen in Niederbayern möglicherweise doch ein melderelevanter Tatbestand vorgelegen habe. Diese Sorgfaltspflichtverletzung - so man sie denn als gegeben erachten möchte - könne jedoch allenfalls einfache Fahrlässigkeit begründen. Wenn von einem landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger bescheidmäßig festgestellt worden sei, dass sie kein landwirtschaftliches Unternehmen mehr betreibe, sei es überzogen, ihr als rechtlichem Laien Bösgläubigkeit zu unterstellen.

26

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 28.9.2011, das Urteil des SG München vom 18.11.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 aufzuheben.

27

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

28

Sie hält das angefochtene Urteil mit ausführlichen Darlegungen für zutreffend.

29

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass aufgrund der Besonderheiten der Antragstellung unklar sei, ob der Klägerin die Verneinung der Frage 2. im Abschnitt B. des Antragsformulars zugerechnet werden könne, und hinsichtlich der beabsichtigten Ermessenserwägungen eine ordnungsgemäße Anhörung fehlen dürfte.

30

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

31

Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist kraft Zulassung durch das LSG statthaft und von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Begründung genügt den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG.

32

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Dem Senat ist ohne weitere Tatsachenfeststellungen eine abschließende Entscheidung nicht möglich.

33

Der Sachentscheidung des Revisionsgerichts stehen Hindernisse nicht entgegen. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft und insgesamt zulässig. Sie richtet sich gegen den Bescheid der beklagten Alterskasse vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008. Das obligatorische Widerspruchsverfahren ist durchgeführt worden. Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG ist ebenfalls zulässig (§ 143 SGG). Gesetzliche Ausschlussgründe (§ 144 Abs 1 SGG)liegen nicht vor. Form und Frist wurden eingehalten (§ 151 SGG).

34

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.9.2007 hat die Beklagte den Bescheid vom 23.6.2000 über die Bewilligung von vorzeitiger Altersrente an die Klägerin zurückgenommen und die Erstattung der für die Zeit vom 1.7.2000 bis 31.8.2007 gezahlten Rente verlangt. Durch den Rentenbewilligungsbescheid vom 13.9.2007 in der Gestalt des Anerkenntnisses der Beklagten vor dem SG - S 30 LW 57/08 - hat der hier streitgegenständliche Rücknahmebescheid keine Änderung erfahren. Es wurde lediglich eine Tilgungsvereinbarung über den Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 1.7. bis 30.9.2007 getroffen. Der Bescheid vom 12.9.2007 belastet die Klägerin.

35

1) Auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid formell rechtmäßig ist. Es ist unklar, ob eine ordnungsgemäße Anhörung iS des § 24 Abs 1 SGB X vorliegt. Nach dieser Vorschrift ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Erhebliche Tatsachen sind alle Tatsachen, auf die die Behörde den Verfügungssatz des Bescheides zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt (von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 24 RdNr 9 mwN). Die Beklagte hat den angefochtenen Bescheid auf § 45 Abs 1 und 2 SGB X gestützt. Diese Vorschrift erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung auch für die Vergangenheit. Sie räumt der zuständigen Behörde insoweit ein Ermessen ein. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes "darf" in § 45 Abs 1 SGB X(hA s nur Schütze in von Wulffen, aaO, § 45 RdNr 88 mwN). Erhebliche Tatsachen iS des § 24 Abs 1 SGB X sind danach nicht nur die Tatsachen, die die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides ergeben, sondern auch diejenigen, die die besonderen Rücknahmevoraussetzungen beschreiben (fehlender Vertrauensschutz). Hierzu gehören schließlich alle Tatsachen, die die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen muss und kann (vgl Bundessozialgericht Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 9/11 R - SozR 4-2600 § 77 Nr 10 RdNr 14).

