Bundessozialgericht Beschluss, 10. Okt. 2017 - B 12 KR 64/17 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:101017BB12KR6417B0
bei uns veröffentlicht am10.10.2017

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Januar 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob ein früherer Rechtsstreit über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zum Teil wirksam für erledigt erklärt wurde.

2

Die beklagte Krankenkasse hatte festgestellt, dass die Klägerin in den Zeiten vom 1.11.2008 bis 20.3.2009, 1.4. bis 15.9.2009, 1.10. bis 31.12.2009 sowie 1.1. bis 9.3.2010 aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der GKV unterlag. Ein hierzu geführter Rechtsstreit wurde durch das Bayerische LSG durch Urteil vom 11.11.2014 (Aktenzeichen L 5 KR 316/12) rechtskräftig entschieden. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Beteiligten hätten in der mündlichen Verhandlung die Zeiträume vom 1.1. bis 9.3.2010 sowie ab 1.8.2011 für erledigt erklärt. Das BSG verwarf die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Klägerin durch Beschluss vom 27.7.2015 als unzulässig (Aktenzeichen B 12 KR 26/15 B).

3

Die in H. lebende Klägerin macht ua eine Anfechtung der Erklärung geltend. Im vorliegenden Verfahren begehrt die vor dem LSG unvertretene Klägerin sinngemäß die Feststellung, dass der frühere Rechtsstreit nicht durch eine Teil-Erledigterklärung teilweise erledigt worden ist. Nach Weiterleitung eines - neben weiteren Verfahren - beim SG Hamburg anhängig gemachten Verfahrens an das Bayerische LSG bestimmte der Senatsvorsitzende des LSG durch Verfügung vom 12.12.2016 den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17.1.2017, 11:00 Uhr. Das persönliche Erscheinen der Klägerin wurde nicht angeordnet. Die Ladung wurde der Klägerin am 14.12.2016 zugestellt.

4

Die Klägerin beantragte bei der Geschäftsstelle des LSG am Mittwoch, dem 11.1.2017, telefonisch eine Terminsverlegung, weil sie mit hohem Fieber einhergehend erkrankt sei. Auf der Rückseite der Gesprächsnotiz vermerkte der Senatsvorsitzende des LSG am 12.1.2017 handschriftlich: "Dem Verlegungsantrag ist nicht zu entsprechen, der Rechtsstreit ist entscheidungsreif, das PE der Klägerin nicht angeordnet. Zudem bestünde (im handschriftlichen Original schwer lesbar) kein glaubhafter Verhinderungsgrund". Mit Telefax vom 12.1.2017 wiederholte die Klägerin ihren Verlegungsantrag wegen einer "Bronchitis mit sehr hohem Fieber". Ein Attest werde umgehend nachgesendet. Im Hinblick auf darin im letzten Absatz gemachte Ausführungen zu einer Forderungsniederschlagung verfügte der Senatsvorsitzende des LSG eine Weiterleitung an die Beklagte "zur sofortigen Stellungnahme". Am 13.1.2017 führte die Klägerin mit dem Senatsvorsitzenden des LSG ein Telefonat, in dem sie sich nach der "Terminabsetzung" erkundigte. In einer Gesprächsnotiz vermerkte der Vorsitzende als Antwort "Derzeit Abwarten Stellungnahme (im handschriftlichen Original schwer lesbar) DAK Hinweis auf Gegenstand". Mit Telefax von Montag, dem 16.1.2017, (Uhrzeit laut Kopfzeile 13:15 Uhr) legte die Klägerin ein ärztliches Attest vom 16.1.2017 vor. Darin wird ausgeführt: "Aufgrund einer akuten bakteriellen Bronchitis mit Antibiotikaindikation besteht z.zt. keine Reisefähigkeit und auch aus gesundheitlichen Gründen keine Verhandlungsfähigkeit." Auf der Rückseite des Attests verfügte der Senatsvorsitzende des LSG am 16.1.2017 "z.A.". Mit weiterem Telefax vom 16.1.2017 (Uhrzeit laut Kopfzeile 18:28 Uhr) trug die Klägerin zur Sache vor. Mit Telefax vom 17.1.2017 (Uhrzeit laut Kopfzeile 11:02 Uhr) beantragte die Klägerin, "falls es bei der Erledigungserklärung" bleibe, eine "Kostenfestsetzung in der Sache".

