Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2018 - XI ZR 369/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:061118BXIZR369.18.0
bei uns veröffentlicht am06.11.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Kläger werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 10.225,84 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Kläger machen gegen den beklagten Staat Ansprüche aus einer von diesem begebenen Inhaberschuldverschreibung geltend.

2

Die Beklagte emittierte im Jahr 1996 eine 7% Deutsche Mark-Anleihe im Gesamtnennbetrag von 1,5 Mrd. DM (Wertpapierkennnummer    30), die durch untereinander gleichberechtigte, auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen mit unterschiedlichen Stückelungen verbrieft ist. In den Anleihebedingungen wurden die Anwendung deutschen Rechts und der Gerichtsstand Frankfurt am Main bestimmt. Nach § 3 der Anleihebedingungen war die Schuldverschreibung mit jährlich 7% zu verzinsen, wobei die Zinsen nachträglich zum 18. März eines jeden Jahres zahlbar waren, erstmals zum 18. März 1997. Ferner verpflichtete sich die Beklagte in § 4 der Anleihebedingungen zur Rückzahlung der Schuldverschreibungen zum Nennbetrag am 18. März 2004. Schließlich wurde in § 8 Abs. 1 der Anleihebedingungen die in § 801 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmte Vorlegungsfrist für die Schuldverschreibungen auf zehn Jahre abgekürzt. Die Kläger halten an der Anleihe einen Anteil von 20.000 DM (= 10.225,84 €).

3

Die Beklagte sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sich zumindest zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet hatten. Mit Gesetz Nr. 25.561 über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems vom 6. Januar 2002 erklärte sie den "öffentlichen Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet". Auf der Grundlage der daraufhin erlassenen Verordnung Nr. 256/2002 vom 6. Februar 2002 zur Umstrukturierung der Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen der argentinischen Regierung wurde der Auslandsschuldendienst durch die Beklagte ausgesetzt, um ihn neu zu ordnen. Das Gesetz über den öffentlichen Notstand wurde mehrfach verlängert. Aufgrund dessen fielen auch die Kläger mit der von ihnen gehaltenen Staatsanleihe aus.

4

Die Beklagte unterbreitete in den Folgejahren, beginnend 2003 und zuletzt 2016, Angebote zur Umschuldung der Ansprüche. Die Veröffentlichung dieser Angebote erfolgte dabei unter anderem im Wege allgemeiner Bekanntmachungen. Die Kläger machten hiervon keinen Gebrauch.

5

Mit der Klage verlangen die Kläger von der Beklagten die Zahlung des am 18. März 2004 fällig gewordenen Nominalbetrags von 10.225,84 € nebst Zinsen in Höhe von 7% p.a. seit dem 1. Januar 2013 gegen Aushändigung der effektiven Stücke zur Wertpapierkennnummer    30 über nominal 20.000 DM. Die Vorinstanzen haben die Klage im Hinblick auf die von der Beklagten mit Erfolg erhobene Verjährungseinrede abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht (OLG Frankfurt am Main, NZG 2018, 999) zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

II.

6

Der Sache kommt entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

7

1. Das Berufungsgericht hat den von den Klägern geltend gemachten Zahlungsanspruch zu Recht als verjährt angesehen.

8

a) Der Rückzahlungsanspruch ist gemäß § 801 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB mit Ablauf des 18. März 2016 verjährt, weil die Schuldverschreibungen am 18. März 2004 fällig gewesen sind und die Erlöschensfrist nach § 8 Abs. 1 der Anleihebedingungen auf zehn Jahre verkürzt worden ist. Die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs hat die Verjährung nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt, weil die Klage erst am 22. Dezember 2016 bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 12. Januar 2017 zugestellt worden ist.

9

b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei in den zwischen den Jahren 2003 und 2016 veröffentlichten Angeboten der Beklagten zur Umschuldung der aus den emittierten Anleihen sich ergebenden Zahlungsansprüche kein Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gesehen.

10

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für einen Neubeginn der Verjährung durch Anerkenntnis jedes - auch ein rein tatsächliches - Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs - wenigstens dem Grunde nach - unzweideutig ergibt und das deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird (vgl. nur BGH, Urteile vom 20. Juni 2002 - IX ZR 444/00, WM 2002, 930, 931, vom 9. Mai 2007 - VIII ZR 347/06, WM 2007, 1982 Rn. 12 und vom 27. Januar 2015 - VI ZR 87/14, NJW 2015, 1589 Rn. 8 mwN; ähnlich BT-Drucks. 14/6040, S. 120). Für einen Neubeginn der Verjährung genügt es dagegen nicht, wenn der Verpflichtete - insbesondere bei bestehenden Einwendungen dem Grunde nach - nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits eine Leistung anbietet (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 1968 - VI ZR 165/66, VersR 1968, 591, 592 und vom 8. Juli 1987 - VIII ZR 274/86, WM 1987, 1200, 1202 mwN). Bei der Frage, ob der Verpflichtete einen Anspruch im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB anerkannt hat, sind die gesamten Umstände des Streitfalls zu berücksichtigen (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2015 aaO Rn. 9).

11

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht ein Anerkenntnis der Beklagten zu Recht verneint.

12

Das Berufungsgericht hat in tatrichterlicher Würdigung verneint, dass die Beklagte das Bewusstsein der seitens der Kläger geltend gemachten Forderungen klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht habe. Dies hat es vor allem damit begründet, dass die Beklagte in sämtlichen Verfahren vor den Frankfurter Gerichten stets Einwendungen gegen die Forderungen der Holdout-Gläubiger dem Grunde nach erhoben habe und auch weiterhin erhebe. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Beklagte hatte in den öffentlichen Bekanntgaben vom 5., 8. und 17. Februar 2016, auf die sich die Kläger in erster Linie berufen, nur im Vergleichswege einen Umtausch der von ihr emittierten Anleihen angeboten, ohne damit ihre Einwendungen gegen die Forderungen dem Grunde nach fallen zu lassen. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass sie bereits in dem Vorschlag vom 5. Februar 2016 wie auch in dem Rahmenvertrag für eine Vergleichsvereinbarung vom 8. Februar 2016 verjährte Forderungen von ihren sämtlichen Angeboten ausgenommen hatte. Damit übereinstimmend hat die Beklagte nicht nur - was das Berufungsgericht festgestellt hat - in den Tatsacheninstanzen, sondern auch in den Verfahren vor dem Bundesgerichtshof die geltend gemachten Rückzahlungs- und Zinsansprüche stets dem Grunde nach bestritten und insbesondere auch die Einrede der Verjährung erhoben (vgl. nur Senatsurteile vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12, WM 2013, 1264, vom 24. Februar 2015 - XI ZR 47/14, juris, vom 24. Februar 2015 - XI ZR 193/14, WM 2015, 766 und vom 15. März 2016 - XI ZR 336/15, WM 2016, 819; Senatsbeschluss vom 13. November 2012 - XI ZR 161/12, juris). Aufgrund dessen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB verneint hat (ebenso Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 212 Rn. 3.2). Aus der von der Revision herangezogenen Rechtsprechung des Reichsgerichts (Warneyer Rechtsprechung 1908 Nr. 357 und 1913 Nr. 294) ergibt sich nichts anderes.

13

c) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht eine Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB verneint. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind zwischen den Parteien keine Vergleichsverhandlungen im Sinne dieser Vorschrift geführt worden.

14

d) Entgegen der Auffassung der Revision steht der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede auch nicht der Einwand des unzulässigen Rechtsmissbrauchs entgegen.

15

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann es zwar einem Schuldner nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein, sich auf die eingetretene Verjährung zu berufen, wenn er durch sein Verhalten objektiv - sei es auch unabsichtlich - bewirkt hat, dass die Klage nicht rechtzeitig erhoben wird, und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre. Insoweit ist allerdings ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. November 2013 - IX ZR 215/12, WM 2014, 854 Rn. 15 mwN).

16

Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt fällt der Beklagten ein solcher Verstoß gegen Treu und Glauben nicht zur Last. Wie bereits im Einzelnen dargelegt worden ist, hat sich die Beklagte stets auf die Verjährung der geltend gemachten Rückzahlungs- und Zinsansprüche berufen. Sie hat damit bei den Anleihegläubigern - wie hier den Klägern - kein Vertrauen dahingehend erweckt, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben, falls diese auf ihre Vergleichsangebote nicht eingehen würden. Entgegen der Auffassung der Revision folgt auch nichts anderes daraus, dass die Beklagte - rechtlich zulässig und für die Kläger aus § 8 der Anleihebedingungen ohne weiteres erkennbar - gemäß § 801 Abs. 3 BGB die Vorlegungsfrist auf zehn Jahre verkürzt hat.

17

2. Es liegt auch kein Zulassungsgrund vor. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kommt dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zu. Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Abfindungsangebote der Beklagten vom Februar 2016 ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB darstellten, lässt sich mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Leitlinien wie dargelegt beantworten. Dass sich die Frage in weiteren Fällen stellt, macht sie für die Allgemeinheit nicht bedeutsam. Da das Berufungsgericht den Rechtsstreit richtig entschieden hat, ist eine Entscheidung des Senats auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erforderlich.

Ellenberger     

        

Grüneberg     

        

Maihold

        

Menges      

        

Derstadt      

        

Das Verfahren ist erledigt durch Verlustigkeitsbeschluss vom 27. November 2018 nach Rücknahme der Revision mit Schriftsatz vom 21. November 2018.

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(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

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(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn1.der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder2.eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorge

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(1) Der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber erlischt mit dem Ablauf von 30 Jahren nach dem Eintritt der für die Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die Urkunde vor dem Ablauf der 30 Jahre dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt wir

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber erlischt mit dem Ablauf von 30 Jahren nach dem Eintritt der für die Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die Urkunde vor dem Ablauf der 30 Jahre dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt wird. Erfolgt die Vorlegung, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an. Der Vorlegung steht die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus der Urkunde gleich.

(2) Bei Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in welchem die für die Leistung bestimmte Zeit eintritt.

(3) Die Dauer und der Beginn der Vorlegungsfrist können von dem Aussteller in der Urkunde anders bestimmt werden.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn

1.
der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
2.
eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

(2) Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Antrag des Gläubigers oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.

(3) Der erneute Beginn der Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird.

12
a) Für ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis im Sinne des § 208 BGB aF genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedes tatsächliche Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich sein Bewusstsein vom Bestehen des gegen ihn erhobenen Anspruchs - we- nigstens dem Grunde nach - klar und unzweideutig ergibt und das deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird (st. Rspr., vgl. Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 159/95, NJW 1997, 516, unter II 2; BGHZ 142, 172, 182; Urteil vom 1. März 2005 - VI ZR 101/04, NJW-RR 2005, 1044, unter II 4 c aa).
8
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für eine Verjährungsunterbrechung durch Anerkenntnis jedes - auch ein rein tatsächliches - Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs - wenigstens dem Grunde nach - unzweideutig ergibt und das deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet , dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird (vgl. etwa Senatsurteile vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 312/07, VersR 2009, 230 Rn. 22 und vom 28. Februar 1969 - VI ZR 250/67, VersR 1969, 567 mwN; BGH, Urteil vom 20. Juni 2002 - IX ZR 444/00, VersR 2003, 251 Rn. 13; vom 21. November 1996 - IX ZR 159/95, NJW 1997, 516, 517 mwN; vom 27. Januar 1999 - XII ZR 113/97, NJW 1999, 1101, 1103). Ein solches tatsächliches Anerkenntnis ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Schädiger oder der auch insoweit für ihn handelnde Haftpflichtversicherer dem Geschädigten bzw. dessen Rechtsnachfolger auf Verlangen Schadensersatzleistungen erbringt (vgl. Senatsurteil vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 312/07, aaO mwN). Denn nach dem Wortlaut des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung insbesondere dann erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung anerkennt.

(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn

1.
der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
2.
eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

(2) Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Antrag des Gläubigers oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.