36

Hieran gemessen erfüllt das Anhörungsschreiben der Beklagten an die Klägerin vom 9.8.2007 die Anforderungen nicht, weil danach die Beklagte die Rechtslage so beschrieben hat, als besäße sie kein Ermessen, sondern habe eine gesetzlich gebundene Entscheidung, nämlich die Rücknahme des Rentenbewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit, zu treffen. Entsprechend hat die Beklagte den Bescheid vom 12.9.2007 als gebundene Entscheidung formuliert. Erst im Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008, der gemäß § 95 SGG dem angefochtenen Bescheid seine endgültige Gestalt gegeben hat, hat sie einige Erwägungen zur Ausübung des ihr zustehenden Ermessens zu Lasten der Klägerin angestellt.

37

Allein aufgrund dieses Anhörungsmangels ist der Bescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 nicht aufzuheben. Nach § 41 Abs 1 SGB X ist die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die den Verwaltungsakt nicht nach § 40 nichtig macht, unbeachtlich, wenn der Mangel nachträglich beseitigt wird. Darunter fällt auch eine Verletzung des § 24 Abs 1 SGB X, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird(§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X). Gemäß § 41 Abs 2 SGB X können Handlungen nach Abs 1 Nr 2 bis 6 (also auch die Anhörung) bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

38

Da die Beklagte der Klägerin ihre Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid mitgeteilt hat, hatte diese während des Vorverfahrens noch keine Gelegenheit sich dazu zu äußern. Demnach ist bis dahin noch keine "Heilung" des Anhörungsmangels eingetreten (vgl dazu BSG Urteil vom 23.6.1993 - 9/9a RVs 1/92 - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 5.11.1997 - 9 RV 20/96 - BSGE 81, 156, 158 = SozR 3-1300 § 45 Nr 37 S 114).

39

Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BSG, die in der Literatur Zustimmung findet, setzt die Nachholung der fehlenden oder fehlerhaften Anhörung während des Gerichtsverfahrens voraus, dass die beklagte Behörde dem Kläger in angemessener Weise Gelegenheit zur Äußerung einräumt und danach zu erkennen gibt, ob sie nach Prüfung dieser Tatsachen am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält (s nur BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2; Schütze, aaO, § 41 RdNr 16 mwN auf die ältere Rechtsprechung des BSG). Dies setzt regelmäßig voraus, dass die Behörde dem Kläger in einem gesonderten "Anhörungsschreiben" alle erheblichen Tatsachen mitteilt, auf die sie die belastende Entscheidung stützen will, und sie ihm eine angemessene Frist zur Äußerung setzt. Ferner ist erforderlich, dass die Behörde das Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis nimmt und sich abschließend zum Ergebnis der Überprüfung äußert (BSG aaO RdNr 15). Die bloße Erwiderung der Behörde auf die Anfechtungsklage - gegebenenfalls verbunden mit einem Antrag auf Klageabweisung - reicht insoweit nicht aus.

40

Ob die Beklagte bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem LSG (letzte Tatsacheninstanz) die Nachholung der Anhörung der Klägerin nach diesen Maßstäben ordnungsgemäß durchgeführt hat oder nicht, kann der Senat zur Zeit nicht beurteilen (vgl dazu BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 16 ff). Es fehlen insoweit Tatsachenfeststellungen des LSG, die im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können. Die betreffenden Tatsachen sind entscheidungserheblich, weil der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, wenn § 24 Abs 1 SGB X verletzt ist.

41

2) Auf das Fehlen einer Anhörung käme es allerdings dann nicht an, wenn der angefochtene Verwaltungsakt aus anderen Gründen aufzuheben wäre. Die Tatsachenfeststellungen des LSG lassen jedoch nicht die Beurteilung zu, ob der angefochtene Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Rechtsgrundlage für die Zurücknahme des Bescheides vom 23.6.2000 ist § 45 SGB X. Soweit dieser Verwaltungsakt zu Recht aufgehoben worden ist, sind die bereits erbrachten Leistungen nach § 50 Abs 1 SGB X zu erstatten.

42

Nach § 45 Abs 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.

43

Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 über die Bewilligung der vorzeitigen Altersrente an die Klägerin rechtswidrig ist. Diese Beurteilung ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die ihr ab 1.7.2000 zuerkannte vorzeitige Altersrente.

