Bundessozialgericht Urteil, 24. Aug. 2017 - B 11 AL 16/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:240817UB11AL1616R0
bei uns veröffentlicht am24.08.2017

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 31. Mai 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Bewilligung von Alg an die Klägerin zu deren Gunsten zu korrigieren ist.

2

Die Klägerin war bis 30.6.2012 bei der T GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Kundenberaterin beschäftigt. Im Dezember 2009 schloss die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung "mit dem Ziel der Sicherung der Arbeitsplätze und zur Vermeidung einer in Aussicht gestellten Betriebsstilllegung". Danach sollten die Bruttojahresgehälter der Arbeitnehmer ab 1.1.2010 abgesenkt werden. Für Kundenberater/-innen war eine Absenkung auf ein Bruttojahresgehalt von 25 000 Euro vorgesehen. Die Absenkung erfolgte in Stufen, ab 1.10.2010 wurde die volle Absenkung wirksam. Zur Umsetzung der Betriebsvereinbarung wurden mit den Mitarbeitern neue Arbeitsverträge geschlossen. Im Gegenzug war der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen - außer im Fall der Betriebsstilllegung - bis 31.12.2013 ausgeschlossen. Die Betriebsvereinbarung enthielt folgende Bestimmung:

3

"Wird der Betrieb, was weiter zulässig bleibt, wider Erwarten dennoch bis zum 30.11.2013 geschlossen, wird zur Kompensation des zum Zweck der Standortsicherung erklärten Lohnverzichts folgender Lohn als einmalige Bruttolohnzahlung im letzten Lohnmonat …nachgezahlt: Die Differenz der gezahlten Bruttolöhne der letzten 12 Monate vor Ausscheiden zu dem Betrag des Brutto-Jahreslohns 2009 nach folgender Staffel:
bei Ausscheiden bis zum 31.12.2011 in voller Höhe,
bei Ausscheiden bis zum 31.12.2012 in Höhe von 2/3 und
bei Ausscheiden bis zum 31.12.2013 in Höhe von 1/3 der Differenz."

4

Die Klägerin schloss mit der Arbeitgeberin nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung zum 1.1.2010 einen neuen Arbeitsvertrag. Darin war ein monatliches Bruttogehalt von 2083,34 Euro vereinbart. Unter der Überschrift "§ 2 Kündigungsschutz" enthielt der Arbeitsvertrag eine der Betriebsvereinbarung entsprechende Regelung, die insoweit individualisiert war, als es dort hieß, die Arbeitgeberin zahle der Klägerin bei Betriebsstilllegung vor dem 31.12.2013 die Differenz zwischen den gezahlten Bruttolöhnen der letzten zwölf Monate bis zu dem Betrag von 39 970,08 Euro entsprechend den vereinbarten Stufen nach.

5

Am 30.11.2011 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin wegen der Stilllegung des Betriebs zum 30.6.2012. Die Arbeitgeberin bescheinigte ihr für den Zeitraum 1.7.2011 bis 30.6.2012 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 34 913,41 Euro. Dabei wies die Bescheinigung für die Monate Juli 2011 bis Mai 2012 jeweils ein Bruttoentgelt von 2083,34 Euro aus. Für den Monat Juni 2012 wurde ein Bruttoentgelt von 11 996,67 Euro ausgezahlt und bescheinigt (Monatsgehalt zuzüglich 2/3 Nachzahlung des Entgeltverzichts).

6

Die Klägerin meldete sich bei der Beklagten zum 1.7.2012 arbeitslos und beantragte Alg. Bei ihr war zu Jahresbeginn die Lohnsteuerklasse IV und ein zu berücksichtigendes Kind eingetragen. Die Beklagte bewilligte ihr Alg für die Zeit ab dem 1.7.2012 in Höhe von 30,73 Euro täglich. Sie berücksichtigte für Juni 2012 nur ein Bruttoarbeitsentgelt von 2083,34 Euro, sodass sich ein Bemessungsentgelt von 25 000,08 Euro/jährlich bzw 68,31 Euro/täglich ergab (Bescheid vom 20.7.2012). Der Bewilligungsbescheid wurde bestandskräftig. Die Klägerin meldete sich zum 30.7.2012 aus dem Leistungsbezug ab, weil sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnahm.

7

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses änderte die Arbeitgeberin die Gehaltsabrechnung der Klägerin für Juni 2012 und erbrachte eine Nachzahlung von 75,21 Euro brutto/38,33 Euro netto für ein noch nicht berücksichtigtes Arbeitszeitguthaben. Sie übermittelte der Beklagten eine neue Arbeitsbescheinigung, die für Juni 2012 ein Bruttoentgelt von 12 071,88 Euro auswies.

8

Im Hinblick darauf beantragte die Klägerin am 28.9.2012 "eine Überprüfung der Berechnung meines Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 01.07.2012 - 29.07.2012". Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag ab (Bescheid vom 8.10.2012); den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 5.12.2012). Die Lohnnachzahlung bleibe als Einmalzahlung außer Betracht, weil die Klägerin sie "einzig und allein" wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten habe.

9

Das SG Halle hat die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Ablehnungsbescheide sowie Änderung des Bescheids vom 20.7.2012 verurteilt, der Klägerin Alg unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von 95,60 Euro täglich für die Zeit vom 1. bis 29.7.2012 zu zahlen (Urteil vom 19.11.2013). Das der Klägerin gezahlte Arbeitsentgelt sei insgesamt zu berücksichtigen. Das SG hat die Berufung zugelassen.

10

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Sie meint, bei der Leistungsbemessung scheide die Berücksichtigung des über 2083,34 Euro hinausgehenden Betrags, den die Klägerin im Juni 2012 erhalten habe, aus. Die Zahlung sei wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erbracht worden, die Bezeichnung als "Nachzahlung" sei falsch. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 31.5.2016). Der Berücksichtigung der Nachzahlung nach gescheiterter Arbeitsplatzsicherung sei keine Zahlung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern wegen der Erfolglosigkeit des verabredeten Lohnverzichts.

11

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III. Die Regelung gehe typisierend davon aus, dass Nachzahlungen von Entgelt, die "bei" und damit "wegen" Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erbracht würden, nicht beim Bemessungsentgelt zu berücksichtigen seien.

12

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 31.5.2016 und des Sozialgerichts Halle vom 19.11.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

16

1. Gegenstand der Revision ist das Urteil des LSG vom 31.5.2016, mit dem es zu Recht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Halle vom 19.11.2013 zurückgewiesen hat. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin unter Änderung des bestandskräftigen Bewilligungsbescheids vom 20.7.2012 für die Zeit vom 1. bis 29.7.2012 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 95,60 Euro täglich zu zahlen.

17

Zwar hätte das SG nicht zur Zahlung von Alg nach einem bestimmten Bemessungsentgelt verurteilen dürfen. Die Klägerin hat zutreffend eine Anfechtungs-, Verpflichtungs-, und Leistungsklage geführt. Sie begehrt die Zahlung von Alg berechnet nach einem bestimmten Entgelt. Daher wäre die Beklagte zur Zahlung eines bestimmten Betrags an Alg zu verurteilen gewesen (vgl BSG vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28, RdNr 11 mwN). Der Senat kann hier aber abschließend entscheiden, weil sich die Höhe des Zahlbetrags der Leistung dennoch bestimmen lässt (dazu am Ende der Gründe).

18

2. Rechtsgrundlage für die Teilrücknahme des bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakts vom 20.7.2012 ist § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X.

19

Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt wurde und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Zwar trifft § 330 Abs 1 SGB III Sonderregelungen zur Anwendung des § 44 SGB X im Bereich des SGB III. Die dortigen Sonderregelungen sind aber nicht einschlägig, weil der Verwaltungsakt, dessen Rücknahme begehrt wird, weder auf einer für nichtig oder mit dem GG unvereinbar erklärten Rechtsnorm beruht noch in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Beklagte ausgelegt worden ist.

20

Die Entscheidung der Beklagten, den Antrag auf Überprüfung der bestandskräftigen Bewilligung vom 20.7.2012 abzulehnen (Bescheid vom 8.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.12.2012), war rechtswidrig. Der Überprüfungsantrag ist in der Sache begründet, denn die Klägerin hat Anspruch auf Rücknahme der Höchstbetragsgrenze im bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheid vom 20.7.2012. Die Beklagte hat bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt mit der Folge, dass Alg nicht in der von der Klägerin zu beanspruchenden Höhe gezahlt worden ist. Die Regelung des § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X steht der Zahlung von weiterem Alg nicht entgegen, weil der Rücknahmeantrag bereits im September 2012 gestellt worden ist(§ 44 Abs 4 Satz 3 SGB X).

21

Die Klägerin hat nach diesen Maßstäben ab 1.7.2012 allein unter Berücksichtigung der tarifvertraglich bzw arbeitsvertraglich zu beanspruchenden Zahlung Anspruch auf Alg bemessen nach einem Entgelt von 34 913,41 Euro.

22

Maßgeblich für den Anspruch auf Alg dem Grunde nach sind die §§ 136 ff SGB III(in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854). Danach hat die Klägerin Anspruch auf Alg, wenn sie iS des § 138 SGB III arbeitslos ist, sich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet hat und durch ihre vorangegangene versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Arbeitgeberin die Anwartschaftszeit erfüllt hat(§ 137 SGB III). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG hat die Klägerin die Regelvoraussetzungen des Alg-Anspruchs zum 1.7.2012 erfüllt.

23

Nach § 149 Nr 1 SGB III beträgt das Alg für Arbeitslose, die mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3, 5 Einkommensteuergesetz haben, 67 vH des pauschalierten Nettoentgelts (erhöhter Leistungssatz), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Nach § 150 Abs 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die bei Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr und endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs auf Alg. Für die Leistungsbemessung gilt nach § 151 Abs 1 SGB III, dass Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt ist, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Arbeitsentgelt, auf das der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gilt nach § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III als erzielt, wenn es zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen ist.

