Bundessozialgericht Beschluss, 04. Sept. 2013 - B 10 EG 14/13 B

04.09.2013

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Nach der Geburt ihrer Tochter 2007 beantragte die Klägerin, die in dem Jahr davor nicht erwerbstätig gewesen war, sondern insbesondere ihre 2004 geborene Tochter betreut und erzogen hatte, die Gewährung von Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) unter Zugrundelegung des Einkommens, das sie in der Zeit vor der Geburt ihrer ersten Tochter erzielt hatte. Der beklagte Freistaat gewährte ihr daraufhin Elterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes - gekürzt um das bezogene Mutterschaftsgeld nebst Zuschuss - (Bescheid vom 7.12.2007). Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 10.4.2008, Urteil des Sozialgerichts München vom 10.4.2012 und Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.12.2012).

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich mit einer umfangreichen Begründung auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig.

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 160a Abs 1 S 2 und Abs 2 S 1 und 2 SGG). Die Begründung genügt nur zum Teil den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.

5

Die Klägerin beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

6

Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wie sie die Klägerin hier geltend macht, hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65) oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (vgl BSG SozR 1300 § 13 Nr 1; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 7), wenn sie so gut wie unbestritten ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17), wenn sie praktisch außer Zweifel steht (vgl BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4) oder wenn sich für die Antwort aus vorhandenen höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (vgl BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8). Falls zu der Rechtsfrage schon Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vorliegt, kann sie erneut klärungsbedürftig geworden sein, wenn, zB im neueren Schrifttum, erhebliche Einwände dagegen vorgebracht worden sind (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23 S 42; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl zB BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f; BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14).

7

Schließlich ist zu begründen, inwiefern die Frage klärungsfähig, mithin rechtserheblich ist, dass also hierzu eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu erwarten ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).

8

Die Klägerin hat sinngemäß folgende, ihrer Ansicht nach klärungsbedürftige Rechtsfragen bezeichnet:

-       

Verstößt das BEEG in der derzeit geltenden Fassung gegen Art 1 Abs 1 und 2, Art 3 Abs 1 und 2 bzw Art 6 Abs 1, 2 und 4 bzw Art 20 Abs 1 GG, weil es unterschiedliche Leistungshöhen in Abhängigkeit von dem im maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt erzielten Einkommen der Antrag stellenden Person vorsieht?

-       

Ist die sich aus § 2 BEEG ergebende Höhe des Elterngeldes als kombinierte Lohnersatz- und Sozialleistung mit Art 1 Abs 1 und 2, Art 3 Abs 1 und 2 bzw dem sich aus Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG ergebenden familienbezogenen Neutralitätsgebot bzw Art 6 Abs 2 und 4 GG bzw Art 20 Abs 1 GG vereinbar?

9

Die Klägerin hat sich zunächst nicht genau genug damit befasst, inwieweit diese Fragen durch die Rechtsprechung des Senats (vgl insbesondere Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2; Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7; Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8; Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 21/09 R - Juris; Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - Juris; Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 10/12 R) sowie der zweiten Kammer des BVerfG (vgl insbesondere Nichtannahmebeschlüsse vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09, vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214 und vom 24.11.2011 - 1 BvR 1457/11) hinreichend geklärt sind. Insbesondere in seiner letztgenannten Entscheidung hat das BVerfG nochmals ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel verfolgt. Der erkennende Senat hat sich in den aufgeführten Urteilen ausführlich mit den von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen zur Vereinbarkeit der einschlägigen Bestimmungen des BEEG mit dem GG auseinandergesetzt (vgl bereits Beschlüsse vom 26.5.2011 - B 10 EG 1/11 B und vom 29.8.2012 - B 10 EG 8/12 B). Die neuerliche Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin enthält insoweit weitgehend Wiederholungen. Das BVerfG hat die Entscheidungen des Senats bestätigt, ohne sich von dessen Erwägungen zu distanzieren. Zwar hat ein Nichtannahmebeschluss des BVerfG nicht die Bindungswirkung einer Entscheidung des Gerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer Norm (vgl § 31 Abs 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz), er kann jedoch zur Klärung einer Rechtsfrage beitragen, soweit darin die Rechtsauffassung einer Kammer des BVerfG zum Ausdruck kommt.

10

Gleichwohl hält der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde für zulässig, weil mit ihr immerhin einige neue Begründungselemente in Bezug auf die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen vorgebracht werden.

11

Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.

12

Der Senat vermag nach wie vor keine gewichtigen Argumente für eine Verfassungswidrigkeit der Berechnungsweise des Elterngeldes nach § 2 BEEG zu erkennen. Es ist keine erneute Klärungsbedürftigkeit der bezeichneten Rechtsfragen anzunehmen. Insbesondere sind im neueren Schrifttum keine erheblichen Einwände gegen die bisherige Rechtsprechung des BSG und des BVerfG vorgebracht worden. Das von der Klägerin eingereichte Gutachten von Prof. Dr. T. K. lag dem Senat bei seinen Entscheidungen vom 17.2.2011 bereits vor (vgl auch Beschluss vom 17.2.2011 - B 10 EG 15/10 B und Beschluss vom 29.8.2012 - B 10 EG 8/12 B). Soweit sich die Klägerin auf Art 1 Abs 1 GG stützt, ist nicht ersichtlich, dass sich aus dieser Verfassungsnorm im vorliegenden Zusammenhang für die Klägerin weitergehende Rechte herleiten lassen könnten, als aus Art 6 Abs 1 GG, wie er vom Senat verstanden worden ist. Insofern begründet es keinen neuen Klärungsbedarf, dass sich der Senat in seinen Entscheidungen vom 17.2.2011 und 18.8.2011 nicht ausdrücklich mit dieser Norm befasst hat (vgl bereits Beschluss vom 29.8.2012 - B 10 EG 8/12 B).

13

Auch mit ihren weiteren Argumenten zur Begründung einer Klärungsbedürftigkeit ihrer Fragen dringt die Klägerin nicht durch. Selbst wenn sich das BSG und das BVerfG in einigen der oben genannten Entscheidungen im Wesentlichen mit § 2 Abs 7 BEEG auseinandergesetzt haben, so sind darin auch verfassungsrechtliche Erwägungen zu § 2 Abs 1 BEEG mit enthalten, da § 2 Abs 7 BEEG nur ergänzende Bestimmungen zu der Grundsatzregelung in § 2 Abs 1 BEEG vorsieht. Insoweit hat der Senat gerade mit seiner Entscheidung vom 27.6.2013 - B 10 EG 10/12 R weiter klargestellt, dass die Vorschriften zur Berechnung der Leistungshöhe nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht gegen das GG verstoßen, insbesondere nicht gegen Art 3 Abs 1 bis 3 GG iVm Art 6 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG.

14

Ein weitergehender Schutz kann sich auch nicht aus Art 6 Abs 2 und 4 GG ergeben. Dies ist auch der Rechtsprechung des BVerfG zu entnehmen (Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214 und Beschluss vom 24.11.2011 - 1 BvR 1457/11). Die bestehenden Regelungen zur Bestimmung des für die Elterngeldberechnung heranzuziehenden Bemessungszeitraums gestalten den der gesamten Elterngeldregelung zugrundeliegenden Gedanken konsequent aus (BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - ZfSH/SGB 2011, 537 RdNr 8). Gerade im Bereich der Familienförderung ist der Regelungsspielraum des Gesetzgebers weit (vgl BVerfGE 87, 1, 35 f; 103, 242, 260; vgl insgesamt jüngst BVerfG Beschlüsse der 2. Kammer des 1. Senats vom 20.4.2011 - 1 BvR 1811/08 - ZfSH/SGB 2011, 337 und vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - ZfSH/SGB 2011, 537 sowie vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214 RdNr 20). Bereits mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern in beachtlichem Umfang gefördert. Zu einer weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung innerhalb der Familie war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet (vgl BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - ZfSH/SGB 2011, 537 RdNr 9).

15

Dabei ist auch die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen anzuknüpfen, von legitimen Zwecken getragen (BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214 RdNr 20). Dass aufgrund der Ausgestaltung des Elterngeldes als Kompensationsleistung für geburtsbedingten Einkommensverlust Unterschiede in der Förderung zwischen Familien je nach dem vorgeburtlichen Einkommen der Eltern entstehen, ist noch verfassungskonform, auch weil Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen nicht ohne Förderung bleiben (BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214 RdNr 17). Damit stellt sich das Elterngeld auch nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind (vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - Juris, RdNr 38; Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 65).

16

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit


Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 2 Höhe des Elterngeldes


(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkomme

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Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 6. November 2017 wird als unzulässig verworfen.

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 31. August 2009 geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin drei Fünftel der außergerichtlichen Kosten für den ersten Rechtszug zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes der Klägerin, insbesondere über die Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Streikgeld bei der Leistungsbemessung.

2

Die Klägerin ist Angestellte im öffentlichen Dienst. Ihr Monatsgehalt betrug im Jahre 2006 regelmäßig 2381,13 Euro. Aufgrund einer Teilnahme der Klägerin an gewerkschaftlich organisierten Streikaktionen kürzte der Arbeitgeber deren Arbeitsentgelt in den Monaten März bis Juni 2006 um insgesamt 2323,37 Euro. Die Klägerin erhielt während dieser Zeit Streikgeld in Höhe von 1945,60 Euro. Für die Zeit ab Oktober 2006 führte sie einen Lohnsteuerklassenwechsel von V auf III durch.

3

Nach der Geburt ihrer Tochter F. am 6.2.2007 beantragte die Klägerin bei dem beklagten Landkreis die Gewährung von Elterngeld. Mit Bescheid vom 24.8.2007 bewilligte ihr dieser für den Zeitraum vom 6.2.2007 bis 5.2.2008 vorläufig Elterngeld in Höhe von monatlich 699,82 Euro unter Berücksichtigung eines in der Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 durchschnittlich erzielten Monatseinkommens in Höhe von 1044,51 Euro. Wegen der Anrechnung von Mutterschaftsgeld betrug der Auszahlungsbetrag im ersten Monat (6.2. bis 5.3.2007) 0,00 Euro und im zweiten (6.3. bis 5.4.2007) 45,14 Euro. Bei dieser Bewilligung wurde weder der Lohnsteuerklassenwechsel noch das erhaltene Streikgeld zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt.

4

Während des anschließenden Vorverfahrens korrigierte der Beklagte mit Bescheid vom 15.1.2008 die Leistungsbewilligung auf monatlich 695,54 Euro und forderte von der Klägerin 43,06 Euro zurück. Das zugrundeliegende monatliche Durchschnittseinkommen verringerte sich auf 1038,12 Euro. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin ebenfalls Widerspruch. Beide Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.1.2009 als unbegründet zurück.

5

Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Stade Klage erhoben. Sodann hat der Beklagte im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Beachtlichkeit eines Lohnsteuerklassenwechsels bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage für das Elterngeld (Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 3/08 R - BSGE 103, 284 = SozR 4-7837 § 2 Nr 1) der Klägerin durch "Teil-Abhilfebescheid" vom 14.7.2009 Elterngeld in Höhe von monatlich 768,99 Euro bewilligt. Dieser Entscheidung liegt ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1 147,74 Euro zugrunde. Nunmehr hat die Klägerin ihr Begehren darauf gerichtet, den Beklagten zu verurteilen, bei der Berechnung des Elterngeldes auch für die Monate März bis Juni 2006 das ungekürzte Arbeitsentgelt in Höhe von jeweils 2381,13 Euro brutto, hilfsweise neben dem gekürzten Arbeitsentgelt zusätzlich das für diesen Zeitraum in Höhe von 1945,60 Euro gezahlte Streikgeld, zugrunde zu legen und entsprechend höheres Elterngeld zu bewilligen.

6

Durch Urteil vom 31.8.2009 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 24.8.2007 und vom 15.1.2008 sowie des Widerspruchsbescheids vom 19.1.2009 und des Bescheids vom 14.7.2009 verpflichtet, der Klägerin auf den Antrag vom 7.5.2007 Elterngeld in gesetzlicher Höhe mit der Maßgabe zu gewähren, das von der Klägerin im Bemessungszeitraum bezogene Streikgeld als Einkommen bei der Ermittlung des maßgeblichen Durchschnittseinkommens zu berücksichtigen. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

7

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Beurteilung von Streikgeldern als einkommensteuerpflichtiges Einkommen ua ausgeführt: Das Streikgeld sei nach Sinn und Zweck des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) als Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a Einkommensteuergesetz (EStG) anzusehen und bei der Bemessung des Elterngeldes als Einkommen iS des § 2 Abs 1 BEEG zu berücksichtigen. Anderenfalls drohe ein sachlich nicht gerechtfertigter Eingriff in die grundrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit iS des Art 9 Abs 3 GG, da die Klägerin dann über den bei einer Streikmaßnahme hinzunehmenden Lohnausfall hinaus mit einem verringerten Elterngeld rechnen müsste, wenn der Streik in den für die Leistungsbemessung maßgeblichen Zeitraum falle; damit sei sie faktisch in der Ausübung ihres Streikrechts eingeschränkt. Weiterhin sei eine sachliche Rechtfertigung für einen möglichen Eingriff in den Schutzbereich des Art 9 Abs 3 GG nicht erkennbar, soweit die Klägerin einen Verstoß gegen ihre Teilnahmeverpflichtung am kollektiven Arbeitskampf angesichts der zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile bei der Elterngeldhöhe unter Umständen nur durch einen Austritt aus der Gewerkschaft verhindern könne.

8

Schließlich drohe eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 GG, wenn das Streikgeld bei der Bemessung des Elterngeldes nicht berücksichtigt würde: zum einen durch eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber der Vergleichsgruppe der nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers, die ebenfalls innerhalb von zwölf Monaten nach den Streikmaßnahmen Elterngeld beantragten und bei denen an Stelle des Streikgeldes der erhaltene Arbeitslohn berücksichtigt werde; zum anderen wäre die Klägerin als weibliches Gewerkschaftsmitglied gegenüber männlichen Gewerkschaftsmitgliedern benachteiligt, da statistisch zum überwiegenden Teil Frauen Elterngeld in Anspruch nähmen und diese die Folgen eines Streiks wesentlich härter träfen als männliche Gewerkschaftsmitglieder.

9

Soweit die Klägerin eine Berücksichtigung des Einkommens begehre, das sie ohne Streikmaßnahmen normalerweise in dem Zeitraum von März bis Juni 2006 erhalten hätte, könne sie damit nicht durchdringen, weil bei der Bemessung des Elterngeldes nur positive Einkünfte iS des § 2 Abs 1 EStG maßgeblich seien und ein fiktives Einkommen steuerrechtlich nicht relevant sein könne.

10

Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligten - mit Zustimmung des jeweiligen Gegners - die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Die Klägerin hat ihre Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat wieder zurückgenommen.

11

Der Beklagte macht insbesondere geltend: Streikgeld sei nach der Rechtsprechung des 10. Senats des BFH nicht als einkommensteuerpflichtige Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG anzusehen und damit bei der Bemessung des Elterngeldes nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des SG sei zur Sicherstellung von Verwaltungspraktikabilität und Rechtssicherheit allein an den steuerrechtlichen Begriff der Einkünfte anzuknüpfen, ohne dass eine eigenständige sozialrechtliche Beurteilung ausschlaggebend sei. Im Übrigen könnten die verfassungsrechtlichen Bedenken des SG nicht geteilt werden, da bei einer Teilnahme an einem Streik ohnehin sozialrechtliche Nachteile - zB durch verringerte Sozialversicherungsbeiträge - entstünden, die sich auf die Höhe späterer Renten- oder Arbeitslosengeldansprüche auswirken bzw den Wegfall des Unfallversicherungsschutzes bewirken könnten. Zudem wirke sich die Nichtberücksichtigung von Streikgeld bei der Bemessung des befristeten Elterngeldes eher gering aus.

12

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 31. August 2009 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

14

Sie ist der Auffassung: Das ihr während der Streikmaßnahmen gezahlte Streikgeld sei - gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG - als Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, um einen staatlichen Eingriff in den Schutzbereich des Art 9 Abs 3 GG iVm Art 3 Abs 1 GG zu vermeiden. Insoweit komme im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 2 Abs 7 Satz 5 bis 7 BEEG auch eine Verschiebung des Bemessungszeitraums um die von streikbedingten Entgeltkürzungen betroffenen Monate in die Vergangenheit in Betracht.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Beklagten ist zulässig und begründet.

16

1. Die Anfechtungsklage der Klägerin (§ 54 Abs 1 SGG) richtet sich nur noch gegen den Bescheid des Beklagten vom 14.7.2009, der die vorangegangenen Verwaltungsentscheidungen (Bescheide vom 24.8.2007 und 15.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.2009) durch eine vollständige Neuberechnung des Elterngeldes der Klägerin ersetzt hat (vgl § 96 SGG). Nachdem die Klägerin ihre Revision zurückgenommen hat, betrifft ihr mit der Anfechtungsklage verbundenes Leistungsbegehren (vgl § 54 Abs 4 SGG) lediglich die ihr erstinstanzlich zugesprochene Berücksichtigung des Streikgeldes bei der Bemessung des Elterngeldes.

17

2. Entgegen der Auffassung des SG ist auch die verbliebene Klage unbegründet. Die Klägerin hat wegen der in den Monaten März bis Juni 2006 gewährten Streikunterstützung keinen höheren Anspruch auf Elterngeld, als ihr vom Beklagten durch den zuletzt maßgeblichen Bescheid vom 14.7.2009 bewilligt worden ist.

18

a) Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Ob im Fall der Klägerin sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG erfüllt sind, vermag der Senat anhand der Tatsachenfeststellungen des SG nicht zu beurteilen. Das ist hier unschädlich, weil die Klägerin jedenfalls kein höheres Elterngeld beanspruchen kann.

19

b) Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.

20

           

aa) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 6.2.2007) erstreckt sich hier zunächst von Februar 2006 bis Januar 2007. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Anfügung des Satzes 7 durch Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61, erfolgte mit Wirkung vom 24.1.2009 und ist deshalb hier unbeachtlich):

        

Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

21

Da die Klägerin ab Dezember 2006 wegen der bevorstehenden Geburt Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleiben danach die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt, so dass in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum von Dezember 2005 bis November 2006 abgestellt worden ist. Im Übrigen sind die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG offensichtlich nicht einschlägig.

22

Die bei unklarem oder nicht eindeutigem Wortlaut zur Auslegung gesetzlicher Bestimmungen heranzuziehenden Gesichtspunkte des Bedeutungszusammenhanges, der Regelungsabsicht, des Sinnes und Zweckes des Gesetzes, der Gesetzesentwicklung oder des Gebotes einer verfassungskonformen Auslegung - letztere begehrt die Klägerin - sind hier nicht zu erörtern, denn der eindeutige Wortsinn einer gesetzlichen Vorschrift ist die Grenze jeder Auslegung (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 143 mwN, s Bundesverfassungsgericht , BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81). Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht möglich.

23

Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auf den Fall der Klägerin lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen. Es fehlt an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes. Der Senat hat bereits zu der Nichtberücksichtigung der Elternzeit für ein älteres Kind ohne Elterngeldbezug entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 31-34). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen eines Streiks nicht lückenhaft. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich vielmehr, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen" nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 Satz 2 und 3 BEEG-Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).

24

bb) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 Satz 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbstständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbstständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.

25

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist die von der Klägerin erhaltene Streikunterstützung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG. Sie fällt nach Auffassung des Senats insbesondere nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG; sie ist weder Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG noch eine Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG.

26

aaa) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Zwar enthält auch § 19 Abs 1 EStG keine abstrakt generelle Definition des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern nur eine beispielhafte Umschreibung der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG. Daraus ist indes zu erschließen, dass jedenfalls alle Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfasst sind, die durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst sind. Alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis sind daher Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28 mwN; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 9. Aufl 2010, § 19 RdNr 13, 15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 19 RdNr 16, 17). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH müssen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG im weitesten Sinne Gegenleistungscharakter aufweisen, also "für eine Beschäftigung" gewährt werden bzw als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sein(jüngst BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN; vgl auch BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250). Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist, und nicht danach, wer die Zahlung vorgenommen hat. Denn es können auch Bar- oder Sachzuwendungen Dritter Arbeitslohn darstellen, soweit sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250; BFH Urteil vom 5.7.1996 - VI R 10/96 - BFHE 180, 441, 442).

27

Nach diesen Maßgaben ist eine Streikunterstützung nicht als Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Nr 1 EStG zu werten, da sie auch im weitesten Sinn keinen Gegenleistungscharakter für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hat; sie beruht nicht auf dem Vertragsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, sondern auf der Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der Gewerkschaft und wird zur Durchführung eines Streiks gerade nicht im Interesse des Arbeitgebers gewährt (vgl BFH Urteil vom 24.10.1990 - X R 161/88 - BFHE 162, 329, 332; so schon BSG Urteil vom 9.7.1963 - 9 RV 1114/59 - BSGE 19, 230, 236 = SozR Nr 9 zu § 32 BVG).

28

bbb) Der Senat teilt nicht die Auffassung des SG, dass die von der Klägerin erhaltene Streikunterstützung als Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG zuzuordnen ist.

29

Nach § 24 Nr 1 Buchst a EStG gehören zu den Einkünften iS des § 2 Abs 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind. Die Vorschrift betrifft alle Einkunftsarten iS des § 2 Abs 1 EStG und beinhaltet - wie sich aus dem Wort "auch" in § 24 EStG ergibt - keine neue Gruppe von steuerpflichtigen Einnahmen(vgl etwa BFH Urteil vom 16.10.2002 - XI R 71/00 - BFHE 200, 544 - juris RdNr 15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 24 RdNr 2 mwN; BSG Urteil vom 9.10.2007 - B 5b/8 KN 1/06 KR R - SozR 4-2500 § 10 Nr 8 RdNr 17; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 2/05 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 6 juris RdNr 13). Entschädigungen für Arbeitnehmer sind dann als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG anzusehen, wenn sie geleistet werden für ausgefallenen Arbeitslohn iS des § 19 EStG, der - sein Zufluss unterstellt - ebenfalls unter diese Einkunftsart zu subsumieren wäre(zur Einordnung der Einkünfte nach § 24 EStG als nichtselbstständige Einkunftsart vgl BFH Urteil vom 16.10.2002 - XI R 71/00 - BFHE 200, 544, 546; BSG Urteil vom 9.10.2007 - B 5b/8 KN 1/06 KR R - SozR 4-2500 § 10 Nr 8 RdNr 17; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 2/05 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 6 RdNr 13).

30

Eine am Wortsinn orientierte Auslegung des Begriffs der Entschädigung iS des § 24 EStG - als Ausgleichsleistung für einen Schaden bzw für den Verlust von Rechten - legt es an sich nahe, eine von der Gewerkschaft gezahlte Streikunterstützung als Leistung für den streikbedingten Verlust des Lohnanspruchs gegenüber dem Arbeitgeber(§ 326 Abs 1 Halbs 1, § 275 Abs 1 BGB iVm § 611 Abs 1 BGB; vgl hierzu auch Beschluss des großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 21.4.1971 - GS 1/68 - BAGE 23, 292) anzusehen. Die Streikunterstützung tritt aus Sicht des Arbeitnehmers objektiv an die Stelle des entfallenen Arbeitslohns (Lohnsurrogat). Wie bei der Zahlung von Arbeitslohn (vgl § 38 Abs 1 Satz 3 EStG) ist hierbei unerheblich, dass eine Entschädigung iS des § 24 EStG nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten - regelmäßig dem Schadensverursacher - gezahlt wird(vgl BFH Urteil vom 30.3.1982 - III R 150/80 - BFHE 135, 488, 492).

31

Nach § 24 Nr 1 Buchst a EStG muss die von der Entschädigung betroffene Einnahme jedoch zusätzlich "entgangen" sein. Dementsprechend fällt nach der Rechtsprechung des BFH eine im Einverständnis mit dem Berechtigten "weggefallene" Einnahme nicht unter diese Vorschrift (vgl etwa Urteil vom 11.12.1970 - VI R 218/66 - BFHE 101, 98). Ein zunächst enges Verständnis des unfreiwilligen Einnahmenverzichts (Verlustes) des Steuerpflichtigen "gegen oder ohne seinen Willen" (BFH, aaO) hat der BFH später zur Erfassung des Steuergegenstands dahingehend präzisiert, dass eine Entschädigung für eine entgangene Einnahme iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG nur dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige, der den Ausfall der Einnahmen mit verursacht hat, dabei unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt hat(stRspr seit 1978, vgl BFH Urteil vom 20.7.1978 - IV R 43/74 - BFHE 125, 271, 275 ff). Er darf das schadensstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben (BFH Urteil vom 13.8.2003 - XI R 18/02 - BFHE 203, 420, 422 mwN; vgl auch BVerfG Beschluss vom 7.7.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 52 BvL 57/06, 2 BvL 52 BvL 58/06 - juris RdNr 77).

32

Diese Auslegung beruht auf dem Bedeutungszusammenhang (vgl zu diesem Auslegungskriterium Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 310 ff) des § 24 EStG mit § 34 Abs 1, Abs 2 Nr 2 EStG, nach dem bei einer Entschädigung iS des § 24 EStG eine Steuerermäßigung gerechtfertigt ist, aber nur in denjenigen Fällen, in denen sich der Steuerpflichtige in einer Zwangssituation befindet und sich dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht entziehen kann(vgl etwa BFH Urteil vom 14.12.2004 - XI R 12/04 - juris RdNr 17 mwN). Insoweit ist maßgeblich, welcher Sphäre das schadensstiftende Ereignis zuzuordnen ist. Eine Zwangslage des Steuerpflichtigen fehlt auch, wenn dieser in seiner Sphäre freiwillig eine Ursachenkette in Gang setzt, die ihm später keinen Entscheidungsspielraum mehr belässt; die Entwicklung der Ursachenkette muss sich allerdings in einem überschaubaren Rahmen halten. Der Ursachenzusammenhang wird nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung unterbrochen bei Ereignissen, mit denen der Steuerpflichtige nicht rechnen konnte und die für ihn außerhalb seiner Vorstellung lagen (BFH Urteil vom 12.12.2001 - XI R 38/00 - juris RdNr 10).

33

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben schließt sich der erkennende Senat der geltenden Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24.10.1990 - X R 161/88 - BFHE 162, 329, 332-334) an, nach der Streikunterstützungen nicht als Entschädigung iS des § 24 Abs 1 Buchst a EStG anzusehen sind. Denn der mögliche Lohnausfall bei einem Streik hat seine Ursache in dem freiwilligen Eintritt des Betroffenen in die Gewerkschaft, durch den er sich deren satzungsmäßigen Bestimmungen unterwirft; die Ursache für das schadensstiftende Ereignis liegt in seiner Sphäre. Auch wenn die Durchführung der Arbeitskampfmaßnahme Streik satzungsgemäß weitere Schritte voraussetzt (Urabstimmung, Beschluss des Gewerkschaftsvorstandes etc.), muss das Gewerkschaftsmitglied bei bevorstehenden Tarifverhandlungen stets damit rechnen, im Falle des Arbeitskampfes wegen der Teilnahme an Streikmaßnahmen auf möglichen Arbeitslohn verzichten zu müssen (vgl BFH Urteil vom 24.10.1990 - X R 161/88 - BFHE 162, 329, 334); das schadensstiftende Ereignis Streik liegt damit nicht außerhalb seiner Vorstellung.

34

Demgegenüber überzeugen die Entscheidungen des 6. Senats des BFH aus dem Jahr 1970 (Urteil vom 30.10.1970 - VI R 273/67 - BFHE 100, 504) und des 3. Senats aus dem Jahr 1982 (Urteil vom 30.3.1982 - III R 150/80 - BFHE 135, 488), auf die sich das SG gestützt hat, den Senat nicht. Denn sie würdigen bei der Auslegung des Begriffes der "entgangenen" Einnahme iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG die Entwicklung der Rechtsprechung des BFH seit 1978(siehe oben BFH Urteil vom 20.7.1978 - IV R 43/74 - BFHE 125, 271) zum Bedeutungszusammenhang zwischen § 24 EStG und der Tarifermäßigung nach § 34 Abs 1, Abs 2 Nr 2 EStG, die ein "außerordentliches" Schadensereignis erfordert, nicht hinreichend. Dies gilt insbesondere für die zum damaligen Zeitpunkt bereits nicht mit der herrschenden Meinung im Schrifttum übereinstimmende Entscheidung des BFH vom 30.3.1982 - III R 150/80 - (BFHE 135, 488, 490 mwN), in deren Gründen dieser Rechtsprechungswandel zwar angesprochen worden ist, aber die dahinterstehenden Erwägungen zum Bedeutungszusammenhang des § 24 EStG mit § 34 Abs 1, Abs 2 Nr 2 EStG keinerlei Erwähnung finden(vgl BFH, aaO, 493 f). Sie stellt zu formal auf das Begriffspaar der Freiwilligkeit und der Unfreiwilligkeit des Betroffenen zum Zeitpunkt des Zuflusses der Ersatzleistung ab, ohne mögliche Ursachen für die entgangenen Einnahmen iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG in dessen Sphäre (iS einer freiwillig in Gang gesetzten Ursachenkette) hinreichend zu berücksichtigen. Die seit mehr als 20 Jahren geltende und den Senat überzeugende neuere Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24.10.1990 - X R 161/88 - BFHE 162, 329) war zwar in der einkommensteuerrechtlichen Literatur nicht unumstritten (vgl ua Dziadkowski, BB 1991, 2195 ff; Knobbe-Keuk, DB 1992 Beilage Nr 6; Paus, DStZ 1991, 214 ff; Schmidt, DB 1991, 1699 ff). Gleichwohl hat der Gesetzgeber - soweit die bisherige Praxis seinem Willen nicht entsprechen sollte - bis heute keine Veranlassung gesehen, eine abweichende steuerrechtliche Behandlung von Streikunterstützungen zu bestimmen (vgl auch Dau, in juris-PR-SozR 1/2010 Anm 5).

35

Anders als das SG sieht der erkennende Senat keinen Spielraum für eine sozialrechtliche Bewertung der Frage, ob Streikgeld als Entschädigung iS des § 24 Abs 1 Buchst a EStG und damit als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG anzusehen ist. Die älteren dazu ergangenen Entscheidungen des 3. und 6. Senats des BFH sind durch die überzeugende neuere Rechtsprechung des insoweit allein zuständig gewordenen 10. Senats dieses Gerichts überholt. Die Maßgaben in § 2 Abs 7 BEEG(vgl § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG) eröffnen ebenfalls keine Möglichkeit für eine abweichende Beurteilung.

36

cc) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin mit Bescheid vom 14.7.2009 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von Dezember 2005 bis November 2006 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin ein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 1147,74 Euro ermittelt und daraus den monatlichen Elterngeldanspruch der Klägerin von 768,99 Euro abgeleitet hat.

37

3. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG.

38

a) Der Senat hält daran fest, dass das BEEG im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG wirksam erlassen worden ist (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff mwN; Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2712/09). Dabei versteht er den in Art 74 Abs 1 Nr 7 GG verwendeten Begriff der öffentlichen Fürsorge in einem weiten Sinne. Das Elterngeld wird davon umfasst, weil es dazu beitragen soll, die Lebensgrundlagen junger Familien zu sichern und diese vor dem Eintritt einer finanziellen Bedarfslage zu bewahren (vgl BSG aaO RdNr 39; siehe allgemein dazu auch Degenhart in Sachs, GG, 2009, Art 74 RdNr 35 mwN). Bemerkenswert ist insoweit, dass das BVerfG auch die Regelung in § 90 SGB VIII über die Staffelung von Kindergartenbeiträgen nach dem Familieneinkommen dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG zugeordnet hat(vgl BVerfGE 97, 332, 341 f).

39

Ebenso wenig vermag der Senat dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG eine mangelnde Kompetenz des Bundes zur Einführung steuerfinanzierter Einkommensersatzleistungen zu entnehmen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ausgestaltung der Leistung einem weit verstandenen Begriff der öffentlichen Fürsorge entspricht. Das ist beim Elterngeld der Fall. Die Orientierung an Bedarfslagen zeigt sich insbesondere an dem Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG), der Begünstigung von Geringverdienern (§ 2 Abs 2 BEEG) und Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG), dem "Geschwisterbonus" (§ 2 Abs 4 BEEG) sowie der Festlegung eines Höchstbetrages von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG).

40

In den Genuss des Höchstbetrages kommen Bezieher ab einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von rund 2700 Euro. Selbst dieser Betrag ist kein hohes Erwerbseinkommen, sondern wird von vielen Arbeitnehmern der mittleren Bildungsebene - unter Umständen mit steuerpflichtigen Mehrarbeitszuschlägen - erreicht (vgl Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2010, S 535 über die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste im Jahr 2009, ua in der Leistungsgruppe 3 - Fachkräfte -, siehe S 531). Das Elterngeld fördert damit schwerpunktmäßig Erziehende, die im Bemessungszeitraum kleinere bis mittlere Einkommen erzielt haben. Diese Einschätzung wird erhärtet durch die Zahlen über die Höhe des Elterngeldes von Personen, die in der Zeit von Januar 2007 bis Juni 2008 einen Antrag gestellt haben. Von allen Leistungsbeziehern erhielten 53,4 % ein Elterngeld von 300 bis 500 Euro, 28,4 % von 500 bis unter 1000 Euro, 11,4 % von 1000 bis unter 1500 Euro und 6,8 % von 1500 bis 1800 Euro (siehe Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG sowie über die ggf notwendige Weiterentwicklung, BT-Drucks 16/10770 S 12 Tabelle 3).

41

Schließlich bleibt der Senat auch bei seiner Beurteilung, dass dem Gesetzgebungsrecht des Bundes Art 72 Abs 2 GG nicht entgegensteht (vgl BSG aaO RdNr 40). Für das BEEG ist die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zu bejahen.

42

b) Durch § 2 Abs 1 und 7 BEEG wird Art 9 Abs 3 GG nicht verletzt. In den Schutzbereich des Grundrechts auf Koalitionsfreiheit greifen diese Vorschriften nicht ein.

43

aa) Art 9 Abs 3 GG ist in erster Linie ein Freiheitsrecht. Es gewährleistet für jedermann und für alle Berufe das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Koalitionen zu bilden. Das Grundrecht schützt die Freiheit des Einzelnen, eine derartige Vereinigung zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben. Außerdem schützt es die Koalitionen in ihrem Bestand und ihrer organisatorischen Ausgestaltung sowie solche Betätigungen, die darauf gerichtet sind, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern (vgl BVerfGE 84, 212, 224 mwN; vgl auch Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 9 RdNr 36 f).

44

Das Grundrecht garantiert das Recht, durch spezifisch koalitionsmäßige Betätigung die in Art 9 Abs 3 GG genannten Zwecke zu verfolgen (BVerfGE 50, 290, 367; 100, 271, 282; 103, 293, 304; 116, 202, 219). Zu den geschützten Tätigkeiten gehört auch ein Streik, der auf den Abschluss eines Tarifvertrages gerichtet ist (BVerfGE 92, 365, 393; ähnlich BVerfGE 88, 103, 114). Von der individuellen Koalitionsfreiheit ist auch die Teilnahme der Arbeitnehmer an der geschützten Tätigkeit umfasst (BVerfGE 51, 77, 87 f; vgl Jarass, aaO, Art 9 RdNr 36, 40).

45

bb) Die Nichtberücksichtigung von Streikunterstützungen bei der Berechnung des Elterngeldes nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG stellt keinen Eingriff in den Schutzbereich des Art 9 Abs 3 GG dar, und zwar weder hinsichtlich der individuellen noch in Bezug auf die kollektive Koalitionsfreiheit.

46

Jede Regelung des durch Art 9 Abs 3 GG geschützten Verhaltens durch den Staat beeinträchtigt das Grundrecht. Bei Arbeitskämpfen ist dies der Fall, wenn der Staat zugunsten einer Seite interveniert, also im Sinne eines klassischen Eingriffs unmittelbar und gezielt (final) die grundrechtliche Freiheit einschränkt (vgl zum Begriff des klassischen Grundrechtseingriffs BVerfGE 105, 279, 299 f). Auch mittelbare Behinderungen können bei entsprechendem Gewicht einen Eingriff in den Schutzbereich des Art 9 Abs 3 GG darstellen (vgl insg Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 9 RdNr 45 mwN). Einwirkungen mittelbarer Art stellen aber nur dann eine Grundrechtsbeeinträchtigung dar, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen klassischen Eingriffen gleichkommen (BVerwGE 116, 202, 222; 105, 252, 273; 110, 177, 191) und damit die Eingriffsschwelle überschreiten. Diese Schwelle ist regelmäßig überschritten, wenn die Maßnahme die belastende Wirkung bezweckt (BVerwGE 71, 183, 193 f; 90, 112, 121 f). Demgegenüber fehlt es an einem Eingriff, wenn mittelbare Folgen bloße Reflexe einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen Regelung sind (BVerfGE 116, 202, 222).

47

aaa) Nach diesen Maßgaben wird durch § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht in die individuelle Koalitionsfreiheit der Gewerkschaftsmitglieder nach Art 9 Abs 3 GG eingegriffen. Gemäß § 2 Abs 1 BEEG wird bei der Ermittlung des Elterngeldes allein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG leistungserhöhend berücksichtigt. Einkommenseinbußen werden nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG ausgeglichen.

48

Dabei fehlt es an einem klassischen - also unmittelbaren und gezielten - Eingriff in das durch Art 9 Abs 3 GG geschützte Recht des Gewerkschaftsmitglieds auf Teilnahme an der Arbeitskampfmaßnahme. Dieses wird durch eine Regelung zur Bemessung des Elterngeldes jedenfalls nicht direkt an der Wahrnehmung seiner gewerkschaftlichen Rechte gehindert.

49

Auch ein mittelbarer Eingriff in dieses Grundrecht liegt nicht vor. Wenngleich die nachteiligen (mittelbaren) Folgen aus § 2 Abs 1 und 7 BEEG für Personen, die im Bemessungszeitraum an einem Streik teilgenommen haben, durch das SG aufgezeigt worden sind, erreichen diese Auswirkungen nach Auffassung des Senats nicht die Qualität, die erforderlich ist, um sie mit klassischen Grundrechtseingriffen gleichzusetzen. Dem § 2 Abs 1 BEEG ist keine Zielrichtung zu entnehmen, dass dadurch Gewerkschaftsmitglieder von der Teilnahme an Arbeitskampfmaßnahmen abgehalten werden sollen; es fehlt an einer bezweckten Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art 9 Abs 3 GG. Vielmehr werden alle Einbußen an Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG (zB aufgrund Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit oder auch wegen einer Streikteilnahme) unabhängig von der Erwerbsform (zB durch selbstständige, nichtselbstständige Arbeit etc) gleich behandelt. Die im Einzelfall möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die Höhe des Elterngeldes sind ein bloßer Reflex der allgemeinen Berechnungsvorschrift des § 2 Abs 1 BEEG.

50

bbb) Entsprechendes gilt für das durch Art 9 Abs 3 GG geschützte Recht von Arbeitnehmervereinigungen, Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen. Der Staat greift durch die allgemein ausgerichtete Regelung in § 2 Abs 1 und 7 BEEG weder unmittelbar noch mittelbar in deren kollektive Koalitionsfreiheit ein, auch wenn wegen eines bevorstehenden Elterngeldbezugs und der nachteiligen Folgen von streikbedingten Arbeitsentgelteinbußen der Austritt einzelner Mitglieder aus der Gewerkschaft oder deren Weigerung, an Arbeitskampfmaßnahmen teilzunehmen, drohen könnte. Der Staat interveniert nicht zielgerichtet zugunsten einer Seite, hier etwa der Koalition der Arbeitgeber.

51

c) Entgegen der Auffassung des SG liegt keine Verletzung des besonderen Gleichbehandlungsgebots in Art 3 Abs 2 GG oder des Benachteiligungsverbots in Art 3 Abs 3 GG dadurch vor, dass weibliche Gewerkschaftsmitglieder durch eine Streikteilnahme häufiger Nachteile bei der Elterngeldberechnung nach § 2 Abs 1 BEEG erleiden als männliche Gewerkschaftsmitglieder.

52

Im Hinblick auf das dahinter stehende Argument, dass zum überwiegenden Teil Frauen Elterngeld in Anspruch nehmen, sind die Schutzbereiche der genannten Grundrechte - wie der Senat bereits entschieden hat (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 44-46) - nicht betroffen. Dass eine für die Berechtigten ungünstige leistungsrechtliche Vorschrift tatsächlich überwiegend Frauen trifft, genügt nicht, um eine allgemein und geschlechtsneutral formulierte Regelung wie § 2 Abs 1 BEEG als "wahrscheinlich geschlechtsbedingt" iS einer mittelbaren Diskriminierung anzusehen(vgl BSG aaO).

53

d) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach der Bezug von Streikunterstützungen, die an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts getreten sind, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt wird.

54

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarras in Jarras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

55

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.

56

Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei der Klägerin - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (aa). Dabei durfte der Bemessungszeitraum grundsätzlich auf 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes beschränkt werden, was zu einer Benachteiligung von Personen führt, die nur für weiter zurückliegende Zeiträume ein volles Arbeitsentgelt vorweisen können (bb). Speziell ist es gerechtfertigt, dass die Klägerin als Bezieherin von Streikgeld ungünstiger behandelt wird als Berechtigte, die im Bemessungszeitraum ungekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben oder bei denen in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes liegende Arbeitsentgeltausfälle gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (cc). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in der betreffenden Zeit Sozialleistungen, insbesondere solche zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII, erhalten haben (dd).

57

aa) Durch das BEEG hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel gegenüber dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vorgenommen. Während das Erziehungsgeld eine von der Bedürftigkeit der antragstellenden Person abhängige Leistung (§ 4 Abs 1 BErzGG, § 5 Abs 3 BErzGG)mit pauschaler, begrenzter Höhe (nach § 5 Abs 1 BErzGG monatlich 450 bzw 300 Euro)war, ist das Elterngeld über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus von 75 Euro hinaus als Leistung ausgestaltet, die das vor der Geburt liegende Erwerbseinkommen des Berechtigten bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 BEEG) ersetzt (vgl BSG Urteile vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19, und vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 55; siehe allgemein auch Pauli in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG Komm, § 2 BEEG RdNr 2; Jung SGb 2007, 449; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 31, 33). Dabei kommt den Basisbeträgen ersichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl Fuchsloch/Scheiwe, aaO RdNr 43), was durch die Erhöhung um je 300 Euro bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG) untermauert wird. Hinsichtlich der darüber hinaus möglichen Leistungshöhe, die sich nach dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff).

58

aaa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel.

59

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2).

60

Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), ist das Differenzierungsziel insbesondere unter Berücksichtigung einer Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl hierzu etwa BVerfG Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BVerfGE 99, 216, 234), einer Steigerung der Geburtenrate und einer (teilweisen) Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens legitim. Es sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen.

61

(1) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von Alleinverdienerehen gegenüber Doppelverdienerehen, bei denen die Berechtigten durch die Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG regelmäßig höhere Leistungsansprüche erzielen(vgl hierzu auch Weilert, DVBl 2010, 164, 166).

62

Art 6 Abs 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob eine Ehefrau sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will; eine Einwirkung des Gesetzgebers dahin, die Ehefrau "ins Haus zurückzuführen", wäre deshalb auch wegen eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 GG verfassungswidrig (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Gleiches gilt, wenn der Ehemann durch eine gesetzliche Regelung in seiner Entscheidungsfreiheit hinsichtlich einer eigenen Erwerbstätigkeit beeinträchtigt wird, weil oder solange seine Ehefrau erwerbstätig ist. Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe" ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Diese Grundsätze gelten insbesondere für die Eingriffsverwaltung, etwa im Steuerrecht (vgl BVerfGE 107, 27, 53 ff). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über einen großen Gestaltungsspielraum - Art und Maß bestimmt er in politischer Verantwortung. Wegen des Freiheitsprinzips des GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen, neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst noch zur Bewährung ansteht (vgl Di Fabio, NJW 2003, 993, 997).

63

Nach Auffassung des Senats hat die Förderung durch das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht die Intensität, dass durch die größere Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Alleinverdienerehen in den Schutzbereich des Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG eingegriffen wird(so auch Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; Weilert DVBl 2010, 164, 166). Die befristete Förderleistung berührt nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit von Eheleuten hinsichtlich ihrer innerfamiliären Aufgabenverteilung. Finanzielle Anreize - wie jede Form einer umfassenderen Förderung - können zwar stets eine überschießende Einflussnahme mit sich bringen. Das Elterngeld übt jedoch weder einen auch nur mittelbaren Zwang zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus noch nimmt es derart Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet es vielen Eltern erst die Alternative, mit geringeren wirtschaftlichen Zwängen eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu wagen (vgl auch Becker aaO).

64

(2) Ein Differenzierungsverbot lässt sich auch nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273; 29, 221, 235). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entschließung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - juris RdNr 15).

65

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden, selbst wenn das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Besserverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte. Auch insoweit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind.

66

bbb) Der Gesetzgeber hat für die Bemessung der Elterngeldhöhe mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt.

67

Zur Erreichung seines Differenzierungszieles hat der Gesetzgeber das Elterngeld als progressive (durch einen Höchstbetrag) begrenzte Leistung nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 7 BEEG in formaler Anknüpfung an das bis zur Geburt des Kindes erzielte Erwerbseinkommen ausgestaltet(vgl BT-Drucks 16/1889 S 15). Dabei hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff den Vorzug gegeben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37; s dazu auch BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 3 RdNr 19 ff).