(3) Der erneute Beginn der Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 160/12 Verkündet am:
14. Mai 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Übertragung der in einer Inhaberschuldverschreibung verbrieften Forderung
durch Abtretung nach § 398 BGB bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Übergabe der
Wertpapierurkunde.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2013 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden und die
Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp sowie die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. März 2012 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29. März 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 2011 in Höhe von 68.602,62 € zurückgewiesen worden ist. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 80.260,08 € zu zahlen, und zwar je 9.203,26 € gegen Aushändigung der Zinsscheine zu der 11¼% Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik A. WKN …50 über einen Nominalwert von insgesamt 160.000 DM für die Jahre 2003 und 2004, je 13.156,82 € gegen Aushändigung der Zinsscheine zu der 11¾% Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik A. WKN …01 über einen Nominalwert von insgesamt 219.000 DM für die Jahre 2003 und 2004, je 16.136,38 € gegen Aushändigung der Zinsscheine zu der 12% Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik A. WKN …91 über einen Nominalwert von insgesamt 263.000 DM für die Jahre 2003 und 2004 sowie 1.477,64 € gegen Aushändigung der Zinsscheine zu der 8½% Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik A. WKN …75 über einen Nominalwert von insgesamt 34.000 DM für das Jahr 2004 und 1.789,52 € gegen Aushändigung der Zinsscheine zu der 7% Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik A. WKN …30 über einen Nominalwert von insgesamt 50.000 DM für das Jahr 2004. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen. Die Kosten der ersten und zweiten Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von dem beklagten Staat aus eigenem und abgetretenem Recht in Bezug auf mehrere von diesem begebene Staatsanleihen die Zahlung von Zinsen für die Jahre 2003 und 2004.
2
Die Beklagte emittierte seit 1995 unter anderem unter den Wertpapierkennnummern (WKN) …50, …01, …91, …75 und …30 in unterschiedlicher Stückelung jeweils effektiv verbriefte und girosammelverwahrte Inhaber-Teilschuldverschreibungen zu bestimmten Nennbeträgen nebst in Zins- scheinen verbrieften Zinsen. In den Anleihebedingungen wurden die Anwendung deutschen Rechts und der Gerichtsstand Frankfurt am Main bestimmt. Im Dezember 2001 rief die Beklagte den staatlichen Notstand aus und setzte ihren Schuldendienst für verbriefte Auslandsverbindlichkeiten aus. Aufgrund dessen fielen auch der Kläger und die Zedenten mit den von ihnen erworbenen Staatsanleihen aus, und zwar die Zedenten unter anderem mit der 11¼% InhaberTeilschuldverschreibung zu WKN …50 über einen Nominalwert von insgesamt 160.000 DM, mit der 11¾% Inhaber-Teilschuldverschreibung zu WKN …01 über einen Nominalwert von insgesamt 219.000 DM, mit der 12% Inhaber-Teilschuldverschreibung zu WKN …91 über einen Nominalwert von insgesamt 168.000 DM, mit der 8½% In- haber-Teilschuldverschreibung zu WKN …75 über einen Nominalwert von insgesamt 34.000 DM und mit der 7% Inhaber-Teilschuldverschreibung zu WKN …30 über einen Nominalwert von insgesamt 50.000 DM. Die Zinsscheine für die Jahre 2003 und 2004 wurden nicht zur Einlösung vorgelegt. Hinsichtlich der Zinsrückstände aus dem Jahr 2003 betreffend die Anleihen mit den WKN …50, …01 und …91 und einer weiteren - im Revisionsverfahren nicht mehr streitgegenständlichen - Anleihe beantragte der Kläger per Telefax am 20. Dezember 2007, im Original eingegangen am 27. Dezember 2007, einen Mahnbescheid, der am 12. Februar 2008 erlassen und der Beklagten am 7. März 2008 zugestellt wurde. Mit einer der Beklagten am 15. Januar 2009 zugestellten Klageerweiterung vom 4. Dezember 2008 machte der Kläger in Bezug auf sämtliche oben genannte Anleihen und weitere - im Revisionsverfahren nicht mehr anhängige - Anleihen auch die Zinsrückstände aus dem Jahr 2004 geltend.
3
Mit der Klage hat der Kläger nach einer Teilklagerücknahme in Höhe von 6.900 € zuletzt die Zahlung von 155.546,42 € verlangt. Das Landgericht hat der Klage lediglich in Bezug auf Zinsen aus von dem Kläger selbst erworbenen An- leihen in Höhe von 41.693,04 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die beiderseitige Berufung hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von lediglich 11.657,46 € gegen Aushändigung der Zinsscheine zu der 12% Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik A. zu WKN …91 über einen Nominalwert von 95.000 DM für die Jahre 2003 und 2004 aufrechterhalten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten sowie die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der erkennende Senat die Revision im Umfang der - vom Kläger aus abgetretenem Recht geltend gemachten - Zinsansprüche aus den Anleihen WKN …50, …01, …91, …75 und …30 in Höhe von insgesamt 71.869,78 € zugelassen. Insoweit verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision ist im Wesentlichen begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit die Zahlungsklage des Klägers in Höhe von weiteren 68.602,62 € gegen Aushändigung der entsprechenden Zinsscheine abgewiesen worden ist. Insoweit ist der Klage stattzugeben.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. März 2012 - 8 U 149/11, juris) - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
6
Der Kläger sei im Hinblick auf die aus abgetretenem Recht verfolgten Zinsansprüche nicht aktivlegitimiert. Dabei könne dahinstehen, ob ihm diese Ansprüche durch Abtretung übertragen worden seien. Gläubiger des Ausstellers einer Inhaberschuldverschreibung sei nur, wer Inhaber der Urkunde sei und die Verfügungsbefugnis darüber habe. Da das Gesetz zwischen beiden Voraussetzungen trenne, komme es für die Frage, wer Inhaber der Urkunde sei, auf die tatsächlichen, nicht auf die rechtlichen Verhältnisse an. Darin liege ein - soweit erkennbar - vollkommen unbestrittenes Regelungsprinzip des Rechts der Inhaberschuldverschreibung, das seine Grundlage in § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB finde. Danach sei für die Geltendmachung der Forderung aus einer Inhaberschuldverschreibung das Innehaben der Urkunde oder - zum Nachweis des mittelbaren Besitzes an der Urkunde - eines zeitnahen Depotauszugs erforderlich. Daran fehle es hier. Aufgrund dessen sei auch nicht über die Abtretbarkeit von Forderungen aus Inhaberschuldverschreibungen zu entscheiden. Die Klage scheitere vielmehr an den Voraussetzungen ihrer Geltendmachung.

II.

7
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht für den Nachweis der Aktivlegitimation des Klägers die Vorlage der Zinsscheine oder zeitnaher Depotauszüge verlangt. Die Gläubigerstellung und damit die Frage der materiellen Berechtigung hinsichtlich einer in einer Inhaberschuldverschreibung verbrieften Forderung hängen nicht vom Innehaben der Urkunde ab. Aufgrund dessen hat der Kläger einen Zinsanspruch in Höhe von weiteren 68.602,62 € gegen Aushändigung der entsprechenden Zinsscheine.
8
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass das Gesetz zwischen dem Besitz der eine Forderung verbriefenden Urkunde und der rechtlichen Verfügungsbefugnis über die Urkunde unterscheidet. So kann der Inhaber einer Urkunde, in welcher dem jeweiligen Inhaber eine Leistung versprochen wird, gemäß § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB vom Aussteller die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, er ist nicht zur Verfügung über die Urkunde berechtigt. Das Berufungsgericht hat daraus jedoch zu Unrecht den Schluss gezogen, dass für den Zweiterwerb der Gläubigerstellung beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen. Wie das Verfahren der Kraftloserklärung nach § 799 BGB zeigt, büßt der Inhaber einer in einer Schuldverschreibung verbrieften Forderung das verbriefte Recht nicht durch den bloßen Besitzverlust an der Urkunde ein (Staudinger/Marburger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 793 Rn. 15, 30), sondern bleibt auch weiterhin deren Gläubiger. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der tatsächliche neue Inhaber der Urkunde vom Aussteller Zahlung verlangt und dieser - gemäß § 793 Abs. 1 Satz 2 BGB mit schuldbefreiender Wirkung - leistet. § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB verschafft dem Urkundeninhaber lediglich Legitimationswirkung gegenüber dem Aussteller (Staudinger/Marburger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 793 Rn. 23 ff.), macht ihn aber nicht zum materiell Berechtigten der verbrieften Forderung.
9
2. Soweit sich das Berufungsgericht für seine Auffassung auf die Kommentierung von Habersack (MünchKommBGB, 5. Aufl., § 793 Rn. 25) beruft, hat es diese missverstanden. Sie bezieht sich auf den - hier nicht vorliegenden - Ersterwerb einer in einer Inhaberschuldverschreibung verbrieften Forderung. Allein dazu bedarf es neben der rechtsgültigen Ausstellung der Schuldverschreibungsurkunde nach der herrschenden Rechtsscheintheorie zusätzlich der wirksamen vertraglichen Begebung des Papiers (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1972 - II ZR 70/71, NJW 1973, 282, 283; Staudinger/Marburger, BGB, Neubearbeitung 2009, Vorbem zu §§ 793 ff. Rn. 18, § 793 Rn. 12 ff.). Hat der Ersterwerb jedoch - wie hier - stattgefunden, können im Weiteren die auf dem Innehaben der Urkunde beruhende förmliche Legitimation und die materielle Berechtigung aus dem Papier auseinanderfallen.
10
3. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat auch das Recht des Schuldners auf Aushändigung der Schuldverschreibung nach § 797 Satz 1 BGB weder Auswirkungen auf die im Erkenntnisverfahren zu prüfende Aktivlegitimation (vgl. Senatsbeschluss vom 21. September 2010 - XI ZR 6/10, juris) noch auf die Befugnis zur Geltendmachung eines Anspruchs aus einer Inhaberschuldverschreibung. Das Recht auf Herausgabe des Papiers ist kein selbständiger Gegenanspruch, sondern eine besondere Ausgestaltung des Rechts auf Quittung. Das Papier ist daher lediglich ein Präsentations- und Einlösepapier , weshalb nach § 797 BGB grundsätzlich in der Weise zu tenorieren ist, dass der Schuldner gegen Aushändigung der Inhaberschuldverschreibung oder des Zinsscheins zur Leistung verpflichtet ist; damit ist für alle Beteiligten erkennbar, dass es sich nicht um eine Zug-um-Zug-Verurteilung im vollstreckungsrechtlichen Sinne handelt und § 765 ZPO keine Anwendung findet. Da der Schuldner nur gegen Aushändigung der Inhaberschuldverschreibung oder des Zinsscheins zu leisten hat, müssen im Vollstreckungsverfahren neben dem Vollstreckungstitel auch die Schuldverschreibung oder der Zinsschein vorgelegt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2008 - VII ZB 64/07, BGHZ 177, 178 Rn. 12 mwN). Die von der Revisionserwiderung befürchtete Schutzlosigkeit des Ausstellers besteht daher nicht.

III.