24

Der Bemessungszeitraum erstreckt sich hier vom 1.7.2011 bis 30.6.2012, weil beim Ausscheiden der Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis von der Arbeitgeberin die Entgeltabrechnungszeiträume bis einschließlich Juni 2012 abgerechnet waren. Im Bemessungszeitraum hat die Klägerin ein Bemessungsentgelt von 34 913,41 Euro erzielt. Bei dem gesamten der Klägerin zugeflossenen Betrag handelt es sich um Arbeitsentgelt iS des § 151 Abs 1 SGB III. Die Klägerin hatte gemäß § 2 ihres Arbeitsvertrags Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt gegen die Arbeitgeberin, das ihr auch zugeflossen ist. Insoweit hatte sie zwar zunächst auf Teile des Arbeitsentgelts verzichtet, um einen Beitrag zur Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses zu leisten. Für den Fall eines solchen Lohnverzichts kann aber arbeitsrechtlich wirksam vereinbart werden, dass Entgeltansprüche wieder aufleben, wenn der Zweck des Verzichts verfehlt wird (BSG vom 11.6.2015 - B 11 AL 13/14 R - BSGE 119, 119 = SozR 4-4300 § 131 Nr 7, RdNr 25; vgl auch BAG vom 19.1.2006 - 6 AZR 529/04 - BAGE 117, 1 RdNr 36). Dementsprechend war hier vereinbart worden, dass ein Teil des Anspruchs auf Arbeitsentgelt, auf den die Klägerin verzichtet hatte, für den Fall nachzuzahlen ist, dass das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen vor dem 31.12.2013 endet. Das war hier der Fall.

25

Der Berücksichtigung dieses Betrags als Bemessungsentgelt steht § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III nicht entgegen. Danach bleiben bei der Bemessung des Alg solche Arbeitsentgelte außer Betracht, die Arbeitslose "wegen" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind. Zwischen der Zahlung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss danach ein Ursachenzusammenhang bestehen. Die Prüfung des Ursachenzusammenhangs erfolgt nach der Theorie der wesentlichen Bedingung (stRspr; BSG vom 2.3.2000 - B 7 AL 46/99 R - BSGE 86, 10 = SozR 3-3870 § 2 Nr 1; BSG vom 6.8.2014 - B 11 AL 16/13 R - BSGE 116, 272 = SozR 4-3250 § 2 Nr 6 juris, RdNr 22).

26

Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass ohne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der zusätzliche Entgeltanspruch der Klägerin aus dem Arbeitsvertrag nicht entstanden wäre. Insofern ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine für die Entstehung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt notwendige Bedingung. Dennoch wurde das Arbeitsentgelt nicht "wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gezahlt. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist lediglich eine von mehreren Ursachen. Eine weitere ursächliche Bedingung liegt darin, dass Entgeltansprüche "zur Kompensation des zum Zwecke der Standortsicherung erklärten Lohnverzichts" arbeitsrechtlich wieder aufgelebt sind; das Entgelt ist nach Maßgabe der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen auch "wegen" der Erfolglosigkeit des verabredeten Lohnverzichts gezahlt worden.

27

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht die im Rechtssinne "wesentliche" Ursache der Zahlung. Die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat sich am Sinn und Zweck der maßgeblichen Norm, hier des § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III, zu orientieren. Dessen Vorgängerregelung (§ 134 Abs 1 SGB III aF) ist geschaffen worden, um "kurzfristige Manipulationen des Arbeitsentgelts mit dem Ziel, ein höheres Arbeitslosengeld zu erzielen" zu verhindern (BT-Drucks 13/4941, 179). § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III verfolgt dieselben Zwecke, weil er im Wesentlichen der Vorgängerregelung entspricht (BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 43/05 R - SozR 4-4300 § 134 Nr 1; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III nF § 151 RdNr 69, Stand 04/2014; Mutschler in Knickrehm, Kreikebohm, Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, SGB III § 151 RdNr 8a). Mit der Regelung soll verhindert werden, dass Zahlungen wie Abfindungen, Entschädigungen, Urlaubsabgeltungen und ähnliche Leistungen als Bemessungsentgelt berücksichtigt werden (Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III nF § 151 RdNr 87, Stand 04/2014). Deshalb wird für die Anwendbarkeit des § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III auch gefordert, die vereinbarte Zahlung müsse geeignet sein, die Bereitschaft zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu fördern(Brand in Brand, SGB III, 7. Aufl 2015, § 151 RdNr 16).

28

Bei den in der Betriebsvereinbarung und im Arbeitsvertrag getroffenen arbeitsrechtlichen Regelungen ging es nicht um eine kurzfristige Manipulation von Arbeitsentgelt. Vielmehr handelt es sich um eine langfristig angelegte Vereinbarung, die gerade von der Hoffnung getragen war, den Arbeitsplatz durch Lohnverzicht erhalten zu können. Ziel der getroffenen Vereinbarungen war es, die Beendigung der Beschäftigung und den Eintritt von Arbeitslosigkeit zu verhindern. Es handelt sich also um das Gegenteil einer Förderung der Bereitschaft zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.

29

Gegen die Anwendbarkeit von § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III auf die geleistete Nachzahlung spricht aus systematischer Sicht auch, dass § 151 SGB III in seinen Abs 1 und 2 zwischen nachträglich gezahltem Arbeitsentgelt(§ 151 Abs 1 Satz 2 Alt 1 SGB III) und Arbeitsentgelt, das "wegen der Beendigung der Beschäftigung" oder "im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit" vereinbart worden ist (§ 151 Abs 2 Nr 1 SGB III), unterscheidet. Folglich kennt die Regelung sowohl Arbeitsentgelt, das (erst) nach der Fälligkeit des Anspruchs "bei" oder gar "nach" dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zufließt und das als Bemessungsentgelt berücksichtigt werden soll, als auch solches Entgelt, das Arbeitslose "wegen" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten. Letzteres soll beim Bemessungsentgelt außer Betracht bleiben. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor.

30

Diesem Ergebnis steht das Urteil des Senats vom 11.6.2015 (B 11 AL 13/14 R - BSGE 119, 119) nicht entgegen. In jenem Fall war zur Arbeitsplatzsicherung ein Verzicht auf Arbeitsentgelt mit der Maßgabe vereinbart worden, dass im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers Entgeltansprüche wieder aufleben. Der Senat hatte zu klären, ob wiederaufgelebte Entgeltansprüche als Teil des Bemessungsentgelts zu berücksichtigen sind, obwohl sie dem Versicherten nicht zugeflossen sind (BSG aaO RdNr 19). Einschlägig war insoweit § 151 Abs 1 Satz 2 Alt 2 SGB III, dessen zweite Voraussetzung(…"nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitsgebers nicht zugeflossen"…) der Senat verneint hat (BSG aaO RdNr 20). Der vorliegende Fall ist anders gelagert; hier geht es um die Berücksichtigung von rechtzeitig abgerechnetem und zugeflossenem Arbeitsentgelt nach Maßgabe des § 151 Abs 1 Satz 1 SGB III.

31

Die Klägerin hat darüber hinaus unter Berücksichtigung des für das Arbeitszeitguthaben nachgezahlten Entgelts auch Anspruch auf Bewilligung von Alg nach einem Bemessungsentgelt von 34 988,62 Euro.

32

Rechtsgrundlage des Anspruchs ist insoweit § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III. Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X "soll" der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III ordnet abweichend hiervon an, dass, wenn die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X vorliegen, der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben "ist".

33

In den bei Erlass des Bewilligungsbescheids vom 20.7.2012 vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen ist im September 2012 eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Arbeitgeberin hat der Klägerin Entgelt für Arbeitszeitguthaben ausgezahlt und bescheinigt. Die Änderung ist wesentlich, weil die maßgebliche Regelung des § 151 Abs 1 Satz 2 Alt 1 SGB III bestimmt, dass das Arbeitsentgelt auch als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen ist, wenn der Versicherte auf dieses einen Anspruch hat und es ihm (später) zugeflossen ist(zum Anspruch auf rückwirkende Änderung nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X in diesen Fällen: Behrend in Eicher/Schlegel SGB III nF § 151 RdNr 79, Stand 04/2014 unter Hinweis auf BSG vom 21.3.1996 - 11 RAr 101/94 - SozR 3-1300 § 48 Nr 48, S 117; so auch Rolfs in Gagel SGB II/SGB III § 151 SGB III RdNr 19, Stand 06/2017; kritisch zur Anwendung des § 48 SGB X und für § 44 SGB X plädierend Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 151 RdNr 53, Stand V/2017).

34

Der (nachträglich) gezahlte Betrag ist als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen. Es handelt sich um Arbeitsentgelt, weil die Klägerin gegen die Arbeitgeberin Anspruch darauf hatte, dass ihr das Arbeitszeitguthaben im Falle der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses in Entgelt ausbezahlt wird. Der Sache nach handelt es sich um einen Vergütungsanspruch für vorgeleistete Arbeit (BAG vom 24.9.2003 - 10 AZR 640/02 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 108, 1; BAG vom 28.7.2010 - 5 AZR 521/09 - BAGE 135, 197). § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III fordert von den Gerichten aber nicht die volle arbeitsrechtliche Prüfung, ob der Entgeltanspruch bestanden hat, vielmehr knüpft die Regelung (nur) an den Zufluss von Entgelt an(BSG vom 8.2.2007 - B 7a AL 28/06 R - SGb 2007, 351; Mutschler in Knickrehm, Kreikebohm, Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 151 SGB III RdNr 9), der hier vorliegt.

35

Damit ergibt sich folgende Berechnung des Leistungsanspruchs: Von dem Bemessungsentgelt in Höhe von 34 988,62 Euro sind die Sozialversicherungspauschale von 21 vH, Lohnsteuer nach Steuerklasse IV für das Jahr 2012 und Solidaritätszuschlag hierauf abzuziehen. Der verbleibende Betrag geteilt durch 366 Tage des Jahres 2012 ergibt das Leistungsentgelt, von dem 67 vH als Alg zu zahlen sind. Von dem sich ergebenden Anspruch auf Alg ist der schon gezahlte Betrag von 30,73 Euro täglich abzuziehen.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

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2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Überprüfung und Rücknahme aller Bescheide über die Gewährung, Aufhebung und Erstattung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Zeitraum seit Januar 2006.

2

Der 1973 geborene Kläger bezog seit Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Auf den Antrag des anwaltlich vertretenen Klägers vom 28.7.2010, sämtliche bestandskräftige Bescheide seit dem 1.1.2006 "auf ihre Rechtmäßigkeit" zu überprüfen, forderte der Beklagte ihn unter Fristsetzung bis zum 15.8.2010 auf, eine detaillierte Aufstellung der angefochtenen Bescheide vorzulegen. Eine Überprüfung des Sachverhaltes werde ansonsten nicht vorgenommen. Nachdem keine Reaktion erfolgt war, lehnte der Beklagte eine Prüfung der Bescheide ab (Bescheid vom 16.8.2010; Widerspruchsbescheid vom 11.10.2010).