68

Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl hierzu jüngst BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen (vgl zur Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 18-20; zum BErzGG BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 3/97 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 16 S 93) und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen. Mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG knüpft er insoweit sachbezogen an das Differenzierungsziel an, gerade Erwerbstätigen die größten Anreize zur Entscheidung für ein Kind zu bieten und höhere Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen. Um nach seiner Auffassung die Gesetzesziele am zweckmäßigsten zu erreichen, durfte er auch den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach sozial- oder steuerrechtlichen Vorgaben ausrichten, wie dies im Gesetzgebungsverfahren geschehen ist (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass es gemessen an dem Sinn und Zweck des Elterngeldes in seiner Funktion, einen Ausgleich für die Einkommenseinbußen durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung in dem ersten Lebensjahr des Kindes zu bieten, grundsätzlich sachgerecht ist, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die Summe der positiven Einkünfte ua aus nicht selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG verweist(vgl Urteil aaO RdNr 39). Auch das BErzGG hatte bereits im Rahmen der Ermittlung der Einkommensgrenzen (§ 5 Abs 3, § 6 Abs 1 Satz 1 BErzGG) auf "die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG" abgestellt.

69

ccc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen der Berechtigten anzuknüpfen, ist nicht nur frei von Willkür. Sie hält nach Auffassung des Senats auch - zunächst nur allgemein betrachtet - einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stand.

70

Zwar kann ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in einer Systemwidrigkeit, also einer Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", liegen (vgl BVerfGE 34, 103, 115 mwN; stRspr). Ein Systemwechsel, wie ihn der Gesetzgeber beim Übergang vom BErzGG zum BEEG vollzogen hat, bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt. Art 3 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber insoweit nicht, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn das Elterngeld zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen gehört, die sich ansonsten weitestgehend an der Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren, ist es damit nicht Teil eines feststehenden Systems, das für eine bestimmte, durch ein gesondertes Gesetz vorgesehene Leistung keine andere Ausrichtung, hier im Sinne eines Ersatzes von entfallendem Erwerbseinkommen, zuließe.

71

Das im BEEG vorgesehene Bemessungskriterium ist zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks geeignet (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 - BVerfGE 96, 10, 23), mit dem Elterngeld einen Ausgleich für Einkommenseinbußen zu gewähren, die mit der Entscheidung für das Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Je höher das Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes ist, desto eher wird ein Elternteil zur Unterbrechung oder Einschränkung der Berufstätigkeit zwecks Kindererziehung ermutigt, wenn sich das Elterngeld an der bisherigen Einkommenshöhe orientiert.

72

Auch die Erforderlichkeit dieses Bemessungskriteriums ist zu bejahen, da keine gleichermaßen geeigneten Alternativen ersichtlich sind, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere wäre eine stärkere Förderung von Personen, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht möglich gewesen.

73

Schließlich ist es auch als angemessen anzusehen, dass für die Höhe des Elterngeldes - soweit es die Basisbeträge übersteigt - das zuvor erzielte Erwerbseinkommen maßgebend ist. Die sich dabei ergebenden Ungleichbehandlungen sind Folge des zulässigen Gesetzeszwecks. Sie spiegeln die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes und damit die mit der Entscheidung für die Kindererziehung verbundenen Einbußen bei den Einkünften aus der bisherigen Erwerbstätigkeit wider.

74

bb) Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG bemisst sich das Elterngeld nach dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das von dem Berechtigten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt worden ist. Bei Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit wird von diesem Zeitraum - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG(der mit Wirkung vom 24.1.2009 angefügte Satz 7 ist hier weder anwendbar noch seinem Inhalt nach einschlägig) abgewichen. Personen, die diese Ausnahmetatbestände nicht erfüllen, können mithin, soweit sie im Bemessungszeitraum kein oder - wie die Klägerin - nur ein gekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben, nicht auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Kalendermonate mit (höherem) Erwerbseinkommen zurückgreifen. Diese Benachteiligung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 53 ff).

75

aaa) Mit der grundsätzlichen Beschränkung des Bemessungszeitraums auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verfolgt der Gesetzgeber ein zulässiges Differenzierungsziel. Er möchte den vorgesehenen Einkommensersatz auf die aktuellen Verhältnisse vor der Geburt ausrichten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20) und damit - ersichtlich - eine größtmögliche Anreizwirkung in Richtung auf eine Entscheidung für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten des Kindes und dessen Betreuung erzielen. Dieser Ausrichtung des Elterngeldes steht insbesondere kein verfassungsrechtliches Verbot aus Art 6 Abs 1 GG entgegen.

76

Zwar mag es zutreffen, dass durch einen auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes begrenzten Bemessungszeitraum die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe mittelbar etwas stärker beeinflusst werden kann als bei einem weiter gefassten Bemessungszeitraum. Darin liegt jedoch noch kein relevanter Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG. Das Gesetz legt nur die tatsächlichen Erwerbsverhältnisse der Ehegatten in dem Jahr vor der Geburt des Kindes zugrunde. Weiter zurückliegende Entscheidungen betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe muss er im Rahmen der Elterngeldbemessung ebenso wenig berücksichtigen wie zukünftige Pläne der Ehegatten hinsichtlich der jeweiligen Erwerbstätigkeit.

77

bbb) Der 12-monatige Bemessungszeitraum stellt auch ein zulässiges Differenzierungskriterium dar. Verfassungsrechtliche Verbote sind insoweit nicht ersichtlich. Die einschlägigen Regelungen des BEEG erscheinen dem erkennenden Senat in Ansehung des gesetzgeberischen Zieles auch als verhältnismäßig.

78

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein grundsätzlich auf 12 Kalendermonate begrenzter Bemessungszeitraum die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes am besten abbildet (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Wie bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (vgl § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV) ist Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG die sog Bezugs- und Referenzmethode(vgl hierzu auch Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 juris RdNr 35; bereits BSG Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 105/63 - BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSG Urteil vom 22.2.1972 - 3 RK 85/69 - BSGE 34, 79 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 19/05 R - BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 21 ff), nach der unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt. Dabei hat der Gesetzgeber - auch in Ansehung des befristeten Bezugszeitraums des Elterngeldes von bis zu 14 Monaten (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG; zur Möglichkeit einer Verlängerung auf maximal 28 Monate durch Halbierung des Auszahlungsbetrages vgl § 6 Satz 2 BEEG) - einen geeigneten Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten vor der Geburt gewählt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG). Das Ende des Bemessungszeitraums knüpft damit an das ausgleichsberechtigende Ereignis an und trägt dem Erfordernis Rechnung, den voraussichtlichen betreuungsbedingten Einkommensausfall des Elternteils einfach und nachvollziehbar zu bestimmen (vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 35).

79

Die Ausgestaltung des Bemessungszeitraums erscheint auch als erforderliches Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks. Andere Lösungen hätten entweder mehr finanzielle Mittel bzw einen größeren Verwaltungsaufwand beansprucht oder das verfolgte Ziel wäre verfehlt worden. Insbesondere hätte eine Berücksichtigung weit zurückliegender Erwerbsverhältnisse des Berechtigten die beabsichtigte Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes vernachlässigt.

80

Schließlich erachtet der Senat die einschlägige gesetzliche Regelung, soweit es den grundsätzlichen Bemessungszeitraum anbelangt, auch nicht als unangemessen. Die durch die zeitliche Begrenzung des Bemessungszeitraums verursachte Ungleichbehandlung zwischen berechtigten Personen ist sachlich gerechtfertigt. Die voneinander abweichenden Einkommensverhältnisse der Betroffenen im Zeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes legen in Ansehung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes eine entsprechend differenzierte Behandlung nahe.

81

cc) Da das Streikgeld gemäß § 2 Abs 1 und 7 Satz 1 bis 4 BEEG iVm dem Einkommenssteuerrecht nicht als Arbeitsentgelt anzusehen ist, wird die Klägerin bei der Bemessung des Elterngeldes ungünstiger behandelt als Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums kein Streikgeld, sondern ungekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben. Darüber hinaus bleiben die Kalendermonate mit Streikgeldbezug bei der Bestimmung der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden 12 Kalendermonate auch nicht unberücksichtigt, so dass bei der Klägerin, anders als bei Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG erfüllen, nicht auf weiter zurückliegende Kalendermonate zurückgegriffen werden kann, in denen sie wahrscheinlich ein ungekürztes Arbeitsentgelt vorweisen kann. Die darin liegende Benachteiligung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

82

aaa) Der Gesetzgeber war im Rahmen seiner zulässigen Zielsetzung, einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen zu schaffen, von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Streikgeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Streikgeld unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass es gerade ausgefallenes Arbeitsentgelt ersetzen soll. Der Ausschluss von Streikgeld (und anderer "Lohnersatzleistungen") bei der Leistungsbemessung stellt insoweit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks dar. Diese gesetzliche Maßnahme ist auch als erforderlich anzusehen, weil gleichermaßen geeignete Alternativen nicht erkennbar sind. Eine Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in die Bemessung des Elterngeldes würde einen höheren finanziellen Aufwand erfordern. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Nichtberücksichtigung von Streikgeld bei den für die Leistungshöhe maßgebenden Einkünften als gerechtfertigt anzusehen.

83

Das Elterngeld ist eine familienpolitische Förderleistung eigener Art, mit der - im Gegensatz zu "regulären" kurzfristigen Entgeltersatzleistungen zur Aufrechterhaltung des individuellen Lebensstandards in sozialen Notlagen - vielfältige Ziele verfolgt werden (wegen der "Vermengung" der gesetzgeberischen Zielrichtungen krit Seiler NVwZ 2007, 129, 133). Sicher soll sie auch der Stagnation der Geburtenzahlen in Deutschland entgegenwirken und deswegen Erwerbstätigen einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, sich trotz der finanziellen Einbußen, die mit einer Einschränkung der beruflichen Arbeit zwecks Kindererziehung verbunden sind, für ein Kind zu entscheiden. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt der Staat eine einkommensorientierte Zuwendung in Aussicht, mit der diejenigen Einbußen an Erwerbseinkommen ganz oder teilweise kompensiert werden sollen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem ausgleichsberechtigenden Ereignis - der Geburt des Kindes - stehen. Realisiert sich in der Zeit vor der Geburt des Kindes bereits ein anderes Erwerbsrisiko (Wirtschafts- oder Arbeitsmarktlage, Streik, Krankheit etc), so sind die damit einhergehenden Einkommensausfälle grundsätzlich nicht vom Sinn und Zweck der Zuwendung umfasst (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Trotz dieser Einschränkung stellt das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion eine (verhaltenssteuernde) Subvention zur Förderung der Kindererziehung dar. Zugleich verfolgt der Gesetzgeber mit dem derart ausgestalteten Elterngeld weitergehende Ziele, ua die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der gleichberechtigten Kindererziehung von Mann und Frau, der Gewährung eines finanziellen Schonraums für junge Familien bei einer betreuungsbedingten Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit der Elternteile und eine Kompensation der Betreuungskosten für das Kind (BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f).

84

Die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes unterscheidet sich allerdings wesentlich von kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV, die bei einem schutzwürdigen Wegfall des Arbeitsentgelts (infolge Unfalls, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc) den individuellen Lebensstandard des Betroffenen für einen vorübergehenden Zeitraum erhalten sollen. Das den Ausgleich nach dem BEEG begründende Ereignis (Geburt eines Kindes und die erforderliche Betreuung) ist kein Schicksalsschlag, mit dem zwingend der Ausfall von Erwerbseinkommen einhergeht. Aus diesem Grund ist das Elterngeld im Bezugszeitraum auch als subsidiäre Unterstützungsleistung ausgestaltet, auf die gleichzeitig bezogene einkommensersetzende Leistungen angerechnet werden (vgl § 3 Abs 2 Satz 1 BEEG). Gleichwohl ist das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion eine Ausgleichsleistung; es verbindet die Leistungsgewährung nicht mit der Verwirklichung eines bestimmten Erwerbsrisikos, sondern mit einer typischen - aber hinsichtlich individueller Einkommenseinbußen unterschiedlich ausgeprägten - allgemeinen Bedarfslage (vgl Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 77, 78). Die als Anreiz zur Entscheidung für ein Kind gedachte Förderleistung Elterngeld knüpft in ihrer einkommensersetzenden Funktion insoweit allein an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit an, das die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt hat. Trotz der genannten Unterschiede folgt der Gesetzgeber damit zugleich in gewisser Weise auch der kurzfristigen Entgeltersatzleistungen im Allgemeinen zugrunde liegenden Regel, dass jeder seinen Bedarf (und evtl denjenigen seiner Angehörigen) durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken hat und dem Berechtigten bei einem Einkommensausfall aus besonderen Gründen die Erhaltung seines individuellen Einkommensstandards ermöglicht wird (vgl Buchner/Becker, MuSchG - BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

85

Selbst bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen wird von der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit (bzw des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts oder -einkommens iS der §§ 14 f SGB IV) nur in Ausnahmefällen abgewichen. So erhalten Bezieher von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld bei Krankheit unter bestimmten Voraussetzungen Krankengeld nach § 47b SGB V, Verletztengeld nach § 47 Abs 2 Satz 1 SGB VII oder Versorgungskrankengeld nach § 16b Abs 5 Buchst c Bundesversorgungsgesetz (BVG). Sinn und Zweck dieser Leistungen ist der Ersatz für eine entgehende Sozialleistung (vgl zu § 47b SGB V: BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 1 KR 5/03 R - BSGE 94, 19 = SozR 4-2500 § 44 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 19.9.2002 - B 1 KR 11/02 R - BSGE 90, 72, 77 = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 S 34 f; BSG Urteil vom 2.11.2007 - B 1 KR 38/06 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 18). Diese Zielrichtung wird vom Elterngeld ersichtlich nicht verfolgt (ebenso LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 22.2.2010 - L 1 EG 6/08 - juris RdNr 32; ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.1.2009 - L 13 EG 48/08 - juris RdNr 3).

86

Nicht nur wegen der besonderen familienpolitischen Zielsetzung des Elterngeldes, sondern auch wegen des weit gefassten Kreises der Berechtigten ist es als sachgerecht anzusehen, dass der Gesetzgeber die Leistungsbemessung eng an die vorangegangene Erzielung von Erwerbseinkommen angeknüpft und dabei "Entgeltersatzleistungen" wie das Streikgeld unberücksichtigt gelassen hat. Anderenfalls wäre es insbesondere im Vergleich zu Berechtigten mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit zu problematischen Ungleichbehandlungen gekommen. Denn diese Personenkreise haben regelmäßig keinen Zugang zu entsprechenden Ersatzleistungen.

87

bbb) Der Gesetzgeber des BEEG musste im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG auch keine Ausgleichsmöglichkeit für Berechtigte vorsehen, die in den letzten 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Arbeitsentgeltausfälle wegen der Teilnahme an Streikmaßnahmen hatten. Insbesondere war er nicht gehalten, diesen Personenkreis mit solchen Berechtigten gleichzustellen, die iS von § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bzw Mutterschaftsgeld bezogen oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommenseinbußen erlitten haben.

88

Allerdings werden bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 SGB IV zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse Zeiten, die aus besonderen Gründen während des Bemessungszeitraums ohne repräsentatives Erwerbseinkommen sind, nicht in die Bemessung der Leistungshöhe einbezogen. Dies gilt zum einen für Entgeltersatzleistungen, die bei einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis das entgehende Gehalt kompensieren sollen, in Fällen von "Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis" (vgl etwa § 11 Abs 1 Satz 3 BUrlG; § 11 Abs 2 Satz 2 MuSchG; § 200 Abs 2 Satz 3 RVO; § 14 Abs 1 Satz 4 MuSchG) und zum anderen unter bestimmten Voraussetzungen (vgl § 130 Abs 2 SGB III; siehe dazu BT-Drucks 15/1515 S 85) auch für das Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (§ 117 Abs 1 Nr 1 SGB III). Diese mitunter sehr differenzierten Regelungen verwirklichen das die Sozialversicherung prägende Versicherungsprinzip (vgl hierzu BVerfGE 59, 36, 49 ff; 63, 152, 171), nach dem im Grundsatz eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung bestehen muss.

89

Demgegenüber sieht das BEEG eine Privilegierung von Einkommensausfall nur in Ausnahmefällen für Sachverhalte vor, die - nach der hier maßgeblichen Rechtslage - in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Förderzweck des Elterngeldes stehen (vgl § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG in der hier maßgeblichen Fassung vom 5.12.2006); Einkommensminderungen oder -ausfälle aufgrund allgemeiner Erwerbsrisiken (zB Streik, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc) werden grundsätzlich nicht bei der Bemessung der Leistungshöhe berücksichtigt. Einer solchen Ausgestaltung steht Art 3 Abs 1 GG nicht entgegen, zumal der Gesetzgeber bei der Gewährung steuerfinanzierter Leistungen nicht an das versicherungstypische Gegenseitigkeitsverhältnis von Beiträgen und Leistungen (vgl jüngst zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) gebunden ist.

90

Durch die eng begrenzten Ausnahmefälle in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG hat der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Risikoverteilung vorgenommen. Einkommenseinbußen aus Gründen, die nicht direkt mit dem Zweck des Elterngeldes zusammenhängen, werden dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Zwar verzichtet der Gesetzgeber damit auf einen - möglicherweise wünschenswerten (vgl dazu Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes eV vom 1.9.2008, Ausschuss-Drucks 16(13)371c NEU zu BT-Drucks 16/9415) - sozialen Ausgleich, er orientiert sich jedoch in noch sachgerechter Weise an dem von ihm verfolgten Ziel eines (teilweisen) Ersatzes von Erwerbseinkommen, das durch die erfolgende Kindesbetreuung entfällt. Die Behebung sozialer Notlagen hat er insoweit anderen sozialen Sicherungssystemen überlassen (vgl Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

91

ccc) Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ausgestaltung der Bemessungsmethode nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG liegt auch in der Praktikabilität bei der Leistungsgewährung(vgl hierzu allg Heun in Dreier, GG, 2. Aufl 2004, Art 3 RdNr 33). So muss im Bemessungszeitraum nicht nach einem bestehenden, unterbrochenen oder beendetem Beschäftigungsverhältnis oder nach dem Grund der Einkommenseinbußen aus Erwerbstätigkeit unterschieden werden. Die hiermit sonst verbundenen Schwierigkeiten lassen sich zB an dem sehr differenziert ausgestalteten Bemessungsrecht beim Arbeitslosengeld (vgl §§ 129 ff SGB III) unschwer erkennen.

92

Bei dem grundlegenden Systemwechsel ist dem Gesetzgeber zudem zur sachgerechten Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er nach Überprüfung der erzielten Ergebnisse auf Unstimmigkeiten im Einzelfall reagieren kann (vgl BVerfG Urteil vom 13.6.1979 - 1 BvL 27/76 - BVerfGE 51, 257, 268; BVerfGE 49, 192, 210). Ob der Gesetzgeber durch die Anfügung des Satzes 7 an § 2 Abs 7 BEEG zum 24.1.2009 (vgl Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61) einen sachgerechten Schritt getan hat, kann hier offenbleiben.

93

dd) Die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in dem Bemessungszeitraum an Stelle von Streikgeld soziale Entgeltersatzleistungen (zB Krankengeld, Arbeitslosengeld) oder Existenz sichernde Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen haben, bei der Bemessung des Elterngeldes verstößt ebenfalls nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Beide Vergleichsgruppen haben nach dem gesetzlichen Differenzierungskriterium insoweit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 BEEG erzielt. Sie werden demnach in dieser Beziehung sachgerechterweise gleich behandelt.

94

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt das Teilobsiegen der Klägerin im Klageverfahren infolge des Teilabhilfebescheids vom 14.7.2009, mit dem der Beklagte über die zunächst mit Bescheid vom 15.1.2008 bewilligte Leistungshöhe von monatlich 695,54 Euro hinaus einen monatlichen Elterngeldanspruch in Höhe von 768,99 Euro zuerkannt hat. Unter Berücksichtigung ihres Klageantrags hat die Klägerin erstinstanzlich einen Anspruch in Höhe von ca 820 Euro je Monat verfolgt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes der Klägerin, insbesondere über die Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Krankengeld bei der Leistungsbemessung.

2

Nach der Geburt ihres Sohnes L. am 2.1.2007 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld, das ihr vom beklagten Freistaat mit Bescheid vom 5.3.2007 für den Zeitraum vom 2.1.2007 bis 1.1.2008 in Höhe von monatlich 824,60 Euro unter Berücksichtigung ihres in der Zeit von November 2005 bis Oktober 2006 erzielten Entgelts aus nichtselbstständiger Arbeit bewilligt wurde. Wegen der Anrechnung von Mutterschaftsgeld betrug der Auszahlungsbetrag im ersten Monat (2.1. bis 1.2.2007) 0,00 Euro und im zweiten (2.2. bis 1.3.2007) 58,90 Euro. Bei der Leistungsberechnung wurde das von der Klägerin in dem Zeitraum vom 26.3. bis 9.4.2006 wegen einer nicht schwangerschaftsbedingten Erkrankung bezogene Krankengeld in Höhe von insgesamt 671,40 Euro nicht berücksichtigt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.5.2007 zurück.

3

Die Klägerin hat gegen diese Entscheidung beim Sozialgericht (SG) München Klage erhoben, die durch Urteil vom 13.11.2007 abgewiesen worden ist. Das SG hat die Berufung gegen diese Entscheidung nicht im Urteil zugelassen; in der Rechtsmittelbelehrung heißt es, dass das Urteil mit der Berufung angefochten werden könne.

4

Die Klägerin hat gegen das ihr am 11.2.2008 zugestellte Urteil des SG am 10.3.2008 beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) zunächst Berufung eingelegt, diese auf gerichtlichen Hinweis zurückgenommen und am 12.6.2009 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Daraufhin hat das LSG in der mündlichen Verhandlung vom 24.6.2009 die Berufung gegen das Urteil des SG durch Beschluss zugelassen und dieses Rechtsmittel mit Urteil vom selben Tag zurückgewiesen. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ua ausgeführt:

5

Krankengeld und sonstige Lohnersatzleistungen stellten kein Einkommen iS des § 2 Abs 1 Bundeserziehungsgeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) dar. Denn sie seien nach § 3 Nr 1 Buchst a Einkommensteuergesetz (EStG) einkommensteuerfrei und unterlägen nach § 32g Abs 1 Nr 1 Buchst b EStG lediglich dem sog Progressionsvorbehalt. Eine planwidrige Regelungslücke liege hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von Krankengeld als Einkommen oder als sog "Hinausschiebenstatbestand" iS des § 2 Abs 7 Satz 6 Alt 2 BEEG ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien(Hinweis auf Ausschussbericht, BT-Drucks 16/2785 S 37 zu Art 1 § 2) nicht vor. Auch seien diese Regelungen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG vereinbar.

6

Vergleiche man die Klägerin mit der Gruppe derjenigen Personen, deren Lohneinkommen im Bemessungszeitraum infolge schwangerschaftsbedingter Erkrankung eine Unterbrechung erfahre und die durch den "Hinausschiebenstatbestand" iS des § 2 Abs 7 Satz 6 BEEG privilegiert würden, sei diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Die in § 2 Abs 7 Satz 6 BEEG geregelten Fälle hätten nämlich einen engen Bezug zum Förderungszweck des Elterngeldes. Gegenüber denjenigen Personen, die an Stelle von Lohnersatzleistungen im Bemessungszeitraum Lohneinkommen erhalten haben, sei die Nichtberücksichtigung des Krankengeldes bei der Leistungsberechnung ebenfalls gerechtfertigt. Zum einen sei Krankengeld als Lohnersatzeinkommen im Gegensatz zu Arbeitslohn von der Einkommensteuerpflicht freigestellt und zum anderen würden sich Lohneinkommen und Lohnersatzeinkommen auch sonst wesentlich unterscheiden.

7

Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erlaube es, die Berechnung der allein steuerfinanzierten Sozialleistung Elterngeld an den steuerrechtlichen Einkommensbegriff anzulehnen. Der Gesetzgeber knüpfe damit an das aufgrund von Erwerbstätigkeit "Verdiente" an und nicht an eine Versicherungsleistung, die einen Ausgleich für - im Falle des Krankengeldes krankheitsbedingt - entgangenes Arbeitsentgelt bezwecke. Das Elterngeld stelle insoweit selbst eine Lohnersatzleistung dar, nicht aber eine "Lohnersatzersatzleistung". Krankengeld und steuerpflichtiger Arbeitslohn seien auch nicht wegen des durch Versicherungsbeiträge erworbenen Anspruchs auf diese Lohnersatzleistung im Rahmen der Elterngeldbemessung gleichzustellen, da Elterngeld als steuerfinanzierte Leistung gerade keinen Sozialversicherungsbezug aufweise. Dem Elterngeld liege keine Beitragszahlung zugrunde, die eine Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips auf der Leistungsseite erfordere.

8

Der Gesetzgeber habe sich mit dieser Ausgestaltung auch nicht in Widerspruch zu dem im BEEG manifestierten Regelungswillen oder der entwickelten Systematik der Regelungsmaterie gesetzt. Ebenso wenig sei unter Berücksichtigung des Förderzwecks des BEEG eine sachliche Differenzierung nach dem Grund der Einkommenseinbuße geboten, etwa im Hinblick auf die soziale Wertigkeit oder auf Freiwilligkeit bzw Unfreiwilligkeit. Eine solche Unterscheidung liefe auf eine Einzelfallprüfung hinaus, die einer generellen Regelung kaum zugänglich wäre.

9

Schließlich sei Art 6 Abs 1 GG nicht verletzt, da der Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, werdende Familien bei der Bemessung von Familienleistungen von Leistungsverschlechterungen aufgrund eines sich realisierenden allgemeinen Lebensrisikos auszunehmen, das alle Bürger treffen könne und keinen unmittelbaren Familien-, Erziehungs- und Schwangerschaftsbezug habe.

10

Mit ihrer vom LSG zugelassenen, beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegten Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Nach § 2 BEEG sei nicht ausschließlich auf den Begriff des Erwerbseinkommens im einkommensteuerrechtlichen Sinn abzustellen; insbesondere sei gemäß § 2 Abs 3 BEEG auch die Berücksichtigung von fiktivem Einkommen möglich. Weiterhin werde sie als Bezieherin von durch abgeführte Sozialversicherungsbeiträge erworbenem Krankengeld bei der Bemessung des Elterngelds unter Verletzung des Art 3 Abs 1 GG mit Beziehern beitragsunabhängiger Sozialleistungen, zB nach dem SGB II oder SGB XII, gleich behandelt. Bei der Bemessung des Elterngelds sei eine Ungleichbehandlung von erkrankten und gesunden Elternteilen ebenfalls nicht mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Schließlich seien nach der Geburt des Kindes Erkrankte schlechter gestellt als berechtigte Personen, die Resturlaub in Anspruch nähmen, da dieser Resturlaub bei der Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt werde.

11

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 und des Sozialgerichts München vom 13. November 2007 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 5. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des in den Monaten März und April 2006 erfolgten Bezuges von Krankengeld zu zahlen.

12

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

13

Er trägt ua vor: Auch unter Berücksichtigung der Rügen der Klägerin sei eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch die Nichtberücksichtigung des Krankengeldes bei der Bemessung des Elterngeldes nicht ersichtlich. § 2 Abs 3 BEEG enthalte lediglich einen Höchstbetrag für das vor der Geburt anzusetzende Einkommen, ohne dass etwa steuerfreies oder gar fiktives Einkommen bei der Bemessung des Elterngeldes berücksichtigt werde. Darüber hinaus sei der Einkommensbegriff iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG gemessen an dem Förderzweck des BEEG mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Elterngeld diene dem Ausgleich von Einkommenseinbußen, die der das Kind betreuende Elternteil durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit erleide. Das Anknüpfen an das einkommenssteuerpflichtige Erwerbseinkommen bei der Bemessung des Elterngeldes sei insoweit sachgerecht. Auch der Umstand, dass Krankengeld - anders als zB Sozialhilfeleistungen - eine beitragsabhängige Lohnersatzleistung sei, gebiete bei der Bemessung des Elterngeldes keine Gleichbehandlung dieser Leistung mit (steuerpflichtigem) Erwerbseinkommen. Andere Lohnersatzleistungen - etwa das Arbeitslosengeld oder das Kurzarbeitergeld - würden ebenfalls nicht bei der Bemessung des Elterngeldes angerechnet und insofern gleich behandelt. Auf den Einwand der Klägerin, ein erkrankter Elternteil werde im Vergleich zu einem gesunden schlechter behandelt, sei eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG ebenfalls nicht ersichtlich; das Gesetz differenziere nicht nach dem Gesundheitszustand, sondern ausschließlich nach dem Einkommen des Anspruchsinhabers. Auch die Berücksichtigung von Erwerbseinkommen, das während des Resturlaubs nach der Geburt gezahlt werde, bedinge keine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG; vielmehr könne ein solcher Arbeitsentgeltbezug zu einer Kürzung des Elterngeldes nach § 2 Abs 3 BEEG oder auch zu einem Wegfall des Elterngeldes nach § 1 Abs 6 BEEG führen.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

15

1. Zwar ist die Statthaftigkeit des angefochtenen Urteils grundsätzlich im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen (vgl BSG Urteil vom 30.3.2000 - B 3 KR 19/99 R - BSGE 86, 86, 87 = SozR 3-6855 Art 10d Nr 1 S 2 mwN), der Senat hat hier jedoch nicht darüber zu befinden, ob das LSG die Berufung verfahrensfehlerfrei durch Beschluss vom 24.6.2009 zugelassen hat. Zweifel könnten insoweit bestehen, als das LSG die Berufung gegen das am 11.2.2008 zugestellte erstinstanzliche Urteil, dem wegen des Nichterreichens des nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Satz 2 SGG idF vom 1.4.2008 (BGBl I 444) maßgeblichen Beschwerdewerts von 750 Euro eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung (Berufung) beigefügt gewesen sein dürfte, zugelassen hat, ohne hinsichtlich der erst am 12.6.2009 - also nach Ablauf der Jahresfrist iS des § 66 Abs 2 Satz 1 SGG - eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden(vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 66 RdNr 13b und § 144 RdNr 45a mwN). Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist indes die im Beschwerdeverfahren getroffene Entscheidung des LSG über die Eröffnung des Berufungsrechtszuges für das Revisionsgericht bindend (vgl BSG Urteil vom 3.6.2004 - B 11 AL 75/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 1 RdNr 6; BSG Urteil vom 30.3.2000 - B 3 KR 19/99 R - BSGE 86, 86, 87 = SozR 3-6855 Art 10d Nr 1 S 2 f).

16

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) verfolgte Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des Bezugs von Krankengeld in der Zeit vom 26.3. bis 9.4.2006. Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, besteht ein solcher Anspruch nicht.

17

a) Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Ob im Fall der Klägerin sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG erfüllt sind, vermag der Senat anhand der Tatsachenfeststellungen des SG nicht zu beurteilen. Das ist hier unschädlich, weil die Klägerin jedenfalls kein höheres Elterngeld beanspruchen kann.

18

b) Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.

19

           

aa) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 2.1.2007) erstreckt sich hier zunächst von Januar bis Dezember 2006. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Anfügung des Satzes 7 durch Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61, erfolgte mit Wirkung vom 24.1.2009 und ist deshalb hier unbeachtlich):

        

Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

20

Da die Klägerin ab November 2006 wegen der bevorstehenden Geburt Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleiben danach die Monate November und Dezember 2006 bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt, so dass in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum von November 2005 bis Oktober 2006 abgestellt worden ist. Im Übrigen sind die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG nicht einschlägig. Nach den Feststellungen des LSG litt die Klägerin während des Bezuges von Krankengeld nicht an einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung.

21

Die bei unklarem oder nicht eindeutigem Wortlaut zur Auslegung gesetzlicher Bestimmungen heranzuziehenden Gesichtspunkte des Bedeutungszusammenhanges, der Regelungsabsicht, des Sinnes und Zweckes des Gesetzes, der Gesetzesentwicklung oder des Gebotes einer verfassungskonformen Auslegung - letztere begehrt die Klägerin sinngemäß - sind hier nicht zu erörtern, denn der eindeutige Wortsinn einer gesetzlichen Vorschrift ist die Grenze jeder Auslegung (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 143 mwN, s Bundesverfassungsgericht , BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81). Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht möglich.

22

Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auf den Fall der Klägerin lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen. Es fehlt an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes. Der Senat hat bereits zu der Nichtberücksichtigung der Elternzeit für ein älteres Kind ohne Elterngeldbezug entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 31-34). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Krankheit nicht lückenhaft. Vielmehr hat der Gesetzgeber gezielt nur die Fälle einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung begünstigen wollen. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich vielmehr, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen" nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 Satz 2 und 3 BEEG-Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).

23

bb) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von November 2005 bis Oktober 2006 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 Satz 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbstständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbstständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.

24

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist das von der Klägerin bezogene Krankengeld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG. Es fällt nach Auffassung des Senats insbesondere nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG.

25

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Zwar enthält auch § 19 Abs 1 EStG keine abstrakt generelle Definition des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern nur eine beispielhafte Umschreibung der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG. Daraus ist indes zu erschließen, dass jedenfalls alle Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfasst sind, die durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst sind. Alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis sind daher Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28 mwN; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 9. Aufl 2010, § 19 RdNr 13,15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 19 RdNr 16, 17). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG im weitesten Sinne Gegenleistungscharakter aufweisen, also "für eine Beschäftigung" gewährt werden bzw als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sein(jüngst BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN; vgl auch BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250). Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist, und nicht danach, wer die Zahlung vorgenommen hat. Denn es können auch Bar- oder Sachzuwendungen Dritter Arbeitslohn darstellen, soweit sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250; BFH Urteil vom 5.7.1996 - VI R 10/96 - BFHE 180, 441, 442 f).

26

Bereits das Merkmal des Gegenleistungscharakters fehlt dem Krankengeld. Rechtsgrund für die Leistungsgewährung ist das Versicherungs- (vgl § 44 Abs 1 SGB V bzw § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V) und nicht das Beschäftigungsverhältnis (§ 611 Abs 1 BGB). Es ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, die der beschäftigte Versicherte - ggf nach Ablauf der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber (vgl § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz) - erhält, weil er wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit seinen Gegenleistungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber verloren hat (§ 326 Abs 1 Halbs 1, § 275 Abs 1 BGB iVm § 611 Abs 1 BGB). Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung zum zu versteuernden Arbeitslohn gehören und damit auch die Verschaffung eines solchen gesetzlichen oder privaten Versicherungsschutzes durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn darstellt (BFH Beschluss vom 11.9.2007 - VI B 146/05 - juris RdNr 3; BFH Beschluss vom 29.10.2004 - XI B 170/03 - juris RdNr 3). Demgegenüber sind jedoch die Leistungen aus diesem Versicherungsverhältnis, die nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehen, sondern auf einem eigenen Anspruch des Arbeitnehmers beruhen, regelmäßig auch dann kein Arbeitslohn, wenn der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247 - juris RdNr 14). Aus diesem Grund ist Krankengeld kein Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG.

27

Da Krankengeld bereits kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4, § 19 Abs 1 EStG ist, kommt es nicht darauf an, dass diese Sozialleistung gemäß § 3 Nr 1 Buchst a EStG von der Steuer befreit ist. Die in § 3 EStG geregelten Tatbestände der Steuerbefreiung sind nach den gesetzlichen Vorgaben - wie sie das LSG zu Recht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat - bereits bei der Ermittlung der Einkünfte nach dem objektiven Nettoprinzip gemäß § 2 Abs 1 und Abs 2 EStG zu prüfen(vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 ff mwN). Dies hat zur Folge, dass steuerfreie Beträge steuerrechtlich weder als steuerpflichtige Einnahmen noch als steuerpflichtige Einkünfte noch als steuerpflichtiges Einkommen behandelt werden dürfen und das Krankengeld auch aus diesem Grund der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nicht zugrunde gelegt werden darf.

28

cc) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin mit Bescheid vom 5.3.2007 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von November 2005 bis Oktober 2006 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin ein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 1230,75 Euro ermittelt und daraus den monatlichen Elterngeldanspruch der Klägerin von 824,60 Euro abgeleitet hat.

29

3. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG.

30

a) Der Senat hält daran fest, dass das BEEG im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG wirksam erlassen worden ist (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff mwN; Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2712/09). Dabei versteht er den in Art 74 Abs 1 Nr 7 GG verwendeten Begriff der öffentlichen Fürsorge in einem weiten Sinne. Das Elterngeld wird davon umfasst, weil es dazu beitragen soll, die Lebensgrundlagen junger Familien zu sichern und diese vor dem Eintritt einer finanziellen Bedarfslage zu bewahren (vgl BSG aaO RdNr 39; siehe allgemein dazu auch Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl 2009, Art 74 RdNr 35 f mwN). Bemerkenswert ist insoweit, dass das BVerfG auch die Regelung in § 90 SGB VIII über die Staffelung von Kindergartenbeiträgen nach dem Familieneinkommen dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG zugeordnet hat(vgl BVerfGE 97, 332, 341 f).

31

Ebenso wenig vermag der Senat dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG eine mangelnde Kompetenz des Bundes zur Einführung steuerfinanzierter Einkommensersatzleistungen zu entnehmen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ausgestaltung der Leistung einem weit verstandenen Begriff der öffentlichen Fürsorge entspricht. Das ist beim Elterngeld der Fall. Die Orientierung an Bedarfslagen zeigt sich insbesondere an dem Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG), der Begünstigung von Geringverdienern (§ 2 Abs 2 BEEG) und Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG), dem "Geschwisterbonus" (§ 2 Abs 4 BEEG) sowie der Festlegung eines Höchstbetrages von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG).

32

In den Genuss des Höchstbetrages kommen Bezieher ab einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von rund 2700 Euro. Selbst dieser Betrag ist kein hohes Erwerbseinkommen, sondern wird von vielen Arbeitnehmern der mittleren Bildungsebene - unter Umständen mit steuerpflichtigen Mehrarbeitszuschlägen - erreicht (vgl Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2010, S 535 über die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste im Jahr 2009 ua in der Leistungsgruppe 3 - Fachkräfte -, siehe S 531). Das Elterngeld fördert damit schwerpunktmäßig Erziehende, die im Bemessungszeitraum kleinere bis mittlere Einkommen erzielt haben. Diese Einschätzung wird erhärtet durch die Zahlen über die Höhe des Elterngeldes von Personen, die in der Zeit von Januar 2007 bis Juni 2008 einen Antrag gestellt haben. Von allen Leistungsbeziehern erhielten 53,4 % ein Elterngeld von 300 bis 500 Euro, 28,4 % von 500 bis unter 1000 Euro, 11,4 % von 1000 bis unter 1500 Euro und 6,8 % von 1500 bis 1800 Euro (siehe Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG sowie über die ggf notwendige Weiterentwicklung, BT-Drucks 16/10770 S 12 Tabelle 3).

33

Schließlich bleibt der Senat auch bei seiner Beurteilung, dass dem Gesetzgebungsrecht des Bundes Art 72 Abs 2 GG nicht entgegensteht (vgl BSG aaO RdNr 40). Für das BEEG ist die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zu bejahen.

34

b) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach der Bezug von Krankengeld, das an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts getreten ist, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt wird.

35

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarras in Jarras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

36

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.

37

Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei der Klägerin - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (aa). Dabei durfte der Bemessungszeitraum grundsätzlich auf 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes beschränkt werden, was zu einer Benachteiligung von Personen führt, die nur für weiter zurückliegende Zeiträume einen lückenlosen Arbeitsentgeltbezug vorweisen können (bb). Speziell ist es gerechtfertigt, dass die Klägerin als Bezieherin von Krankengeld ungünstiger behandelt wird als Berechtigte, die im Bemessungszeitraum durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben oder bei denen in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes liegende Arbeitsentgeltausfälle gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (cc). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in der betreffenden Zeit Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII erhalten haben (dd) sowie für die Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber Berechtigten, die im Krankheitsfall keine Einkommensverluste erleiden (ee). Schließlich wird die Klägerin - entgegen ihrer Annahme - weder gegenüber dem von § 2 Abs 3 BEEG betroffenen Personenkreis noch gegenüber Berechtigten, die nach der Geburt des Kindes Resturlaub haben, sachwidrig benachteiligt (ff).

38

aa) Durch das BEEG hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel gegenüber dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vorgenommen. Während das Erziehungsgeld eine von der Bedürftigkeit der antragstellenden Person abhängige Leistung (§ 4 Abs 1 BErzGG, § 5 Abs 3 BErzGG)mit pauschaler, begrenzter Höhe (nach § 5 Abs 1 BErzGG monatlich 450 bzw 300 Euro)war, ist das Elterngeld über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus von 75 Euro hinaus als Leistung ausgestaltet, die das vor der Geburt liegende Erwerbseinkommen des Berechtigten bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 BEEG) ersetzt (vgl BSG Urteile vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19, und vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 55; siehe allgemein auch Pauli in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG Komm, § 2 BEEG RdNr 2; Jung SGb 2007, 449; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 31, 33). Dabei kommt den Basisbeträgen ersichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl Fuchsloch/Scheiwe, aaO RdNr 43), was durch die Erhöhung um je 300 Euro bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG) untermauert wird. Hinsichtlich der darüber hinaus möglichen Leistungshöhe, die sich nach dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff).

39

aaa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel.

40

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2).

41

Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), ist das Differenzierungsziel insbesondere unter Berücksichtigung einer Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl hierzu etwa BVerfG Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BVerfGE 99, 216, 234), einer Steigerung der Geburtenrate und einer (teilweisen) Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens legitim. Es sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen.

42

(1) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von Alleinverdienerehen gegenüber Doppelverdienerehen, bei denen die Berechtigten durch die Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG regelmäßig höhere Leistungsansprüche erzielen(vgl hierzu auch Weilert, DVBl 2010, 164, 166).

43

Art 6 Abs 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob eine Ehefrau sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will; eine Einwirkung des Gesetzgebers dahin, die Ehefrau "ins Haus zurückzuführen", wäre deshalb auch wegen eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 GG verfassungswidrig (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Gleiches gilt, wenn der Ehemann durch eine gesetzliche Regelung in seiner Entscheidungsfreiheit hinsichtlich einer eigenen Erwerbstätigkeit beeinträchtigt wird, weil oder solange seine Ehefrau erwerbstätig ist. Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe" ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Diese Grundsätze gelten insbesondere für die Eingriffsverwaltung, etwa im Steuerrecht (vgl BVerfGE 107, 27, 53 ff). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über einen großen Gestaltungsspielraum - Art und Maß bestimmt er in politischer Verantwortung. Wegen des Freiheitsprinzips des GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen, neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst noch zur Bewährung ansteht (vgl Di Fabio, NJW 2003, 993, 997).

44

Nach Auffassung des Senats hat die Förderung durch das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht die Intensität, dass durch die größere Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Alleinverdienerehen in den Schutzbereich des Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG eingegriffen wird(so auch Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; Weilert DVBl 2010, 164, 166). Die befristete Förderleistung berührt nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit von Eheleuten hinsichtlich ihrer innerfamiliären Aufgabenverteilung. Finanzielle Anreize - wie jede Form einer umfassenderen Förderung - können zwar stets eine überschießende Einflussnahme mit sich bringen. Das Elterngeld übt jedoch weder einen auch nur mittelbaren Zwang zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus noch nimmt es derart Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet es vielen Eltern erst die Alternative, mit geringeren wirtschaftlichen Zwängen eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu wagen (vgl auch Becker aaO).

45

(2) Ein Differenzierungsverbot lässt sich auch nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273; 29, 221, 235). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entschließung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - juris RdNr 15).

46

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden, selbst wenn das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Besserverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte. Auch insoweit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind.

47

bbb) Der Gesetzgeber hat für die Bemessung der Elterngeldhöhe mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt.

48

Zur Erreichung seines Differenzierungszieles hat der Gesetzgeber das Elterngeld als progressive (durch einen Höchstbetrag) begrenzte Leistung nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 7 BEEG in formaler Anknüpfung an das bis zur Geburt des Kindes erzielte Erwerbseinkommen ausgestaltet(vgl BT-Drucks 16/1889 S 15). Dabei hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff den Vorzug gegeben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37; s dazu auch BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 3 RdNr 19 ff).

49

Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl hierzu jüngst BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen (vgl zur Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 18-20; zum BErzGG BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 3/97 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 16 S 93) und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen. Mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG knüpft er insoweit sachbezogen an das Differenzierungsziel an, gerade Erwerbstätigen die größten Anreize zur Entscheidung für ein Kind zu bieten und höhere Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen. Um nach seiner Auffassung die Gesetzesziele am zweckmäßigsten zu erreichen, durfte er auch den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach sozial- oder steuerrechtlichen Vorgaben ausrichten, wie dies im Gesetzgebungsverfahren geschehen ist (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass es gemessen an dem Sinn und Zweck des Elterngeldes in seiner Funktion, einen Ausgleich für die Einkommenseinbußen durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung in dem ersten Lebensjahr des Kindes zu bieten, grundsätzlich sachgerecht ist, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die Summe der positiven Einkünfte ua aus nicht selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG verweist(vgl Urteil aaO RdNr 39). Auch das BErzGG hatte bereits im Rahmen der Ermittlung der Einkommensgrenzen (§ 5 Abs 3, § 6 Abs 1 Satz 1 BErzGG) auf "die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG" abgestellt.

50

ccc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen der Berechtigten anzuknüpfen, ist nicht nur frei von Willkür. Sie hält nach Auffassung des Senats auch - zunächst nur allgemein betrachtet - einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stand.

