Bundessozialgericht Urteil, 03. Mai 2018 - B 11 AL 2/17 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:030518UB11AL217R0
bei uns veröffentlicht am03.05.2018

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird die Berufung des Klägers unter Änderung des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 2016 als unzulässig verworfen, soweit das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. Mai 2015 (Az S 8 AL 142/12) sowie der Bescheid vom 30. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2012 aufgehoben wurden.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 der Kosten des Revisions- und Berufungsverfahrens sowie die Kosten des Klageverfahrens S 8 AL 144/12 zu erstatten. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten zum einen über eine Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alg um 42 Tage, die Aufhebung der Bewilligung von Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung vom 1.12.2011 bis 11.1.2012 und die Verpflichtung zur Erstattung von Alg in Höhe von 397,50 Euro für Dezember 2011. Zum anderen wendet sich der Kläger gegen eine Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alg um 84 Tage und der Aufhebung von Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung vom 12.1.2012 bis 4.4.2012.

2

Die Beklagte bewilligte dem in Radeburg/Sachsen lebenden Kläger, der zuletzt eine Tätigkeit als Beikoch ausgeübt hatte, Alg ab 1.7.2011 für 300 Kalendertage in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 13,25 Euro (Vorläufiger Bescheid vom 17.8.2011; Bescheid vom 12.9.2011). Am 29.11.2011 unterbreitete sie ihm im Rahmen einer persönlichen Vorsprache zwei Vermittlungsvorschläge, einmal als Beikoch (H. in B.) und einmal als Koch (B. in S.). Ein weiteres Stellenangebot als Beikoch (E. in M.) übersandte die Beklagte am 30.11.2011 per Post. Mit Schreiben vom 4.1.2012 hörte sie den Kläger zum Eintritt einer Sperrzeit wegen des Vermittlungsvorschlags B. I. an, mit Schreiben vom 9.1.2012 zu den Vermittlungsvorschlägen S. und E.

3

Nach der Mitteilung des Klägers, sich auf keine der Stellen beworben zu haben, verfügte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit vom 1.12.2011 bis 21.12.2011 - mit einer entsprechenden Minderung der Anspruchsdauer - wegen fehlender Kontaktaufnahme mit dem S. und hob die Bewilligung von Alg für diesen Zeitraum auf (Bescheid vom 30.1.2012, der bindend geworden ist). Mit weiterem Bescheid (ebenfalls vom 30.1.2012) verfügte sie das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer zweiten und somit sechswöchigen Sperrzeit vom 1.12.2011 bis 11.1.2012 wegen der Nichtbewerbung des Klägers beim B. I., hob die Bewilligung von Alg für diesen Zeitraum ebenfalls auf und machte einen Erstattungsanspruch wegen überzahltem Alg für Dezember 2011 in Höhe von 397,50 Euro geltend; diese Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 42 Tage. Mit einem dritten Bescheid (wiederum vom 30.1.2012) verfügte die Beklagte schließlich das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer dritten und somit zwölfwöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 12.1.2012 bis 4.4.2012 wegen der Nichtbewerbung des Klägers bei den E. und hob die Bewilligung von Alg auch für diesen Zeitraum auf; diese Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um weitere 84 Tage.

4

Widerspruch und Klage gegen die beiden letztgenannten Bescheide blieben jeweils erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 17. und 20.2.2012; Urteile des SG Dresden vom 28.5.2015). Auf die Berufungen des Klägers hat das LSG durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin - im Einverständnis der Beteiligten mit dieser Vorgehensweise - im Termin zur mündlichen Verhandlung beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Urteile des SG Dresden sowie die beiden angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 5.2.2016). Die dem Kläger am 29.11.2011 unterbreiteten zwei Vermittlungsvorschläge müssten als einheitlicher Vorgang angesehen werden, der nur zu einer einzigen Sperrzeit führen könne, weil der Arbeitslose nur in der Lage sei, ein Arbeitsangebot anzunehmen und die Ablehnung durch eine Handlung als einheitlicher Akt sowie aus einem einheitlichen Motiv heraus erfolge. Deshalb sei nur von zwei Vermittlungsangeboten auszugehen, welche allenfalls zu einem ersten und einem zweiten versicherungswidrigen Verhalten führen könnten. Doch liege auch ein zweites versicherungswidriges Verhalten im Hinblick auf das am 30.11.2011 per Post übersandte Angebot nicht vor, weil es zu diesem Zeitpunkt an der erforderlichen Feststellung des Eintritts einer ersten Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung gefehlt habe. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X nicht vor, weil dem Kläger kein grob fahrlässiges Verhalten vorwerfbar sei.

5

Dagegen hat die Beklagte die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt als Verfahrensmangel zum einen die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts wegen der Entscheidung durch den Einzelrichter. Ein weiterer Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhe, läge zudem darin, dass das LSG gegen die Pflicht verstoßen habe, das Urteil mit einer in sich widerspruchsfreien Begründung zu versehen. Materiell-rechtlich verletze das Urteil § 144 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III aF, denn die Rechtmäßigkeit der Feststellung einer zweiten Sperrzeit setze nicht voraus, dass zuvor ein Bescheid über die Feststellung einer ersten Sperrzeit ergangen sei. Eines schriftlichen Bescheids über den Eintritt der Sperrzeiten nach Entstehung des Anspruchs und eines Hinweises auf die Rechtsfolgen bedürfe es gemäß § 147 Abs 1 Nr 2 SGB III aF bzw § 161 Abs 1 Nr 2 SGB III nur als Voraussetzung für das Erlöschen des Leistungsanspruchs wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 21 Wochen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Dresden vom 28. Mai 2015 (Az: S 8 AL 142/12 und Az: S 8 AL 144/12) zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Soweit das LSG das Urteil des SG Dresden vom 28.5.2015 (Az S 8 AL 142/12), das die sechswöchige Sperrzeit vom 1.12.2011 bis 11.1.2012 betrifft, sowie den entsprechenden Bescheid vom 30.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.2.2013 (Az W 311/12) aufgehoben hat, ist das Urteil zu ändern und die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen ist die Revision unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat im Ergebnis zu Recht auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG Dresden vom 28.5.2015 (Az S 8 AL 144/12), das die zwölfwöchige Sperrzeit vom 12.1.2012 bis 4.4.2012 betrifft, sowie den entsprechenden Bescheid vom 30.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.2.2013 (Az W 312/12) aufgehoben.

10

1. Streitgegenstand ist neben den Entscheidungen der Vorinstanzen zum einen der Bescheid der Beklagten, durch den diese wegen des Ruhens des Anspruchs auf Alg infolge des Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit vom 1.12.2011 bis 11.1.2012 die Minderung des Anspruchs auf Alg um 42 Tage verfügt, die Bewilligung von Alg für diesen Zeitraum aufgehoben und einen Erstattungsanspruch wegen überzahltem Alg für Dezember 2011 in Höhe von 397,50 Euro geltend gemacht hat (Bescheid vom 30.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.2.2013 - Az W 311/12; ursprüngliches SG-Verfahren S 8 AL 142/12; dazu 3.). Zum anderen ist Streitgegenstand der Bescheid, durch den die Beklagte wegen des Ruhens des Anspruchs auf Alg infolge des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 12.1.2012 bis 4.4.2012 die Minderung des Anspruchs auf Alg um 84 Tage verfügt und die Bewilligung von Alg für diesen Zeitraum aufgehoben hat (Bescheid vom 30.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.2.2013 - Az W 312/12; ursprüngliches SG-Verfahren S 8 AL 144/12; dazu 4.). Beide Bescheide greift der Kläger zutreffend (nur) mit einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) an. Einer Leistungsklage - in den Vorinstanzen hatte der Kläger noch Leistungsanträge gestellt - bedurfte es im Hinblick auf die bindende Bewilligung von Alg für die streitbefangenen Zeiträume nicht, weil Ansprüche aus dieser Bewilligung bei Aufhebung der angefochtenen Bescheide ohne Weiteres wieder aufleben.

11

2. Verfahrensmängel, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Anders als die Beklagte mit ihren Verfahrensrügen geltend macht, war das Berufungsgericht weder falsch besetzt, noch fehlen dem Berufungsurteil den gesetzlichen Anforderungen genügende Entscheidungsgründe.

12

Zwar wird vertreten, dass eine Entscheidung des LSG durch den konsentierten Einzelrichter gemäß § 155 Abs 3, 4 SGG, wie sie hier vorliegt, in aller Regel nicht nur dann ausgeschlossen ist, wenn dieser selbst einer zu entscheidenden Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt; von einem Ermessensfehlgebrauch soll auch auszugehen sein, wenn der Vorsitzende oder Berichterstatter als Einzelrichter über eine Sache befindet, die nach rein objektiver Betrachtung besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte Rechtsfrage aufwirft(so BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - RdNr 15, mwN). Doch setzt ein solcher Ermessensfehler voraus, dass es auf diese objektiv vorliegende besondere Rechtsfrage nach Auffassung des Berufungsgerichts auch ankommt. Nur dann kann tatsächlich von besonderen Schwierigkeiten ausgegangen werden, die einer Entscheidung durch den Einzelrichter entgegenstehen könnten (vgl auch insoweit BSG vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - RdNr 14, mwN).

13

Auf die besondere Rechtsfrage kommt es insbesondere dann nicht an, wenn das Gericht die Entscheidung alternativ, aber für sich ebenfalls tragend, auf eine Begründung stützt, die objektiv keine grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfragen aufwirft. So liegt der Fall hier, denn das LSG hat seine Entscheidung in einem eigenen Begründungsstrang darauf gestützt, dass die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X nicht vorliegen würden. Dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe ist zu entnehmen, dass es diese Voraussetzungen für erforderlich gehalten und die angefochtenen Bescheide schon aus diesem Grund als rechtswidrig erachtet hat, sodass diese - weitere - Begründung tragend für die Entscheidung ist. Weil aber die Beurteilung der Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X keine Rechtsfragen grundsätzlicher Art aufweist, kann die Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter auch nicht als ermessenfehlerhaft angesehen werden.

14

Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlen dem Urteil des LSG auch nicht die nach § 136 Abs 1 Nr 6 SGG erforderlichen Entscheidungsgründe. Dies ist zwar nicht erst anzunehmen, wenn das Urteil überhaupt keine Entscheidungsgründe enthält. Andererseits fehlen Entscheidungsgründe nicht schon dann, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen oder zum tatsächlichen Geschehen falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (vgl etwa BSG vom 5.10.2010 - B 8 SO 62/10 B - RdNr 7; BSG vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - RdNr 7; Schütz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 136 RdNr 49, mwN). Es reicht vielmehr aus, wenn mindestens die angewandten Rechtsnormen genannt werden und angegeben ist, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen deren Tatbestandsmerkmale vorliegen bzw nicht vorliegen. Diesen Anforderungen werden die Entscheidungsgründe des LSG gerecht, denn sowohl die tatsächlichen und rechtlichen Gründe für den Eintritt von Sperrzeiten als auch für die Aufhebung der Leistungsbewilligung werden genannt und erörtert.

15

3. In der Sache hat das LSG auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG Dresden vom 28.5.2015 zum Az S 8 AL 142/12 (Abweisung der Klage wegen der sechswöchigen Sperrzeit vom 1.12.2011 bis 11.1.2012) bereits deshalb zu Unrecht aufgehoben, weil die Berufung gegen dieses Urteil unzulässig war. Dieser Verfahrensfehler ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (vgl nur BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R - RdNr 9, mwN) und das Berufungsurteil insoweit zu ändern.

16

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, und die Berufung - wie hier - weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr zum Gegenstand hat(§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Vorliegend übersteigt der Wert des auf die Geldleistung Alg gerichteten Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht, denn er beträgt lediglich 556,50 Euro.

17

Bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstands ist, wie auch bezogen auf die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen, auf den Zeitpunkt der Einlegung der Berufung abzustellen, spätere Änderungen des Wertes sind unerheblich (vgl nur Wehrhahn in Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 144 RdNr 23, mwN). Damit kann auch eine Verbindung einzelner Berufungsverfahren mit einer sich daraus ergebenden Erhöhung des Beschwerdegegenstands nicht zur Zulässigkeit der Berufung führen, selbst wenn durch die Verbindung der Wert von 750 Euro überschritten wird.

18

Hier hat sich die Berufung in dem Verfahren L 3 AL 199/15 zunächst allein gegen das Urteil des SG gerichtet, durch das dieses die Klage wegen der sechswöchigen Sperrzeit abgewiesen hat. Eine Verbindung ist erst in der mündlichen Verhandlung durch das LSG erfolgt. Der für die Beurteilung der Zulässigkeit maßgebende Wert des Beschwerdegegenstands wird deshalb für das Verfahren L 3 AL 199/15 allein durch die Aufhebung der Bewilligung von Alg für sechs Wochen wegen einer Sperrzeit bestimmt. Weder die Minderung der Anspruchsdauer für den entsprechenden Zeitraum (vgl Senatsurteil vom 4.4.2017 - B 11 AL 19/16 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 25 RdNr 18) noch der Wert des geltend gemachten Erstattungsanspruchs sind hinzu zu addieren, denn der Kläger ist durch alle drei Regelungen wirtschaftlich insgesamt (nur) mit einem Verlust des Anspruchs auf Alg für sechs Wochen beschwert (so Senatsurteil vom 4.4.2017 - B 11 AL 19/16 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 25 RdNr 18; vgl auch BSG vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3 juris RdNr 6 ff; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 15). Bei einem Leistungssatz von 13,25 Euro täglich errechnet sich für einen Zeitraum von sechs Wochen ein Gegenstandswert von 556,50 Euro.

19

Die somit zulassungsbedürftige Berufung haben weder das SG noch das LSG zugelassen. Dass das SG den Kläger in seinem Urteil unzutreffend dahingehend belehrt hat, die Berufung sei statthaft, ist nicht als gleichsam konkludente Zulassung der Berufung zu werten (vgl nur BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R - RdNr 17; BSG vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12). Ebenso wenig ist eine Zulassung der Berufung darin zu sehen, dass das LSG in der Sache über sie befunden hat. Für eine Zulassung des Rechtsmittels fehlt dem LSG im Berufungsverfahren die Entscheidungsbefugnis (BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R - RdNr 17 mwN). Das LSG darf über die Zulassung der Berufung nur auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin durch Beschluss (§ 145 Abs 4 Satz 1 SGG) entscheiden.