11
1. Das Berufungsurteil erweist sich hinsichtlich der auf die Anleihen mit den WKN …50, …01 und …91 entfallenden Zinsansprüche für die Jahre 2003 und 2004 sowie hinsichtlich der für die Anleihen mit den WKN …75 und …30 geltend gemachten Zinsansprüche für das Jahr 2004 auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
12
a) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Kläger durch Abtretung nach § 398 BGB Inhaber der in den Zinsscheinen verbrieften Ansprüche geworden und hat damit entsprechend § 952 Abs. 2 BGB auch die Verfügungsbefugnis über die jeweilige Urkunde erworben (§ 793 Abs. 1 Satz 1 BGB).
13
aa) Die Frage, auf welche Arten die in einer Inhaberschuldverschreibung verbriefte (Haupt-)Forderung oder der in einer selbständigen Urkunde verbriefte Zinsanspruch (§ 803 Abs. 1 BGB) vom Alt- auf einen Neugläubiger übertragen werden kann, ist umstritten.
14
(1) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass mit der Übertragung des Eigentums am Wertpapier nach den §§ 929 ff. BGB auch das verbriefte Recht übergeht (Senatsurteil vom 25. November 2008 - XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 15; BGH, Urteil vom 4. Februar 1999 - III ZR 56/98, ZIP 1999, 435), wobei die nach diesen Vorschriften neben der dinglichen Einigung nötige Übergabe des Papiers bei globalverbrieften oder wie hier sammelverwahrten Wertpapieren durch die Begründung des anteilsmäßigen Bruchteilseigentums ersetzt werden muss, was regelmäßig durch eine depotmäßige Umbuchung geschieht (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 24/04, BGHZ 160, 121, 124; vgl. auch Senatsurteil vom 30. November 2004 - XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189, 191 ff.).
15
Der erkennende Senat hat daneben für die in Zinsscheinen verbrieften und die sich aus Globalurkunden ergebenden Zinsansprüche entschieden, dass diese auch ohne weiteres nach § 398 BGB abtretbar sind (Senatsbeschluss vom 21. September 2010 - XI ZR 6/10, juris; vgl. auch Senatsurteil vom 25. November 2008 - XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 15), so dass der Zessionar in diesem Fall analog § 952 Abs. 2 BGB Eigentum an der Urkunde erwirbt.
16
(2) Die Möglichkeit der Übertragung des in einer Inhaberschuldverschreibung verbrieften Rechts durch Zession nach § 398 BGB entspricht auch der herrschenden Meinung im Schrifttum (Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz , Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen, 23. Aufl., WPR Rn. 34; Bezzenberger in Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 2. Aufl., § 68 Rn. 6; Eder, NZG 2004, 107, 108 ff.; Franz in Wachter, AktG, § 10 Rn. 17; Gehrlein in BeckOK BGB, Stand 1. Februar 2013, § 793 Rn. 3; Grigoleit/Rachlitz in Grigoleit, Aktiengesetz, § 68 Rn. 31; Groß in Happ, Aktienrecht, 3. Aufl., S. 617; Habersack/Mayer, WM 2000, 1678, 1682; Hirte/Knof, WM 2008, 7, 9; Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere, 12. Aufl., § 2 III 3 a; Hüffer, Aktiengesetz , 9. Aufl., § 68 Rn. 3; KK-AktG/Lutter/Drygala, 3. Aufl., Anh. § 68 Rn. 17; Staudinger/Marburger, BGB, Neubearbeitung 2009, Vorbem zu §§ 793 ff. Rn. 7, 20; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 202; Modlich, DB 2002, 671, 672 f.; MüllerChristmann /Schnauder, Wertpapierrecht, Rn. 32; Nodoushani, WM 2007, 289, 293, 296; Pour Rafsendjani/Eulenburg in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 793 Rn. 36, 51, 79; Servatius in Wachter, AktG, § 68 Rn. 4; Solveen in Hölters, Aktiengesetz , § 10 Rn. 13; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 793 Rn. 9; Stupp, DB 2006, 655; Wiesner/Kraft in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 3. Aufl., Band 4, § 14 Rn. 5; Zöllner, Wertpapierrecht, 14. Aufl., § 2 II 1 b; offen MünchKommBGB/Roth, 6. Aufl., § 398 Rn. 28, 37; Scherer in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Band 2, BankR VI § 5 DepotG Rn. VI 457 und § 6 DepotG Rn. VI 473; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 88). Dagegen hält die Gegenansicht die §§ 398 ff. BGB auf Inhaberpapiere für nicht anwendbar (NK-BGB/Kreße/ B. Eckardt, 2. Aufl., § 398 Rn. 10; Hk-BGB/Schulze, 7. Aufl., § 793 Rn. 1; Jauernig/Stadler, BGB, 14. Aufl., § 793 Rn. 6; Erman/Wilhelmi, BGB, 13. Aufl., § 793 Rn. 6; wohl auch Böttcher, DepotG, 1. Aufl., § 5 Rn. 5; Einsele, WM 2001, 7, 11 ff.; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 5 DepotG Rn. 3, § 6 DepotG Rn. 2; Wehowsky in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: 191. Ergänzungslieferung 2012, § 5 DepotG Rn. 5, § 6 DepotG Rn. 2).
17
bb) Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die Übertragung einer wertpapierrechtlich in einer Inhaberschuldverschreibung (§ 793 BGB) verbrieften Forderung wie auch der in einer selbständigen Urkunde verbriefte Zinsanspruch (§ 803 BGB) durch Einigung und Übergabe der Wertpapierurkunde oder ein Übergabesurrogat nach §§ 929 ff. BGB oder aber durch Abtretung der verbrieften Forderung nach § 398 BGB erfolgen kann. Soweit das Senatsurteil vom 25. November 2008 (XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 15) dahin verstanden werden könnte, dass die Wirksamkeit einer Abtretung nach § 398 BGB auch die Übergabe der Urkunde voraussetzt, nimmt der Senat davon Abstand. Vielmehr erfordert die wirksame Übertragung einer in einer Inhaberschuldverschreibung verbrieften Forderung durch Zession neben dem Abtretungsvertrag weder eine Übergabe der Urkunde noch das Vorliegen eines Übergabesurrogats wie etwa in Form einer Umbuchung des jeweiligen Miteigentumsanteils in den betreffenden Depots. Dies setzen weder § 398 BGB noch Vorschriften des Depotgesetzes voraus.
18
(1) Nach § 398 BGB kann eine Forderung von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden. Die Abtretung ist grundsätzlich formfrei. Ist über die Schuld eine Urkunde ausgestellt, hat der bisherige Gläubiger diese zwar dem neuen Gläubiger gemäß § 402 BGB auszuliefern; für die Wirksamkeit der Abtretung ist dies aber nicht Voraussetzung. Etwas anderes ist auch in den Anleihebedingungen nicht vereinbart worden; dies wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
19
(2) Nichts anderes ergibt sich aus §§ 793 ff. BGB oder den Vorschriften des Depotgesetzes. Auf welche Arten die in der Schuldverschreibung verbriefte Forderung übertragen werden kann, ist dort nicht näher geregelt. Mit der Verbriefung der Forderung wird lediglich deren Übertragung durch die Übereignung der betreffenden Wertpapiere nach §§ 929 ff. BGB ermöglicht, wonach die Übergabe des Papiers oder ein diese ersetzender Akt als neben der dinglichen Einigung stehendes, für die Eigentumsverschaffung am Papier konstitutives weiteres Element vorausgesetzt wird.
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Die Möglichkeit der Abtretung der verbrieften Forderung nach der Grundnorm des § 398 BGB wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Dass zu deren Wirksamkeit - neben dem Abtretungsvertrag - die Übergabe des Wertpapiers oder ein Übergabesurrogat erforderlich ist, lässt sich weder den §§ 793 ff. BGB noch den Vorschriften des Depotgesetzes entnehmen (ebenso Grigoleit/Rachlitz in Grigoleit, Aktiengesetz, § 68 Rn. 31; MünchKommBGB/ Habersack, 5. Aufl., § 792 Rn. 3, § 793 Rn. 32; Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 Fn. 50; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 202; Nodoushani, WM 2007, 289, 293; Solveen in Hölters, Aktiengesetz, § 10 Rn. 13; desgleichen zu Namensaktien : MünchKommAktG/Bayer, 3. Aufl., § 68 Rn. 30; Eder, NZG 2004, 107, 111; Merkt in Hopt/Wiedemann, Aktiengesetz, 4. Aufl., § 68 Rn. 131 und Wieneke in Bürgers/Körber, Aktiengesetz, 2. Aufl., § 68 Rn. 5; aA MünchKommBGB/Roth, 6. Aufl., § 398 Rn. 37 Fn. 115 und Ziemons in Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 2. Aufl., § 10 Rn. 29; eine Übergabe aus Vorsichts- oder Sicherheitsgründen empfehlen Eder, NZG 2004, 107, 108; Hirte/Knof, WM 2008, 7, 13; Mentz/ Fröhling, NZG 2002, 201, 202; Modlich, DB 2002, 671, 673; Nodoushani, WM 2007, 289, 293). Die Gegenansicht vermag nicht zu erklären, warum der - gerade der Stärkung der Umlauffähigkeit dienende - Umstand der Verbriefung einer Forderung dazu führen soll, dass die Forderung nicht mehr nach der allgemeinen , allein einen Verfügungsvertrag voraussetzenden Vorschrift des § 398 BGB übertragbar sein sollte.
21
Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus § 797 Satz 1 BGB. Danach kann die in der Inhaberschuldverschreibung oder dem Zinsschein verbriefte Forderung zwar regelmäßig nicht ohne den Besitz des Papiers geltend gemacht werden. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass zur Übertragung der Forderung auch die Übergabe des Papiers notwendig ist (so auch BGH, Urteil vom 12. Dezember 1957 - II ZR 43/57, NJW 1958, 302, 303). Vielmehr erlangt die Aushändigung des Wertpapiers (§ 797 BGB) allein im Rahmen der Vollstreckung Bedeutung (dazu oben II. 3.) und schließt zugleich die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Schuldners aus. Ein Auseinanderfallen von Forderungsinhaberschaft und Eigentum an der Urkunde wird dagegen über die analoge Anwendung des § 952 Abs. 2 BGB verhindert. Dem Eigentümer der Urkunde steht gegen den tatsächlichen Inhaber der Urkunde ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zu. Eines für den Übertragungsakt des verbrieften Rechts konstitutiven zusätzlichen Übergabeerfordernisses bedarf es nicht.
22
(3) Das sachenrechtliche Traditionsprinzip und das Gebot der Rechtssicherheit gebieten ebenfalls keine Übergabe der Schuldurkunde oder das Vorliegen eines Übergabesurrogats. Eine solche Notwendigkeit kann insbesondere nicht mit einem Hinweis auf die in § 792 Abs. 1 Satz 3 BGB für die Übertragung der Anweisung oder die in § 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Abtretung einer hypothekarisch gesicherten Forderung getroffenen Regelungen begründet werden , die für einen wirksamen Rechtsübergang die Aushändigung der Anweisung bzw. die Übergabe des Hypothekenbriefs fordern. Hierbei handelt es sich um Ausnahmetatbestände, die nicht verallgemeinerungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 1988 - II ZR 272/87, BGHZ 104, 145, 150 f.), so dass eine analoge Anwendung im Recht der Inhaberschuldverschreibung ausscheidet. Zudem gibt es bei der Übertragung der Forderung aus einer Inhaberschuldverschreibung durch Abtretungsvertrag (§ 398 BGB) - anders als etwa bei einer hypothekarisch gesicherten Forderung (vgl. § 1155 BGB) - keinen Gutglaubenserwerb , so dass es bereits aus diesem Grund keines Korrektivs im Übertragungstatbestand bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 1988 - II ZR 272/87, BGHZ 104, 145, 151). Der Schuldner ist vor der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme durch § 797 Satz 1 BGB ausreichend geschützt.
23
b) Entgegen der Revisionserwiderung sind die einzelnen Abtretungsverträge auch nicht - was das Landgericht gemeint hat - wegen Unbestimmtheit unwirksam.
24
aa) Eine Abtretung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. An diesem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es insbesondere, wenn von mehreren selbständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll (vgl. nur BGH, Urteile vom 7. Juni 2011 - VI ZR 260/10, NJW 2011, 2713 Rn. 6 mwN und vom 11. September 2012 - VI ZR 296/11, VersR 2012, 1451 Rn. 10).
25
bb) Nach diesen Maßstäben begegnen die von dem Kläger zu den Akten gereichten Abtretungserklärungen keinen Wirksamkeitsbedenken. Das Berufungsgericht hat hierzu zwar keine Ausführungen gemacht. Der Senat kann die von dem Berufungsgericht unterlassene Würdigung selbst vornehmen, weil dazu weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind. Aus den einzel- nen - stets gleich lautenden - Abtretungserklärungen geht eindeutig hervor, dass die Zedenten die ihnen zustehenden Zinsansprüche aus konkreten, mit der jeweiligen Wertpapierkennnummer bezeichneten Staatsanleihen in vollem Umfang an den Kläger abgetreten haben. Einer Aufschlüsselung des Umfangs der von den Erklärungen erfassten Forderungen nach Höhe und Reihenfolge - wie dies bei der Abtretung von Teilbeträgen nötig ist - bedurfte es daher nicht.
26
c) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, jedenfalls die Abtretungsverträge zwischen der Zedentin I. B. und der G. B. GmbH & Co. KG einerseits und dem Kläger andererseits seien mangels ordnungsgemäßer Vertretung unwirksam, trifft dies nicht zu.
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aa) Die Abtretungserklärung vom 24. April 2010 ist wirksam. Sie wurde vom Kläger einerseits im eigenen Namen, andererseits handelnd als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der G. B. GmbH, die ihrerseits die alleinvertretungsberechtigte und persönlich haftende Komplementärin der G. B. GmbH & Co. KG ist, im Namen der Zedentin unterzeichnet. Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB ergibt sich aus dem Handelsregisterauszug.
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bb) Soweit die Revisionserwiderung einwendet, dass der Kläger den Abtretungsvertrag vom 30. August 2011 zwischen ihm und der bereits am 7. Juli 2007 verstorbenen Zedentin I. B. für beide unterschrieben hat, kommt es darauf nicht an. Die dort abgetretenen Ansprüche waren bereits Gegenstand der Abtretungserklärung vom 11. November 2006, die noch von I. B. persönlich unterzeichnet worden war.
29
d) Die Ansprüche sind weder erloschen noch verjährt.
30
Gemäß § 801 Abs. 1 Satz 1 BGB erlischt der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber mit dem Ablauf von 30 Jahren nach dem Eintritt der für die Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die Urkunde vor dem Ablauf der 30 Jahre dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt wird. Bei Zinsscheinen beträgt die Vorlegungsfrist nach § 801 Abs. 2 BGB abweichend hiervon nur vier Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in welchem die für die Leistung bestimmte Zeit eintritt. Erfolgt die Vorlegung, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an, wobei der Vorlegung die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus der Urkunde gleichsteht (§ 801 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB).
31
aa) Danach hat der Eingang des Mahnbescheidsantrags bei Gericht am 20. Dezember 2007 und die Zustellung des Mahnbescheids an die Beklagte am 7. März 2008 die Vorlegungsfrist hinsichtlich der Zinsansprüche aus den Anleihen mit den WKN …50, …01 und …91 für das Jahr 2003 gewahrt und gleichzeitig die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt.
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Die Zinsscheine, die die - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - im Jahr 2003 fällig gewordenen Zinsansprüche verbriefen, mussten gemäß § 801 Abs. 2 BGB bis spätestens 31. Dezember 2007 vorgelegt werden, wobei die gerichtliche Geltendmachung der Vorlage nach § 801 Abs. 1 Satz 3 BGB gleichstand. Da § 167 ZPO auch auf die Vorlegungsfrist anwendbar ist (BGH, Urteil vom 16. März 1970 - VII ZR 125/68, BGHZ 53, 332, 338) und die durch den Kläger infolge der zunächst unterlassenen Vorlage der die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründenden Anleihebedingungen zu vertretende Verzögerung den Zeitraum von 14 Tagen nicht überschreitet (vgl. dazu BGH, Urteile vom 20. April 2000 - VII ZR 116/99, NJW 2000, 2282 und vom 10. Februar 2011 - VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8 f.), ist die Zustellung am 7. März 2009 noch demnächst (§ 167 ZPO) erfolgt. Die damit rechtzeitige Vorlage löste gemäß § 801 Abs. 1 Satz 2 BGB den Beginn der Verjährungsfrist aus (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 49/08, BGHZ 179, 146 Rn. 36), die mit Zustellung des Mahnbescheids wirksam gehemmt worden ist (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
33
bb) Entsprechendes gilt hinsichtlich der Zinsansprüche aus dem Jahr 2004. Die am 5. Dezember 2008 bei Gericht eingegangene Klageerweiterung wurde der Beklagten am 15. Januar 2009 zugestellt, wobei die zeitliche Verzögerung in der gerichtlichen Sachbehandlung begründet liegt, ohne dass der Kläger erkennbar auf eine Beschleunigung der Zustellung hinwirken konnte.
34
2. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch hinsichtlich der auf die Anleihen zu den WKN …75 und …30 entfallenden Zinsansprüche für das Jahr 2003 aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Diese Ansprüche sind gemäß § 801 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BGB erloschen.
35
Anders als die Zinsansprüche aus den Anleihen mit den WKN …50, …01 und …91 waren die Zinsforderungen aus den Anleihen mit den WKN …75 und …30 nicht im Mahnbescheid vom 12. Februar 2008 genannt, sondern wurden erstmals in der Klagebegründung vom 15. Oktober 2008 aufgeführt. Da nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bis dahin keine Zinsscheine für das Jahr 2003 zur Einlösung vorgelegt worden waren, war die am 31. Dezember 2007 endende vierjährige Vorlegungsfrist im Zeitpunkt der Zustellung der Klagebegründung am 15. Januar 2009 bereits abgelaufen. Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Verlängerung der Vorlegungsfrist auf 10 Jahre durch die - einheitlich und ohne Rücksicht auf Besonderheiten in der Person des einzelnen Inhabers auszulegenden (Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 Rn. 21) - Anleihebedingungen berufen. Nach den von ihm zu den Gerichtsakten gereichten Anleihebedingungen bezieht sich die von ihm angesprochene Regelung in Nummer 8 - was sich schon aus deren Wortlaut und der Bezugnahme auf § 801 Abs. 1 BGB (statt Absatz 2) ergibt - allein auf die Frist zur Vorlegung der Inhaberschuldverschreibung selbst. Diese sollte von 30 Jahren (§ 801 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB) auf 10 Jahre verkürzt, nicht aber die die Zinsansprüche betreffende von 4 Jahren (§ 801 Abs. 2 Satz 1 BGB) auf 10 Jahre verlängert werden.