51

Zwar kann ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in einer Systemwidrigkeit, also einer Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", liegen (vgl BVerfGE 34, 103, 115 mwN; stRspr). Ein Systemwechsel, wie ihn der Gesetzgeber beim Übergang vom BErzGG zum BEEG vollzogen hat, bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt. Art 3 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber insoweit nicht, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn das Elterngeld zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen gehört, die sich ansonsten weitestgehend an der Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren, ist es damit nicht Teil eines feststehenden Systems, das für eine bestimmte, durch ein gesondertes Gesetz vorgesehene Leistung keine andere Ausrichtung, hier im Sinne eines Ersatzes von entfallendem Erwerbseinkommen, zuließe.

52

Das im BEEG vorgesehene Bemessungskriterium ist zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks geeignet (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 - BVerfGE 96, 10, 23), mit dem Elterngeld einen Ausgleich für Einkommenseinbußen zu gewähren, die mit der Entscheidung für das Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Je höher das Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes ist, desto eher wird ein Elternteil zur Unterbrechung oder Einschränkung der Berufstätigkeit zwecks Kindererziehung ermutigt, wenn sich das Elterngeld an der bisherigen Einkommenshöhe orientiert.

53

Auch die Erforderlichkeit dieses Bemessungskriteriums ist zu bejahen, da keine gleichermaßen geeigneten Alternativen ersichtlich sind, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere wäre eine stärkere Förderung von Personen, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht möglich gewesen.

54

Schließlich ist es auch als angemessen anzusehen, dass für die Höhe des Elterngeldes - soweit es die Basisbeträge übersteigt - das zuvor erzielte Erwerbseinkommen maßgebend ist. Die sich dabei ergebenden Ungleichbehandlungen sind Folge des zulässigen Gesetzeszwecks. Sie spiegeln die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes und damit die mit der Entscheidung für die Kindererziehung verbundenen Einbußen bei den Einkünften aus der bisherigen Erwerbstätigkeit wider.

55

bb) Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG bemisst sich das Elterngeld nach dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das von dem Berechtigten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt worden ist. Bei Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit wird von diesem Zeitraum - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG(der mit Wirkung vom 24.1.2009 angefügte Satz 7 ist hier weder anwendbar noch seinem Inhalt nach einschlägig) abgewichen. Personen, die diese Ausnahmetatbestände nicht erfüllen, können mithin, soweit sie im Bemessungszeitraum - wie zeitweise die Klägerin - kein oder nur ein gekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben, nicht auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Kalendermonate mit (höherem) Erwerbseinkommen zurückgreifen. Diese Benachteiligung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 53 ff).

56

aaa) Mit der grundsätzlichen Beschränkung des Bemessungszeitraums auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verfolgt der Gesetzgeber ein zulässiges Differenzierungsziel. Er möchte den vorgesehenen Einkommensersatz auf die aktuellen Verhältnisse vor der Geburt ausrichten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20) und damit - ersichtlich - eine größtmögliche Anreizwirkung in Richtung auf eine Entscheidung für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten des Kindes und dessen Betreuung erzielen. Dieser Ausrichtung des Elterngeldes steht insbesondere kein verfassungsrechtliches Verbot aus Art 6 Abs 1 GG entgegen.

57

Zwar mag es zutreffen, dass durch einen auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes begrenzten Bemessungszeitraum die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe mittelbar etwas stärker beeinflusst werden kann als bei einem weiter gefassten Bemessungszeitraum. Darin liegt jedoch noch kein relevanter Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG. Das Gesetz legt nur die tatsächlichen Erwerbsverhältnisse der Ehegatten in dem Jahr vor der Geburt des Kindes zugrunde. Weiter zurückliegende Entscheidungen betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe muss er im Rahmen der Elterngeldbemessung ebenso wenig berücksichtigen wie zukünftige Pläne der Ehegatten hinsichtlich der jeweiligen Erwerbstätigkeit.

58

bbb) Der 12-monatige Bemessungszeitraum stellt auch ein zulässiges Differenzierungskriterium dar. Verfassungsrechtliche Verbote sind insoweit nicht ersichtlich. Die einschlägigen Regelungen des BEEG erscheinen dem erkennenden Senat in Ansehung des gesetzgeberischen Zieles auch als verhältnismäßig.

59

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein grundsätzlich auf 12 Kalendermonate begrenzter Bemessungszeitraum die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes am besten abbildet (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Wie bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (vgl § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV) ist Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG die sog Bezugs- und Referenzmethode(vgl hierzu auch Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 juris RdNr 35; bereits BSG Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 105/63 - BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSG Urteil vom 22.2.1972 - 3 RK 85/69 - BSGE 34, 79 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 19/05 R - BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 21 ff), nach der unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt. Dabei hat der Gesetzgeber - auch in Ansehung des befristeten Bezugszeitraums des Elterngeldes von bis zu 14 Monaten (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG; zur Möglichkeit einer Verlängerung auf maximal 28 Monate durch Halbierung des Auszahlungsbetrages vgl § 6 Satz 2 BEEG) - einen geeigneten Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten vor der Geburt gewählt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG). Das Ende des Bemessungszeitraums knüpft damit an das ausgleichsberechtigende Ereignis an und trägt dem Erfordernis Rechnung, den voraussichtlichen betreuungsbedingten Einkommensausfall des Elternteils einfach und nachvollziehbar zu bestimmen (vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 35).

60

Die Ausgestaltung des Bemessungszeitraums erscheint auch als erforderliches Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks. Andere Lösungen hätten entweder mehr finanzielle Mittel bzw einen größeren Verwaltungsaufwand beansprucht oder das verfolgte Ziel wäre verfehlt worden. Insbesondere hätte eine Berücksichtigung weit zurückliegender Erwerbsverhältnisse des Berechtigten die beabsichtigte Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes vernachlässigt.

61

Schließlich erachtet der Senat die einschlägige gesetzliche Regelung, soweit es den grundsätzlichen Bemessungszeitraum anbelangt, auch nicht als unangemessen. Die durch die zeitliche Begrenzung des Bemessungszeitraums verursachte Ungleichbehandlung zwischen berechtigten Personen ist sachlich gerechtfertigt. Die voneinander abweichenden Einkommensverhältnisse der Betroffenen im Zeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes legen in Ansehung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes eine entsprechend differenzierte Behandlung nahe.

62

cc) Da das Krankengeld gemäß § 2 Abs 1 und 7 Satz 1 bis 4 BEEG iVm dem Einkommenssteuerrecht nicht als Arbeitsentgelt anzusehen ist, wird die Klägerin bei der Bemessung des Elterngeldes ungünstiger behandelt als Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums kein Krankengeld, sondern durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben. Darüber hinaus bleiben die Kalendermonate mit Krankengeldbezug hier bei der Bestimmung der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden 12 Kalendermonate auch nicht unberücksichtigt, so dass bei der Klägerin, anders als bei Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG erfüllen, nicht auf weiter zurückliegende Kalendermonate zurückgegriffen werden kann, in denen sie wahrscheinlich ein Arbeitsentgelt vorweisen kann. Die darin liegende Benachteiligung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

63

aaa) Der Gesetzgeber war im Rahmen seiner zulässigen Zielsetzung, einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen zu schaffen, von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Krankengeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Krankengeld unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass es gerade ausgefallenes Arbeitsentgelt ersetzen soll. Der Ausschluss von Krankengeld (und anderer Lohnersatzleistungen) bei der Leistungsbemessung stellt insoweit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks dar. Diese gesetzliche Maßnahme ist auch als erforderlich anzusehen, weil gleichermaßen geeignete Alternativen nicht erkennbar sind. Eine Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in die Bemessung des Elterngeldes würde einen höheren finanziellen Aufwand erfordern. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Nichtberücksichtigung von Krankengeld bei den für die Leistungshöhe maßgebenden Einkünften als gerechtfertigt anzusehen.

64

Das Elterngeld ist eine familienpolitische Förderleistung eigener Art, mit der - im Gegensatz zu "regulären" kurzfristigen Entgeltersatzleistungen zur Aufrechterhaltung des individuellen Lebensstandards in sozialen Notlagen - vielfältige Ziele verfolgt werden (wegen der "Vermengung" der gesetzgeberischen Zielrichtungen krit Seiler NVwZ 2007, 129, 133). Sicher soll sie auch der Stagnation der Geburtenzahlen in Deutschland entgegenwirken und deswegen Erwerbstätigen einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, sich trotz der finanziellen Einbußen, die mit einer Einschränkung der beruflichen Arbeit zwecks Kindererziehung verbunden sind, für ein Kind zu entscheiden. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt der Staat eine einkommensorientierte Zuwendung in Aussicht, mit der diejenigen Einbußen an Erwerbseinkommen ganz oder teilweise kompensiert werden sollen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem ausgleichsberechtigenden Ereignis - der Geburt des Kindes - stehen. Realisiert sich in der Zeit vor der Geburt des Kindes bereits ein anderes Erwerbsrisiko (Krankheit, Wirtschafts- oder Arbeitsmarktlage, Streik etc), so sind die damit einhergehenden Einkommensausfälle grundsätzlich nicht vom Sinn und Zweck der Zuwendung umfasst (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Trotz dieser Einschränkung stellt das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion eine (verhaltenssteuernde) Subvention zur Förderung der Kindererziehung dar. Zugleich verfolgt der Gesetzgeber mit dem derart ausgestalteten Elterngeld weitergehende Ziele, ua die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der gleichberechtigten Kindererziehung von Mann und Frau, der Gewährung eines finanziellen Schonraums für junge Familien bei einer betreuungsbedingten Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit der Elternteile und eine Kompensation der Betreuungskosten für das Kind (BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f).

65

Die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes unterscheidet sich allerdings wesentlich von kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV, die bei einem schutzwürdigen Wegfall des Arbeitsentgelts (infolge Unfalls, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc) den individuellen Lebensstandard des Betroffenen für einen vorübergehenden Zeitraum erhalten sollen. Das den Ausgleich nach dem BEEG begründende Ereignis (Geburt eines Kindes und die erforderliche Betreuung) ist kein Schicksalsschlag, mit dem zwingend der Ausfall von Erwerbseinkommen einhergeht. Aus diesem Grund ist das Elterngeld im Bezugszeitraum auch als subsidiäre Unterstützungsleistung ausgestaltet, auf die gleichzeitig bezogene einkommensersetzende Leistungen angerechnet werden (vgl § 3 Abs 2 Satz 1 BEEG). Gleichwohl ist das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion eine Ausgleichsleistung; es verbindet die Leistungsgewährung nicht mit der Verwirklichung eines bestimmten Erwerbsrisikos, sondern mit einer typischen - aber hinsichtlich individueller Einkommenseinbußen unterschiedlich ausgeprägten - allgemeinen Bedarfslage (vgl Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 77, 78). Die als Anreiz zur Entscheidung für ein Kind gedachte Förderleistung Elterngeld knüpft in ihrer einkommensersetzenden Funktion insoweit allein an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit an, das die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt hat. Trotz der genannten Unterschiede folgt der Gesetzgeber damit zugleich in gewisser Weise auch der kurzfristigen Entgeltersatzleistungen im Allgemeinen zugrunde liegenden Regel, dass jeder seinen Bedarf (und evtl denjenigen seiner Angehörigen) durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken hat und dem Berechtigten bei einem Einkommensausfall aus besonderen Gründen die Erhaltung seines individuellen Einkommensstandards ermöglicht wird (vgl Buchner/Becker, MuSchG - BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

66

Selbst bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen wird von der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit (bzw des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts oder -einkommens iS der §§ 14 f SGB IV) nur in Ausnahmefällen abgewichen. So erhalten Bezieher von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld bei Krankheit unter bestimmten Voraussetzungen Krankengeld nach § 47b SGB V, Verletztengeld nach § 47 Abs 2 Satz 1 SGB VII oder Versorgungskrankengeld nach § 16b Abs 5 Buchst c Bundesversorgungsgesetz (BVG). Sinn und Zweck dieser Leistungen ist der Ersatz für eine entgehende Sozialleistung (vgl zu § 47b SGB V: BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 1 KR 5/03 R - BSGE 94, 19 = SozR 4-2500 § 44 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 19.9.2002 - B 1 KR 11/02 R - BSGE 90, 72, 77 = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 S 34 f; BSG Urteil vom 2.11.2007 - B 1 KR 38/06 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 18). Diese Zielrichtung wird vom Elterngeld ersichtlich nicht verfolgt (ebenso LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 22.2.2010 - L 1 EG 6/08 - juris RdNr 32; ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.1.2009 - L 13 EG 48/08 - juris RdNr 3).

67

Nicht nur wegen der besonderen familienpolitischen Zielsetzung des Elterngeldes, sondern auch wegen des weit gefassten Kreises der Berechtigten ist es als sachgerecht anzusehen, dass der Gesetzgeber die Leistungsbemessung eng an die vorangegangene Erzielung von Erwerbseinkommen angeknüpft und dabei Entgeltersatzleistungen wie das Krankengeld unberücksichtigt gelassen hat. Anderenfalls wäre es insbesondere im Vergleich zu Berechtigten mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit zu problematischen Ungleichbehandlungen gekommen. Denn diese Personenkreise haben regelmäßig keinen Zugang zu entsprechenden Ersatzleistungen.

68

bbb) Der Gesetzgeber des BEEG musste im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG auch keine allgemeine Ausgleichsmöglichkeit für alle Berechtigten vorsehen, die in den letzten 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Arbeitsentgeltausfälle wegen Krankheit hatten. Insbesondere war er nicht gehalten, diesen Personenkreis mit solchen Berechtigten gleichzustellen, die iS von § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bzw Mutterschaftsgeld bezogen oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommenseinbußen erlitten haben.

69

Allerdings werden bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 SGB IV zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse Zeiten, die aus besonderen Gründen während des Bemessungszeitraums ohne repräsentatives Erwerbseinkommen sind, nicht in die Bemessung der Leistungshöhe einbezogen. Dies gilt zum einen für Entgeltersatzleistungen, die bei einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis das entgehende Gehalt kompensieren sollen, in Fällen von "Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis" (vgl etwa § 11 Abs 1 Satz 3 BUrlG; § 11 Abs 2 Satz 2 MuSchG; § 200 Abs 2 Satz 3 RVO; § 14 Abs 1 Satz 4 MuSchG) und zum anderen unter bestimmten Voraussetzungen (vgl § 130 Abs 2 SGB III; siehe dazu BT-Drucks 15/1515 S 85) auch für das Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (§ 117 Abs 1 Nr 1 SGB III). Diese mitunter sehr differenzierten Regelungen verwirklichen das die Sozialversicherung prägende Versicherungsprinzip (vgl hierzu BVerfGE 59, 36, 49 ff; 63, 152, 171), nach dem im Grundsatz eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung bestehen muss.

70

Demgegenüber sieht das BEEG eine Privilegierung von Einkommensausfall nur in Ausnahmefällen für Sachverhalte vor, die - nach der hier maßgeblichen Rechtslage - in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Förderzweck des Elterngeldes stehen (vgl § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG in der hier maßgeblichen Fassung vom 5.12.2006); Einkommensminderungen oder -ausfälle aufgrund allgemeiner Erwerbsrisiken (zB Krankheit, Arbeitslosigkeit, Streik etc) werden grundsätzlich nicht bei der Bemessung der Leistungshöhe berücksichtigt. Einer solchen Ausgestaltung steht Art 3 Abs 1 GG nicht entgegen, zumal der Gesetzgeber bei der Gewährung steuerfinanzierter Leistungen nicht an das versicherungstypische Gegenseitigkeitsverhältnis von Beiträgen und Leistungen (vgl jüngst zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) gebunden ist.

71

Durch die eng begrenzten Ausnahmefälle in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG hat der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Risikoverteilung vorgenommen. Einkommenseinbußen aus Gründen, die nicht direkt mit dem Zweck des Elterngeldes zusammenhängen, werden dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Zwar verzichtet der Gesetzgeber damit auf einen - möglicherweise wünschenswerten (vgl dazu Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes eV vom 1.9.2008, Ausschuss-Drucks 16(13)371c NEU zu BT-Drucks 16/9415) - sozialen Ausgleich, er orientiert sich jedoch in noch sachgerechter Weise an dem von ihm verfolgten Ziel eines (teilweisen) Ersatzes von Erwerbseinkommen, das durch die erfolgende Kindesbetreuung entfällt. Die Behebung sozialer Notlagen hat er insoweit anderen sozialen Sicherungssystemen überlassen (vgl Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

72

ccc) Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ausgestaltung der Bemessungsmethode nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG liegt auch in der Praktikabilität bei der Leistungsgewährung(vgl hierzu allg Heun in Dreier, GG, 2. Aufl 2004, Art 3 RdNr 33). So muss im Bemessungszeitraum nicht nach einem bestehenden, unterbrochenen oder beendetem Beschäftigungsverhältnis oder nach dem Grund der Einkommenseinbußen aus Erwerbstätigkeit unterschieden werden. Die hiermit sonst verbundenen Schwierigkeiten lassen sich zB an dem sehr differenziert ausgestalteten Bemessungsrecht beim Arbeitslosengeld (vgl §§ 129 ff SGB III) unschwer erkennen.

73

Bei dem grundlegenden Systemwechsel ist dem Gesetzgeber zudem zur sachgerechten Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er nach Überprüfung der erzielten Ergebnisse auf Unstimmigkeiten im Einzelfall reagieren kann (vgl BVerfG Urteil vom 13.6.1979 - 1 BvL 27/76 - BVerfGE 51, 257, 268; BVerfGE 49, 192, 210). Ob der Gesetzgeber durch die Anfügung des Satzes 7 an § 2 Abs 7 BEEG zum 24.1.2009 (vgl Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61) einen sachgerechten Schritt getan hat, kann hier offenbleiben.

74

dd) Die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in dem Bemessungszeitraum an Stelle von Krankengeld Existenz sichernde Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen haben, bei der Bemessung des Elterngeldes verstößt ebenfalls nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Beide Vergleichsgruppen haben nach dem gesetzlichen Differenzierungskriterium insoweit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 BEEG erzielt. Sie werden demnach in dieser Beziehung sachgerechterweise gleich behandelt. Da das Elterngeld keine beitragsfinanzierte Leistung der Sozialversicherung ist, brauchte der Gesetzgeber Personen, die im Bemessungszeitraum beitragsfinanzierte Entgeltersatzleistungen bezogen haben, nicht besser zu stellen als Bezieher von steuerfinanzierten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder der Sozialhilfe.

75

ee) Die Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die - zB wegen amtsangemessener Alimentation (Beamte, Richter) - bei länger als sechs Wochen andauernder Erkrankung regelmäßig keine Einbußen an Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 BEEG erleiden, führt nicht zu einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG.

76

Es besteht kein Anspruch der Klägerin als Angestellte auf Gleichbehandlung zB mit Beamten, die bei einer länger als sechs Wochen andauernden Erkrankung nicht Krankengeld beziehen, sondern weiterhin ihre Dienstbezüge erhalten; die Vergleichsgruppen sind nicht wesentlich gleich, weil sich das gesetzlich geregelte Beamten- und Richterverhältnis von dem durch privatrechtlichen Vertrag begründeten Angestelltenverhältnis grundlegend unterscheidet (vgl BVerfG Beschluss vom 2.3.2000 - 2 BvR 1508/99 - juris RdNr 5; BVerfGE 52, 303, 345). Entsprechend verhält es sich im Vergleich zu Personen, die aufgrund ihres Arbeitsvertrages Anspruch auf eine über sechs Wochen hinausgehende Entgeltfortzahlung durch ihren Arbeitgeber haben. Die insoweit im Beamten- oder Arbeitsvertragsrecht begründeten Unterschiede musste der Gesetzgeber des BEEG nicht ausgleichen; vielmehr durfte er bei der Ausgestaltung der Bemessung des Elterngeldes an den tatsächlichen Erwerbseinkommensverhältnissen der Berechtigten im Bemessungszeitraum anknüpfen.

77

ff) Soweit die Klägerin ansonsten Verletzungen von Art 3 Abs 1 GG geltend macht, beruht dies auf Missverständnissen.

78

§ 2 Abs 3 BEEG, auf den sich die Klägerin bezieht, betrifft die Berechnung von Elterngeld bei Berechtigten, die nach der Geburt des Kindes - also während der Bezugszeit - Einkommen aus Erwerbstätigkeit haben. Entgegen der Annahme der Klägerin wird dabei kein fiktives Einkommen berücksichtigt. Bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages zwischen dem vor und dem nach der Geburt erzielten Einkommen gilt lediglich für das vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen ein Höchstbetrag von 2700 Euro. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, das Elterngeld nur bis zu einem monatlichen Höchstbetrag von 1800 Euro gezahlt wird (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG), der bei einem monatlichen Nettoeinkommen von etwa 2700 Euro erreicht wird. Die Regelung des § 2 Abs 3 BEEG bewirkt damit praktisch eine Anrechnung des nach der Geburt erzielten Einkommens auf das Elterngeld. Inwiefern die Klägerin gegenüber den von dieser Vorschrift betroffenen Berechtigten benachteiligt sein könnte, ist nicht ersichtlich.

79

Ebenso wenig leuchtet die Ansicht der Klägerin ein, dass sich ein Elternteil, der vor der Geburt des Kindes gearbeitet hat und nach der Geburt des Kindes erkrankt, schlechter stehe, als ein Elternteil, der nach der Geburt des Kindes einen Resturlaub hat. Da ein während eines Resturlaubes gezahltes Arbeitsentgelt bzw eine Urlaubsabgeltung (sofern nicht sogar § 1 Abs 6 BEEG eingreift) im Rahmen des § 2 Abs 3 BEEG berücksichtigt wird, während ein nach der Geburt des Kindes bezogenes Krankengeld nach Maßgabe des § 3 Abs 2 BEEG auf das Elterngeld angerechnet wird, ist eine sachwidrige Ungleichbehandlung insoweit nicht erkennbar. Abgesehen davon sind diese Fallgestaltungen mit der Situation der Klägerin nicht vergleichbar, die im Bemessungszeitraum vor der Geburt Krankengeld bezogen hat.

80

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes der Klägerin, insbesondere über die Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld bei der Leistungsbemessung.

2

Nach der Geburt ihres Sohnes M. am 2.8.2007 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld, das ihr vom beklagten Freistaat mit Bescheid vom 21.8.2007 für den Zeitraum vom 2.8.2007 bis 1.8.2008 in Höhe von monatlich 354,01 Euro bewilligt wurde. Wegen der Anrechnung von Mutterschaftsgeld betrug der Auszahlungsbetrag in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes (2.8. bis 1.10.2007) 0,00 Euro und im dritten (2.10. bis 1.11.2007) 251,24 Euro. Bei der Leistungsbemessung wurde das von Juli 2006 bis Januar 2007 erzielte steuerpflichtige Entgelt der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt. Das von der Klägerin anschließend bezogene Arbeitslosengeld nach dem SGB III wurde nicht als Einkommen gewertet. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5.2.2008 zurück.

3

Die Klägerin hat beim Sozialgericht (SG) München Klage erhoben und dazu geltend gemacht: In ihrem Fall sei das von Februar bis Juni 2007 bezogene Arbeitslosengeld bzw das regelmäßig erhaltene Arbeitsentgelt aus der zuvor ausgeübten nichtselbstständigen Beschäftigung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 4 GG und Art 3 Abs 1 GG als Einkommen iS des § 2 Abs 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu berücksichtigen. Zum einen sei der Grund der Arbeitslosigkeit allein auf den Wechsel des Beschäftigungsorts ihres Ehemanns und den gemeinsamen Umzug nach München zurückzuführen. Zum anderen sei es einer erkennbar schwangeren Frau im Falle der Arbeitslosigkeit praktisch nicht möglich, eine neue Tätigkeit aufzunehmen, da sie wohl kein Arbeitgeber einstellen werde.

4

Das SG München hat die Klage durch Urteil vom 10.7.2008 abgewiesen. Die dagegen von der Klägerin eingelegte Berufung ist vom Bayerischen Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 24.6.2009 zurückgewiesen worden. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt:

Arbeitslosengeld und sonstige Lohnersatzleistungen stellten kein Einkommen iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG dar. Denn sie seien nach § 3 Nr 2 Einkommensteuergesetz (EStG) einkommensteuerfrei und unterlägen nach § 32g Abs 1 Nr 1 Buchst b EStG lediglich dem sog Progressionsvorbehalt. Eine planwidrige Regelungslücke liege hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von Arbeitslosengeld als Einkommen oder als sog "Hinausschiebenstatbestand" iS des § 2 Abs 7 Satz 6 Alt 2 BEEG ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien(Hinweis auf Ausschussbericht, BT-Drucks 16/2785 S 37 zu Art 1 § 2) nicht vor. Auch seien diese Regelungen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG vereinbar.

5

Vergleiche man die Klägerin mit der Gruppe derjenigen Personen, die im Bemessungszeitraum durchgehend gearbeitet und kein Arbeitslosengeld bezogen haben, weil eine Arbeitslosigkeit nicht eingetreten ist, sei eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Zum einen sei Arbeitslosengeld als Lohnersatzeinkommen im Gegensatz zu Arbeitslohn von der Einkommensteuerpflicht freigestellt und zum anderen würden sich Lohneinkommen und Lohnersatzeinkommen wesentlich unterscheiden.

6

Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erlaube es, die Berechnung der allein steuerfinanzierten Sozialleistung Elterngeld an den steuerrechtlichen Einkommensbegriff anzulehnen. Der Gesetzgeber knüpfe damit an das aufgrund von Erwerbstätigkeit "Verdiente" an und nicht an eine Versicherungsleistung, die einen Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt - im Falle des Arbeitslosengeldes aufgrund des ersatzlos weggefallenen Arbeitsplatzes - bezwecke. Das Elterngeld stelle insoweit selbst eine Lohnersatzleistung dar, nicht aber eine "Lohnersatzersatzleistung". Arbeitslosengeld und steuerpflichtiger Arbeitslohn seien auch nicht wegen des durch Versicherungsbeiträge erworbenen Anspruchs auf diese Lohnersatzleistung im Rahmen der Elterngeldbemessung gleichzustellen, da Elterngeld als steuerfinanzierte Leistung gerade keinen Sozialversicherungsbezug aufweise. Dem Elterngeld liege keine Beitragszahlung zu Grunde, die eine Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips auf der Leistungsseite erfordere.

7

Der Gesetzgeber habe sich mit dieser Ausgestaltung auch nicht in Widerspruch zu dem im BEEG manifestierten Regelungswillen oder der entwickelten Systematik der Regelungsmaterie gesetzt. Ebenso wenig sei unter Berücksichtigung des Förderzwecks des BEEG eine sachliche Differenzierung nach dem Grund der Arbeitslosigkeit geboten, etwa im Hinblick auf die soziale Wertigkeit oder auf Freiwilligkeit bzw Unfreiwilligkeit. Dies gelte im Besonderen für den Einwand der Klägerin, ihre Arbeitslosigkeit sei auf die erstrebte Familienzusammenführung zurückzuführen und eine Gleichbehandlung mit sonstigen, nicht "familienbezogenen" Anlässen des Arbeitsplatzverlustes sei sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Ausnahmetatbestand wegen familienbezogener Gründe des Arbeitsplatzverlustes - etwa durch eine Einbeziehung des Lohnersatzeinkommens in die Bemessungsgrundlage oder durch einen besonderen "Hinausschiebenstatbestand" - sei wegen der freiwilligen Lebensentscheidung der Klägerin nicht geboten; im Übrigen seien solche Einzelsachverhalte einer generellen Regelung kaum zugänglich.

8

Schließlich sei Art 6 Abs 1 GG nicht verletzt, da der Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, werdende Familien bei der Bemessung von Familienleistungen von Leistungsverschlechterungen aufgrund eines sich realisierenden allgemeinen Lebensrisikos auszunehmen, das alle Bürger treffen könne und keinen unmittelbaren Familien-, Erziehungs- und Schwangerschaftsbezug habe. Durch die mit dem Umzug nach M. verbundene Arbeitsaufgabe verwirkliche sich kein unmittelbares Familienrisiko, zumal der Ortwechsel des Ehemanns nicht erzwungen worden sei.

9

Mit ihrer vom LSG zugelassenen, beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegten Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Eine Unterscheidung von Arbeitsentgelt als "verdientes" und Arbeitslosengeld als durch Sozialversicherungsbeiträge "erdientes" Einkommen sowie ein Rückgriff auf die Definition von Einkommen aus Erwerbstätigkeit im einkommensteuerrechtlichen Sinn sei bei der Bemessung von Elterngeld in Ansehung des Art 3 Abs 1 GG nicht zulässig. Arbeitslosengeld unterscheide sich wesentlich von beitragsunabhängigen Sozialleistungen, wie zB der Sozialhilfe. Für eine entsprechende Differenzierung würden nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hohe Anforderungen gelten. Im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falls, insbesondere der Arbeitsplatzaufgabe zwecks Wahrung der Familieneinheit, sei verfassungsrechtlich (Art 3 Abs 1 GG, Art 6 GG) eine Einzelfallprüfung der Gründe des Arbeitsplatzverlustes geboten, zumal die Entscheidung ihres Ehemanns über den Arbeitsplatzwechsel dem Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art 12 GG unterliege und der gemeinsame Umzug nach München vom Grundrecht der Freizügigkeit umfasst sei. Insoweit genüge die einfachgesetzliche Ausgestaltung des BEEG nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen aus Art 3, 6, 12 GG.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 und des Sozialgerichts München vom 10. Juli 2008 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 21. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2008 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des von Februar bis Juli 2007 erfolgten Bezuges von Arbeitslosengeld zu zahlen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er trägt ua vor: Der Einkommensbegriff iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG sei gemessen an dem Förderzweck des BEEG mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Elterngeld diene dem Ausgleich von Einkommenseinbußen, die der das Kind betreuende Elternteil durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit erleide. Das Anknüpfen an das einkommensteuerpflichtige Erwerbseinkommen bei der Bemessung des Elterngeldes sei insoweit sachgerecht. Auch der Umstand, dass Arbeitslosengeld - anders als zB Sozialhilfeleistungen - eine beitragsabhängige Lohnersatzleistung sei, gebiete bei der Bemessung des Elterngelds keine Gleichbehandlung dieser Leistung mit (steuerpflichtigem) Erwerbseinkommen. Bei der Berechnung von Entgeltersatzleistungen - wie auch des Elterngeldes - würden regelmäßig gerade keine anderen Entgeltersatzleistungen berücksichtigt, vielmehr würden vom Gesetzgeber Zeiten unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Bemessungszeitraum ausgeklammert (vgl etwa § 130 Abs 2 SGB III); besonders schutzwürdige Situationen berücksichtige insoweit § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG. Im Übrigen würden auch andere Lohnersatzleistungen - etwa das Krankengeld - nicht bei der Bemessung des Elterngelds angerechnet und insofern gleich behandelt.

13

Soweit die Klägerin auf die besonderen Umstände des Einzelfalls hinweise, sei der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesetzgeber habe sich aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und im Hinblick auf eine zügige Feststellung der Leistung entschieden, gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG auf das einkommensteuerpflichtige Erwerbseinkommen abzustellen, und den damit verbundenen Härten dadurch Rechnung getragen, dass er Zeiten mit besonders schutzwürdigen Situationen bei der Festlegung des Bemessungszeitraums ausklammere. Durch die Einbeziehung weiterer Einnahmen würde das Elterngeld hingegen den Charakter als "Erwerbsersatzeinkommen" verlieren; die Typisierung der berücksichtigungsfähigen Einnahmen diene insoweit nicht ausschließlich der Verwaltungsvereinfachung und halte sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

15

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) verfolgte Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des Bezugs von Arbeitslosengeld in der Zeit von Februar bis Juli 2007. Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, besteht ein solcher Anspruch nicht.

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1. Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Ob im Fall der Klägerin sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG erfüllt sind, vermag der Senat anhand der Tatsachenfeststellungen des SG nicht zu beurteilen. Das ist hier unschädlich, weil die Klägerin jedenfalls kein höheres Elterngeld beanspruchen kann.

17

2. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.

18

a) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 2.8.2007) erstreckt sich hier zunächst von August 2006 bis Juli 2007. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Anfügung des Satzes 7 durch Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61, erfolgte mit Wirkung vom 24.1.2009 und ist deshalb hier unbeachtlich):

        

Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

19

Da die Klägerin ab Juli 2007 wegen der bevorstehenden Geburt Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleibt danach dieser Monat bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt, so dass in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum von Juli 2006 bis Juni 2007 abgestellt worden ist. Im Übrigen sind die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG offensichtlich nicht einschlägig.

20

Die bei unklarem oder nicht eindeutigem Wortlaut zur Auslegung gesetzlicher Bestimmungen heranzuziehenden Gesichtspunkte des Bedeutungszusammenhanges, der Regelungsabsicht, des Sinnes und Zweckes des Gesetzes, der Gesetzesentwicklung oder des Gebotes einer verfassungskonformen Auslegung - letztere begehrt die Klägerin sinngemäß - sind hier nicht zu erörtern, denn der eindeutige Wortsinn einer gesetzlichen Vorschrift ist die Grenze jeder Auslegung (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 143 mwN, s Bundesverfassungsgericht , BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81). Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht möglich.

21

Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auf den Fall der Klägerin lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen. Es fehlt an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes. Der Senat hat bereits zu der Nichtberücksichtigung der Elternzeit für ein älteres Kind ohne Elterngeldbezug entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 31-34). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Arbeitslosigkeit nicht lückenhaft. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich vielmehr, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen" nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 Satz 2 und 3 BEEG-Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).

22

b) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von Juli 2006 bis Juni 2007 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 Satz 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbstständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbstständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.

23

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist das von der Klägerin bezogene Arbeitslosengeld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG. Es fällt nach Auffassung des Senats insbesondere nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG.

24

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Zwar enthält auch § 19 Abs 1 EStG keine abstrakt generelle Definition des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern nur eine beispielhafte Umschreibung der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG. Daraus ist indes zu erschließen, dass jedenfalls alle Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfasst sind, die durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst sind. Alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis sind daher Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28 mwN; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 9. Aufl 2010, § 19 RdNr 13, 15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 19 RdNr 16, 17). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG im weitesten Sinne Gegenleistungscharakter aufweisen, also "für eine Beschäftigung" gewährt werden bzw als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sein(jüngst BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN; vgl auch BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250). Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist, und nicht danach, wer die Zahlung vorgenommen hat. Denn es können auch Bar- oder Sachzuwendungen Dritter Arbeitslohn darstellen, soweit sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250; BFH Urteil vom 5.7.1996 - VI R 10/96 - BFHE 180, 441, 442).

25

Bereits das Merkmal des Gegenleistungscharakters fehlt dem Arbeitslosengeld. Rechtsgrund für die Leistungsgewährung ist das Versicherungsverhältnis und nicht die (frühere) Beschäftigung. Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung zum zu versteuernden Arbeitslohn gehören und damit auch die Verschaffung eines solchen - gesetzlichen oder privaten - Versicherungsschutzes durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn darstellt (BFH Beschluss vom 11.9.2007 - VI B 146/05 - juris RdNr 3; BFH Beschluss vom 29.10.2004 - XI B 170/03 - juris RdNr 3). Demgegenüber sind jedoch Leistungen aus diesem Versicherungsverhältnis, die nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehen, sondern auf einem eigenen Anspruch des Arbeitnehmers beruhen, regelmäßig auch dann kein Arbeitslohn, wenn der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247 - juris RdNr 14). Somit ist Arbeitslosengeld weder Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(vgl auch Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftssteuergesetz, § 3 Nr 2 EStG RdNr 2 mwN) noch Bezug oder Vorteil aus früheren Dienstleistungen iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG, da auch diese Einnahmen nach den allgemeinen Grundsätzen durch das (frühere) Dienstverhältnis veranlasst sein müssen(vgl BFH Urteil vom 14.4.2005 - VI R 134/01 - BFHE 209, 361). Mangels rechtlichen Zusammenhangs mit dem früheren Beschäftigungsverhältnis ist Arbeitslosengeld auch nicht als Entschädigung iS des § 24 Abs 1 Buchst a EStG den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Nr 1 EStG zuzuordnen(zur Einordnung der Einkünfte nach § 24 EStG als nicht selbstständige Einkunftsart vgl BFH Urteil vom 16.10.2002 - XI R 71/00 - BFHE 200, 544 - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 9.10.2007 - B 5b/8 KN 1/06 KR R - SozR 4-2500 § 10 Nr 8 juris RdNr 17; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 2/05 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 6 juris RdNr 13).

26

Da Arbeitslosengeld bereits kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ist, kommt es nicht darauf an, dass diese Sozialleistung gemäß § 3 Nr 2 EStG von der Steuer befreit ist. Die in § 3 EStG geregelten Tatbestände der Steuerbefreiungen sind nach den gesetzlichen Vorgaben - wie sie das LSG zu Recht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat - bereits bei der Ermittlung der Einkünfte nach dem objektiven Nettoprinzip gemäß § 2 Abs 1 und Abs 2 EStG zu prüfen(vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 ff mwN). Dies hat zur Folge, dass steuerfreie Beträge steuerrechtlich weder als steuerpflichtige Einnahmen noch als steuerpflichtige Einkünfte noch als steuerpflichtiges Einkommen behandelt werden dürfen und das Arbeitslosengeld auch aus diesem Grund der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nicht zugrunde gelegt werden darf.

27

c) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin mit Bescheid vom 21.8.2007 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von Juli 2006 bis Juni 2007 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin ein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 357,22 Euro ermittelt und daraus - unter Heranziehung der Geringverdienerregelung des § 2 Abs 2 BEEG - den monatlichen Elterngeldanspruch der Klägerin von 354,01 Euro abgeleitet hat.

28

3. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG.

29

a) Der Senat hält daran fest, dass das BEEG im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG wirksam erlassen worden ist (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff mwN; Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2712/09). Dabei versteht er den in Art 74 Abs 1 Nr 7 GG verwendeten Begriff der öffentlichen Fürsorge in einem weiten Sinne. Das Elterngeld wird davon umfasst, weil es dazu beitragen soll, die Lebensgrundlagen junger Familien zu sichern und diese vor dem Eintritt einer finanziellen Bedarfslage zu bewahren (vgl BSG aaO RdNr 39; siehe allgemein dazu auch Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl 2009, Art 74 RdNr 35 f mwN). Bemerkenswert ist insoweit, dass das BVerfG auch die Regelung in § 90 SGB VIII über die Staffelung von Kindergartenbeiträgen nach dem Familieneinkommen dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG zugeordnet hat(vgl BVerfGE 97, 332, 341 f).

30

Ebenso wenig vermag der Senat dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG eine mangelnde Kompetenz des Bundes zur Einführung steuerfinanzierter Einkommensersatzleistungen zu entnehmen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ausgestaltung der Leistung einem weit verstandenen Begriff der öffentlichen Fürsorge entspricht. Das ist beim Elterngeld der Fall. Die Orientierung an Bedarfslagen zeigt sich insbesondere an dem Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG), der Begünstigung von Geringverdienern (§ 2 Abs 2 BEEG) und Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG), dem "Geschwisterbonus" (§ 2 Abs 4 BEEG) sowie der Festlegung eines Höchstbetrages von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG).

31

In den Genuss des Höchstbetrages kommen Bezieher ab einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von rund 2700 Euro. Selbst dieser Betrag ist kein hohes Erwerbseinkommen, sondern wird von vielen Arbeitnehmern der mittleren Bildungsebene - unter Umständen mit steuerpflichtigen Mehrarbeitszuschlägen - erreicht (vgl Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2010, S 535 über die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste im Jahr 2009 ua in der Leistungsgruppe 3 - Fachkräfte -, siehe S 531). Das Elterngeld fördert damit schwerpunktmäßig Erziehende, die im Bemessungszeitraum kleinere bis mittlere Einkommen erzielt haben. Diese Einschätzung wird erhärtet durch die Zahlen über die Höhe des Elterngeldes von Personen, die in der Zeit von Januar 2007 bis Juni 2008 einen Antrag gestellt haben. Von allen Leistungsbeziehern erhielten 53,4 % ein Elterngeld von 300 bis 500 Euro, 28,4 % von 500 bis unter 1000 Euro, 11,4 % von 1000 bis unter 1500 Euro und 6,8 % von 1500 bis 1800 Euro (siehe Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG sowie über die ggf notwendige Weiterentwicklung, BT-Drucks 16/10770 S 12 Tabelle 3).

32

Schließlich bleibt der Senat auch bei seiner Beurteilung, dass dem Gesetzgebungsrecht des Bundes Art 72 Abs 2 GG nicht entgegensteht (vgl BSG aaO RdNr 40). Für das BEEG ist die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zu bejahen.

33

b) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach der Bezug von Arbeitslosengeld, das an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts getreten ist, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt wird.

34

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarras in Jarras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

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Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.

36

Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei der Klägerin - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (aa). Dabei durfte der Bemessungszeitraum grundsätzlich auf 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes beschränkt werden, was zu einer Benachteiligung von Personen führt, die nur für weiter zurückliegende Zeiträume einen lückenlosen Arbeitsentgeltbezug vorweisen können (bb). Speziell ist es gerechtfertigt, dass die Klägerin als Bezieherin von Arbeitslosengeld - unabhängig von den dafür maßgeblichen Gründen - ungünstiger behandelt wird als Berechtigte, die im Bemessungszeitraum durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben oder bei denen in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes liegende Arbeitsentgeltausfälle gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (cc). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in der betreffenden Zeit Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII erhalten haben (dd).

37

aa) Durch das BEEG hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel gegenüber dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vorgenommen. Während das Erziehungsgeld eine von der Bedürftigkeit der antragstellenden Person abhängige Leistung (§ 4 Abs 1 BErzGG, § 5 Abs 3 BErzGG)mit pauschaler, begrenzter Höhe (nach § 5 Abs 1 BErzGG monatlich 450 bzw 300 Euro)war, ist das Elterngeld über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus von 75 Euro hinaus als Leistung ausgestaltet, die das vor der Geburt liegende Erwerbseinkommen des Berechtigten bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 BEEG) ersetzt (vgl BSG Urteile vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19, und vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 55; siehe allgemein auch Pauli in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG Komm, § 2 BEEG RdNr 2; Jung SGb 2007, 449; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 31, 33). Dabei kommt den Basisbeträgen ersichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl Fuchsloch/Scheiwe, aaO RdNr 43), was durch die Erhöhung um je 300 Euro bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG) untermauert wird. Hinsichtlich der darüber hinaus möglichen Leistungshöhe, die sich nach dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff).

38

aaa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel.

39

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2).

40

Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), ist das Differenzierungsziel insbesondere unter Berücksichtigung einer Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl hierzu etwa BVerfG Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BVerfGE 99, 216, 234), einer Steigerung der Geburtenrate und einer (teilweisen) Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens legitim. Es sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen.

41

(1) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von Alleinverdienerehen gegenüber Doppelverdienerehen, bei denen die Berechtigten durch die Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG regelmäßig höhere Leistungsansprüche erzielen(vgl hierzu auch Weilert, DVBl 2010, 164, 166).

42

Art 6 Abs 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob eine Ehefrau sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will; eine Einwirkung des Gesetzgebers dahin, die Ehefrau "ins Haus zurückzuführen", wäre deshalb auch wegen eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 GG verfassungswidrig (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Gleiches gilt, wenn der Ehemann durch eine gesetzliche Regelung in seiner Entscheidungsfreiheit hinsichtlich einer eigenen Erwerbstätigkeit beeinträchtigt wird, weil oder solange seine Ehefrau erwerbstätig ist. Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe" ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Diese Grundsätze gelten insbesondere für die Eingriffsverwaltung, etwa im Steuerrecht (vgl BVerfGE 107, 27, 53 ff). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über einen großen Gestaltungsspielraum - Art und Maß bestimmt er in politischer Verantwortung. Wegen des Freiheitsprinzips des GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen, neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst noch zur Bewährung ansteht (vgl Di Fabio, NJW 2003, 993, 997).

43

Nach Auffassung des Senats hat die Förderung durch das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht die Intensität, dass durch die größere Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Alleinverdienerehen in den Schutzbereich des Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG eingegriffen wird(so auch Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; Weilert DVBl 2010, 164, 166). Die befristete Förderleistung berührt nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit von Eheleuten hinsichtlich ihrer innerfamiliären Aufgabenverteilung. Finanzielle Anreize - wie jede Form einer umfassenderen Förderung - können zwar stets eine überschießende Einflussnahme mit sich bringen. Das Elterngeld übt jedoch weder einen auch nur mittelbaren Zwang zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus noch nimmt es derart Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet es vielen Eltern erst die Alternative, mit geringeren wirtschaftlichen Zwängen eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu wagen (vgl auch Becker aaO).

44

(2) Ein Differenzierungsverbot lässt sich auch nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273; 29, 221, 235). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entschließung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - juris RdNr 15).

45

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden, selbst wenn das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Besserverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte. Auch insoweit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind.

46

bbb) Der Gesetzgeber hat für die Bemessung der Elterngeldhöhe mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt.

47

Zur Erreichung seines Differenzierungszieles hat der Gesetzgeber das Elterngeld als progressive (durch einen Höchstbetrag) begrenzte Leistung nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 7 BEEG in formaler Anknüpfung an das bis zur Geburt des Kindes erzielte Erwerbseinkommen ausgestaltet(vgl BT-Drucks 16/1889 S 15). Dabei hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff den Vorzug gegeben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37; s dazu auch BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 3 RdNr 19 ff).

