Bundessozialgericht Urteil, 15. Dez. 2015 - B 10 EG 2/15 R
Gericht
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Betreuungsgeld für seinen am 21.4.2012 geborenen Sohn.
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Mit Art 1 Nr 3 des Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Betreuungsgeldgesetz) vom 15.2.2013 (BGBl I 254) in das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) hat der Gesetzgeber in den §§ 4a bis 4d BEEG ab dem 1.8.2013 einen Anspruch auf Betreuungsgeld des Inhalts geschaffen, dass Eltern in der Zeit vom ersten Tag des 15. Lebensmonats bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats ihres Kindes grundsätzlich einkommensunabhängig Betreuungsgeld in Höhe von mittlerweile 150 Euro pro Monat beziehen können, sofern für das Kind keine Leistungen nach § 24 Abs 2 iVm den §§ 22 bis 23 SGB VIII, also weder eine öffentlich geförderte Tageseinrichtung noch Kindertagespflege in Anspruch genommen werden.
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Der 1980 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland und seit September 2012 mit der Mutter seines am 21.4.2012 geborenen Sohnes verheiratet, machte mit Antrag vom 25.10.2013 erfolglos einen Anspruch auf Betreuungsgeld ab dem 1.8.2013 für seinen Sohn geltend (Bescheid vom 29.10.2013; Widerspruchsbescheid vom 7.11.2013). Das anschließende Klage- und Berufungsverfahren ist gleichfalls ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG Karlsruhe vom 17.3.2013; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21.10.2014). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Betreuungsgeld bestehe nicht, weil der Sohn des Klägers vor dem 1.8.2012 geboren sei. Nach § 27 Abs 3 S 1 BEEG in der ab 1.8.2013 geltenden Fassung des Art 1 Nr 17 Buchst b des Betreuungsgeldgesetzes werde Betreuungsgeld nicht für vor dem 1.8.2012 geborene Kinder gezahlt. Während des Revisionsverfahrens, in welchem der Kläger die Verfassungswidrigkeit dieser Stichtagsregelung rügt, hat das BVerfG am 21.7.2015 (1 BvF 2/13 - NJW 2015, 2399 bis 2405) entschieden, dass die §§ 4a bis 4d BEEG idF vom 15.2.2013 mit dem GG unvereinbar und nichtig sind.
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Der Kläger hat von einer weiteren Stellungnahme zum Urteil des BVerfG abgesehen und beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2014 sowie des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. März 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. August 2013 Betreuungsgeld in gesetzlicher Höhe und Dauer für seinen am 21. April 2012 geborenen Sohn zu bewilligen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Nach der Entscheidung des BVerfG gebe es für das klägerische Begehren keine ersichtliche Anspruchsgrundlage mehr.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.
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Das LSG hat im Ergebnis die Berufung zu Recht zurückgewiesen, weil die Klage nach der Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2015 (1 BvF 2/13) keinen Erfolg mehr haben kann. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf die Gewährung von Betreuungsgeld für sein am 21.4.2012 geborenes Kind, sodass es auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung in § 27 Abs 3 S 1 BEEG nicht mehr ankommt.
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Gegenstand des Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahrens ist die zulässig erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 iVm Abs 4 SGG), mit der sich der Kläger gegen die Ablehnung einer Betreuungsgeldgewährung für seinen Sohn für die Zeit ab 1.8.2013 wendet und dessen Leistung begehrt (Bescheid vom 29.10.2013; Widerspruchsbescheid vom 7.11.2013).
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Im Ergebnis haben die Vorinstanzen zutreffend die Gewährung von Betreuungsgeld für das am 21.4.2012 geborene Kind des Klägers verneint, weil es für einen solchen Anspruch bereits an einer wirksamen Rechtsgrundlage fehlt.
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Das BVerfG hat die §§ 4a bis 4d BEEG idF vom 15.2.2013 (BGBl I 254) mit Art 72 Abs 2 GG für unvereinbar und nichtig erklärt, weil die Voraussetzungen, unter denen der Bund nach Art 72 Abs 2 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung befugt ist, fehlen. Die Frage der Vereinbarkeit des Betreuungsgeldes nach §§ 4a bis 4d BEEG mit den Grundrechten brauche vor diesem Hintergrund nicht beantwortet werden und eine Übergangsregelung nach § 35 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) erscheine nicht notwendig. Vertrauensschutzgesichtspunkten lasse sich nach § 79 Abs 2 S 1 BVerfGG gegebenenfalls iVm § 45 Abs 2 SGB X Rechnung tragen(Urteil vom 21.7.2015 - 1 BvF 2/13 - NJW 2015, 2399; siehe hierzu auch Dau, jurisPR-SozR 18/2015 Anm 1). Diese Entscheidung hat am 24.8.2015 gemäß § 31 Abs 2 BVerfGG Gesetzeskraft erlangt(BGBl I 1565).