20

4. Demgegenüber hat das LSG das die zwölfwöchige Sperrzeit vom 12.1.2012 bis 4.4.2012 bestätigende Urteil des SG Dresden vom 28.5.2015 (Az S 8 AL 144/12) sowie den Bescheid vom 30.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.2.2013 (Az W 312/12) zu Recht aufgehoben, denn dieser Bescheid ist rechtswidrig. Insoweit war die Berufung des Klägers (ursprüngliches Verfahren L 3 AL 200/15) zulässig, weil sie einen Leistungszeitraum von zwölf Wochen mit einem Wert des Beschwerdegegenstands von 1113 Euro (84 x 13,25 Euro) betraf. Der Bescheid ist zwar formell rechtmäßig. Insbesondere ist, wie das LSG zutreffend erkannt hat, die zunächst unterbliebene, aber erforderliche Anhörung durch das Widerspruchsverfahren nachgeholt worden. Materiell-rechtlich verletzt er indes Bundesrecht (§ 162 SGG).

21

Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung ist § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III soweit diese Entscheidung rückwirkend erfolgt, was hier ausgehend von der Bekanntgabe des Bescheids (3.2.2012) jedenfalls für den Zeitraum vom 12.1.2012 bis 2.2.2012 der Fall ist, und im Übrigen § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, um den es sich bei der Bewilligung von Alg handelt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (also auch rückwirkend) unter den Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X und für die Zukunft ohne Weiteres aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die der Bewilligung von Alg an den Kläger ab dem 1.7.2011 (durch den Bescheid über die endgültige Festsetzung vom 12.9.2011) zugrunde gelegen haben, ist hier aber ab dem 12.1.2012 nicht eingetreten. Die Voraussetzungen einer (dritten) Sperrzeit von zwölf Wochen ab dem 12.1.2012, die zum Ruhen und zur Minderung des Anspruchs auf Alg geführt haben könnten, liegen nicht vor.

22

§ 144 SGB III(in der hier anwendbaren bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung des Gesetzes für bessere Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt vom 24.10.2010 - BGBl I 1427 - im Folgenden: aF), der im Wesentlichen § 159 SGB III(in der ab dem seit 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - BGBl I 2854) entspricht, bestimmt in Abs 1 Satz 1, dass der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit ruht, wenn sich ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB III aF vor - nur dieser Tatbestand kommt hier in Betracht -, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der AA unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung). Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung beträgt im Falle des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen, im Falle des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen und in den übrigen Fällen zwölf Wochen (§ 144 Abs 4 Satz 1 SGB III aF).

23

Eine Sperrzeit bei Arbeitsablehnung setzt also zunächst ein hinreichend benanntes, zumutbares Beschäftigungsangebot voraus, versehen mit einer zutreffenden Rechtsfolgenbelehrung. Bei dem Beschäftigungsangebot vom 30.11.2011, das der hier noch umstrittenen dritten Sperrzeit zugrunde liegt, vermag der Senat zwar mangels entsprechender Feststellungen des LSG nicht zu beurteilen, ob dieses eine ausreichende Belehrung über die Rechtsfolgen enthielt und die angebotene Beschäftigung dem Kläger zumutbar war. Gleichwohl bedarf es keiner Zurückverweisung an das LSG zur weiteren Sachaufklärung. Der vom LSG festgestellte und für den Senat mangels Verfahrensrügen bindende (§ 163 SGG) Sachverhalt rechtfertigt nämlich unabhängig davon allenfalls eine einzige Sperrzeit von drei Wochen.

24

Bei mehreren Beschäftigungsangeboten, die in einem so engen zeitlichen Zusammenhang durch die AA ergehen, dass sie der arbeitslosen Person gleichzeitig vorliegen und diese hierauf zu reagieren hat, ist von einem einheitlich zu betrachtenden Lebenssachverhalt auszugehen. Reagiert der Arbeitslose in einer solchen Situation gar nicht, muss auch dies nach allgemeiner Lebensanschauung als eine einheitliche Verhaltensweise gewertet werden. Infolgedessen kann auch nur eine Sperrzeit verwirklicht werden, wenn dieses Verhalten als versicherungswidrig zu beurteilen ist. Ein solches versicherungswidriges Verhalten darf nicht mehrfach sanktioniert werden.

25

Diese einheitliche Betrachtungsweise ist geboten, weil dem Arbeitslosen in Fällen mehrerer ihm vorliegender Arbeitsangebote eine Gesamtwürdigung und -abwägung abverlangt wird. Er muss die verschiedenen Angebote prüfen - etwa im Hinblick auf Pendelzeiten, einen notwendigen Umzug oder die Verdienstmöglichkeiten - und dann entscheiden, in welcher Form er mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnimmt und ob darüber hinaus Weiteres zu veranlassen ist. Denn letztlich wird er stets nur eines der Angebote annehmen können (vgl Voelzke in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 311; ähnlich auch Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 159 RdNr 323 f, Stand August 2016, der dazu neigt, schon von nur einem einzigen Beschäftigungsangebot auszugehen), sodass er für sich eine Priorisierung vorzunehmen hat. Das Erfordernis einer Würdigung und Abwägung bedeutet zudem, dass selbst wenn die Beschäftigungsangebote eine unverzügliche Bewerbung verlangen sollten, dem Empfänger noch eine gewisse Prüf- und Bedenkzeit einzuräumen ist. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn mehrere Arbeitsangebote in solchen zeitlichen Abständen unterbreitet wurden, dass eine Bewerbung auf frühere Angebote bereits hätte erfolgen müssen. Dann ist diese unterlassene Bewerbung bereits als versicherungswidriges Verhalten zu werten. Wann genau jeweils eine Bewerbung zu erfolgen hat, ist allerdings einer schematischen Beurteilung nicht zugänglich, sondern hat im Einzelfall unter Berücksichtigung ua des konkreten Arbeitsangebots und eventueller Besonderheiten des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes zu erfolgen (anders Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 159 RdNr 514, Stand August 2016, der im Regelfall eine Reaktionszeit von einer Woche zubilligen will).

26

Hier sind dem Kläger die beiden ersten Beschäftigungsangebote gleichzeitig am 29.11.2011 persönlich überreicht und das dritte am nächsten Tag per Post unterbreitet worden. Dieses dem Kläger per Post übersandte Angebot ist ihm zwar erst einige Tage nach den ersten beiden Angeboten zugegangen, auf die er sich nach den Feststellungen des LSG "unverzüglich" hätte bewerben sollen. Doch war ihm bezogen auf diese Angebote schon deshalb eine etwas längere Prüf- und Bedenkzeit einzuräumen, weil die angebotenen Arbeitsstellen außerhalb seines zumutbaren Pendelbereichs lagen und deshalb einen Umzug erfordert hätten. Unter diesen besonderen Umständen war diese Prüf- und Bedenkzeit des Klägers noch nicht abgelaufen, als er das weitere Arbeitsangebot vom 30.11.2011 erhalten hat. Wenn er sich dann, wie vom LSG festgestellt, bis zum 16.1.2012 auf keines dieser drei Angebote bewirbt, ist dies allenfalls als ein einziger Fall versicherungswidrigen Verhaltens zu beurteilen.

27

Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, bei besonderen Umständen im Einzelfall andere zeitliche und inhaltliche Festlegungen im Rahmen der Arbeitsvermittlung in Bezug auf die geforderten Bewerbungen gegenüber der arbeitslosen Person zu treffen. Denn die Einführung der differenzierteren Regelungen zur Sperrzeit bei Arbeitsablehnung durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) sind ua mit dem neuen individualisierten Vermittlungskonzept begründet worden (vgl BT-Drucks 15/25, S 31; dazu Voelzke in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 391a ff), sodass ein gewisser Spielraum im Rahmen der Arbeitsvermittlung besteht. Doch ist zu beachten, dass eine Vielzahl von Beschäftigungsangeboten, die innerhalb kurzer Zeiträume übermittelt werden, das Risiko, Sperrzeittatbestände bei Arbeitsablehnung zu verwirklichen, in einer Weise erhöht, dass solche einer besonderen Rechtfertigung bedürfen. Ziel der Sperrzeit auch bei Arbeitsablehnung ist es (nur), typische Obliegenheitsverletzungen gegenüber der Versichertengemeinschaft zu verhindern (vgl dazu Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 159 RdNr 274, Stand September 2013; Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 159 SGB III RdNr 40 ff, Stand März 2015). Der verfassungsrechtlich geforderten Verhältnismäßigkeit der Regelung und der Einhaltung des Übermaßverbots (vgl BSG vom 9.2.1995 - 7 RAr 34/94 - BSGE 76, 12 = SozR 3-4100 § 119a Nr 2, juris RdNr 20; ausführlich dazu Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 159 RdNr 34 ff) ist Rechnung zu tragen. Anhaltspunkte dafür, dass die hier innerhalb einer kurzen Zeitspanne übermittelten verschiedenen Beschäftigungsangebote auf einem solchen individualisierten und sachlich gerechtfertigtem Vermittlungskonzept beruhen könnten - festgelegt etwa in einer Eingliederungsvereinbarung (§ 37 Abs 2 SGB III) und unter Berücksichtigung der Potenzialanalyse gemäß § 37 Abs 1 SGB III - sind indes nicht ersichtlich.

28

Ein vor diesem Hintergrund hier allenfalls anzunehmendes einmaliges versicherungswidrige Verhalten des Klägers, durch welches das Zustandekommen von Vorstellungsgesprächen bzw die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses iS von § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB III aF verhindert wurde, ist bereits bindend - sogar zweifach - sperrzeitrechtlich sanktioniert worden. Die Voraussetzungen für eine weitere Sperrzeit für die Zeit vom 12.1.2012 bis 4.4.2012 liegen deshalb nicht vor. Damit sind auch eine Aufhebung der Bewilligung von Alg vom 12.1.2012 bis 4.4.2012 und eine (weitere) Minderung um 84 Tage nicht gerechtfertigt.

29

Auf die von der Revision problematisierte Frage, ob die Rechtmäßigkeit der Feststellung einer zweiten oder dritten Sperrzeit voraussetzt, dass zuvor ein Bescheid über die Feststellung der vorausgegangenen Sperrzeit ergangen ist, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Ohne Bedeutung ist zudem schon mangels einer rechtserheblichen Änderung der Verhältnisse als Voraussetzung einer Leistungsaufhebung, ob die besonderen Voraussetzungen für eine Aufhebung für die Vergangenheit vorgelegen haben.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Revision nur zu einem Teil erfolgreich war.

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(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig

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(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 145


(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Ur

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Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezir

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(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt. (2) Bei einer Arbeitnehmerin oder e

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(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen. (2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhe

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(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

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(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach1.der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um 30 Monate erweiterten Rahmenfrist und2.dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs

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(1) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Ausbildungsuchendmeldung oder Arbeitsuchendmeldung zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden die für die Vermittlung erforderlichen beruflichen und persönliche

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(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld erlischt1.mit der Entstehung eines neuen Anspruchs,2.wenn die oder der Arbeitslose Anlass für den Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 21 Wochen gegeben hat, über den Eintritt der Spe

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Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2011 wird als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Beschluss, 05. Okt. 2010 - B 8 SO 62/10 B

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Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2010 - L 6 SO 34/09 - wird als unzulässig verworfen.

Referenzen

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach

1.
der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um 30 Monate erweiterten Rahmenfrist und
2.
dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat.
Die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch eine vorangegangene Rahmenfrist gelten entsprechend.

(2) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monatenund nach Vollendung des … Lebensjahres… Monate
126
168
2010
2412
3050.15
3655.18
4858.24

(3) Bei Erfüllung der Anwartschaftszeit nach § 142 Absatz 2 beträgt die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld unabhängig vom Lebensalter

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monaten… Monate
63
84
105

Abweichend von Absatz 1 sind nur die Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der Rahmenfrist des § 143 zu berücksichtigen.

(4) Die Dauer des Anspruchs verlängert sich um die Restdauer des wegen Entstehung eines neuen Anspruchs erloschenen Anspruchs, wenn nach der Entstehung des erloschenen Anspruchs noch nicht fünf Jahre verstrichen sind; sie verlängert sich längstens bis zu der dem Lebensalter der oder des Arbeitslosen zugeordneten Höchstdauer.

(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld erlischt

1.
mit der Entstehung eines neuen Anspruchs,
2.
wenn die oder der Arbeitslose Anlass für den Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 21 Wochen gegeben hat, über den Eintritt der Sperrzeiten schriftliche Bescheide erhalten hat und auf die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 21 Wochen hingewiesen worden ist; dabei werden auch Sperrzeiten berücksichtigt, die in einem Zeitraum von zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs eingetreten sind und nicht bereits zum Erlöschen eines Anspruchs geführt haben.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Zugunstenverfahren eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

2

Die am 1996 geborene Klägerin und der am 1997 geborene Kläger sind leibliche Kinder der im Februar 1977 in K. (vormals Jugoslawien, nunmehr Republik Serbien) geborenen und am 27.9.1999 tödlich verunglückten Versicherten. In deren Versicherungskonto bei der deutschen GRV sind drei Monate (20.2. bis 17.4.1995) mit Pflichtbeiträgen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung sowie 36 Monate (1.10.1996 bis 30.9.1999) mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung, insgesamt somit 39 Monate erfasst. Die LVA Berlin, deren Rechtsnachfolge später die Beklagte antrat (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet), lehnte im Oktober 1999 für die Kläger gestellte Anträge auf Halbwaisenrente im Hinblick auf die von der Versicherten nicht erfüllte allgemeine Wartezeit von fünf Jahren ab (Bescheide vom 21.10.1999).

3

Ein Überprüfungsantrag der Kläger vom 6.10.2009 blieb ohne Erfolg (Bescheide vom 3.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 10.2.2010). Die Beklagte berief sich darauf, dass Kindererziehungszeiten (KEZ) nur bis zum Todestag der Versicherten berücksichtigt und deshalb Verlängerungszeiten aufgrund gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder hier nicht anerkannt werden könnten, weil bei zeitgleicher Erfüllung mehrerer rentenrechtlicher Tatbestände für eine Wartezeit jeder Monat nur einmal zähle.