48

Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl hierzu jüngst BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen (vgl zur Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 18-20; zum BErzGG BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 3/97 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 16 S 93) und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen. Mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG knüpft er insoweit sachbezogen an das Differenzierungsziel an, gerade Erwerbstätigen die größten Anreize zur Entscheidung für ein Kind zu bieten und höhere Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen. Um nach seiner Auffassung die Gesetzesziele am zweckmäßigsten zu erreichen, durfte er auch den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach sozial- oder steuerrechtlichen Vorgaben ausrichten, wie dies im Gesetzgebungsverfahren geschehen ist (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass es gemessen an dem Sinn und Zweck des Elterngeldes in seiner Funktion, einen Ausgleich für die Einkommenseinbußen durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung in dem ersten Lebensjahr des Kindes zu bieten, grundsätzlich sachgerecht ist, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die Summe der positiven Einkünfte ua aus nicht selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG verweist(vgl Urteil aaO RdNr 39). Auch das BErzGG hatte bereits im Rahmen der Ermittlung der Einkommensgrenzen (§ 5 Abs 3, § 6 Abs 1 Satz 1 BErzGG) auf "die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG" abgestellt.

49

ccc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen der Berechtigten anzuknüpfen, ist nicht nur frei von Willkür. Sie hält nach Auffassung des Senats auch - zunächst nur allgemein betrachtet - einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stand.

50

Zwar kann ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in einer Systemwidrigkeit, also einer Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", liegen (vgl BVerfGE 34, 103, 115 mwN; stRspr). Ein Systemwechsel, wie ihn der Gesetzgeber beim Übergang vom BErzGG zum BEEG vollzogen hat, bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt. Art 3 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber insoweit nicht, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn das Elterngeld zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen gehört, die sich ansonsten weitestgehend an der Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren, ist es damit nicht Teil eines feststehenden Systems, das für eine bestimmte, durch ein gesondertes Gesetz vorgesehene Leistung keine andere Ausrichtung, hier im Sinne eines Ersatzes von entfallendem Erwerbseinkommen, zuließe.

51

Das im BEEG vorgesehene Bemessungskriterium ist zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks geeignet (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 - BVerfGE 96, 10, 23), mit dem Elterngeld einen Ausgleich für Einkommenseinbußen zu gewähren, die mit der Entscheidung für das Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Je höher das Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes ist, desto eher wird ein Elternteil zur Unterbrechung oder Einschränkung der Berufstätigkeit zwecks Kindererziehung ermutigt, wenn sich das Elterngeld an der bisherigen Einkommenshöhe orientiert.

52

Auch die Erforderlichkeit dieses Bemessungskriteriums ist zu bejahen, da keine gleichermaßen geeigneten Alternativen ersichtlich sind, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere wäre eine stärkere Förderung von Personen, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht möglich gewesen.

53

Schließlich ist es auch als angemessen anzusehen, dass für die Höhe des Elterngeldes - soweit es die Basisbeträge übersteigt - das zuvor erzielte Erwerbseinkommen maßgebend ist. Die sich dabei ergebenden Ungleichbehandlungen sind Folge des zulässigen Gesetzeszwecks. Sie spiegeln die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes und damit die mit der Entscheidung für die Kindererziehung verbundenen Einbußen bei den Einkünften aus der bisherigen Erwerbstätigkeit wider.

54

bb) Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG bemisst sich das Elterngeld nach dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das von dem Berechtigten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt worden ist. Bei Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit wird von diesem Zeitraum - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG(der mit Wirkung vom 24.1.2009 angefügte Satz 7 ist hier weder anwendbar noch seinem Inhalt nach einschlägig) abgewichen. Personen, die diese Ausnahmetatbestände nicht erfüllen, können mithin, soweit sie im Bemessungszeitraum - zeitweise wie die Klägerin - kein oder nur ein gekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben, nicht auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Kalendermonate mit (höherem) Erwerbseinkommen zurückgreifen. Diese Benachteiligung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 53 ff).

55

aaa) Mit der grundsätzlichen Beschränkung des Bemessungszeitraums auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verfolgt der Gesetzgeber ein zulässiges Differenzierungsziel. Er möchte den vorgesehenen Einkommensersatz auf die aktuellen Verhältnisse vor der Geburt ausrichten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20) und damit - ersichtlich - eine größtmögliche Anreizwirkung in Richtung auf eine Entscheidung für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten des Kindes und dessen Betreuung erzielen. Dieser Ausrichtung des Elterngeldes steht insbesondere kein verfassungsrechtliches Verbot aus Art 6 Abs 1 GG entgegen.

56

Zwar mag es zutreffen, dass durch einen auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes begrenzten Bemessungszeitraum die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe mittelbar etwas stärker beeinflusst werden kann als bei einem weiter gefassten Bemessungszeitraum. Darin liegt jedoch noch kein relevanter Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG. Das Gesetz legt nur die tatsächlichen Erwerbsverhältnisse der Ehegatten in dem Jahr vor der Geburt des Kindes zugrunde. Weiter zurückliegende Entscheidungen betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe muss er im Rahmen der Elterngeldbemessung ebenso wenig berücksichtigen wie zukünftige Pläne der Ehegatten hinsichtlich der jeweiligen Erwerbstätigkeit.

57

bbb) Der 12-monatige Bemessungszeitraum stellt auch ein zulässiges Differenzierungskriterium dar. Verfassungsrechtliche Verbote sind insoweit nicht ersichtlich. Die einschlägigen Regelungen des BEEG erscheinen dem erkennenden Senat in Ansehung des gesetzgeberischen Zieles auch als verhältnismäßig.

58

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein grundsätzlich auf 12 Kalendermonate begrenzter Bemessungszeitraum die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes am besten abbildet (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Wie bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (vgl § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV) ist Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG die sog Bezugs- und Referenzmethode(vgl hierzu auch Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 juris RdNr 35; bereits BSG Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 105/63 - BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSG Urteil vom 22.2.1972 - 3 RK 85/69 - BSGE 34, 79 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 19/05 R - BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 21 ff), nach der unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt. Dabei hat der Gesetzgeber - auch in Ansehung des befristeten Bezugszeitraums des Elterngeldes von bis zu 14 Monaten (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG; zur Möglichkeit einer Verlängerung auf maximal 28 Monate durch Halbierung des Auszahlungsbetrages vgl § 6 Satz 2 BEEG) - einen geeigneten Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten vor der Geburt gewählt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG). Das Ende des Bemessungszeitraums knüpft damit an das ausgleichsberechtigende Ereignis an und trägt dem Erfordernis Rechnung, den voraussichtlichen betreuungsbedingten Einkommensausfall des Elternteils einfach und nachvollziehbar zu bestimmen (vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 35).

59

Die Ausgestaltung des Bemessungszeitraums erscheint auch als erforderliches Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks. Andere Lösungen hätten entweder mehr finanzielle Mittel bzw einen größeren Verwaltungsaufwand beansprucht oder das verfolgte Ziel wäre verfehlt worden. Insbesondere hätte eine Berücksichtigung weit zurückliegender Erwerbsverhältnisse des Berechtigten die beabsichtigte Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes vernachlässigt.

60

Schließlich erachtet der Senat die einschlägige gesetzliche Regelung, soweit es den grundsätzlichen Bemessungszeitraum anbelangt, auch nicht als unangemessen. Die durch die zeitliche Begrenzung des Bemessungszeitraums verursachte Ungleichbehandlung zwischen berechtigten Personen ist sachlich gerechtfertigt. Die voneinander abweichenden Einkommensverhältnisse der Betroffenen im Zeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes legen in Ansehung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes eine entsprechend differenzierte Behandlung nahe.

61

cc) Da das Arbeitslosengeld gemäß § 2 Abs 1 und 7 Satz 1 bis 4 BEEG iVm dem Einkommenssteuerrecht nicht als Arbeitsentgelt anzusehen ist, wird die Klägerin bei der Bemessung des Elterngeldes ungünstiger behandelt als Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums kein Arbeitslosengeld, sondern ungekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben. Darüber hinaus bleiben die Kalendermonate mit Arbeitslosengeldbezug bei der Bestimmung der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden 12 Kalendermonate auch nicht unberücksichtigt, so dass bei der Klägerin, anders als bei Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG erfüllen, nicht auf weiter zurückliegende Kalendermonate zurückgegriffen werden kann, in denen sie wahrscheinlich ein Arbeitsentgelt vorweisen kann. Die darin liegende Benachteiligung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

62

aaa) Der Gesetzgeber war im Rahmen seiner zulässigen Zielsetzung, einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen zu schaffen, von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Arbeitslosengeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Arbeitslosengeld unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass es gerade ausgefallenes Arbeitsentgelt ersetzen soll. Der Ausschluss von Arbeitslosengeld (und anderer Lohnersatzleistungen) bei der Leistungsbemessung stellt insoweit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks dar. Diese gesetzliche Maßnahme ist auch als erforderlich anzusehen, weil gleichermaßen geeignete Alternativen nicht erkennbar sind. Eine Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in die Bemessung des Elterngeldes würde einen höheren finanziellen Aufwand erfordern. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Nichtberücksichtigung von Arbeitslosengeld bei den für die Leistungshöhe maßgebenden Einkünften als gerechtfertigt anzusehen.

63

Das Elterngeld ist eine familienpolitische Förderleistung eigener Art, mit der - im Gegensatz zu "regulären" kurzfristigen Entgeltersatzleistungen zur Aufrechterhaltung des individuellen Lebensstandards in sozialen Notlagen - vielfältige Ziele verfolgt werden (wegen der "Vermengung" der gesetzgeberischen Zielrichtungen krit Seiler NVwZ 2007, 129, 133). Sicher soll sie auch der Stagnation der Geburtenzahlen in Deutschland entgegenwirken und deswegen Erwerbstätigen einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, sich trotz der finanziellen Einbußen, die mit einer Einschränkung der beruflichen Arbeit zwecks Kindererziehung verbunden sind, für ein Kind zu entscheiden. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt der Staat eine einkommensorientierte Zuwendung in Aussicht, mit der diejenigen Einbußen an Erwerbseinkommen ganz oder teilweise kompensiert werden sollen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem ausgleichsberechtigenden Ereignis - der Geburt des Kindes - stehen. Realisiert sich in der Zeit vor der Geburt des Kindes bereits ein anderes Erwerbsrisiko (Wirtschafts- oder Arbeitsmarktlage, Streik, Krankheit etc), so sind die damit einhergehenden Einkommensausfälle grundsätzlich nicht vom Sinn und Zweck der Zuwendung umfasst (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Trotz dieser Einschränkung stellt das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion eine (verhaltenssteuernde) Subvention zur Förderung der Kindererziehung dar. Zugleich verfolgt der Gesetzgeber mit dem derart ausgestalteten Elterngeld weitergehende Ziele, ua die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der gleichberechtigten Kindererziehung von Mann und Frau, der Gewährung eines finanziellen Schonraums für junge Familien bei einer betreuungsbedingten Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit der Elternteile und eine Kompensation der Betreuungskosten für das Kind (BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f).

64

Die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes unterscheidet sich allerdings wesentlich von kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV, die bei einem schutzwürdigen Wegfall des Arbeitsentgelts (infolge Unfalls, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc) den individuellen Lebensstandard des Betroffenen für einen vorübergehenden Zeitraum erhalten sollen. Das den Ausgleich nach dem BEEG begründende Ereignis (Geburt eines Kindes und die erforderliche Betreuung) ist kein Schicksalsschlag, mit dem zwingend der Ausfall von Erwerbseinkommen einhergeht. Aus diesem Grund ist das Elterngeld im Bezugszeitraum auch als subsidiäre Unterstützungsleistung ausgestaltet, auf die gleichzeitig bezogene einkommensersetzende Leistungen angerechnet werden (vgl § 3 Abs 2 Satz 1 BEEG). Gleichwohl ist das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion eine Ausgleichsleistung; es verbindet die Leistungsgewährung nicht mit der Verwirklichung eines bestimmten Erwerbsrisikos, sondern mit einer typischen - aber hinsichtlich individueller Einkommenseinbußen unterschiedlich ausgeprägten - allgemeinen Bedarfslage (vgl Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 77, 78). Die als Anreiz zur Entscheidung für ein Kind gedachte Förderleistung Elterngeld knüpft in ihrer einkommensersetzenden Funktion insoweit allein an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit an, das die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt hat. Trotz der genannten Unterschiede folgt der Gesetzgeber damit zugleich in gewisser Weise auch der kurzfristigen Entgeltersatzleistungen im Allgemeinen zugrunde liegenden Regel, dass jeder seinen Bedarf (und evtl denjenigen seiner Angehörigen) durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken hat und dem Berechtigten bei einem Einkommensausfall aus besonderen Gründen die Erhaltung seines individuellen Einkommensstandards ermöglicht wird (vgl Buchner/Becker, MuSchG - BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

65

Selbst bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen wird von der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit (bzw des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts oder -einkommens iS der §§ 14 f SGB IV) nur in Ausnahmefällen abgewichen. So erhalten Bezieher von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld bei Krankheit unter bestimmten Voraussetzungen Krankengeld nach § 47b SGB V, Verletztengeld nach § 47 Abs 2 Satz 1 SGB VII oder Versorgungskrankengeld nach § 16b Abs 5 Buchst c Bundesversorgungsgesetz (BVG). Sinn und Zweck dieser Leistungen ist der Ersatz für eine entgehende Sozialleistung (vgl zu § 47b SGB V: BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 1 KR 5/03 R - BSGE 94, 19 = SozR 4-2500 § 44 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 19.9.2002 - B 1 KR 11/02 R - BSGE 90, 72, 77 = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 S 34 f; BSG Urteil vom 2.11.2007 - B 1 KR 38/06 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 18). Diese Zielrichtung wird vom Elterngeld ersichtlich nicht verfolgt (ebenso LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 22.2.2010 - L 1 EG 6/08 - juris RdNr 32; ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.1.2009 - L 13 EG 48/08 - juris RdNr 3).

66

Nicht nur wegen der besonderen familienpolitischen Zielsetzung des Elterngeldes, sondern auch wegen des weit gefassten Kreises der Berechtigten ist es als sachgerecht anzusehen, dass der Gesetzgeber die Leistungsbemessung eng an die vorangegangene Erzielung von Erwerbseinkommen angeknüpft und dabei Entgeltersatzleistungen wie das Arbeitslosengeld unberücksichtigt gelassen hat. Anderenfalls wäre es insbesondere im Vergleich zu Berechtigten mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit zu problematischen Ungleichbehandlungen gekommen. Denn diese Personenkreise haben regelmäßig keinen Zugang zu entsprechenden Ersatzleistungen.

67

bbb) Der Gesetzgeber des BEEG musste im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG auch keine Ausgleichsmöglichkeit für Berechtigte vorsehen, die in den letzten 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Arbeitsentgeltausfälle wegen Arbeitslosigkeit hatten. Insbesondere war er nicht gehalten, diesen Personenkreis mit solchen Berechtigten gleichzustellen, die iS von § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bzw Mutterschaftsgeld bezogen oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommenseinbußen erlitten haben.

68

Allerdings werden bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 SGB IV zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse Zeiten, die aus besonderen Gründen während des Bemessungszeitraums ohne repräsentatives Erwerbseinkommen sind, nicht in die Bemessung der Leistungshöhe einbezogen. Dies gilt zum einen für Entgeltersatzleistungen, die bei einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis das entgehende Gehalt kompensieren sollen, in Fällen von "Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis" (vgl etwa § 11 Abs 1 Satz 3 BUrlG; § 11 Abs 2 Satz 2 MuSchG; § 200 Abs 2 Satz 3 RVO; § 14 Abs 1 Satz 4 MuSchG) und zum anderen unter bestimmten Voraussetzungen (vgl § 130 Abs 2 SGB III; siehe dazu BT-Drucks 15/1515 S 85) auch für das Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (§ 117 Abs 1 Nr 1 SGB III). Diese mitunter sehr differenzierten Regelungen verwirklichen das die Sozialversicherung prägende Versicherungsprinzip (vgl hierzu BVerfGE 59, 36, 49 ff; 63, 152, 171), nach dem im Grundsatz eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung bestehen muss.

69

Demgegenüber sieht das BEEG eine Privilegierung von Einkommensausfall nur in Ausnahmefällen für Sachverhalte vor, die - nach der hier maßgeblichen Rechtslage - in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Förderzweck des Elterngeldes stehen (vgl § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG in der hier maßgeblichen Fassung vom 5.12.2006); Einkommensminderungen oder -ausfälle aufgrund allgemeiner Erwerbsrisiken (zB Arbeitslosigkeit, Streik, Krankheit etc) werden grundsätzlich nicht bei der Bemessung der Leistungshöhe berücksichtigt. Einer solchen Ausgestaltung steht Art 3 Abs 1 GG nicht entgegen, zumal der Gesetzgeber bei der Gewährung steuerfinanzierter Leistungen nicht an das versicherungstypische Gegenseitigkeitsverhältnis von Beiträgen und Leistungen (vgl jüngst zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) gebunden ist.

70

Durch die eng begrenzten Ausnahmefälle in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG hat der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Risikoverteilung vorgenommen. Einkommenseinbußen aus Gründen, die nicht direkt mit dem Zweck des Elterngeldes zusammenhängen, werden dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Zwar verzichtet der Gesetzgeber damit auf einen - möglicherweise wünschenswerten (vgl dazu Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes eV vom 1.9.2008, Ausschuss-Drucks 16(13)371c NEU zu BT-Drucks 16/9415) - sozialen Ausgleich, er orientiert sich jedoch in noch sachgerechter Weise an dem von ihm verfolgten Ziel eines (teilweisen) Ersatzes von Erwerbseinkommen, das durch die erfolgende Kindesbetreuung entfällt. Die Behebung sozialer Notlagen hat er insoweit anderen sozialen Sicherungssystemen überlassen (vgl Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8). Dementsprechend brauchte der Gesetzgeber auch Fälle einer "familienbedingten" Arbeitslosigkeit, wie sie die Klägerin geltend macht, nicht in die Regelung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG einzubeziehen.

71

ccc) Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ausgestaltung der Bemessungsmethode nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG liegt auch in der Praktikabilität bei der Leistungsgewährung(vgl hierzu allg Heun in Dreier, GG, 2. Aufl 2004, Art 3 RdNr 33). So muss im Bemessungszeitraum nicht nach einem bestehenden, unterbrochenen oder beendetem Beschäftigungsverhältnis oder nach dem Grund der Einkommenseinbußen aus Erwerbstätigkeit unterschieden werden. Die hiermit sonst verbundenen Schwierigkeiten lassen sich zB an dem sehr differenziert ausgestalteten Bemessungsrecht beim Arbeitslosengeld (vgl §§ 129 ff SGB III) unschwer erkennen.

72

Bei dem grundlegenden Systemwechsel ist dem Gesetzgeber zudem zur sachgerechten Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er nach Überprüfung der erzielten Ergebnisse auf Unstimmigkeiten im Einzelfall reagieren kann (vgl BVerfG Urteil vom 13.6.1979 - 1 BvL 27/76 - BVerfGE 51, 257, 268; BVerfGE 49, 192, 210). Ob der Gesetzgeber durch die Anfügung des Satzes 7 an § 2 Abs 7 BEEG zum 24.1.2009 (vgl Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61) einen sachgerechten Schritt getan hat, kann hier offenbleiben.

73

dd) Die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in dem Bemessungszeitraum an Stelle von Arbeitslosengeld Existenz sichernde Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen haben, bei der Bemessung des Elterngeldes verstößt ebenfalls nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Beide Vergleichsgruppen haben nach dem gesetzlichen Differenzierungskriterium insoweit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 BEEG erzielt. Sie werden demnach in dieser Beziehung sachgerechterweise gleich behandelt. Da das Elterngeld keine beitragsfinanzierte Leistung der Sozialversicherung ist, brauchte der Gesetzgeber Personen, die im Bemessungszeitraum beitragsfinanzierte Entgeltersatzleistungen bezogen haben, nicht besser zu stellen als Bezieher von steuerfinanzierten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe.

74

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die 1978 geborene Klägerin begehrt höheres Elterngeld. Sie war seit Mai 2001 als Zahnarzthelferin abhängig beschäftigt. Ab 15.12.2005 war sie aufgrund eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig krank. Ihr Arbeitgeber zahlte ihr bis zum 26.1.2006 das Entgelt fort; anschließend bezog sie bis zum 5.12.2006 Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Vom 6.12.2006 bis zum 14.3.2007 erhielt die Klägerin Mutterschaftsgeld. Am 10.1.2007 wurde ihre Tochter A. geboren.

2

Auf Antrag der Klägerin bewilligte das beklagte Land für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes (10.1.2007 bis 9.1.2008) Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich, das im ersten bis dritten Lebensmonat wegen Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nebst Arbeitgeberzuschuss nicht in voller Höhe ausgezahlt wurde. Bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes berücksichtigte der Beklagte nur das vom 1.12.2005 bis 26.1.2006 gezahlte (Netto-)Arbeitsentgelt, nicht jedoch das von der Klägerin vom 27.1.2006 bis 5.12.2006 bezogene Verletztengeld, weil es sich dabei um eine steuerfreie Lohnersatzleistung handle (Bescheid vom 22.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.2007).

3

Mit der dagegen beim Sozialgericht (SG) Lübeck erhobenen Klage beanspruchte die Klägerin, ihr höheres Elterngeld nach dem zuletzt erzielten Nettoeinkommen, hochgerechnet auf zwölf Monate, hilfsweise unter Berücksichtigung des bezogenen Verletztengeldes zu gewähren. Sie sei im Bemessungszeitraum unverschuldet an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert gewesen. Mit diesem Begehren hatte sie weder vor dem SG noch vor dem Schleswig-Holsteinischen Landesozialgericht (LSG) Erfolg (Urteil des SG vom 17.6.2008; Urteil des LSG vom 22.2.2010). Das LSG hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Nach § 2 Abs 1 BEEG werde Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Nach § 2 Abs 7 Satz 6 BEEG würden Kalendermonate, in denen Mutterschaftsgeld bezogen worden sei oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführende Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit weggefallen sei, nicht berücksichtigt. Danach sei Verletztengeld weder bei der Festlegung des Bemessungszeitraums noch als Einkommen zu berücksichtigen. Es sei - wie das Krankengeld - nach § 3 Nr 1 Buchst a Einkommensteuergesetz (EStG) eine steuerfreie Einnahme und damit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS von § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG.

4

Weder die Nichtberücksichtigung des Verletztengeldes noch das Fehlen eines Ausnahmetatbestandes für den Fall einer nicht schwangerschaftsbedingten Erkrankung sei verfassungsrechtlich zu beanstanden, insbesondere liege kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor.

5

Die Ungleichbehandlung von schwangerschaftsbedingter und schwangerschaftsunabhängiger Erkrankung sei dadurch gerechtfertigt, dass das besondere Risiko der Schwangerschaft bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zu Nachteilen führen solle. Der Gesetzgeber sei im Rahmen der Elternförderung hingegen nicht verpflichtet, das allgemeine Risiko einer Erkrankung auszugleichen.

6

Auch die Ungleichbehandlung von Arbeitsentgelt und Verletztengeld sei nicht sachwidrig. Das Bayerische LSG habe sich in seinem Urteil vom 24.6.2009 - L 12 EG 55/09 - ausführlich mit der Frage der unterschiedlichen Behandlung von Arbeitsentgelt und Krankengeld befasst. Die Ungleichbehandlung sei danach dadurch gerechtfertigt, dass Krankengeld als Lohnersatzleistung im Gegensatz zu Arbeitslohn von der Einkommensteuerpflicht freigestellt sei. Die Beschränkung des im Rahmen des steuerfinanzierten Elterngeldes zu ersetzenden Einkommens auf steuerpflichtige Einnahmen sei nicht unsachlich. Das Elterngeld sei eine Lohnersatzleistung, aber keine Lohnersatzersatzleistung. Dieser überzeugenden Begründung schließe sich der Senat für den Bezug von Verletztengeld an. Auch dieses sei eine Lohnersatzleistung, die von der Steuerpflicht freigestellt sei, nämlich bei Arbeitsunfähigkeit, die durch einen Arbeitsunfall verursacht worden sei.

7

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt, mit der sie eine Verletzung des § 2 Abs 1 und Abs 2 BEEG rügt. Berechnungsgrundlage könne nicht allein das Lohnfortzahlungssegment von Dezember 2005 bis Januar 2006, sondern müsse das Nettoeinkommen sein, das sie vor dem unverschuldeten Arbeitsunfall erzielt habe. Sie sei nicht anders zu behandeln als eine Mutter, die wegen Geburt eines ersten Kindes daran gehindert sei, vor Geburt des zweiten Kindes wieder erwerbstätig zu sein. Die einschlägige Bestimmung sei im Hinblick auf eine Regelungslücke verfassungskonform auszulegen. Sie könne sich der Auffassung des LSG, der Gesetzgeber habe bewusst nur in Fällen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung eine Ausnahmeregelung getroffen, nicht anschließen. Gerade der Fall einer Arbeitsentgelteinbuße durch die Folgen eines Arbeitsunfalls sei besonders zu behandeln.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. Februar 2010 und des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Juni 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr Elterngeld in Höhe von 67 % des zuletzt erzielten Nettoerwerbseinkommens, hochgerechnet auf zwölf Monate, hilfsweise nach dem bezogenen Verletztengeld zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) verfolgte Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des Bezuges von Verletztengeld in der Zeit vom 27.1. bis 5.12.2006. Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, besteht ein solcher Anspruch nicht.

13

1. Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das LSG - von den Beteiligten unangegriffen - bejaht.

14

2. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.

15
a) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 10.1.2007) erstreckt sich hier zunächst von Januar bis Dezember 2006. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Anfügung des Satzes 7 durch Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61, erfolgte mit Wirkung vom 24.1.2009 und ist deshalb hier unbeachtlich):
        

Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

16

Da die Klägerin ab Dezember 2006 wegen der bevorstehenden Geburt Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleibt danach der Monat Dezember 2006 bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt, so dass in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum von Dezember 2005 bis November 2006 abgestellt worden ist. Im Übrigen sind die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG nicht einschlägig. Nach den Feststellungen des LSG litt die Klägerin während des Bezuges von Verletztengeld nicht an einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung.

17

Angesichts seines insoweit klaren Wortlauts ist § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG nicht dahin auslegungsfähig, dass er auch Zeiten des Bezuges von Verletztengeld erfasst. Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auf den Fall der Klägerin lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen. Es fehlt an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes. Der Senat hat bereits zu der Nichtberücksichtigung der Elternzeit für ein älteres Kind ohne Elterngeldbezug entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 31-34). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Krankheit nicht lückenhaft (vgl dazu bereits Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 22, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dies gilt ebenfalls, soweit es sich um Folgen eines Arbeitsunfalls handelt. Der Gesetzgeber hat gezielt nur die Fälle einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung begünstigen wollen. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich vielmehr, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen" nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 Satz 2 und 3 BEEG-Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).

18

b) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 Satz 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.

19

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist das von der Klägerin bezogene Verletztengeld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG. Es fällt nach Auffassung des Senats insbesondere nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG(ebenso bereits zum Krankengeld BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 24 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

20

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Zwar enthält auch § 19 Abs 1 EStG keine abstrakt generelle Definition des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern nur eine beispielhafte Umschreibung der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG. Daraus ist indes zu erschließen, dass jedenfalls alle Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfasst sind, die durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst sind. Alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis sind daher Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28 mwN; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 9. Aufl 2010, § 19 RdNr 13,15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 19 RdNr 16, 17). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG im weitesten Sinne Gegenleistungscharakter aufweisen, also "für eine Beschäftigung" gewährt werden bzw als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sein(jüngst BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN; vgl auch BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250). Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist, und nicht danach, wer die Zahlung vorgenommen hat. Denn es können auch Bar- oder Sachzuwendungen Dritter Arbeitslohn darstellen, soweit sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250; BFH Urteil vom 5.7.1996 - VI R 10/96 - BFHE 180, 441, 442 f).

21

Bereits das Merkmal des Gegenleistungscharakters fehlt dem Verletztengeld. Rechtsgrund für die Leistungsgewährung ist das Versicherungs- (vgl § 26 Abs 1, § 45 ff SGB VII) und nicht das Beschäftigungsverhältnis (§ 611 Abs 1 BGB). Es ist eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung, die der beschäftigte Versicherte (s § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII) ua erhält, wenn er infolge eines Arbeitsunfalls (§ 8 SGB VII) arbeitsunfähig ist (§ 45 Abs 1 SGB VII) und dadurch seinen Gegenleistungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber verloren hat (§ 326 Abs 1 Halbs 1, § 275 Abs 1 BGB iVm § 611 Abs 1 BGB). Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung zum zu versteuernden Arbeitslohn gehören und damit auch die Verschaffung eines solchen gesetzlichen oder privaten Versicherungsschutzes durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn darstellt (BFH Beschluss vom 11.9.2007 - VI B 146/05 - juris RdNr 3; BFH Beschluss vom 29.10.2004 - XI B 170/03 - juris RdNr 3). Demgegenüber sind jedoch die Leistungen aus diesem Versicherungsverhältnis, die nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehen, sondern auf einem eigenen Anspruch des Arbeitnehmers beruhen, regelmäßig auch dann kein Arbeitslohn, wenn der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247 - juris RdNr 14). Aus diesem Grund ist auch Verletztengeld kein Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(zum Krankengeld vgl BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 24 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

22

c) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin mit Bescheid vom 22.5.2007 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von Dezember 2005 bis November 2006 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin ein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 164,44 Euro ermittelt und der Klägerin dementsprechend hier einen monatlichen Elterngeldanspruch in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro zuerkannt hat.

23

3. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG (so bereits BSG Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - RdNr 37 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, - B 10 EG 20/09 R - RdNr 29 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, sowie - B 10 EG 21/09 R - RdNr 28 ff, juris).

24

a) Der Senat hält daran fest, dass das BEEG im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG wirksam erlassen worden ist (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff mwN; Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2712/09). Dabei versteht er den in Art 74 Abs 1 Nr 7 GG verwendeten Begriff der öffentlichen Fürsorge in einem weiten Sinne. Das Elterngeld wird davon umfasst, weil es dazu beitragen soll, die Lebensgrundlagen junger Familien zu sichern und diese vor dem Eintritt einer finanziellen Bedarfslage zu bewahren (vgl BSG aaO RdNr 39; siehe allgemein dazu auch Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl 2009, Art 74 RdNr 35 f mwN).

25

Ebenso bleibt der Senat auch bei seiner Beurteilung, dass dem Gesetzgebungsrecht des Bundes Art 72 Abs 2 GG nicht entgegensteht (vgl BSG aaO RdNr 40). Für das BEEG ist die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zu bejahen.

26

b) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach der Bezug von Verletztengeld, das an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts getreten ist, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt wird.

27

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarras in Jarras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

28

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.

29

Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei der Klägerin - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (aa). Dabei durfte der Bemessungszeitraum grundsätzlich auf zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes beschränkt werden, was zu einer Benachteiligung von Personen führt, die nur für weiter zurückliegende Zeiträume einen lückenlosen Arbeitsentgeltbezug vorweisen können (bb). Speziell ist es gerechtfertigt, dass die Klägerin als Bezieherin von Verletztengeld ungünstiger behandelt wird als Berechtigte, die im Bemessungszeitraum durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben oder bei denen in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes liegende Arbeitsentgeltausfälle gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (cc). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in der betreffenden Zeit Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII erhalten haben (dd) sowie für die Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber Berechtigten, die im Krankheitsfall keine Einkommensverluste erleiden (ee).

30

aa) Durch das BEEG hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel gegenüber dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vorgenommen. Während das Erziehungsgeld eine von der Bedürftigkeit der antragstellenden Person abhängige Leistung (§ 4 Abs 1 BErzGG, § 5 Abs 3 BErzGG)mit pauschaler, begrenzter Höhe (nach § 5 Abs 1 BErzGG monatlich 450 bzw 300 Euro)war, ist das Elterngeld über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus von 75 Euro hinaus als Leistung ausgestaltet, die das vor der Geburt liegende Erwerbseinkommen des Berechtigten bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 BEEG) ersetzt (vgl BSG Urteile vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19, und vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 55; siehe allgemein auch Pauli in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG Komm, § 2 BEEG RdNr 2; Jung, SGb 2007, 449; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 31, 33). Dabei kommt den Basisbeträgen ersichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl Fuchsloch/Scheiwe, aaO RdNr 43), was durch die Erhöhung um je 300 Euro bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG) untermauert wird. Hinsichtlich der darüber hinaus möglichen Leistungshöhe, die sich nach dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff).

31

aaa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel.

32

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2).

33

Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), ist das Differenzierungsziel insbesondere unter Berücksichtigung einer Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl hierzu etwa BVerfG Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BVerfGE 99, 216, 234), einer Steigerung der Geburtenrate und einer (teilweisen) Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens legitim. Es sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen.

34

(1) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von Alleinverdienerehen gegenüber Doppelverdienerehen, bei denen die Berechtigten durch die Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG regelmäßig höhere Leistungsansprüche erzielen(vgl hierzu auch Weilert, DVBl 2010, 164, 166).

35

Art 6 Abs 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob ein Ehegatte sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe" ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Diese Grundsätze gelten insbesondere für die Eingriffsverwaltung, etwa im Steuerrecht (vgl BVerfGE 107, 27, 53 ff). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über einen großen Gestaltungsspielraum - Art und Maß bestimmt er in politischer Verantwortung. Wegen des Freiheitsprinzips des GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen, neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst noch zur Bewährung ansteht (vgl Di Fabio, NJW 2003, 993, 997).

36

Nach Auffassung des Senats hat die Förderung durch das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht die Intensität, dass durch die größere Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Alleinverdienerehen in den Schutzbereich des Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG eingegriffen wird(so auch Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; Weilert, DVBl 2010, 164, 166). Die befristete Förderleistung berührt nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit von Eheleuten hinsichtlich ihrer innerfamiliären Aufgabenverteilung. Finanzielle Anreize - wie jede Form einer umfassenderen Förderung - können zwar stets eine überschießende Einflussnahme mit sich bringen. Das Elterngeld übt jedoch weder einen auch nur mittelbaren Zwang zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus noch nimmt es derart Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet es vielen Eltern erst die Alternative, mit geringeren wirtschaftlichen Zwängen eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu wagen (vgl auch Becker aaO).

37

(2) Ein Differenzierungsverbot lässt sich auch nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273; 29, 221, 235). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entschließung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - juris RdNr 15).

38

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden, selbst wenn das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Mehrverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte. Auch insoweit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind.

39

bbb) Der Gesetzgeber hat für die Bemessung der Elterngeldhöhe mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt.

40

Zur Erreichung seines Differenzierungszieles hat der Gesetzgeber das Elterngeld als progressive (durch einen Höchstbetrag) begrenzte Leistung nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 7 BEEG in formaler Anknüpfung an das bis zur Geburt des Kindes erzielte Erwerbseinkommen ausgestaltet(vgl BT-Drucks 16/1889 S 15). Dabei hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff den Vorzug gegeben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37; s dazu auch BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 3 RdNr 19 ff).

41

Bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, eigenständige Regelungen zur Berechnung der Leistungshöhe zu treffen (vgl zur Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 18-20; zum BErzGG BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 3/97 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 16 S 93). Mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG knüpft er insoweit sachbezogen an das Differenzierungsziel an, gerade Erwerbstätigen die größten Anreize zur Entscheidung für ein Kind zu bieten und höhere Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen.

42

Um nach seiner Auffassung die Gesetzesziele am zweckmäßigsten zu erreichen, durfte der Gesetzgeber auch den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach sozial- oder steuerrechtlichen Vorgaben ausrichten, wie dies im Gesetzgebungsverfahren geschehen ist (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass es gemessen an dem Sinn und Zweck des Elterngeldes in seiner Funktion, einen Ausgleich für die Einkommenseinbußen durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung in dem ersten Lebensjahr des Kindes zu bieten, grundsätzlich sachgerecht ist, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die Summe der positiven Einkünfte ua aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG verweist(vgl Urteil aaO RdNr 39). Auch das BErzGG hatte bereits im Rahmen der Ermittlung der Einkommensgrenzen (§ 5 Abs 3, § 6 Abs 1 Satz 1 BErzGG) auf "die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG" abgestellt.

43

ccc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen der Berechtigten anzuknüpfen, ist nicht nur frei von Willkür. Sie hält nach Auffassung des Senats auch - zunächst nur allgemein betrachtet - einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stand.

44

Zwar kann ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in einer Systemwidrigkeit, also einer Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", liegen (vgl BVerfGE 34, 103, 115 mwN; stRspr). Ein Systemwechsel, wie ihn der Gesetzgeber beim Übergang vom BErzGG zum BEEG vollzogen hat, bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt. Art 3 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber insoweit nicht, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn das Elterngeld zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen gehört, die sich ansonsten weitestgehend an der Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren, ist es damit nicht Teil eines feststehenden Systems, das für eine bestimmte, durch ein gesondertes Gesetz vorgesehene Leistung keine andere Ausrichtung, hier im Sinne eines Ersatzes von entfallendem Erwerbseinkommen, zuließe.

45

Das im BEEG vorgesehene Bemessungskriterium ist zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks geeignet (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 - BVerfGE 96, 10, 23), mit dem Elterngeld einen Ausgleich für Einkommenseinbußen zu gewähren, die mit der Entscheidung für das Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Je höher das Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes ist, desto eher wird ein Elternteil zur Unterbrechung oder Einschränkung der Berufstätigkeit zwecks Kindererziehung ermutigt, wenn sich das Elterngeld an der bisherigen Einkommenshöhe orientiert.

46

Auch die Erforderlichkeit dieses Bemessungskriteriums ist zu bejahen, da keine gleichermaßen geeigneten Alternativen ersichtlich sind, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere wäre eine stärkere Förderung von Personen, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht möglich gewesen.

47

Schließlich ist es auch als angemessen anzusehen, dass für die Höhe des Elterngeldes - soweit es die Basisbeträge übersteigt - das zuvor erzielte Erwerbseinkommen maßgebend ist. Die sich dabei ergebenden Ungleichbehandlungen sind Folge des zulässigen Gesetzeszwecks. Sie spiegeln die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes und damit die mit der Entscheidung für die Kindererziehung verbundenen Einbußen bei den Einkünften aus der bisherigen Erwerbstätigkeit wider.

48

bb) Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG bemisst sich das Elterngeld nach dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das von dem Berechtigten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt worden ist. Bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit wird von diesem Zeitraum - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG(der mit Wirkung vom 24.1.2009 angefügte Satz 7 ist hier weder anwendbar noch seinem Inhalt nach einschlägig) abgewichen. Personen, die diese Ausnahmetatbestände nicht erfüllen, können mithin, soweit sie im Bemessungszeitraum - wie zeitweise die Klägerin - kein oder nur ein gekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben, nicht auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Kalendermonate mit (höherem) Erwerbseinkommen zurückgreifen. Diese Benachteiligung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 53 ff).

49

aaa) Mit der grundsätzlichen Beschränkung des Bemessungszeitraums auf die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verfolgt der Gesetzgeber ein zulässiges Differenzierungsziel. Er möchte den vorgesehenen Einkommensersatz auf die aktuellen Verhältnisse vor der Geburt ausrichten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20) und damit - ersichtlich - eine größtmögliche Anreizwirkung in Richtung auf eine Entscheidung für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten des Kindes und dessen Betreuung erzielen. Dieser Ausrichtung des Elterngeldes steht insbesondere kein verfassungsrechtliches Verbot aus Art 6 Abs 1 GG entgegen.

50

Zwar mag es zutreffen, dass durch einen auf die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes begrenzten Bemessungszeitraum die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe mittelbar etwas stärker beeinflusst werden kann als bei einem weiter gefassten Bemessungszeitraum. Darin liegt jedoch noch kein relevanter Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG. Das Gesetz legt nur die tatsächlichen Erwerbsverhältnisse der Ehegatten in dem Jahr vor der Geburt des Kindes zugrunde. Weiter zurückliegende Entscheidungen betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe muss er im Rahmen der Elterngeldbemessung ebenso wenig berücksichtigen wie zukünftige Pläne der Ehegatten hinsichtlich der jeweiligen Erwerbstätigkeit.

51

bbb) Der zwölfmonatige Bemessungszeitraum stellt auch ein zulässiges Differenzierungskriterium dar. Verfassungsrechtliche Verbote sind insoweit nicht ersichtlich. Die einschlägigen Regelungen des BEEG erscheinen dem erkennenden Senat in Ansehung des gesetzgeberischen Zieles auch als verhältnismäßig.

52

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein grundsätzlich auf zwölf Kalendermonate begrenzter Bemessungszeitraum die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes am besten abbildet (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Wie bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (vgl § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV) ist Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG die sog Bezugs- und Referenzmethode(vgl hierzu auch Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 juris RdNr 35; bereits BSG Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 105/63 - BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSG Urteil vom 22.2.1972 - 3 RK 85/69 - BSGE 34, 79 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 19/05 R - BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 21 ff), nach der unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt. Dabei hat der Gesetzgeber - auch in Ansehung des befristeten Bezugszeitraums des Elterngeldes von bis zu 14 Monaten (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG; zur Möglichkeit einer Verlängerung auf maximal 28 Monate durch Halbierung des Auszahlungsbetrages vgl § 6 Satz 2 BEEG) - einen geeigneten Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor der Geburt gewählt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG). Das Ende des Bemessungszeitraums knüpft damit an das ausgleichsberechtigende Ereignis an und trägt dem Erfordernis Rechnung, den voraussichtlichen betreuungsbedingten Einkommensausfall des Elternteils einfach und nachvollziehbar zu bestimmen (vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 35).

53

Die Ausgestaltung des Bemessungszeitraums erscheint auch als erforderliches Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks. Andere Lösungen hätten entweder mehr finanzielle Mittel bzw einen größeren Verwaltungsaufwand beansprucht oder das verfolgte Ziel wäre verfehlt worden. Insbesondere hätte eine Berücksichtigung weiter zurückliegender Erwerbsverhältnisse des Berechtigten die beabsichtigte Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes beeinträchtigt.

54

Schließlich erachtet der Senat die einschlägige gesetzliche Regelung, soweit es den grundsätzlichen Bemessungszeitraum anbelangt, auch nicht als unangemessen. Die durch die zeitliche Begrenzung des Bemessungszeitraums verursachte Ungleichbehandlung zwischen berechtigten Personen ist sachlich gerechtfertigt. Die voneinander abweichenden Einkommensverhältnisse der Betroffenen im Zeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes legen in Ansehung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes eine entsprechend differenzierte Behandlung nahe.

55

cc) Da das Verletztengeld gemäß § 2 Abs 1 und 7 Satz 1 bis 4 BEEG iVm dem Einkommenssteuerrecht nicht als Arbeitsentgelt anzusehen ist, wird die Klägerin bei der Bemessung des Elterngeldes ungünstiger behandelt als Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums kein Verletztengeld, sondern durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben. Darüber hinaus bleiben die Kalendermonate mit Verletztengeldbezug bei der Bestimmung der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden zwölf Kalendermonate auch nicht unberücksichtigt, so dass bei der Klägerin, anders als bei Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG erfüllen, nicht auf weiter zurückliegende Kalendermonate zurückgegriffen werden kann, in denen sie wahrscheinlich ein Arbeitsentgelt vorweisen kann. Die darin liegende Benachteiligung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

56

aaa) Der Gesetzgeber war im Rahmen seiner zulässigen Zielsetzung, einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen zu schaffen, von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Verletztengeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Verletztengeld unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass es gerade ausgefallenes Arbeitsentgelt ersetzen soll. Der Ausschluss von Verletztengeld (und anderer Lohnersatzleistungen) bei der Leistungsbemessung stellt insoweit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks dar. Diese gesetzliche Maßnahme ist auch als erforderlich anzusehen, weil gleichermaßen geeignete Alternativen nicht erkennbar sind. Eine Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in die Bemessung des Elterngeldes würde einen höheren finanziellen Aufwand erfordern. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Nichtberücksichtigung von Verletztengeld bei den für die Leistungshöhe maßgebenden Einkünften als gerechtfertigt anzusehen.

57

Nicht nur wegen der besonderen familienpolitischen Zielsetzung des Elterngeldes, sondern auch wegen des weit gefassten Kreises der Berechtigten ist es als sachgerecht anzusehen, dass der Gesetzgeber die Leistungsbemessung eng an die vorangegangene Erzielung von Erwerbseinkommen angeknüpft und dabei Entgeltersatzleistungen wie das Verletztengeld unberücksichtigt gelassen hat. Anderenfalls wäre es insbesondere im Vergleich zu Berechtigten mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit zu problematischen Ungleichbehandlungen gekommen. Denn diese Personenkreise haben regelmäßig keinen Zugang zu entsprechenden Ersatzleistungen.

58

bbb) Der Gesetzgeber des BEEG musste im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG auch keine allgemeine Ausgleichsmöglichkeit für alle Berechtigten vorsehen, die in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Arbeitsentgeltausfälle wegen Arbeitsunfähigkeit (hier infolge eines Arbeitsunfalls) hatten. Insbesondere war er nicht gehalten, diesen Personenkreis mit solchen Berechtigten gleichzustellen, die iS von § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bzw Mutterschaftsgeld bezogen oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommenseinbußen erlitten haben.