IV.

36
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung des Klägers ist die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger - über den im Berufungsurteil ausgeurteilten Betrag von 11.657,46 € hinaus - weitere 68.602,62 € gegen Aushändigung der im Tenor im Einzelnen aufgeführten Zinsscheine zu zahlen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen.
Joeres Grüneberg Maihold Pamp Menges
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 17.06.2011 - 2-21 O 353/08 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.03.2012 - 8 U 149/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X I Z R 4 7 / 1 4 Verkündet am:
24. Februar 2015
Herrwerth,
Justizangstellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Februar 2015 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, die Richter
Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und
Dr. Derstadt

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen den beklagten Staat Zinsansprüche aus einer von diesem begebenen Inhaberschuldverschreibung geltend.
2
Die Beklagte emittierte im Jahr 1996 die 11¾% Deutsche Mark-Anleihe 1996/2026 im Gesamtnennbetrag von 500 Mio. DM (Wertpapierkennnummer …10) in unterschiedlicher Stückelung und jeweils effektiv verbrieften und girosammelverwahrten Inhaber-Schuldverschreibungen zu bestimmten Nennbeträgen nebst in Zinsscheinen verbrieften Zinsansprüchen. In den Anleihebedingungen wurden die Anwendung deutschen Rechts und der Gerichtsstand Frankfurt am Main bestimmt. Ferner verpflichtete sich die Beklagte, an den jeweiligen Inhaber der Zinsscheine nachträglich zum 13. November eines jeden Jahres, erstmals zum 13. November 1997, Zinsen in Höhe von jährlich 11¾% des Nominalbetrags zu zahlen. Der Kläger erwarb von der Anleihe fünf InhaberSchuldverschreibungen über jeweils 10.000 DM mit den Nummern …01, …91 , …32, …33 und …34.
3
Die Beklagte sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sich zumindest zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet hatten. Mit Gesetz Nr. 25.561 über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems vom 6. Januar 2002 erklärte sie den "öffentlichen Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet". Auf der Grundlage der daraufhin erlassenen Verordnung Nr. 256/2002 vom 6. Februar 2002 zur Umstrukturierung der Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen der argentinischen Regierung wurde der Auslandsschuldendienst durch die Beklagte ausgesetzt, um ihn neu zu ordnen. Das Gesetz über den öffentlichen Notstand wurde immer wieder - zuletzt bis zum 31. Dezember 2015 - verlängert. Aufgrund dessen fiel auch der Kläger mit den auf die von ihm erworbene Staatsanleihe anfallenden Zinsen aus. Die Zinsansprüche für das Jahr 2003 klagte er in einem anderen Rechtsstreit mit Erfolg ein.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsen aus den von ihm gehaltenen fünf Inhaber-Schuldverschreibungen in Höhe von insgesamt 3.003,84 € (= 5.875 DM) gegen Aushändigung der Zinsscheine Nummer zu den von der Beklagten ausgegebenen 11¾% Deutsche Mark-Inhaberschuldverschreibungen mit der Wertpapierkennnummer …10, Stückenummer …01, …91 , …32, …33 und …34, und Schadensersatz in Höhe von mindestens 300 € als im Zusammenhang mit dem Zinsausfall entstandenen Wiederanlageschaden nebst Rechtshängigkeitszinsen; ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Zahlungsverweigerung entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Beklagte beruft sich im Hinblick auf das von ihr erklärte Zahlungsmoratorium und die mit anderen Gläubigern geschlossenen Umstrukturierungsvereinbarungen auf ein völkerrechtliches Leistungsverweigerungsrecht gegenüber sogenannten Holdout-Gläubigern. Das Amtsgericht hat der Klage mit Ausnahme des Feststellungsantrags und im Hauptantrag im Wege der Zug-um-Zug-Leistung stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung zur Zahlung nicht Zug um Zug, sondern gegen Aushändigung der Zinsscheine zu erfolgen hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
7
Das Amtsgericht habe zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus der streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibung auf Zahlung des am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsbetrags von 3.003,84 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen bejaht. Der Beklagten stehe gegenüber dem Kläger kein Leistungsverweigerungsrecht zu.
8
Das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann, wonach aufgrund eines völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts die wirtschaftliche und finanzielle Staatsinsolvenz der Beklagten zu berücksichtigen seien, sei nicht überzeugend. Das Gutachten begründe nicht die Feststellung eines entsprechenden völkerrechtlichen Grundsatzes bzw. Gewohnheitsrechts, wonach eine solche nachträgliche Einwirkung auf die verbrieften Staatsanleihen privater Gläubiger gerechtfertigt sein könnte. Das Gutachten beruhe vor allem auf der These, dass im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft grundsätzlich ein völkerrechtliches Gewohnheitsrecht in dem Sinne erkannt werden müsste, dass die Mehrheit von Gläubigern solcher Staatsanleihen im Falle einer qualifizierten Mehrheitsentscheidung (75 Prozent der Gläubiger solcher Inhaberschuldverschreibungen) an den Konsens gebunden seien, und sich eine Minderheit nicht auf Kosten der Mehrheit einen Sondervorteil sichern dürfe. Dem könne indes bereits deswegen nicht gefolgt werden, weil in dem Gutachten ein solches völkerrechtliches Gewohnheitsrecht nicht nachvollziehbar dargestellt werde. Das Gutachten begründe dies damit, dass die Bedingungen von Staatsanleihen heute regelmäßig sogenannte Collective Action Clauses enthielten, die im Nachhinein eine Schuldenumstrukturierung durch Mehrheitsentscheid der Gläubiger ermöglichen würden. Dies übersehe jedoch, dass es im völkerrechtlichen Bereich erst der Einführung solcher Klauseln bedurft habe, um überhaupt eine solche Möglichkeit im Rahmen von Staatsanleihen zu schaffen. Aufgrund dessen verbiete es sich, in der Schaffung und Einbeziehung solcher Klauseln rückwirkend eine entsprechende gewohnheitsrechtliche Praxis zu sehen, weil es dann solcher Klauseln als Grundlage späterer Schuldumschaffungen nicht bedurft hätte.
9
Darüber hinaus überzeuge das Gutachten auch deshalb nicht, weil die Autoren ihren Auftraggeber nicht benannt hätten, so dass Misstrauen gegen die wissenschaftliche Neutralität der von ihnen vertretenen Rechtsmeinung beste- hen würde. Außerdem hätten die Gutachter durch die Bezugnahme auf den Schuldenschnitt für Griechenland oder die Forderungskürzung für Gläubiger zyprischer Banken weder eine für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht erforderliche gefestigte Praxis (consuetudo) noch die zugehörige Überzeugung rechtlicher Verbindlichkeit (opinio iuris) belegt. Der "Fall Zypern" sei bereits deshalb nicht vergleichbar, weil die dortigen Maßnahmen private Schuldner betroffen hätten. Der "Fall Griechenland" sei erkennbar kein Beleg für eine gefestigte völkerrechtliche Praxis. Gegen eine solche Praxis spreche schließlich auch, dass die in dem Gutachten in Bezug genommenen "Principles on Promoting Responsible Sovereign Lending and Borrowing" der United Nations Conference on Trade and Development vom 10. Januar 2012 lediglich eine in die Zukunft gerichtete Empfehlung für den Fall einer Umstrukturierung von Staatsschulden seien und ihnen keine allgemeine, rückwirkende Geltung zukommen könne.
10
Schließlich stehe dem Kläger auch ein Schadensersatzbetrag von 300 € als Verzugsschaden nebst Rechtshängigkeitszinsen zu. Er habe unter Vorlage von Kaufabrechnungen entsprechend den Anforderungen der § 252 BGB, § 287 ZPO glaubhaft dargelegt, dass er die Zinserträge bei rechtzeitiger Zahlung in eine 7,82%-Anleihe der Beklagten investiert hätte.

II.