44

Der Anspruch der Klägerin auf Rente aus der AdL beurteilt sich nach dem am 1.1.1995 in Kraft getretenen ALG, das als Artikel 1 Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung (Agrarsozialreformgesetz 1995 - ASRG 1995) vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) am 1.1.1995 in Kraft getreten ist, in der bei Rentenbeginn am 1.7.2000 geltenden Fassung des Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts vom 22.12.1999 (BGBl I 2534) sowie des Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22.12.1999 (BGBl I 2671).

45

Nach § 12 Abs 1 ALG können Landwirte die Altersrente bis zu 10 Jahre vor Vollendung des 65. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs 1 Nr 2 und 3 vorliegen und der Ehegatte bereits Anspruch auf eine Altersrente vom 65. Lebensjahr an hat oder gehabt hat. Landwirt iS des § 12 Abs 1 ALG sind nur Personen, die zu irgendeinem Zeitpunkt Landwirt iS von § 1 Abs 2 oder 3 ALG waren(AdL-Kommentar, § 12 S 1.1). Gemäß § 11 Abs 1 Nr 2 und 3 ALG muss der Landwirt die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben, und das Unternehmen der Landwirtschaft muss abgegeben sein.

46

Der Anspruch der Klägerin auf vorzeitige Altersrente gemäß § 12 Abs 1 ALG bestand nicht, weil das Unternehmen der Landwirtschaft nicht abgegeben war.

47

Trotz der Verwendung des Singulars - "das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist" - in § 11 Abs 1 Nr 3 ALG gilt diese Anspruchsvoraussetzung für beide Ehepartner, die als Landwirte(iS des § 1 Abs 2 und Abs 3 ALG) Rente beanspruchen. Jeder Ehepartner, der für sich selbst Rente aus der AdL begehrt, muss sein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben haben. Auch der Ehegatte eines Landwirts, der gemäß § 1 Abs 2 ALG als Landwirt gilt, muss, wenn er selbst Rente beansprucht, ihm zurechenbare landwirtschaftliche Flächen abgeben.

48

Zwar spricht der Wortlaut der §§ 11 und 12 ALG nicht eindeutig für diese Auslegung. Er steht ihr aber auch nicht entgegen. Der Auslegung, dass jeder Rentenantragsteller sein landwirtschaftliches Unternehmen abgegeben haben muss, steht nicht entgegen, dass der Wortlaut der §§ 11 und 12 ALG dieses Erfordernis nicht so eindeutig bestimmt, wie es der bis zum 31.12.1994 geltenden Vorschrift des § 2 Abs 5 GAL zu entnehmen war. Der Senat pflichtet insoweit dem LSG bei, dass eine entsprechende Übernahme in das ALG überflüssig war, weil sich die beide Ehepartner treffende Abgabepflicht hinreichend deutlich aus den §§ 11 und 12 ALG ergibt. In den Materialien des ASRG finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber von der umfassenden Abgabepflicht iS des § 2 Abs 5 GAL hat abrücken wollen.

49

Die Richtigkeit einer derartigen Auslegung ergibt sich aus der Systematik der §§ 11, 12 ALG. Zutreffend weist die Beklagte hier darauf hin, dass die Geltung des Hofabgabeerfordernisses für beide Ehepartner zwingend aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften folgt. Für den die vorzeitige Altersrente beanspruchenden Ehepartner ordnet § 12 Abs 1 ALG unmittelbar die Geltung des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG (Unternehmensabgabe) an. Ferner legt er als Anspruchsvoraussetzung für diesen Ehepartner fest, dass sein Ehegatte (hier also der Ehemann der Klägerin) Anspruch auf eine Altersrente vom 65. Lebensjahr an hat oder gehabt hat. Ein solcher Rentenanspruch besteht nach § 11 Abs 1 Nr 3 ALG nur, wenn der betreffende Landwirt seinerseits das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben hat.