59

Durch die eng begrenzten Ausnahmefälle in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG hat der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Risikoverteilung vorgenommen. Einkommenseinbußen aus Gründen, die nicht direkt mit dem Zweck des Elterngeldes zusammenhängen, werden dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Zwar verzichtet der Gesetzgeber damit auf einen - möglicherweise wünschenswerten (vgl dazu Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes eV vom 1.9.2008, Ausschuss-Drucks 16(13)371c NEU zu BT-Drucks 16/9415) - sozialen Ausgleich, er orientiert sich jedoch in noch sachgerechter Weise an dem von ihm verfolgten Ziel eines (teilweisen) Ersatzes von Erwerbseinkommen, das durch die erfolgende Kindesbetreuung entfällt. Die Behebung sozialer Notlagen hat er insoweit anderen sozialen Sicherungssystemen überlassen (vgl Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

60

ccc) Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ausgestaltung der Bemessungsmethode nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG liegt auch in der Praktikabilität bei der Leistungsgewährung(vgl hierzu allg Heun in Dreier, GG, 2. Aufl 2004, Art 3 RdNr 33). So muss im Bemessungszeitraum nicht nach einem bestehenden, unterbrochenen oder beendetem Beschäftigungsverhältnis oder nach dem Grund der Einkommenseinbußen aus Erwerbstätigkeit unterschieden werden. Die hiermit sonst verbundenen Schwierigkeiten lassen sich zB an dem sehr differenziert ausgestalteten Bemessungsrecht beim Arbeitslosengeld (vgl §§ 129 ff SGB III) unschwer erkennen.

61

Bei dem grundlegenden Systemwechsel ist dem Gesetzgeber zudem zur sachgerechten Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er nach Überprüfung der erzielten Ergebnisse auf Unstimmigkeiten im Einzelfall reagieren kann (vgl BVerfG Urteil vom 13.6.1979 - 1 BvL 27/76 - BVerfGE 51, 257, 268; BVerfGE 49, 192, 210). Ob der Gesetzgeber durch die Anfügung des Satzes 7 an § 2 Abs 7 BEEG zum 24.1.2009 (vgl Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61) einen sachgerechten Schritt getan hat, kann hier offenbleiben.

62

dd) Die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in dem Bemessungszeitraum an Stelle von Verletztengeld Existenz sichernde Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen haben, bei der Bemessung des Elterngeldes verstößt ebenfalls nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Beide Vergleichsgruppen haben nach dem gesetzlichen Differenzierungskriterium insoweit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 BEEG erzielt. Sie werden demnach in dieser Beziehung sachgerechterweise gleich behandelt. Da das Elterngeld keine beitragsfinanzierte Leistung der Sozialversicherung ist, brauchte der Gesetzgeber Personen, die im Bemessungszeitraum beitragsfinanzierte Entgeltersatzleistungen bezogen haben, nicht besser zu stellen als Bezieher von steuerfinanzierten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder der Sozialhilfe.

63

ee) Die Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die - zB wegen amtsangemessener Alimentation (Beamte, Richter) - bei länger als sechs Wochen andauernder Erkrankung regelmäßig keine Einbußen an Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 BEEG erleiden, führt nicht zu einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG.

64

Es besteht kein Anspruch der Klägerin als Arbeitnehmerin auf Gleichbehandlung zB mit Beamten, die bei einer dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht Verletztengeld beziehen, sondern weiterhin ihre Dienstbezüge erhalten; die Vergleichsgruppen sind nicht wesentlich gleich, weil sich das gesetzlich geregelte Beamten- und Richterverhältnis von dem durch privatrechtlichen Vertrag begründeten Angestelltenverhältnis grundlegend unterscheidet (vgl BVerfG Beschluss vom 2.3.2000 - 2 BvR 1508/99 - juris RdNr 5; BVerfGE 52, 303, 345). Entsprechend verhält es sich im Vergleich zu Personen, die aufgrund ihres Arbeitsvertrages - anders als die Klägerin - Anspruch auf eine über sechs Wochen hinausgehende, auf das Verletztengeld anrechenbare (vgl § 52 SGB VII) Entgeltfortzahlung durch ihren Arbeitgeber haben. Die insoweit im Beamten- oder Arbeitsvertragsrecht begründeten Unterschiede musste der Gesetzgeber des BEEG nicht ausgleichen; vielmehr durfte er bei der Ausgestaltung der Bemessung des Elterngeldes an den tatsächlichen Erwerbseinkommensverhältnissen der Berechtigten im Bemessungszeitraum anknüpfen.

65

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngeldes des Klägers nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

2

Der 1981 geborene Kläger ist verheiratet mit der 1977 geborenen S. ; beide haben eine am 17.5.2004 geborene Tochter (E.). Am 17.3.2007 wurde ihre Tochter L. geboren.

3

Der Kläger beantragte Elterngeld für den dritten bis 14. Lebensmonat seiner Tochter L. unter Vorlage von Lohn-/Gehaltsabrechnungen seines Arbeitgebers für den Zeitraum von März 2006 bis Februar 2007. Danach erzielte der Kläger im Monat Februar 2007 kein Einkommen. In dieser Zeit befand sich die Ehefrau des Klägers wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung zunächst im Krankenhaus und anschließend bei einzuhaltender Bettruhe zu Hause. Ihr wurden insoweit von der gesetzlichen Krankenkasse Haushaltshilfeleistungen in Höhe von insgesamt 1705 Euro gezahlt, weil die Familie vom Kläger versorgt wurde.

4

Der Beklagte gewährte dem Kläger für die Zeit vom 17.5.2007 bis 16.5.2008 Elterngeld in Höhe von 982,67 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte er für den Monat Februar 2007 ein Einkommen von 0 Euro. Eine Verschiebung des maßgeblichen Bemessungszeitraums hielt er für nicht möglich (Bescheid vom 30.5.2007, Teilabhilfebescheid vom 2.7.2007 und Widerspruchsbescheid vom 14.9.2007).

5

Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) mit Urteil vom 27.10.2008 den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, das Elterngeld für L. unter Berücksichtigung des Einkommens des Klägers für die Zeit von Februar 2006 bis Januar 2007 zu berechnen. Der einschlägige § 2 Abs 7 S 6 BEEG sei geschlechtsneutral formuliert, da diese Regelung von Einkommenseinbußen der berechtigten Person spreche. Wegen der Erkrankung seiner Ehefrau habe der Kläger im Februar 2007 unbezahlten Urlaub genommen, um deren Versorgung sowie die seiner Tochter E. sicherzustellen. Dadurch sei beim Kläger im Februar 2007 Einkommen wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung seiner Ehefrau weggefallen, sodass der Bemessungszeitraum um einen Monat verschoben werden müsse.

6

Auf die Berufung des Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 19.10.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen:

Die wegen Überschreitens der Berufungssumme von 750 Euro zulässige Berufung sei begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf eine Neuberechnung des ihm gewährten Elterngeldes habe. Nach § 2 Abs 1 S 1 BEEG sei Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes(März 2006 bis Februar 2007) durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit zu zahlen. Im Februar 2007 habe der Kläger kein Einkommen erzielt. Auf dieser Grundlage sei das monatliche Elterngeld zutreffend in Höhe des Betrages von 982,67 Euro gewährt worden. Zwar seien bei dem Zwölf-Monats-Zeitraum des § 2 Abs 1 S 1 BEEG nach § 2 Abs 7 S 6 BEEG Kalendermonate nicht mitzurechnen, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld bezogen habe oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen sei. Diese Vorschrift sei jedoch eng auszulegen und vorliegend nicht anwendbar.

7

Eine Einkommensreduzierung oder ein Einkommenswegfall wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung könne nur von der Schwangeren selbst geltend gemacht werden. Denn nur in diesem Fall sei die Einkommensreduzierung oder der Einkommenswegfall unmittelbar auf die Schwangerschaft zurückzuführen. Mache dagegen eine andere Person - wie der Kläger - eine Einkommensreduzierung oder einen Einkommenswegfall wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung geltend, so beruhe diese Einkommensreduzierung nicht unmittelbar auf der Schwangerschaft, sondern auf einer Entscheidung dieser Person. Die Versorgung einer erkrankten Schwangeren könne auch ohne Erwerbseinkommenseinbußen der anderen Person im Wege der häuslichen Pflege (§ 198 RVO), der Haushaltshilfe (§ 199 RVO) oder der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V), ebenso im Familienverbund, insbesondere durch die Eltern und Großeltern der Schwangeren oder ihres Partners, sichergestellt werden. Übernehme die andere Person die Betreuung der Schwangeren, so sei dies eine persönliche Entscheidung, die nicht über die gesetzlichen Regelungen hinaus zu einer Verlängerung des Zwölf-Monats-Zeitraums führe. In diesen Fällen verursache nicht die schwangerschaftsbedingte Erkrankung die Einkommensreduzierung oder den Einkommenswegfall, sondern die konkrete Entscheidung der anderen Person.

8

Eine erweiternde Auslegung von § 2 Abs 7 S 6 BEEG sei mit Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht vereinbar, weil sich aus der Gesetzesbegründung ergebe, dass danach lediglich das besondere Gesundheitsrisiko Schwangerer bei der Berechnung des ihnen zustehenden Elterngeldes reduziert werden solle. Daneben sehe das Gesetz kein Wahlrecht zwischen häuslicher Pflege und Haushaltshilfe oder einer Kompensation von Einkommensverlusten durch die Betreuung der Schwangeren bei der Berechnung des Elterngeldes vor. Diese Gesetzesauslegung verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art 3 Abs 2 GG, da dieser eine Differenzierung aufgrund biologischer Unterschiede nicht ausschließe.

9

Seine vom Senat zugelassene Revision (Beschluss vom 5.4.2012 - B 10 EG 15/11 B) begründet der Kläger mit der Verletzung materiellen Rechts in § 2 Abs 7 S 6 BEEG. Diese Vorschrift sei geschlechtsneutral formuliert, da darin von Einkommenseinbußen der berechtigten Person ausgegangen werde, sodass sich nicht nur die Schwangere selbst auf diese Vorschrift berufen könne. Das Erfordernis eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen Einkommenseinbuße und Schwangerschaftserkrankung ergebe sich - entgegen der Auffassung des LSG - nicht aus dem Gesetz. Dabei verkenne das LSG auch, dass der Gesetzgeber nach dem Förderzweck des Elterngeldes eine finanzielle Absicherung beabsichtigt habe, die sich an dem vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten Nettoentgelt orientiere. Insoweit wolle § 2 Abs 7 S 6 BEEG Nachteile bei der Elterngeldberechnung vermeiden und schließe Männer dabei nicht aus. Der Gesetzgeber stütze sich gerade nicht auf biologische Unterschiede und knüpfe die Rechtsfolge nicht unmittelbar an die schwangerschaftsbedingte Erkrankung an. Er habe lediglich soziale Ungerechtigkeiten vermeiden wollen, die - wie der vorliegende Fall zeige - auch Männer als Elterngeldberechtigte treffen könnten.

10

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 19.10.2011 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG vom 27.10.2008 zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Zur Begründung trägt er vor: Die Revision könne keinen Erfolg haben, weil nach der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs 7 S 6 BEEG lediglich gewährleistet sein sollte, dass "das besondere gesundheitliche Risiko Schwangerer" diesen bei der Berechnung des ihnen zustehenden Elterngeldes nicht zum Nachteil gereiche(BT-Drucks 16/1889 S 20). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt. Danach habe der Gesetzgeber allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monats-Zeitraums unberücksichtigt lassen wollen. Schon anhand des Gesetzgebungsverfahrens werde deutlich, dass es sich bei den dort genannten Ausnahmetatbeständen um eine abschließende Regelung handele, nur die genannten Fälle einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung habe der Gesetzgeber begünstigen wollen. Das BSG habe bereits mit Urteil vom 25.6.2009 (- B 10 EG 8/08 R - RdNr 50) festgestellt, dass von dem Begünstigungstatbestand des schwangerschaftsbedingten Ausfalls von Einkommen nur Frauen betroffen sein könnten. Diese Auffassung bestätige auch die Änderung des BEEG durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, wonach die Regelung des bisherigen § 2 Abs 7 S 5 bis 7 BEEG neu in § 2b Abs 1 S 2 BEEG übernommen werde. Gemäß § 2b Abs 1 S 2 Nr 3 BEEG blieben danach bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person eine Krankheit gehabt habe, die maßgeblich durch die Schwangerschaft bedingt gewesen sei. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/9841 S 20) seien die Voraussetzungen des bisherigen § 2 Abs 7 S 6 BEEG nunmehr auch dann erfüllt, wenn die Krankheit durch die vorangegangene Schwangerschaft maßgeblich bedingt gewesen sei. Im Übrigen dienten die Änderungen der redaktionellen Anpassung und sprachlichen Vereinfachung. Nach § 2b Abs 1 S 2 Nr 3 BEEG müsse die "berechtigte Person" eine Krankheit haben, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt gewesen sei, wenn Kalendermonate bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben sollten. Da insoweit nach der Gesetzesbegründung keine inhaltliche Änderung erfolgt sei, gelte dies auch für § 2 Abs 7 S 6 zweite Alternative BEEG.

13

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 SGG) erklärt.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

15

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Anspruch des Klägers auf höheres Elterngeld. Der Kläger begehrt die Berücksichtigung seines von Februar 2006 bis Januar 2007 erzielten Erwerbseinkommens. Er verfolgt seinen Anspruch zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG). Dabei ist der Teilabhilfebescheid vom 2.7.2007 (Gewährung von Elterngeld auch für den Zeitraum vom 17.4. bis 16.5.2008) nach § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.

16

Da der Kläger vor dem SG Erfolg gehabt hat, ist seine Revision auf die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung gerichtet. Damit kann der Kläger nicht durchdringen. Das LSG hat unter Aufhebung des Urteils des SG die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen.

17

1. Der Anspruch des Klägers bezieht sich auf den Leistungszeitraum vom 17.5.2007 bis 16.5.2008. Er richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Soweit die späteren Änderungen des BEEG (erstmals durch das Gesetz vom 19.8.2007 - BGBl I 1970) überhaupt die den streitigen Anspruch berührenden Bestimmungen der §§ 1 und 2 BEEG betreffen, sind sie im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar. Die durch das Gesetz vom 19.8.2007 erfolgte Änderung bezieht sich auf den hier nicht einschlägigen Abs 7 des § 1 BEEG. Bei der ersten Änderung des § 2 BEEG durch das Gesetz vom 17.1.2009 (BGBl I 61) mit Wirkung zum 24.1.2009 war der Elterngeldzahlungszeitraum bereits abgeschlossen (vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 11 RdNr 27 mwN), sodass diese Neuregelung des Gesetzes den vorliegend zu beurteilenden Anspruch des Klägers nicht erfasst.

18

2. Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat(Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Dass der Kläger die Grundvoraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG erfüllt, haben alle mit der Sache befassten Stellen angenommen. Zweifel hieran bestehen nicht, zumal die Beteiligten die insoweit maßgeblichen Tatsachen mit ihren Schreiben vom 10. und 14.5.2013 gegenüber dem erkennenden Senat ausdrücklich unstreitig gestellt haben (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 5d mwN).

19

3. Die Höhe des Elterngeldes bestimmt sich gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.

20

a) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 17.3.2007) erstreckt sich hier von März 2006 bis Februar 2007. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG:

        

Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 S 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

21

Da der Kläger während des Beschäftigungsverbots (Mutterschutzfrist) vor der Geburt des Kindes kein Mutterschaftsgeld bezogen hat, sondern dessen Ehefrau, bleibt der Monat Februar 2007 nicht nach § 2 Abs 7 S 6 Halbs 1 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt. Etwas anderes gilt auch nicht nach § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG wegen der vom LSG festgestellten schwangerschaftsbedingten Erkrankung der Ehefrau des Klägers. Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden vom 30.5. und 2.7.2007 insoweit rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum März 2006 bis Februar 2007 abgestellt. Er ist entgegen der Auffassung der Revision nicht verpflichtet, den Monat Februar 2007 wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung der Ehefrau des Klägers bei der Festlegung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt zu lassen. Die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG sind nicht einschlägig. Beim Kläger ist insbesondere kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen.

22

aa) Allerdings ist der Wortlaut des § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG insoweit nicht eindeutig. Er lässt nicht klar erkennen, ob er die vorliegende Fallkonstellation erfasst oder nicht. Zwar hat der Senat bereits in der Vergangenheit entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG(idF vom 5.12.2006) vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein die dort genannten Sachverhalte (Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind; Bezug von Mutterschaftsgeld; Schwangerschaftsbedingte Erkrankung mit Einkommensausfall) privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölfmonatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl BSG Urteile vom 19.2.2009 - B 10 EG 1/08 R und B 10 EGB 10 EG 2/08 R - Juris, jeweils RdNr 18 ff; BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 29 ff; Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 20 ff, - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 19 f und - B 10 EG 21/09 R - Juris, RdNr 18 ff; Urteile vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, RdNr 17 und - B 10 EG 10/10 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 9 RdNr 21 ff). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Krankheit - was das Merkmal "Krankheit" anbelangt - nicht lückenhaft (vgl dazu bereits Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 22). § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG ist aber - wie bereits das SG ausgeführt hat - geschlechtsneutral formuliert, da er sich mit den Worten "in denen" direkt auf das Wort Kalendermonate in § 2 Abs 7 S 6 Halbs 1 BEEG bezieht. Es erfolgt im Zusammenhang mit der Nennung der Erkrankung keine ausdrückliche Bezugnahme auf die berechtigte Person. Danach könnte es ausreichen, dass wegen der Erkrankung der Schwangeren eine Einkommenseinbuße beim anderen Elternteil eingetreten ist und dieser dann Elterngeld beansprucht. Insofern ist eine weitergehende Präzisierung des Wortlauts erforderlich, um einen zweifelsfreien Bezug der schwangerschaftsbedingten Erkrankung zur "berechtigten Person" herstellen zu können.

23

bb) Allerdings belegen die Gesetzesentwicklung und die Gesetzgebungsmaterialien, dass es dem Gesetzgeber um die Kalendermonate gegangen ist, in denen "die berechtigte Person" wegen einer eigenen schwangerschaftsbedingten Erkrankung einen Einkommenswegfall erlitten hat. Der erste Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 20.6.2006 (BT-Drucks 16/1889 S 4 f) enthält in § 2 Abs 1 S 2 und 3 BEEG nur die Ausnahmetatbestände des Bezuges von Mutterschaftsgeld und der schwangerschaftsbedingten Erkrankung mit Einkommensausfall bei der Schwangeren selbst. So heißt es konkret in § 2 Abs 1 S 3 BEEG-Entwurf:

        

Fällt wegen der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung das bis dahin erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise aus, ist für den betreffenden Zeitraum das in dem der Erkrankung vorangegangenen Kalendermonat erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit für die Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legen; …

24

Zwar wird auch in diesem Satzgefüge nicht ausdrücklich Bezug genommen auf die berechtigte Person. Der Satz ist aber so konstruiert, dass es vom Sachzusammenhang her selbstverständlich ist, dass es sich um den Wegfall von Erwerbseinkommen bei der erkrankten Schwangeren selbst handelt. Dafür spricht auch die Anknüpfung an das vor der Erkrankung erzielte Einkommen. Eine Ausweitung dieser Regelung auf den Fall einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung der Partnerin des Antragstellers nach dem BEEG war nicht vorgesehen. Lediglich der weitere Ausnahmetatbestand des Bezuges von Elterngeld ist noch im Verlauf der Beratungen des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) - zusammen mit einer Erhöhung des Elterngeldes bei Geschwistern mit geringem Alter (Geschwisterbonus nach § 2 Abs 4 BEEG) - in den Gesetzentwurf, und zwar nunmehr in § 2 Abs 7 BEEG, aufgenommen worden(BT-Drucks 16/2785 S 9), der später auch so verabschiedet worden ist. Weitere Ausnahmetatbestände wurden bewusst nicht vorgesehen (vgl bereits BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 10/10 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 9 RdNr 22 mwN).

25

Diese Auslegung findet ihre Bestätigung durch die weitere Begründung in den Gesetzgebungsmaterialien, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen, wie zB der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen", nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraumes führen soll. Etwas anderes sollte nur "in Fällen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung gelten", weil das "besondere gesundheitliche Risiko Schwangerer … ihnen bei der Berechnung des ihnen zustehenden Elterngeldes nicht zum Nachteil gereichen" sollte. Daher erschien es dem Gesetzgeber angemessen, "beim Ausfall von Erwerbseinkommen wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung der Berechnung des Elterngeldes für den Zeitraum der Erkrankung dasselbe Einkommen zu unterstellen wie unmittelbar vor der schwangerschaftsbedingten Erkrankung. Mit dieser Regelung werden Schwangere, die während der Schwangerschaft erkranken und keine Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts oder ihrer Dienstbezüge erhalten, so weit wie möglich mit den Schwangeren gleichgestellt, die nicht erkranken oder während einer Erkrankung ihr Arbeitsentgelt oder ihre Dienstbezüge weiter erhalten" (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 S 2 und 3 BEEG - Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 37 f).

26

Danach belegen die Gesetzgebungsmaterialien, dass das Risiko einer Schwangeren, schwangerschaftsbedingt zu erkranken, lediglich dann Berücksichtigung finden sollte, wenn es um die Berechnung des ihr zustehenden Elterngeldes geht (vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 31). Nur wenn in einer solchen Situation durch die schwangerschaftsbedingte Erkrankung Erwerbseinkommen bei der schwangeren berechtigten Person selbst wegfällt, sollten die betroffenen Kalendermonate bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt bleiben, um ein "Absinken des Elterngeldes" zu vermeiden (BT-Drucks 16/2785 S 38). Eine weitergehende Berücksichtigung des Partners dieser Schwangeren als berechtigte Person war eindeutig nicht vorgesehen, sodass das BEEG insoweit nicht lückenhaft ist.

27

Die Lückenlosigkeit der Ausnahmeregelung in § 2 Abs 7 BEEG(idF vom 5.12.2006) in Bezug auf den hier relevanten Zusammenhang wird auch durch den Inhalt des Ersten Gesetzes zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009 (BGBl I 61) belegt, mit dem in § 2 Abs 7 S 7 BEEG ein weiterer Ausnahmetatbestand eingefügt wurde. In der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs (BT-Drucks 16/9415) ist zur Einfügung des Satzes 7 in Abs 7 ausgeführt, dass Nachteile durch im Bemessungszeitraum liegende Wehr- und Zivildienstzeiten ohne Erwerbseinkommen dadurch ausgeglichen werden sollen, dass "die betroffenen Monate - wie in den Fällen schwangerschaftsbedingter Erkrankung - aus dem Bemessungszeitraum herausgenommen und durch weiter in der Vergangenheit liegende Monate ersetzt werden" (BT-Drucks 16/9415 S 5). Hätte der Gesetzgeber bei der ursprünglichen Fassung des § 2 Abs 7 BEEG eine Anwendung der Regelung in S 6 Halbs 2 auch auf den Partner als berechtigte Person neben der Schwangeren selbst nur versehentlich nicht in den Wortlaut dieser Vorschrift mit aufgenommen, so wäre zu erwarten gewesen, dass er im Rahmen dieser Gesetzesnovelle eine bis dahin bestehende planwidrige Gesetzeslücke schließt.

28

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Änderung des BEEG durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 (BGBl I 1878). Der Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 18.9.2012 die hier in Rede stehende Regelung in § 2b Abs 1 S 2 Nr 3 BEEG neu gefasst und vom Wortlaut her dahingehend präzisiert, dass bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums Kalendermonate unberücksichtigt bleiben, "in denen die berechtigte Person … eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war … und … dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte". Im Rahmen dieser redaktionellen Anpassung und sprachlichen Vereinfachung hat der Gesetzgeber nunmehr auch im Wortlaut ausdrücklich klargestellt, dass es um die schwangerschaftsbedingte Erkrankung der berechtigten Person geht, die dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit gehabt haben muss. Zudem hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen auch auf die Fälle erweitern wollen, in denen die Krankheit durch die vorangegangene Schwangerschaft maßgeblich bedingt war (vgl BT-Drucks 17/9841 S 20 zu Nr 3).

29

cc) Die vom Senat vertretene Auslegung zu § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG entspricht auch der Systematik des BEEG.

30

Nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG wird unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums von zwölf Kalendermonaten auf ein Durchschnittseinkommen des Antragstellers geschlossen, das dessen individuellen Lebensstandard geprägt hat. Dadurch sollen möglichst repräsentativ die Einkommensverhältnisse des berechtigten Elternteils vor der Geburt abgebildet werden. Einkommenseinbußen aufgrund allgemeiner Erwerbsrisiken werden dabei grundsätzlich der Sphäre des berechtigten Elternteils zugeordnet (vgl BSG Urteile vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 23 mwN und - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, RdNr 17; Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 82 ff, - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 63 ff und - B 10 EG 21/09 R - Juris, RdNr 62 ff). Hierzu hat das BSG bereits entschieden, dass § 2 Abs 7 S 6 BEEG Ausnahmecharakter hat, der nicht erweiternd auszulegen ist(vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 35 ff).

31

Bei einem Wechsel auf frühere Kalendermonate zur Bestimmung des Bemessungszeitraums wird von der dem Förderzweck entsprechenden Beschränkung auf die Einkommensverhältnisse in dem vorgeburtlichen Zwölfmonatszeitraum abgewichen, um zB - wie vorliegend - eine Ungleichbehandlung erkrankter schwangerer Anspruchstellerinnen gegenüber nicht erkrankten schwangeren Anspruchstellerinnen zu verhindern. In diesem Zusammenhang findet die Gruppe des Klägers, also des anspruchstellenden Partners der schwangerschaftsbedingt erkrankten Frau, keine Erwähnung. Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte der Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen, wie zB der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen, nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraumes führen (BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 S 2 und 3 BEEG). Aufgrund des Ausnahmecharakters von § 2 Abs 7 S 6 BEEG kommt es insbesondere in Fällen der vorliegenden Art nicht zu einer Verschiebung des Beginns des Bemessungszeitraumes. Es verbleibt vielmehr bei dem in § 2 Abs 1 S 1 BEEG vorgesehenen Bemessungszeitraum. Die dann durchzuführende Entgeltberechnung entspricht dem Regelfall und damit auch den gesetzgeberischen Effektivitätsvorstellungen (vgl BSG, aaO, RdNr 39).

32

dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des Verschiebetatbestandes nach § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG für die vom Senat vorgenommene Auslegung.

33

Die Modifizierung des Bemessungszeitraums nach § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG dient dem Ausgleich von Nachteilen schwangerschaftsbedingt erkrankter Antragstellerinnen bei der Entgeltberechnung. Danach soll Schwangeren deren besonderes gesundheitliches Risiko bei der Berechnung des ihnen zustehenden Elterngeldes nicht zum Nachteil gereichen (BT-Drucks 16/1889 S 20) bzw ein "Absinken des Elterngeldes" durch Berücksichtigung des in den betroffenen Monaten geringeren oder fehlenden Erwerbseinkommens vermieden werden (BT-Drucks 16/2785 S 38).

34

Darüber hinaus ist es allgemeines Ziel des Elterngeldes, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern. Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Mit der Elterngeldgewährung will der Gesetzgeber ua ein Aufschieben der Kindphase sowie eine Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen vermeiden und die gleichberechtigte Kindererziehung durch Väter und Mütter fördern (vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f). Die damit verbundene Einbeziehung der Väter in die frühkindliche Betreuung und Erziehung könnte zwar für eine Erweiterung des Ausnahmetatbestandes in § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG sprechen. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Umsetzung allgemeiner familienpolitischer Ziele, sondern um den Sinn und Zweck der speziellen Regelung zur Elterngeldberechnung.

35

Aus dem allgemeinen Sinn und Zweck, dass auch Väter bei der Erziehung und Betreuung der Kinder mit einbezogen werden sollen, lässt sich eine erweiternde Anwendung der Modifizierung des Bemessungszeitraums nach § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG nicht herleiten. Diesem Vorhaben des Gesetzgebers wird bereits durch die zwei Partnermonate iS von § 4 Abs 2 S 2 BEEG ausreichend Rechnung getragen. Demgegenüber will die Ausnahmeregelung des § 2 Abs 7 S 6 BEEG den Partner der Schwangeren gerade nicht miteinbeziehen, weil dieser von der Gefahr, schwangerschaftsbedingt zu erkranken, nicht in gleicher Weise betroffen ist. Denn während eine schwangerschaftsbedingt erkrankte Antragstellerin nach dem BEEG keine Möglichkeit hat, auf den krankheitsbedingten Einkommensausfall zu reagieren, kann sich deren Partner entscheiden, wie er dem Problem begegnen will, zB durch Inanspruchnahme einer häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V.

36

b) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von März 2006 bis Februar 2007 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 S 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft(Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbstständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbstständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.

37

Der Kläger wendet sich bezüglich der Höhe des ihm zustehenden Elterngeldes ausschließlich noch gegen die Einbeziehung des Monats Februar 2007 in den zugrunde zu legenden Bemessungszeitraum. Mit diesem Begehren vermag er nicht durchzudringen. Nach den gesetzlichen Vorgaben hat er in dem danach mit zu berücksichtigenden Monat Februar 2007 kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Insbesondere fallen die seiner Ehefrau von deren Krankenkasse gezahlten Haushaltshilfeleistungen nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG. Hierzu zählen Einkünfte nach § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, wie zB Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst(vgl hierzu BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, RdNr 20 mwN). Vorliegend fehlt den Haushaltshilfeleistungen bereits das Merkmal des Gegenleistungscharakters, weil diese Leistung der Ehefrau des Klägers aus deren Versicherungsverhältnis mit ihrer Krankenversicherung und nicht dem Kläger aus dessen Beschäftigungsverhältnis iS von § 611 Abs 1 BGB geleistet worden ist.

38

Gegen die Zugrundelegung seines Erwerbseinkommens in den Kalendermonaten März 2006 bis Januar 2007 hat der Kläger im Übrigen zu keinem Zeitpunkt Einwendungen erhoben.

39

c) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes des Klägers mit Bescheiden vom 30.5. und 2.7.2007 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von März 2006 bis Februar 2007 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts des Klägers einen monatlichen Elterngeldanspruch in Höhe von 982,67 Euro zuerkannt hat.

40

4. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG (so bereits BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, RdNr 23; Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 37 ff, - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 29 ff sowie B 10 EG 21/09 R - Juris, RdNr 28 ff). Insbesondere besitzt der Bund die Gesetzgebungskompetenz nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG. Es besteht insoweit die Erforderlichkeit für eine bundeseinheitliche Regelung iS von Art 72 Abs 2 GG (vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - aaO, RdNr 24 f und Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 30 ff).

41

a) Es liegt keine ungerechtfertigte Verletzung des besonderen Gleichbehandlungsgebots in Art 3 Abs 2 GG oder des Benachteiligungsverbots in Art 3 Abs 3 GG dadurch vor, dass weibliche Berechtigte nach dem BEEG wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung nach § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG begünstigt werden, männliche Antragsteller im Falle einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ihrer Partnerin hingegen nicht.

42

Art 3 Abs 2 GG bestimmt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, der Staat die tatsächliche Durchführung der Gleichberechtigung fördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt. Überkommene Rollenverteilungen sollen überwunden werden, Kinder sollen nicht einseitig und dauerhaft dem "Zuständigkeitsbereich" der Mutter zugeordnet werden (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, RdNr 18; BVerfGE 114, 357, 370 f; 92, 91, 112 f). Nach Art 3 Abs 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Diese Vorschriften verbieten die geschlechtsbezogene direkte Ungleichbehandlung von Männern und Frauen (vgl insgesamt Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 85), während Differenzierungen im Hinblick auf biologische oder funktionale Unterschiede nicht ausgeschlossen sind (vgl BVerfG Urteil vom 18.12.1953 - 1 BvL 106/53 - BVerfGE 3, 225).

43

Ein Betroffensein des Schutzbereichs des Grundrechts in der Form einer direkten Benachteiligung von Männern liegt hier vor. Zwar ist § 2 Abs 7 BEEG grundsätzlich geschlechtsneutral formuliert und richtet sich gleichermaßen an Frauen und Männer (vgl bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 44). In der Begünstigung von schwangeren Berechtigten iS von § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG, die während des Bemessungszeitraums wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung einen Einkommensverlust erleiden, besteht aber durch die damit verbundene Anknüpfung an das Geschlecht eine direkte Benachteiligung von Männern(vgl Jarass, aaO, RdNr 86). Denn diese erhalten nach der vom Senat vorgenommenen Auslegung nicht die Möglichkeit der Verschiebung des Bemessungszeitraums im Falle einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ihrer Partnerin. Diese Differenzierung nach dem Geschlecht ist vorliegend allerdings gerechtfertigt, weil sie zur Behebung von Nachteilen dient, die ihrer Natur nach nur bei Frauen auftreten können (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 95 unter Hinweis auf BVerfGE 85, 191, 207; 92, 91, 109; 114, 357, 364). Da das Elterngeld gerade auch die Entscheidung von Frauen für ein Kind - und damit auch für eine Schwangerschaft - fördern soll, ist es sachgerecht, daraus unmittelbar entstehende Nachteile über die Regelungen im Mutterschutzgesetz hinaus auszugleichen, hier durch die Verschiebung des Bemessungszeitraums. Der Schutz der Schwangeren durch § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG folgt aus dem Bedürfnis nach einer Gleichbehandlung gegenüber schwangeren Berechtigten, die keine Einkommenseinbußen wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung erleiden. Insbesondere rechtfertigt Art 6 Abs 4 GG den Schutz nicht nur der Mutter, sondern insbesondere auch der Schwangeren (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, aaO, Art 3 RdNr 98 mwN).

44

b) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach Kalendermonate bei der Bemessung der Höhe des Elterngeldes der berechtigten Person Berücksichtigung finden, in denen bei dieser Erwerbseinkommen weggefallen ist, weil diese sich um die schwangerschaftsbedingt erkrankte Partnerin gekümmert hat. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, diese berechtigten Personen mit den berechtigten Schwangeren iS des § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG(idF vom 5.12.2006) bei der Bemessung der Höhe des Elterngeldes gleichzustellen. Für die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern im Rahmen der Berechnung des Elterngeldes gibt es insoweit hinreichend gewichtige Gründe.

45

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im Ersten Abschnitt des BEEG gehören (§§ 6, 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN).

46

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12 S 25; BVerfGE 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.

47

Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei dem Kläger - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (vgl hierzu insgesamt BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 37 ff). Hinsichtlich der möglichen Leistungshöhe, die sich grundsätzlich nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - aaO, RdNr 38 und Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff), weil der Gesetzgeber mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel verfolgt(so auch BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, und Beschluss vom 24.11.2011 - 1 BvR 1457/11).

48

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll auch und gerade mit gewissen Modifizierungen wie in § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten(vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 S 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Dabei sollen gerade auch Väter ermutigt werden, sich in der Frühphase der Entwicklung des Kindes dessen Betreuung und Erziehung zu widmen (BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f und 19 f).

49

Gemessen an den og Maßstäben und den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), bestehen zwischen berechtigten Personen nach dem BEEG, die schwanger sind und wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung einen Einkommenswegfall im Bemessungszeitraum erlitten haben, im Verhältnis zu deren Partnern als berechtigte Personen nach dem BEEG hinreichend gewichtige Unterschiede, welche eine Ungleichbehandlung bei der Anwendung des § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG rechtfertigen.

50

Das BEEG sieht in § 2 Abs 7 S 5 und 6(idF vom 5.12.2006) eine Privilegierung von Einkommensausfall nur in Ausnahmefällen für Sachverhalte vor, die - nach der hier maßgeblichen Rechtslage - in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Förderzweck des Elterngeldes stehen; Einkommensminderungen oder -ausfälle aufgrund allgemeiner Erwerbsrisiken werden grundsätzlich nicht bei der Bemessung der Leistungshöhe berücksichtigt, sondern dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Einer solchen Ausgestaltung steht Art 3 Abs 1 GG angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Gewährung steuerfinanzierter Leistungen nicht entgegen (BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 10/10 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 9 RdNr 29 mwN). Eine weitergehende allgemeine Ungleichbehandlung zB gegenüber Personen, die pflegebedürftige Dritte betreuen oder ihre nicht schwangerschaftsbedingt erkrankte Partnerin pflegen und deshalb Einkommenseinbußen hinnehmen, liegt nicht vor. Von § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG wird nur die unmittelbar schwangerschaftsbedingte Erkrankung der berechtigten Person erfasst mit dem daraus unmittelbar folgenden Wegfall von Erwerbseinkommen. Der mittelbare Einkommenswegfall aus anderen Gründen enthält keine vergleichbare Sachlage, denn dieser beruht auf einem eigenen Entschluss der betreuenden bzw pflegenden berechtigten Person. In diesen Fällen realisiert sich ein Einkommensausfall aufgrund eines allgemeinen Erwerbsrisikos. Dieses sollte gerade nicht bei der Bemessung der Leistungshöhe berücksichtigt werden.

51

Wie bereits das LSG in seiner angefochtenen Entscheidung dargelegt hat, kann die Versorgung einer erkrankten Schwangeren und deren Haushalts ohne Einkommenseinbußen des anderen Elternteils im Wege der Haushaltshilfe nach § 38 SGB V(früher § 199 RVO) bzw im Wege der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V(früher § 198 RVO) sichergestellt werden. Sofern sich der andere Elternteil entschließt, wegen der schwangerschaftsbedingten Erkrankung seiner Frau Einkommensminderungen vor dem Hintergrund dieser gewährten Haushaltshilfeleistungen hinzunehmen, so ist dieser Einkommensausfall seinem persönlichen Risikobereich zuzuordnen und nicht mit dem privilegierten Ausnahmefall einer schwangerschaftsbedingt erkrankten Schwangeren zu vergleichen. Diese Privilegierung von schwangeren Frauen dient gerade dem og Förderzweck und der Gleichbehandlung aller schwangeren Berechtigten, um innerhalb dieser Personengruppe eine gleichmäßige Sicherung der Lebensgrundlage herzustellen (siehe oben, BT-Drucks 16/1889 S 20 und 16/2785 S 37 f).

52

Ein vergleichbarer Grund für eine Vergünstigung iS von § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG ist bei den og Personengruppen nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Die bestehenden Regelungen zur Bestimmung des für die Elterngeldberechnung heranzuziehenden Bemessungszeitraums gestalten den der gesamten Elterngeldregelung zugrundeliegenden Gedanken konsequent aus (BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - ZFSH/SGB 2011, 537, RdNr 8).

53

c) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 61 und B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 42; Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von männlichen Antragstellern, die wegen der schwangerschaftsbedingten Erkrankung ihrer Partnerin Einkommenseinbußen hinnehmen, gegenüber schwangeren Berechtigten, die wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung Einkommenseinbußen erleiden.

54

Art 6 Abs 1 GG garantiert als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl BVerfGE 99, 216, 231). Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohl getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art 6 Abs 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten, wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl BVerfGE 99, 216, 234). Dabei ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppe grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl BVerfGE 99, 165, 178; 106, 166, 175 f = SozR 3-5870 § 3 Nr 4 S 13 f). Weit ist der Gestaltungsspielraum auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl BVerfGE 87, 1, 35 f = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 6; 103, 242, 262 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2 S 16; vgl insgesamt jüngst BVerfG Beschlüsse der 2. Kammer des 1. Senats vom 20.4.2011 - 1 BvR 1811/08 - ZfSH/SGB 2011, 337, und vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - ZfSH/SGB 2011, 537 sowie vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, RdNr 20).

55

Dadurch, dass der Gesetzgeber den Partner einer Schwangeren als Antragsteller nach dem BEEG nicht in die Privilegierung des Tatbestandes in § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG mit aufgenommen hat, wird in die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung nicht in verfassungswidriger Weise eingegriffen(vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 10 EG 2/08 R - Juris RdNr 35 f zu § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG). Finanzielle Anreize - wie die staatliche Förderung in Form von Elterngeld beschränkt auf die ersten zwölf bzw vierzehn Lebensmonate des Kindes - können die Entscheidung, wie Eltern ihre grundrechtlich verankerte Eigenverantwortung wahrnehmen, zwar beeinflussen. Durch die hier in Streit befindliche Ausgestaltung des Elterngeldes wird jedoch weder ein unmittelbarer noch ein mittelbarer Zwang auf die Eltern ausgeübt, anstelle der Betreuung des Kindes wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit aufzunehmen, noch wird dadurch in erheblicher Weise Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe genommen. Vielmehr wird grundsätzlich durch die Anknüpfung an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs 1 BEEG) vielen Eltern erst die Möglichkeit gegeben, entsprechend den mit dem Elterngeld verfolgten Zielen (hierzu BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2) auf die Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung des Kindes zu verzichten (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 10/10 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 9 RdNr 34 mwN).

56

Zwar mag es familienpolitisch wünschenswert sein, die in § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG genannten Ausnahmetatbestände - etwa auf Fälle wie den des Klägers - zu erweitern. Eine verfassungsmäßige Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 GG ergibt sich insoweit nicht. Das BEEG lässt grundsätzlich auch die Personengruppe des Klägers nicht ohne Schutz, denn ihm wird ein vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit in den letzten zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt abhängiges Elterngeld gezahlt, wenn auch nicht in der von ihm begehrten Höhe. Diese Förderung genügt ohne Zweifel den Anforderungen, die sich aus Art 6 Abs 1 GG ergeben. Bereits mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern in beachtlichem Umfang gefördert. Zu einer weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung innerhalb der Familie war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet (vgl BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - ZfSH/SGB 2011, 537, RdNr 9). Dabei ist auch die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen anzuknüpfen, von legitimen Zwecken getragen (BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214 RdNr 20).

57

d) Ein Differenzierungsverbot lässt sich ebenso wenig aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284 = SozR 3-4300 § 275 Nr 1 S 7). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273 = SozR Nr 55 zu Art 3 GG; BVerfGE 29, 221, 235 = SozR Nr 7 zu Art 2 GG). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entscheidung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das von ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - BFH/NV 2010, 1661, RdNr 13; BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 45).

58

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden. Dass aufgrund der Ausgestaltung des Elterngelds als Kompensationsleistung für geburtsbedingten Einkommensverlust Unterschiede in der Förderung zwischen Familien je nach dem vorgeburtlichen Einkommen der Eltern entstehen, ist noch verfassungskonform, auch weil Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen nicht ohne Förderung bleiben (BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, RdNr 17). Damit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind (vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, RdNr 38; Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 65). Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Beurteilung von Partnern einer schwangerschaftsbedingt erkrankten Frau, die als Antragsteller nach dem BEEG nicht von der Regelung des § 2 Abs 7 S 6 Halbs 2 BEEG erfasst werden. Auch wenn diese keine Verschiebung des Bemessungszeitraums beanspruchen können (siehe oben), so bleibt es aber generell bei der Einkommensersatzfunktion des Elterngelds vor dem Hintergrund einer auf biologischen Unterschieden beruhenden sachgerechten Verteilung staatlicher Leistungen. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist frei von Willkür und nicht unverhältnismäßig (vgl hierzu bereits BSG, jeweils aaO, RdNr 43 ff bzw RdNr 69 ff).

59

e) Anderweitige Verfassungsverstöße sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf einen aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitenden Vertrauensschutz (s dazu Jarass in Jarass/Pieroth, aaO, Art 20 RdNr 75 mwN) berufen, denn ihm wurden durch das BEEG keine Ansprüche vorenthalten, die ihm von Verfassungswegen zustehen.

60

f) Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die erörterte gesetzliche Konzeption des Elterngeldes und der Elternzeit gegen verbindliche Normen des Europarechts verstoßen könnte (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 64), zumal Art 11 Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 den Schutz von Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz betrifft und auf die Situation des Klägers erkennbar keine Anwendung findet. Ein Verstoß gegen die Richtlinie 79/7/EWG der Europäischen Union zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit vom 19.12.1978 (ABL Nr L 6/24) scheidet schon deshalb aus, weil noch nicht einmal eine Betroffenheit des Schutzbereichs der das gleiche Ziel verfolgenden Abs 2 und 3 des Art 3 GG (s Art 1 der Richtlinie) vorliegt.

61

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen sozialgerichtliche Entscheidungen und mittelbar gegen § 2 Abs. 7 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG), den sie für verfassungswidrig hält.

2

1. § 2 BEEG regelt die Berechnung des Elterngeldes. Das Elterngeld wird in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 € monatlich für zwölf, beziehungsweise vierzehn volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Monate jene Kalendermonate unberücksichtigt, während derer Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld nach der RVO oder dem Gesetz über die Krankenversicherung für Landwirte bezogen wurden. Unberücksichtigt bleiben auch Monate, in denen wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Krankheit Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist. Einbezogen werden dagegen Monate, in denen der anspruchstellende Elternteil Elternzeit ohne den Bezug von Elterngeld wahrgenommen hat. Personen, die vor der Geburt ihres Kindes kein oder nur geringes Einkommen erwirtschaftet haben, wird Elterngeld mindestens in Höhe von 300 € gezahlt (§ 2 Abs. 5 BEEG) und um 10 %, mindestens 75 €, erhöht, wenn die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt lebt (§ 2 Abs. 4 BEEG).

3

Am 29. Dezember 1999, 4. März 2002 und 17. November 2004 hat die Beschwerführerin jeweils ein Kind geboren und für diese jeweils Elternzeit in Anspruch genommen. Am 14. August 2007 gebar sie den Sohn F. Auf den im September 2007 gestellten Antrag bewilligte die zuständige Elterngeldstelle Elterngeld für die Zeit vom 14. August bis 13. März 2008 in Höhe von 375 € monatlich und für die Zeit vom 14. März 2008 bis 13. August 2008 in Höhe von 300 € monatlich. Der Widerspruch und die Klage der Beschwerdeführerin, in denen sie Elterngeld auf der Grundlage ihres vor Januar 2000 erwirtschafteten Einkommens begehrte, blieben bis vor dem Bundessozialgericht erfolglos. In ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie von Art. 6 Abs. 1 GG, die letztlich daraus resultieren soll, dass gemäß § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt ihres Kindes F. zugrunde zu legenden Monate auch jene Kalendermonate berücksichtigt wurden, in denen sie Elternzeit für das zuvor geborene Kind wahrgenommen hatte ohne Elterngeld zu beziehen. Dadurch fällt das für F. bezogene Elterngeld niedriger aus als wenn die ohne den Bezug von Elterngeld wahrgenommene Elternzeit für die älteren Kinder unberücksichtigt geblieben wäre.