11
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht den vom Kläger im Berufungsverfahren noch geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsbetrags von 3.003,84 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen nebst einem Verzugsschaden von 300 € bejaht.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagten kein auf dem Völkerrecht beruhendes Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Entgegen der Auffassung der Revision ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG feststellbar, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung - wie hier - fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf ein rechtlich zu missbilligendes Verhalten von sogenannten Holdout-Gläubigern zu verweigern, um diese dadurch zu einer Beteiligung an einer mit der Mehrheit der Gläubiger zustande gekommenen Umschuldung der emittierten Staatsanleihen zu zwingen.
13
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Regel des Völkerrechts dann allgemein im Sinne des Art. 25 GG, wenn sie von der überwiegenden Mehrheit der Staaten anerkannt wird (vgl. BVerfGE 15, 25, 34; 118, 124, 134). Die Allgemeinheit der Regel bezieht sich auf deren Geltung, nicht auf den Inhalt, wobei eine Anerkennung durch alle Staaten nicht erforderlich ist. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass gerade die Bundesrepublik Deutschland die Regel anerkannt hat. Allgemeine Regeln des Völkerrechts sind Regeln des universell geltenden Völkergewohnheitsrechts, ergänzt durch aus den nationalen Rechtsordnungen tradierte allgemeine Rechtsgrundsätze (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 ff.; 16, 27, 33; 23, 288, 317; 94, 315, 328; 96, 68, 86; 118, 124, 134). Ob eine Regel eine solche des Völkergewohnheitsrechts ist oder ob es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt, ergibt sich aus dem Völkerrecht selbst, welches die Kriterien für die Völkerrechtsquellen vorgibt. Nach einhelliger Auffassung bezieht sich Art. 25 GG dagegen nicht auf völkervertragliche Regelungen. Völkerrechtliche Verträge sind von den Fachgerichten selbst anzuwenden und auszulegen (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 f., 34 f.; 16, 27, 33; 18, 441, 450; 59, 63, 89; 99, 145, 160; 118, 124, 134 f.). An die Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts sind wegen der darin zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Verpflichtung aller Staaten hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 118, 124, 135).
14
Völkergewohnheitsrecht ist der Brauch, hinter dem die Überzeugung rechtlicher Verpflichtung steht. Seine Entstehung ist demnach an zwei Voraussetzungen geknüpft: erstens an das zeitlich andauernde und möglichst einheitliche Verhalten unter weit gestreuter und repräsentativer Beteiligung von Staaten und anderen, rechtsetzungsbefugten Völkerrechtssubjekten; zweitens an die hinter dieser Übung stehende Auffassung, "im Rahmen des völkerrechtlich Gebotenen und Erlaubten oder Notwendigen zu handeln" (opinio iuris sive necessitatis , vgl. BVerfGE 66, 39, 64 f.; 96, 68, 86 f.; 109, 13, 27 f.). Zu seiner Ermittlung sind die einschlägige Staatspraxis, die sich aus dem völkerrechtlich erheblichen Verhalten der Staatsorgane ergibt, sowie als Hilfsmittel richterliche Entscheidungen und völkerrechtliche Lehrmeinungen heranzuziehen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Handlungen von Organen internationaler Organisationen und internationaler Gerichte sowie die Arbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen und weitere Vorschläge zur Kodifikation des Völkerrechts (BVerfGE 109, 13, 28; 117, 141, 150 f., 161; jeweils mwN).
15
Die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts (Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut) sind im Wege der Rechtsvergleichung in einer Gesamtschau der großen Rechtsordnungen zu entwickelnde Prinzipien, die sich von ihrem Inhalt her auf die Rechtsbeziehungen in der Völkergemeinschaft und auf das Recht internationaler Organisationen übertragen lassen (vgl. BVerfGE 94, 315, 328; 96, 68, 86; 117, 141, 149 f.; BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1988, 1462, 1463). Dazu gehören etwa das Prinzip von Treu und Glauben (vgl. BVerfGE 16, 27, 63), der Vertrauensschutz oder die Verwirkung. Die allgemei- nen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts haben in erster Linie lückenfüllende Bedeutung (in Ergänzung von Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht; vgl. Maunz/Dürig/Herdegen, GG, Stand: Juli 2014, Art. 25 Rn. 35 mwN).
16
b) Nach diesen Maßgaben hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2007 - auf mehrere Vorlagen des Amtsgerichts Frankfurt am Main - im Zusammenhang mit anderen Staatsanleihen der Beklagten festgestellt, dass das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten kennt (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur und könnten, wenn sich die entsprechende Verfestigung anhand der völkerrechtlichen Kriterien nachweisen lasse, nur dem Völkergewohnheitsrecht oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzuordnen sein (BVerfG aaO).
17
Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass zwar im Völkergewohnheitsrecht die Berufung auf den Staatsnotstand in solchen Rechtsverhältnissen anerkannt sei, die ausschließlich dem Völkerrecht unterliegen ; für eine Erstreckung der Rechtfertigung auf Privatrechtsverhältnisse zu privaten Gläubigern fehle es hingegen an Belegen für eine von der notwendigen Rechtsüberzeugung (opinio juris sive necessitatis) getragene Staatenpraxis (vgl. BVerfGE 118, 124, 135). Dabei hat sich das Bundesverfassungsgericht insbesondere mit Art. 25 des von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission - ILC) im Jahre 2001 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorgelegten Konventionsentwurfs zum The- ma Responsibility of States for internationally wrongful acts befasst, der die Staatenverantwortlichkeit betrifft (im Folgenden: Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit ). Diese Vorschrift stelle zwar geltendes Völkergewohnheitsrecht dar, enthalte aber lediglich einen Rechtfertigungsgrund in einem Völkerrechtsverhältnis (BVerfG aaO, S. 136 ff.). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte und den Stellungnahmen des völkerrechtlichen Schrifttums. Vielmehr erlaubten auch diese nicht die positive Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, wonach ein Staat über den auf Völkerrechtsverhältnisse beschränkten Anwendungsbereich des Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit hinaus berechtigt wäre, nach Erklärung des Staatsnotstandes wegen Zahlungsunfähigkeit auch die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche in Privatrechtsverhältnissen gegenüber privaten Gläubigern zeitweise zu verweigern. Es fehle an einer einheitlichen Staatenpraxis, die einen solchen Rechtfertigungsgrund kraft Völkerrechts anerkenne (BVerfG aaO, S. 138 ff.).
18
c) Diese Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts haben nach wie vor Gültigkeit. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich insbesondere nicht als Folge der Weltfinanzmarktkrise in den Jahren 2008 und 2009 und der sogenannten Euro-Rettungsmaßnahmen für Griechenland und Zypern eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG mit dem Inhalt herausgebildet , dass sich sämtliche privaten Gläubiger eines Staates im Falle eines wirtschaftlichen und finanziellen Staatsnotstands an einer Umstrukturierung der Schulden beteiligen müssen und dem notleidend gewordenen Staat bis zu einer entsprechenden Vereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich fälliger Zahlungsansprüche aus Privatrechtsverhältnissen zusteht.
19
aa) Soweit die Revision ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten aus einer nach Art. 25 GG zu berücksichtigenden allgemeinen Regel des Völ- kerrechts zu begründen versucht, dass auf der Grundlage der von den Kulturvölkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze gemäß Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut zwei verallgemeinerungsfähige Prinzipien, nämlich die Gleichbehandlung aller Gläubiger und die Integrität eines geordneten Insolvenzverfahrens , herzuleiten seien, kann sie damit keinen Erfolg haben.
20
Denn in der Sache besagt dieser Ansatz nichts anderes, als dass dadurch das völkergewohnheitsrechtliche Institut des Notstands für den Sonderfall der Zahlungsunfähigkeit in Voraussetzungen und Rechtsfolgen konkretisiert wird. Im Kern beinhaltet er damit die Behauptung eines von der Staatengemeinschaft anerkannten Insolvenzrechts der Staaten. Ein solches besteht indes unzweifelhaft nicht. Nach den Regeln des Völkerrechts kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf einen wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
21
(1) Nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2007 kannte das Völkerrecht zu diesem Zeitpunkt weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies - wie bereits oben näher ausgeführt worden ist - vor allem damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur. An diesem Befund hat sich seitdem nichts geändert.
22
(2) Dies wird bereits durch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 (Towards the establishment of a multilateral legal framework for sovereign debt restructuring processes; abrufbar unter: www.un.org) bestätigt, in dem die Anregung der Group of 77 and China aufgegriffen wird, die Bemühungen um die Etablierung eines Staateninsolvenzverfahrens voranzutreiben. Daran wird deutlich, dass es bislang an völkerrechtlichen Regelungen fehlt, die die Zahlungseinstellung eines Staates in geordnete Bahnen lenken und die Gläubiger zu einer Zwangsgemeinschaft zusammenführen würden. Dies wird auch - entgegen der Revision - durch die auf freiwilliger Basis beruhenden Umschuldungsmaßnahmen in den Fällen Zypern und Griechenland belegt.
23
(3) Dies entspricht auch der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte.
24
Das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), das als Schiedsgericht fungiert und organisatorisch der Weltbank angegliedert ist, hat im Rahmen einer Schiedsklage 180.000 italienischer Anleihegläubiger gegen die Beklagte am 4. August 2011 angenommen, dass es kein völkerrechtliches Insolvenzrecht für Staaten gebe, das eine Nichtzahlung rechtfertigen könne (Abaclat and Others v. Argentine Republik, ICSID Case No. ARB/07/5, Award, Rn. 323 und 325, abrufbar unter: http://italaw.com; siehe dazu auch Bischoff, WM 2012, 1371,1373).
25
In den zahlreichen Klagen von Anlegern gegen die Beklagte vor New Yorker Bundesgerichten stand zuletzt nur noch die Problematik der pari passuKlauseln zur Diskussion, während ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nicht erörtert wurde (vgl. etwa Urteil des New Yorker Court of Appeal vom 26. Oktober 2012 in Sachen NML Capital Ltd. v. Republic of Argentina; dazu und zu weiteren Entscheidungen siehe Sandrock, RIW 2014, 703 ff. mwN). Zuletzt hat der US Supreme Court mit Urteil vom 16. Juni 2014 die im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens getroffene discovery-Anordnung eines New Yorker Gerichts hinsichtlich desjenigen Vermögens der Beklagten, das außerhalb der USA belegen ist, in vollem Umfang bestätigt (Republic of Argentina v. NML Capital Ltd., No. 12-842; abrufbar unter: www.supremecourt.gov).
26
In Deutschland hat neben dem Berufungsgericht auch das in diversen Verfahren mit Argentinien-Anleihen befasste Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten verneint (vgl. nur OLG Frankfurt am Main, NJW 2006, 2931, 2932 ff.; Urteile vom 9. März 2012 - 8 U 149/11, juris Rn. 45, 47 und vom 4. Mai 2012 - 8 U 188/11, juris Rn. 29). Ein solches ist bislang auch vom Senat nicht angenommen worden (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12, WM 2013, 1264 ff.; Senatsbeschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris und vom 13. November 2012 - XI ZR 161/12, juris).
27
(4) Schließlich wird auch im völkerrechtlichen Schrifttum - soweit es sich dazu überhaupt äußert - die Einführung eines Restrukturierungsverfahrens für Staatsinsolvenzen zwar für wünschenswert gehalten, das verbindliche Vorhandensein solcher Regelungen aber einhellig verneint (vgl. nur Herdegen, WM 2011, 913, 914 ff.; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025; Sester, WM 2011, 1057, 1062 ff.; jeweils mwN).
28
(5) Die Revision kann ihre abweichende Rechtsauffassung auch nicht auf das UNCTAD-Prinzip Nr. 7 stützen. Dieses hat sinngemäß folgenden Wortlaut: "Treten Umstände ein, in denen ein Staat offenkundig nicht in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen, haben alle Kreditgeber die Pflicht, sich nach Treu und Glauben und kooperativ zu verhalten, um eine einvernehmliche Umschul- dung der Verbindlichkeiten zu erreichen. Gläubiger sollten eine schnelle und geordnete Lösung für das Problem anstreben."
29
In dem UNCTAD-Prinzip Nr. 7 kommt jedoch noch keine für die Staatengemeinschaft verbindliche Grundregel nationaler Insolvenzrechtsordnungen dahingehend zum Ausdruck, dass es zu einer bestmöglichen Befriedigung unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots aller Gläubiger kommen soll. Zielsetzung der UNCTAD-Prinzipien ist vielmehr - was auch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 eindeutig belegt - erst die Schaffung neuen Rechts, nicht dagegen die Beschreibung bereits bestehenden Völkerrechts. Dies ergibt sich aus der konsolidierten Fassung des UNCTAD-Papiers vom 10. Januar 2012 (abrufbar unter: www.unctad.org). Danach sollte die UNCTAD in einem "ersten Schritt" lediglich allgemeine Prinzipien für die staatliche Aufnahme und Vergabe von Krediten als Leitlinien entwickeln und Einigkeit über eine Reihe international anerkannter Prinzipien "zur Verhinderung einer unverantwortlichen Staatsfinanzierung" erzielen. In einem zweiten Schritt sollten auf staatlicher und regionaler Ebene Rückmeldungen zur Gestaltung der Prinzipien und zur Möglichkeit ihrer freiwilligen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen eingeholt werden.
30
Dieser bloß in die Zukunft weisende Charakter des UNCTAD-Prinzips Nr. 7 kommt auch unzweifelhaft in der mit "Konsequenzen" ("implications") überschriebenen Begründung dieses Vorschlags zum Ausdruck. Darin heißt es zutreffend, dass "bis heute … kein universeller Mechanismus zur Restrukturie- rung von Staatsschulden eingerichtet worden" ist. Gerate ein Schuldnerstaat in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, habe er daher keine andere Wahl, als an seine Gläubiger mit dem Ziel einer "einvernehmlichen Umschuldung" der Schuldenlast heranzutreten. Aufgrund dessen "sollten" Kreditgeber bereit sein, nach Treu und Glauben in Verhandlungen mit dem Schuldner und anderen Gläubigern einzutreten, um eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden. Ferner wird noch ergänzend ausgeführt, dass ein Gläubiger, der Schuldverschreibungen eines Staates in finanzieller Notlage mit der Absicht erwerbe, außerhalb des einvernehmlichen Umschuldungsprozesses eine bevorzugte Befriedigung seiner Forderung zu erzwingen, rechtsmissbräuchlich handle.
31
(6) Schließlich zeigt die Revision keine entgegenstehende einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die Zweifel an dem Fehlen völkerrechtlicher Regelungen für eine in geordneten, insolvenzrechtsähnlichen Bahnen geleitete Restrukturierung eines Staates erwecken könnten, geschweige denn, das Bestehen solcher Regelungen belegen würden. In dem von ihr vorgelegten Privatgutachten Goldmann werden vielmehr lediglich Lösungsansätze gesucht, um dem als ordnungspolitisch unerwünscht eingestuften Verhalten der Holdout-Gläubiger zu begegnen. Dabei wird eingeräumt, dass bislang kein Gericht einem Schuldnerstaat eine (dauerhafte) Einrede gegen HoldoutGläubiger wegen Rechtsmissbräuchlichkeit zugestanden habe (S. 31) und sich das Völkerrecht erst in der Phase der Anpassung befinde (S. 22). Davon abgesehen wird in dem Gutachten auch verkannt, dass die Staaten - was im Einzelnen nachfolgend ausgeführt wird - mehrheitlich nicht einen insolvenzrechtlichen , d.h. öffentlich-rechtlichen Ansatz eines geordneten Umschuldungsverfahrens , sondern einen privatrechtlichen Ansatz einer Einbeziehung sogenannter Collective Action Clauses verfolgen.
32
bb) Entgegen der Revision ergibt sich aus der in den letzten Jahren zu verzeichnenden sukzessiven Verbreitung von sogenannten Collective Action Clauses (im Folgenden: CAC) nichts anderes. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für im Einzelfall unterschiedlich ausgestaltete Anleihebedingungen, denen gemein ist, dass sie qualifizierte Mehrheitsentscheidungen auf Gläubigerseite mit Bindungswirkung für alle Gläubiger vorsehen. Solche Klauseln müssen jedoch zu ihrer Anwendbarkeit wirksam Bestandteil der Anleihebedingungen geworden sein und können nicht unabhängig davon als rechtsverbindlich angesehen werden, ob eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen worden ist.
33
(1) Wie aus dem von der Beklagten beauftragten Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann hervorgeht, waren CAC im englischen Recht bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlich. Des Weiteren wurden im Jahre 1922 tschechische Anleihen in Absprache mit dem Völkerbund ausgegeben, die eine Mehrheitsentscheidung von Gläubigern ermöglichten, um die Anleihebedingungen nachträglich zu ändern. Auch in Japan sollen CAC bereits vor dem Jahr 2002 obligatorisch gewesen sein (Gutachten, S. 21 mwN; siehe auch Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 30 ff.). Am 20. April 2002 beschlossen die Finanzminister und Notenbankchefs der G-7-Staaten einen Aktionsplan für emerging markets (abrufbar unter: www.g7.utoronto.ca) und forderten unter anderem, Staatsanleihen nur noch mit CAC auszugeben. Im April 2003 verpflichteten sich die EU-Mitgliedstaaten in der Absicht, "mit gutem Beispiel" voranzugehen , künftig Umschuldungsklauseln in ihre nach fremdem Recht emittierten Anleihen aufzunehmen (siehe dazu Mitteilung der Kommission an den Rat - Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag vom 25. Juli 2005, KOM/2005/0331 endg., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu; Monatsbericht der Europäischen Zentralbank, November 2003, S. 75).
34
Diese Umstände haben indes dem Bundesverfassungsgericht keinen Anlass gegeben, sie in der maßgeblichen Entscheidung vom 8. Mai 2007 zu erörtern , obwohl sich daraus - vom Rechtsstandpunkt der Revision aus gesehen - eine allgemeine Regel des Völkerrechts ergeben soll, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise oder unter Berufung auf den Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung mit den Gläubigern (hier: die Umschuldungsvereinbarung aus dem Jahr 2005) teilweise zu verweigern. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass das Bundesverfassungsgericht ein solches Leistungsverweigerungsrecht verneint hat, falls nicht in den streitgegenständlichen Anleihebedingungen - wie hier nicht - eine solche Möglichkeit rechtsverbindlich vereinbart worden ist.
35
(2) Diese Sichtweise entspricht auch dem gegenwärtigen Rechtszustand. Danach müssen CAC zu ihrer Gültigkeit ausdrücklich in den Anleihebedingungen vereinbart worden sein. Dies ergibt sich aus den einschlägigen Rechtsgrundlagen.