50

Dieses aus der gesetzlichen Systematik gewonnene Auslegungsergebnis wird entscheidend bestätigt durch den Sinn und Zweck des Gesetzes. Der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Anspruchsvoraussetzung für Renten aus dem System der AdL kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie besteht durchgehend seit der Schaffung einer Altershilfe für Landwirte durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte vom 27.7.1957 (BGBl I 1063 - GAL -) und ist mit der Umwandlung des Sicherungssystems in eine Alterssicherung der Landwirte durch das ASRG 1995 in das ALG übernommen worden. Es wurden im Laufe der Zeit mehrfach Modifizierungen der Anforderungen an eine Unternehmensabgabe (heute § 21 ALG) vorgenommen (s zusammenfassend: Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 12.4.2012 , Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Stand März 2012; zur Darstellung der Gesetzesentwicklung im Einzelnen s BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 1/09 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 20 - 28 mwN). Die letzte Änderung hat § 21 ALG durch das LSV-NOG mit Wirkung ab 19.4.2012 (Art 14 Abs 2 iVm Art 4 Nr 5 LSV-NOG) erfahren.

51

Die Pflicht zur Unternehmensabgabe für Einzellandwirte und Landwirte in Personenmehrheiten, Personenhandelsgesellschaften und juristischen Personen ist ein wesentliches Strukturelement in der deutschen Landwirtschaft und damit auch der AdL (s zuletzt BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 1/09 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 29). Hiervon geht der Gesetzgeber des ALG bis heute aus. So hat er im Rahmen des Entwurfs des LSV-NOG erneut betont, dass der Hofabgabepflicht auch unter den heutigen Verhältnissen in der deutschen Landwirtschaft eine positive Auswirkung auf deren Struktur zukommt (s Begr des Gesetzentwurfs der Bundesregierung BR-Drucks 689/11 S 72). Dieser Gesetzeszweck ist indes nur zu erfüllen, wenn die Unternehmensabgabepflicht alle - ehemaligen - Landwirte, also sowohl die nach § 1 Abs 2 ALG als auch die nach § 1 Abs 3 ALG - hier also die Klägerin - trifft.

52

Die Pflicht zur Unternehmensabgabe betrifft alle landwirtschaftlichen Flächen, die dem Rentenantragsteller rechtlich zuzuordnen sind, sofern sie den sogenannten Rückbehalt nach § 21 Abs 7 ALG übersteigen. Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin gesetzlich nicht vorgeschrieben, dass "das Unternehmen der Landwirtschaft" iS des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG die sogenannte Mindestgröße gemäß § 1 Abs 2 und 5 ALG erreicht oder überschreitet. Im Zusammenhang mit den Regelungen über Rentenleistungen ist allein der Rückbehalt nicht aber die Mindestgröße entscheidend. Die Mindestgröße ist ausschließlich ein Kriterium für das Entstehen der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte gemäß § 1 Abs 1 und 2 ALG(sowie in der Krankenversicherung der Landwirte gemäß § 2 Abs 1 Nr 1, Abs 2 KVLG 1989). In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung spielt - abgesehen von § 123 Abs 2 SGB VII - eine Mindestgröße des Unternehmens für die Versicherungspflicht ohnehin keine Rolle. Auch die Bewirtschaftung von deutlich unterhalb der in der AdL geltenden Mindestgröße liegenden landwirtschaftlichen Flächen wird dort als landwirtschaftliches Unternehmen (vgl § 123 SGB VII)behandelt und löst gemäß § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB VII die Versicherungspflicht des Unternehmers aus.

53

Schließlich verstößt die Pflicht zur Unternehmensabgabe nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (GG), soweit dadurch nur landwirtschaftliche Unternehmer iS des § 1 Abs 2 und 3 ALG und nicht auch mitarbeitende Familienangehörige betroffen sind, Art 3 Abs 1 GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Das gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber jedoch nicht jede Differenzierung. Vielmehr bedürfen Differenzierungen stets einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt immer dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (Bundesverfassungsgericht Beschlüsse vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - SozR 4-7835 Art 1 Nr 1 RdNr 40 mwN; vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215 mwN; vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870 und vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - BVerfGE 126, 400, 416 mwN).