4

2. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, da die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet ist.

5

a) Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 2 GG ist nicht ersichtlich. Zwar mögen mehr Frauen als Männer von dem nachteiligen Effekt der Berücksichtigung der über die Bezugszeit des Elterngeldes hinausgehenden Elternzeit bei Bestimmung des nach § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG zugrunde zulegenden Zeitraums betroffen sein. Dies ist jedoch auf die verbreitete familiäre Rollenverteilung zurückzuführen, der das BEEG gerade entgegenwirken will. Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien ist ein Ziel des Elterngeldes, zu einer partnerschaftlicheren Verteilung der Erziehungsaufgaben beizutragen (vgl. BTDrucks 16/1889, S. 15 f., 18, 23). Aufgrund der angegriffenen Regelung kann es für Eltern, die in den ersten Lebensjahren eine Betreuung ihrer Kinder innerhalb der Familie wünschen, attraktiv sein, dass auch der Vater mit der Wahrnehmung von Elternzeit die Kinderbetreuung zeitweilig übernimmt, damit die Mutter in den Beruf zurückkehren und Einkommen erwirtschaften kann, das bei der Berechnung eines neuen Elterngeldanspruches herangezogen werden kann. Eine Regelung, wie sie die Beschwerdeführerin begehrt, könnte dagegen einen durch Art. 3 Abs. 2 GG gerade nicht gebotenen Anreiz für das langfristige Ausscheiden eines Elternteils aus dem Berufsleben schaffen. Dass der Gesetzgeber, der gleichwohl auch längerfristige familienbedingte Auszeiten durch die Elternzeit ermöglicht, diese nicht auch finanziell über die Berechnung des Elterngeldes fördert, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

6

b) Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, Monate, in denen der den Antrag auf Elterngeld stellende Elternteil aufgrund der Betreuung eines älteren Geschwisterkindes kein Einkommen erwirtschaftet hat, über § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG bei der Berechnung von Elterngeld unberücksichtigt zu lassen.

7

Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (stRspr, vgl. BVerfGE 117, 272 <300 f.>). Die Bemessungsregelung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG führt dazu, dass Eltern, die über die Bezugszeit des Elterngeldes hinaus Elternzeit wahrnehmen, für ein weiteres Kind unter Umständen ein geringeres Elterngeld erhalten als Eltern, die nach der Bezugszeit des Elterngeldes für das vorherige Kind ein Einkommen erzielt haben.

8

Dies verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich zwar umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfGE 106, 166 <176>; 111, 176 <184>). Die Gewährung von Elterngeld mag Einfluss darauf haben, wie Eltern ihre grundrechtlich verankerte Erziehungsverantwortung wahrnehmen und das Leben in der Familie gestalten. Die Grenzen des allgemeinen Gleichheitssatzes sind mit der in § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG gewählten Regelung jedoch nicht überschritten. Der dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich zukommende Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 99, 165 <178>; 106, 166 <175 f.>) besteht auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 f.>; 103, 242 <260>). Die Grenzen dieses Ausgestaltungsspielraums hat der Gesetzgeber gewahrt. Die Regelungen zur Bestimmung des für die Elterngeldberechnung heranzuziehenden Bemessungszeitraums gestalten den der gesamten Elterngeldregelung zugrunde liegenden Gedanken konsequent aus. Das Elterngeld hat einkommensersetzende Funktion. Während der Elternzeit erwirtschaftet der betreuende Elternteil kein ersatzfähiges Einkommen. Ein Einkommen dieses Ehegattens konnte die Erwerbssituation der Familie dementsprechend nicht prägen, sodass sich nach der Geburt eines weiteren Kindes das Familieneinkommen nicht aufgrund der neuen Betreuungssituation verschlechtern konnte. Zwar wurde während der Elternzeit die verfassungsrechtlich gemäß Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Erziehung wahrgenommen. Eine Berücksichtigung dieser Tätigkeit gegenüber einer Person, die vor einer Geburt erwerbslos war, ohne Kinder zu betreuen, findet jedoch über den Geschwisterbonus statt, sodass eine verfassungsrechtlich unzulässige Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte nicht gegeben ist. Der Gesetzgeber war darüber hinaus nicht verpflichtet, an früheres Einkommen anzuknüpfen.

9

c) Auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Art. 6 Abs. 1 GG garantiert in seiner hier nicht betroffenen abwehrrechtlichen Funktion die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216 <231>). Neben dieser Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, folgt aus Art. 6 Abs. 1 GG auch eine gewisse positive Verpflichtung des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl. BVerfGE 99, 216 <234>). Mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern bereits in beachtlichem Umfang gefördert. Zu einer weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung innerhalb der Familie war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet.

10

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

11

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mittelbar gegen die Ausgestaltung des Elterngelds als Einkommensersatzleistung.

2

1. In dem am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) wurde das Elterngeld, abgesehen von dem gegebenenfalls um einen Geschwisterbonus erhöhten Mindestbetrag von 300 €, als Einkommensersatzleistung ausgestaltet. Das Elterngeld wird nach § 2 Abs. 1 BEEG in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt.

3

2. Die 1971 geborene Beschwerdeführerin ist verheiratet und Mutter von fünf Kindern. Sie widmet sich der Kindererziehung. Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist erwerbstätig. Der Beschwerdeführerin wurde Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags von 300 € monatlich für das im Mai 2007 geborene Kind gewährt. Widerspruch und Klage der Beschwerdeführerin auf die Gewährung von Elterngeld in Höhe des Maximalbetrags von 1.800 € blieben bis zum Bundessozialgericht erfolglos.

4

3. In ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Das Elterngeld benachteilige durch seine Ausgestaltung als Entgeltersatzleistung Eltern, die vor der Geburt kein Erwerbseinkommen erwirtschaftet hätten. Betroffen seien insbesondere Eltern, die in einer Mehrkindfamilie ausschließlich die Erziehungsverantwortung übernommen hätten, aber auch Studenten und Arbeitslose. Als steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung bilde das Elterngeld einen Fremdkörper im Sozialrecht. Keine andere Sozialleistung gewähre bei einem höheren Einkommen höhere Leistungen ohne einen rechtfertigenden Grund. Die Ziele, die der Gesetzgeber mit der Einführung des Elterngelds verfolgt habe, wie die Schaffung eines finanziellen Schonraums für junge Familien, wögen für Eltern mit geringem Einkommen in keinem Fall geringer als für solche mit höherem Einkommen.

5

Darüber hinaus sei Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verletzt. Die Gestaltung des Elterngelds diskriminiere Mehrkindfamilien, in denen realistisch nur ein Elternteil berufstätig sein könne, gegenüber Familien, in denen die Eltern ihre Berufstätigkeit nur kurzfristig zugunsten der Familienarbeit unterbrächen. Gegenüber dem Bundeserziehungsgeld, das durch das Elterngeld abgelöst wurde, hätten solche Familien eine Leistungshalbierung hinnehmen müssen. Erhalte ein Elternteil heute bei Inanspruchnahme des Mindestbetrags von 300 € monatlich insgesamt 3.600 €, so konnte ein bezugsberechtigtes Elternteil bei zweijährigem Bezug 7.200 € Bundeserziehungsgeld erhalten. Demgegenüber erhielten Eltern bei Bezug des Höchstbetrags von 1.800 € monatlich insgesamt 21.600 € Elterngeld (25.200 € bei Inanspruchnahme der Partnermonate).

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie unbegründet ist.

7

1. Die Gestaltung des Elterngelds als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

8

a) Die Bemessung der Höhe des Elterngelds auf der Grundlage des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens (§ 2 Abs. 1 BEEG) führt zwar zu einer unterschiedlichen Behandlung der Leistungsempfänger je nach der Höhe ihres vor der Geburt erwirtschafteten Erwerbseinkommens, ohne dass der staatlichen Leistung am Einkommen orientierte Sozialversicherungsleistungen der Empfänger vorausgegangen wären. Dass die einkommensabhängige Ausgestaltung des Elterngelds im Vergleich zur nicht als Einkommensersatzleistung ausgestalteten Vorgängerregelung im Bundeserziehungsgeldgesetz einen Systemwechsel bedeutet und möglicherweise in der einfachgesetzlichen Struktur sozialer Leistungen systematisch eine gewisse Sonderstellung einnimmt, bedeutet verfassungsrechtlich für sich genommen jedoch keinen Gleichheitsverstoß (vgl. BVerfGE 81, 156 <207>; 85, 238 <247>).

9

b) Die mit der einkommensbezogenen Differenzierung der Höhe des Elterngelds einhergehende Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

10

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, ohne dass dem Gesetzgeber damit jede Differenzierung verwehrt wäre. Differenzierungen bedürfen allerdings stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris, Rn. 64 f.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris, Rn. 65). Umgekehrt kommt dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 99, 165 <178>; 106, 166 <175 f.>). Ob er bei der Ausgestaltung dieses Gestaltungsspielraums die gerechteste und zweckmäßigste Lösung trifft, ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zu überprüfen (BVerfGE 38, 154 <166>).

11

bb) Die an das bisherige Erwerbseinkommen anknüpfende Differenzierung bei der Höhe des Elterngelds unterliegt danach nicht den strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen. Sie knüpft nicht an Persönlichkeitsmerkmale an, die dem Einzelnen nicht verfügbar wären oder sich den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten Merkmalen annäherten. Auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheit kann sie sich allerdings mittelbar auswirken (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG).

12

(1) Der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie ist allenfalls am Rande in seiner abwehrrechtlichen Dimension betroffen (verneinend Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R -, juris, Rn. 63 m.w.N.). Zwar garantiert Art. 6 Abs. 1 und 2 GG die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Ehe- und die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß können Ehepaare nach eigenen Vorstellungen zwischen einer Doppelverdiener- und einer Einverdienerehe wählen und dürfen Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216 <231>). Solche Entscheidungen sind grundsätzlich durch entsprechende Ausge-staltung des Elterngelds oder ähnlicher Leistungen mittelbar beeinflussbar. Die hier allein zu überprüfende Bemessung des zwölfmonatigen Elterngelds nach dem bisherigen Erwerbseinkommen beeinflusst diese Entscheidungen jedoch allenfalls am Rande. Insbesondere hat die Regelung des § 2 Abs. 1 BEEG keine intensive Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Einverdienerehen. Vielmehr schafft nach der Geburt eines Kindes gerade die Einkommensersatzfunktion des Elterngelds einen tatsächlichen Anreiz, die Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes vorübergehend zu unterbrechen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R -, juris, Rn. 63).

13

(2) Hingegen ist Art. 6 Abs. 1 und 2 GG durch die Regelung des § 2 Abs. 1 BEEG in seiner Schutz- und Förderdimension (vgl. BVerfGE 111, 160 <172>) berührt. Grenzen zulässiger Ungleichbehandlung, die dem Gesetzgeber durch den allgemeinen Gleichheitssatz hinsichtlich der Auswirkungen auf die Freiheitsrechte gezogen sind (s.o., aa), ergeben sich auch im Hinblick auf die Verwirklichung des staatlichen Schutz- und Förderungsauftrags des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG (vgl. BVerfGE 111, 176 <184 f.>). Das Elterngeld dient der Familienförderung. Der Gesetzgeber verwirklicht damit den ihm verfassungsrechtlich aufgetragenen Schutz der Familie. Die durch das BEEG gewährte Familienförderung ist für sich betrachtet stärker, wenn der bezugsberechtigte Elternteil zuvor ein höheres Einkommen hatte, als wenn er ein niedrigeres Einkommen hatte. Diese Differenzierung ist angesichts des verfassungsrechtlichen Auftrags zur Familienförderung rechtfertigungsbedürftig. Allerdings ist in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. BVerfGE 99, 165 <177 f.>; 106, 166 <175 f.>). Weit ist der Gestaltungsspielraum auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 f.>; 103, 242 <260>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. April 2011 - 1 BvR 1811/08 -, juris, Rn. 9).

14

cc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngelds an das bisherige Erwerbseinkommen anzuknüpfen, beruht auf Sachgründen, die hinreichend gewichtig sind, um die Ungleichbehandlung grundrechtlich zu rechtfertigen.

15

(1) Mit der Ausgestaltung als Einkommensersatzleistung wollte der Gesetzgeber insbesondere darauf "reagieren, dass Männer und Frauen sich immer später und seltener für Kinder entscheiden". Für viele Männer und Frauen seien "finanzielle Unsicherheit und Brüche in der Berufsbiographie Gründe, ihren Kinderwunsch nicht zu verwirklichen". Die Ausrichtung des Elterngelds auf die Kompensation des Wegfalls individuellen Einkommens soll finanzielle Unsicherheiten verhindern, die eine Hinauszögerung des Kinderwunschs verursache (BTDrucks 16/1889, S. 15).

16

Zwar kann, worauf die Beschwerdeführerin hinweist, ein Elternteil, der vor der Geburt eines Kindes ein höheres Einkommen erzielt hat, größere Ansparungen zur Vorbereitung auf die Zeit der Kinderbetreuung tätigen als eine Person mit geringerem Einkommen. Auch hat ein Elternteil mit höherem Einkommen bessere Aussichten, nach einer Zeit der Kinderbetreuung wiederum ein höheres Erwerbseinkommen zu erwirtschaften und so Ausgaben für Kinderbetreuung zu finanzieren, die eine weitere Berufstätigkeit und die angemessene Förderung des Kindes ermöglichen. Schwerpunktmäßig fördert das Elterngeld jedoch Erziehende mit kleinen und mittleren Einkommen, wie sie meist am Beginn der Berufstätigkeit erwirtschaftet werden (vgl. auch BSG, Urteil vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R -, juris, Rn. 40). Eltern mit geringeren Einkommen erhalten gemäß § 2 Abs. 2 BEEG relativ eine höhere Kompensation des Erwerbsausfalls als Eltern mit hohem Einkommen, weil das Elterngeld auf 1.800 € beschränkt ist. Der Gesetzgeber will verhindern, dass bei Männern und Frauen die Aussicht, nach Studium und Ausbildung mit der Geburt eines Kindes einen erheblichen Teil des gerade erwirtschafteten Einkommens wieder zu verlieren, zu einem Aufschieben des Kinderwunschs führt. Das Elterngeld soll die Entscheidung für eine Verbindung von Beruf und Familie gegenüber einem Verzicht auf Kinder begünstigen und will daher Einkommensunterschiede zwischen kinderlosen Paaren und Paaren mit Kindern abmildern (vgl. BTDrucks 16/1889, S. 14).

17

Dass der Gesetzgeber bei jüngeren Berufstätigen spezifische Hindernisse für die Familiengründung ausmacht und darum in typisierender Weise gerade hier Anreize für die Familiengründung setzt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar verzichtet der Gesetzgeber mit der gewählten Ausgestaltung des Elterngelds darauf, einen sozialen Ausgleich vorzunehmen. Die Behebung von Notlagen überlässt er anderen Sicherungssystemen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R -, juris, Rn. 90). Dass bei einer Ausgestaltung des Elterngelds als Kompensationsleistung für geburtsbedingten Einkommensverlust Unterschiede der Förderung zwischen Familien je nach dem vorgeburtlichen Einkommen der Eltern entstehen, ist jedoch verfassungsrechtlich angesichts der gesetzlichen Zielsetzung noch hinzunehmen, zumal die Regelung auch Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen nicht gänzlich ohne Förderung lässt.

18

(2) Die mittelbar angegriffene Regelung ist zudem im Hinblick auf den Verfassungsauftrag des Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet den Gesetzgeber, die Gleichberechtigung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen und überkommene Rollenverteilungen zu überwinden (stRspr; vgl. BVerfGE 92, 91 <112 f.>). Der Verfassungsauftrag will nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen (vgl. BVerfGE 85, 191 <207> m.w.N.). Dies verpflichtet den Gesetzgeber auch dazu, einer Verfestigung überkommener Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater in der Familie zu begegnen, nach der das Kind einseitig und dauerhaft dem "Zuständigkeitsbereich" der Mutter zugeordnet würde (vgl. BVerfGE 114, 357 <370 f.>).

19

Nicht nur mit Einführung der sogenannten Partner- oder Vätermonate (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. August 2011 - 1 BvL 15/11 -, juris), sondern auch mit der Gestaltung des Elterngelds als Einkommensersatz beabsichtigte der Gesetzgeber, die partnerschaftliche Teilhabe beider Eltern an Erziehungs- und Betreuungsaufgaben zu stärken (BTDrucks 16/1889, S. 1, 2, 14, 15, 16, 19 f.). Während der ersten Zeit der Kinderbetreuung gebe in 95 % der Fällen die Mutter ihre Erwerbstätigkeit auf, während der Vater seine beruflichen Anstrengungen häufig intensiviere, um den entstandenen Einkommensausfall zumindest teilweise kompensieren zu können. Daher nähmen nur 5 % der Väter Elternzeit in Anspruch (BTDrucks 16/1889, S. 14). Um Vätern und Müttern gleichermaßen eine aktive Elternrolle zu erlauben, wolle das Elterngeld die Übernahme der Elternzeit auch durch jenen Elternteil, meist den Vater, ermöglichen, der das höhere Einkommen erziele (BTDrucks 16/1889, S. 20). Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass sich die Zahl der Väter, die Elternzeit und Elterngeld in Anspruch nehmen, seit der Einführung des Elterngelds zum 3. Quartal 2009 auf 23,9 % erhöht hat. Väter erhalten auch häufig ein höheres Elterngeld als Mütter. So erhielten von Januar 2007 bis Juni 2008 21,7 % der Väter über 1.500 € Elterngeld, während dies nur auf 4,4 % der Mütter zutraf (vgl. BTDrucks 16/10770, S. 12). Insofern ist die Annahme des Gesetzgebers, die Ausgestaltung des Elterngelds als Einkommensersatzleistung könne auch Väter zur Wahrnehmung von Erziehungsverantwortung ermutigen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

20

2. Die Beschwerdeführerin wird durch die angegriffene Regelung auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verletzt. Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngelds an das bisherige Erwerbseinkommen anzuknüpfen, ist von legitimen Zwecken getragen. Bei der Ausgestaltung der durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gebotenen Familienförderung kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu, den er mit der hier mittelbar angegriffenen Regelung nicht überschritten hat.

21

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

22

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mittelbar gegen die Berechnung des Elterngeldes gemäß § 2 BEEG, wonach Einkommen aus Arbeitslosengeld nach § 117 SGB III nicht berücksichtigt wird.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Mutter der am 7. Juli 2007 geborenen K. Sie legte Lohnbescheinigungen für die Monate Mai bis September 2006 sowie Bescheinigungen der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit A., über den Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 117 SGB III vom 1. Oktober 2006 bis 24. Mai 2007 vor. Mit Antrag vom 31. Juli 2007 begehrte sie Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes. Mit Bescheid vom 24. August 2007 wurde der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 7. September 2007 bis 6. Juli 2008 Elterngeld in Höhe von 456,80 € gewährt. Widerspruch und Klage der Beschwerdeführerin blieben bis vor dem Bundessozialgericht erfolglos.

3

2. In ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Der Gesetzgeber habe das Elterngeld nicht als Entgeltersatz ausgestalten dürfen. Jedenfalls Arbeitslosengeld müsse bei der Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt werden. Die Anknüpfung des Bundeserziehungsgeldgesetzes an das Erwerbseinkommen solle der Honorierung des Einkommensverzichts für die Erbringung von Erziehungsleistungen dienen. Dies erfordere eine Berücksichtigung des von der Beschwerdeführerin vor der Geburt bezogenen Arbeitslosengeldes, da die Beschwerdeführerin in der Zeit der Kinderbetreuung dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe und deshalb auch kein Arbeitslosengeld erhalte. Sie verzichte folglich ebenfalls aufgrund der Erbringung von Erziehungsleistungen auf Einkommen.

II.

4

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie unbegründet ist.

5

Die Beschwerdeführerin wurde durch die angegriffene Regelung nicht in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verletzt. Der Gesetzgeber hat das Elterngeld als Einkommensersatzleistung ausgestaltet. Ein Ausgleich für wegfallende staatliche Transferleistungen sollte hingegen nicht gewährt werden (vgl. Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Hermann Kues vom 15. November 2007, BTDrucks 16/7216, S. 43). Wie bereits im Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 2011 - 1 BvR 1853/11 - entschieden wurde, durfte der Gesetzgeber das Elterngeld als Entgeltersatzleistung ausgestalten, ohne damit gegen die Verfassung zu verstoßen. Die Nichtberücksichtigung des im Berechnungszeitraum bezogenen Arbeitslosengeldes setzt diese zulässige Ausgestaltung konsequent um und ist darum verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

6

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft mittelbar die Verfassungsmäßigkeit von § 27 Abs. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG) vom 5. Dezember 2006 (BGBl I S. 2748).

I.

2

1. Das seit 1. Januar 1986 und bis zur Ablösung durch das BEEG geltende Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (BErzGG) sah zuletzt ein Erziehungsgeld von 300 € monatlich bis zum 24. Lebensmonat des Kindes vor. Es galten Einkommensgrenzen (§ 5 Abs. 3 BErzGG), die dazu führten, dass Eltern mit höherem Einkommen keinen Anspruch auf Erziehungsgeld hatten. Das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene BEEG sieht dagegen bis zur Vollendung des 12. beziehungsweise des 14. Lebensmonats des Kindes ein dem Grunde nach einkommensunabhängiges Elterngeld vor, dessen Höhe sich jedoch nach dem durchschnittlichen Einkommen des berechtigten Elternteils der letzten zwölf Monate richtet und von mindestens 300 € monatlich bis zu einem monatlichen Höchstbetrag von 1.800 € reichen kann. Das BEEG brachte gegenüber der bisherigen Gesetzeslage somit Verbesserungen für besser verdienende Eltern, die zuvor keinen Zugang zum Erziehungsgeld hatten, aber wegen des kürzeren Bezugszeitraums auch Verschlechterungen insbesondere für Eltern mit geringem oder keinem Einkommen.

3

Anspruch auf Elterngeld haben nach § 27 Abs. 1 BEEG nur Eltern, deren Kind nach dem 31. Dezember 2006 geboren oder zur Adoption aufgenommen worden ist. Für die vor dem 1. Januar 2007 geborenen oder mit dem Ziel der Adoption aufgenommenen Kinder sind hingegen die Vorschriften des Ersten und Dritten Abschnitts des BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

4

2. Die Beschwerdeführerin, deren Kind 2006 geboren wurde und die aufgrund eines zu hohen Ehegatteneinkommens keinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld hat, hält die Stichtagsregelung des § 27 Abs. 1 BEEG für verfassungswidrig. Ihre Klage blieb bis vor dem Bundessozialgericht erfolglos. Sie ist der Auffassung, der Gesetzgeber sei nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG zumindest verpflichtet gewesen, eine Übergangsregelung einzuführen, die ihr einen Anspruch auf Elterngeld einräumt.

II.

5

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie jedenfalls unbegründet ist. Die Regelung des § 27 Abs. 1 BEEG verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht dadurch, dass der Gesetzgeber von einer Gewährung von Elterngeld an Eltern abgesehen hat, deren Kind vor dem 1. Januar 2007 geboren wurde. Aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

6

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (stRspr, vgl. BVerfGE 117, 272 <301>). Die mittelbar zur Prüfung gestellte Norm trifft eine Stichtagsregelung, die zwischen Eltern, deren Kind ab dem 1. Januar 2007 geboren ist, und Eltern, deren Kind vor diesem Zeitpunkt geboren ist, unterscheidet. Die Neuregelung findet nur auf die Eltern später geborener Kinder Anwendung, während für die Eltern früher geborener Kinder nach § 27 Abs. 1 BEEG weiterhin das BErzGG gilt.

7

b) Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG jedoch nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtagsregelungen einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidbar gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung eines Stichtags notwendig ist und dass sich die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist (stRspr, vgl. BVerfGE 29, 283 <299>; 75, 78 <106>; 87, 1 <43>; 101, 239 <270>; 117, 272 <301>). Die angegriffene Vorschrift genügt diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat sich zu einem Systemwechsel hinsichtlich der Leistungen für junge Familien vom Erziehungsgeld zum Elterngeld entschlossen. Dabei musste auch der Anknüpfungspunkt des Systemwechsels bestimmt werden. Die zeitliche und sachliche Anknüpfung des gesetzlichen Leistungsanspruchs an den Tag der Geburt eines Kindes ist sachlich begründet. Denn der Tag der Geburt fällt in aller Regel mit dem Beginn der Lebens- und Erziehungsfähigkeit und des Betreuungsbedarfs eines Kindes zusammen (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 10. Dezember 1987, SozR 7833, § 1 Nr. 3).

8

2. § 27 Abs. 1 BEEG verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG. Zwar ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfGE 106, 166 <176>; 111, 176 <184>). Die Gewährung von Elterngeld mag Einfluss darauf haben, wie Eltern ihre grundrechtlich verankerte Erziehungsverantwortung wahrnehmen und das Leben in der Familie gestalten. Die durch § 27 Abs. 1 BEEG bewirkte Ungleichbehandlung ist gleichwohl mit dem Grundgesetz vereinbar.

9

a) Zwar garantiert Art. 6 Abs. 1 GG als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216 <231>). Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art. 6 Abs. 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl. BVerfGE 99, 216 <234>). Dabei ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. BVerfGE 99, 165 <178>; 106, 166 <175 f.>). Weit ist der Gestaltungsspielraum auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 f.>; 103, 242 <260>).

10

b) Ob Eltern eines vor dem 1. Januar 2007 geborenen Kindes wegen der Stichtagsregelung des § 27 Abs. 1 BEEG nachteilig in der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Freiheit betroffen sind, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden, indem sie die Form der Kinderbetreuung selbst wählen, bedarf hier keiner Entscheidung. Die mit der Stichtagsregelung einhergehende Ungleichbehandlung genügt auch erhöhten Rechtfertigungsanforderungen. Auch bei Zugrundelegung erhöhter Rechtfertigungsanforderungen war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, eine Übergangsregelung zu schaffen, die Eltern eines Kindes, das vor dem Stichtag geboren wurde, einen Anspruch auf Elterngeld ab dem 1. Januar 2007 bis zur Vollendung des 12. beziehungsweise 14. Lebensmonats einräumt.

11

aa) Zum einen lässt die Stichtagsregelung auch Eltern, deren Kind vor dem 1. Januar 2007 geboren ist, nicht ohne jeden Schutz. Insoweit gilt die Regelung des BErzGG fort. Auch wenn die Beschwerdeführerin nach dem BErzGG angesichts des Einkommens ihres Ehemanns keinen Anspruch auf Erziehungsgeld hat, steht nicht in Zweifel, dass die Leistungen nach dem BErzGG als solche den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 GG genügen.

12

bb) Zum anderen durfte der Gesetzgeber von der Übergangsregelung mit Blick auf den Verwaltungsmehraufwand Abstand nehmen, der bei einer solchen Regelung zu erwarten gewesen wäre. Im Einzelfall kann die Anwendung des BErzGG vorteilhaft gegenüber den Regelungen des BEEG sein, weil sie einen längeren Bezug ermöglicht. Aus Vertrauensschutzgründen hätten darum möglicherweise die weiterreichenden Ansprüche auf Erziehungsgeld gewahrt werden müssen. Die Ermittlung und Anwendung des im Einzelfall vorteilhafteren Leistungssystems wäre mit erheblichem Verwaltungsaufwand neben der ohnehin im Rahmen des Systemwechsels erforderlichen Umstellung der zuständigen Stellen verbunden gewesen. Selbst wenn die Wahl des anzuwendenden Leistungs-systems den Eltern im Wege eines Antragsmodells überlassen worden wäre, hätte sich ein erhöhter Verwaltungsaufwand nicht vermeiden lassen. Das Bestreben, Verwaltungsmehraufwand zu vermeiden, überschreitet den hier weit gezogenen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht. Auch aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Oktober 1970 (BVerfGE 29, 283) folgt nichts anderes. Das Bundesverfassungsgericht hat einen Mehraufwand der Verwaltung lediglich für den Fall nicht als hinreichende Rechtfertigung anerkannt, dass durch eine Stichtagsregelung die in der Vergangenheit getätigten Leistungen der Grundrechtsträger für die Zukunft in ungleicher Weise entwertet wurden. Eine solche nachteilige Wirkung besitzt die vorliegende Regelung, die Eltern je nach dem Geburtstermin ihres Kindes dem einen oder anderen Leistungssystem der Familienförderung zuweist, jedoch von vornherein nicht. Eltern, deren Kinder vor dem 1. Januar 2007 geboren wurden, erleiden durch § 27 Abs. 1 BEEG im Vergleich zur früheren Rechtslage keinen Nachteil, sondern erhalten gegebenenfalls Erziehungsgeld nach eben dieser Rechtslage.

13

3. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen leiblichen Eltern und Adoptiveltern liegt ebenfalls nicht vor. Bei Adoptivkindern auf den Beginn des familiären Zusammenlebens abzustellen und nicht wie bei leiblichen Kindern, bei denen das Zusammenleben üblicherweise mit der Geburt beginnt, an den Geburtstermin anzuknüpfen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

14

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

15

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen sozialgerichtliche Entscheidungen und mittelbar gegen § 2 Abs. 7 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG), den sie für verfassungswidrig hält.

2

1. § 2 BEEG regelt die Berechnung des Elterngeldes. Das Elterngeld wird in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 € monatlich für zwölf, beziehungsweise vierzehn volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Monate jene Kalendermonate unberücksichtigt, während derer Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld nach der RVO oder dem Gesetz über die Krankenversicherung für Landwirte bezogen wurden. Unberücksichtigt bleiben auch Monate, in denen wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Krankheit Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist. Einbezogen werden dagegen Monate, in denen der anspruchstellende Elternteil Elternzeit ohne den Bezug von Elterngeld wahrgenommen hat. Personen, die vor der Geburt ihres Kindes kein oder nur geringes Einkommen erwirtschaftet haben, wird Elterngeld mindestens in Höhe von 300 € gezahlt (§ 2 Abs. 5 BEEG) und um 10 %, mindestens 75 €, erhöht, wenn die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt lebt (§ 2 Abs. 4 BEEG).

3

Am 29. Dezember 1999, 4. März 2002 und 17. November 2004 hat die Beschwerführerin jeweils ein Kind geboren und für diese jeweils Elternzeit in Anspruch genommen. Am 14. August 2007 gebar sie den Sohn F. Auf den im September 2007 gestellten Antrag bewilligte die zuständige Elterngeldstelle Elterngeld für die Zeit vom 14. August bis 13. März 2008 in Höhe von 375 € monatlich und für die Zeit vom 14. März 2008 bis 13. August 2008 in Höhe von 300 € monatlich. Der Widerspruch und die Klage der Beschwerdeführerin, in denen sie Elterngeld auf der Grundlage ihres vor Januar 2000 erwirtschafteten Einkommens begehrte, blieben bis vor dem Bundessozialgericht erfolglos. In ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie von Art. 6 Abs. 1 GG, die letztlich daraus resultieren soll, dass gemäß § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt ihres Kindes F. zugrunde zu legenden Monate auch jene Kalendermonate berücksichtigt wurden, in denen sie Elternzeit für das zuvor geborene Kind wahrgenommen hatte ohne Elterngeld zu beziehen. Dadurch fällt das für F. bezogene Elterngeld niedriger aus als wenn die ohne den Bezug von Elterngeld wahrgenommene Elternzeit für die älteren Kinder unberücksichtigt geblieben wäre.

4

2. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, da die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet ist.

5

a) Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 2 GG ist nicht ersichtlich. Zwar mögen mehr Frauen als Männer von dem nachteiligen Effekt der Berücksichtigung der über die Bezugszeit des Elterngeldes hinausgehenden Elternzeit bei Bestimmung des nach § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG zugrunde zulegenden Zeitraums betroffen sein. Dies ist jedoch auf die verbreitete familiäre Rollenverteilung zurückzuführen, der das BEEG gerade entgegenwirken will. Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien ist ein Ziel des Elterngeldes, zu einer partnerschaftlicheren Verteilung der Erziehungsaufgaben beizutragen (vgl. BTDrucks 16/1889, S. 15 f., 18, 23). Aufgrund der angegriffenen Regelung kann es für Eltern, die in den ersten Lebensjahren eine Betreuung ihrer Kinder innerhalb der Familie wünschen, attraktiv sein, dass auch der Vater mit der Wahrnehmung von Elternzeit die Kinderbetreuung zeitweilig übernimmt, damit die Mutter in den Beruf zurückkehren und Einkommen erwirtschaften kann, das bei der Berechnung eines neuen Elterngeldanspruches herangezogen werden kann. Eine Regelung, wie sie die Beschwerdeführerin begehrt, könnte dagegen einen durch Art. 3 Abs. 2 GG gerade nicht gebotenen Anreiz für das langfristige Ausscheiden eines Elternteils aus dem Berufsleben schaffen. Dass der Gesetzgeber, der gleichwohl auch längerfristige familienbedingte Auszeiten durch die Elternzeit ermöglicht, diese nicht auch finanziell über die Berechnung des Elterngeldes fördert, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

6

b) Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, Monate, in denen der den Antrag auf Elterngeld stellende Elternteil aufgrund der Betreuung eines älteren Geschwisterkindes kein Einkommen erwirtschaftet hat, über § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG bei der Berechnung von Elterngeld unberücksichtigt zu lassen.

7

Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (stRspr, vgl. BVerfGE 117, 272 <300 f.>). Die Bemessungsregelung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG führt dazu, dass Eltern, die über die Bezugszeit des Elterngeldes hinaus Elternzeit wahrnehmen, für ein weiteres Kind unter Umständen ein geringeres Elterngeld erhalten als Eltern, die nach der Bezugszeit des Elterngeldes für das vorherige Kind ein Einkommen erzielt haben.

8

Dies verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich zwar umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfGE 106, 166 <176>; 111, 176 <184>). Die Gewährung von Elterngeld mag Einfluss darauf haben, wie Eltern ihre grundrechtlich verankerte Erziehungsverantwortung wahrnehmen und das Leben in der Familie gestalten. Die Grenzen des allgemeinen Gleichheitssatzes sind mit der in § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG gewählten Regelung jedoch nicht überschritten. Der dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich zukommende Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 99, 165 <178>; 106, 166 <175 f.>) besteht auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 f.>; 103, 242 <260>). Die Grenzen dieses Ausgestaltungsspielraums hat der Gesetzgeber gewahrt. Die Regelungen zur Bestimmung des für die Elterngeldberechnung heranzuziehenden Bemessungszeitraums gestalten den der gesamten Elterngeldregelung zugrunde liegenden Gedanken konsequent aus. Das Elterngeld hat einkommensersetzende Funktion. Während der Elternzeit erwirtschaftet der betreuende Elternteil kein ersatzfähiges Einkommen. Ein Einkommen dieses Ehegattens konnte die Erwerbssituation der Familie dementsprechend nicht prägen, sodass sich nach der Geburt eines weiteren Kindes das Familieneinkommen nicht aufgrund der neuen Betreuungssituation verschlechtern konnte. Zwar wurde während der Elternzeit die verfassungsrechtlich gemäß Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Erziehung wahrgenommen. Eine Berücksichtigung dieser Tätigkeit gegenüber einer Person, die vor einer Geburt erwerbslos war, ohne Kinder zu betreuen, findet jedoch über den Geschwisterbonus statt, sodass eine verfassungsrechtlich unzulässige Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte nicht gegeben ist. Der Gesetzgeber war darüber hinaus nicht verpflichtet, an früheres Einkommen anzuknüpfen.

9

c) Auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Art. 6 Abs. 1 GG garantiert in seiner hier nicht betroffenen abwehrrechtlichen Funktion die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216 <231>). Neben dieser Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, folgt aus Art. 6 Abs. 1 GG auch eine gewisse positive Verpflichtung des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl. BVerfGE 99, 216 <234>). Mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern bereits in beachtlichem Umfang gefördert. Zu einer weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung innerhalb der Familie war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet.

10

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

11

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mittelbar gegen die Ausgestaltung des Elterngelds als Einkommensersatzleistung.

2

1. In dem am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) wurde das Elterngeld, abgesehen von dem gegebenenfalls um einen Geschwisterbonus erhöhten Mindestbetrag von 300 €, als Einkommensersatzleistung ausgestaltet. Das Elterngeld wird nach § 2 Abs. 1 BEEG in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt.

3

2. Die 1971 geborene Beschwerdeführerin ist verheiratet und Mutter von fünf Kindern. Sie widmet sich der Kindererziehung. Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist erwerbstätig. Der Beschwerdeführerin wurde Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags von 300 € monatlich für das im Mai 2007 geborene Kind gewährt. Widerspruch und Klage der Beschwerdeführerin auf die Gewährung von Elterngeld in Höhe des Maximalbetrags von 1.800 € blieben bis zum Bundessozialgericht erfolglos.

4

3. In ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Das Elterngeld benachteilige durch seine Ausgestaltung als Entgeltersatzleistung Eltern, die vor der Geburt kein Erwerbseinkommen erwirtschaftet hätten. Betroffen seien insbesondere Eltern, die in einer Mehrkindfamilie ausschließlich die Erziehungsverantwortung übernommen hätten, aber auch Studenten und Arbeitslose. Als steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung bilde das Elterngeld einen Fremdkörper im Sozialrecht. Keine andere Sozialleistung gewähre bei einem höheren Einkommen höhere Leistungen ohne einen rechtfertigenden Grund. Die Ziele, die der Gesetzgeber mit der Einführung des Elterngelds verfolgt habe, wie die Schaffung eines finanziellen Schonraums für junge Familien, wögen für Eltern mit geringem Einkommen in keinem Fall geringer als für solche mit höherem Einkommen.

5

Darüber hinaus sei Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verletzt. Die Gestaltung des Elterngelds diskriminiere Mehrkindfamilien, in denen realistisch nur ein Elternteil berufstätig sein könne, gegenüber Familien, in denen die Eltern ihre Berufstätigkeit nur kurzfristig zugunsten der Familienarbeit unterbrächen. Gegenüber dem Bundeserziehungsgeld, das durch das Elterngeld abgelöst wurde, hätten solche Familien eine Leistungshalbierung hinnehmen müssen. Erhalte ein Elternteil heute bei Inanspruchnahme des Mindestbetrags von 300 € monatlich insgesamt 3.600 €, so konnte ein bezugsberechtigtes Elternteil bei zweijährigem Bezug 7.200 € Bundeserziehungsgeld erhalten. Demgegenüber erhielten Eltern bei Bezug des Höchstbetrags von 1.800 € monatlich insgesamt 21.600 € Elterngeld (25.200 € bei Inanspruchnahme der Partnermonate).

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie unbegründet ist.

7

1. Die Gestaltung des Elterngelds als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

8

a) Die Bemessung der Höhe des Elterngelds auf der Grundlage des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens (§ 2 Abs. 1 BEEG) führt zwar zu einer unterschiedlichen Behandlung der Leistungsempfänger je nach der Höhe ihres vor der Geburt erwirtschafteten Erwerbseinkommens, ohne dass der staatlichen Leistung am Einkommen orientierte Sozialversicherungsleistungen der Empfänger vorausgegangen wären. Dass die einkommensabhängige Ausgestaltung des Elterngelds im Vergleich zur nicht als Einkommensersatzleistung ausgestalteten Vorgängerregelung im Bundeserziehungsgeldgesetz einen Systemwechsel bedeutet und möglicherweise in der einfachgesetzlichen Struktur sozialer Leistungen systematisch eine gewisse Sonderstellung einnimmt, bedeutet verfassungsrechtlich für sich genommen jedoch keinen Gleichheitsverstoß (vgl. BVerfGE 81, 156 <207>; 85, 238 <247>).

9

b) Die mit der einkommensbezogenen Differenzierung der Höhe des Elterngelds einhergehende Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

10

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, ohne dass dem Gesetzgeber damit jede Differenzierung verwehrt wäre. Differenzierungen bedürfen allerdings stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris, Rn. 64 f.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris, Rn. 65). Umgekehrt kommt dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 99, 165 <178>; 106, 166 <175 f.>). Ob er bei der Ausgestaltung dieses Gestaltungsspielraums die gerechteste und zweckmäßigste Lösung trifft, ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zu überprüfen (BVerfGE 38, 154 <166>).

11

bb) Die an das bisherige Erwerbseinkommen anknüpfende Differenzierung bei der Höhe des Elterngelds unterliegt danach nicht den strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen. Sie knüpft nicht an Persönlichkeitsmerkmale an, die dem Einzelnen nicht verfügbar wären oder sich den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten Merkmalen annäherten. Auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheit kann sie sich allerdings mittelbar auswirken (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG).

12

(1) Der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie ist allenfalls am Rande in seiner abwehrrechtlichen Dimension betroffen (verneinend Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R -, juris, Rn. 63 m.w.N.). Zwar garantiert Art. 6 Abs. 1 und 2 GG die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Ehe- und die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß können Ehepaare nach eigenen Vorstellungen zwischen einer Doppelverdiener- und einer Einverdienerehe wählen und dürfen Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216 <231>). Solche Entscheidungen sind grundsätzlich durch entsprechende Ausge-staltung des Elterngelds oder ähnlicher Leistungen mittelbar beeinflussbar. Die hier allein zu überprüfende Bemessung des zwölfmonatigen Elterngelds nach dem bisherigen Erwerbseinkommen beeinflusst diese Entscheidungen jedoch allenfalls am Rande. Insbesondere hat die Regelung des § 2 Abs. 1 BEEG keine intensive Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Einverdienerehen. Vielmehr schafft nach der Geburt eines Kindes gerade die Einkommensersatzfunktion des Elterngelds einen tatsächlichen Anreiz, die Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes vorübergehend zu unterbrechen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R -, juris, Rn. 63).

13

(2) Hingegen ist Art. 6 Abs. 1 und 2 GG durch die Regelung des § 2 Abs. 1 BEEG in seiner Schutz- und Förderdimension (vgl. BVerfGE 111, 160 <172>) berührt. Grenzen zulässiger Ungleichbehandlung, die dem Gesetzgeber durch den allgemeinen Gleichheitssatz hinsichtlich der Auswirkungen auf die Freiheitsrechte gezogen sind (s.o., aa), ergeben sich auch im Hinblick auf die Verwirklichung des staatlichen Schutz- und Förderungsauftrags des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG (vgl. BVerfGE 111, 176 <184 f.>). Das Elterngeld dient der Familienförderung. Der Gesetzgeber verwirklicht damit den ihm verfassungsrechtlich aufgetragenen Schutz der Familie. Die durch das BEEG gewährte Familienförderung ist für sich betrachtet stärker, wenn der bezugsberechtigte Elternteil zuvor ein höheres Einkommen hatte, als wenn er ein niedrigeres Einkommen hatte. Diese Differenzierung ist angesichts des verfassungsrechtlichen Auftrags zur Familienförderung rechtfertigungsbedürftig. Allerdings ist in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. BVerfGE 99, 165 <177 f.>; 106, 166 <175 f.>). Weit ist der Gestaltungsspielraum auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 f.>; 103, 242 <260>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. April 2011 - 1 BvR 1811/08 -, juris, Rn. 9).

14

cc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngelds an das bisherige Erwerbseinkommen anzuknüpfen, beruht auf Sachgründen, die hinreichend gewichtig sind, um die Ungleichbehandlung grundrechtlich zu rechtfertigen.

15

(1) Mit der Ausgestaltung als Einkommensersatzleistung wollte der Gesetzgeber insbesondere darauf "reagieren, dass Männer und Frauen sich immer später und seltener für Kinder entscheiden". Für viele Männer und Frauen seien "finanzielle Unsicherheit und Brüche in der Berufsbiographie Gründe, ihren Kinderwunsch nicht zu verwirklichen". Die Ausrichtung des Elterngelds auf die Kompensation des Wegfalls individuellen Einkommens soll finanzielle Unsicherheiten verhindern, die eine Hinauszögerung des Kinderwunschs verursache (BTDrucks 16/1889, S. 15).

16

Zwar kann, worauf die Beschwerdeführerin hinweist, ein Elternteil, der vor der Geburt eines Kindes ein höheres Einkommen erzielt hat, größere Ansparungen zur Vorbereitung auf die Zeit der Kinderbetreuung tätigen als eine Person mit geringerem Einkommen. Auch hat ein Elternteil mit höherem Einkommen bessere Aussichten, nach einer Zeit der Kinderbetreuung wiederum ein höheres Erwerbseinkommen zu erwirtschaften und so Ausgaben für Kinderbetreuung zu finanzieren, die eine weitere Berufstätigkeit und die angemessene Förderung des Kindes ermöglichen. Schwerpunktmäßig fördert das Elterngeld jedoch Erziehende mit kleinen und mittleren Einkommen, wie sie meist am Beginn der Berufstätigkeit erwirtschaftet werden (vgl. auch BSG, Urteil vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R -, juris, Rn. 40). Eltern mit geringeren Einkommen erhalten gemäß § 2 Abs. 2 BEEG relativ eine höhere Kompensation des Erwerbsausfalls als Eltern mit hohem Einkommen, weil das Elterngeld auf 1.800 € beschränkt ist. Der Gesetzgeber will verhindern, dass bei Männern und Frauen die Aussicht, nach Studium und Ausbildung mit der Geburt eines Kindes einen erheblichen Teil des gerade erwirtschafteten Einkommens wieder zu verlieren, zu einem Aufschieben des Kinderwunschs führt. Das Elterngeld soll die Entscheidung für eine Verbindung von Beruf und Familie gegenüber einem Verzicht auf Kinder begünstigen und will daher Einkommensunterschiede zwischen kinderlosen Paaren und Paaren mit Kindern abmildern (vgl. BTDrucks 16/1889, S. 14).