5

Das LSG hat am 17.1.2017 von 11:20 Uhr bis 11:35 Uhr in Abwesenheit der unvertretenen Klägerin mündlich verhandelt. Durch Urteil vom 17.1.2017 hat es festgestellt, dass der frühere Rechtsstreit durch Teil-Erledigterklärung beendet worden ist. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Sie rügt ua die Verletzung von §§ 110, 202 SGG und § 227 ZPO (Terminsänderung).

6

II. 1. Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Ihre Begründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Insbesondere bezeichnet sie die Tatsachen, aus denen sich der geltend gemachte Verfahrensmangel (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) ergibt. Weitergehender Ausführungen zum Beruhen der angegriffenen Entscheidung auf dem Verfahrensfehler bedarf es nicht, wenn - wie hier - ein Beschwerdeführer behauptet, um sein Recht auf eine mündliche Verhandlung gebracht worden zu sein (vgl BSG Beschluss vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - Juris RdNr 8 mwN).

7

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das LSG-Urteil ist verfahrensfehlerhaft, weil das LSG die wiederholten Anträge der unvertretenen Klägerin auf Terminsaufhebung nicht ordnungsgemäß beschieden hat.

8

Gemäß § 124 Abs 1 SGG entscheidet das Gericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. Dieser Mündlichkeitsgrundsatz räumt den Beteiligten und ihren Prozessbevollmächtigten das Recht ein, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in einer mündlichen Verhandlung umfasst auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten oder auf Vertagung eines bereits begonnenen Termins, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist (§ 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 227 Abs 2 ZPO iVm § 202 SGG). Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag hat der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 227 Abs 4 S 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Ein Antrag auf Terminsaufhebung bzw -verlegung ist förmlich (kurz) zu bescheiden, sofern dies noch technisch durchführbar und zeitlich zumutbar ist (zB OLG Karlsruhe MDR 1991, 1195; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl 2017, § 227 RdNr 56 mwN). Über die Entscheidung sind die Beteiligten (formlos) in Kenntnis zu setzen (vgl § 329 Abs 2 S 1 ZPO iVm § 202 SGG). Kommt der Vorsitzende seiner Verpflichtung zur Bescheidung eines Terminsaufhebungs- bzw -verlegungsantrags bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung nicht nach, leidet das Verfahren wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel (vgl BSG Beschluss vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - Juris RdNr 10 mwN). Dies ist hier anzunehmen.

9

a) Die unvertretene Klägerin hat wiederholt telefonisch und schriftlich Anträge auf Terminsaufhebung beim LSG gestellt.

10

b) Es sind keine Gründe ersichtlich, die einer Entscheidung über die Anträge auf Terminsaufhebung vor Durchführung der mündlichen Verhandlung und dem Versuch einer Kontaktaufnahme mit der Klägerin spätestens am Vortag der mündlichen Verhandlung entgegengestanden hätten. Eine entsprechende Entscheidung des Vorsitzenden war möglich und zumutbar. Sie war auch nicht entbehrlich: Die Klägerin hatte Anträge auf Terminsaufhebung ausdrücklich gestellt und hierfür gesundheitliche Gründe angegeben, die sie zuletzt mit einer ärztlichen Bescheinigung am 16.1.2017 belegt hat.

11

c) Nach Aktenlage ist auf die wiederholten Terminsaufhebungsanträge der Klägerin vor Durchführung der mündlichen Verhandlung seitens des LSG nur hinsichtlich des ersten Antrags vom 11.1.2017 am 12.1.2017 durch den Senatsvorsitzenden des LSG eine Entscheidung ergangen, über die die Klägerin allerdings nach Aktenlage nicht informiert wurde. In einem Telefonat der Klägerin mit dem Senatsvorsitzenden des LSG am 13.1.2017 ist als Antwort lediglich "Derzeit Abwarten Stellungnahme (im handschriftlichen Original schwer lesbar) DAK (…)" vermerkt. Eine Reaktion auf die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung am 16.1.2017 erfolgte gegenüber der Klägerin nicht. Eine kurzfristige telefonische Kontaktaufnahme mit der Klägerin war zumutbar und möglich. In der Gesprächsnotiz vom 11.1.2017 sind eine Festnetz- und eine Mobilfunktelefonnummer der Klägerin vermerkt. Versuche, die Klägerin zB telefonisch darüber zu informieren, dass der Termin am 17.1.2017 trotz ihrer Terminsaufhebungsanträge stattfindet, sind in der Gerichtsakte nicht vermerkt.