3

Im sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger vorgetragen, in den Bewilligungsbescheiden vom 23.11.2005, 12.6.2006, 14.12.2006, 29.5.2007, 26.11.2007, 2.6.2008 und 24.11.2008 seien die Kosten für Unterkunft und Heizung falsch ermittelt, der Beklagte habe den Abzug der Kosten für die Warmwasseraufbereitung unrichtig vorgenommen. Im August 2006 müsse eine Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung in Höhe von 108,36 Euro berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2006 (Bescheid vom 22.6.2007) und für das Jahr 2007 (Bescheid vom 8.5.2008). Der Beklagte habe jeweils einen zu geringen Betrag berücksichtigt.

4

Das SG hat die Klage teilweise als unzulässig zurückgewiesen, im Übrigen als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 15.3.2011). Soweit die Klagebegründung einen erneuten Überprüfungsantrag beinhalte, fehle es an einem ordnungsgemäßen Vorverfahren. Im Übrigen handele es sich bei der in § 44 SGB X vorgesehenen Korrekturmöglichkeit um eine Einzelfallprüfung. Ein "globaler" Überprüfungsantrag werde von der Norm nicht erfasst.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine schranken- und voraussetzungslose Sach- und Rechtsprüfung der seit Januar 2006 erlassenen Bescheide. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergebe sich, dass jeweils nur ein Anspruch auf Überprüfung einzelner Verwaltungsentscheidungen, nicht auf ein ggf umfangreiches Verwaltungshandeln über einen mehrjährigen Zeitraum bestehe. Für den Bereich des SGB II habe der Gesetzgeber die Bedeutung der Rechtssicherheit mit Wirkung zum 1.4.2011 weiter hervorgehoben und durch eine Ergänzung in § 40 Abs 1 S 2 SGB II die Rückwirkung auf ein Jahr begrenzt. Zudem werde das Leistungsverhältnis Bürger - Behörde im Bereich des SGB II schon materiell-rechtlich, dh aufgrund des Gegenstandes und des Normprogramms, durch Veränderungen in der Lebenswirklichkeit der Betreffenden ungleich mehr als im Sozialrecht sonst üblich geprägt. Im Interesse einer funktionsfähigen Verwaltung erfahre § 44 SGB X daher im SGB II eine Einschränkung. Unter Beachtung dieser Grundsätze folge aus dem Antrag des Klägers keine Pflicht zur Überprüfung von Bescheiden in der Sache, weil er diese bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht benannt habe. Soweit er mit seiner Klagebegründung die zu überprüfenden Bescheide des Beklagten und Gründe für die aus seiner Sicht rechtswidrigen Regelungen benannt habe, sei zwar bei der Beurteilung von Bescheiden im Überprüfungsverfahren bei einer zulässigen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt derjenige der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz. Hänge das Überprüfungsbegehren aber von Mitwirkungsobliegenheiten im Verwaltungsverfahren ab, seien Gerichte nicht verpflichtet, auf die Nachholung der schon bestehenden Mitwirkungsobliegenheit die nunmehr konkret benannten Bescheide erstmals zu überprüfen.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, es sei kein plausibler Grund dafür ersichtlich, warum eine Überprüfung "sämtlicher" erlassener Bescheide des Beklagten nur dann möglich sein solle, wenn der Antragsteller diese nochmals aufliste. Da der Überprüfungsantrag ausschließlich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung gestützt worden sei, bedürfe es keiner weiteren Darlegungen.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. März 2013 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. März 2011 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2010 zu verpflichten, die Bescheide vom 23. November 2005, 12. Juni 2006, 14. Dezember 2006, 29. Mai 2007, 22. Juni 2007, 26. November 2007, 8. Mai 2008, 2. Juni 2008 und 24. November 2008 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger für die in den Bescheiden geregelten Bewilligungszeiträume höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er bezieht sich auf das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet.

11

1. Streitgegenstand ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum vom 1.1.2006 bis 30.6.2009, als dies durch die im Antrag bezeichneten Bescheide des Beklagten geschehen ist. Richtige Klageart ist hier eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (zuletzt BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 17/13 R - SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 4; BSG Urteil vom 28.2.2013 - B 8 SO 4/12 R - RdNr 9; vgl auch Baumeister in juris-PK SGB X, § 44 RdNr 154, Stand 4/2013; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X RdNr 30, Stand 09/2013 mwN; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 44 RdNr 59; aA in einem obiter dictum: BSGE 97, 54 = SozR 4-2700 § 8 Nr 18, jeweils RdNr 9; wohl auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IV RdNr 76). Der Kläger begehrt mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des - die Überprüfung der zuvor benannten Bescheide ablehnenden - Verwaltungsakts vom 16.8.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2010. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Bescheids durch den Beklagen gerichtet, mit dem dieser die begehrte Änderung der bezeichneten Bewilligungsbescheide bewirkt. Mit der Leistungsklage beantragt er die Erbringung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitigen Zeitraum.

12

2. Der Beklagte hat es hier rechtlich zutreffend abgelehnt, eine inhaltliche Überprüfung der benannten Verwaltungsakte nach § 44 SGB X vorzunehmen. Es mangelt bereits an einem hinreichend objektiv konkretisierbaren Antrag im Sinne dieser Vorschrift.

13

a) Nach § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus. Der Antrag bestimmt jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Aufgrund oder aus Anlass des Antrags muss sich der Verwaltung im Einzelfall objektiv erschließen, aus welchem Grund - Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage - nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll. Dazu muss der Antrag konkretisierbar sein, dh entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers muss der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar werden. Ist dies nicht der Fall, ist der Sozialleistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung dieses Antrags abzusehen. Diese Begrenzung des Prüfauftrags der Verwaltung wird durch den Wortlaut, die Gesetzesbegründung sowie den Sinn und Zweck des § 44 SGB X gestützt.

14

b) Nach dem Wortlaut von § 44 Abs 1 S 1 SGB X soll "im Einzelfall" eine Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes - sei es ein rechtswidriger belastender Verwaltungsakt, mit dem Leistungen ganz oder teilweise abgelehnt worden sind, sei es ein Rückforderungsbescheid(vgl Voelzke/Hahn, SGb 2012, 685, mwN) - erfolgen. Hieraus hat der erkennende Senat geschlossen, dass dann, wenn nicht ein einzelner oder mehrere konkrete, ihrer Zahl nach bestimmbare Verfügungssätze von Verwaltungsakten, sondern das Verwaltungshandeln - ohne jede Differenzierung - insgesamt zur Überprüfung durch die Verwaltung gestellt wird, keine Prüfung im Einzelfall begehrt wird. Trotz des Vorliegen eines "Antrags" löst ein solches Begehren bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift noch keine inhaltliche Prüfpflicht des Sozialleistungsträgers aus (BSG Beschluss vom 14.3.2012 - B 4 AS 239/11 B - juris-RdNr 6).

15

c) Eine Entbindung von der inhaltlichen Prüfung setzt allerdings voraus, dass der Sozialleistungsträger "den Einzelfall", also die konkreten Inhalte eines bestimmten Bescheides, die zur Überprüfung gestellt werden sollen, bei objektiver Betrachtung nicht ermitteln kann. Ein Prüfanliegen "im Einzelfall" ist daher zu bejahen, wenn entweder eine bestimmte Fragestellung tatsächlicher oder rechtlicher Natur oder eine konkrete Verwaltungsentscheidung benannt wird. Auch bei einem Antrag nach § 44 SGB X hat die Verwaltung den Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X zu beachten. Insofern kann es - je nach den konkreten Umständen der Antragstellung - erforderlich sein, dass der Träger auf eine Konkretisierung des Überprüfungsbegehrens durch den Leistungsberechtigten iS des § 21 Abs 2 S 1 SGB X hinwirkt. In welchem Umfang der Leistungsträger seiner Amtsermittlungspflicht nachzukommen hat, beurteilt sich jedoch nach Lage des Einzelfalls. Als Kriterium für den Umfang der Amtsermittlungspflicht des SGB II-Trägers ist beispielsweise zu berücksichtigen, ob der Leistungsberechtigte (mit juristischem Sachverstand) vertreten oder unvertreten ist oder ob sich aus vorangegangenen Kontakten zwischen ihm und der Verwaltung Anhaltspunkte für das Begehren des Antragstellers ergeben. Auch kann von Bedeutung sein, in welchem Gesamtkontext ein Überprüfungsantrag gestellt wird. Wenn - jedoch wie im vorliegenden Fall - auch auf Nachfrage des SGB II-Trägers bei dem Rechtsanwalt der Antragstellerin keine Angaben gemacht werden, die eine Konkretisierung für den Einzelfall ermöglichen, sondern weiter pauschal auf die Überprüfung sämtlicher Bescheide verwiesen wird, ist der Sozialleistungsträger objektiv nicht in der Lage, seinen Prüfauftrag zu bestimmen. In diesem Sinne wird auch in dem Entwurf zur Begründung des § 42 SGB X (heute § 44 SGB X) darauf hingewiesen, Voraussetzung für die Rücknahme solle sein, dass der Behörde im Einzelfall die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bekannt werde(BT-Drucks 8/2034, S 34). Der Sozialleistungsträger muss also zumindest in die Lage versetzt werden, bestimmen zu können, welcher Verwaltungsakt rechtswidrig sein könnte. Dies war hier bis zur Erteilung des Widerspruchsbescheides nicht der Fall.

16

d) Es genügt nicht, wenn der Leistungsberechtigte - wie hier - eine Nachbesserung des bis dahin unbestimmten und nicht objektiv konkretisierbaren Antrags erst im Klageverfahren vornimmt. Für die Beurteilung, ob die formellen Erfordernisse eines solchen Antrags vorliegen, der überhaupt erst eine Prüfpflicht des Leistungsträgers auslöst, ist auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu diesem Überprüfungsantrag vorgetragenen tatsächlichen und/oder rechtlichen Anhaltspunkte abzustellen.