4

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger eine rentenrechtliche Ungleichbehandlung im Hinblick auf die von der Versicherten bereits erbrachte doppelte Erziehungsleistung gerügt; der Umstand, dass sie vorzeitig verstorben sei, könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Klageverfahren hat das SG Berlin zunächst in einem rechtlichen Hinweis an die Beklagte die Ansicht vertreten, es seien gemäß § 56 Abs 5 SGB VI weitere 24 Monate der gleichzeitigen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen. Später hat es die Rechtslage als nicht eindeutig bewertet, statt der ursprünglich beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung anberaumt und die Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (vom 19.4.1993 - L 2 I 74/92 - E-LSG J-019) abgewiesen (Urteil vom 12.1.2012).

5

Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihren Vortrag vertieft. Da sie der Anregung, das Rechtsmittel zurückzunehmen, nicht nachgekommen sind, hat der Berichterstatter die Beteiligten "zur Beschleunigung des Verfahrens" um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter anstelle des Senats gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG die Berufung durch den Berichterstatter als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 16.11.2012).

6

In der Entscheidung des LSG ist ausgeführt, dass diese Verfahrensweise in Ausübung richterlichen Ermessens gewählt worden sei, weil die Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise noch von grundsätzlicher Bedeutung sei und die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt hätten. In der Sache sei die Berufung unbegründet. Ein Anspruch auf Rücknahme der ablehnenden Bescheide vom 21.10.1999 bestehe nicht, da den beiden Klägern Halbwaisenrente zu Recht versagt worden sei. Die Versicherte habe die anspruchsbegründende Voraussetzung der allgemeinen Mindestversicherungszeit (Wartezeit) von fünf Jahren gemäß § 34 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt. Zwar seien auf die allgemeine Wartezeit auch KEZ iS des § 56 SGB VI anzurechnen. Im Fall der Versicherten könnten aber nur KEZ für die im September 1996 geborene Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis September 1999 Berücksichtigung finden. Einer Anrechnung von KEZ für den im September 1997 geborenen Kläger, den die Versicherte zeitgleich mit der Klägerin erzogen habe, für einen Zeitraum vor dem Tod der Versicherten am 27.9.1999 stehe der eindeutige Wortlaut der Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI("verlängert") entgegen, der als Grenze jeder Auslegung zu beachten sei.

7

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI sowie von Art 3 Abs 1 GG. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG schließe der Wortlaut von § 56 Abs 5 S 2 SGB VI eine Anrechnung zusätzlicher KEZ auf die Wartezeit nicht aus, wenn im Fall der zeitgleichen Erziehung mehrerer Kinder die Versicherte vor Ablauf der Verlängerungszeit versterbe. Die genannte Vorschrift enthalte keine eindeutige Regelung dazu, in welcher Form sich die angeordnete Verlängerung der KEZ auf die Berechnung der Pflichtbeitragszeiten auswirke. Da KEZ nicht lediglich der Lückenschließung, sondern vornehmlich der Honorierung des Werts der Kindererziehung im Allgemeinen dienten, müssten die sachlichen Voraussetzungen für ihre Anrechnung nur in dem gemäß § 56 Abs 5 S 1 SGB VI maßgeblichen Zeitraum der Kindererziehung (36 Kalender-monate nach Ablauf des Monats der Geburt) vorliegen, während dies im Verlängerungszeitraum nicht mehr erforderlich sei. Bei konsequenter Verfolgung des Honorierungsgedankens könne der Tod der Versicherten die rentenrechtliche Anrechnung der von ihr bereits geleisteten Zeiten der Kindererziehung nicht hindern. Die Berücksichtigung im Wege einer Verlängerungszeit stelle lediglich eine von mehreren gesetzestechnischen Möglichkeiten einer Abgeltung von Mehrfacherziehung dar. Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Variante könne nicht entnommen werden, dass im Fall des vorzeitigen Todes der Versicherten eine fiktive Verlängerung der KEZ über den Tod hinaus zur Honorierung der bereits erbrachten Erziehungsleistung ausgeschlossen sein solle. Hingegen wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn nach bereits erbrachter mehrfacher Erziehungsleistung nur solche Versicherte, die die Verlängerungszeit überlebten, mit zusätzlichen KEZ honoriert würden.

8

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M. T. zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie nimmt auf die aus ihrer Sicht weiterhin zutreffende Begründung im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.4.1993 Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Klägern befürwortete Lösung gegen die Anordnung in § 75 Abs 1 SGB VI verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften für Zeiträume nach Beginn einer zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für Zurechnungszeiten und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt werden. Für Hinterbliebenenrenten bedeute dies, dass Entgeltpunkte nur für solche Versicherungszeiten berücksichtigt werden könnten, die bis zum Todesmonat des Versicherten zurückgelegt worden seien. Die Regelung bringe ein tragendes Grundprinzip der GRV zur Geltung, nach dem ein bereits eingetretener Versicherungs- bzw Leistungsfall nachträglich nicht mehr versichert werden könne. Würde hingegen der Rechtsmeinung der Kläger gefolgt, stelle sich die Frage, ob die Hinterbliebenenrente schon vor oder erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit beginne und ob sie bis zum Ablauf des Verlängerungszeitraums jeden Monat neu berechnet werden müsse.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Kläger hat im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Erfolg. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache ist der Senat gehindert. Denn das Verfahren vor dem LSG leidet an einem auch ohne entsprechende Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu beachtenden Mangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zwingt (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

1. Das Berufungsgericht war bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt. Über die Berufung der Kläger entschied allein der Berichterstatter anstelle des LSG-Senats, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

13

a) Nach § 33 Abs 1 S 1 SGG(idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl I 2302) muss ein Senat des LSG, wenn er - wie hier geschehen - durch Urteil entscheidet (§ 33 Abs 1 S 2 iVm § 12 Abs 1 S 2 SGG),grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig werden. Hiervon abweichend gestatten es die Regelungen in § 155 Abs 3 und 4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter"). Für eine solche Verfahrensweise ist das Vorliegen des Einverständnisses aller Beteiligten allein aber noch nicht ausreichend. Vielmehr ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Regelungen zur Entscheidungskompetenz mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) zusätzlich erforderlich, dass der Vorsitzende oder Berichterstatter, dem entsprechende Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber befindet, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben muss (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 20 ff - mwN).

14

Die hiernach gebotene Ermessensausübung muss sich am Zweck (auch) der Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG orientieren, zu einer Straffung des Verfahrens und einer Entlastung des LSG beizutragen, ohne den Anspruch der Beteiligten auf einen angemessenen Rechtsschutz zu vernachlässigen(vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege, BT-Drucks 12/1217 S 53 - Zu Nr 9 <§ 155 SGG>). Außerdem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Sozialgerichte grundsätzlich als Kollegialgerichte ausgestaltet sind und den Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird. Deshalb sollen nur solche Verfahren von einem Einzelrichter entschieden werden, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen (BSG aaO - unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 5.5.1998 - 1 BvL 23/97 - NJW 1999, 274 f, Juris RdNr 19 f; ebenso BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 10). Mithin kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung (iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder im Fall einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) regelmäßig nicht in Betracht (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; s auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 46; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 7).

15

Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ist danach in aller Regel nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimisst und deshalb die Revision zulässt (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010, aaO RdNr 11: "subjektiv"). Ein Ermessensfehlgebrauch des Vorsitzenden oder Berichterstatters liegt vielmehr auch vor, wenn er als Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang oberstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft. Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, bei dem der konsentierte Einzelrichter keine Veranlassung für eine Zulassung der Revision gesehen hatte, dessen Entscheidungsbefugnis nicht schon im Hinblick auf diesen Umstand, sondern letztlich nur wegen des Vorliegens eines anerkannten Ausnahmetatbestands als gegeben erachtet (vgl BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14 f sowie - in SozR nicht abgedruckt - RdNr 5).

16

b) Nach diesen Maßstäben erweist sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Entscheidung durch den Berichterstatter als ermessensfehlerhaft. Die im Berufungsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob bei gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder durch einen Elternteil dann, wenn dieser vor Ablauf des in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI normierten Verlängerungszeitraums verstirbt, KEZ für das weitere Kind für Zeiträume nach dem Tod des Elternteils bei der Ermittlung der Wartezeit für einen Anspruch auf Waisenrente zu berücksichtigen sind oder ob dem die genannte Regelung entgegensteht, ist entgegen der Rechtsmeinung des LSG bei objektiver Betrachtung von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Frage ist bislang in der Rechtsprechung des BSG nicht geklärt; aus diesem Grund hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger die Revision zugelassen. Auch das Urteil des LSG vermochte keine oberstgerichtlichen Entscheidungen anzuführen, die seine Antwort auf die Rechtsfrage stützen oder hierfür Anhaltspunkte bieten könnten. Der konsentierte Einzelrichter des LSG hätte überdies aufgrund weiterer Umstände erkennen können, dass es nahe lag, hier von dem Verfahren nach § 155 Abs 4 SGG für in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Sachverhalte abzusehen. Denn aus den Akten ist ersichtlich, dass in erster Instanz der Berufsrichter des SG seine ursprünglich gegenüber den Beteiligten verlautbarte Rechtsmeinung zu der genannten Rechtsfrage revidiert und seine zunächst bestehende Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) zu entscheiden, "wegen der insoweit nicht eindeutigen Rechtslage" (Richterbrief vom 27.10.2011) wieder aufgegeben hatte. Demgegenüber hat der Berichterstatter im Berufungsverfahren trotz der genannten Umstände allein das Interesse an einer "Beschleunigung des Verfahrens" (Richterbrief vom 10.9.2012) erwogen und damit den oben aufgezeigten Zwecken der gesetzlichen Regelung in § 155 Abs 3 und 4 SGG nur teilweise Rechnung getragen.

17

Es liegt auch keiner der Gründe vor, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter ausnahmsweise verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen; dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Solche oder ähnlich gewichtige Umstände, die plausibel machen, dass der Berichterstatter trotz objektiv bestehender grundsätzlicher Bedeutung der Sache seine Entscheidung nicht "am Senat vorbei" getroffen hat, sondern in Übereinstimmung mit ihm beschleunigt einer letztverbindlichen Klärung durch die hierfür zuständigen Richter des BSG zuführen wollte, sind in dem hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

18

c) Damit hat das LSG nicht in der für die vorliegende Sache von grundsätzlicher Bedeutung vorgeschriebenen Besetzung des gesamten Senats aus Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs 1 S 1 SGG) entschieden. Dieser grundlegende, den Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) missachtende Verfahrensmangel ist im Revisionsverfahren als absoluter Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO)auch ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11, 13; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 8); er führt regelmäßig zur Zurückverweisung an den eigentlich zuständigen Spruchkörper (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 9).

19

2. Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Eine solche kommt auch bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds in Betracht, wenn auf der Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl § 170 Abs 1 S 2 SGG; s hierzu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 12 ff - unter Bezugnahme auf BSGE 75, 74, 77 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 44 f). Hier ist jedoch bereits der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt. Insbesondere bedarf es noch Feststellungen des LSG dazu, ob - was hier nicht fern liegt - die im Alter von 22 Jahren verstorbene Versicherte möglicherweise in den sechs Jahren vor ihrem Tod (vor ihrem Zuzug nach Deutschland) eine Ausbildung absolviert hat, die gemäß § 53 Abs 2 S 1 SGB VI dazu führt, dass die allgemeine Wartezeit auch ohne eine Mehrfachanrechnung von KEZ erfüllt ist.

20

Auch wenn einiges dafür spricht, im Ergebnis der Rechtsmeinung des LSG zu folgen, dass die Regelung in § 56 Abs 5 S 2 SGB VI nach ihrer Entstehungsgeschichte(vgl zu den ab 1.1.1986 geltenden Vorgängerregelungen in § 1227a Abs 1 S 2 RVO bzw § 2a Abs 1 S 2 AVG idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes vom 11.7.1985, BGBl I 1450, den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/3519 S 14 - Zu Nummer 12 <§ 1227a>; zur Übernahme des bislang geltenden Rechts in § 56 Abs 5 SGB VI s die Begründung des Gesetzentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 166) und ihrem systematisch-strukturellen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des SGB VI (zur Wartezeit als "Mindestversicherungszeit" s § 34 Abs 1 SGB VI) im Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder die mehrfache Anrechnung eines bestimmten Zeitraums der Kindererziehung auf die Dauer der allgemeinen Wartezeit nicht gestattet und dies auch im Lichte von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist, kann auf dieser Grundlage noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen werden, ob das LSG die ablehnenden Bescheide der Beklagten zutreffend als rechtmäßig angesehen hat. Denn das LSG hat sich in seinem Urteil - anders als die Beklagte im Bescheid vom 3.11.2009 - nicht damit befasst, ob im Fall der Versicherten die allgemeine Wartezeit möglicherweise vorzeitig erfüllt ist.

21

Nach § 53 Abs 2 S 1 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die zuletzt genannte versicherungsrechtliche Voraussetzung einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen bei der Mutter der Kläger (Versicherte) gegeben. Denn die in den 36 Kalendermonaten vor ihrem Tod - Oktober 1996 bis September 1999 - zu ihren Gunsten jedenfalls zu berücksichtigenden KEZ für die Erziehung der Klägerin gelten gemäß § 53 Abs 3 Nr 2 iVm § 3 S 1 Nr 1 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Mithin kommt es für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit entscheidend darauf an, ob die Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung verstorben ist. Hierzu aber fehlen jegliche tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, welche den Senat in die Lage versetzen könnten, auch hierüber abschließend zu befinden. Dies zwingt zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung an das LSG.