12

3. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

13

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. (3) Entscheidungen des Gerichts, d

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(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht1.das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 62


Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 329 Beschlüsse und Verfügungen


(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 110


(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kan

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Bundessozialgericht Beschluss, 03. Juli 2013 - B 12 R 38/12 B

bei uns veröffentlicht am 03.07.2013

Tenor Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 2012 aufgehoben.
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Bundessozialgericht Beschluss, 19. Dez. 2017 - B 1 KR 38/17 B

bei uns veröffentlicht am 19.12.2017

Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2017 aufgehoben.

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(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten - so das LSG - über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung eines Zuschusses zu den Aufwendungen des beklagten Rentenversicherungsträgers für die Krankenversicherung.

2

Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertritt sich in eigener Sache selbst. Durch Gerichtsbescheid vom 17.1.2012 hat das SG die gegen die Bescheide der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 20.1.2012 zugestellt worden. Mit einem per Telefax an das SG am 21.2.2012 (Dienstag) übermittelten Schreiben vom 21.2.2012 hat der Kläger hiergegen Berufung eingelegt. Das Telefax ist mit Schreiben vom 24.2.2012 an das LSG weitergeleitet worden. Auf den Hinweis des LSG auf die mögliche Nichteinhaltung der Berufungsfrist hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt: Aufgrund seiner gesundheitlichen Situation sei er wiederholt in stationärer Behandlung gewesen. Als er am 27.1.2012 in seiner Kanzlei gewesen sei, habe er den Gerichtsbescheid des SG vorgefunden und das auf dem Umschlag handschriftlich vermerkte Datum der Zustellung als "26.01.12" gelesen. Es sei eindeutig, dass es sich bei der Tagesangabe um die Ziffern 26 und nicht um die Ziffern 20 handele, da sich der Schriftzug an der zweiten Stelle der Tagesangabe von dem Schriftzug der Ziffer 0 in der Monatsangabe unterscheide, weil er keinen geschlossenen Kreis bilde, sondern rechts offen sei.

3

Das LSG hat einen Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.6.2012 um 9.30 Uhr bestimmt und die Beteiligten hierüber durch Schreiben vom 25.5.2012, das dem Kläger am 26.5.2012 zugestellt worden ist, informiert. Der Kläger ist darin darauf hingewiesen worden, dass es ihm frei stehe, zur Verhandlung zu erscheinen.

4

Mit Schreiben vom 22.6.2012 hat der Kläger beantragt, den Termin am "26.4.2012" aufzuheben. Unter der Datumsangabe enthält es den Zusatz "Bitte sofort vorlegen! Termin: 26-06-2012!". Zur Begründung hat er angeführt, derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage zu sein, einen so frühen Termin wahrzunehmen. Die Erledigung der vor Verlassen der Wohnung anstehenden "Notwendigkeiten etc." nehme mehrere Stunden in Anspruch. Erforderliche fremde Hilfe sei so früh am Tage nicht verfügbar. Vor allem sei es ihm aufgrund der Wirkungen der "notwendigen starken Schmerzmittel (Schläfrigkeit)" nicht möglich, so früh eine Reise zu unternehmen und einen Gerichtstermin wahrzunehmen. Dies sei allenfalls für einen Termin am späten Vormittag einrichtbar. Die persönliche Wahrnehmung des Termins halte er für notwendig, auch deshalb, um den Umschlag im Original vorzulegen, mit dem der Gerichtsbescheid des SG übersandt und auf dem handschriftlich das Datum der Zustellung vermerkt worden sei.

5

Nach den Feststellungen des LSG ist das Schreiben des Klägers vom 22.6.2012 per Telefax am 22.6.2012 (Freitag) um 20.38 Uhr beim LSG eingegangen. Das in den Akten befindliche Originalschreiben trägt den Eingangsstempel des LSG vom 25.6.2012 (Montag). Am 26.6.2012 (Dienstag) hat das LSG in Abwesenheit des Klägers eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Dem Sitzungsvertreter der Beklagten ist eine Kopie des Schriftsatzes des Klägers vom 22.6.2012 überreicht worden.