17

Soweit das LSG mit Hinweis auf eine Entscheidung des 5. Senats des BSG (Urteil vom 25.1.2011 - B 5 R 47/10 R - RdNr 12) für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Überprüfungsverfahren im Ansatz davon ausgegangen ist, dass dies derjenige der letzten mündlichen Verhandlung sei, handelte es sich bei der Entscheidung des 5. Senats um eine andere Ausgangslage. In dem dortigen Verfahren war umstritten, ob konkrete "Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden" sind. Ob diese neben der Antragsstellung zu beachtende (weitere) Rücknahmevoraussetzung erfüllt ist, kann sich nach der materiellen Rechtslage richten, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung gilt. Insofern ist neues Recht und auch erstmaliges Vorbringen der Beteiligten im Klageverfahren hierzu nach der Entscheidung des 5. Senats des BSG zu berücksichtigen, wenn das neue Recht das streitige Rechtsverhältnis nach seinem Geltungswillen "mit Rückwirkung" erfassen soll. Vorliegend fehlt es jedoch bereits an der vorrangig zu prüfenden verfahrensrechtlichen Voraussetzung für ein (Wieder)Aufleben ("Ingangbringen") der Prüfverpflichtung des Sozialleistungsträgers nach § 44 SGB X.

18

e) Ohne Bedeutung für die hier behandelte Fallgestaltung des nicht einzelfallbezogenen Antrags ist es, dass nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG eine Einschränkung im Verfahren nach § 44 SGB X unter Rückgriff auf § 51 Abs 1 VwVfG vorgenommen werden darf mit der Folge einer gestuften Prüfungsverpflichtung bei einem "unrichtigen Sachverhalt"(BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20). Nicht einschlägig ist hier auch die Rechtsprechung des 9. Senats des BSG, der eine Prüfpflicht nur dann annehmen will, wenn Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des der früheren Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts vorhanden sind (BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr 33). Wird das Verwaltungshandeln umfassend zur Überprüfung gestellt, mangelt es bereits an einem konkreten Anlass zum Eintritt in die zuvor aufgezeigten "Prüfstadien". Bereits auf der davor liegenden Stufe fehlt es an Hinweisen, wie sich der Prüfumfang bestimmen soll, wenn - wie hier - auch auf Nachfrage bei dem Leistungsberechtigten keine weiteren Angaben gemacht werden. Gleiches gilt, wenn sich die Rechtswidrigkeit aus einer unrichtigen Anwendung des Rechts ergeben soll. Nach Auffassung des 2. Senats des BSG soll zwar im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X auch ohne neues Vorbringen des Antragstellers immer eine Prüfverpflichtung bestehen, ob bei Erlass des bindend gewordenen Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt wurde(BSGE 97, 54 = SozR 4-2700 § 8 Nr 18, RdNr 12). Dies setzt jedoch voraus, dass die Verwaltung überhaupt "einzelfallbezogen" erkennen kann, welcher Bescheid zu überprüfen ist. Ansonsten kann sie bereits den Gegenstand der Prüfung nicht bestimmen und nicht dem Sinn und Zweck des § 44 SGB X entsprechend handeln.

19

f) Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen(BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 24, juris-RdNr 16; Merten in Hauck/Noftz, SGB X, K § 44 RdNr 2, Stand XII/12; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2013, § 44 RdNr 2, vor 44-49, RdNr 1; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB X RdNr 2, Stand IX/2013; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, vor §§ 44-51 RdNr 13; vgl auch Voelzke/Hahn, SGb 2012, 685). Eine Konfliktlösung in diesem Sinne ist der Verwaltung jedoch nur möglich, wenn ihr "der Konflikt" bekannt ist. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen der Situation der Einleitung eines Überprüfungsverfahrens durch einen Antrag des Leistungsberechtigten oder der Verpflichtung der Verwaltung zur Überprüfung von Amts wegen (§ 44 Abs 3 S 2 und 3 SGB X). Der Maßstab zur Bestimmung des Prüfumfangs ist gleich. Im Rahmen der Überprüfung von Amts wegen ist die Verwaltung nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht verpflichtet, die Akten von sich aus auf Rücknahmemöglichkeiten durchzuarbeiten. Es müssen sich vielmehr konkret in der Bearbeitung eines Falles Anhaltspunkte für eine Aufhebung ergeben (vgl BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VH 1/07 R - juris-RdNr 48; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 23, juris-RdNr 24 f; s auch Baumeister in jurisPK-SGB X, § 44 SGB X, RdNr 133, Stand 4/2013; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2013, § 44 RdNr 39; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X, RdNr 24, Stand IX/2013). Anderenfalls würde der Verwaltung die Verpflichtung auferlegt, ihr bindend gewordenes Verwaltungshandeln "ins Blaue hinein" zu überprüfen. Auch bei einer Überprüfung auf Antrag ist die Verwaltung daher nicht gehalten, die Akten von Amts wegen durchzuarbeiten, um eine mögliche Rechtswidrigkeit aufzudecken. Sie kann sich vielmehr - in einer Situation wie der vorliegenden - unter dem Hinweis auf fehlende Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit nicht näher bezeichneter Ausgangsbescheide darauf stützen, es sei nicht erkennbar, dass das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei und die erneute inhaltliche Prüfung ablehnen. Damit wird sowohl der materiellen Gerechtigkeit als auch der Bindungswirkung Rechnung getragen, ohne die materielle Gerechtigkeit durch eine Zugunstenentscheidung für den Leistungsberechtigten im Einzelfall hinter die Bindungswirkung zurücktreten zu lassen.

20

g) Unerheblich für die Bestimmung des Umfangs der Prüfpflicht des Leistungsträgers ist hingegen, dass es sich hier um einen Antrag auf Überprüfung eines Bescheides aus dem Leistungsbereich des SGB II handelt. Die den dortigen Leistungsvoraussetzungen geschuldete Häufigkeit der Änderungen der Leistungshöhe und der damit verbundenen erneuten Bescheiderteilung bilden keinen Anlass von anderen Sozialleistungsbereichen abweichende Maßstäbe für die Voraussetzungen der Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung nach § 44 SGB X aufzustellen. § 40 Abs 1 SGB II enthält nur eine Begrenzung hinsichtlich der rückwirkenden Erbringung von SGB II-Leistungen nach § 44 Abs 4 SGB X, nicht jedoch abweichende Grundsätze für die vorangehenden Prüfungsschritte des § 44 SGB X(vgl in diesem Zusammenhang auch BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36).

21

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und

1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),
2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und
3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.

(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.

(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung,
2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und
3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.

(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer

1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,
2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann,
3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und
4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer

1.
arbeitslos ist,
2.
sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
3.
die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

(2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.

Das Arbeitslosengeld beträgt

1.
für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Absatz 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegattin, Ehegatte, Lebenspartnerin oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Absatz 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz),
2.
für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz)
des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

1.
Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld geleistet worden ist,
2.
Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige oder Freiwilliger im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Absatz 2 bestimmt,
3.
Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,
4.
Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch genommen haben sowie Zeiten einer Familienpflegezeit oder Nachpflegephase nach dem Familienpflegezeitgesetz, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; insoweit gilt § 151 Absatz 3 Nummer 2 nicht,
5.
Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.
Satz 1 Nummer 5 gilt nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden.

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

1.
der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält,
2.
in den Fällen des § 142 Absatz 2 der Bemessungszeitraum weniger als 90 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder
3.
es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen.
Satz 1 Nummer 3 ist nur anzuwenden, wenn die oder der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. August 2014 sowie des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Juni 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind dem Kläger nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger macht für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld (Alg) geltend.

2

Der 1979 geborene Kläger war seit 2.9.1996 als Flachdrucker bei der schlott GmbH (S GmbH) in F. versicherungspflichtig beschäftigt. Die schlott gruppe AG (im Folgenden: AG), zu der die S GmbH als Konzernunternehmen gehörte, und die Gewerkschaft V. schlossen zur Abwendung einer existenzbedrohenden Situation mit Wirkung für die Zeit vom 1.7.2009 bis 31.12.2013 einen Konzerntarifvertrag (KTV), der neben der S GmbH auch Konzernunternehmen in N. und H. betraf. Ua war vereinbart worden:

3

"§ 2 Konsolidierungsbeitrag der Beschäftigten
2.1 Die nachfolgenden Vereinbarungen werden in den tarifgebunden Unternehmen in ergänzenden Firmentarifverträgen konkretisiert und abgeschlossen.
2.2 In den tarifgebunden Unternehmen […] werden die Konsolidierungsbeiträge der tarifgebundenen Beschäftigten entsprechend § 1 des Ergebnisprotokolls vom 26.06.2009 vorgenommen. […]

§ 3 Beschäftigungssicherung
3.1 Ab Inkrafttreten dieses Konzerntarifvertrages, d.h. dem 01.07.2009 bis 31.12.2013, ist der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen in den Unternehmen S GmbH, […] ausgeschlossen. Der tarifliche Kündigungsschutz endet zum 31.12.2013. Dies gilt nicht, soweit in den jeweiligen Firmentarifverträgen-Konsolidierung gem. Ziff. 7.2 dieses Konzerntarifvertrages, anderweitige Regelungen getroffen werden.
3.2 Für jeden Arbeitnehmer, der in den Unternehmen […] der AG auf Entgelt nach diesem Tarifvertrag verzichtet, gilt ab der rechtswirksamen Vereinbarung über diesen Verzicht ebenfalls das Verbot des Ausspruches betriebsbedingter Kündigungen bis 31.12.2013. […]
3.3 Meldet die […] AG Insolvenz an, leben die vollen Ansprüche auf die tariflichen Leistungen bzw. Entgeltleistungen in sämtlichen betroffenen Unternehmen wieder auf. Wenn eines der in § 1 Ziffer 1.1 genannten Unternehmen Insolvenz anmeldet, leben die vollen Ansprüche auf Entgeltleistungen für die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Mitarbeiter dieses Unternehmens wieder auf. Die […] AG muss die gekürzten Beträge wieder zurückzahlen. V. hat in diesem Fall das Recht auf fristlose Kündigung dieses Tarifvertrages."

4

Zudem schlossen die S GmbH und V. im Oktober 2009 mit Wirkung zum 1.7.2009 einen "Firmentarifvertrag Konsolidierung" (FTV). Darin vereinbarten sie jeweils eine anteilige Kürzung der tariflichen Jahresleistung 2009 bis 2011 sowie des zusätzlichen Urlaubsgelds 2010 bis 2012 und in § 3 FTV (wiederum) den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 31.12.2013 sowie das Aufleben der Ansprüche auf die tariflichen Leistungen im Falle der Insolvenzanmeldung der Arbeitgeberin. Von November 2009 bis Dezember 2010 zahlte die S GmbH die Konsolidierungsbeträge entsprechend den tariflichen Regelungen an den Kläger nicht aus.