36
In der Europäischen Union sind CAC durch Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zwingend für Staatsanleihen im Euroraum seit dem 1. Januar 2013 vorgesehen. Damit haben sich die Mitgliedstaaten der Eurozone für eine Lösung auf vertraglicher, d.h. zivilrechtlicher Grundlage entschieden und damit die vor allem vom IWF befürwortete "große" Lösung eines umfassenden insolvenzrechtlichen Ansatzes, also der Einführung eines insolvenzartigen Verfahrens für Staaten namens "Sovereign Debt Resolution Mechanism" (SDRM; siehe dazu Keller in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, 2004, S. 155, 165; Paulus, WM 2002, 725) - zumindest vorerst - zurückgestellt (vgl. European Council, EUCO 10/11 vom 25. März 2011, S. 29; siehe auch Sester, WM 2011, 1057 f. mwN; Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 15 spricht sogar von einem politischen Scheitern des SDRM).
37
Vergleichbare Regelungen im nationalen (deutschen) Recht sehen die bereits am 5. August 2009 in Kraft getretenen §§ 5 ff. des Schuldverschreibungsgesetzes für die Anleihebedingungen der unter dieses Gesetz fallenden Schuldverschreibungen und die mit Wirkung zum 19. September 2012 eingefügten §§ 4a bis 4k des Bundesschuldenwesengesetzes für die Emissionsbedingungen der vom Bund begebenen Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von über einem Jahr vor. Ihnen ist gemein, dass die Möglichkeit zu einer Änderung der Anleihebedingungen, wie insbesondere eine solche zum Zwecke der Umschuldung, bereits in den ursprünglichen Anleihebedingungen vorgesehen sein muss. Die Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes diente der Umsetzung der Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, die Verwendung von Umschuldungsklauseln durch Ergänzung der Emissionsbedingungen von Bundeswertpapieren mit einer Laufzeit von über zwölf Monaten vorzusehen. Dies wäre allerdings auch ohne eine Gesetzesänderung durch schlichte Einfügung entsprechender Klauseln in den Anleihebedingungen möglich gewesen. Die Gesetzesänderung sollte daher vor allem dem Umstand Rechnung tragen, dass Emissionsbedingungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 5. Oktober 1992 - II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 312, vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 314, vom 30. Juni 2009 - XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 Rn. 20 und vom 29. April 2014 - II ZR 395/12, WM 2014, 1076 Rn. 24) Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen und daher einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Um die Anleihebedingungen insoweit der gerichtlichen Kontrolle zu entziehen, übernehmen das Schuldverschrei- bungsgesetz und das Bundesschuldenwesengesetz jeweils die Funktion eines Leitbildes, das die wesentlichen Inhalte der unter den Staaten der Eurozone abgestimmten Umschuldungsklauseln nachzeichnet und damit "kontrollfest" macht (BT-Drucks. 16/12814, S. 1 f., 13 f. und BT-Drucks. 17/9049, S. 1 f., 7; zur Möglichkeit der Änderung der Anleihebedingungen von Altschuldverschreibungen nach § 24 Abs. 2 SchVG siehe BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7).
38
(3) Diese Rechtslage spricht eindeutig gegen eine allein völkerrechtlich begründete Geltung von CAC ohne eine entsprechende Vereinbarung in den Anleihebedingungen. Es sind insoweit keine Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum ersichtlich, die ein darauf gründendes Leistungsverweigerungsrecht des insolventen Staates bejaht hätten. Die oben angeführten Entscheidungen des ICSID-Schiedsgerichts und der US-amerikanischen Gerichte haben ein solches Recht nicht angenommen. Soweit im völkerrechtlichen Schrifttum das zivilrechtliche Modell der Vereinbarung von CAC erörtert wird, wird - teilweise unausgesprochen - davon ausgegangen, dass solche Umschuldungsklauseln nur im Falle ihrer ausdrücklichen Vereinbarung in den Anleihebedingungen Geltung beanspruchen können, ihnen jedoch keine rückwirkende Geltung als allgemeine Regel zukommt (vgl. Herdegen, WM 2011, 913, 914 f.; Kolling, BKR 2007, 481, 488; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025, 2029 ff.; Sester, WM 2011, 1057, 1063 f.; Tietje/Szodruch, ZBB 2007, 498, 503).
39
Die Bemühungen zur Verwirklichung einer Gleichbehandlung der Gläubiger eines überschuldeten Staates, zu denen neben der Einbeziehung von CAC in die Anleihebedingungen auch das vom IWF entwickelte SDRM-Konzept gehört , wären unnötig, wenn die Gläubiger schon heute bzw. nach Auffassung der Revision sogar schon seit Beginn des 21. Jahrhunderts aufgrund einer allge- meinen Regel des Völkerrechts zu einem kooperativen Schuldenmanagement verpflichtet wären und einem dazu nicht bereiten Gläubiger kein Rechtsschutz gewährt werden dürfte (so bereits Ohler, JZ 2005, 590, 595).
40
(4) Weder die Revision noch die von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten zeigen insoweit einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die eine Geltung von CAC auch ohne eine entsprechende Vereinbarung , d.h. in Form einer allgemein anerkannten Regel des Völkerrechts, bejahen. Insoweit legt die Revision auch nicht dar, welchen näheren Inhalt diese Regel haben sollte. Wie die genannten gesetzlichen Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes und des Bundesschuldenwesengesetzes wie auch entsprechende Anleihebedingungen zeigen, regeln diese - entgegen der Revision - nicht "nur noch Feinheiten" eines solchen Verfahrens zur Änderung der Anleihebedingungen, sondern legen deren Grundlagen - insbesondere auch zum Schutz der Gläubiger - fest. Ohne entsprechende Regelungen bliebe unter anderem offen, welche Maßnahmen Gegenstand einer Beschlussfassung der Gläubiger sein können, mit welchem Stimmenquorum sie zu ihrer Verbindlichkeit getroffen werden müssen, wer stimmberechtigt ist, wie er seine Stimme abgeben kann, ob er sich vertreten lassen kann, wer mit welcher Frist und an welchem Ort die Gläubigerversammlung einberufen kann, wie dies und gegebenenfalls gefasste Beschlüsse bekannt zu machen sind und auf welche Weise solche Beschlüsse einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden können.
41
d) Einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 GG bedarf es nicht. Danach ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit objektiv zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (vgl. BVerfGE 109, 13, 23 f.). Dies setzt voraus, dass das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, mag das Gericht selbst auch keine Zweifel haben (vgl. BVerfGE 23, 288, 316 ff.; 64, 1, 13 ff.; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Ernstzunehmende Zweifel bestehen dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher , ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abweichen würde (vgl. BVerfGE 23, 288, 319; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Anzeichen mangelnder Eindeutigkeit sind Meinungsverschiedenheiten in der Frage, ob oder mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt (vgl. BVerfGE 64, 1, 15). Bestehen solche Zweifel nicht, ist die Rechtslage also offenkundig, sind die Gerichte dagegen auch in Völkerrechtsfragen uneingeschränkt selbst prüfungs- und entscheidungsberechtigt und -verpflichtet (vgl. BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1986, 1427; BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 284 f.). So liegt der Fall hier.
42
Im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 (BVerfGE 118, 124) war die erste Umschuldung durch die Beklagte , bei der mehr als 75% aller Anleihegläubiger ihre notleidenden gegen neue Staatsanleihen getauscht hatten (vgl. Sester, NJW 2006, 2891), bereits erfolgt, ohne dass das Bundesverfassungsgericht - sei es auch nur auf einen entsprechenden Vortrag der Beklagten - Anlass gesehen hätte, diesen Gesichtspunkt in seiner Entscheidung zu erörtern, obwohl bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Revision als richtig die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage dann nicht gegeben gewesen wäre. Aufgrund dessen spricht nichts dafür, dass bereits vor Mai 2007 eine von der Revision behauptete Regel des Völkerrechts mit dem Inhalt bestanden hätte, dem insolventen Staat stehe gegenüber seinen Gläubigern bis zum Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
43
Wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich eine solche Regel im Hinblick auf die Weltfinanzmarktkrise nach dem Jahr 2007 entwickelt hätte. Vielmehr lässt sich dies eindeutig verneinen. Ernsthafte objektive Zweifel, die gegen diesen Befund sprechen könnten, bestehen nicht und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
44
2. Davon abgesehen steht der Beklagten vorliegend auch dann kein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn eine ihrer Behauptung entsprechende allgemeine Regel des Völkerrechts existieren würde, wonach auch private Gläubiger grundsätzlich verpflichtet sind, sich an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates zu beteiligen. Die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der Einrede obliegt dem Fachgericht und unterfällt nicht der Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2907 Rn. 7 ff.; Beschluss vom 14. September 2006 - 2 BvR 1504/06 u.a., Umdruck, S. 7; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
45
a) Nach allgemeinen Grundsätzen - auf die auch die Revision unter Anknüpfung an § 242 BGB und § 313 BGB abstellt - gebieten Treu und Glauben, dass die Parteien eines Schuldverhältnisses je nach dessen Inhalt auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen haben. Allerdings muss eine Vertragspartei keine allgemeine Interessenverfolgung zu Gunsten der anderen betreiben, weil die Parteien häufig gegenläufige Interessen haben. Deshalb sind sie nicht verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184 Rn. 23). Nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigen eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung. Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist vielmehr erst dann als missbräuchlich und unzulässig anzusehen, wenn dem anderen Vertragsteil ein Festhalten an den vertraglichen Vereinbarungen unzumutbar ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 Rn. 10 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30). Unzumutbarkeit setzt in der Regel voraus, dass das Festhalten am Vertrag für den betroffenen Vertragspartner zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 189/93, BGHZ 127, 212, 218 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30).
46
b) Nach diesen Maßgaben kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers nicht bejaht werden. Nach Auffassung der Beklagten handele der Kläger rechtsmissbräuchlich, soweit er mehr verlange, als er bei einer Teilnahme an den Umschuldungen in den Jahren 2005 und 2010 erhalten hätte. Damit wolle er im Ergebnis einen ungerechtfertigten Sondervorteil auf Kosten derjenigen Gläubiger der Beklagten erlangen, die durch ihre Vermögensopfer die Sanierung des Staatshaushalts der Beklagten ermöglicht hätten. Damit kann sie indes nicht durchdringen.
47
aa) Die Voraussetzungen für die von der Beklagten erhobene Einrede des Rechtsmissbrauchs, wonach ein privater Gläubiger treuwidrig handele, wenn er sich nicht an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates beteilige, liegen bereits im Ausgangspunkt nicht vor. Bei dem Erlass des argentinischen Notstandsgesetzes und des Zahlungsmoratoriums handelt es sich nicht um ein geordnetes Umschuldungsverfahren , sondern um einseitige Maßnahmen der Beklagten als Schuldnerin, mit denen sie eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat. Die von ihr erlassenen Vorschriften dienen in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
48
bb) Dem Kläger war es mangels Vorhandenseins eines einheitlichen oder eines kodifizierten Konkursrechts der Staaten oder internationaler Normen für die Durchführung eines Umschuldungsverfahrens weder zuzumuten, sich an dem von der Beklagten durchgeführten Restrukturierungsverfahren zu beteiligen , noch muss er sich dessen Ergebnis entgegenhalten lassen. Für ihn war insbesondere nicht erkennbar, auf welcher Grundlage und nach welchen Maßgaben die Gläubiger auf den Umschuldungsvorschlag der Beklagten eingegangen sind. Insbesondere ist offen, ob die Verhandlungen einen für die Gläubiger günstigeren Ausgang genommen hätten (z.B. in Form von Besserungsscheinen ), wenn sie - etwa im Rahmen eines geordneten Insolvenzverfahrens - besser organisiert gewesen wären (vgl. dazu Sester, NJW 2006, 2891, 2892). Des Weiteren durfte der Kläger darauf vertrauen, dass die Beklagte - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit solcher Klauseln in Deutschland - wegen des Fehlens einer Umschuldungsklausel in den Anleihebedingungen die von ihm gezeichnete Anleihe auch im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten in voller Höhe bedienen und ihm jedenfalls nicht eine mit anderen Gläubigern getroffene Umschuldungsvereinbarung entgegenhalten würde. Dieses Vertrauen durfte der Kläger darauf gründen, dass die Beklagte in anderen Staaten auch Anleihen mit CAC unterschiedlichen Inhalts emittiert hat (vgl. dazu Kolling, BKR 2007, 481, 487 f.; Sester, WM 2011, 1057, 1061).
49
Darüber hinaus fehlt es an einem substantiierten Vorbringen der Beklagten , dass die Bezahlung der eingeklagten Forderung in Höhe von 3.067,75 € nebst Zinsen eine schwerwiegende Bedrohung eines essenziellen Interesses, wie zum Beispiel den Ausfall oder einen drohenden Ausfall essenzieller Staatsfunktionen im Bereich der Sicherheit und Daseinsvorsorge zur Folge hätte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Lübbe-Wolff in ihrem Sondervotum, BVerfGE 118, 124, 146, 150 ff.).
50
Schließlich spricht gegen ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nach Treu und Glauben auch der Umstand, dass die Beklagte dieses nicht gegenüber allen Gläubigern durchsetzen kann, wie etwa das in den USA anhängige Verfahren der Beklagten gegen NML Capital Ltd. zeigt. In der bislang letzten Entscheidung des Supreme Court of the United States vom 16. Juni 2014 (No. 12-842), die ein Vollstreckungsverfahren betrifft, ergibt sich aus den Gründen nicht, dass die Beklagte unter Berufung auf eine allgemeine Regel des Völkerrechts ein daraus abgeleitetes Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht hätte.
51
3. Entgegen der Revision steht der Beklagten die Einrede eines Leistungshindernisses wegen des argentinischen Zahlungsmoratoriums auch nicht nach den Regeln des Internationalen Privatrechts zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; Senatsbeschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
52
Die dagegen von der Revision vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Entscheidung. Da die Anleihe vor dem 17. Dezember 2009 bege- ben wurde, unterliegt sie gemäß Art. 28 Rom-I-VO nicht den Regelungen dieser Verordnung, sondern Art. 27 ff. EGBGB a.F. Entgegen der Revision kann danach das argentinische Zahlungsmoratorium kein Leistungshindernis begründen. Bei dem Zahlungsmoratorium und den zu seiner Durchsetzung erlassenen Regelungen handelt es sich aus interlokaler Sicht um "ausländische" international zwingende Bestimmungen (Eingriffsnormen; vgl. MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 7 ff., 9; Palandt/Thorn, BGB, 68. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 4, 5), und zwar hier aus einer Rechtsordnung, die weder das Vertragsstatut stellt, noch der lex fori angehört (sog. drittstaatliche Normen; vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52; MünchKomm /Martiny, aaO Rn. 37). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind ausländische Eingriffsnormen, die - wie hier - allein der Verwirklichung wirtschaftlicher oder staatspolitischer Ziele des rechtsetzenden Staates selbst dienen, nur zu beachten, wenn und soweit dieser die Möglichkeit besitzt, die Bestimmungen durchzusetzen, etwa, wenn sie auf seinem Territorium belegene Sachen und Rechte oder Handlungen, die dort zu vollziehen sind, betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 1959 - VII ZR 198/58, BGHZ 31, 367, 371, vom 16. April 1975 - I ZR 40/73, BGHZ 64, 183, 188 ff. und vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52 f.). Das ist hier nicht der Fall.
53
Die Revision kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Wirkungen eines Auslandskonkurses oder eines ausländischen Zwangsvergleichs im Inland berufen. Nach dieser Rechtsprechung erfasst ein solches Verfahren das im Inland belegene Vermögen des Gemeinschuldners , weil der Konkurs oder der Zwangsvergleich - anders als Enteignung und Konfiskation - nicht dem Staat, sondern ausschließlich allen Gläubigern des Gemeinschuldners und ihrer gleichmäßigen Befriedigung dient (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 263 ff. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80 ff.). Voraussetzung für die An- erkennung ist allerdings, dass es sich bei dem Auslandsverfahren nach den inländischen Rechtsgrundsätzen überhaupt um ein Insolvenz-(Konkurs- oder Vergleichs-)Verfahren handelt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 269 f. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80). Daran fehlt es hier. Das argentinische Notstandsgesetz und das Zahlungsmoratorium sind einem Insolvenzverfahren funktionell nicht vergleichbar , weil die Beklagte als Schuldnerin eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat und es sich daher nicht um ein staatlich geordnetes Verfahren handelt, das der Kontrolle und Aufsicht durch eine neutrale Stelle unterliegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 89). Zudem dienen die von der Beklagten erlassenen Vorschriften in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
54
Soweit aufgrund dessen die argentinische Notstandsgesetzgebung allenfalls auf materiell-rechtlicher Ebene, d.h. hier nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), Berücksichtigung finden können, scheidet dies vorliegend - wie bereits oben ausgeführt worden ist - aus.
55
4. Aufgrund dessen steht dem Kläger auch der geltend gemachte Verzögerungsschaden von 300 € zu. Die diesbezüglichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Revision nicht angegriffen und lassen auch keinen Rechtsfehler erkennen.
Joeres Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.04.2013 - 30 C 2877/11 (20) -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 13.01.2014 - 2-24 S 95/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X I Z R 1 9 3 / 1 4 Verkündet am:
24. Februar 2015
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Staat kann die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche aus von ihm begebenen
Schuldverschreibungen gegenüber Privatpersonen weder unter Berufung
auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand noch wegen einer
mit der Mehrheit der Gläubiger freiwillig zustande gekommenen Umschuldung
verweigern.
BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - XI ZR 193/14 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Februar 2015 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, die Richter
Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und
Dr. Derstadt