6

Durch Urteil vom 26.6.2012 hat das LSG die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Es habe trotz des Vertagungsantrags des Klägers in dessen Abwesenheit verhandeln und entscheiden können, weil dem Antrag nicht zu entsprechen gewesen sei, da er die geltend gemachten Vertagungsgründe schon nicht glaubhaft gemacht habe. Die Berufung sei wegen Versäumung der Berufungsfrist unzulässig. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor. Insbesondere hätte der Kläger bei einer nicht sicheren Lesbarkeit des Zustellungsvermerks zB beim SG nachfragen müssen, welches Datum richtig sei.

7

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er rügt ua die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.

8

II. 1. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig. Ihre Begründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Insbesondere bezeichnet sie die Tatsachen, aus denen sich der geltend gemachte Verfahrensmangel (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) ergibt. Weitergehender Ausführungen zum Beruhen der angegriffenen Entscheidung auf dem Verfahrensfehler bedarf es nicht, wenn - wie hier - ein Beschwerdeführer behauptet, um sein Recht auf eine mündliche Verhandlung gebracht worden zu sein (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 10; BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 62).

9

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das LSG-Urteil ist schon deshalb verfahrensfehlerhaft, weil das LSG den Antrag des Klägers auf Terminsaufhebung vom 22.6.2012 nicht ordnungsgemäß beschieden hat.

10

Gemäß § 124 Abs 1 SGG entscheidet das Gericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. Dieser Mündlichkeitsgrundsatz räumt den Beteiligten und ihren Prozessbevollmächtigten das Recht ein, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden. Dem Grundsatz kommt im Berufungsverfahren besondere Bedeutung zu, wenn - wie vorliegend - erstinstanzlich ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wurde (zum Ausschluss der Möglichkeit der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss in einem solchen Fall vgl § 153 Abs 4 S 1 SGG). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in einer mündlichen Verhandlung umfasst auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten oder auf Vertagung eines bereits begonnenen Termins, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist (§ 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 227 Abs 2 ZPO iVm § 202 SGG). Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag hat der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 227 Abs 4 S 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Ein Antrag auf Terminsaufhebung bzw -verlegung ist förmlich (kurz) zu bescheiden, sofern dies noch technisch durchführbar und zeitlich zumutbar ist (zB OLG Karlsruhe MDR 1991, 1195; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl 2013, § 227 RdNr 56 mwN). Über die Entscheidung sind die Beteiligten (formlos) in Kenntnis zu setzen (vgl § 329 Abs 2 S 1 ZPO iVm § 202 SGG). Kommt der Vorsitzende seiner Verpflichtung zur Bescheidung eines Terminsaufhebungs- bzw -verlegungsantrags bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung nicht nach, leidet das Verfahren wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 8; Beschluss vom 13.11.2012 - B 2 U 269/12 B - Juris RdNr 10 jeweils mwN). Dies ist hier anzunehmen.

11

a) Der Antrag auf Terminsaufhebung ist per Telefax am Freitag, den 22.6.2012, und per Post am Montag, den 25.6.2012, beim LSG eingegangen. Ob er dem Senatsvorsitzenden zeitnah vorgelegt oder dem erkennenden Senat des LSG erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung von der Geschäftsstelle zugeleitet wurde, wofür seine Qualifizierung als "Vertagungsantrag" in den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils spricht, kann offenbleiben: Zum einen ist davon auszugehen, dass der Kläger durch die Zuleitung des Antrags per Telefax am Freitagabend vor der für Dienstagvormittag anberaumten Sitzung das seinerseits Erforderliche getan hatte, um eine rechtzeitige Entscheidung über seinen Terminsaufhebungsantrag noch vor dem Termin zu ermöglichen. Zum anderen lag das Schreiben jedenfalls spätestens in der mündlichen Verhandlung vor, da ausweislich der Sitzungsniederschrift dem Sitzungsvertreter der Beklagten eine Abschrift ausgehändigt wurde.