5

Am 18.1.2011 beantragte die S GmbH ebenso wie die AG die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, denen das Amtsgericht Stuttgart am 1.4.2011 stattgab. Die S GmbH und V. hatten zuvor am 18.3.2011 noch eine "Vereinbarung" zur Auslegung des KTV geschlossen, die ua folgende Regelung enthielt:

6

"§ 1 Auslegung des Konzerntarifvertrages
[...]
Für die Zeit ab … Insolvenzeröffnung gelten die tarifvertraglichen Absenkungen nach … § 3 Ziffer 3.3 des Konzerntarifvertrages … wieder. Dies bedeutet, dass ab dem 01.04.2011 die 2%ige Tariflohnerhöhung nicht mehr erfolgt und die tarifliche Jahressonderzahlung und das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld jeweils nur zu 30% geschuldet werden."

7

Der Insolvenzverwalter kündigte dem Kläger am 27.5. ordentlich aus betrieblichen Gründen zum 31.10.2011. Am 31.5.2011 vereinbarten beide jedoch die vorzeitige Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2011, weil der Kläger eine Anschlussbeschäftigung gefunden habe. Am 8.6.2011 meldete sich der Kläger gleichwohl zum 1.7.2011 arbeitslos, weil er erst zum 4.7.2011 eine neue Beschäftigung aufnehmen könne.

8

Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 unter Berücksichtigung der in der Arbeitsbescheinigung angegebenen Entgelte (Bemessungszeitraum 1.7.2010 bis 30.6.2011; Bemessungsentgelt 140,65 Euro; zu Jahresbeginn eingetragene Lohnsteuerklasse III; erhöhter Leistungssatz) in Höhe von 61,95 Euro täglich (Bescheid vom 27.10.2011; Widerspruchsbescheid vom 28.12.2011). Die Entgeltbestandteile, auf die der Kläger verzichtet hatte, wurden nicht berücksichtigt.

9

Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg unter Berücksichtigung eines um 2843,82 Euro erhöhten Bemessungsentgelts zu zahlen (Urteil vom 5.6.2013). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 22.8.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das Bemessungsentgelt sei um 2843,82 Euro zu erhöhen. Die Ansprüche auf höheres Arbeitsentgelt seien wieder existent. Die Folgen des Gehaltsverzichts würden durch diese Gestaltung zwar vergesellschaftet, dies sei aber nicht rechtsmissbräuchlich.

10

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 131 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III). Für die Berücksichtigung von Entgeltanteilen genüge es nicht, dass deren Zahlung zunächst aus anderen Gründen (zB Unkenntnis, Zahlungsunwilligkeit, Verzicht) unterblieben sei und sich erst im weiteren Verlauf auch Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers einstelle. Der Kläger habe zunächst gemäß § 3 Ziffer 3.3 KTV auf einen Teil seiner Entgeltansprüche verzichtet, womit die Zahlung aus anderen Gründen als der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers unterblieben sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG sowie des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und die Klage ist abzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG); der Kläger hat für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 keinen Anspruch auf höheres Alg.

15

Gegenstand des Rechtsstreits und des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.12.2011 (§ 95 SGG), soweit darin eine höhere Leistung abgelehnt worden ist; dagegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG, § 56 SGG).

16

Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg. Nach § 129 Nr 1 SGB III(in der ab 1.8.2001 geltenden Normfassung des Gesetzes über Eingetragene Lebenspartnerschaften vom 1.2.2001 - BGBl I 266) beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie der Kläger - mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3, 5 Einkommensteuergesetz haben, 67 vH des pauschalierten Nettoentgelts (erhöhter Leistungssatz), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat.

17

Der Bemessungszeitraum erstreckt sich hier vom 1.7.2010 bis 30.6.2011. Das Bemessungsent-gelt ist gemäß § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III(in der Normfassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2940) das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Im Bemessungszeitraum hat der Kläger ein Entgelt von 51 335,83 Euro erzielt, woraus sich (dividiert durch 365 Beschäftigungstage) ein durchschnittliches tägliches Entgelt von 140,65 Euro errechnet. Von diesem Betrag sind die Sozialversicherungspauschale (21 vH = 29,54 Euro), der Lohnsteuerabzug bei Steuerklasse III (17,67 Euro) und der Solidaritätszuschlag (0,97 Euro) in Abzug zu bringen, sodass sich ein Leistungsentgelt von 92,47 Euro ergibt, was bei einer Entgeltersatzquote von 67 vH zu dem von der Beklagten zuerkannten täglichen Leistungssatz von 61,95 Euro führt (zur Unbeachtlichkeit unterschiedlicher Lohnsteuertabellen für ein Grundurteil über höhere Leistungen vgl BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 3 RdNr 16 ff).

18

Aus § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III ergibt sich kein höheres Bemessungsentgelt. Nach dieser Vorschrift gilt Arbeitsentgelt, auf das der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt, wenn es ihm entweder zugeflossen (Alt 1) oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen (Alt 2) ist. Die nicht berücksichtigten Entgeltansprüche in Höhe von 2843,82 Euro erhöhen das Bemessungsentgelt nach Alt 1 der Vorschrift nicht; denn sie sind dem Kläger nicht zugeflossen. Diese Lohnanteile sind auch nicht nach Alt 2 der Vorschrift als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen.

19

In der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2010 sind dem Kläger die hier streitigen Entgeltanteile nicht zugeflossen, weil die Arbeitgeberin sie dem tarifgebundenen Kläger in Ausführung des KTV nicht ausgezahlt hat. Solche tariflichen Verzichtsregelungen, die unter einer auflösenden Bedingung stehen, sind arbeitsrechtlich möglich (vgl dazu BAGE 117, 1 ff RdNr 27 f und 39; vgl auch: BSGE 103, 284 ff RdNr 26 ff = SozR 4-7837 § 2 Nr 1); für die Entscheidung des Senats ist dies jedoch ohne Bedeutung.

20

Auch wenn die fraglichen Entgeltansprüche nach Maßgabe des KTV mit Stellung des Insolvenzantrags wieder aufgelebt sein sollten, wäre damit kein Anspruch auf weiteres Entgelt entstanden, das als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen wäre. Denn die Arbeitsentgelte gelten nach Alt 2 des § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III bemessungsrechtlich nur dann als erzielt, wenn sie dem Arbeitslosen "nur" wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Maßgeblich für die Beurteilung, welche Gründe für den fehlenden Zufluss von Entgelt ursächlich sind, ist nicht die Lehre von der Theorie der wesentlichen Bedingung; vielmehr sind die Voraussetzungen der Alt 2 - wie der Senat schon entschieden hat - nur erfüllt, wenn der unterbliebene Zufluss allein auf der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beruht (Monokausalität; BSG SozR 4-4300 § 134 Nr 1, RdNr 22, 24; dazu Behrend in jurisPR SozR 23/2007 Anm 2).

21

Der Gesetzgeber hat zu Sinn und Zweck der (Vorgänger-)Regelung (§ 134 Abs 1 Satz 3 SGB III in der ab 1.1.1998 geltenden alten Fassung) in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 13/4941, S 179), die Berücksichtigung von Entgeltansprüchen werde auf (ggf nachträglich) zugeflossene oder allein wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossene Entgelte beschränkt. Dies solle verhindern, dass sich die Parteien eines Arbeitsverhältnisses rückwirkend und einvernehmlich auf ein höheres Arbeitsentgelt mit dem Ziel verständigten, höheres Alg zu erlangen, ohne dass der Arbeitgeber einen höheren Betrag an den Arbeitnehmer auszahlen müsse (BT-Drucks aaO).

22

Der Wortlaut des § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III ("nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen") entspricht demjenigen in § 134 Abs 1 Satz 3 SGB III aF. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen die zeitlich zurückwirkende Begründung von arbeitsrechtlichen Ansprüchen ausschließen wollen. Von diesem Regelungszweck ausgehend hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die Monokausalität der Zahlungsunfähigkeit für den Nichtzufluss von Entgelt zu verneinen ist, wenn - wie hier - die Zahlung zunächst aus anderen Gründen unterblieben ist, später aber die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers hinzutritt (BSG SozR 4-4300 § 134 Nr 1; BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 7a AL 54/05 R -, NZA 2007, 430 ff).

23

Wiederaufgelebte Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die zur Insolvenztabelle angemeldet, aber nicht erfüllt wurden, sind dem Kläger nicht nur wegen der Zahlungsunfähigkeit der S GmbH nicht zugeflossen. Vielmehr haben die Tarifvertragspartner für die tarifgebundenen Arbeitnehmer zum Zweck der Sanierung des Konzerns auflösend bedingt auf Teile des Entgelts verzichtet. Diese Tarifregelung wurde auch im Betrieb des Klägers umgesetzt. Die tarifvertragliche Gestaltung war faktisch der Grund dafür, dass die S GmbH die betreffenden Entgeltanteile in der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2010 nicht an den Kläger ausgezahlt hat. Nach Eintritt der vereinbarten Bedingung (Insolvenzanmeldung) wären die Entgeltansprüche so wieder aufgelebt, wie sie ohne den Verzicht bestanden hätten. Der Kläger hätte dann für das 2. Halbjahr 2010 weitere Entgeltansprüche, die nunmehr nicht erfüllt worden sind, weil die Arbeitgeberin inzwischen zahlungsunfähig geworden war. Das Entgelt ist ihm im Bemessungszeitraum damit aber nicht allein wegen der Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin nicht zugeflossen. Ursächlich für das Ausbleiben der Zahlung war auch der Umstand, dass die Arbeitnehmer auf die Ansprüche in dem Zeitraum, in dem sie eigentlich entstanden wären und in dem die Arbeitgeberin noch nicht zahlungsunfähig war, mit dem Ziel der Sanierung des Unternehmens verzichtet und diesen Verzicht auch praktiziert haben.