54

Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Gesetzgeber werden dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (zB BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - aaO, 418 mwN).

55

Eine Auseinandersetzung mit den genannten Prüfkriterien nach Art 3 Abs 1 GG setzt grundlegend voraus, dass eine Gleich- oder Ungleichbehandlung zweier Personengruppen durch das Gesetz vorliegt (s dazu allgemein Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 7 mwN). Zwar werden die Personengruppen der Landwirte und der mitarbeitenden Familienangehörigen durch verschiedene Regelungen des ALG erfasst und durchaus unterschiedlich behandelt, zB bei der Beitrags- und Rentenhöhe. Von der Regelung des § 12 Abs 1 ALG über den Anspruch auf vorzeitige Altersrente, die der Klägerin nach Vollendung des 63. Lebensjahres gewährt worden ist, ist die Gruppe der mitarbeitenden Familienangehörigen von vornherein nicht betroffen; denn ein solcher Anspruch ist allein Landwirten, nicht aber mitarbeitenden Familienangehörigen eingeräumt worden. Letztere hatten - wie Landwirte auch - gemäß § 12 Abs 3 iVm Abs 2 ALG damaliger Fassung ausschließlich bei Vorliegen einer Erwerbsminderung Anspruch auf Altersrente ab Vollendung des 60. Lebensjahres. § 12 Abs 1 ALG bewirkt danach im Hinblick auf die Pflicht zur Unternehmensabgabe keine Ungleichbehandlung der Gruppe der Landwirte gegenüber der Gruppe der mitarbeitenden Familienangehörigen.

56

Die Voraussetzungen des § 11 Abs 1 Nr 3 ALG (Unternehmensabgabe) erfüllte die Klägerin im Zeitpunkt der Bewilligung der vorzeitigen Altersrente (1.7.2000) nicht, weil die ihr gehörenden landwirtschaftlichen Flächen in Niederbayern nicht im Sinne des Gesetzes abgegeben waren.

57

Nach § 21 Abs 1 ALG "ist" ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach § 21 Abs 2 ALG "gilt" ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet oder diese mit einem Nießbrauch zugunsten Dritter belastet sind oder in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist. § 21 Abs 2 S 2 ALG regelt neben der Anordnung obligatorischer Schriftform, dass der Vertrag oder die Unmöglichkeit der Nutzung iS des Satzes 1 Nr 3 sich auf einen Zeitraum von mindestens 9 Jahren erstrecken muss. Weitere Regelungen zur Unternehmensabgabe für bestimmte Bereiche (zB Binnenfischerei), besondere Formen der Abgabe (zB Stilllegung) und besondere Konstellationen (zB Abgabe unter Ehegatten) trifft § 21 ALG in seinen weiteren Absätzen.

58

Hinsichtlich des von der Klägerin persönlich genutzten Obstgartens von 0,55 ha war keiner der Tatbestände des § 21 ALG erfüllt. Aber auch für eine von der Klägerin schriftlich verpachtete Fläche von zusammen 3 ha waren die Voraussetzungen nach § 21 Abs 2 S 2 ALG nicht erfüllt, weil diese Fläche im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 1.7.2000 nicht mehr für mindestens 9 Jahre verpachtet war. Der am 6.5.1996 geschlossene Pachtvertrag lief am 31.12.2006 und damit schon rund 6 ½ Jahre nach Rentenbeginn aus. Die Verpachtung einer weiteren landwirtschaftlich genutzten Fläche von 1,86 ha erfolgte erst vom 1.4.2005 an. Sie stand also im Zeitpunkt des Rentenbeginns in der Verfügungsmacht der Klägerin.

59

Damit war die komplette Fläche vom 5,41 ha in Niederbayern und damit das dortige landwirtschaftliche Unternehmen nicht abgegeben. Das gilt unabhängig davon, ob man der Klägerin über die in Oberbayern in Absprache mit der Beklagten zurückbehaltenen Flächen ihres Ehemannes hinaus einen eigenen Rückbehalt betreffend ihrer landwirtschaftlichen Flächen in Niederbayern zubilligt oder nicht. Denn eine landwirtschaftliche Fläche von 5,41 ha überschritt nach den Feststellungen des LSG sogar die in Niederbayern geltende Mindestgröße für landwirtschaftliche Flächen von 4 ha und damit erst recht den zulässigen Rückbehalt von 1 ha (25 Prozent der Mindestgröße).