12

b) Es sind keine Gründe ersichtlich, die einer Entscheidung über den Antrag auf Terminsaufhebung vor Durchführung der mündlichen Verhandlung und dem Versuch einer Kontaktaufnahme mit dem Kläger am Vortag der mündlichen Verhandlung entgegengestanden hätten. Eine entsprechende Entscheidung des Vorsitzenden war möglich und zumutbar. Sie war auch nicht entbehrlich: Der Kläger hatte einen Antrag auf Terminsaufhebung ausdrücklich gestellt und hierfür ua gesundheitliche Gründe - unbeachtlich ihrer Qualität - angegeben. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob dem Antrag zu folgen gewesen wäre. Es ist durchaus zweifelhaft, ob der Kläger den oben genannten gesetzlichen Anforderungen entsprechend erhebliche Gründe für eine Terminsaufhebung glaubhaft gemacht hat. Wird eine Terminsaufhebung bzw -verlegung erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt und mit einer Erkrankung begründet, so muss der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw Reisefähigkeit besteht. Im Falle eines erst kurz vor dem Termin gestellten Aufhebungs- bzw Verlegungsantrags ist das Gericht - jedenfalls bei einem anwaltlich vertretenen Kläger - grundsätzlich weder verpflichtet, dem Betroffenen einen Hinweis zu geben, noch, ihn zur Ergänzung seines Vortrags aufzufordern oder selbst Nachforschungen anzustellen (BSG SozR 4-1500 § 110 Nr 1 RdNr 12 f mwN). Der Fall einer solchen fehlenden Handlungsnotwendigkeit des Gerichts liegt hier nach den Umständen nicht vor, denn die vom Kläger vorgetragenen Umstände schlossen jedenfalls nicht von vornherein aus, dass seine Verhandlungsunfähigkeit bestand. Demzufolge durfte das LSG den Terminsaufhebungsantrag auch nicht erst in seinem Urteil vom 26.6.2012 abhandeln.

13

c) Nach Aktenlage ist auf den Terminsaufhebungsantrag des Klägers vom 22.6.2012 vor Durchführung der mündlichen Verhandlung seitens des LSG keine Entscheidung und keine Reaktion gegenüber dem Kläger erfolgt. In diesem Zusammenhang stehende verfahrensleitende Verfügungen oder Vermerke sind der Gerichtsakte nicht zu entnehmen. Selbst wenn der Antrag des Klägers dem erkennenden Senat des LSG von der Geschäftsstelle erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugeleitet worden wäre, hätte das LSG angesichts der spätestens dann erkennbaren zeitlichen Abläufe zur Vermeidung eines Verfahrensfehlers den Rechtsstreit vertagen können und müssen.

14

3. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

15

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.

(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.

(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten - so das LSG - über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung eines Zuschusses zu den Aufwendungen des beklagten Rentenversicherungsträgers für die Krankenversicherung.

2

Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertritt sich in eigener Sache selbst. Durch Gerichtsbescheid vom 17.1.2012 hat das SG die gegen die Bescheide der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 20.1.2012 zugestellt worden. Mit einem per Telefax an das SG am 21.2.2012 (Dienstag) übermittelten Schreiben vom 21.2.2012 hat der Kläger hiergegen Berufung eingelegt. Das Telefax ist mit Schreiben vom 24.2.2012 an das LSG weitergeleitet worden. Auf den Hinweis des LSG auf die mögliche Nichteinhaltung der Berufungsfrist hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt: Aufgrund seiner gesundheitlichen Situation sei er wiederholt in stationärer Behandlung gewesen. Als er am 27.1.2012 in seiner Kanzlei gewesen sei, habe er den Gerichtsbescheid des SG vorgefunden und das auf dem Umschlag handschriftlich vermerkte Datum der Zustellung als "26.01.12" gelesen. Es sei eindeutig, dass es sich bei der Tagesangabe um die Ziffern 26 und nicht um die Ziffern 20 handele, da sich der Schriftzug an der zweiten Stelle der Tagesangabe von dem Schriftzug der Ziffer 0 in der Monatsangabe unterscheide, weil er keinen geschlossenen Kreis bilde, sondern rechts offen sei.

3

Das LSG hat einen Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.6.2012 um 9.30 Uhr bestimmt und die Beteiligten hierüber durch Schreiben vom 25.5.2012, das dem Kläger am 26.5.2012 zugestellt worden ist, informiert. Der Kläger ist darin darauf hingewiesen worden, dass es ihm frei stehe, zur Verhandlung zu erscheinen.