22

3. Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass auch bei Berücksichtigung einer Mitteilung des Vaters der Kläger vom 3.11.2009 an die Beklagte (Bl 19 der Verwaltungsakte: Er habe weder Kenntnis von Ausbildungszeiten der Versicherten noch entsprechende Unterlagen; Erkenntnisse hierüber seien auch von deren Eltern nicht mehr zu erlangen, da diese bei dem damaligen Unfall ebenfalls verstorben seien) noch nicht alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Sachaufklärung ausgeschöpft sind. Insbesondere ist denkbar, bei entsprechender Mitwirkung der Kläger (§ 103 S 1 Teils 2 SGG) möglicherweise vorhandene weitere Verwandte ihrer Mutter zu einer von dieser absolvierten Ausbildung zu befragen oder die örtlichen (Schul-)Behörden um Auskunft zu ersuchen.

23

Sollte eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit nicht nachzuweisen sein, wird das LSG außerdem zu prüfen haben, ob die Versicherte in ihrer ursprünglichen Heimat möglicherweise Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen bei der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in der deutschen GRV zu berücksichtigen sind (vgl Art 25 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968, BGBl II 1969, 1438, idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 - BGBl II 1975, 390; zur Frage der Weitergeltung nach dem Zerfall Jugoslawiens vgl zuletzt BFH Urteil vom 7.3.2013 - BFHE 240, 361 RdNr 18 - mwN).

24

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2010 - L 6 SO 34/09 - wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Im Streit ist, ob die Beklagte höhere Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung, insbesondere unter Beachtung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs, zu gewähren hat.

2

Der Kläger bezieht seit Anfang 2005 Leistungen der Grundsicherung. Die monatlichen Leistungen der Beklagten setzen sich zusammen aus dem Regelsatz in Höhe von 347 Euro, einem Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen, der Grundmiete sowie den Heizkosten. Im Februar 2008 beantragte der Kläger unter Hinweis auf seinen Einkommensteuerbescheid 2006, der einen Behindertenpauschbetrag von 720 Euro jährlich ausweise, die Überprüfung aller Leistungsbescheide rückwirkend ab dem 1.1.2005 mit dem Ziel, diesen Betrag bei der Bemessung der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) als Sonderbedarf berücksichtigt zu erhalten. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil der Pauschbetrag des § 33b Einkommensteuergesetz (EStG) lediglich mit einer Einkommenserzielung verbundene besondere Belastungen abgelten solle(Bescheid vom 28.2.2008; Widerspruchsbescheid vom 17.6.2008). Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 15.1.2009; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28.4.2010). In seiner Begründung hat das LSG ausgeführt, die von der Beklagten ab 1.1.2005 erlassenen Bescheide hätten weder das Recht unrichtig angewandt noch seien sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen; auch aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua) könne nichts anderes hergeleitet werden, weil "die streitigen Vorschriften" jedenfalls bis zum Ende des laufenden Kalenderjahrs weiter anzuwenden seien.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger das Vorliegen eines Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz) geltend. Das Urteil des LSG befasse sich nicht mit seinem - des Klägers - Schriftsatz vom 23.4.2010, in dem er auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.2.2010 (B 4 AS 29/09 R) hingewiesen habe, wonach ein besonderer atypischer Bedarf - zB auf Grund von Schwerbehinderung - vorhanden und zu decken sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass das LSG sein Vorbringen nicht zur Kenntnis, jedenfalls aber nicht erwogen habe. Es sei nicht auszuschließen, dass das Urteil des LSG auf diesem Verfahrensfehler beruhe. Denn das LSG wäre nicht umhingekommen, anders zu entscheiden, wenn es den Schriftsatz mit dem Hinweis auf die BSG-Entscheidung zur Kenntnis genommen hätte.

4

Trotz eines Hinweises des LSG auf die Möglichkeit, von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen zu können (§ 153 Abs 2 SGG), sei die Entscheidung des LSG so lückenhaft begründet, dass im Sinne eines absoluten Revisionsgrunds von einem Verstoß gegen die Begründungspflicht von Entscheidungen (§ 136 Abs 1 Nr 6 SGG)auszugehen sei. Die für erfüllt oder nicht erfüllt gehaltenen Tatbestandsmerkmale und die dafür ausschlaggebenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe als zu fordernde Mindestvoraussetzungen einer Begründung müssten vorhanden sein. Diese seien aber so lückenhaft, widersprüchlich und nicht nachvollziehbar, dass vom Fehlen der Entscheidungsgründe auszugehen sei.

5

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG entscheiden.

6

Macht ein Kläger das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so muss er bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34 und 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), es sei denn, es werden absolute Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß § 202 SGG iVm § 547 Zivilprozessordnung (ZPO) der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird(BSGE 4, 281, 288; BSG SozR 1500 § 136 Nr 8).

7

Gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO liegt ein absoluter Revisionsgrund vor, wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen des Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist. Um die Nichtzulassungsbeschwerde hierauf stützen zu können, muss ein Beschwerdeführer darlegen, dass die Entscheidung entweder überhaupt keine Begründung enthält oder dass die Gründe in so extremem Maß mangelhaft sind, dass sie ihre Funktion (Unterrichtung der Beteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden Erwägungen) nicht erfüllen können (Bundesverwaltungsgericht Buchholz 310 § 138 Ziff 6 VwGO Nr 32). Die Begründungspflicht ist nicht schon dann verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und zum tatsächlichen Geschehen aus der Sicht eines Dritten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sind (vgl BSG SozR 4-4300 § 223 Nr 1; BSG, Beschluss vom 12.2.2004 - B 4 RA 67/03 B). Vom Fehlen der Entscheidungsgründe ist hiernach nur auszugehen, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen (BVerwG aaO; BVerwGE 117, 228 ff), oder wenn die angeführten Gründe verworren sind oder nur nichtssagende Redensarten enthalten oder zu einer von einem Beteiligten aufgeworfenen, eingehend begründeten und für die Entscheidung nach Ansicht des Gerichts erheblichen Rechtsfrage nur angeführt wird, dass diese Auffassung nicht zutreffe (BSG, Beschluss vom 12.2.2004 - B 4 RA 67/03 B -, mit Anm M. Krasney, jurisPR-SozR 18/2004 Anm 4).

8

Der Kläger behauptet nicht, dass die Entscheidung des LSG keine Begründung enthalte. Er hält die Begründung lediglich für "lückenhaft, widersprüchlich und nicht nachvollziehbar begründet", weil die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und zum tatsächlichen Geschehen unvollständig seien. Dies reicht nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 4-4300 § 223 Nr 1; BSG, Beschluss vom 12.2.2004 - B 4 RA 67/03 B) für die Bezeichnung eines Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)aber nicht aus. Auch dass die Begründung des angefochtenen Urteils den Tenor der LSG-Entscheidung nicht trage, behauptet der Kläger nicht. Dass er sie für inhaltlich unzutreffend hält, eröffnet die Revisionsinstanz nicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

9

Auch die bloße Behauptung, ein bestimmter Vortrag des Klägers (in seinem Schriftsatz vom 23.4.2010) sei vom LSG nicht berücksichtigt worden, genügt den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels nicht. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen auch in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Insbesondere ist es nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens von der einen oder der anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind (BVerfGE 96, 205, 217). Deshalb kann ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG) nicht angenommen werden, wenn das Gericht Ausführungen eines Beteiligten unerwähnt lässt, die nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich oder offensichtlich haltlos sind (BVerfGE 70, 288, 293 f). Um einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör darzulegen, hätte der Kläger deshalb substantiiert vortragen müssen, dass es sich bei dem Vortrag in seinem Schriftsatz vom 23.4.2010 um seinen Kernvortrag handelt und sich das LSG - auch ausgehend von seiner Rechtsansicht - damit hätte befassen müssen. Entsprechender Vortrag fehlt indes. Unter diesen Voraussetzungen ist es ohne Bedeutung, ob die Klage in diesem Verfahren nicht ohnedies mit Rücksicht auf die im Verfahren B 8 SO 61/10 B zuvor erhobene Klage wegen bereits bestehender Rechtshängigkeit unzulässig war.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Nach dem Vortrag des Klägers hat das LSG Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 16.6.2011 den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ohne Anrechnung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1.11.1995 bis 29.5.1998 verneint.

2

Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil ausschließlich Verfahrensmängel geltend.

3

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 16.8.2011 und 15.9.2011 genügt der gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht, denn er hat den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels(§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

5

Der Kläger rügt einen "Rechtsverstoß gegen § 202 SGG i. V. m. § 551 Nr. 7 ZPO a. F." und "gegen Art. 103 Abs. 1 GG". Die Entscheidung des LSG stelle einen Verstoß gegen das "aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Willkürverbot dar". Die Beurteilung sei "offensichtlich sachwidrig und somit objektiv willkürlich". Das LSG stütze sich auf widersprüchliche Aussagen seines ehemaligen Arbeitgebers vom 19.8.2010, "ohne diese Auskünfte zu begründen". Damit fehlten eigene Erwägungen des LSG dazu, "warum ab dem 12.08.1994 - 31.12.1994 die Anwartschaftszeit gem. § 104 AFG nicht erfüllt ist". Auch die Behauptung des Berufungsgerichts, er habe im Zeitraum vom 1.7.1994 bis 30.9.1995 lediglich an 316 Tagen (statt der erforderlichen 360) Kalendertagen in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung oder gleichwertigen Anwartschaftszeit gestanden, beruhe auf Willkür. Zudem sei das LSG in seinem Urteil nicht auf den von ihm "vorgetragenen eigenen Weg zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs eingegangen". Damit fehlten "Urteilsgründe i. S. v. § 551 Nr. 7 ZPO a. F." und sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt. Zudem mache er als "einen weiteren Verfahrensfehler" des LSG einen "Verstoß gegen § 104 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 168 Abs. 1 AFG" geltend. Wegen der Widersprüchlichkeit der Aussagen hätte das LSG seinen ehemaligen Arbeitgeber vom Amts wegen "zur mündlichen Verhandlung beiladen" müssen.

6

Mit diesem Vorbringen hat der Kläger die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht hinreichend dargelegt.

7

Sofern der Kläger einen Verstoß gegen "§ 551 Nr. 7 ZPO a. F." geltend macht, rügt er sinngemäß eine Verletzung des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Eine Entscheidung ist jedoch nicht schon dann im gerügten Sinne nicht mit Gründen iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, behandelt hat(BSGE 76, 233, 234 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 3 mwN). Die Begründungspflicht ist selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen oder zum tatsächlichen Geschehen, wovon der Kläger offensichtlich ausgeht, falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (Senatsbeschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - BeckRS 2008, 51032 RdNr 7). Aus dem Urteil des LSG war nach dem Vorbringen des Klägers ersichtlich, dass und warum das LSG die Auskünfte des Arbeitgebers verwertet hat. Sofern er meint, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht und "sachwidrig" bzw "willkürlich" auf die seiner Ansicht nach widersprüchlichen Aussagen seines ehemaligen Arbeitgebers gestützt und ihnen in der Beurteilung einen falschen Aussagegehalt beigemessen, liegt hierin keine Gehörsrüge, sondern im Kern die Rüge mangelhafter Beweiswürdigung. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann ein geltend gemachter Verfahrensmangel nicht auf die Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden und der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen. Ebenso wenig rechtfertigt die Zulassung der Revision, dass der Kläger die Entscheidung des LSG für falsch hält (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

8

Dass das LSG seiner Rechtsansicht und dem von ihm "vorgetragenen eigenen Weg zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs" nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird (Senatsbeschluss vom 9.5.2011 - B 13 R 112/11 B - BeckRS 2011, 73125 RdNr 9). Art 103 Abs 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht dazu, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (BVerfG NZS 2010, 497 RdNr 17).

9

Soweit der Kläger einen Verstoß des LSG gegen "§ 104 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 168 Abs. 1 AFG" rügt, macht er keinen Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, und damit keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend. Vielmehr wendet er sich mit seinem Verbringen abermals gegen den sachlichen Inhalt des Urteils. Die Rüge der inhaltlichen Richtigkeit einer Entscheidung ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde.

10

Auch die zumindest sinngemäß geltend gemachte unzureichende Sachaufklärung (Verstoß gegen § 103 SGG) des LSG hat der Kläger nicht ansatzweise dargelegt. Eine entsprechende Rüge ist nach der Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Teils SGG nur dann beachtlich, wenn sie "sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist". Eine Ausnahme hiervon sieht weder das Gesetz noch die Rechtsprechung des BSG vor. Dass der Kläger einen derartigen Beweisantrag gestellt hat, behauptet er nicht.

11

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

12

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis gerichtete Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 als unzulässig verworfen wird.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Verfahren über eine Untätigkeitsklage durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist.

2

Der Kläger - seinerzeit bereits vertreten durch seinen noch heute prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt - wandte sich mit Widersprüchen gegen zwei Bescheide der beklagten Krankenkasse, mit denen diese seine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt und das Ruhen seines Leistungsanspruchs festgestellt hatte. Die Beklagte half den Widersprüchen ab, woraufhin der Prozessbevollmächtigte um "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X, Anerkennung des Erstattungsanspruchs und Kostenfestsetzung" iHv 499,80 Euro bat(Kostennote vom 12.10.2010). Die Beklagte lehnte zunächst eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 14.10.2010). Auf den auch hiergegen erhobenen Widerspruch nahm sie - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch den Kläger - ihre die Kostenübernahme ablehnende Entscheidung zurück; die mit der Kostennote geltend gemachte Rechtsanwaltsvergütung werde auf ein Konto des Prozessbevollmächtigten angewiesen (Abhilfebescheid vom 31.5.2011).

3

Die Beklagte hat dem SG Hamburg mitgeteilt, dass dem Widerspruch mittlerweile abgeholfen worden sei und das Klageverfahren damit seine Erledigung gefunden haben dürfte (Schriftsatz vom 31.5.2011). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin erklärt, das Anerkenntnis werde angenommen, und zugleich gebeten, seine Erklärung "nicht in eine sonstige Erledigterklärung umzudeuten" (Schriftsatz vom 18.4.2012). Das SG hat die Beteiligten zunächst darauf hingewiesen, dass der Kläger eine prozessbeendende Erklärung abgegeben habe, und auf Antrag des Klägers, den Rechtsstreit fortzusetzen, festgestellt, dass das Verfahren durch die Prozesserklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.4.2011 beendet sei. Ob eine Erledigungserklärung oder Annahme eines Anerkenntnisses vorliege, sei in dem beendeten Verfahren nicht mehr zu klären (Gerichtsbescheid vom 2.7.2015). Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis, hilfsweise, dass es gar nicht beendet sei. Daraufhin hat das LSG Hamburg den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und festgestellt, dass das Verfahren nicht beendet sei; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Berufung sei zulässig, aber lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Während die Beklagte kein Anerkenntnis abgegeben habe, auch nicht konkludent, habe der Kläger keine Erledigungserklärung abgegeben, sondern ausdrücklich nur die Annahme eines - vermeintlichen - Anerkenntnisses erklärt (Urteil vom 18.12.2015).