60

Ob die weiteren Voraussetzungen des § 45 Abs 1 SGB X erfüllt sind, kann dagegen ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht beurteilt werden.

61

Die Beklagte durfte die Rentenbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 45 Abs 1 SGB X nur unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 dieser Vorschrift zurücknehmen. Nach § 45 Abs 2 S 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 45 Abs 2 S 2 SGB X ist das Vertrauen (des Begünstigten) in der Regel schutzwürdig, wenn er erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Allerdings kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs 2 S 3 SGB X auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

62

Das LSG hat angenommen, dass der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 auf in wesentlicher Beziehung unrichtigen oder unvollständigen Angaben der Klägerin beruht. Dem vermag der erkennende Senat nicht ohne Weiteres zu folgen. Die Beurteilung des LSG träfe zu, wenn die im Rentenantragsformular mit "nein" angekreuzte Antwort auf die Frage, ob "Sie oder Ihr Ehegatte noch weitere landw. Unternehmen betrieben" habe, von der Klägerin selbst stammt oder dieser zuzurechnen ist, etwa weil deren Ehemann die Frage auch für die Klägerin als Rentenantragstellerin in deren Auftrag beantwortet hat. Soweit das LSG in diesem Zusammenhang davon ausgegangen ist, dass die Klägerin am 4.4.2000 gemeinsam mit ihrem Ehemann vorzeitige Altersrente für Ehegatten eines Landwirts beantragt habe, wobei die Frage, ob sie oder ihr Ehegatte "noch weitere landwirtschaftliche Unternehmen betrieben" habe, verneint worden sei, handelt es sich nicht um das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG bindende tatsächliche Feststellungen.

63

Ein Rentenantrag ist eine Willenserklärung des Antragstellers, die auf den Erhalt einer Rente gerichtet ist, hier aus der AdL. Die Feststellung des Inhalts von Willenserklärungen gehört in den Bereich tatsächlicher Feststellungen, sodass das BSG grundsätzlich an die entsprechende Auslegung der Tatsacheninstanz gebunden ist. Begrenzt wird diese Bindung durch zulässige und begründete Verfahrensrügen (Lüdtke in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 163 RdNr 7 mwN). Den Inhalt einer Willenserklärung darf das Revisionsgericht rechtlich nur daraufhin prüfen, ob das Tatsachengericht bei der Würdigung der Willenserklärung die gesetzlichen Auslegungsregeln beachtet (§§ 133, 157 BGB; Erforschung des wirklichen Willens) und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat. Dabei hat es die in den Urteilen der Tatsacheninstanzen getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu beachten. Anders verhält es sich, wenn das Tatsachengericht die von ihm selbst festgestellten tatsächlichen Umstände nicht vollständig verwertet. Dann hat das Revisionsgericht sie in die Rechtsanwendung einzubeziehen (s insgesamt BSG Urteil vom 27.9.1994 - 10 RAr 1/93 - BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 jeweils mwN). Das Gleiche muss gelten, wenn das Tatsachengericht ohne hinreichende Feststellung tatsächlicher Umstände, wie etwa des Inhalts mündlicher oder schriftlicher Erklärungen, eine Willenserklärung inhaltlich bestimmt. Stützt das Gericht dagegen die Inhaltsbestimmung der Willenserklärung auf tatsächliche Feststellungen der abgegebenen Erklärungen, kann das Revisionsgericht lediglich das darüber hinausgehende Vorgehen der Tatsachengerichte, nämlich die Anwendung der gesetzlichen Auslegungsregeln, anerkannter Auslegungsgrundsätze, von Denkgesetzen, Erfahrungssätzen oder Verfahrensvorschriften als Teil der Rechtsanwendung dieses Gerichts voll inhaltlich überprüfen. Sofern die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ihrerseits auf Wertungen beruhen, gehören diese Wertungen nicht zur Rechtsanwendung, denn sie erfolgen im Rahmen der tatrichterlichen Überzeugungsbildung, bei den Sozialgerichten also gemäß § 128 SGG(s insgesamt BSG Urteil vom 27.9.1994, aaO; BSG Beschluss vom 25.10.2012 - B 9 SB 70/11 B - RdNr 8).