4

Mit Schreiben vom 22.6.2012 hat der Kläger beantragt, den Termin am "26.4.2012" aufzuheben. Unter der Datumsangabe enthält es den Zusatz "Bitte sofort vorlegen! Termin: 26-06-2012!". Zur Begründung hat er angeführt, derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage zu sein, einen so frühen Termin wahrzunehmen. Die Erledigung der vor Verlassen der Wohnung anstehenden "Notwendigkeiten etc." nehme mehrere Stunden in Anspruch. Erforderliche fremde Hilfe sei so früh am Tage nicht verfügbar. Vor allem sei es ihm aufgrund der Wirkungen der "notwendigen starken Schmerzmittel (Schläfrigkeit)" nicht möglich, so früh eine Reise zu unternehmen und einen Gerichtstermin wahrzunehmen. Dies sei allenfalls für einen Termin am späten Vormittag einrichtbar. Die persönliche Wahrnehmung des Termins halte er für notwendig, auch deshalb, um den Umschlag im Original vorzulegen, mit dem der Gerichtsbescheid des SG übersandt und auf dem handschriftlich das Datum der Zustellung vermerkt worden sei.

5

Nach den Feststellungen des LSG ist das Schreiben des Klägers vom 22.6.2012 per Telefax am 22.6.2012 (Freitag) um 20.38 Uhr beim LSG eingegangen. Das in den Akten befindliche Originalschreiben trägt den Eingangsstempel des LSG vom 25.6.2012 (Montag). Am 26.6.2012 (Dienstag) hat das LSG in Abwesenheit des Klägers eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Dem Sitzungsvertreter der Beklagten ist eine Kopie des Schriftsatzes des Klägers vom 22.6.2012 überreicht worden.

6

Durch Urteil vom 26.6.2012 hat das LSG die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Es habe trotz des Vertagungsantrags des Klägers in dessen Abwesenheit verhandeln und entscheiden können, weil dem Antrag nicht zu entsprechen gewesen sei, da er die geltend gemachten Vertagungsgründe schon nicht glaubhaft gemacht habe. Die Berufung sei wegen Versäumung der Berufungsfrist unzulässig. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor. Insbesondere hätte der Kläger bei einer nicht sicheren Lesbarkeit des Zustellungsvermerks zB beim SG nachfragen müssen, welches Datum richtig sei.

7

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er rügt ua die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.

8

II. 1. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig. Ihre Begründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Insbesondere bezeichnet sie die Tatsachen, aus denen sich der geltend gemachte Verfahrensmangel (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) ergibt. Weitergehender Ausführungen zum Beruhen der angegriffenen Entscheidung auf dem Verfahrensfehler bedarf es nicht, wenn - wie hier - ein Beschwerdeführer behauptet, um sein Recht auf eine mündliche Verhandlung gebracht worden zu sein (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 10; BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 62).

9

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das LSG-Urteil ist schon deshalb verfahrensfehlerhaft, weil das LSG den Antrag des Klägers auf Terminsaufhebung vom 22.6.2012 nicht ordnungsgemäß beschieden hat.

10

Gemäß § 124 Abs 1 SGG entscheidet das Gericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. Dieser Mündlichkeitsgrundsatz räumt den Beteiligten und ihren Prozessbevollmächtigten das Recht ein, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden. Dem Grundsatz kommt im Berufungsverfahren besondere Bedeutung zu, wenn - wie vorliegend - erstinstanzlich ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wurde (zum Ausschluss der Möglichkeit der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss in einem solchen Fall vgl § 153 Abs 4 S 1 SGG). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in einer mündlichen Verhandlung umfasst auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten oder auf Vertagung eines bereits begonnenen Termins, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist (§ 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 227 Abs 2 ZPO iVm § 202 SGG). Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag hat der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 227 Abs 4 S 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 SGG). Ein Antrag auf Terminsaufhebung bzw -verlegung ist förmlich (kurz) zu bescheiden, sofern dies noch technisch durchführbar und zeitlich zumutbar ist (zB OLG Karlsruhe MDR 1991, 1195; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl 2013, § 227 RdNr 56 mwN). Über die Entscheidung sind die Beteiligten (formlos) in Kenntnis zu setzen (vgl § 329 Abs 2 S 1 ZPO iVm § 202 SGG). Kommt der Vorsitzende seiner Verpflichtung zur Bescheidung eines Terminsaufhebungs- bzw -verlegungsantrags bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung nicht nach, leidet das Verfahren wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 8; Beschluss vom 13.11.2012 - B 2 U 269/12 B - Juris RdNr 10 jeweils mwN). Dies ist hier anzunehmen.