4

Der Kläger rügt mit seiner gegen die Abweisung des Hauptantrags gerichteten Revision die Verletzung des § 101 Abs 2 SGG. Er habe das von der Beklagten konkludent abgegebene Anerkenntnis angenommen. Die Berufung sei auch zulässig eingelegt worden. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei allein die Erledigungsfeststellung gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 aufzuheben sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 abzuändern und festzustellen, dass das Verfahren S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis beendet ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Die Berufung ist im Hauptantrag im Ergebnis zu Recht ohne Erfolg geblieben. Soweit das LSG der Berufung im Hilfsantrag stattgegeben und unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG festgestellt hat, dass der Rechtsstreit nicht erledigt sei, ist das Urteil nicht mit der Revision angegriffen worden und daher nicht vom Senat zu überprüfen.

9

Das LSG hätte die Berufung des Klägers im Hauptantrag allerdings bereits als unzulässig verwerfen müssen (§ 158 S 1 SGG), weil sie nicht statthaft war. Dieser Verfahrensfehler ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 20.5.2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 6). Die insoweit vom Senat vorgenommene Klarstellung des LSG-Urteils - Verwerfung statt Zurückweisung der Berufung im Hauptantrag - verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, weil der Kläger hierdurch nicht zusätzlich beschwert wird (vgl BSG Urteil vom 31.7.1985 - 2 RU 51/84 - Juris RdNr 10 f mwN). Sowohl bei der Verwerfung als auch bei der Zurückweisung der Berufung bleibt es, auch was die Reichweite der Rechtskraft angeht, bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG war mangels Zulassung nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, und die Berufung - wie hier - weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft(§ 144 Abs 1 S 2 SGG). Diese Berufungsbeschränkung ist im vorliegenden Fall zu beachten (dazu a). Auch überstieg der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht (dazu b) und weder das SG noch das LSG haben die Berufung zugelassen (dazu c).

11

a) Gegenstand der Berufung im Hauptantrag war eine Klage, die einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betraf. Der Begriff der Geldleistung iS des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist nicht auf Sozialleistungen gemäß § 11 S 1 SGB I beschränkt(Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 144 RdNr 13). Er umfasst auch die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 9).

12

Die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist auch auf Berufungen anzuwenden, die sich gegen die Feststellung eines SG wenden, ein Verfahren sei erledigt(so auch Bienert, NZS 2017, 727, 729 mwN). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass in diesen Fällen allein die Frage, ob der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht aber der streitige Anspruch in der Sache selbst Gegenstand des Berufungsverfahrens wäre (so aber Groth in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap VIII RdNr 8a mwN). Unabhängig davon, ob diese Einschätzung zutrifft (aA etwa LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.10.2015 - L 6 AS 432/14 - Juris RdNr 19), kommt es hierauf für die Anwendbarkeit des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht an. Bei einem Verfahren, das mit dem Ziel fortgesetzt wird, die (Nicht-)Erledigung der zunächst erhobenen Klage feststellen zu lassen, ist vielmehr auf diese ursprüngliche Klage abzustellen. Andernfalls hinge der Gegenstandswert von der Entscheidung des SG über das Feststellungsbegehren ab: Stellte dieses die Erledigung des Verfahrens fest, wäre nach der Gegenansicht die Berufung ohne Zulassung statthaft. Würde es das Verfahren als nicht erledigt ansehen und daher über den Anspruch in der Sache entscheiden, hinge die Statthaftigkeit der Berufung dagegen vom Gegenstandswert der Klage ab. Entscheidend ist vielmehr das ursprüngliche Klageziel. Nichts anderes gilt, wenn eine Klage als unzulässig abgewiesen wird. Weshalb für die Feststellung, dass ein Verfahren erledigt sei, andere Maßstäbe gelten sollen als für sonstige Prozessurteile (zur Einordnung der Erledigungsfeststellung als Prozessurteil s BGH Urteil vom 15.1.1985 - X ZR 16/83 - Juris RdNr 13), ist nicht ersichtlich. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet keine andere Auslegung.

13

Unschädlich ist ferner, dass das hier fortgesetzte Verfahren ursprünglich eine Untätigkeitsklage zum Gegenstand hatte. Auch Untätigkeitsklagen werden von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG erfasst, weil sie entweder auf die Vornahme eines beantragten Verwaltungsaktes(§ 88 Abs 1 SGG) oder den Erlass eines Widerspruchsbescheids (§ 88 Abs 2 SGG)gerichtet sind. Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 10 f).

14

b) Der Wert des Beschwerdegegenstands entspricht der mit der Kostennote vom 12.10.2010 angesetzten Vergütungsforderung über insgesamt 499,80 Euro und übersteigt damit nicht 750 Euro. Bei einer Untätigkeitsklage ist auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12). Da sie vorliegend auf Bescheidung des gegen den Bescheid vom 14.10.2010 erhobenen Widerspruchs gerichtet war, mit dem die Beklagte die Erstattung von Kosten über 499,80 Euro abgelehnt hatte, ist dieser Betrag maßgebend. Dass hinter dem Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens erkennbar das Interesse steht, eine Terminsgebühr bei Erledigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis (Nr 3106 Ziff 3 VV RVG) zu erzielen, ist ohne Belang. Die Kosten eines laufenden Verfahrens sind bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 15a). Dies war hier der Fall, weil mit der Fortsetzung des Untätigkeitsklageverfahrens dessen Rechtshängigkeit wieder auflebte (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 94 RdNr 4b). Ein anwaltliches Vergütungsinteresse zugrunde zu legen verbietet sich regelmäßig auch deshalb, weil andernfalls die Bestimmung des Gegenstandswerts davon abhinge, ob der jeweilige Beteiligte anwaltlich vertreten ist oder nicht.

15

Bei dem Wert von 499,80 Euro bleibt es, obwohl die Berufung einen Haupt- und einen Hilfsantrag umfasste. Eine Addition der Streitwerte von Hauptantrag einerseits und Hilfsantrag andererseits scheidet aus, weil beide Anträge auf dasselbe Interesse, die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits allein durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG, gerichtet waren, sie also keinen jeweils eigenständigen Wert haben, sondern vielmehr zwischen beiden eine wirtschaftliche Identität besteht(vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 18; Cantzler in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 7 RdNr 49; jeweils mwN). Dass der Kläger mit seinem Berufungshauptantrag nicht nur die Feststellung begehrte, dass, sondern auch wie das Verfahren seine Erledigung gefunden habe, veranlasst nicht zu einer anderen Beurteilung. Entscheidend sind allein die mit dem Streitgegenstand unmittelbar verknüpften Interessen. Das anwaltliche Vergütungsinteresse zu berücksichtigen verbietet sich aus den oben dargelegten Gründen auch hier. Unerheblich ist schließlich, dass aus einem angenommenen Anerkenntnis vollstreckt werden könnte (§ 199 Abs 1 Nr 3 Alt 1 SGG), während im Fall einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung das Verfahren ohne Vollstreckungstitel endet. Maßgeblich ist nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG allein, ob die Klage eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft. Die gewählte Klageart (dazu BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 11; BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - BSGE 42, 212, 213 = SozR 1500 § 144 Nr 5 S 13; jeweils mwN) und damit auch die Frage, ob am Ende eines Klageverfahrens überhaupt ein Vollstreckungstitel stehen kann, ist für die Anwendung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG unerheblich.

16

Ohne Bedeutung ist ferner, dass der Kläger mit seiner Kostennote vom 12.10.2010 nicht nur um Kostenfestsetzung, sondern auch um eine "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X" gebeten hatte. Kostengrundentscheidung und Kostenfestsetzung sind auf dasselbe wirtschaftliche Ziel, die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs aus § 63 Abs 1 S 1 SGB X, gerichtet(so auch BVerwG Urteil vom 16.12.1988 - 7 C 93.86 - Juris RdNr 12). Die damit auch insoweit bestehende wirtschaftliche Identität steht wiederum einer Erhöhung des Gegenstandswerts entgegen. Dass im Rahmen einer Entscheidung über die Zulässigkeit der eine Kostengrundentscheidung nach § 63 Abs 1 SGB X betreffenden Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden, sondern grundsätzlich von den Höchstgebühren auszugehen ist(vgl BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 ff = SozR 4-1300 § 63 Nr 23, RdNr 11), führt zu keiner anderen Beurteilung. Legt der Kostenerstattungsberechtigte - wie hier - mit dem Antrag auf Kostengrundentscheidung bereits eine Kostennote vor, aus der sich die Gebührenforderung seines verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts ergibt, werden die Kostenerstattungsforderung und damit der Berufungsstreitwert fixiert. Hat ein Rechtsanwalt bei der Berechnung von Rahmengebühren sein ihm eingeräumtes Ermessen ausgeübt, ist er daran gebunden (OLG Düsseldorf vom 24.6.2008 - I-24 U 204/07 - Juris RdNr 15; Onderka/Schneider in AnwK-RVG, 8. Aufl 2017, § 14 RdNr 93). Rahmengebühren sind auch in den der Kostennote des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.10.2010 zugrundeliegenden Widerspruchsverfahren angefallen (§ 3 Abs 2 RVG) und mit der Kostennote gefordert worden.

17

c) Die nach alledem zulassungsbedürftige Berufung haben weder das SG noch das LSG zugelassen. Dass das SG den Kläger in seinem Gerichtsbescheid unzutreffend dahingehend belehrt hat, die Berufung sei statthaft, ist in Ermangelung weitergehender Anhaltspunkte nicht als gleichsam konkludente Zulassung der Berufung zu werten (BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12 mwN). Ebenso wenig ist eine Zulassung der Berufung darin zu sehen, dass das LSG in der Sache über sie befunden hat. Für eine Zulassung des Rechtsmittels fehlt dem LSG im Berufungsverfahren die Entscheidungsmacht (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG Urteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 19/01 R - Juris RdNr 19). Das LSG darf über die Zulassung der Berufung nur auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin und durch Beschluss (§ 145 Abs 4 S 1 SGG) entscheiden.

18

2. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nicht von einer Erledigung des Rechtsstreits durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG auszugehen sein dürfte. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob überhaupt die gerichtliche Feststellung der Erledigung eines Verfahrens gerade durch ein bestimmtes Erledigungsereignis begehrt werden kann (vgl BSG Beschluss vom 27.2.2014 - B 5 RE 3/14 B - BeckRS 2014, 67167 RdNr 8). Eventuelle kosten- oder vollstreckungsrechtliche Folgefragen dürften sich im Rahmen der insoweit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe klären lassen. Abgesehen davon ordnet § 88 Abs 1 S 3 SGG als Sonderregelung für den Fall einer Untätigkeitsklage (so auch Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 101 RdNr 21; Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 101 RdNr 28; Roller in HK-SGG, 5. Aufl 2017, § 101 RdNr 32; aus der Rspr vgl etwa LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 5.2.2016 - L 19 AS 1130/15 B - Juris RdNr 28; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 2.9.2015 - L 32 AS 456/15 B - Juris RdNr 38 ff; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 7.1.2015 - L 12 SO 302/14 B - Juris RdNr 7; Sächsisches LSG Beschluss vom 18.10.2013 - L 8 AS 1254/12 B KO - Juris RdNr 25; Thüringer LSG Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - Juris RdNr 32; aA Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl 2015, § 3 RdNr 59; Hessisches LSG Beschluss vom 28.11.2016 - L 2 AS 184/16 B - Juris RdNr 21) an, dass bei fristgerechter Stattgabe des Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsakts die Hauptsache für erledigt zu erklären ist.

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind dem Kläger auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Alg wegen einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen für die Zeit vom 1. bis 14.2.2012 und die entsprechende Minderung des Leistungsanspruchs.

2

Der 1957 geborene Kläger war vom 6.7.2005 bis 30.9.2011 in Luxemburg als Bäcker in Wechselschicht beschäftigt. Mit Schreiben vom 12.8.2011 kündigte er das Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen. Er gab an, aus gesundheitlichen Gründen keine Wechselschichten mehr fahren zu können, und legte eine ärztliche Bestätigung vor. Er wohnte während der gesamten Beschäftigungszeit in Deutschland und pendelte täglich zur Arbeitsstätte.

3

Der Kläger meldete sich am 19.12.2011 persönlich arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte ihm Alg ab 19.12.2011 für 450 Tage (Bescheid vom 5.1.2012). Der Kläger erhob Widerspruch und legte eine korrigierte Fassung des Formulars E 301 vor, in dem ein höherer Wochenarbeitsverdienst ausgewiesen war. Die Beklagte bewilligte daraufhin höheres Alg (Änderungsbescheid vom 27.1.2012).

4

Am 5.1.2012 schloss der Kläger bei einem Termin in der Agentur für Arbeit mit einer Mitarbeiterin der Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung ab. Darin wurde ua vereinbart, dass er sich aktiv fünfmal pro Monat auf versicherungspflichtige Beschäftigungen mit mindestens 15 Stunden pro Woche im Umkreis von 50 km um seinen Wohnort sowie in Luxemburg zu bewerben habe. Alle schriftlichen, telefonischen und persönlichen Bewerbungsaktivitäten habe er anhand einer Liste zu dokumentieren und bis zum 31.1.2012 per Post bei der Beklagten einzureichen. In der Eingliederungsvereinbarung machte die Beklagte im Gegenzug Zusagen für ein Bewerbungscoaching und die Übernahme von Bewerbungs- und Fahrtkosten. In einer Rechtsmittelbelehrung wurde auf das Erfordernis hingewiesen, die vereinbarten Eigenbemühungen nachzuweisen. Wenn der Kläger diese ohne wichtigen Grund nicht nachweise, trete eine Sperrzeit von zwei Wochen ein.