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. März 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen den beklagten Staat Ansprüche aus einer von diesem begebenen Inhaberschuldverschreibung geltend.
2
Die Beklagte emittierte im Jahr 1997 die 8% Deutsche Mark-Anleihe 1997/2009 im Gesamtnennbetrag von 1 Mrd. DM (Wertpapierkennnummer …90), die durch untereinander gleichrangige, auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen zu je 1.000 DM in einer dauerhaften Global-InhaberSchuldverschreibung verbrieft ist; effektive Stücke von Schuldverschreibungen oder Zinsscheinen wurden nicht ausgegeben. In den Anleihebedingungen wurden die Anwendung deutschen Rechts und der Gerichtsstand Frankfurt am Main bestimmt. Ferner verpflichtete sich die Beklagte in § 4 der Anleihebedingungen zur Rückzahlung der Schuldverschreibungen zum Nennbetrag am 30. Oktober 2009. Nach § 3 der Anleihebedingungen war die Schuldverschreibung mit jährlich 8% zu verzinsen, wobei die Zinsen nachträglich zum 30. Oktober eines jeden Jahres zahlbar waren, erstmals zum 30. Oktober 1998. Der Kläger erwarb von der Anleihe einen Anteil von 6.000 DM (= 3.067,75 €).
3
Die Beklagte sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sich zumindest zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet hatten. Mit Gesetz Nr. 25.561 über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems vom 6. Januar 2002 erklärte sie den "öffentlichen Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet". Auf der Grundlage der daraufhin erlassenen Verordnung Nr. 256/2002 vom 6. Februar 2002 zur Umstrukturierung der Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen der argentinischen Regierung wurde der Auslandsschuldendienst durch die Beklagte ausgesetzt, um ihn neu zu ordnen. Das Gesetz über den öffentlichen Notstand wurde immer wieder - zuletzt bis zum 31. Dezember 2015 - verlängert. Aufgrund dessen fiel auch der Kläger mit der von ihm erworbenen Staatsanleihe einschließlich Zinsen aus. Die Zinsansprüche für die Jahre 2002 bis 2007 klagte er in einem anderen Rechtsstreit mit Erfolg ein.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung des am 30. Oktober 2009 fällig gewordenen Nominalbetrags von 3.067,75 € nebst Zinsen in Höhe von 8% p.a. seit dem 31. Oktober 2009 und der rückständigen Zinsen für die Jahre 2008 und 2009 in Höhe von jeweils 245,42 € gegen Mitteilung der Zahlung an seine Depotbank zwecks Ausbuchung der InhaberSchuldverschreibung zur Wertpapierkennnummer …90 aus seinem Depot in Höhe der Zahlung. Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers und beruft sich im Hinblick auf das von ihr erklärte Zahlungsmoratorium und die mit anderen Gläubigern geschlossenen Umstrukturierungsvereinbarungen auf ein völkerrechtliches Leistungsverweigerungsrecht gegenüber sogenannten Holdout -Gläubigern. Das Amtsgericht hat der Klage mit Ausnahme der für das Jahr 2008 begehrten Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
7
Das Amtsgericht habe zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus der streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibung auf Zahlung des Nominalbetrags von 3.067,75 € und des am 30. Oktober 2009 fällig gewordenen Zinsbetrags von 245,42 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen bejaht. Der Kläger habe seine Aktivlegitimation durch Vorlage eines Depotauszugs der Kreissparkasse K. vom 4. Juni 2013 hinreichend nachgewiesen.
8
Der Beklagten stehe gegenüber dem Kläger kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Das von der Beklagten insoweit vorgelegte Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann, wonach aufgrund völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts die wirtschaftliche und finanzielle Staatsinsolvenz der Beklagten zu berücksichtigen sei, sei nicht überzeugend. Das Gutachten begründe nicht die Feststellung einer entsprechenden völkerrechtlichen Regel oder eines Völkergewohnheitsrechts , wonach eine solche nachträgliche Einwirkung auf die von privaten Gläubigern erworbenen Staatsanleihen gerechtfertigt sein könnte. Das Gutachten beruhe vor allem auf der These, dass im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft grundsätzlich ein völkerrechtliches Gewohnheitsrecht in dem Sinne erkannt werden müsste, dass im Falle einer qualifizierten Mehrheitsentscheidung (75 Prozent der Gläubiger solcher Inhaberschuldverschreibungen) alle Gläubiger an den Konsens gebunden seien und sich eine Minderheit nicht auf Kosten der Mehrheit einen Sondervorteil sichern dürfe. Dem könne indes bereits deswegen nicht gefolgt werden, weil in dem Gutachten ein solches völkerrechtliches Gewohnheitsrecht nicht nachvollziehbar dargestellt werde. Das Gutachten begründe dies damit, dass die Bedingungen von Staatsanleihen heute regelmäßig sogenannte Collective Action Clauses enthielten, die eine Schuldenumstrukturierung durch Mehrheitsentscheid der Gläubiger ermöglichen würden. Dies übersehe jedoch, dass es auch im völkerrechtlichen Bereich erst der Einführung solcher Klauseln bedurft habe, um überhaupt eine solche Möglichkeit im Rahmen von Staatsanleihen zu schaffen. Aufgrund dessen verbiete es sich, in der Schaffung und Einbeziehung solcher Klauseln rückwirkend eine entsprechende gewohnheitsrechtliche Praxis zu sehen, weil es dann solcher Klauseln als Grundlage späterer Schuldumschaffungen nicht bedurft hätte.
9
Darüber hinaus überzeuge das Gutachten auch deshalb nicht, weil die Autoren ihren Auftraggeber nicht benannt hätten, so dass Misstrauen gegen die wissenschaftliche Neutralität der von ihnen vertretenen Rechtsmeinung bestehen würde. Außerdem hätten die Gutachter durch die Bezugnahme auf den Schuldenschnitt für Griechenland oder die Forderungskürzung für Gläubiger zyprischer Banken weder eine für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht erforderliche gefestigte Praxis (consuetudo) noch die zugehörige Überzeugung rechtlicher Verbindlichkeit (opinio iuris) belegt. Der "Fall Zypern" sei bereits deshalb nicht vergleichbar, weil die dortigen Maßnahmen private Schuldner betroffen hätten. Der "Fall Griechenland" sei erkennbar kein Beleg für eine gefestigte völkerrechtliche Praxis. Gegen eine solche Praxis spreche schließlich auch, dass die in dem Gutachten in Bezug genommenen "Principles on Promoting Responsible Sovereign Lending and Borrowing" der United Nations Conference on Trade and Development vom 10. Januar 2012 lediglich eine in die Zukunft gerichtete Empfehlung für den Fall einer Umstrukturierung von Staatsschulden seien und ihnen keine allgemeine, rückwirkende Geltung zukommen könne.