11

a) Der Antrag auf Terminsaufhebung ist per Telefax am Freitag, den 22.6.2012, und per Post am Montag, den 25.6.2012, beim LSG eingegangen. Ob er dem Senatsvorsitzenden zeitnah vorgelegt oder dem erkennenden Senat des LSG erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung von der Geschäftsstelle zugeleitet wurde, wofür seine Qualifizierung als "Vertagungsantrag" in den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils spricht, kann offenbleiben: Zum einen ist davon auszugehen, dass der Kläger durch die Zuleitung des Antrags per Telefax am Freitagabend vor der für Dienstagvormittag anberaumten Sitzung das seinerseits Erforderliche getan hatte, um eine rechtzeitige Entscheidung über seinen Terminsaufhebungsantrag noch vor dem Termin zu ermöglichen. Zum anderen lag das Schreiben jedenfalls spätestens in der mündlichen Verhandlung vor, da ausweislich der Sitzungsniederschrift dem Sitzungsvertreter der Beklagten eine Abschrift ausgehändigt wurde.

12

b) Es sind keine Gründe ersichtlich, die einer Entscheidung über den Antrag auf Terminsaufhebung vor Durchführung der mündlichen Verhandlung und dem Versuch einer Kontaktaufnahme mit dem Kläger am Vortag der mündlichen Verhandlung entgegengestanden hätten. Eine entsprechende Entscheidung des Vorsitzenden war möglich und zumutbar. Sie war auch nicht entbehrlich: Der Kläger hatte einen Antrag auf Terminsaufhebung ausdrücklich gestellt und hierfür ua gesundheitliche Gründe - unbeachtlich ihrer Qualität - angegeben. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob dem Antrag zu folgen gewesen wäre. Es ist durchaus zweifelhaft, ob der Kläger den oben genannten gesetzlichen Anforderungen entsprechend erhebliche Gründe für eine Terminsaufhebung glaubhaft gemacht hat. Wird eine Terminsaufhebung bzw -verlegung erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt und mit einer Erkrankung begründet, so muss der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw Reisefähigkeit besteht. Im Falle eines erst kurz vor dem Termin gestellten Aufhebungs- bzw Verlegungsantrags ist das Gericht - jedenfalls bei einem anwaltlich vertretenen Kläger - grundsätzlich weder verpflichtet, dem Betroffenen einen Hinweis zu geben, noch, ihn zur Ergänzung seines Vortrags aufzufordern oder selbst Nachforschungen anzustellen (BSG SozR 4-1500 § 110 Nr 1 RdNr 12 f mwN). Der Fall einer solchen fehlenden Handlungsnotwendigkeit des Gerichts liegt hier nach den Umständen nicht vor, denn die vom Kläger vorgetragenen Umstände schlossen jedenfalls nicht von vornherein aus, dass seine Verhandlungsunfähigkeit bestand. Demzufolge durfte das LSG den Terminsaufhebungsantrag auch nicht erst in seinem Urteil vom 26.6.2012 abhandeln.

13

c) Nach Aktenlage ist auf den Terminsaufhebungsantrag des Klägers vom 22.6.2012 vor Durchführung der mündlichen Verhandlung seitens des LSG keine Entscheidung und keine Reaktion gegenüber dem Kläger erfolgt. In diesem Zusammenhang stehende verfahrensleitende Verfügungen oder Vermerke sind der Gerichtsakte nicht zu entnehmen. Selbst wenn der Antrag des Klägers dem erkennenden Senat des LSG von der Geschäftsstelle erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugeleitet worden wäre, hätte das LSG angesichts der spätestens dann erkennbaren zeitlichen Abläufe zur Vermeidung eines Verfahrensfehlers den Rechtsstreit vertagen können und müssen.

14

3. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

15

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.