5

Nachdem der Kläger bis 31.1.2012 seine Bewerbungsaktivitäten nicht nachgewiesen hatte, stellte die Beklagte für die Zeit vom 1. bis 14.2.2012 eine Sperrzeit wegen unzureichender Eigenbemühungen fest (Bescheid vom 7.3.2012). Mit weiterem Bescheid vom 7.3.2012 hob sie die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. bis 14.2.2012 auf und stellte eine Minderung der Anspruchsdauer um zwei Wochen fest.

6

Der Kläger legte Widerspruch ein und machte geltend, er sei bei dem Termin durch die Mitarbeiterin der Beklagten unterrichtet worden, dass er fünf Bewerbungen verfassen und versenden müsse. Dies habe er auch getan. Bei dem Gespräch habe man in Aussicht genommen, Ende Januar/Anfang Februar einen neuen Termin zu vereinbaren. Er sei davon ausgegangen, die Bewerbungen erst beim nächsten Termin nachweisen zu müssen. Es liege ein Missverständnis vor. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 15.3.2012).

7

Der Kläger hat beim SG Trier Klage erhoben und vorgetragen, er habe die geforderten Eigenbemühungen im Januar 2012 unternommen. Das SG hat die Klage nach Anhörung des Klägers abgewiesen (Urteil vom 26.2.2013). Das mit fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil des SG ist dem Kläger am 12.3.2013 zugestellt worden.

8

Der Kläger hat gegen dieses Urteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die das LSG als unzulässig verworfen hat (Beschluss vom 30.9.2014). Am 13.10.2014 hat er Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er vertritt nun die Auffassung, allein der "nicht rechtzeitige" Nachweis von Eigenbemühungen könne nicht zu einer Sperrzeit führen.

9

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 9.6.2016). Dem Kläger sei Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zu gewähren, die Berufung sei auch im Übrigen zulässig. In der Sache sei sie aber unbegründet, weil die Beklagte in formell und materiell rechtmäßiger Weise die Bewilligung von Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit für den fraglichen Zeitraum festgestellt habe. Die zu erbringenden Eigenbemühungen seien in der Eingliederungsvereinbarung eindeutig und konkret beschrieben. Mit dem Kläger sei auch der Nachweis der Bemühungen in einer ausdrücklich bestimmten Frist vereinbart worden. Schließlich habe er eine Belehrung darüber erhalten, welche Rechtsfolge das Fehlen von Eigenbemühungen oder ihres Nachweises haben kann. Der Kläger habe ohne wichtigen Grund und schuldhaft die Eigenbemühungen nicht nachgewiesen.

10

Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF sowie des § 24 Abs 1 SGB X. Die Beklagte habe den streitigen Sperrzeitbescheid ohne vorherige Anhörung erlassen. Die Anhörung sei weder im Vorverfahren noch im gerichtlichen Verfahren nachgeholt worden, denn die Beklagte habe die Ausführungen des Klägers im Vorverfahren nicht zur Kenntnis genommen. Auch sei keine Sperrzeit iS des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF eingetreten. Der Vorschrift lasse sich nicht entnehmen, dass "schon ein nicht rechtzeitiger Nachweis" zu einer Sperrzeit führe. Aus der Entscheidung des BSG vom 20.10.2005 (B 7a AL 18/05 R - juris RdNr 31) ergebe sich vielmehr, dass durch eine solche Regelung das prozessrechtliche Amtsermittlungsprinzip nicht beseitigt werde. Eine Sperrzeit sei in Fällen der vorliegenden Art unverhältnismäßig. Sie trete nur ein, wenn der Berechtigte nach gesonderter Aufforderung der Beklagten zum Nachweis der Eigenbemühungen diesen nicht erbringe.

11

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juni 2016, das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 26. Februar 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2012 aufzuheben.

12

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

13

Eine Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF trete schon dann ein, wenn der Arbeitslose die Eigenbemühungen zwar unternehme, diese aber nicht rechtzeitig nachweise.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

15

1. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 7.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.3.2012. Die Beklagte hat unter demselben Datum sowohl einen Bescheid erlassen, der den Eintritt einer Sperrzeit feststellt, als auch einen weiteren Bescheid, der die Bewilligung von Alg vom 1. bis 14.2.2012 aufhebt und die Anspruchsdauer um zwei Wochen mindert. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu einer isolierten Feststellung der Sperrzeit berechtigt ist, denn nach stRspr stellen beide Regelungen - die Feststellung der Sperrzeit und die zeitgleiche Aufhebung der Bewilligung von Alg und Minderung der Anspruchsdauer - eine rechtliche Einheit dar (BSG vom 9.2.2006 - B 7a/7 AL 48/04 R - juris RdNr 12; BSG vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21; BSG vom 2.5.2012 - B 11 AL 6/11 R - BSGE 111, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 23). Es handelt sich im Ergebnis um eine einheitliche Entscheidung über die Aufhebung sowohl in Bezug auf die Leistungsbewilligung als auch die Minderung der Anspruchsdauer.

16

2. Die Revision ist nicht schon unbegründet, weil die Berufung unzulässig gewesen wäre.

17

Die Berufung des Klägers ist nach Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist fristgerecht erhoben worden. Die Wiedereinsetzung durch das LSG ist für den Senat bindend (§ 67 Abs 4 Satz 2 SGG).

18

Soweit das LSG angenommen hat, die Berufung sei statthaft, weil der Gegenstandswert der Berufung (vgl § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) erreicht sei, ist dem nicht zu folgen. Der Wert der Aufhebung der Bewilligung von Alg für zwei Wochen (541,66 Euro) und die Minderung der Anspruchsdauer für den entsprechenden Zeitraum sind nicht zu addieren, denn der Kläger ist durch beide Regelungen insgesamt mit einem Verlust des Anspruchs auf Alg für zwei Wochen beschwert, was einem Gegenstandswert von 541,66 Euro entspricht. Würde die Minderung der Anspruchsdauer nicht eintreten, könnte sich lediglich der Bezugszeitraum des Alg verschieben, was zwar auch schon eine aktuelle Beschwer für den Ruhenszeitraum begründet, aber sich in Verbindung mit der Minderung der Anspruchsdauer nicht auf eine Beschwer von 1083,32 Euro aufaddiert. Der Wert der Beschwer durch beide Regelungen beträgt vielmehr 541,66 Euro (vgl BSG vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; ähnlich BSG vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 144 RdNr 15).

19

Soweit das LSG die vom Kläger zunächst zutreffend eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen (Beschluss vom 30.9.2014) und weiter entschieden hat, die Berufung sei statthaft und zulässig, kann dies dem Kläger bei Überprüfung des Berufungsurteils allerdings nicht zum Nachteil gereichen. Dieser hat das zur Verfolgung seines Rechtsschutzziels Mögliche und Erforderliche getan. In einer solchen Konstellation erfordern Rechtsmittelklarheit und Vertrauensschutz, dass der Senat nicht zu Lasten des Klägers annehmen darf, die Berufung sei unstatthaft gewesen (vgl dazu schon BSG vom 3.6.2004 - B 11 AL 75/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 145 RdNr 11b).

20

3. Die Revision ist aber unbegründet, weil der angefochtene Bescheid formell (a) und materiell (b) rechtmäßig ist.

21

a) Der angefochtene Verwaltungsakt ist nicht wegen eines Anhörungsfehlers rechtswidrig. Gemäß § 24 Abs 1 SGB X ist vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsakts(hier Aufhebungsbescheid nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III) die Anhörung des Betroffenen erforderlich. Zwar ist diese vor Erlass des Bescheids vom 7.3.2012 nicht durchgeführt worden, der Mangel ist aber gemäß § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X im Laufe des Vorverfahrens durch Nachholung geheilt worden, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat.

22

Ein Anhörungsmangel wird bereits im Vorverfahren geheilt, wenn ein Beteiligter dort die Möglichkeit hat, sich zu allen aus Sicht der Behörde entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Damit ein Beteiligter sich im Vorverfahren sachgerecht äußern kann, muss der angefochtene Bescheid alle für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkte erkennen lassen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird der Anhörungsmangel durch Durchführung des Vorverfahrens geheilt (vgl BSG vom 19.10.2011 - B 13 R 9/11 R - SozR 4-2600 § 77 Nr 10 RdNr 14; BSG vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5; Mutschler in Kasseler Komm, § 24 SGB X RdNr 34a; Steinwedel in Kasseler Komm, § 41 RdNr 16 mwN).

23

Der Ausgangsbescheid hat die für die getroffene Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bezeichnet. In dem Bescheid ist nicht nur der Sachverhalt mitgeteilt, aus dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit herleitet, sondern auch darauf hingewiesen worden, dass der Kläger keinen wichtigen Grund für sein Verhalten und schuldhaft gehandelt habe. Zudem ist die Bewilligung von Alg wegen schuldhafter Unkenntnis vom Ruhen des Anspruchs auf Alg aufgehoben und die Minderung der Anspruchsdauer festgestellt worden. Somit konnte der Kläger sich im Widerspruchsverfahren mit allen wesentlichen Gesichtspunkten der Entscheidung der Beklagten auseinandersetzen. Er hat zu diesen Tatsachen auch vorgetragen und geltend gemacht, er sei davon ausgegangen, die Eigenbemühungen erst beim nächsten Termin nachweisen zu müssen. Die Beklagte hat sich mit dem Vorbringen - entgegen der Behauptung des Klägers - im Widerspruchsbescheid auch beschäftigt und ist hierauf eingegangen.

24

b) Die Beklagte hat die Bewilligung von Alg zu Recht mit Wirkung für die Vergangenheit für die Zeit vom 1. bis 14.2.2012 aufgehoben.

25

Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Die Aufhebung der Bewilligung von Alg darf nur erfolgen, wenn in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheids vorgelegen haben, eine wesentliche rechtliche oder tatsächliche Änderung eingetreten ist. Eine solche wesentliche Änderung liegt vor, wenn die Verhältnisse sich dadurch zum Nachteil des Berechtigten geändert haben, dass der Anspruch auf Alg kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder weggefallen ist, auch wenn noch ein Vollzugsakt - wie die Aufhebung der Bewilligung - erforderlich ist (Coseriu/Jakob in Nomos Kommentar SGB III, 6. Aufl 2017, § 330 RdNr 310).

26

Hinsichtlich des Alg-Anspruchs des Klägers ist eine solche wesentliche Änderung eingetreten, weil dieser nach Maßgabe des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III(idF des Gesetzes vom 23.12.2003, BGBl I 2848, aF) wegen einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen zum Ruhen gekommen ist (aa). Auch die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung für die Vergangenheit haben vorgelegen (bb). Schließlich ist die Bewilligung des zuerkannten Anspruchs auch insoweit aufzuheben gewesen, als sich dessen Dauer um die Zeit der Sperrzeit gemindert hat (cc).

27

aa) Der Anspruch des Klägers auf Alg ist in der Zeit vom 1. bis 14.2.2012 wegen Eintritts einer Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF zum Ruhen gekommen.

28

Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF liegt ein versicherungswidriges Verhalten vor, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen).

29

Mit welchen Mitteln (zB Hinweisschreiben, Verwaltungsakt, Besprechung) die Beklagte die von einem Arbeitslosen vorzunehmenden Eigenbemühungen so konkretisieren kann, dass deren Erfüllung von einem Arbeitslosen "gefordert" werden kann, muss hier nicht abschließend entschieden werden. Denn jedenfalls ist eine Eingliederungsvereinbarung ein Instrument, um zwischen einem Arbeitsuchenden und der Beklagten die Eigenbemühungen so zu konkretisieren, dass die Beklagte diese fordern kann (§ 37 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III, § 138 Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB III). Dies entspricht auch dem Regelungsziel des Gesetzgebers, der die Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB III als ein Mittel vorgesehen hat, die Eigenbemühungen selbst und die Art und Weise des Nachweises zwischen den Agenturen für Arbeit und den Arbeitsuchenden zu regeln (BT-Drucks 16/10810 S 29; Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 37 RdNr 31 mwN, Stand Juli 2013).

30

Bei der Eingliederungsvereinbarung nach § 37 Abs 2 SGB III handelt es sich - wie der Senat in einer Parallelentscheidung vom heutigen Tag ausführlich dargelegt hat(BSG vom 4.4.2017 - B 11 AL 5/16 R) um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrags nach § 53 Abs 1 Satz 2, § 55 SGB X. Die im vorliegenden Verfahren geschlossene Eingliederungsvereinbarung vom 5.1.2012 ist als öffentlich-rechtlicher Vertrag wirksam zustande gekommen, denn die für einen Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien liegen vor (§ 61 Satz 2 SGB X iVm §§ 145 ff BGB) und das Schriftformerfordernis ist gewahrt (§ 56 SGB X).

31

Die zwischen den Beteiligten geschlossene Eingliederungsvereinbarung ist auch nicht nichtig. Nach der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG ist eine Eingliederungsvereinbarung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nichtig, wenn in ihr außer der Zusage von Vermittlungsvorschlägen bei Stellenangeboten keine individuellen, konkreten und verbindlichen Leistungsangebote des Beklagten zur Eingliederung des Klägers in Arbeit vereinbart sind (BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 30/15 R - SozR 4-4200 § 15 Nr 5, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Die zum SGB II ergangene Rechtsprechung ist - auch zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsordnung - auf die Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB III zu übertragen.

32

Die Eingliederungsvereinbarung vom 5.1.2012 ist wirksam und verbindlich, denn die Beklagte hat dem Kläger im Gegenzug zu seinen Zusagen, sich zu bewerben, in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag eine angemessene und billige Gegenleistung zugesagt (§ 58 Abs 2 Nr 4 SGB X). Sie hat ihm mehrere Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung konkret in Aussicht gestellt. So ist ihm die Teilnahme an einem Bewerbungscoaching bei einem näher bezeichneten Träger angeboten worden, das er am 16.1.2012 hätte beginnen können und für das er ein Zuweisungsschreiben erhalten hat. Schließlich ist ihm die Übernahme von Bewerbungskosten sowie von Reisekosten für Vorstellungsgespräche zugesagt worden.