17

Dass der Gesetzgeber bei jüngeren Berufstätigen spezifische Hindernisse für die Familiengründung ausmacht und darum in typisierender Weise gerade hier Anreize für die Familiengründung setzt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar verzichtet der Gesetzgeber mit der gewählten Ausgestaltung des Elterngelds darauf, einen sozialen Ausgleich vorzunehmen. Die Behebung von Notlagen überlässt er anderen Sicherungssystemen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R -, juris, Rn. 90). Dass bei einer Ausgestaltung des Elterngelds als Kompensationsleistung für geburtsbedingten Einkommensverlust Unterschiede der Förderung zwischen Familien je nach dem vorgeburtlichen Einkommen der Eltern entstehen, ist jedoch verfassungsrechtlich angesichts der gesetzlichen Zielsetzung noch hinzunehmen, zumal die Regelung auch Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen nicht gänzlich ohne Förderung lässt.

18

(2) Die mittelbar angegriffene Regelung ist zudem im Hinblick auf den Verfassungsauftrag des Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet den Gesetzgeber, die Gleichberechtigung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen und überkommene Rollenverteilungen zu überwinden (stRspr; vgl. BVerfGE 92, 91 <112 f.>). Der Verfassungsauftrag will nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen (vgl. BVerfGE 85, 191 <207> m.w.N.). Dies verpflichtet den Gesetzgeber auch dazu, einer Verfestigung überkommener Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater in der Familie zu begegnen, nach der das Kind einseitig und dauerhaft dem "Zuständigkeitsbereich" der Mutter zugeordnet würde (vgl. BVerfGE 114, 357 <370 f.>).

19

Nicht nur mit Einführung der sogenannten Partner- oder Vätermonate (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. August 2011 - 1 BvL 15/11 -, juris), sondern auch mit der Gestaltung des Elterngelds als Einkommensersatz beabsichtigte der Gesetzgeber, die partnerschaftliche Teilhabe beider Eltern an Erziehungs- und Betreuungsaufgaben zu stärken (BTDrucks 16/1889, S. 1, 2, 14, 15, 16, 19 f.). Während der ersten Zeit der Kinderbetreuung gebe in 95 % der Fällen die Mutter ihre Erwerbstätigkeit auf, während der Vater seine beruflichen Anstrengungen häufig intensiviere, um den entstandenen Einkommensausfall zumindest teilweise kompensieren zu können. Daher nähmen nur 5 % der Väter Elternzeit in Anspruch (BTDrucks 16/1889, S. 14). Um Vätern und Müttern gleichermaßen eine aktive Elternrolle zu erlauben, wolle das Elterngeld die Übernahme der Elternzeit auch durch jenen Elternteil, meist den Vater, ermöglichen, der das höhere Einkommen erziele (BTDrucks 16/1889, S. 20). Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass sich die Zahl der Väter, die Elternzeit und Elterngeld in Anspruch nehmen, seit der Einführung des Elterngelds zum 3. Quartal 2009 auf 23,9 % erhöht hat. Väter erhalten auch häufig ein höheres Elterngeld als Mütter. So erhielten von Januar 2007 bis Juni 2008 21,7 % der Väter über 1.500 € Elterngeld, während dies nur auf 4,4 % der Mütter zutraf (vgl. BTDrucks 16/10770, S. 12). Insofern ist die Annahme des Gesetzgebers, die Ausgestaltung des Elterngelds als Einkommensersatzleistung könne auch Väter zur Wahrnehmung von Erziehungsverantwortung ermutigen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

20

2. Die Beschwerdeführerin wird durch die angegriffene Regelung auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verletzt. Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngelds an das bisherige Erwerbseinkommen anzuknüpfen, ist von legitimen Zwecken getragen. Bei der Ausgestaltung der durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gebotenen Familienförderung kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu, den er mit der hier mittelbar angegriffenen Regelung nicht überschritten hat.

21

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

22

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die 1978 geborene Klägerin begehrt höheres Elterngeld. Sie war seit Mai 2001 als Zahnarzthelferin abhängig beschäftigt. Ab 15.12.2005 war sie aufgrund eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig krank. Ihr Arbeitgeber zahlte ihr bis zum 26.1.2006 das Entgelt fort; anschließend bezog sie bis zum 5.12.2006 Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Vom 6.12.2006 bis zum 14.3.2007 erhielt die Klägerin Mutterschaftsgeld. Am 10.1.2007 wurde ihre Tochter A. geboren.

2

Auf Antrag der Klägerin bewilligte das beklagte Land für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes (10.1.2007 bis 9.1.2008) Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich, das im ersten bis dritten Lebensmonat wegen Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nebst Arbeitgeberzuschuss nicht in voller Höhe ausgezahlt wurde. Bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes berücksichtigte der Beklagte nur das vom 1.12.2005 bis 26.1.2006 gezahlte (Netto-)Arbeitsentgelt, nicht jedoch das von der Klägerin vom 27.1.2006 bis 5.12.2006 bezogene Verletztengeld, weil es sich dabei um eine steuerfreie Lohnersatzleistung handle (Bescheid vom 22.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.2007).

3

Mit der dagegen beim Sozialgericht (SG) Lübeck erhobenen Klage beanspruchte die Klägerin, ihr höheres Elterngeld nach dem zuletzt erzielten Nettoeinkommen, hochgerechnet auf zwölf Monate, hilfsweise unter Berücksichtigung des bezogenen Verletztengeldes zu gewähren. Sie sei im Bemessungszeitraum unverschuldet an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert gewesen. Mit diesem Begehren hatte sie weder vor dem SG noch vor dem Schleswig-Holsteinischen Landesozialgericht (LSG) Erfolg (Urteil des SG vom 17.6.2008; Urteil des LSG vom 22.2.2010). Das LSG hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Nach § 2 Abs 1 BEEG werde Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Nach § 2 Abs 7 Satz 6 BEEG würden Kalendermonate, in denen Mutterschaftsgeld bezogen worden sei oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführende Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit weggefallen sei, nicht berücksichtigt. Danach sei Verletztengeld weder bei der Festlegung des Bemessungszeitraums noch als Einkommen zu berücksichtigen. Es sei - wie das Krankengeld - nach § 3 Nr 1 Buchst a Einkommensteuergesetz (EStG) eine steuerfreie Einnahme und damit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS von § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG.

4

Weder die Nichtberücksichtigung des Verletztengeldes noch das Fehlen eines Ausnahmetatbestandes für den Fall einer nicht schwangerschaftsbedingten Erkrankung sei verfassungsrechtlich zu beanstanden, insbesondere liege kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor.

5

Die Ungleichbehandlung von schwangerschaftsbedingter und schwangerschaftsunabhängiger Erkrankung sei dadurch gerechtfertigt, dass das besondere Risiko der Schwangerschaft bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zu Nachteilen führen solle. Der Gesetzgeber sei im Rahmen der Elternförderung hingegen nicht verpflichtet, das allgemeine Risiko einer Erkrankung auszugleichen.

6

Auch die Ungleichbehandlung von Arbeitsentgelt und Verletztengeld sei nicht sachwidrig. Das Bayerische LSG habe sich in seinem Urteil vom 24.6.2009 - L 12 EG 55/09 - ausführlich mit der Frage der unterschiedlichen Behandlung von Arbeitsentgelt und Krankengeld befasst. Die Ungleichbehandlung sei danach dadurch gerechtfertigt, dass Krankengeld als Lohnersatzleistung im Gegensatz zu Arbeitslohn von der Einkommensteuerpflicht freigestellt sei. Die Beschränkung des im Rahmen des steuerfinanzierten Elterngeldes zu ersetzenden Einkommens auf steuerpflichtige Einnahmen sei nicht unsachlich. Das Elterngeld sei eine Lohnersatzleistung, aber keine Lohnersatzersatzleistung. Dieser überzeugenden Begründung schließe sich der Senat für den Bezug von Verletztengeld an. Auch dieses sei eine Lohnersatzleistung, die von der Steuerpflicht freigestellt sei, nämlich bei Arbeitsunfähigkeit, die durch einen Arbeitsunfall verursacht worden sei.

7

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt, mit der sie eine Verletzung des § 2 Abs 1 und Abs 2 BEEG rügt. Berechnungsgrundlage könne nicht allein das Lohnfortzahlungssegment von Dezember 2005 bis Januar 2006, sondern müsse das Nettoeinkommen sein, das sie vor dem unverschuldeten Arbeitsunfall erzielt habe. Sie sei nicht anders zu behandeln als eine Mutter, die wegen Geburt eines ersten Kindes daran gehindert sei, vor Geburt des zweiten Kindes wieder erwerbstätig zu sein. Die einschlägige Bestimmung sei im Hinblick auf eine Regelungslücke verfassungskonform auszulegen. Sie könne sich der Auffassung des LSG, der Gesetzgeber habe bewusst nur in Fällen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung eine Ausnahmeregelung getroffen, nicht anschließen. Gerade der Fall einer Arbeitsentgelteinbuße durch die Folgen eines Arbeitsunfalls sei besonders zu behandeln.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. Februar 2010 und des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Juni 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr Elterngeld in Höhe von 67 % des zuletzt erzielten Nettoerwerbseinkommens, hochgerechnet auf zwölf Monate, hilfsweise nach dem bezogenen Verletztengeld zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) verfolgte Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des Bezuges von Verletztengeld in der Zeit vom 27.1. bis 5.12.2006. Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, besteht ein solcher Anspruch nicht.

13

1. Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das LSG - von den Beteiligten unangegriffen - bejaht.

14

2. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.

15
a) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 10.1.2007) erstreckt sich hier zunächst von Januar bis Dezember 2006. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Anfügung des Satzes 7 durch Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61, erfolgte mit Wirkung vom 24.1.2009 und ist deshalb hier unbeachtlich):
        

Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

16

Da die Klägerin ab Dezember 2006 wegen der bevorstehenden Geburt Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleibt danach der Monat Dezember 2006 bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt, so dass in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum von Dezember 2005 bis November 2006 abgestellt worden ist. Im Übrigen sind die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG nicht einschlägig. Nach den Feststellungen des LSG litt die Klägerin während des Bezuges von Verletztengeld nicht an einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung.

17

Angesichts seines insoweit klaren Wortlauts ist § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG nicht dahin auslegungsfähig, dass er auch Zeiten des Bezuges von Verletztengeld erfasst. Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auf den Fall der Klägerin lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen. Es fehlt an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes. Der Senat hat bereits zu der Nichtberücksichtigung der Elternzeit für ein älteres Kind ohne Elterngeldbezug entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 31-34). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Krankheit nicht lückenhaft (vgl dazu bereits Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 22, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dies gilt ebenfalls, soweit es sich um Folgen eines Arbeitsunfalls handelt. Der Gesetzgeber hat gezielt nur die Fälle einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung begünstigen wollen. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich vielmehr, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen" nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 Satz 2 und 3 BEEG-Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).

18

b) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 Satz 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.

19

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist das von der Klägerin bezogene Verletztengeld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG. Es fällt nach Auffassung des Senats insbesondere nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG(ebenso bereits zum Krankengeld BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 24 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

20

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Zwar enthält auch § 19 Abs 1 EStG keine abstrakt generelle Definition des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern nur eine beispielhafte Umschreibung der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG. Daraus ist indes zu erschließen, dass jedenfalls alle Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfasst sind, die durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst sind. Alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis sind daher Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28 mwN; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 9. Aufl 2010, § 19 RdNr 13,15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 19 RdNr 16, 17). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG im weitesten Sinne Gegenleistungscharakter aufweisen, also "für eine Beschäftigung" gewährt werden bzw als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sein(jüngst BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN; vgl auch BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250). Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist, und nicht danach, wer die Zahlung vorgenommen hat. Denn es können auch Bar- oder Sachzuwendungen Dritter Arbeitslohn darstellen, soweit sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250; BFH Urteil vom 5.7.1996 - VI R 10/96 - BFHE 180, 441, 442 f).

21

Bereits das Merkmal des Gegenleistungscharakters fehlt dem Verletztengeld. Rechtsgrund für die Leistungsgewährung ist das Versicherungs- (vgl § 26 Abs 1, § 45 ff SGB VII) und nicht das Beschäftigungsverhältnis (§ 611 Abs 1 BGB). Es ist eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung, die der beschäftigte Versicherte (s § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII) ua erhält, wenn er infolge eines Arbeitsunfalls (§ 8 SGB VII) arbeitsunfähig ist (§ 45 Abs 1 SGB VII) und dadurch seinen Gegenleistungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber verloren hat (§ 326 Abs 1 Halbs 1, § 275 Abs 1 BGB iVm § 611 Abs 1 BGB). Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung zum zu versteuernden Arbeitslohn gehören und damit auch die Verschaffung eines solchen gesetzlichen oder privaten Versicherungsschutzes durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn darstellt (BFH Beschluss vom 11.9.2007 - VI B 146/05 - juris RdNr 3; BFH Beschluss vom 29.10.2004 - XI B 170/03 - juris RdNr 3). Demgegenüber sind jedoch die Leistungen aus diesem Versicherungsverhältnis, die nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehen, sondern auf einem eigenen Anspruch des Arbeitnehmers beruhen, regelmäßig auch dann kein Arbeitslohn, wenn der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247 - juris RdNr 14). Aus diesem Grund ist auch Verletztengeld kein Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(zum Krankengeld vgl BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - RdNr 24 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

22

c) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin mit Bescheid vom 22.5.2007 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von Dezember 2005 bis November 2006 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin ein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 164,44 Euro ermittelt und der Klägerin dementsprechend hier einen monatlichen Elterngeldanspruch in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro zuerkannt hat.

23

3. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG (so bereits BSG Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - RdNr 37 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, - B 10 EG 20/09 R - RdNr 29 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, sowie - B 10 EG 21/09 R - RdNr 28 ff, juris).

24

a) Der Senat hält daran fest, dass das BEEG im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG wirksam erlassen worden ist (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff mwN; Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2712/09). Dabei versteht er den in Art 74 Abs 1 Nr 7 GG verwendeten Begriff der öffentlichen Fürsorge in einem weiten Sinne. Das Elterngeld wird davon umfasst, weil es dazu beitragen soll, die Lebensgrundlagen junger Familien zu sichern und diese vor dem Eintritt einer finanziellen Bedarfslage zu bewahren (vgl BSG aaO RdNr 39; siehe allgemein dazu auch Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl 2009, Art 74 RdNr 35 f mwN).

25

Ebenso bleibt der Senat auch bei seiner Beurteilung, dass dem Gesetzgebungsrecht des Bundes Art 72 Abs 2 GG nicht entgegensteht (vgl BSG aaO RdNr 40). Für das BEEG ist die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zu bejahen.

26

b) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach der Bezug von Verletztengeld, das an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts getreten ist, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt wird.

27

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarras in Jarras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

28

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.

29

Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei der Klägerin - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (aa). Dabei durfte der Bemessungszeitraum grundsätzlich auf zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes beschränkt werden, was zu einer Benachteiligung von Personen führt, die nur für weiter zurückliegende Zeiträume einen lückenlosen Arbeitsentgeltbezug vorweisen können (bb). Speziell ist es gerechtfertigt, dass die Klägerin als Bezieherin von Verletztengeld ungünstiger behandelt wird als Berechtigte, die im Bemessungszeitraum durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben oder bei denen in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes liegende Arbeitsentgeltausfälle gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (cc). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in der betreffenden Zeit Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII erhalten haben (dd) sowie für die Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber Berechtigten, die im Krankheitsfall keine Einkommensverluste erleiden (ee).

30

aa) Durch das BEEG hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel gegenüber dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vorgenommen. Während das Erziehungsgeld eine von der Bedürftigkeit der antragstellenden Person abhängige Leistung (§ 4 Abs 1 BErzGG, § 5 Abs 3 BErzGG)mit pauschaler, begrenzter Höhe (nach § 5 Abs 1 BErzGG monatlich 450 bzw 300 Euro)war, ist das Elterngeld über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus von 75 Euro hinaus als Leistung ausgestaltet, die das vor der Geburt liegende Erwerbseinkommen des Berechtigten bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 BEEG) ersetzt (vgl BSG Urteile vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19, und vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 55; siehe allgemein auch Pauli in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG Komm, § 2 BEEG RdNr 2; Jung, SGb 2007, 449; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 31, 33). Dabei kommt den Basisbeträgen ersichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl Fuchsloch/Scheiwe, aaO RdNr 43), was durch die Erhöhung um je 300 Euro bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG) untermauert wird. Hinsichtlich der darüber hinaus möglichen Leistungshöhe, die sich nach dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff).

31

aaa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel.

32

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2).

33

Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), ist das Differenzierungsziel insbesondere unter Berücksichtigung einer Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl hierzu etwa BVerfG Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BVerfGE 99, 216, 234), einer Steigerung der Geburtenrate und einer (teilweisen) Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens legitim. Es sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen.

34

(1) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von Alleinverdienerehen gegenüber Doppelverdienerehen, bei denen die Berechtigten durch die Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG regelmäßig höhere Leistungsansprüche erzielen(vgl hierzu auch Weilert, DVBl 2010, 164, 166).

35

Art 6 Abs 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob ein Ehegatte sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe" ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Diese Grundsätze gelten insbesondere für die Eingriffsverwaltung, etwa im Steuerrecht (vgl BVerfGE 107, 27, 53 ff). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über einen großen Gestaltungsspielraum - Art und Maß bestimmt er in politischer Verantwortung. Wegen des Freiheitsprinzips des GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen, neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst noch zur Bewährung ansteht (vgl Di Fabio, NJW 2003, 993, 997).

36

Nach Auffassung des Senats hat die Förderung durch das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht die Intensität, dass durch die größere Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Alleinverdienerehen in den Schutzbereich des Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG eingegriffen wird(so auch Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; Weilert, DVBl 2010, 164, 166). Die befristete Förderleistung berührt nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit von Eheleuten hinsichtlich ihrer innerfamiliären Aufgabenverteilung. Finanzielle Anreize - wie jede Form einer umfassenderen Förderung - können zwar stets eine überschießende Einflussnahme mit sich bringen. Das Elterngeld übt jedoch weder einen auch nur mittelbaren Zwang zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus noch nimmt es derart Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet es vielen Eltern erst die Alternative, mit geringeren wirtschaftlichen Zwängen eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu wagen (vgl auch Becker aaO).

37

(2) Ein Differenzierungsverbot lässt sich auch nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273; 29, 221, 235). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entschließung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - juris RdNr 15).

38

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden, selbst wenn das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Mehrverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte. Auch insoweit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind.

39

bbb) Der Gesetzgeber hat für die Bemessung der Elterngeldhöhe mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt.

40

Zur Erreichung seines Differenzierungszieles hat der Gesetzgeber das Elterngeld als progressive (durch einen Höchstbetrag) begrenzte Leistung nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 7 BEEG in formaler Anknüpfung an das bis zur Geburt des Kindes erzielte Erwerbseinkommen ausgestaltet(vgl BT-Drucks 16/1889 S 15). Dabei hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff den Vorzug gegeben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37; s dazu auch BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 3 RdNr 19 ff).

41

Bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, eigenständige Regelungen zur Berechnung der Leistungshöhe zu treffen (vgl zur Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 18-20; zum BErzGG BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 3/97 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 16 S 93). Mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG knüpft er insoweit sachbezogen an das Differenzierungsziel an, gerade Erwerbstätigen die größten Anreize zur Entscheidung für ein Kind zu bieten und höhere Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen.

42

Um nach seiner Auffassung die Gesetzesziele am zweckmäßigsten zu erreichen, durfte der Gesetzgeber auch den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach sozial- oder steuerrechtlichen Vorgaben ausrichten, wie dies im Gesetzgebungsverfahren geschehen ist (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass es gemessen an dem Sinn und Zweck des Elterngeldes in seiner Funktion, einen Ausgleich für die Einkommenseinbußen durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung in dem ersten Lebensjahr des Kindes zu bieten, grundsätzlich sachgerecht ist, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die Summe der positiven Einkünfte ua aus nichtselbständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG verweist(vgl Urteil aaO RdNr 39). Auch das BErzGG hatte bereits im Rahmen der Ermittlung der Einkommensgrenzen (§ 5 Abs 3, § 6 Abs 1 Satz 1 BErzGG) auf "die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG" abgestellt.

43

ccc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen der Berechtigten anzuknüpfen, ist nicht nur frei von Willkür. Sie hält nach Auffassung des Senats auch - zunächst nur allgemein betrachtet - einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stand.

44

Zwar kann ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in einer Systemwidrigkeit, also einer Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", liegen (vgl BVerfGE 34, 103, 115 mwN; stRspr). Ein Systemwechsel, wie ihn der Gesetzgeber beim Übergang vom BErzGG zum BEEG vollzogen hat, bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt. Art 3 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber insoweit nicht, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn das Elterngeld zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen gehört, die sich ansonsten weitestgehend an der Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren, ist es damit nicht Teil eines feststehenden Systems, das für eine bestimmte, durch ein gesondertes Gesetz vorgesehene Leistung keine andere Ausrichtung, hier im Sinne eines Ersatzes von entfallendem Erwerbseinkommen, zuließe.

45

Das im BEEG vorgesehene Bemessungskriterium ist zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks geeignet (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 - BVerfGE 96, 10, 23), mit dem Elterngeld einen Ausgleich für Einkommenseinbußen zu gewähren, die mit der Entscheidung für das Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Je höher das Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes ist, desto eher wird ein Elternteil zur Unterbrechung oder Einschränkung der Berufstätigkeit zwecks Kindererziehung ermutigt, wenn sich das Elterngeld an der bisherigen Einkommenshöhe orientiert.

46

Auch die Erforderlichkeit dieses Bemessungskriteriums ist zu bejahen, da keine gleichermaßen geeigneten Alternativen ersichtlich sind, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere wäre eine stärkere Förderung von Personen, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht möglich gewesen.

47

Schließlich ist es auch als angemessen anzusehen, dass für die Höhe des Elterngeldes - soweit es die Basisbeträge übersteigt - das zuvor erzielte Erwerbseinkommen maßgebend ist. Die sich dabei ergebenden Ungleichbehandlungen sind Folge des zulässigen Gesetzeszwecks. Sie spiegeln die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes und damit die mit der Entscheidung für die Kindererziehung verbundenen Einbußen bei den Einkünften aus der bisherigen Erwerbstätigkeit wider.

48

bb) Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG bemisst sich das Elterngeld nach dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das von dem Berechtigten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt worden ist. Bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit wird von diesem Zeitraum - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG(der mit Wirkung vom 24.1.2009 angefügte Satz 7 ist hier weder anwendbar noch seinem Inhalt nach einschlägig) abgewichen. Personen, die diese Ausnahmetatbestände nicht erfüllen, können mithin, soweit sie im Bemessungszeitraum - wie zeitweise die Klägerin - kein oder nur ein gekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben, nicht auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Kalendermonate mit (höherem) Erwerbseinkommen zurückgreifen. Diese Benachteiligung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 53 ff).

49

aaa) Mit der grundsätzlichen Beschränkung des Bemessungszeitraums auf die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verfolgt der Gesetzgeber ein zulässiges Differenzierungsziel. Er möchte den vorgesehenen Einkommensersatz auf die aktuellen Verhältnisse vor der Geburt ausrichten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20) und damit - ersichtlich - eine größtmögliche Anreizwirkung in Richtung auf eine Entscheidung für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten des Kindes und dessen Betreuung erzielen. Dieser Ausrichtung des Elterngeldes steht insbesondere kein verfassungsrechtliches Verbot aus Art 6 Abs 1 GG entgegen.

50

Zwar mag es zutreffen, dass durch einen auf die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes begrenzten Bemessungszeitraum die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe mittelbar etwas stärker beeinflusst werden kann als bei einem weiter gefassten Bemessungszeitraum. Darin liegt jedoch noch kein relevanter Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG. Das Gesetz legt nur die tatsächlichen Erwerbsverhältnisse der Ehegatten in dem Jahr vor der Geburt des Kindes zugrunde. Weiter zurückliegende Entscheidungen betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe muss er im Rahmen der Elterngeldbemessung ebenso wenig berücksichtigen wie zukünftige Pläne der Ehegatten hinsichtlich der jeweiligen Erwerbstätigkeit.

51

bbb) Der zwölfmonatige Bemessungszeitraum stellt auch ein zulässiges Differenzierungskriterium dar. Verfassungsrechtliche Verbote sind insoweit nicht ersichtlich. Die einschlägigen Regelungen des BEEG erscheinen dem erkennenden Senat in Ansehung des gesetzgeberischen Zieles auch als verhältnismäßig.

52

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein grundsätzlich auf zwölf Kalendermonate begrenzter Bemessungszeitraum die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes am besten abbildet (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Wie bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (vgl § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV) ist Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG die sog Bezugs- und Referenzmethode(vgl hierzu auch Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 juris RdNr 35; bereits BSG Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 105/63 - BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSG Urteil vom 22.2.1972 - 3 RK 85/69 - BSGE 34, 79 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 19/05 R - BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 21 ff), nach der unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt. Dabei hat der Gesetzgeber - auch in Ansehung des befristeten Bezugszeitraums des Elterngeldes von bis zu 14 Monaten (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG; zur Möglichkeit einer Verlängerung auf maximal 28 Monate durch Halbierung des Auszahlungsbetrages vgl § 6 Satz 2 BEEG) - einen geeigneten Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor der Geburt gewählt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG). Das Ende des Bemessungszeitraums knüpft damit an das ausgleichsberechtigende Ereignis an und trägt dem Erfordernis Rechnung, den voraussichtlichen betreuungsbedingten Einkommensausfall des Elternteils einfach und nachvollziehbar zu bestimmen (vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 35).

53

Die Ausgestaltung des Bemessungszeitraums erscheint auch als erforderliches Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks. Andere Lösungen hätten entweder mehr finanzielle Mittel bzw einen größeren Verwaltungsaufwand beansprucht oder das verfolgte Ziel wäre verfehlt worden. Insbesondere hätte eine Berücksichtigung weiter zurückliegender Erwerbsverhältnisse des Berechtigten die beabsichtigte Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes beeinträchtigt.

54

Schließlich erachtet der Senat die einschlägige gesetzliche Regelung, soweit es den grundsätzlichen Bemessungszeitraum anbelangt, auch nicht als unangemessen. Die durch die zeitliche Begrenzung des Bemessungszeitraums verursachte Ungleichbehandlung zwischen berechtigten Personen ist sachlich gerechtfertigt. Die voneinander abweichenden Einkommensverhältnisse der Betroffenen im Zeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes legen in Ansehung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes eine entsprechend differenzierte Behandlung nahe.

55

cc) Da das Verletztengeld gemäß § 2 Abs 1 und 7 Satz 1 bis 4 BEEG iVm dem Einkommenssteuerrecht nicht als Arbeitsentgelt anzusehen ist, wird die Klägerin bei der Bemessung des Elterngeldes ungünstiger behandelt als Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums kein Verletztengeld, sondern durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben. Darüber hinaus bleiben die Kalendermonate mit Verletztengeldbezug bei der Bestimmung der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden zwölf Kalendermonate auch nicht unberücksichtigt, so dass bei der Klägerin, anders als bei Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG erfüllen, nicht auf weiter zurückliegende Kalendermonate zurückgegriffen werden kann, in denen sie wahrscheinlich ein Arbeitsentgelt vorweisen kann. Die darin liegende Benachteiligung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

56

aaa) Der Gesetzgeber war im Rahmen seiner zulässigen Zielsetzung, einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen zu schaffen, von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Verletztengeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Verletztengeld unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass es gerade ausgefallenes Arbeitsentgelt ersetzen soll. Der Ausschluss von Verletztengeld (und anderer Lohnersatzleistungen) bei der Leistungsbemessung stellt insoweit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks dar. Diese gesetzliche Maßnahme ist auch als erforderlich anzusehen, weil gleichermaßen geeignete Alternativen nicht erkennbar sind. Eine Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in die Bemessung des Elterngeldes würde einen höheren finanziellen Aufwand erfordern. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Nichtberücksichtigung von Verletztengeld bei den für die Leistungshöhe maßgebenden Einkünften als gerechtfertigt anzusehen.

57

Nicht nur wegen der besonderen familienpolitischen Zielsetzung des Elterngeldes, sondern auch wegen des weit gefassten Kreises der Berechtigten ist es als sachgerecht anzusehen, dass der Gesetzgeber die Leistungsbemessung eng an die vorangegangene Erzielung von Erwerbseinkommen angeknüpft und dabei Entgeltersatzleistungen wie das Verletztengeld unberücksichtigt gelassen hat. Anderenfalls wäre es insbesondere im Vergleich zu Berechtigten mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit zu problematischen Ungleichbehandlungen gekommen. Denn diese Personenkreise haben regelmäßig keinen Zugang zu entsprechenden Ersatzleistungen.

58

bbb) Der Gesetzgeber des BEEG musste im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG auch keine allgemeine Ausgleichsmöglichkeit für alle Berechtigten vorsehen, die in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Arbeitsentgeltausfälle wegen Arbeitsunfähigkeit (hier infolge eines Arbeitsunfalls) hatten. Insbesondere war er nicht gehalten, diesen Personenkreis mit solchen Berechtigten gleichzustellen, die iS von § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bzw Mutterschaftsgeld bezogen oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommenseinbußen erlitten haben.

59

Durch die eng begrenzten Ausnahmefälle in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG hat der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Risikoverteilung vorgenommen. Einkommenseinbußen aus Gründen, die nicht direkt mit dem Zweck des Elterngeldes zusammenhängen, werden dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Zwar verzichtet der Gesetzgeber damit auf einen - möglicherweise wünschenswerten (vgl dazu Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes eV vom 1.9.2008, Ausschuss-Drucks 16(13)371c NEU zu BT-Drucks 16/9415) - sozialen Ausgleich, er orientiert sich jedoch in noch sachgerechter Weise an dem von ihm verfolgten Ziel eines (teilweisen) Ersatzes von Erwerbseinkommen, das durch die erfolgende Kindesbetreuung entfällt. Die Behebung sozialer Notlagen hat er insoweit anderen sozialen Sicherungssystemen überlassen (vgl Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

60

ccc) Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ausgestaltung der Bemessungsmethode nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG liegt auch in der Praktikabilität bei der Leistungsgewährung(vgl hierzu allg Heun in Dreier, GG, 2. Aufl 2004, Art 3 RdNr 33). So muss im Bemessungszeitraum nicht nach einem bestehenden, unterbrochenen oder beendetem Beschäftigungsverhältnis oder nach dem Grund der Einkommenseinbußen aus Erwerbstätigkeit unterschieden werden. Die hiermit sonst verbundenen Schwierigkeiten lassen sich zB an dem sehr differenziert ausgestalteten Bemessungsrecht beim Arbeitslosengeld (vgl §§ 129 ff SGB III) unschwer erkennen.

61

Bei dem grundlegenden Systemwechsel ist dem Gesetzgeber zudem zur sachgerechten Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er nach Überprüfung der erzielten Ergebnisse auf Unstimmigkeiten im Einzelfall reagieren kann (vgl BVerfG Urteil vom 13.6.1979 - 1 BvL 27/76 - BVerfGE 51, 257, 268; BVerfGE 49, 192, 210). Ob der Gesetzgeber durch die Anfügung des Satzes 7 an § 2 Abs 7 BEEG zum 24.1.2009 (vgl Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61) einen sachgerechten Schritt getan hat, kann hier offenbleiben.

62

dd) Die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in dem Bemessungszeitraum an Stelle von Verletztengeld Existenz sichernde Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen haben, bei der Bemessung des Elterngeldes verstößt ebenfalls nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Beide Vergleichsgruppen haben nach dem gesetzlichen Differenzierungskriterium insoweit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 BEEG erzielt. Sie werden demnach in dieser Beziehung sachgerechterweise gleich behandelt. Da das Elterngeld keine beitragsfinanzierte Leistung der Sozialversicherung ist, brauchte der Gesetzgeber Personen, die im Bemessungszeitraum beitragsfinanzierte Entgeltersatzleistungen bezogen haben, nicht besser zu stellen als Bezieher von steuerfinanzierten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder der Sozialhilfe.

63

ee) Die Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die - zB wegen amtsangemessener Alimentation (Beamte, Richter) - bei länger als sechs Wochen andauernder Erkrankung regelmäßig keine Einbußen an Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 BEEG erleiden, führt nicht zu einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG.

64

Es besteht kein Anspruch der Klägerin als Arbeitnehmerin auf Gleichbehandlung zB mit Beamten, die bei einer dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht Verletztengeld beziehen, sondern weiterhin ihre Dienstbezüge erhalten; die Vergleichsgruppen sind nicht wesentlich gleich, weil sich das gesetzlich geregelte Beamten- und Richterverhältnis von dem durch privatrechtlichen Vertrag begründeten Angestelltenverhältnis grundlegend unterscheidet (vgl BVerfG Beschluss vom 2.3.2000 - 2 BvR 1508/99 - juris RdNr 5; BVerfGE 52, 303, 345). Entsprechend verhält es sich im Vergleich zu Personen, die aufgrund ihres Arbeitsvertrages - anders als die Klägerin - Anspruch auf eine über sechs Wochen hinausgehende, auf das Verletztengeld anrechenbare (vgl § 52 SGB VII) Entgeltfortzahlung durch ihren Arbeitgeber haben. Die insoweit im Beamten- oder Arbeitsvertragsrecht begründeten Unterschiede musste der Gesetzgeber des BEEG nicht ausgleichen; vielmehr durfte er bei der Ausgestaltung der Bemessung des Elterngeldes an den tatsächlichen Erwerbseinkommensverhältnissen der Berechtigten im Bemessungszeitraum anknüpfen.

65

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 31. August 2009 geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin drei Fünftel der außergerichtlichen Kosten für den ersten Rechtszug zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes der Klägerin, insbesondere über die Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Streikgeld bei der Leistungsbemessung.

2

Die Klägerin ist Angestellte im öffentlichen Dienst. Ihr Monatsgehalt betrug im Jahre 2006 regelmäßig 2381,13 Euro. Aufgrund einer Teilnahme der Klägerin an gewerkschaftlich organisierten Streikaktionen kürzte der Arbeitgeber deren Arbeitsentgelt in den Monaten März bis Juni 2006 um insgesamt 2323,37 Euro. Die Klägerin erhielt während dieser Zeit Streikgeld in Höhe von 1945,60 Euro. Für die Zeit ab Oktober 2006 führte sie einen Lohnsteuerklassenwechsel von V auf III durch.

3

Nach der Geburt ihrer Tochter F. am 6.2.2007 beantragte die Klägerin bei dem beklagten Landkreis die Gewährung von Elterngeld. Mit Bescheid vom 24.8.2007 bewilligte ihr dieser für den Zeitraum vom 6.2.2007 bis 5.2.2008 vorläufig Elterngeld in Höhe von monatlich 699,82 Euro unter Berücksichtigung eines in der Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 durchschnittlich erzielten Monatseinkommens in Höhe von 1044,51 Euro. Wegen der Anrechnung von Mutterschaftsgeld betrug der Auszahlungsbetrag im ersten Monat (6.2. bis 5.3.2007) 0,00 Euro und im zweiten (6.3. bis 5.4.2007) 45,14 Euro. Bei dieser Bewilligung wurde weder der Lohnsteuerklassenwechsel noch das erhaltene Streikgeld zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt.

4

Während des anschließenden Vorverfahrens korrigierte der Beklagte mit Bescheid vom 15.1.2008 die Leistungsbewilligung auf monatlich 695,54 Euro und forderte von der Klägerin 43,06 Euro zurück. Das zugrundeliegende monatliche Durchschnittseinkommen verringerte sich auf 1038,12 Euro. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin ebenfalls Widerspruch. Beide Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.1.2009 als unbegründet zurück.

5

Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Stade Klage erhoben. Sodann hat der Beklagte im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Beachtlichkeit eines Lohnsteuerklassenwechsels bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage für das Elterngeld (Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 3/08 R - BSGE 103, 284 = SozR 4-7837 § 2 Nr 1) der Klägerin durch "Teil-Abhilfebescheid" vom 14.7.2009 Elterngeld in Höhe von monatlich 768,99 Euro bewilligt. Dieser Entscheidung liegt ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1 147,74 Euro zugrunde. Nunmehr hat die Klägerin ihr Begehren darauf gerichtet, den Beklagten zu verurteilen, bei der Berechnung des Elterngeldes auch für die Monate März bis Juni 2006 das ungekürzte Arbeitsentgelt in Höhe von jeweils 2381,13 Euro brutto, hilfsweise neben dem gekürzten Arbeitsentgelt zusätzlich das für diesen Zeitraum in Höhe von 1945,60 Euro gezahlte Streikgeld, zugrunde zu legen und entsprechend höheres Elterngeld zu bewilligen.

6

Durch Urteil vom 31.8.2009 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 24.8.2007 und vom 15.1.2008 sowie des Widerspruchsbescheids vom 19.1.2009 und des Bescheids vom 14.7.2009 verpflichtet, der Klägerin auf den Antrag vom 7.5.2007 Elterngeld in gesetzlicher Höhe mit der Maßgabe zu gewähren, das von der Klägerin im Bemessungszeitraum bezogene Streikgeld als Einkommen bei der Ermittlung des maßgeblichen Durchschnittseinkommens zu berücksichtigen. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

7

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Beurteilung von Streikgeldern als einkommensteuerpflichtiges Einkommen ua ausgeführt: Das Streikgeld sei nach Sinn und Zweck des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) als Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a Einkommensteuergesetz (EStG) anzusehen und bei der Bemessung des Elterngeldes als Einkommen iS des § 2 Abs 1 BEEG zu berücksichtigen. Anderenfalls drohe ein sachlich nicht gerechtfertigter Eingriff in die grundrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit iS des Art 9 Abs 3 GG, da die Klägerin dann über den bei einer Streikmaßnahme hinzunehmenden Lohnausfall hinaus mit einem verringerten Elterngeld rechnen müsste, wenn der Streik in den für die Leistungsbemessung maßgeblichen Zeitraum falle; damit sei sie faktisch in der Ausübung ihres Streikrechts eingeschränkt. Weiterhin sei eine sachliche Rechtfertigung für einen möglichen Eingriff in den Schutzbereich des Art 9 Abs 3 GG nicht erkennbar, soweit die Klägerin einen Verstoß gegen ihre Teilnahmeverpflichtung am kollektiven Arbeitskampf angesichts der zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile bei der Elterngeldhöhe unter Umständen nur durch einen Austritt aus der Gewerkschaft verhindern könne.

8

Schließlich drohe eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 GG, wenn das Streikgeld bei der Bemessung des Elterngeldes nicht berücksichtigt würde: zum einen durch eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber der Vergleichsgruppe der nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers, die ebenfalls innerhalb von zwölf Monaten nach den Streikmaßnahmen Elterngeld beantragten und bei denen an Stelle des Streikgeldes der erhaltene Arbeitslohn berücksichtigt werde; zum anderen wäre die Klägerin als weibliches Gewerkschaftsmitglied gegenüber männlichen Gewerkschaftsmitgliedern benachteiligt, da statistisch zum überwiegenden Teil Frauen Elterngeld in Anspruch nähmen und diese die Folgen eines Streiks wesentlich härter träfen als männliche Gewerkschaftsmitglieder.

9

Soweit die Klägerin eine Berücksichtigung des Einkommens begehre, das sie ohne Streikmaßnahmen normalerweise in dem Zeitraum von März bis Juni 2006 erhalten hätte, könne sie damit nicht durchdringen, weil bei der Bemessung des Elterngeldes nur positive Einkünfte iS des § 2 Abs 1 EStG maßgeblich seien und ein fiktives Einkommen steuerrechtlich nicht relevant sein könne.

10

Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligten - mit Zustimmung des jeweiligen Gegners - die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Die Klägerin hat ihre Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat wieder zurückgenommen.

11

Der Beklagte macht insbesondere geltend: Streikgeld sei nach der Rechtsprechung des 10. Senats des BFH nicht als einkommensteuerpflichtige Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG anzusehen und damit bei der Bemessung des Elterngeldes nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des SG sei zur Sicherstellung von Verwaltungspraktikabilität und Rechtssicherheit allein an den steuerrechtlichen Begriff der Einkünfte anzuknüpfen, ohne dass eine eigenständige sozialrechtliche Beurteilung ausschlaggebend sei. Im Übrigen könnten die verfassungsrechtlichen Bedenken des SG nicht geteilt werden, da bei einer Teilnahme an einem Streik ohnehin sozialrechtliche Nachteile - zB durch verringerte Sozialversicherungsbeiträge - entstünden, die sich auf die Höhe späterer Renten- oder Arbeitslosengeldansprüche auswirken bzw den Wegfall des Unfallversicherungsschutzes bewirken könnten. Zudem wirke sich die Nichtberücksichtigung von Streikgeld bei der Bemessung des befristeten Elterngeldes eher gering aus.

12

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 31. August 2009 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

14

Sie ist der Auffassung: Das ihr während der Streikmaßnahmen gezahlte Streikgeld sei - gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG - als Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, um einen staatlichen Eingriff in den Schutzbereich des Art 9 Abs 3 GG iVm Art 3 Abs 1 GG zu vermeiden. Insoweit komme im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 2 Abs 7 Satz 5 bis 7 BEEG auch eine Verschiebung des Bemessungszeitraums um die von streikbedingten Entgeltkürzungen betroffenen Monate in die Vergangenheit in Betracht.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Beklagten ist zulässig und begründet.

16

1. Die Anfechtungsklage der Klägerin (§ 54 Abs 1 SGG) richtet sich nur noch gegen den Bescheid des Beklagten vom 14.7.2009, der die vorangegangenen Verwaltungsentscheidungen (Bescheide vom 24.8.2007 und 15.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.2009) durch eine vollständige Neuberechnung des Elterngeldes der Klägerin ersetzt hat (vgl § 96 SGG). Nachdem die Klägerin ihre Revision zurückgenommen hat, betrifft ihr mit der Anfechtungsklage verbundenes Leistungsbegehren (vgl § 54 Abs 4 SGG) lediglich die ihr erstinstanzlich zugesprochene Berücksichtigung des Streikgeldes bei der Bemessung des Elterngeldes.

17

2. Entgegen der Auffassung des SG ist auch die verbliebene Klage unbegründet. Die Klägerin hat wegen der in den Monaten März bis Juni 2006 gewährten Streikunterstützung keinen höheren Anspruch auf Elterngeld, als ihr vom Beklagten durch den zuletzt maßgeblichen Bescheid vom 14.7.2009 bewilligt worden ist.

18

a) Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Ob im Fall der Klägerin sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG erfüllt sind, vermag der Senat anhand der Tatsachenfeststellungen des SG nicht zu beurteilen. Das ist hier unschädlich, weil die Klägerin jedenfalls kein höheres Elterngeld beanspruchen kann.

19

b) Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.

20

           

aa) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 6.2.2007) erstreckt sich hier zunächst von Februar 2006 bis Januar 2007. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Anfügung des Satzes 7 durch Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61, erfolgte mit Wirkung vom 24.1.2009 und ist deshalb hier unbeachtlich):

        

Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

21

Da die Klägerin ab Dezember 2006 wegen der bevorstehenden Geburt Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleiben danach die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt, so dass in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum von Dezember 2005 bis November 2006 abgestellt worden ist. Im Übrigen sind die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG offensichtlich nicht einschlägig.

22

Die bei unklarem oder nicht eindeutigem Wortlaut zur Auslegung gesetzlicher Bestimmungen heranzuziehenden Gesichtspunkte des Bedeutungszusammenhanges, der Regelungsabsicht, des Sinnes und Zweckes des Gesetzes, der Gesetzesentwicklung oder des Gebotes einer verfassungskonformen Auslegung - letztere begehrt die Klägerin - sind hier nicht zu erörtern, denn der eindeutige Wortsinn einer gesetzlichen Vorschrift ist die Grenze jeder Auslegung (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 143 mwN, s Bundesverfassungsgericht , BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81). Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht möglich.

23

Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auf den Fall der Klägerin lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen. Es fehlt an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes. Der Senat hat bereits zu der Nichtberücksichtigung der Elternzeit für ein älteres Kind ohne Elterngeldbezug entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 31-34). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen eines Streiks nicht lückenhaft. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich vielmehr, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen" nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 Satz 2 und 3 BEEG-Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).

24

bb) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 Satz 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbstständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbstständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.

25

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist die von der Klägerin erhaltene Streikunterstützung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG. Sie fällt nach Auffassung des Senats insbesondere nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG; sie ist weder Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG noch eine Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG.

26

aaa) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Zwar enthält auch § 19 Abs 1 EStG keine abstrakt generelle Definition des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern nur eine beispielhafte Umschreibung der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG. Daraus ist indes zu erschließen, dass jedenfalls alle Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfasst sind, die durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst sind. Alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis sind daher Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28 mwN; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 9. Aufl 2010, § 19 RdNr 13, 15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 19 RdNr 16, 17). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH müssen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG im weitesten Sinne Gegenleistungscharakter aufweisen, also "für eine Beschäftigung" gewährt werden bzw als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sein(jüngst BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN; vgl auch BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250). Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist, und nicht danach, wer die Zahlung vorgenommen hat. Denn es können auch Bar- oder Sachzuwendungen Dritter Arbeitslohn darstellen, soweit sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250; BFH Urteil vom 5.7.1996 - VI R 10/96 - BFHE 180, 441, 442).