64

Die Annahme des LSG, die Klägerin habe am 4.4.2000 gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Rentenantrag gestellt, ergibt sich nicht ohne Weiteres aus dem Antragsformular, dessen Inhalt vom BSG selbst festgestellt werden kann, da das LSG darauf Bezug genommen hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 4 mwN). Vielmehr ist - in Verbindung mit dem Aktenvermerk der Beklagten vom 22.5.2000 - davon auszugehen, dass zunächst - unter dem 4.4.2000 - nur der Ehemann der Klägerin einen Antrag auf Altersrente für Landwirte ab dem 65. Lebensjahr gestellt hat, der am 8.5.2000 von der Beklagten erfasst worden ist. Allein der Ehemann der Klägerin hat dieses Antragsformular als Antragsteller unterschrieben. Der Antrag der Klägerin auf vorzeitige Altersrente für Ehegatten eines Landwirts ist dagegen offenbar erst am 22.5.2000 erfasst worden. Zwar hat die Klägerin das Antragsformular im Abschnitt G. in ihrer Eigenschaft als Ehefrau des Antragstellers unterschrieben. Es ist jedoch dem Formular nicht zweifelsfrei zu entnehmen, welche Bedeutung dieser Unterschrift zukommen sollte. Insbesondere ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, ob die Klägerin damit auch die Antwort auf die Frage 2. im Abschnitt B. derart bestätigt hat, dass diese ihr als eigene Angabe zugerechnet werden kann.

65

Die Unklarheiten, die sich daraus ergeben, dass der Antrag der Klägerin auf Gewährung vorzeitiger Altersrente nur auf dem Deckblatt des Antragsformulars ihres Ehemannes vermerkt worden ist, ohne dass die Klägerin ein (vollständiges) Antragsformular als Antragstellerin unterschrieben hat, erfordern weitere Tatsachenfeststellungen, insbesondere auch dazu, was mit ihr anlässlich ihrer Vorsprache bei der Beklagten am 22.5.2000 besprochen worden ist. Daraus sowie aus anderen Umständen könnte sich ergeben, dass ihr die Antwort auf die Frage 2. im Abschnitt B. zuzurechnen ist. Sollte das nicht der Fall sein, scheidet eine Verneinung von Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X aus.

66

Die bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG erlauben auch nicht den Schluss, dass der angefochtene Bescheid wegen Fehlens einer der weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X rechtswidrig ist. So hat das LSG zutreffend angenommen, dass die Fristen des § 45 Abs 3 und 4 SGB X erfüllt sind. Ob die Beklagte das ihr nach § 45 Abs 1 SGB X ("darf") eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat(vgl dazu Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 45 RdNr 88 bis 94 mwN), vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Sachstand allerdings nicht zu beurteilen. Denn neben den von der Beklagten im Widerspruchsbescheid ausdrücklich erwähnten Umständen, wie etwa der wirtschaftlichen Belastung der Klägerin durch die Erstattung der Rentenbeträge, können auch die Gegebenheiten der Rentenantragstellung im Rahmen der Ermessensentscheidung abzuwägen sein.

67

Solange nicht feststeht, ob die Rücknahme der Rentenbewilligung Bestand hat, kann nicht über die Rückforderung der gezahlten Rentenbeträge entschieden werden (vgl § 50 Abs 1 SGB X).

68

Da die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG weder in formeller noch in materieller Hinsicht bestätigt werden kann und die erforderliche Sachverhaltsaufklärung im Revisionsverfahren nicht erfolgen kann (§ 163 SGG), ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 S 2 SGG).

69

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG überlassen.

(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.

(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.