33

Außer im Hinblick auf eine mögliche Nichtigkeit (§ 58 Abs 1 und 2 SGB X) sind die in einer Eingliederungsvereinbarung formell wirksam getroffenen Einzelvereinbarungen nicht auf ihre Rechtmäßigkeit oder Zumutbarkeit hin zu überprüfen (BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 30/15 R - für BSGE vorgesehen = SozR 4-4200 § 15 Nr 5; aA Eicher in Knickrehm/Rust , Arbeitsmarktpolitik in der Krise, 2010, S 79 f). Eine Überprüfung einzelner Regelungen in einer Eingliederungsvereinbarung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit scheidet aus, weil sie dem Sinn und Zweck eines auf individuelle Erfordernisse zugeschnittenen und ausgehandelten öffentlich-rechtlichen Austauschvertrags entgegenstünde. Sollten ihre Verhandlung und ihr Abschluss nicht der idealtypischen Vorstellung des Vertragsmodells entsprechen, stellt dies nicht zugleich einen Nichtigkeitsgrund iS des § 58 Abs 1 SGB X dar (vgl Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 15 RdNr 17 ff, 23).

34

Die wirksame Eingliederungsvereinbarung hat auch den vom Kläger zu führenden Nachweis konkretisiert. Vorliegend haben die Beteiligten die Nachweispflicht dahingehend konkretisiert, dass der Kläger in der bis 31.1.2012 bestimmten Frist eine einfache Auflistung seiner Bewerbungen vorzulegen hatte. Mit deren Vorlage bei der Beklagten hätte er seine Nachweispflicht erfüllt. Die Beklagte könnte bei Vorlage einer solchen einfachen Auflistung nicht einwenden, diese genüge nicht als "Nachweis". Wird der Nachweis der geforderten Eigenbemühungen aber nicht in der vereinbarten Weise erbracht, kann dies - unter weiteren Voraussetzungen - den Eintritt der Sperrzeit begründen (Coseriu in Eicher/Schlegel, § 159 SGB III aF RdNr 367, Stand September 2013; Bieback in jurisPR-SozR 14/2011 Anm 1).

35

§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF ist - anders als der Kläger meint - nicht so zu verstehen, dass es allein auf die Vornahme der Eigenbemühungen, nicht aber auf deren Nachweis ankäme. Bereits dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich entnehmen, dass der Eintritt einer Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der oder die Arbeitslose die Eigenbemühungen gegenüber der Beklagten nicht nachweist. Eine den Nachweis nicht für erforderlich haltende Auslegung der Vorschrift lässt sich auch nicht mit den Regelungszielen des Gesetzgebers begründen (BT-Drucks 15/1515 S 87) oder durch eine erkennbar planwidrige Gesetzeslücke rechtfertigen (zu den Grenzen der Auslegung: BVerfG vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193 = NJW 2011, 836).

36

Zwar sind Regelungen einer Nachweispflicht dem vom Amtsermittlungsprinzip (§ 103 SGG) geprägten Sozialrecht (dazu BSG vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3 RdNr 31) eher fremd. Dem Gesetzgeber ist es aber nicht verwehrt, Regelungen zu treffen, wonach ein Betroffener bestimmte Handlungen oder Umstände nachzuweisen hat (allgemein: Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl 2013, Vorbem § 284 RdNr 22 f; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl 2013, Anh § 286 RdNr 9; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 118 RdNr 6; Marx, Die Notwendigkeit und Tragweite der Untersuchungsmaxime in den Verwaltungsprozessgesetzen, Frankfurt 1985, S 188 f). Der Gesetzgeber hat solche Regelungen im Sozialrecht auch an verschiedenen Stellen getroffen (zB § 4 Abs 3 Satz 1 FRG, § 6 Abs 6 AAÜG).

37

Im Ergebnis verlangt § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF von den Leistungsberechtigten, dass sie zum Zwecke der Überprüfung, ob die konkreten Eigenbemühungen im Einzelfall vorgenommen worden sind, deren Vornahme im Einzelfall auch nachweisen(hM; so Coseriu in Eicher/ Schlegel, SGB III nF, § 159 RdNr 374, Stand September 2013; Winkler in Gagel, SGB II/ SGB III, § 159 SGB III RdNr 296 und 349, Stand März 2015; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 159 RdNr 300, Stand Mai 2014). Aus der Entscheidung des BSG (vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3 RdNr 31), auf die sich der Kläger beruft, ergibt sich nichts anderes, weil das Urteil zu § 119 Abs 5 Satz 2 SGB III idF ab 19.12.1998 ergangen ist. Die Entscheidung ist im Kontext der hier maßgeblichen Regelung (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF)nicht mehr einschlägig, weil ihr eine weitgehend andere Rechtslage zugrunde gelegen hat.

38

Der Kläger hat nicht nur den ihm obliegenden Nachweis der Eigenbemühungen nicht fristgerecht geführt, der Sperrzeittatbestand des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF ist auch im Übrigen erfüllt. Denn er ist mit der Rechtsfolgenbelehrung in der Eingliederungsvereinbarung zutreffend und richtig über die Rechtsfolge der Sperrzeit bei fehlendem Nachweis der Eigenbemühungen belehrt worden. Er hat für das Fehlen des Nachweises der Eigenbemühungen keinen wichtigen Grund angeführt. Der mögliche Irrtum über den Zeitpunkt, bis zu dem er der Nachweispflicht nachkommen muss, stellt keinen wichtigen Grund dar, weil ein solcher objektiv vorliegen müsste (BSG vom 28.6.1991 - 11 RAr 81/90 - BSGE 69, 108 = SozR 3-4100 § 119 Nr 6). An dem fehlenden Nachweis trifft den Kläger auch Verschulden (zum Erfordernis des Verschuldens, auch wenn dieses nicht im Sperrzeittatbestand geregelt ist: BSG vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R - BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1; BSG vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - BSGE 95, 176, 186 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3 RdNr 33; Mutschler in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, § 159 RdNr 46). Mit dem Übersehen der datumsmäßig festgelegten Verpflichtung, den Nachweis in der vereinbarten Frist vorzulegen, hat der Kläger die von ihm zu fordernde Sorgfalt verletzt.

39

Die Beklagte hat auch Beginn und Ende der Sperrzeit zutreffend geregelt. Die Sperrzeit beginnt gemäß § 144 Abs 2 Satz 1 SGB III aF mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Die Sperrzeit beginnt am 1.2.2012, weil der Kläger die Nachweise bis zum 31.1.2012 hätte erbringen müssen. Die Sperrzeit dauert gemäß § 144 Abs 5 SGB III aF zwei Wochen, also bis 14.2.2012.

40

bb) Auch die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung für die Vergangenheit sind erfüllt, denn der Kläger hat qualifiziert schuldhaft iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X gehandelt.

41

Die Feststellungen des LSG, die eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers bejahen, sind revisionsrechtlich nur in engen Grenzen überprüfbar (vgl BSG vom 13.7.2006 - B 7a AL 16/05 R - SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 14). Vorliegend sind die Feststellungen für den Senat bindend, weil das LSG bei der Entscheidung von dem zutreffenden Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit ausgegangen ist (vgl BSG vom 29.10.2008 - B 11 AL 44/07 R - SozR 4-4300 § 118 Nr 3 RdNr 23). Das LSG hat insoweit ausgeführt, dass im Berufungsverfahren keine neuen Erkenntnisse zum Verschulden gewonnen werden konnten. Es hat auf das Urteil des SG Bezug genommen (vgl § 153 Abs 2 SGG), das sich im Einzelnen mit den Voraussetzungen eines grob fahrlässigen Verhaltens auseinandergesetzt hat. Das LSG hat angenommen, der Kläger habe die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt, falls er trotz erteilter Rechtsfolgebelehrung und getroffener Vereinbarungen über das Erfordernis des Nachweises nicht gewusst haben sollte, dass ohne den fristgerechten Nachweis eine Sperrzeit eintritt und ihm ein Zahlungsanspruch auf Alg nicht mehr zusteht. Er hätte - so das LSG zutreffend - schon bei einer einfachen Durchsicht der Eingliederungsvereinbarung ohne Weiteres erkennen müssen, dass und zu welchem Termin er den Nachweis vorzulegen habe.

42

cc) Die Aufhebung der Bewilligung ist auch insoweit rechtmäßig erfolgt, als sich der zuerkannte Anspruch auf Alg um die Zeit des Ruhens wegen einer Sperrzeit mindert (§ 128 Abs 1 Nr 2 SGB III aF).

43

Bei der Teilaufhebung der Bewilligung hinsichtlich der Anspruchsdauer (Verkürzung von zwei Wochen) handelt es sich um eine Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, § 330 Abs 3 SGB III), weil sich die Minderung der Anspruchsdauer erst gegen Ende des Bezugs von Alg auswirkt, wenn der Berechtigte zu dem Zeitpunkt noch im Leistungsbezug steht. Die Beklagte ist berechtigt, den Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, nachdem eine Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF eingetreten ist. Mit dieser ist gegenüber dem Bewilligungsbescheid eine wesentliche Änderung auch hinsichtlich der Anspruchsdauer eingetreten, denn mit dem Eintritt einer Sperrzeit geht eine entsprechende Minderung der Anspruchsdauer einher (§ 128 Abs 1 Nr 3 SGB III aF). Die Minderung der Anspruchsdauer entspricht der Anzahl von Tagen, die die Sperrzeit hat (§ 144 Abs 5 SGB III aF; jetzt § 159 Abs 5 SGB III), hier also - wie von der Beklagten geregelt - zwei Wochen.

44

4. Die gesetzliche Regelung einer Nachweispflicht (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III aF) verletzt den Kläger nicht in seinem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG.

45

In der Auferlegung einer Nachweispflicht gegenüber dem Berechtigten liegt ein Eingriff in dessen allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG), weil er entweder eine Tätigkeit entfalten muss oder im Fall des Unterlassens Leistungsansprüche nach dem SGB III verlieren kann.

46

Dieser Eingriff hält sich aber im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung. Die die Nachweispflicht regelnden Vorschriften des SGB III dienen einem legitimen Zweck. Wenn der Gesetzgeber den Arbeitslosen die Pflicht auferlegt, Eigenbemühungen nachzuweisen, lässt sich die getroffene Regelung mit der sog "Sphärentheorie" rechtfertigen (vgl dazu BSG vom 9.12.2003 - B 7 AL 56/02 R - SozR 4-4300 § 119 Nr 1). Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, dem Eigenbemühungen obliegen, die von ihm entfalteten Aktivitäten einfach belegen kann. Demgegenüber müsste ohne Regelung einer Nachweispflicht die Beklagte das Unterlassen der Eigenbemühungen beweisen. Der Nachweis, dass bestimmte Umstände nicht gegeben sind, ist aber schwierig zu führen. Die Arbeitslosen könnten schlicht behaupten, das Erforderliche getan zu haben, sodass es der Beklagten überlassen bliebe, das Gegenteil zu beweisen. In dieser Situation ist es sachgerecht, denjenigen die Nachweisobliegenheit aufzuerlegen, die ohne großen Aufwand ihr aktives Tun belegen können. Dies ist auch vor dem Hintergrund anzunehmen, dass Eigenbemühungen eine Regelvoraussetzung des Anspruchs auf Alg sind, weil es ohne die Bereitschaft, Anstrengungen zu entfalten, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden, bereits an "Arbeitslosigkeit" im Rechtssinne fehlen würde (§ 138 Abs 1 Nr 2 SGB III, § 119 Abs 1 Nr 2 SGB III aF).

47

Die Nachweispflicht belastet die Arbeitslosen nicht in unzumutbarer (unverhältnismäßiger) Weise. Sie ist geeignet, den Zweck - Überprüfung konkreter Anstrengungen - zu erreichen, ohne dass ein gleich geeignetes, aber den Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Vornahme von Eigenbemühungen und deren Nachweis zur Verfügung stünde (BSG vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - BSGE 119, 271 = SozR 4-4200 § 12a Nr 1, jeweils RdNr 46). Denn sie kann - ebenso wie die Eigenbemühungen selbst - in der Eingliederungsvereinbarung vertraglich konkretisiert werden (§ 37 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III). Dies ist auch im vorliegenden Fall geschehen. Mit dem Kläger ist zum Nachweis seiner Eigenbemühungen vereinbart worden, lediglich in einer Liste schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren, wann er sich wo in welcher Art und Weise beworben hat. Die Beklagte fordert also nur eine (einfache) Dokumentation der Eigenbemühungen und lässt diese als Nachweis genügen. Die gesetzliche Regelung einer Nachweispflicht ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis gerichtete Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 als unzulässig verworfen wird.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Verfahren über eine Untätigkeitsklage durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist.

2

Der Kläger - seinerzeit bereits vertreten durch seinen noch heute prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt - wandte sich mit Widersprüchen gegen zwei Bescheide der beklagten Krankenkasse, mit denen diese seine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt und das Ruhen seines Leistungsanspruchs festgestellt hatte. Die Beklagte half den Widersprüchen ab, woraufhin der Prozessbevollmächtigte um "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X, Anerkennung des Erstattungsanspruchs und Kostenfestsetzung" iHv 499,80 Euro bat(Kostennote vom 12.10.2010). Die Beklagte lehnte zunächst eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 14.10.2010). Auf den auch hiergegen erhobenen Widerspruch nahm sie - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch den Kläger - ihre die Kostenübernahme ablehnende Entscheidung zurück; die mit der Kostennote geltend gemachte Rechtsanwaltsvergütung werde auf ein Konto des Prozessbevollmächtigten angewiesen (Abhilfebescheid vom 31.5.2011).