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Danach kann der Kläger bereits aufgrund der Nichtigkeit des Gesetzes zur Einführung des Betreuungsgeldes vom 15.2.2013 (BGBl I 254) keinen Anspruch mehr geltend machen (1.). Ein die Durchbrechung des Nichtigkeitsgrundsatzes rechtfertigendes Vertrauen liegt auf Seiten des Klägers ebenfalls nicht vor (2.).
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1. Die Unvereinbarkeit des Betreuungsgeldgesetzes mit dem GG hat dessen Nichtigkeit und damit Unanwendbarkeit zur Folge. Regelungen die gegen höhere Normen - wie das GG - verstoßen, dürfen grundsätzlich nicht angewendet werden, da die Verwaltung und Gerichte nach Art 20 Abs 3 GG an Gesetz und Recht gebunden und deshalb gehalten sind, gesetzeswidrige Handlungen zu unterlassen (vgl BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 11/13 R - SozR 4-2700 § 161 Nr 1 = in BSGE vorgesehen, RdNr 28 mwN; BVerfG vom 3.11.1982 - 1 BvR 620/78 ua - BVerfGE 61, 319, Juris RdNr 101 mwN). Verstößt ein Gesetz gegen das GG, so ist es grundsätzlich von Anfang an nichtig und unwirksam (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl 2014, Art 20 RdNr 33 mwN zur Rechtsprechung). Damit ist das vom BVerfG mit Gesetzeskraft für nichtig erklärte Betreuungsgeldgesetz von Anfang an unwirksam und aus diesem Gesetz können nicht bewilligte Ansprüche - wie im Falle des Klägers - nicht mehr hergeleitet werden.
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2. Nichts anderes gilt für die Frage der Durchbrechung des Nichtigkeitsgrundsatzes aufgrund eines eventuellen Vertrauens in die Leistungsbewilligung im Zeitpunkt vor der Nichtigkeitsfeststellung. Das BVerfG hat den Verzicht auf die Schaffung einer Übergangsregelung nach § 35 BVerfGG damit begründet, dass genügend Vertrauensschutz der betroffenen Antragsteller gemäß § 79 Abs 2 S 1 BVerfGG gegebenenfalls iVm § 45 Abs 2 SGB X bestehe. Nach § 79 Abs 2 S 1 BVerfGG bleiben indes grundsätzlich nur nicht mehr anfechtbare Bewilligungsbescheide über Betreuungsgeld als begünstigende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung von der Nichtigkeit unberührt unter Konkretisierung durch das SGB X(siehe hierzu insgesamt: Dau, jurisPR-SozR 18/2015 Anm 1 zu C). Der Kläger kann von dieser Ausnahmevorschrift aber nicht profitieren, da er schon keine positive bescheidmäßige Betreuungsgeldgewährung erhalten hat, die hätte in Bestandskraft erwachsen können. Somit kann er keinerlei begründetes Vertrauen in eine Betreuungsgeldgewährung geltend machen. Etwas anderes ergibt sich für den vorliegenden Fall auch nicht aus der Ankündigung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wonach Eltern, die Betreuungsgeld erhalten haben, "umfassender Vertrauensschutz" zuteil werden solle (vgl Dau, aaO, zu D mit Hinweis auf www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aktuelles). Selbst wenn diese Äußerung Vertrauen von Leistungsempfängern über die Regelung von § 79 BVerfGG hinaus begründen sollte, bezog sie sich eindeutig nur auf Inhaber eines positiven Bewilligungsbescheids. Zu dieser Gruppe zählt der Kläger nicht, weil der Beklagte seinen Antrag von Anfang an abgelehnt hat.
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Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 27 Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie
(1) Übt ein Elternteil eine systemrelevante Tätigkeit aus, so kann sein Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 aufgeschoben werden. Der Bezug der verschobenen Lebensmonate ist spätestens bis zum 30. Juni 2021 anzutreten. Wird von der Möglichkeit des Aufschubs Gebrauch gemacht, so kann das Basiselterngeld abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 auch noch nach Vollendung des 14. Lebensmonats bezogen werden. In der Zeit vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 entstehende Lücken im Elterngeldbezug sind abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 4 unschädlich.
(2) Für ein Verschieben des Partnerschaftsbonus genügt es, wenn nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt. Hat der Bezug des Partnerschaftsbonus bereits begonnen, so gelten allein die Bestimmungen des Absatzes 3.
(3) Liegt der Bezug des Partnerschaftsbonus ganz oder teilweise vor dem Ablauf des 23. September 2022 und kann die berechtigte Person die Voraussetzungen des Bezugs aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht einhalten, gelten die Angaben zur Höhe des Einkommens und zum Umfang der Arbeitszeit, die bei der Beantragung des Partnerschaftsbonus glaubhaft gemacht worden sind.
(4) (weggefallen)
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.
(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.
(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.
Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.
(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.
(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.
(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.