24

Die Betrachtung der Beitragsseite führt zu keinem anderen Ergebnis. Bevor der Gesetzgeber das zuvor herrschende strenge Zuflussprinzip erweitert hat, hatte dies bereits die Rechtsprechung getan. Im Lichte des Art 3 Abs 1 Grundgesetz bestehe kein hinreichender sachlicher Grund, zunächst vorenthaltendes, vom Arbeitgeber aber nachträglich gezahltes Entgelt bei der Leistungsbemessung des Alg unberücksichtigt zu lassen (BSGE 76, 162 ff = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 S 94, dem folgend BSGE 78, 109, 112 f = BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 48 S 113). Das BSG hat in der Begründung dieser Entscheidung insbesondere auf die Einmalzahlungs-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen (BVerfGE 92, 53 ff = BVerfG SozR 3-2200 § 385 Nr 6), nach der Entgelt, für das Beiträge gezahlt worden ist, nicht ohne sachlichen Grund bei der Bemessung der Leistung - hier Alg - unberücksichtigt bleiben darf. Diese verfassungsrechtliche Überlegung gebietet es vorliegend aber nicht, Entgeltanteile, auf die Arbeitnehmer im Rahmen eines Sanierungsbeitrags verzichteten, bei der Bemessung der Leistung zu berücksichtigen, weil diese Entgeltanteile gerade nicht gezahlt und hierauf Beiträge weder entrichtet noch nachentrichtet worden sind.

25

Beim Insolvenzgeld (Insg) ist zwar anerkannt, dass nach bedingtem Lohnverzicht und Eintritt eines Insolvenzereignisses die Entgeltansprüche wieder aufleben und durch Insg ersetzt werden können (BSGE 102, 303 ff = SozR 4-4300 § 183 Nr 10; vgl auch BAGE 117, 1 ff, dort auch RdNr 36); allerdings ist die Systematik der Berechnung des Insg auf die Bemessung des Alg nicht übertragbar. Das Insg soll gerade das ausgefallene Arbeitsentgelt ersetzen. Beim Insg sind Sanierungsbeiträge zu berücksichtigen, wenn und soweit der Entgeltanspruch im Insolvenzzeitraum erarbeitet worden ist. Demgegenüber stellt Alg eine Sozialleistung mit prozentualem Entgeltersatz dar, deren Berechnung im Einzelnen anders geregelt ist (§§ 130 f SGB III).

26

§ 421t Abs 7 Satz 1 SGB III(idF des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2.3.2009 - BGBl I 416; jetzt § 419 Abs 7 SGB III) steht diesem Ergebnis ebenfalls nicht entgegen. Die Vorschrift findet schon nach ihren tatbestandlichen Voraussetzungen keine Anwendung, weil eine Reduzierung von Arbeitszeit nicht stattgefunden hat. Die Regelung und ihr Außerkrafttreten sprechen sogar dafür, dass der Gesetzgeber die Problematik des Sanierungsbeitrags der Arbeitnehmer für ein wirtschaftlich angeschlagenes Unternehmen und dessen Auswirkungen auf die Bemessung des Alg gesehen hat. Dennoch hat er (nur) für den dort beschriebenen Fall und eine begrenzte zeitliche Dauer die Frage abweichend von den §§ 129 f SGB III geregelt.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. August 2014 sowie des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Juni 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind dem Kläger nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger macht für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld (Alg) geltend.

2

Der 1979 geborene Kläger war seit 2.9.1996 als Flachdrucker bei der schlott GmbH (S GmbH) in F. versicherungspflichtig beschäftigt. Die schlott gruppe AG (im Folgenden: AG), zu der die S GmbH als Konzernunternehmen gehörte, und die Gewerkschaft V. schlossen zur Abwendung einer existenzbedrohenden Situation mit Wirkung für die Zeit vom 1.7.2009 bis 31.12.2013 einen Konzerntarifvertrag (KTV), der neben der S GmbH auch Konzernunternehmen in N. und H. betraf. Ua war vereinbart worden:

3

"§ 2 Konsolidierungsbeitrag der Beschäftigten
2.1 Die nachfolgenden Vereinbarungen werden in den tarifgebunden Unternehmen in ergänzenden Firmentarifverträgen konkretisiert und abgeschlossen.
2.2 In den tarifgebunden Unternehmen […] werden die Konsolidierungsbeiträge der tarifgebundenen Beschäftigten entsprechend § 1 des Ergebnisprotokolls vom 26.06.2009 vorgenommen. […]

§ 3 Beschäftigungssicherung
3.1 Ab Inkrafttreten dieses Konzerntarifvertrages, d.h. dem 01.07.2009 bis 31.12.2013, ist der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen in den Unternehmen S GmbH, […] ausgeschlossen. Der tarifliche Kündigungsschutz endet zum 31.12.2013. Dies gilt nicht, soweit in den jeweiligen Firmentarifverträgen-Konsolidierung gem. Ziff. 7.2 dieses Konzerntarifvertrages, anderweitige Regelungen getroffen werden.
3.2 Für jeden Arbeitnehmer, der in den Unternehmen […] der AG auf Entgelt nach diesem Tarifvertrag verzichtet, gilt ab der rechtswirksamen Vereinbarung über diesen Verzicht ebenfalls das Verbot des Ausspruches betriebsbedingter Kündigungen bis 31.12.2013. […]
3.3 Meldet die […] AG Insolvenz an, leben die vollen Ansprüche auf die tariflichen Leistungen bzw. Entgeltleistungen in sämtlichen betroffenen Unternehmen wieder auf. Wenn eines der in § 1 Ziffer 1.1 genannten Unternehmen Insolvenz anmeldet, leben die vollen Ansprüche auf Entgeltleistungen für die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Mitarbeiter dieses Unternehmens wieder auf. Die […] AG muss die gekürzten Beträge wieder zurückzahlen. V. hat in diesem Fall das Recht auf fristlose Kündigung dieses Tarifvertrages."

4

Zudem schlossen die S GmbH und V. im Oktober 2009 mit Wirkung zum 1.7.2009 einen "Firmentarifvertrag Konsolidierung" (FTV). Darin vereinbarten sie jeweils eine anteilige Kürzung der tariflichen Jahresleistung 2009 bis 2011 sowie des zusätzlichen Urlaubsgelds 2010 bis 2012 und in § 3 FTV (wiederum) den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 31.12.2013 sowie das Aufleben der Ansprüche auf die tariflichen Leistungen im Falle der Insolvenzanmeldung der Arbeitgeberin. Von November 2009 bis Dezember 2010 zahlte die S GmbH die Konsolidierungsbeträge entsprechend den tariflichen Regelungen an den Kläger nicht aus.

5

Am 18.1.2011 beantragte die S GmbH ebenso wie die AG die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, denen das Amtsgericht Stuttgart am 1.4.2011 stattgab. Die S GmbH und V. hatten zuvor am 18.3.2011 noch eine "Vereinbarung" zur Auslegung des KTV geschlossen, die ua folgende Regelung enthielt:

6

"§ 1 Auslegung des Konzerntarifvertrages
[...]
Für die Zeit ab … Insolvenzeröffnung gelten die tarifvertraglichen Absenkungen nach … § 3 Ziffer 3.3 des Konzerntarifvertrages … wieder. Dies bedeutet, dass ab dem 01.04.2011 die 2%ige Tariflohnerhöhung nicht mehr erfolgt und die tarifliche Jahressonderzahlung und das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld jeweils nur zu 30% geschuldet werden."

7

Der Insolvenzverwalter kündigte dem Kläger am 27.5. ordentlich aus betrieblichen Gründen zum 31.10.2011. Am 31.5.2011 vereinbarten beide jedoch die vorzeitige Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2011, weil der Kläger eine Anschlussbeschäftigung gefunden habe. Am 8.6.2011 meldete sich der Kläger gleichwohl zum 1.7.2011 arbeitslos, weil er erst zum 4.7.2011 eine neue Beschäftigung aufnehmen könne.

8

Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 unter Berücksichtigung der in der Arbeitsbescheinigung angegebenen Entgelte (Bemessungszeitraum 1.7.2010 bis 30.6.2011; Bemessungsentgelt 140,65 Euro; zu Jahresbeginn eingetragene Lohnsteuerklasse III; erhöhter Leistungssatz) in Höhe von 61,95 Euro täglich (Bescheid vom 27.10.2011; Widerspruchsbescheid vom 28.12.2011). Die Entgeltbestandteile, auf die der Kläger verzichtet hatte, wurden nicht berücksichtigt.

9

Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg unter Berücksichtigung eines um 2843,82 Euro erhöhten Bemessungsentgelts zu zahlen (Urteil vom 5.6.2013). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 22.8.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das Bemessungsentgelt sei um 2843,82 Euro zu erhöhen. Die Ansprüche auf höheres Arbeitsentgelt seien wieder existent. Die Folgen des Gehaltsverzichts würden durch diese Gestaltung zwar vergesellschaftet, dies sei aber nicht rechtsmissbräuchlich.

10

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 131 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III). Für die Berücksichtigung von Entgeltanteilen genüge es nicht, dass deren Zahlung zunächst aus anderen Gründen (zB Unkenntnis, Zahlungsunwilligkeit, Verzicht) unterblieben sei und sich erst im weiteren Verlauf auch Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers einstelle. Der Kläger habe zunächst gemäß § 3 Ziffer 3.3 KTV auf einen Teil seiner Entgeltansprüche verzichtet, womit die Zahlung aus anderen Gründen als der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers unterblieben sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG sowie des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und die Klage ist abzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG); der Kläger hat für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 keinen Anspruch auf höheres Alg.

15

Gegenstand des Rechtsstreits und des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.12.2011 (§ 95 SGG), soweit darin eine höhere Leistung abgelehnt worden ist; dagegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG, § 56 SGG).

16

Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg. Nach § 129 Nr 1 SGB III(in der ab 1.8.2001 geltenden Normfassung des Gesetzes über Eingetragene Lebenspartnerschaften vom 1.2.2001 - BGBl I 266) beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie der Kläger - mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3, 5 Einkommensteuergesetz haben, 67 vH des pauschalierten Nettoentgelts (erhöhter Leistungssatz), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat.

17

Der Bemessungszeitraum erstreckt sich hier vom 1.7.2010 bis 30.6.2011. Das Bemessungsent-gelt ist gemäß § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III(in der Normfassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2940) das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Im Bemessungszeitraum hat der Kläger ein Entgelt von 51 335,83 Euro erzielt, woraus sich (dividiert durch 365 Beschäftigungstage) ein durchschnittliches tägliches Entgelt von 140,65 Euro errechnet. Von diesem Betrag sind die Sozialversicherungspauschale (21 vH = 29,54 Euro), der Lohnsteuerabzug bei Steuerklasse III (17,67 Euro) und der Solidaritätszuschlag (0,97 Euro) in Abzug zu bringen, sodass sich ein Leistungsentgelt von 92,47 Euro ergibt, was bei einer Entgeltersatzquote von 67 vH zu dem von der Beklagten zuerkannten täglichen Leistungssatz von 61,95 Euro führt (zur Unbeachtlichkeit unterschiedlicher Lohnsteuertabellen für ein Grundurteil über höhere Leistungen vgl BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 3 RdNr 16 ff).