3

Die Beklagte hat dem SG Hamburg mitgeteilt, dass dem Widerspruch mittlerweile abgeholfen worden sei und das Klageverfahren damit seine Erledigung gefunden haben dürfte (Schriftsatz vom 31.5.2011). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin erklärt, das Anerkenntnis werde angenommen, und zugleich gebeten, seine Erklärung "nicht in eine sonstige Erledigterklärung umzudeuten" (Schriftsatz vom 18.4.2012). Das SG hat die Beteiligten zunächst darauf hingewiesen, dass der Kläger eine prozessbeendende Erklärung abgegeben habe, und auf Antrag des Klägers, den Rechtsstreit fortzusetzen, festgestellt, dass das Verfahren durch die Prozesserklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.4.2011 beendet sei. Ob eine Erledigungserklärung oder Annahme eines Anerkenntnisses vorliege, sei in dem beendeten Verfahren nicht mehr zu klären (Gerichtsbescheid vom 2.7.2015). Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis, hilfsweise, dass es gar nicht beendet sei. Daraufhin hat das LSG Hamburg den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und festgestellt, dass das Verfahren nicht beendet sei; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Berufung sei zulässig, aber lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Während die Beklagte kein Anerkenntnis abgegeben habe, auch nicht konkludent, habe der Kläger keine Erledigungserklärung abgegeben, sondern ausdrücklich nur die Annahme eines - vermeintlichen - Anerkenntnisses erklärt (Urteil vom 18.12.2015).

4

Der Kläger rügt mit seiner gegen die Abweisung des Hauptantrags gerichteten Revision die Verletzung des § 101 Abs 2 SGG. Er habe das von der Beklagten konkludent abgegebene Anerkenntnis angenommen. Die Berufung sei auch zulässig eingelegt worden. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei allein die Erledigungsfeststellung gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 aufzuheben sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 abzuändern und festzustellen, dass das Verfahren S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis beendet ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Die Berufung ist im Hauptantrag im Ergebnis zu Recht ohne Erfolg geblieben. Soweit das LSG der Berufung im Hilfsantrag stattgegeben und unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG festgestellt hat, dass der Rechtsstreit nicht erledigt sei, ist das Urteil nicht mit der Revision angegriffen worden und daher nicht vom Senat zu überprüfen.

9

Das LSG hätte die Berufung des Klägers im Hauptantrag allerdings bereits als unzulässig verwerfen müssen (§ 158 S 1 SGG), weil sie nicht statthaft war. Dieser Verfahrensfehler ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 20.5.2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 6). Die insoweit vom Senat vorgenommene Klarstellung des LSG-Urteils - Verwerfung statt Zurückweisung der Berufung im Hauptantrag - verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, weil der Kläger hierdurch nicht zusätzlich beschwert wird (vgl BSG Urteil vom 31.7.1985 - 2 RU 51/84 - Juris RdNr 10 f mwN). Sowohl bei der Verwerfung als auch bei der Zurückweisung der Berufung bleibt es, auch was die Reichweite der Rechtskraft angeht, bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG war mangels Zulassung nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, und die Berufung - wie hier - weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft(§ 144 Abs 1 S 2 SGG). Diese Berufungsbeschränkung ist im vorliegenden Fall zu beachten (dazu a). Auch überstieg der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht (dazu b) und weder das SG noch das LSG haben die Berufung zugelassen (dazu c).

11

a) Gegenstand der Berufung im Hauptantrag war eine Klage, die einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betraf. Der Begriff der Geldleistung iS des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist nicht auf Sozialleistungen gemäß § 11 S 1 SGB I beschränkt(Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 144 RdNr 13). Er umfasst auch die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 9).

12

Die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist auch auf Berufungen anzuwenden, die sich gegen die Feststellung eines SG wenden, ein Verfahren sei erledigt(so auch Bienert, NZS 2017, 727, 729 mwN). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass in diesen Fällen allein die Frage, ob der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht aber der streitige Anspruch in der Sache selbst Gegenstand des Berufungsverfahrens wäre (so aber Groth in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap VIII RdNr 8a mwN). Unabhängig davon, ob diese Einschätzung zutrifft (aA etwa LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.10.2015 - L 6 AS 432/14 - Juris RdNr 19), kommt es hierauf für die Anwendbarkeit des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht an. Bei einem Verfahren, das mit dem Ziel fortgesetzt wird, die (Nicht-)Erledigung der zunächst erhobenen Klage feststellen zu lassen, ist vielmehr auf diese ursprüngliche Klage abzustellen. Andernfalls hinge der Gegenstandswert von der Entscheidung des SG über das Feststellungsbegehren ab: Stellte dieses die Erledigung des Verfahrens fest, wäre nach der Gegenansicht die Berufung ohne Zulassung statthaft. Würde es das Verfahren als nicht erledigt ansehen und daher über den Anspruch in der Sache entscheiden, hinge die Statthaftigkeit der Berufung dagegen vom Gegenstandswert der Klage ab. Entscheidend ist vielmehr das ursprüngliche Klageziel. Nichts anderes gilt, wenn eine Klage als unzulässig abgewiesen wird. Weshalb für die Feststellung, dass ein Verfahren erledigt sei, andere Maßstäbe gelten sollen als für sonstige Prozessurteile (zur Einordnung der Erledigungsfeststellung als Prozessurteil s BGH Urteil vom 15.1.1985 - X ZR 16/83 - Juris RdNr 13), ist nicht ersichtlich. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet keine andere Auslegung.

13

Unschädlich ist ferner, dass das hier fortgesetzte Verfahren ursprünglich eine Untätigkeitsklage zum Gegenstand hatte. Auch Untätigkeitsklagen werden von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG erfasst, weil sie entweder auf die Vornahme eines beantragten Verwaltungsaktes(§ 88 Abs 1 SGG) oder den Erlass eines Widerspruchsbescheids (§ 88 Abs 2 SGG)gerichtet sind. Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 10 f).

14

b) Der Wert des Beschwerdegegenstands entspricht der mit der Kostennote vom 12.10.2010 angesetzten Vergütungsforderung über insgesamt 499,80 Euro und übersteigt damit nicht 750 Euro. Bei einer Untätigkeitsklage ist auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12). Da sie vorliegend auf Bescheidung des gegen den Bescheid vom 14.10.2010 erhobenen Widerspruchs gerichtet war, mit dem die Beklagte die Erstattung von Kosten über 499,80 Euro abgelehnt hatte, ist dieser Betrag maßgebend. Dass hinter dem Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens erkennbar das Interesse steht, eine Terminsgebühr bei Erledigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis (Nr 3106 Ziff 3 VV RVG) zu erzielen, ist ohne Belang. Die Kosten eines laufenden Verfahrens sind bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 15a). Dies war hier der Fall, weil mit der Fortsetzung des Untätigkeitsklageverfahrens dessen Rechtshängigkeit wieder auflebte (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 94 RdNr 4b). Ein anwaltliches Vergütungsinteresse zugrunde zu legen verbietet sich regelmäßig auch deshalb, weil andernfalls die Bestimmung des Gegenstandswerts davon abhinge, ob der jeweilige Beteiligte anwaltlich vertreten ist oder nicht.

15

Bei dem Wert von 499,80 Euro bleibt es, obwohl die Berufung einen Haupt- und einen Hilfsantrag umfasste. Eine Addition der Streitwerte von Hauptantrag einerseits und Hilfsantrag andererseits scheidet aus, weil beide Anträge auf dasselbe Interesse, die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits allein durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG, gerichtet waren, sie also keinen jeweils eigenständigen Wert haben, sondern vielmehr zwischen beiden eine wirtschaftliche Identität besteht(vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 18; Cantzler in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 7 RdNr 49; jeweils mwN). Dass der Kläger mit seinem Berufungshauptantrag nicht nur die Feststellung begehrte, dass, sondern auch wie das Verfahren seine Erledigung gefunden habe, veranlasst nicht zu einer anderen Beurteilung. Entscheidend sind allein die mit dem Streitgegenstand unmittelbar verknüpften Interessen. Das anwaltliche Vergütungsinteresse zu berücksichtigen verbietet sich aus den oben dargelegten Gründen auch hier. Unerheblich ist schließlich, dass aus einem angenommenen Anerkenntnis vollstreckt werden könnte (§ 199 Abs 1 Nr 3 Alt 1 SGG), während im Fall einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung das Verfahren ohne Vollstreckungstitel endet. Maßgeblich ist nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG allein, ob die Klage eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft. Die gewählte Klageart (dazu BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 11; BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - BSGE 42, 212, 213 = SozR 1500 § 144 Nr 5 S 13; jeweils mwN) und damit auch die Frage, ob am Ende eines Klageverfahrens überhaupt ein Vollstreckungstitel stehen kann, ist für die Anwendung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG unerheblich.

16

Ohne Bedeutung ist ferner, dass der Kläger mit seiner Kostennote vom 12.10.2010 nicht nur um Kostenfestsetzung, sondern auch um eine "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X" gebeten hatte. Kostengrundentscheidung und Kostenfestsetzung sind auf dasselbe wirtschaftliche Ziel, die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs aus § 63 Abs 1 S 1 SGB X, gerichtet(so auch BVerwG Urteil vom 16.12.1988 - 7 C 93.86 - Juris RdNr 12). Die damit auch insoweit bestehende wirtschaftliche Identität steht wiederum einer Erhöhung des Gegenstandswerts entgegen. Dass im Rahmen einer Entscheidung über die Zulässigkeit der eine Kostengrundentscheidung nach § 63 Abs 1 SGB X betreffenden Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden, sondern grundsätzlich von den Höchstgebühren auszugehen ist(vgl BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 ff = SozR 4-1300 § 63 Nr 23, RdNr 11), führt zu keiner anderen Beurteilung. Legt der Kostenerstattungsberechtigte - wie hier - mit dem Antrag auf Kostengrundentscheidung bereits eine Kostennote vor, aus der sich die Gebührenforderung seines verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts ergibt, werden die Kostenerstattungsforderung und damit der Berufungsstreitwert fixiert. Hat ein Rechtsanwalt bei der Berechnung von Rahmengebühren sein ihm eingeräumtes Ermessen ausgeübt, ist er daran gebunden (OLG Düsseldorf vom 24.6.2008 - I-24 U 204/07 - Juris RdNr 15; Onderka/Schneider in AnwK-RVG, 8. Aufl 2017, § 14 RdNr 93). Rahmengebühren sind auch in den der Kostennote des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.10.2010 zugrundeliegenden Widerspruchsverfahren angefallen (§ 3 Abs 2 RVG) und mit der Kostennote gefordert worden.

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c) Die nach alledem zulassungsbedürftige Berufung haben weder das SG noch das LSG zugelassen. Dass das SG den Kläger in seinem Gerichtsbescheid unzutreffend dahingehend belehrt hat, die Berufung sei statthaft, ist in Ermangelung weitergehender Anhaltspunkte nicht als gleichsam konkludente Zulassung der Berufung zu werten (BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12 mwN). Ebenso wenig ist eine Zulassung der Berufung darin zu sehen, dass das LSG in der Sache über sie befunden hat. Für eine Zulassung des Rechtsmittels fehlt dem LSG im Berufungsverfahren die Entscheidungsmacht (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG Urteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 19/01 R - Juris RdNr 19). Das LSG darf über die Zulassung der Berufung nur auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin und durch Beschluss (§ 145 Abs 4 S 1 SGG) entscheiden.

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2. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nicht von einer Erledigung des Rechtsstreits durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG auszugehen sein dürfte. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob überhaupt die gerichtliche Feststellung der Erledigung eines Verfahrens gerade durch ein bestimmtes Erledigungsereignis begehrt werden kann (vgl BSG Beschluss vom 27.2.2014 - B 5 RE 3/14 B - BeckRS 2014, 67167 RdNr 8). Eventuelle kosten- oder vollstreckungsrechtliche Folgefragen dürften sich im Rahmen der insoweit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe klären lassen. Abgesehen davon ordnet § 88 Abs 1 S 3 SGG als Sonderregelung für den Fall einer Untätigkeitsklage (so auch Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 101 RdNr 21; Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 101 RdNr 28; Roller in HK-SGG, 5. Aufl 2017, § 101 RdNr 32; aus der Rspr vgl etwa LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 5.2.2016 - L 19 AS 1130/15 B - Juris RdNr 28; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 2.9.2015 - L 32 AS 456/15 B - Juris RdNr 38 ff; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 7.1.2015 - L 12 SO 302/14 B - Juris RdNr 7; Sächsisches LSG Beschluss vom 18.10.2013 - L 8 AS 1254/12 B KO - Juris RdNr 25; Thüringer LSG Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - Juris RdNr 32; aA Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl 2015, § 3 RdNr 59; Hessisches LSG Beschluss vom 28.11.2016 - L 2 AS 184/16 B - Juris RdNr 21) an, dass bei fristgerechter Stattgabe des Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsakts die Hauptsache für erledigt zu erklären ist.

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Ausbildungsuchendmeldung oder Arbeitsuchendmeldung zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden die für die Vermittlung erforderlichen beruflichen und persönlichen Merkmale, beruflichen Fähigkeiten und die Eignung festzustellen (Potenzialanalyse). Die Potenzialanalyse erstreckt sich auch auf die Feststellung, ob und durch welche Umstände die berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird.

(2) In einer Eingliederungsvereinbarung, die die Agentur für Arbeit zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden trifft, werden für einen zu bestimmenden Zeitraum festgelegt

1.
das Eingliederungsziel,
2.
die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit,
3.
welche Eigenbemühungen zur beruflichen Eingliederung die oder der Ausbildungsuchende oder die oder der Arbeitsuchende in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form diese nachzuweisen sind,
4.
die vorgesehenen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung.
Die besonderen Bedürfnisse behinderter und schwerbehinderter Menschen sollen angemessen berücksichtigt werden.

(3) Der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden ist eine Ausfertigung der Eingliederungsvereinbarung auszuhändigen. Die Eingliederungsvereinbarung ist sich ändernden Verhältnissen anzupassen; sie ist fortzuschreiben, wenn in dem Zeitraum, für den sie zunächst galt, die Ausbildungssuche oder Arbeitsuche nicht beendet wurde. Sie ist spätestens nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit, bei arbeitslosen und ausbildungsuchenden jungen Menschen spätestens nach drei Monaten, zu überprüfen. Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 erforderlichen Eigenbemühungen durch Verwaltungsakt festgesetzt werden.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.