27

Nach diesen Maßgaben ist eine Streikunterstützung nicht als Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Nr 1 EStG zu werten, da sie auch im weitesten Sinn keinen Gegenleistungscharakter für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hat; sie beruht nicht auf dem Vertragsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, sondern auf der Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der Gewerkschaft und wird zur Durchführung eines Streiks gerade nicht im Interesse des Arbeitgebers gewährt (vgl BFH Urteil vom 24.10.1990 - X R 161/88 - BFHE 162, 329, 332; so schon BSG Urteil vom 9.7.1963 - 9 RV 1114/59 - BSGE 19, 230, 236 = SozR Nr 9 zu § 32 BVG).

28

bbb) Der Senat teilt nicht die Auffassung des SG, dass die von der Klägerin erhaltene Streikunterstützung als Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG zuzuordnen ist.

29

Nach § 24 Nr 1 Buchst a EStG gehören zu den Einkünften iS des § 2 Abs 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind. Die Vorschrift betrifft alle Einkunftsarten iS des § 2 Abs 1 EStG und beinhaltet - wie sich aus dem Wort "auch" in § 24 EStG ergibt - keine neue Gruppe von steuerpflichtigen Einnahmen(vgl etwa BFH Urteil vom 16.10.2002 - XI R 71/00 - BFHE 200, 544 - juris RdNr 15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 24 RdNr 2 mwN; BSG Urteil vom 9.10.2007 - B 5b/8 KN 1/06 KR R - SozR 4-2500 § 10 Nr 8 RdNr 17; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 2/05 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 6 juris RdNr 13). Entschädigungen für Arbeitnehmer sind dann als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG anzusehen, wenn sie geleistet werden für ausgefallenen Arbeitslohn iS des § 19 EStG, der - sein Zufluss unterstellt - ebenfalls unter diese Einkunftsart zu subsumieren wäre(zur Einordnung der Einkünfte nach § 24 EStG als nichtselbstständige Einkunftsart vgl BFH Urteil vom 16.10.2002 - XI R 71/00 - BFHE 200, 544, 546; BSG Urteil vom 9.10.2007 - B 5b/8 KN 1/06 KR R - SozR 4-2500 § 10 Nr 8 RdNr 17; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 2/05 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 6 RdNr 13).

30

Eine am Wortsinn orientierte Auslegung des Begriffs der Entschädigung iS des § 24 EStG - als Ausgleichsleistung für einen Schaden bzw für den Verlust von Rechten - legt es an sich nahe, eine von der Gewerkschaft gezahlte Streikunterstützung als Leistung für den streikbedingten Verlust des Lohnanspruchs gegenüber dem Arbeitgeber(§ 326 Abs 1 Halbs 1, § 275 Abs 1 BGB iVm § 611 Abs 1 BGB; vgl hierzu auch Beschluss des großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 21.4.1971 - GS 1/68 - BAGE 23, 292) anzusehen. Die Streikunterstützung tritt aus Sicht des Arbeitnehmers objektiv an die Stelle des entfallenen Arbeitslohns (Lohnsurrogat). Wie bei der Zahlung von Arbeitslohn (vgl § 38 Abs 1 Satz 3 EStG) ist hierbei unerheblich, dass eine Entschädigung iS des § 24 EStG nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten - regelmäßig dem Schadensverursacher - gezahlt wird(vgl BFH Urteil vom 30.3.1982 - III R 150/80 - BFHE 135, 488, 492).

31

Nach § 24 Nr 1 Buchst a EStG muss die von der Entschädigung betroffene Einnahme jedoch zusätzlich "entgangen" sein. Dementsprechend fällt nach der Rechtsprechung des BFH eine im Einverständnis mit dem Berechtigten "weggefallene" Einnahme nicht unter diese Vorschrift (vgl etwa Urteil vom 11.12.1970 - VI R 218/66 - BFHE 101, 98). Ein zunächst enges Verständnis des unfreiwilligen Einnahmenverzichts (Verlustes) des Steuerpflichtigen "gegen oder ohne seinen Willen" (BFH, aaO) hat der BFH später zur Erfassung des Steuergegenstands dahingehend präzisiert, dass eine Entschädigung für eine entgangene Einnahme iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG nur dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige, der den Ausfall der Einnahmen mit verursacht hat, dabei unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt hat(stRspr seit 1978, vgl BFH Urteil vom 20.7.1978 - IV R 43/74 - BFHE 125, 271, 275 ff). Er darf das schadensstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben (BFH Urteil vom 13.8.2003 - XI R 18/02 - BFHE 203, 420, 422 mwN; vgl auch BVerfG Beschluss vom 7.7.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 52 BvL 57/06, 2 BvL 52 BvL 58/06 - juris RdNr 77).

32

Diese Auslegung beruht auf dem Bedeutungszusammenhang (vgl zu diesem Auslegungskriterium Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 310 ff) des § 24 EStG mit § 34 Abs 1, Abs 2 Nr 2 EStG, nach dem bei einer Entschädigung iS des § 24 EStG eine Steuerermäßigung gerechtfertigt ist, aber nur in denjenigen Fällen, in denen sich der Steuerpflichtige in einer Zwangssituation befindet und sich dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht entziehen kann(vgl etwa BFH Urteil vom 14.12.2004 - XI R 12/04 - juris RdNr 17 mwN). Insoweit ist maßgeblich, welcher Sphäre das schadensstiftende Ereignis zuzuordnen ist. Eine Zwangslage des Steuerpflichtigen fehlt auch, wenn dieser in seiner Sphäre freiwillig eine Ursachenkette in Gang setzt, die ihm später keinen Entscheidungsspielraum mehr belässt; die Entwicklung der Ursachenkette muss sich allerdings in einem überschaubaren Rahmen halten. Der Ursachenzusammenhang wird nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung unterbrochen bei Ereignissen, mit denen der Steuerpflichtige nicht rechnen konnte und die für ihn außerhalb seiner Vorstellung lagen (BFH Urteil vom 12.12.2001 - XI R 38/00 - juris RdNr 10).

33

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben schließt sich der erkennende Senat der geltenden Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24.10.1990 - X R 161/88 - BFHE 162, 329, 332-334) an, nach der Streikunterstützungen nicht als Entschädigung iS des § 24 Abs 1 Buchst a EStG anzusehen sind. Denn der mögliche Lohnausfall bei einem Streik hat seine Ursache in dem freiwilligen Eintritt des Betroffenen in die Gewerkschaft, durch den er sich deren satzungsmäßigen Bestimmungen unterwirft; die Ursache für das schadensstiftende Ereignis liegt in seiner Sphäre. Auch wenn die Durchführung der Arbeitskampfmaßnahme Streik satzungsgemäß weitere Schritte voraussetzt (Urabstimmung, Beschluss des Gewerkschaftsvorstandes etc.), muss das Gewerkschaftsmitglied bei bevorstehenden Tarifverhandlungen stets damit rechnen, im Falle des Arbeitskampfes wegen der Teilnahme an Streikmaßnahmen auf möglichen Arbeitslohn verzichten zu müssen (vgl BFH Urteil vom 24.10.1990 - X R 161/88 - BFHE 162, 329, 334); das schadensstiftende Ereignis Streik liegt damit nicht außerhalb seiner Vorstellung.

34

Demgegenüber überzeugen die Entscheidungen des 6. Senats des BFH aus dem Jahr 1970 (Urteil vom 30.10.1970 - VI R 273/67 - BFHE 100, 504) und des 3. Senats aus dem Jahr 1982 (Urteil vom 30.3.1982 - III R 150/80 - BFHE 135, 488), auf die sich das SG gestützt hat, den Senat nicht. Denn sie würdigen bei der Auslegung des Begriffes der "entgangenen" Einnahme iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG die Entwicklung der Rechtsprechung des BFH seit 1978(siehe oben BFH Urteil vom 20.7.1978 - IV R 43/74 - BFHE 125, 271) zum Bedeutungszusammenhang zwischen § 24 EStG und der Tarifermäßigung nach § 34 Abs 1, Abs 2 Nr 2 EStG, die ein "außerordentliches" Schadensereignis erfordert, nicht hinreichend. Dies gilt insbesondere für die zum damaligen Zeitpunkt bereits nicht mit der herrschenden Meinung im Schrifttum übereinstimmende Entscheidung des BFH vom 30.3.1982 - III R 150/80 - (BFHE 135, 488, 490 mwN), in deren Gründen dieser Rechtsprechungswandel zwar angesprochen worden ist, aber die dahinterstehenden Erwägungen zum Bedeutungszusammenhang des § 24 EStG mit § 34 Abs 1, Abs 2 Nr 2 EStG keinerlei Erwähnung finden(vgl BFH, aaO, 493 f). Sie stellt zu formal auf das Begriffspaar der Freiwilligkeit und der Unfreiwilligkeit des Betroffenen zum Zeitpunkt des Zuflusses der Ersatzleistung ab, ohne mögliche Ursachen für die entgangenen Einnahmen iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG in dessen Sphäre (iS einer freiwillig in Gang gesetzten Ursachenkette) hinreichend zu berücksichtigen. Die seit mehr als 20 Jahren geltende und den Senat überzeugende neuere Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24.10.1990 - X R 161/88 - BFHE 162, 329) war zwar in der einkommensteuerrechtlichen Literatur nicht unumstritten (vgl ua Dziadkowski, BB 1991, 2195 ff; Knobbe-Keuk, DB 1992 Beilage Nr 6; Paus, DStZ 1991, 214 ff; Schmidt, DB 1991, 1699 ff). Gleichwohl hat der Gesetzgeber - soweit die bisherige Praxis seinem Willen nicht entsprechen sollte - bis heute keine Veranlassung gesehen, eine abweichende steuerrechtliche Behandlung von Streikunterstützungen zu bestimmen (vgl auch Dau, in juris-PR-SozR 1/2010 Anm 5).

35

Anders als das SG sieht der erkennende Senat keinen Spielraum für eine sozialrechtliche Bewertung der Frage, ob Streikgeld als Entschädigung iS des § 24 Abs 1 Buchst a EStG und damit als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG anzusehen ist. Die älteren dazu ergangenen Entscheidungen des 3. und 6. Senats des BFH sind durch die überzeugende neuere Rechtsprechung des insoweit allein zuständig gewordenen 10. Senats dieses Gerichts überholt. Die Maßgaben in § 2 Abs 7 BEEG(vgl § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG) eröffnen ebenfalls keine Möglichkeit für eine abweichende Beurteilung.

36

cc) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin mit Bescheid vom 14.7.2009 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von Dezember 2005 bis November 2006 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin ein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 1147,74 Euro ermittelt und daraus den monatlichen Elterngeldanspruch der Klägerin von 768,99 Euro abgeleitet hat.

37

3. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG.

38

a) Der Senat hält daran fest, dass das BEEG im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG wirksam erlassen worden ist (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff mwN; Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2712/09). Dabei versteht er den in Art 74 Abs 1 Nr 7 GG verwendeten Begriff der öffentlichen Fürsorge in einem weiten Sinne. Das Elterngeld wird davon umfasst, weil es dazu beitragen soll, die Lebensgrundlagen junger Familien zu sichern und diese vor dem Eintritt einer finanziellen Bedarfslage zu bewahren (vgl BSG aaO RdNr 39; siehe allgemein dazu auch Degenhart in Sachs, GG, 2009, Art 74 RdNr 35 mwN). Bemerkenswert ist insoweit, dass das BVerfG auch die Regelung in § 90 SGB VIII über die Staffelung von Kindergartenbeiträgen nach dem Familieneinkommen dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG zugeordnet hat(vgl BVerfGE 97, 332, 341 f).

39

Ebenso wenig vermag der Senat dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG eine mangelnde Kompetenz des Bundes zur Einführung steuerfinanzierter Einkommensersatzleistungen zu entnehmen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ausgestaltung der Leistung einem weit verstandenen Begriff der öffentlichen Fürsorge entspricht. Das ist beim Elterngeld der Fall. Die Orientierung an Bedarfslagen zeigt sich insbesondere an dem Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG), der Begünstigung von Geringverdienern (§ 2 Abs 2 BEEG) und Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG), dem "Geschwisterbonus" (§ 2 Abs 4 BEEG) sowie der Festlegung eines Höchstbetrages von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG).

40

In den Genuss des Höchstbetrages kommen Bezieher ab einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von rund 2700 Euro. Selbst dieser Betrag ist kein hohes Erwerbseinkommen, sondern wird von vielen Arbeitnehmern der mittleren Bildungsebene - unter Umständen mit steuerpflichtigen Mehrarbeitszuschlägen - erreicht (vgl Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2010, S 535 über die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste im Jahr 2009, ua in der Leistungsgruppe 3 - Fachkräfte -, siehe S 531). Das Elterngeld fördert damit schwerpunktmäßig Erziehende, die im Bemessungszeitraum kleinere bis mittlere Einkommen erzielt haben. Diese Einschätzung wird erhärtet durch die Zahlen über die Höhe des Elterngeldes von Personen, die in der Zeit von Januar 2007 bis Juni 2008 einen Antrag gestellt haben. Von allen Leistungsbeziehern erhielten 53,4 % ein Elterngeld von 300 bis 500 Euro, 28,4 % von 500 bis unter 1000 Euro, 11,4 % von 1000 bis unter 1500 Euro und 6,8 % von 1500 bis 1800 Euro (siehe Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG sowie über die ggf notwendige Weiterentwicklung, BT-Drucks 16/10770 S 12 Tabelle 3).

41

Schließlich bleibt der Senat auch bei seiner Beurteilung, dass dem Gesetzgebungsrecht des Bundes Art 72 Abs 2 GG nicht entgegensteht (vgl BSG aaO RdNr 40). Für das BEEG ist die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zu bejahen.

42

b) Durch § 2 Abs 1 und 7 BEEG wird Art 9 Abs 3 GG nicht verletzt. In den Schutzbereich des Grundrechts auf Koalitionsfreiheit greifen diese Vorschriften nicht ein.

43

aa) Art 9 Abs 3 GG ist in erster Linie ein Freiheitsrecht. Es gewährleistet für jedermann und für alle Berufe das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Koalitionen zu bilden. Das Grundrecht schützt die Freiheit des Einzelnen, eine derartige Vereinigung zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben. Außerdem schützt es die Koalitionen in ihrem Bestand und ihrer organisatorischen Ausgestaltung sowie solche Betätigungen, die darauf gerichtet sind, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern (vgl BVerfGE 84, 212, 224 mwN; vgl auch Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 9 RdNr 36 f).

44

Das Grundrecht garantiert das Recht, durch spezifisch koalitionsmäßige Betätigung die in Art 9 Abs 3 GG genannten Zwecke zu verfolgen (BVerfGE 50, 290, 367; 100, 271, 282; 103, 293, 304; 116, 202, 219). Zu den geschützten Tätigkeiten gehört auch ein Streik, der auf den Abschluss eines Tarifvertrages gerichtet ist (BVerfGE 92, 365, 393; ähnlich BVerfGE 88, 103, 114). Von der individuellen Koalitionsfreiheit ist auch die Teilnahme der Arbeitnehmer an der geschützten Tätigkeit umfasst (BVerfGE 51, 77, 87 f; vgl Jarass, aaO, Art 9 RdNr 36, 40).

45

bb) Die Nichtberücksichtigung von Streikunterstützungen bei der Berechnung des Elterngeldes nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG stellt keinen Eingriff in den Schutzbereich des Art 9 Abs 3 GG dar, und zwar weder hinsichtlich der individuellen noch in Bezug auf die kollektive Koalitionsfreiheit.

46

Jede Regelung des durch Art 9 Abs 3 GG geschützten Verhaltens durch den Staat beeinträchtigt das Grundrecht. Bei Arbeitskämpfen ist dies der Fall, wenn der Staat zugunsten einer Seite interveniert, also im Sinne eines klassischen Eingriffs unmittelbar und gezielt (final) die grundrechtliche Freiheit einschränkt (vgl zum Begriff des klassischen Grundrechtseingriffs BVerfGE 105, 279, 299 f). Auch mittelbare Behinderungen können bei entsprechendem Gewicht einen Eingriff in den Schutzbereich des Art 9 Abs 3 GG darstellen (vgl insg Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 9 RdNr 45 mwN). Einwirkungen mittelbarer Art stellen aber nur dann eine Grundrechtsbeeinträchtigung dar, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen klassischen Eingriffen gleichkommen (BVerwGE 116, 202, 222; 105, 252, 273; 110, 177, 191) und damit die Eingriffsschwelle überschreiten. Diese Schwelle ist regelmäßig überschritten, wenn die Maßnahme die belastende Wirkung bezweckt (BVerwGE 71, 183, 193 f; 90, 112, 121 f). Demgegenüber fehlt es an einem Eingriff, wenn mittelbare Folgen bloße Reflexe einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen Regelung sind (BVerfGE 116, 202, 222).

47

aaa) Nach diesen Maßgaben wird durch § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht in die individuelle Koalitionsfreiheit der Gewerkschaftsmitglieder nach Art 9 Abs 3 GG eingegriffen. Gemäß § 2 Abs 1 BEEG wird bei der Ermittlung des Elterngeldes allein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG leistungserhöhend berücksichtigt. Einkommenseinbußen werden nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG ausgeglichen.

48

Dabei fehlt es an einem klassischen - also unmittelbaren und gezielten - Eingriff in das durch Art 9 Abs 3 GG geschützte Recht des Gewerkschaftsmitglieds auf Teilnahme an der Arbeitskampfmaßnahme. Dieses wird durch eine Regelung zur Bemessung des Elterngeldes jedenfalls nicht direkt an der Wahrnehmung seiner gewerkschaftlichen Rechte gehindert.

49

Auch ein mittelbarer Eingriff in dieses Grundrecht liegt nicht vor. Wenngleich die nachteiligen (mittelbaren) Folgen aus § 2 Abs 1 und 7 BEEG für Personen, die im Bemessungszeitraum an einem Streik teilgenommen haben, durch das SG aufgezeigt worden sind, erreichen diese Auswirkungen nach Auffassung des Senats nicht die Qualität, die erforderlich ist, um sie mit klassischen Grundrechtseingriffen gleichzusetzen. Dem § 2 Abs 1 BEEG ist keine Zielrichtung zu entnehmen, dass dadurch Gewerkschaftsmitglieder von der Teilnahme an Arbeitskampfmaßnahmen abgehalten werden sollen; es fehlt an einer bezweckten Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art 9 Abs 3 GG. Vielmehr werden alle Einbußen an Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG (zB aufgrund Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit oder auch wegen einer Streikteilnahme) unabhängig von der Erwerbsform (zB durch selbstständige, nichtselbstständige Arbeit etc) gleich behandelt. Die im Einzelfall möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die Höhe des Elterngeldes sind ein bloßer Reflex der allgemeinen Berechnungsvorschrift des § 2 Abs 1 BEEG.

50

bbb) Entsprechendes gilt für das durch Art 9 Abs 3 GG geschützte Recht von Arbeitnehmervereinigungen, Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen. Der Staat greift durch die allgemein ausgerichtete Regelung in § 2 Abs 1 und 7 BEEG weder unmittelbar noch mittelbar in deren kollektive Koalitionsfreiheit ein, auch wenn wegen eines bevorstehenden Elterngeldbezugs und der nachteiligen Folgen von streikbedingten Arbeitsentgelteinbußen der Austritt einzelner Mitglieder aus der Gewerkschaft oder deren Weigerung, an Arbeitskampfmaßnahmen teilzunehmen, drohen könnte. Der Staat interveniert nicht zielgerichtet zugunsten einer Seite, hier etwa der Koalition der Arbeitgeber.

51

c) Entgegen der Auffassung des SG liegt keine Verletzung des besonderen Gleichbehandlungsgebots in Art 3 Abs 2 GG oder des Benachteiligungsverbots in Art 3 Abs 3 GG dadurch vor, dass weibliche Gewerkschaftsmitglieder durch eine Streikteilnahme häufiger Nachteile bei der Elterngeldberechnung nach § 2 Abs 1 BEEG erleiden als männliche Gewerkschaftsmitglieder.

52

Im Hinblick auf das dahinter stehende Argument, dass zum überwiegenden Teil Frauen Elterngeld in Anspruch nehmen, sind die Schutzbereiche der genannten Grundrechte - wie der Senat bereits entschieden hat (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 44-46) - nicht betroffen. Dass eine für die Berechtigten ungünstige leistungsrechtliche Vorschrift tatsächlich überwiegend Frauen trifft, genügt nicht, um eine allgemein und geschlechtsneutral formulierte Regelung wie § 2 Abs 1 BEEG als "wahrscheinlich geschlechtsbedingt" iS einer mittelbaren Diskriminierung anzusehen(vgl BSG aaO).

53

d) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach der Bezug von Streikunterstützungen, die an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts getreten sind, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt wird.

54

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarras in Jarras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

55

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.

56

Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei der Klägerin - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (aa). Dabei durfte der Bemessungszeitraum grundsätzlich auf 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes beschränkt werden, was zu einer Benachteiligung von Personen führt, die nur für weiter zurückliegende Zeiträume ein volles Arbeitsentgelt vorweisen können (bb). Speziell ist es gerechtfertigt, dass die Klägerin als Bezieherin von Streikgeld ungünstiger behandelt wird als Berechtigte, die im Bemessungszeitraum ungekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben oder bei denen in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes liegende Arbeitsentgeltausfälle gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (cc). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in der betreffenden Zeit Sozialleistungen, insbesondere solche zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII, erhalten haben (dd).

57

aa) Durch das BEEG hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel gegenüber dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vorgenommen. Während das Erziehungsgeld eine von der Bedürftigkeit der antragstellenden Person abhängige Leistung (§ 4 Abs 1 BErzGG, § 5 Abs 3 BErzGG)mit pauschaler, begrenzter Höhe (nach § 5 Abs 1 BErzGG monatlich 450 bzw 300 Euro)war, ist das Elterngeld über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus von 75 Euro hinaus als Leistung ausgestaltet, die das vor der Geburt liegende Erwerbseinkommen des Berechtigten bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 BEEG) ersetzt (vgl BSG Urteile vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19, und vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 55; siehe allgemein auch Pauli in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG Komm, § 2 BEEG RdNr 2; Jung SGb 2007, 449; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 31, 33). Dabei kommt den Basisbeträgen ersichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl Fuchsloch/Scheiwe, aaO RdNr 43), was durch die Erhöhung um je 300 Euro bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG) untermauert wird. Hinsichtlich der darüber hinaus möglichen Leistungshöhe, die sich nach dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff).

58

aaa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel.

59

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2).

60

Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), ist das Differenzierungsziel insbesondere unter Berücksichtigung einer Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl hierzu etwa BVerfG Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BVerfGE 99, 216, 234), einer Steigerung der Geburtenrate und einer (teilweisen) Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens legitim. Es sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen.

61

(1) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von Alleinverdienerehen gegenüber Doppelverdienerehen, bei denen die Berechtigten durch die Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG regelmäßig höhere Leistungsansprüche erzielen(vgl hierzu auch Weilert, DVBl 2010, 164, 166).

62

Art 6 Abs 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob eine Ehefrau sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will; eine Einwirkung des Gesetzgebers dahin, die Ehefrau "ins Haus zurückzuführen", wäre deshalb auch wegen eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 GG verfassungswidrig (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Gleiches gilt, wenn der Ehemann durch eine gesetzliche Regelung in seiner Entscheidungsfreiheit hinsichtlich einer eigenen Erwerbstätigkeit beeinträchtigt wird, weil oder solange seine Ehefrau erwerbstätig ist. Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe" ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Diese Grundsätze gelten insbesondere für die Eingriffsverwaltung, etwa im Steuerrecht (vgl BVerfGE 107, 27, 53 ff). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über einen großen Gestaltungsspielraum - Art und Maß bestimmt er in politischer Verantwortung. Wegen des Freiheitsprinzips des GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen, neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst noch zur Bewährung ansteht (vgl Di Fabio, NJW 2003, 993, 997).

63

Nach Auffassung des Senats hat die Förderung durch das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht die Intensität, dass durch die größere Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Alleinverdienerehen in den Schutzbereich des Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG eingegriffen wird(so auch Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; Weilert DVBl 2010, 164, 166). Die befristete Förderleistung berührt nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit von Eheleuten hinsichtlich ihrer innerfamiliären Aufgabenverteilung. Finanzielle Anreize - wie jede Form einer umfassenderen Förderung - können zwar stets eine überschießende Einflussnahme mit sich bringen. Das Elterngeld übt jedoch weder einen auch nur mittelbaren Zwang zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus noch nimmt es derart Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet es vielen Eltern erst die Alternative, mit geringeren wirtschaftlichen Zwängen eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu wagen (vgl auch Becker aaO).

64

(2) Ein Differenzierungsverbot lässt sich auch nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273; 29, 221, 235). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entschließung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - juris RdNr 15).

65

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden, selbst wenn das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Besserverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte. Auch insoweit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind.

66

bbb) Der Gesetzgeber hat für die Bemessung der Elterngeldhöhe mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt.

67

Zur Erreichung seines Differenzierungszieles hat der Gesetzgeber das Elterngeld als progressive (durch einen Höchstbetrag) begrenzte Leistung nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 7 BEEG in formaler Anknüpfung an das bis zur Geburt des Kindes erzielte Erwerbseinkommen ausgestaltet(vgl BT-Drucks 16/1889 S 15). Dabei hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff den Vorzug gegeben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37; s dazu auch BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 3 RdNr 19 ff).

68

Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl hierzu jüngst BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen (vgl zur Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 18-20; zum BErzGG BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 3/97 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 16 S 93) und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen. Mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG knüpft er insoweit sachbezogen an das Differenzierungsziel an, gerade Erwerbstätigen die größten Anreize zur Entscheidung für ein Kind zu bieten und höhere Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen. Um nach seiner Auffassung die Gesetzesziele am zweckmäßigsten zu erreichen, durfte er auch den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach sozial- oder steuerrechtlichen Vorgaben ausrichten, wie dies im Gesetzgebungsverfahren geschehen ist (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass es gemessen an dem Sinn und Zweck des Elterngeldes in seiner Funktion, einen Ausgleich für die Einkommenseinbußen durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung in dem ersten Lebensjahr des Kindes zu bieten, grundsätzlich sachgerecht ist, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die Summe der positiven Einkünfte ua aus nicht selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG verweist(vgl Urteil aaO RdNr 39). Auch das BErzGG hatte bereits im Rahmen der Ermittlung der Einkommensgrenzen (§ 5 Abs 3, § 6 Abs 1 Satz 1 BErzGG) auf "die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG" abgestellt.

69

ccc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen der Berechtigten anzuknüpfen, ist nicht nur frei von Willkür. Sie hält nach Auffassung des Senats auch - zunächst nur allgemein betrachtet - einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stand.

70

Zwar kann ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in einer Systemwidrigkeit, also einer Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", liegen (vgl BVerfGE 34, 103, 115 mwN; stRspr). Ein Systemwechsel, wie ihn der Gesetzgeber beim Übergang vom BErzGG zum BEEG vollzogen hat, bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt. Art 3 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber insoweit nicht, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn das Elterngeld zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen gehört, die sich ansonsten weitestgehend an der Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren, ist es damit nicht Teil eines feststehenden Systems, das für eine bestimmte, durch ein gesondertes Gesetz vorgesehene Leistung keine andere Ausrichtung, hier im Sinne eines Ersatzes von entfallendem Erwerbseinkommen, zuließe.

71

Das im BEEG vorgesehene Bemessungskriterium ist zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks geeignet (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 - BVerfGE 96, 10, 23), mit dem Elterngeld einen Ausgleich für Einkommenseinbußen zu gewähren, die mit der Entscheidung für das Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Je höher das Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes ist, desto eher wird ein Elternteil zur Unterbrechung oder Einschränkung der Berufstätigkeit zwecks Kindererziehung ermutigt, wenn sich das Elterngeld an der bisherigen Einkommenshöhe orientiert.

72

Auch die Erforderlichkeit dieses Bemessungskriteriums ist zu bejahen, da keine gleichermaßen geeigneten Alternativen ersichtlich sind, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere wäre eine stärkere Förderung von Personen, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht möglich gewesen.

73

Schließlich ist es auch als angemessen anzusehen, dass für die Höhe des Elterngeldes - soweit es die Basisbeträge übersteigt - das zuvor erzielte Erwerbseinkommen maßgebend ist. Die sich dabei ergebenden Ungleichbehandlungen sind Folge des zulässigen Gesetzeszwecks. Sie spiegeln die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes und damit die mit der Entscheidung für die Kindererziehung verbundenen Einbußen bei den Einkünften aus der bisherigen Erwerbstätigkeit wider.

74

bb) Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG bemisst sich das Elterngeld nach dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das von dem Berechtigten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt worden ist. Bei Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit wird von diesem Zeitraum - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG(der mit Wirkung vom 24.1.2009 angefügte Satz 7 ist hier weder anwendbar noch seinem Inhalt nach einschlägig) abgewichen. Personen, die diese Ausnahmetatbestände nicht erfüllen, können mithin, soweit sie im Bemessungszeitraum kein oder - wie die Klägerin - nur ein gekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben, nicht auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Kalendermonate mit (höherem) Erwerbseinkommen zurückgreifen. Diese Benachteiligung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 53 ff).

75

aaa) Mit der grundsätzlichen Beschränkung des Bemessungszeitraums auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verfolgt der Gesetzgeber ein zulässiges Differenzierungsziel. Er möchte den vorgesehenen Einkommensersatz auf die aktuellen Verhältnisse vor der Geburt ausrichten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20) und damit - ersichtlich - eine größtmögliche Anreizwirkung in Richtung auf eine Entscheidung für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten des Kindes und dessen Betreuung erzielen. Dieser Ausrichtung des Elterngeldes steht insbesondere kein verfassungsrechtliches Verbot aus Art 6 Abs 1 GG entgegen.

76

Zwar mag es zutreffen, dass durch einen auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes begrenzten Bemessungszeitraum die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe mittelbar etwas stärker beeinflusst werden kann als bei einem weiter gefassten Bemessungszeitraum. Darin liegt jedoch noch kein relevanter Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG. Das Gesetz legt nur die tatsächlichen Erwerbsverhältnisse der Ehegatten in dem Jahr vor der Geburt des Kindes zugrunde. Weiter zurückliegende Entscheidungen betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe muss er im Rahmen der Elterngeldbemessung ebenso wenig berücksichtigen wie zukünftige Pläne der Ehegatten hinsichtlich der jeweiligen Erwerbstätigkeit.

77

bbb) Der 12-monatige Bemessungszeitraum stellt auch ein zulässiges Differenzierungskriterium dar. Verfassungsrechtliche Verbote sind insoweit nicht ersichtlich. Die einschlägigen Regelungen des BEEG erscheinen dem erkennenden Senat in Ansehung des gesetzgeberischen Zieles auch als verhältnismäßig.

78

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein grundsätzlich auf 12 Kalendermonate begrenzter Bemessungszeitraum die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes am besten abbildet (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Wie bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (vgl § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV) ist Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG die sog Bezugs- und Referenzmethode(vgl hierzu auch Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 juris RdNr 35; bereits BSG Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 105/63 - BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSG Urteil vom 22.2.1972 - 3 RK 85/69 - BSGE 34, 79 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 19/05 R - BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 21 ff), nach der unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt. Dabei hat der Gesetzgeber - auch in Ansehung des befristeten Bezugszeitraums des Elterngeldes von bis zu 14 Monaten (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG; zur Möglichkeit einer Verlängerung auf maximal 28 Monate durch Halbierung des Auszahlungsbetrages vgl § 6 Satz 2 BEEG) - einen geeigneten Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten vor der Geburt gewählt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG). Das Ende des Bemessungszeitraums knüpft damit an das ausgleichsberechtigende Ereignis an und trägt dem Erfordernis Rechnung, den voraussichtlichen betreuungsbedingten Einkommensausfall des Elternteils einfach und nachvollziehbar zu bestimmen (vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 35).

79

Die Ausgestaltung des Bemessungszeitraums erscheint auch als erforderliches Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks. Andere Lösungen hätten entweder mehr finanzielle Mittel bzw einen größeren Verwaltungsaufwand beansprucht oder das verfolgte Ziel wäre verfehlt worden. Insbesondere hätte eine Berücksichtigung weit zurückliegender Erwerbsverhältnisse des Berechtigten die beabsichtigte Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes vernachlässigt.

80

Schließlich erachtet der Senat die einschlägige gesetzliche Regelung, soweit es den grundsätzlichen Bemessungszeitraum anbelangt, auch nicht als unangemessen. Die durch die zeitliche Begrenzung des Bemessungszeitraums verursachte Ungleichbehandlung zwischen berechtigten Personen ist sachlich gerechtfertigt. Die voneinander abweichenden Einkommensverhältnisse der Betroffenen im Zeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes legen in Ansehung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes eine entsprechend differenzierte Behandlung nahe.

81

cc) Da das Streikgeld gemäß § 2 Abs 1 und 7 Satz 1 bis 4 BEEG iVm dem Einkommenssteuerrecht nicht als Arbeitsentgelt anzusehen ist, wird die Klägerin bei der Bemessung des Elterngeldes ungünstiger behandelt als Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums kein Streikgeld, sondern ungekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben. Darüber hinaus bleiben die Kalendermonate mit Streikgeldbezug bei der Bestimmung der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden 12 Kalendermonate auch nicht unberücksichtigt, so dass bei der Klägerin, anders als bei Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG erfüllen, nicht auf weiter zurückliegende Kalendermonate zurückgegriffen werden kann, in denen sie wahrscheinlich ein ungekürztes Arbeitsentgelt vorweisen kann. Die darin liegende Benachteiligung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

82

aaa) Der Gesetzgeber war im Rahmen seiner zulässigen Zielsetzung, einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen zu schaffen, von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Streikgeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Streikgeld unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass es gerade ausgefallenes Arbeitsentgelt ersetzen soll. Der Ausschluss von Streikgeld (und anderer "Lohnersatzleistungen") bei der Leistungsbemessung stellt insoweit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks dar. Diese gesetzliche Maßnahme ist auch als erforderlich anzusehen, weil gleichermaßen geeignete Alternativen nicht erkennbar sind. Eine Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in die Bemessung des Elterngeldes würde einen höheren finanziellen Aufwand erfordern. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Nichtberücksichtigung von Streikgeld bei den für die Leistungshöhe maßgebenden Einkünften als gerechtfertigt anzusehen.

83

Das Elterngeld ist eine familienpolitische Förderleistung eigener Art, mit der - im Gegensatz zu "regulären" kurzfristigen Entgeltersatzleistungen zur Aufrechterhaltung des individuellen Lebensstandards in sozialen Notlagen - vielfältige Ziele verfolgt werden (wegen der "Vermengung" der gesetzgeberischen Zielrichtungen krit Seiler NVwZ 2007, 129, 133). Sicher soll sie auch der Stagnation der Geburtenzahlen in Deutschland entgegenwirken und deswegen Erwerbstätigen einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, sich trotz der finanziellen Einbußen, die mit einer Einschränkung der beruflichen Arbeit zwecks Kindererziehung verbunden sind, für ein Kind zu entscheiden. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt der Staat eine einkommensorientierte Zuwendung in Aussicht, mit der diejenigen Einbußen an Erwerbseinkommen ganz oder teilweise kompensiert werden sollen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem ausgleichsberechtigenden Ereignis - der Geburt des Kindes - stehen. Realisiert sich in der Zeit vor der Geburt des Kindes bereits ein anderes Erwerbsrisiko (Wirtschafts- oder Arbeitsmarktlage, Streik, Krankheit etc), so sind die damit einhergehenden Einkommensausfälle grundsätzlich nicht vom Sinn und Zweck der Zuwendung umfasst (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Trotz dieser Einschränkung stellt das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion eine (verhaltenssteuernde) Subvention zur Förderung der Kindererziehung dar. Zugleich verfolgt der Gesetzgeber mit dem derart ausgestalteten Elterngeld weitergehende Ziele, ua die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der gleichberechtigten Kindererziehung von Mann und Frau, der Gewährung eines finanziellen Schonraums für junge Familien bei einer betreuungsbedingten Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit der Elternteile und eine Kompensation der Betreuungskosten für das Kind (BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f).

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Die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes unterscheidet sich allerdings wesentlich von kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV, die bei einem schutzwürdigen Wegfall des Arbeitsentgelts (infolge Unfalls, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc) den individuellen Lebensstandard des Betroffenen für einen vorübergehenden Zeitraum erhalten sollen. Das den Ausgleich nach dem BEEG begründende Ereignis (Geburt eines Kindes und die erforderliche Betreuung) ist kein Schicksalsschlag, mit dem zwingend der Ausfall von Erwerbseinkommen einhergeht. Aus diesem Grund ist das Elterngeld im Bezugszeitraum auch als subsidiäre Unterstützungsleistung ausgestaltet, auf die gleichzeitig bezogene einkommensersetzende Leistungen angerechnet werden (vgl § 3 Abs 2 Satz 1 BEEG). Gleichwohl ist das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion eine Ausgleichsleistung; es verbindet die Leistungsgewährung nicht mit der Verwirklichung eines bestimmten Erwerbsrisikos, sondern mit einer typischen - aber hinsichtlich individueller Einkommenseinbußen unterschiedlich ausgeprägten - allgemeinen Bedarfslage (vgl Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 77, 78). Die als Anreiz zur Entscheidung für ein Kind gedachte Förderleistung Elterngeld knüpft in ihrer einkommensersetzenden Funktion insoweit allein an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit an, das die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt hat. Trotz der genannten Unterschiede folgt der Gesetzgeber damit zugleich in gewisser Weise auch der kurzfristigen Entgeltersatzleistungen im Allgemeinen zugrunde liegenden Regel, dass jeder seinen Bedarf (und evtl denjenigen seiner Angehörigen) durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken hat und dem Berechtigten bei einem Einkommensausfall aus besonderen Gründen die Erhaltung seines individuellen Einkommensstandards ermöglicht wird (vgl Buchner/Becker, MuSchG - BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

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Selbst bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen wird von der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit (bzw des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts oder -einkommens iS der §§ 14 f SGB IV) nur in Ausnahmefällen abgewichen. So erhalten Bezieher von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld bei Krankheit unter bestimmten Voraussetzungen Krankengeld nach § 47b SGB V, Verletztengeld nach § 47 Abs 2 Satz 1 SGB VII oder Versorgungskrankengeld nach § 16b Abs 5 Buchst c Bundesversorgungsgesetz (BVG). Sinn und Zweck dieser Leistungen ist der Ersatz für eine entgehende Sozialleistung (vgl zu § 47b SGB V: BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 1 KR 5/03 R - BSGE 94, 19 = SozR 4-2500 § 44 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 19.9.2002 - B 1 KR 11/02 R - BSGE 90, 72, 77 = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 S 34 f; BSG Urteil vom 2.11.2007 - B 1 KR 38/06 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 18). Diese Zielrichtung wird vom Elterngeld ersichtlich nicht verfolgt (ebenso LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 22.2.2010 - L 1 EG 6/08 - juris RdNr 32; ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.1.2009 - L 13 EG 48/08 - juris RdNr 3).

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Nicht nur wegen der besonderen familienpolitischen Zielsetzung des Elterngeldes, sondern auch wegen des weit gefassten Kreises der Berechtigten ist es als sachgerecht anzusehen, dass der Gesetzgeber die Leistungsbemessung eng an die vorangegangene Erzielung von Erwerbseinkommen angeknüpft und dabei "Entgeltersatzleistungen" wie das Streikgeld unberücksichtigt gelassen hat. Anderenfalls wäre es insbesondere im Vergleich zu Berechtigten mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit zu problematischen Ungleichbehandlungen gekommen. Denn diese Personenkreise haben regelmäßig keinen Zugang zu entsprechenden Ersatzleistungen.

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bbb) Der Gesetzgeber des BEEG musste im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG auch keine Ausgleichsmöglichkeit für Berechtigte vorsehen, die in den letzten 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Arbeitsentgeltausfälle wegen der Teilnahme an Streikmaßnahmen hatten. Insbesondere war er nicht gehalten, diesen Personenkreis mit solchen Berechtigten gleichzustellen, die iS von § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bzw Mutterschaftsgeld bezogen oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommenseinbußen erlitten haben.

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Allerdings werden bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 SGB IV zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse Zeiten, die aus besonderen Gründen während des Bemessungszeitraums ohne repräsentatives Erwerbseinkommen sind, nicht in die Bemessung der Leistungshöhe einbezogen. Dies gilt zum einen für Entgeltersatzleistungen, die bei einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis das entgehende Gehalt kompensieren sollen, in Fällen von "Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis" (vgl etwa § 11 Abs 1 Satz 3 BUrlG; § 11 Abs 2 Satz 2 MuSchG; § 200 Abs 2 Satz 3 RVO; § 14 Abs 1 Satz 4 MuSchG) und zum anderen unter bestimmten Voraussetzungen (vgl § 130 Abs 2 SGB III; siehe dazu BT-Drucks 15/1515 S 85) auch für das Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (§ 117 Abs 1 Nr 1 SGB III). Diese mitunter sehr differenzierten Regelungen verwirklichen das die Sozialversicherung prägende Versicherungsprinzip (vgl hierzu BVerfGE 59, 36, 49 ff; 63, 152, 171), nach dem im Grundsatz eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung bestehen muss.

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Demgegenüber sieht das BEEG eine Privilegierung von Einkommensausfall nur in Ausnahmefällen für Sachverhalte vor, die - nach der hier maßgeblichen Rechtslage - in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Förderzweck des Elterngeldes stehen (vgl § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG in der hier maßgeblichen Fassung vom 5.12.2006); Einkommensminderungen oder -ausfälle aufgrund allgemeiner Erwerbsrisiken (zB Streik, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc) werden grundsätzlich nicht bei der Bemessung der Leistungshöhe berücksichtigt. Einer solchen Ausgestaltung steht Art 3 Abs 1 GG nicht entgegen, zumal der Gesetzgeber bei der Gewährung steuerfinanzierter Leistungen nicht an das versicherungstypische Gegenseitigkeitsverhältnis von Beiträgen und Leistungen (vgl jüngst zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) gebunden ist.

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Durch die eng begrenzten Ausnahmefälle in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG hat der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Risikoverteilung vorgenommen. Einkommenseinbußen aus Gründen, die nicht direkt mit dem Zweck des Elterngeldes zusammenhängen, werden dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Zwar verzichtet der Gesetzgeber damit auf einen - möglicherweise wünschenswerten (vgl dazu Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes eV vom 1.9.2008, Ausschuss-Drucks 16(13)371c NEU zu BT-Drucks 16/9415) - sozialen Ausgleich, er orientiert sich jedoch in noch sachgerechter Weise an dem von ihm verfolgten Ziel eines (teilweisen) Ersatzes von Erwerbseinkommen, das durch die erfolgende Kindesbetreuung entfällt. Die Behebung sozialer Notlagen hat er insoweit anderen sozialen Sicherungssystemen überlassen (vgl Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).

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ccc) Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ausgestaltung der Bemessungsmethode nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG liegt auch in der Praktikabilität bei der Leistungsgewährung(vgl hierzu allg Heun in Dreier, GG, 2. Aufl 2004, Art 3 RdNr 33). So muss im Bemessungszeitraum nicht nach einem bestehenden, unterbrochenen oder beendetem Beschäftigungsverhältnis oder nach dem Grund der Einkommenseinbußen aus Erwerbstätigkeit unterschieden werden. Die hiermit sonst verbundenen Schwierigkeiten lassen sich zB an dem sehr differenziert ausgestalteten Bemessungsrecht beim Arbeitslosengeld (vgl §§ 129 ff SGB III) unschwer erkennen.

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Bei dem grundlegenden Systemwechsel ist dem Gesetzgeber zudem zur sachgerechten Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er nach Überprüfung der erzielten Ergebnisse auf Unstimmigkeiten im Einzelfall reagieren kann (vgl BVerfG Urteil vom 13.6.1979 - 1 BvL 27/76 - BVerfGE 51, 257, 268; BVerfGE 49, 192, 210). Ob der Gesetzgeber durch die Anfügung des Satzes 7 an § 2 Abs 7 BEEG zum 24.1.2009 (vgl Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61) einen sachgerechten Schritt getan hat, kann hier offenbleiben.

93

dd) Die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in dem Bemessungszeitraum an Stelle von Streikgeld soziale Entgeltersatzleistungen (zB Krankengeld, Arbeitslosengeld) oder Existenz sichernde Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen haben, bei der Bemessung des Elterngeldes verstößt ebenfalls nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Beide Vergleichsgruppen haben nach dem gesetzlichen Differenzierungskriterium insoweit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 BEEG erzielt. Sie werden demnach in dieser Beziehung sachgerechterweise gleich behandelt.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt das Teilobsiegen der Klägerin im Klageverfahren infolge des Teilabhilfebescheids vom 14.7.2009, mit dem der Beklagte über die zunächst mit Bescheid vom 15.1.2008 bewilligte Leistungshöhe von monatlich 695,54 Euro hinaus einen monatlichen Elterngeldanspruch in Höhe von 768,99 Euro zuerkannt hat. Unter Berücksichtigung ihres Klageantrags hat die Klägerin erstinstanzlich einen Anspruch in Höhe von ca 820 Euro je Monat verfolgt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.