18

Aus § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III ergibt sich kein höheres Bemessungsentgelt. Nach dieser Vorschrift gilt Arbeitsentgelt, auf das der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt, wenn es ihm entweder zugeflossen (Alt 1) oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen (Alt 2) ist. Die nicht berücksichtigten Entgeltansprüche in Höhe von 2843,82 Euro erhöhen das Bemessungsentgelt nach Alt 1 der Vorschrift nicht; denn sie sind dem Kläger nicht zugeflossen. Diese Lohnanteile sind auch nicht nach Alt 2 der Vorschrift als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen.

19

In der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2010 sind dem Kläger die hier streitigen Entgeltanteile nicht zugeflossen, weil die Arbeitgeberin sie dem tarifgebundenen Kläger in Ausführung des KTV nicht ausgezahlt hat. Solche tariflichen Verzichtsregelungen, die unter einer auflösenden Bedingung stehen, sind arbeitsrechtlich möglich (vgl dazu BAGE 117, 1 ff RdNr 27 f und 39; vgl auch: BSGE 103, 284 ff RdNr 26 ff = SozR 4-7837 § 2 Nr 1); für die Entscheidung des Senats ist dies jedoch ohne Bedeutung.

20

Auch wenn die fraglichen Entgeltansprüche nach Maßgabe des KTV mit Stellung des Insolvenzantrags wieder aufgelebt sein sollten, wäre damit kein Anspruch auf weiteres Entgelt entstanden, das als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen wäre. Denn die Arbeitsentgelte gelten nach Alt 2 des § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III bemessungsrechtlich nur dann als erzielt, wenn sie dem Arbeitslosen "nur" wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Maßgeblich für die Beurteilung, welche Gründe für den fehlenden Zufluss von Entgelt ursächlich sind, ist nicht die Lehre von der Theorie der wesentlichen Bedingung; vielmehr sind die Voraussetzungen der Alt 2 - wie der Senat schon entschieden hat - nur erfüllt, wenn der unterbliebene Zufluss allein auf der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beruht (Monokausalität; BSG SozR 4-4300 § 134 Nr 1, RdNr 22, 24; dazu Behrend in jurisPR SozR 23/2007 Anm 2).

21

Der Gesetzgeber hat zu Sinn und Zweck der (Vorgänger-)Regelung (§ 134 Abs 1 Satz 3 SGB III in der ab 1.1.1998 geltenden alten Fassung) in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 13/4941, S 179), die Berücksichtigung von Entgeltansprüchen werde auf (ggf nachträglich) zugeflossene oder allein wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossene Entgelte beschränkt. Dies solle verhindern, dass sich die Parteien eines Arbeitsverhältnisses rückwirkend und einvernehmlich auf ein höheres Arbeitsentgelt mit dem Ziel verständigten, höheres Alg zu erlangen, ohne dass der Arbeitgeber einen höheren Betrag an den Arbeitnehmer auszahlen müsse (BT-Drucks aaO).

22

Der Wortlaut des § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III ("nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen") entspricht demjenigen in § 134 Abs 1 Satz 3 SGB III aF. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen die zeitlich zurückwirkende Begründung von arbeitsrechtlichen Ansprüchen ausschließen wollen. Von diesem Regelungszweck ausgehend hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die Monokausalität der Zahlungsunfähigkeit für den Nichtzufluss von Entgelt zu verneinen ist, wenn - wie hier - die Zahlung zunächst aus anderen Gründen unterblieben ist, später aber die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers hinzutritt (BSG SozR 4-4300 § 134 Nr 1; BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 7a AL 54/05 R -, NZA 2007, 430 ff).

23

Wiederaufgelebte Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die zur Insolvenztabelle angemeldet, aber nicht erfüllt wurden, sind dem Kläger nicht nur wegen der Zahlungsunfähigkeit der S GmbH nicht zugeflossen. Vielmehr haben die Tarifvertragspartner für die tarifgebundenen Arbeitnehmer zum Zweck der Sanierung des Konzerns auflösend bedingt auf Teile des Entgelts verzichtet. Diese Tarifregelung wurde auch im Betrieb des Klägers umgesetzt. Die tarifvertragliche Gestaltung war faktisch der Grund dafür, dass die S GmbH die betreffenden Entgeltanteile in der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2010 nicht an den Kläger ausgezahlt hat. Nach Eintritt der vereinbarten Bedingung (Insolvenzanmeldung) wären die Entgeltansprüche so wieder aufgelebt, wie sie ohne den Verzicht bestanden hätten. Der Kläger hätte dann für das 2. Halbjahr 2010 weitere Entgeltansprüche, die nunmehr nicht erfüllt worden sind, weil die Arbeitgeberin inzwischen zahlungsunfähig geworden war. Das Entgelt ist ihm im Bemessungszeitraum damit aber nicht allein wegen der Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin nicht zugeflossen. Ursächlich für das Ausbleiben der Zahlung war auch der Umstand, dass die Arbeitnehmer auf die Ansprüche in dem Zeitraum, in dem sie eigentlich entstanden wären und in dem die Arbeitgeberin noch nicht zahlungsunfähig war, mit dem Ziel der Sanierung des Unternehmens verzichtet und diesen Verzicht auch praktiziert haben.

24

Die Betrachtung der Beitragsseite führt zu keinem anderen Ergebnis. Bevor der Gesetzgeber das zuvor herrschende strenge Zuflussprinzip erweitert hat, hatte dies bereits die Rechtsprechung getan. Im Lichte des Art 3 Abs 1 Grundgesetz bestehe kein hinreichender sachlicher Grund, zunächst vorenthaltendes, vom Arbeitgeber aber nachträglich gezahltes Entgelt bei der Leistungsbemessung des Alg unberücksichtigt zu lassen (BSGE 76, 162 ff = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 S 94, dem folgend BSGE 78, 109, 112 f = BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 48 S 113). Das BSG hat in der Begründung dieser Entscheidung insbesondere auf die Einmalzahlungs-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen (BVerfGE 92, 53 ff = BVerfG SozR 3-2200 § 385 Nr 6), nach der Entgelt, für das Beiträge gezahlt worden ist, nicht ohne sachlichen Grund bei der Bemessung der Leistung - hier Alg - unberücksichtigt bleiben darf. Diese verfassungsrechtliche Überlegung gebietet es vorliegend aber nicht, Entgeltanteile, auf die Arbeitnehmer im Rahmen eines Sanierungsbeitrags verzichteten, bei der Bemessung der Leistung zu berücksichtigen, weil diese Entgeltanteile gerade nicht gezahlt und hierauf Beiträge weder entrichtet noch nachentrichtet worden sind.

25

Beim Insolvenzgeld (Insg) ist zwar anerkannt, dass nach bedingtem Lohnverzicht und Eintritt eines Insolvenzereignisses die Entgeltansprüche wieder aufleben und durch Insg ersetzt werden können (BSGE 102, 303 ff = SozR 4-4300 § 183 Nr 10; vgl auch BAGE 117, 1 ff, dort auch RdNr 36); allerdings ist die Systematik der Berechnung des Insg auf die Bemessung des Alg nicht übertragbar. Das Insg soll gerade das ausgefallene Arbeitsentgelt ersetzen. Beim Insg sind Sanierungsbeiträge zu berücksichtigen, wenn und soweit der Entgeltanspruch im Insolvenzzeitraum erarbeitet worden ist. Demgegenüber stellt Alg eine Sozialleistung mit prozentualem Entgeltersatz dar, deren Berechnung im Einzelnen anders geregelt ist (§§ 130 f SGB III).

26

§ 421t Abs 7 Satz 1 SGB III(idF des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2.3.2009 - BGBl I 416; jetzt § 419 Abs 7 SGB III) steht diesem Ergebnis ebenfalls nicht entgegen. Die Vorschrift findet schon nach ihren tatbestandlichen Voraussetzungen keine Anwendung, weil eine Reduzierung von Arbeitszeit nicht stattgefunden hat. Die Regelung und ihr Außerkrafttreten sprechen sogar dafür, dass der Gesetzgeber die Problematik des Sanierungsbeitrags der Arbeitnehmer für ein wirtschaftlich angeschlagenes Unternehmen und dessen Auswirkungen auf die Bemessung des Alg gesehen hat. Dennoch hat er (nur) für den dort beschriebenen Fall und eine begrenzte zeitliche Dauer die Frage abweichend von den §§ 129 f SGB III geregelt.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. April 2009 - 9 Sa 58/09 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 26. November 2008 - 5 Ca 3785/08 - teilweise abgeändert.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.125,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2008 zu zahlen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Auszahlung eines Guthabens auf einem Arbeitszeitkonto.

2

Der Kläger war bis zum 14. Mai 2008 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 4. Juli 2002 (im Folgenden: BRTV-Bau) Anwendung.

3

§§ 3, 15 BRTV-Bau lauten auszugsweise:

        

„§ 3        

        
        

Arbeitszeit           

        
        

…       

        
        

1.43        

Arbeitszeit- und Entgeltkonto (Ausgleichskonto)           

                 

Für jeden Arbeitnehmer wird ein individuelles Ausgleichskonto eingerichtet. Auf diesem Ausgleichskonto ist die Differenz zwischen dem Lohn für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und dem nach Nr. 1.42 errechneten Monatslohn für jeden Arbeitnehmer gutzuschreiben bzw. zu belasten. Lohn für Leistungslohn-Mehrstunden darf nicht einbehalten und gutgeschrieben werden. Die Frage einer Verzinsung des Guthabens ist betrieblich zu regeln.

                 

Das Arbeitszeitguthaben und der dafür einbehaltene Lohn dürfen zu keinem Zeitpunkt 150 Stunden, die Arbeitszeitschuld und der dafür bereits gezahlte Lohn dürfen zu keinem Zeitpunkt 30 Stunden überschreiten. Wird ein Guthaben für 150 Stunden erreicht, so ist der Lohn für die darüber hinausgehenden Stunden neben dem Monatslohn auszuzahlen. Auf dem Ausgleichskonto gutgeschriebener Lohn darf nur zum Ausgleich für den Monatslohn, als Winterausfallgeld-Vorausleistung für bis zu 100 Stunden bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall in der Schlechtwetterzeit, bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall außerhalb der Schlechtwetterzeit, am Ende des Ausgleichs-Zeitraumes oder bei Ausscheiden des Arbeitnehmers bzw. im Todesfall ausgezahlt werden.

                 

Das Ausgleichskonto soll nach zwölf Kalendermonaten ausgeglichen sein. Besteht am Ende des Ausgleichszeitraumes noch ein Guthaben, das nicht mehr durch arbeitsfreie Tage ausgeglichen werden kann, so sind die Guthabenstunden abzugelten.

                 

Durch freiwillige Betriebsvereinbarung oder einzelvertragliche Vereinbarung können die dem Guthaben zugrunde liegenden Vorarbeitsstunden und das dafür gutgeschriebene Arbeitsentgelt unter Anrechnung auf das zuschlagsfreie Vorarbeitsvolumen des neuen Ausgleichszeitraumes ganz oder teilweise in diesen übertragen werden. In einer solchen Betriebsvereinbarung muss dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Auszahlung seines Guthabens eingeräumt werden; dieser muss bis zum Ende des laufenden Ausgleichszeitraumes schriftlich geltend gemacht werden.

                 

Besteht am Ende des Ausgleichszeitraumes eine Zeitschuld, so ist diese in den nächsten Ausgleichszeitraum zu übertragen und in diesem auszugleichen. Bei Ausscheiden des Arbeitnehmers sind etwaige Guthaben oder Schulden auszugleichen.

                 

…       

        

§ 15        

        
        

Ausschlussfristen           

        
        

1.       

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden; besteht bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ein Arbeitszeitguthaben, beträgt die Frist für dieses Arbeitszeitguthaben jedoch 6 Monate.

        
        

2.       

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.“

        
4

Eine freiwillige Betriebsvereinbarung oder eine einzelvertragliche Vereinbarung nach § 3 Nr. 1.43 Abs. 4 BRTV-Bau gibt es nicht.

5

Jedenfalls im Zeitraum von Mai bis einschließlich September 2006 erhielt der Kläger neben seiner Lohnabrechnung, auf der das Arbeitszeitkonto mit „0“ Stunden und „0“ Euro geführt wurde, jeweils ein Zusatzblatt „Bestandteil der Lohnabrechnung“, welches den Stand seines individuellen Arbeitszeitguthabens wiedergab. Zum 1. Oktober 2006 belief sich dieses auf 90 Stunden.

6

Ab Oktober 2006 wies die Beklagte das nun als Arbeitszeit-/Geldkonto bezeichnete Ausgleichskonto auf den jeweiligen monatlichen Lohnabrechnungen aus. In der Abrechnung für Oktober 2006 wurde ein Guthaben von 1,26 Stunden mitgeteilt.

7

Mit der am 5. August 2008 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Klage hat der Kläger nach vorhergehender erfolgloser außergerichtlicher schriftlicher Geltendmachung vom 4. Juli 2008 unter Fristsetzung bis zum 15. Juli 2008 die Vergütung für 90 Stunden zu je 12,50 Euro brutto begehrt.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.125,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2008 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie ist der Auffassung, der Anspruch sei verfallen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage sowie eine Widerklage der Beklagten abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Beklagte schuldet dem Kläger gemäß § 611 BGB die Vergütung von 90 Arbeitsstunden zu je 12,50 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe.

12

I. Der Zahlungsanspruch ist jedenfalls bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im geltend gemachten Umfang entstanden, als sich der für Ende September 2006 auf dem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Guthabensaldo von 90 Stunden in einen Geldanspruch wandelte.

13

1. Ein Arbeitszeitkonto drückt aus, in welchem Umfang der Arbeitnehmer Arbeit geleistet hat und deshalb Vergütung beanspruchen kann, bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte Vergütung erbringen muss. Da dieses Zeitguthaben nur in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrückt (BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 470/00 - BAGE 100, 256), genügt für die Schlüssigkeit einer Klage, die auf Ausgleich des Guthabens auf einem Arbeitszeitkonto gerichtet ist, dass der Kläger die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos und das Bestehen eines Guthaben darlegt (BAG 13. März 2002 - 5 AZR 43/01 - zu II 1 der Gründe, EzA ZPO § 253 Nr. 22). Der Sache nach handelt es sich um den Vergütungsanspruch für vorgeleistete Arbeit (BAG 24. September 2003 - 10 AZR 640/02 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 108, 1 zu § 3 Nr. 1.43 BRTV-Bau).

14

2. Der Kläger hat für September 2006 das Zusatzblatt „Bestandteil der Lohnabrechnung“, welches den Stand seines individuellen Ausgleichskontos wiedergab, vorgelegt. Danach belief sich sein Guthaben per 1. Oktober 2006 auf 90 Stunden. Dieses Guthaben ist wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit 1.125,00 Euro brutto entsprechend 12,50 Euro brutto je Arbeitsstunde zu vergüten. Für diesen Zahlungsanspruch ist es unerheblich, dass die Beklagte das Guthaben, anders als dies § 3 Nr. 1.43 BRTV-Bau vorsieht, nicht in Geld, sondern in „Lohnstunden“ ausgewiesen hat.

15

II. Der Anspruch ist nicht durch Erfüllung erloschen. Das Landesarbeitsgericht hat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO für den Senat bindend festgestellt, dass das Guthaben weder im Oktober 2006 noch später durch Freizeit ausgeglichen worden ist. Die Beklagte hat die Guthabenstunden auch nicht abgegolten.

16

III. Der Anspruch des Klägers ist nicht verfallen.

17

1. Der Anspruch auf eine Zeitgutschrift, der zunächst an die Stelle des ursprünglichen Vergütungsanspruchs aus § 611 BGB getreten war, bedurfte keiner Geltendmachung iSd. § 15 BRTV-Bau, denn die Beklagte hatte die Guthabenstunden im Arbeitszeitkonto des Klägers zum 1. Oktober 2006 vorbehaltlos ausgewiesen. Damit war wie bei der Ausweisung einer Vergütungsforderung in einer Lohnabrechnung der Zweck der Geltendmachung erreicht.

18

a) Eine einmal in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers ausgewiesene Lohnforderung ist streitlos gestellt und muss nicht noch einmal schriftlich geltend gemacht werden. Das folgt aus dem Zweck von Ausschlussfristen. Der Gläubiger soll durch diese angehalten werden, die Begründetheit und Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen. Er soll den Schuldner innerhalb der maßgebenden Fristen darauf hinweisen, ob und welche Ansprüche im Einzelnen noch erhoben werden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der Verfallfrist nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Mit der Zuleitung einer vorbehaltlosen Lohnabrechnung ist dieser Zweck der Ausschlussfrist erreicht, ohne dass es einer weiteren Geltendmachung bedarf (BAG 21. April 1993 - 5 AZR 399/92 - BAGE 73, 54; 20. Oktober 1982 - 5 AZR 110/82 - BAGE 40, 258; 29. Mai 1985 - 7 AZR 124/83 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 92; 8. August 1979 - 5 AZR 660/77 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 67). Die Obliegenheit zur Geltendmachung lebt nicht wieder auf, wenn der Arbeitgeber die Forderung später bestreitet (BAG 21. April 1993 - 5 AZR 399/92 - aaO).

19

b) Diese Grundsätze sind auf die Ausweisung von Guthabenstunden in einem vom Arbeitgeber für den einzelnen Arbeitnehmer geführten Arbeitszeitkonto, das einen Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers nur in anderer Form ausdrückt, zu übertragen. Die vorbehaltlose Mitteilung eines Arbeitgebers an den Arbeitnehmer über den Stand des Arbeitszeitkontos stellt dessen Saldo ebenso streitlos wie eine Lohn- oder Gehaltsmitteilung eine Geldforderung. Einer weiteren Geltendmachung bedarf es nicht mehr. Dem steht nicht entgegen, dass Buchungen und Gutschriften auf einem Arbeitszeitkonto kein Anerkenntnis im Rechtssinne, dh. keine rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern lediglich Wissenserklärungen darstellen (vgl. BAG 19. März 2008 - 5 AZR 328/07 - Rn. 26, AP BGB § 611 Feiertagsvergütung Nr. 1; zur Gehaltsabrechnung 23. September 2009 - 5 AZR 973/08 - Rn. 27, EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 50).

20

2. Die Notwendigkeit zur Geltendmachung eines auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesenen Anspruchs lebt mangels abweichender Regelung nicht wieder auf, wenn sich - beispielsweise - wegen des Ablaufs eines Ausgleichszeitraums oder der Schließung eines Arbeitszeitkontos ein Freizeitausgleichs- in einen Zahlungsanspruch wandelt. Der Zahlungsanspruch ist im Verhältnis zum Zeitguthaben kein neuer Anspruch im Sinne der Ausschlussfrist. Er ersetzt ihn lediglich, nachdem eine Freistellung ausscheidet. Die Geltendmachung einer Zeitgutschrift oder der gleichwertigen Zahlung entsprechen einander (BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 470/00 - zu I 3 c der Gründe, BAGE 100, 256; 5. September 2002 - 9 AZR 244/01 - zu B III 1 a der Gründe, BAGE 102, 321).

21

3. Hiernach musste der Kläger die Abgeltung der Guthabenstunden weder im Oktober 2006 noch später schriftlich oder gerichtlich geltend machen, denn das Guthaben war bereits streitlos gestellt. Deshalb ist es für die Anwendung der tariflichen Ausschlussfrist unerheblich, aus welchen Gründen die Beklagte das Arbeitszeitkonto des Klägers auf „0“ stellte, ohne die Guthabenstunden zu vergüten oder durch bezahlte Freizeit auszugleichen. Da die erste Stufe der Ausschlussfrist nicht einzuhalten war, war der Kläger auch nicht gehalten, den Anspruch innerhalb der tariflich geregelten Frist gerichtlich geltend zu machen (vgl. BAG 20. Oktober 1982 - 5 AZR 110/82 - BAGE 40, 258).

22

4. Die mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses beginnende Frist des § 15 Nr. 1 Alt. 2 BRTV-Bau hat der Kläger gewahrt, denn er ist am 14. Mai 2008 ausgeschieden und hat die Forderung mit Schreiben vom 4. Juli 2008 und am 5. August 2008 klageweise erhoben.

23

IV. Der Zinsanspruch ist gemäß § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Schuldnerverzugs der Beklagten begründet. Der Kläger hat mit Schreiben vom 4. Juli 2008 unter Fristsetzung zum 15. Juli 2008 die Zahlung von 1.125,00 Euro brutto begehrt.

24

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 91 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Sappa    

        

    Zorn    

        

        

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.