II.

10
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht den vom Kläger im Berufungsverfahren noch geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des Nominalbetrags der von ihm erworbenen Schuldverschreibung in Höhe von 3.067,75 € nebst Zinsen und des am 30. Oktober 2009 fällig gewordenen Zinsbetrags von 245,42 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen bejaht.
11
1. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kläger aktivlegitimiert ist.
12
Bei in Globalurkunden und nicht in effektiven Stücken verbrieften Teilschuldverschreibungen kann der Gläubiger seine - insoweit ohnehin nur formelle - Berechtigung nicht durch Vorlage der Urkunde nachweisen (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12, WM 2013, 1264 Rn. 8), sondern in der Regel nur durch Vorlage eines Depotauszuges oder mittels Zeugenbeweises. Davon ist das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen; es hat die Aktivlegitimation des Klägers durch Vorlage eines Depotauszugs als hinreichend nachgewiesen angesehen. Diese tatrichterliche Beurteilung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüft werden. Lediglich wenn die ihr zugrunde liegende Würdigung unvollständig oder widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt, darf das Revisionsgericht eine solche Wertung beanstanden. Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.
13
2. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Beklagten auch kein auf dem Völkerrecht beruhendes Leistungsverweigerungsrecht zu. Es ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG feststellbar, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung - wie hier - fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf ein rechtlich zu missbilligendes Verhalten von sogenannten Holdout-Gläubigern zu verweigern, um diese dadurch zu einer Beteiligung an einer mit der Mehrheit der Gläubiger zustande gekommenen Umschuldung der emittierten Staatsanleihen zu zwingen.
14
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Regel des Völkerrechts dann allgemein im Sinne des Art. 25 GG, wenn sie von der überwiegenden Mehrheit der Staaten anerkannt wird (vgl. BVerfGE 15, 25, 34; 118, 124, 134). Die Allgemeinheit der Regel bezieht sich auf deren Geltung, nicht auf den Inhalt, wobei eine Anerkennung durch alle Staaten nicht erforder- lich ist. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass gerade die Bundesrepublik Deutschland die Regel anerkannt hat. Allgemeine Regeln des Völkerrechts sind Regeln des universell geltenden Völkergewohnheitsrechts, ergänzt durch aus den nationalen Rechtsordnungen tradierte allgemeine Rechtsgrundsätze (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 ff.; 16, 27, 33; 23, 288, 317; 94, 315, 328; 96, 68, 86; 118, 124, 134). Ob eine Regel eine solche des Völkergewohnheitsrechts ist oder ob es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt, ergibt sich aus dem Völkerrecht selbst, welches die Kriterien für die Völkerrechtsquellen vorgibt. Nach einhelliger Auffassung bezieht sich Art. 25 GG dagegen nicht auf völkervertragliche Regelungen. Völkerrechtliche Verträge sind von den Fachgerichten selbst anzuwenden und auszulegen (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 f., 34 f.; 16, 27, 33; 18, 441, 450; 59, 63, 89; 99, 145, 160; 118, 124, 134 f.). An die Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts sind wegen der darin zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Verpflichtung aller Staaten hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 118, 124, 135).
15
Völkergewohnheitsrecht ist der Brauch, hinter dem die Überzeugung rechtlicher Verpflichtung steht. Seine Entstehung ist demnach an zwei Voraussetzungen geknüpft: erstens an das zeitlich andauernde und möglichst einheitliche Verhalten unter weit gestreuter und repräsentativer Beteiligung von Staaten und anderen, rechtsetzungsbefugten Völkerrechtssubjekten; zweitens an die hinter dieser Übung stehende Auffassung, "im Rahmen des völkerrechtlich Gebotenen und Erlaubten oder Notwendigen zu handeln" (opinio iuris sive necessitatis , vgl. BVerfGE 66, 39, 64 f.; 96, 68, 86 f.; 109, 13, 27 f.). Zu seiner Ermittlung sind die einschlägige Staatspraxis, die sich aus dem völkerrechtlich erheblichen Verhalten der Staatsorgane ergibt, sowie als Hilfsmittel richterliche Entscheidungen und völkerrechtliche Lehrmeinungen heranzuziehen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Handlungen von Organen internationaler Organisationen und internationaler Gerichte sowie die Arbeiten der Völkerrechtskommissi- on der Vereinten Nationen und weitere Vorschläge zur Kodifikation des Völkerrechts (BVerfGE 109, 13, 28; 117, 141, 150 f., 161; jeweils mwN).
16
Die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts (Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut) sind im Wege der Rechtsvergleichung in einer Gesamtschau der großen Rechtsordnungen zu entwickelnde Prinzipien, die sich von ihrem Inhalt her auf die Rechtsbeziehungen in der Völkergemeinschaft und auf das Recht internationaler Organisationen übertragen lassen (vgl. BVerfGE 94, 315, 328; 96, 68, 86; 117, 141, 149 f.; BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1988, 1462, 1463). Dazu gehören etwa das Prinzip von Treu und Glauben (vgl. BVerfGE 16, 27, 63), der Vertrauensschutz oder die Verwirkung. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts haben in erster Linie lückenfüllende Bedeutung (in Ergänzung von Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht; vgl. Maunz/Dürig/Herdegen, GG, Stand: Juli 2014, Art. 25 Rn. 35 mwN).
17
b) Nach diesen Maßgaben hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2007 - auf mehrere Vorlagen des Amtsgerichts Frankfurt am Main - im Zusammenhang mit anderen Staatsanleihen der Beklagten festgestellt, dass das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten kennt (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur und könnten, wenn sich die entsprechende Verfestigung anhand der völkerrechtlichen Kriterien nachweisen lasse, nur dem Völkergewohnheitsrecht oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzuordnen sein (BVerfG aaO).
18
Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass zwar im Völkergewohnheitsrecht die Berufung auf den Staatsnotstand in solchen Rechtsverhältnissen anerkannt sei, die ausschließlich dem Völkerrecht unterliegen ; für eine Erstreckung der Rechtfertigung auf Privatrechtsverhältnisse zu privaten Gläubigern fehle es hingegen an Belegen für eine von der notwendigen Rechtsüberzeugung (opinio juris sive necessitatis) getragene Staatenpraxis (vgl. BVerfGE 118, 124, 135). Dabei hat sich das Bundesverfassungsgericht insbesondere mit Art. 25 des von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission - ILC) im Jahre 2001 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorgelegten Konventionsentwurfs zum Thema Responsibility of States for internationally wrongful acts befasst, der die Staatenverantwortlichkeit betrifft (im Folgenden: Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit ). Diese Vorschrift stelle zwar geltendes Völkergewohnheitsrecht dar, enthalte aber lediglich einen Rechtfertigungsgrund in einem Völkerrechtsverhältnis (BVerfG aaO, S. 136 ff.). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte und den Stellungnahmen des völkerrechtlichen Schrifttums. Vielmehr erlaubten auch diese nicht die positive Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, wonach ein Staat über den auf Völkerrechtsverhältnisse beschränkten Anwendungsbereich des Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit hinaus berechtigt wäre, nach Erklärung des Staatsnotstandes wegen Zahlungsunfähigkeit auch die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche in Privatrechtsverhältnissen gegenüber privaten Gläubigern zeitweise zu verweigern. Es fehle an einer einheitlichen Staatenpraxis, die einen solchen Rechtfertigungsgrund kraft Völkerrechts anerkenne (BVerfG aaO, S. 138 ff.).
19
c) Diese Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts haben nach wie vor Gültigkeit. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich insbesondere nicht als Folge der Weltfinanzmarktkrise in den Jahren 2008 und 2009 und der sogenannten Euro-Rettungsmaßnahmen für Griechenland und Zypern eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG mit dem Inhalt herausgebildet , dass sich sämtliche privaten Gläubiger eines Staates im Falle eines wirtschaftlichen und finanziellen Staatsnotstands an einer Umstrukturierung der Schulden beteiligen müssen und dem notleidend gewordenen Staat bis zu einer entsprechenden Vereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich fälliger Zahlungsansprüche aus Privatrechtsverhältnissen zusteht.
20
aa) Soweit die Revision ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten aus einer nach Art. 25 GG zu berücksichtigenden allgemeinen Regel des Völkerrechts zu begründen versucht, dass auf der Grundlage der von den Kulturvölkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze gemäß Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut zwei verallgemeinerungsfähige Prinzipien, nämlich die Gleichbehandlung aller Gläubiger und die Integrität eines geordneten Insolvenzverfahrens , herzuleiten seien, kann sie damit keinen Erfolg haben.
21
Denn in der Sache besagt dieser Ansatz nichts anderes, als dass dadurch das völkergewohnheitsrechtliche Institut des Notstands für den Sonderfall der Zahlungsunfähigkeit in Voraussetzungen und Rechtsfolgen konkretisiert wird. Im Kern beinhaltet er damit die Behauptung eines von der Staatengemeinschaft anerkannten Insolvenzrechts der Staaten. Ein solches besteht indes unzweifelhaft nicht. Nach den Regeln des Völkerrechts kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf einen wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
22
(1) Nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2007 kannte das Völkerrecht zu diesem Zeitpunkt weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies - wie bereits oben näher ausgeführt worden ist - vor allem damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur. An diesem Befund hat sich seitdem nichts geändert.
23
(2) Dies wird bereits durch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 (Towards the establishment of a multilateral legal framework for sovereign debt restructuring processes; abrufbar unter: www.un.org) bestätigt, in dem die Anregung der Group of 77 and China aufgegriffen wird, die Bemühungen um die Etablierung eines Staateninsolvenzverfahrens voranzutreiben. Daran wird deutlich, dass es bislang an völkerrechtlichen Regelungen fehlt, die die Zahlungseinstellung eines Staates in geordnete Bahnen lenken und die Gläubiger zu einer Zwangsgemeinschaft zusammenführen würden. Dies wird auch - entgegen der Revision - durch die auf freiwilliger Basis beruhenden Umschuldungsmaßnahmen in den Fällen Zypern und Griechenland belegt.
24
(3) Dies entspricht auch der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte.
25
Das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), das als Schiedsgericht fungiert und organisatorisch der Weltbank angegliedert ist, hat im Rahmen einer Schiedsklage 180.000 italienischer Anleihegläubiger gegen die Beklagte am 4. August 2011 angenommen, dass es kein völkerrecht- liches Insolvenzrecht für Staaten gebe, das eine Nichtzahlung rechtfertigen könne (Abaclat and Others v. Argentine Republik, ICSID Case No. ARB/07/5, Award, Rn. 323 und 325, abrufbar unter: http://italaw.com; siehe dazu auch Bischoff, WM 2012, 1371,1373).
26
In den zahlreichen Klagen von Anlegern gegen die Beklagte vor New Yorker Bundesgerichten stand zuletzt nur noch die Problematik der pari passuKlauseln zur Diskussion, während ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nicht erörtert wurde (vgl. etwa Urteil des New Yorker Court of Appeal vom 26. Oktober 2012 in Sachen NML Capital Ltd. v. Republic of Argentina; dazu und zu weiteren Entscheidungen siehe Sandrock, RIW 2014, 703 ff. mwN). Zuletzt hat der US Supreme Court mit Urteil vom 16. Juni 2014 die im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens getroffene discovery-Anordnung eines New Yorker Gerichts hinsichtlich desjenigen Vermögens der Beklagten, das außerhalb der USA belegen ist, in vollem Umfang bestätigt (Republic of Argentina v. NML Capital Ltd., No. 12-842; abrufbar unter: www.supremecourt.gov).
27
In Deutschland hat neben dem Berufungsgericht auch das in diversen Verfahren mit Argentinien-Anleihen befasste Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten verneint (vgl. nur OLG Frankfurt am Main, NJW 2006, 2931, 2932 ff.; Urteile vom 9. März 2012 - 8 U 149/11, juris Rn. 45, 47 und vom 4. Mai 2012 - 8 U 188/11, juris Rn. 29). Ein solches ist bislang auch vom Senat nicht angenommen worden (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12, WM 2013, 1264 ff.; Senatsbeschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris und vom 13. November 2012 - XI ZR 161/12, juris).
28
(4) Schließlich wird auch im völkerrechtlichen Schrifttum - soweit es sich dazu überhaupt äußert - die Einführung eines Restrukturierungsverfahrens für Staatsinsolvenzen zwar für wünschenswert gehalten, das verbindliche Vorhandensein solcher Regelungen aber einhellig verneint (vgl. nur Herdegen, WM 2011, 913, 914 ff.; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025; Sester, WM 2011, 1057, 1062 ff.; jeweils mwN).
29
(5) Die Revision kann ihre abweichende Rechtsauffassung auch nicht auf das UNCTAD-Prinzip Nr. 7 stützen. Dieses hat sinngemäß folgenden Wortlaut: "Treten Umstände ein, in denen ein Staat offenkundig nicht in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen, haben alle Kreditgeber die Pflicht, sich nach Treu und Glauben und kooperativ zu verhalten, um eine einvernehmliche Umschuldung der Verbindlichkeiten zu erreichen. Gläubiger sollten eine schnelle und geordnete Lösung für das Problem anstreben."
30
In dem UNCTAD-Prinzip Nr. 7 kommt jedoch noch keine für die Staatengemeinschaft verbindliche Grundregel nationaler Insolvenzrechtsordnungen dahingehend zum Ausdruck, dass es zu einer bestmöglichen Befriedigung unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots aller Gläubiger kommen soll. Zielsetzung der UNCTAD-Prinzipien ist vielmehr - was auch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 eindeutig belegt - erst die Schaffung neuen Rechts, nicht dagegen die Beschreibung bereits bestehenden Völkerrechts. Dies ergibt sich aus der konsolidierten Fassung des UNCTAD-Papiers vom 10. Januar 2012 (abrufbar unter: www.unctad.org). Danach sollte die UNCTAD in einem "ersten Schritt" lediglich allgemeine Prinzipien für die staatliche Aufnahme und Vergabe von Krediten als Leitlinien entwickeln und Einigkeit über eine Reihe international anerkannter Prinzipien "zur Verhinderung einer unverantwortlichen Staatsfinanzierung" erzielen. In einem zweiten Schritt sollten auf staatlicher und regionaler Ebene Rückmeldungen zur Gestaltung der Prinzipien und zur Möglichkeit ihrer freiwilligen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen eingeholt werden.
31
Dieser bloß in die Zukunft weisende Charakter des UNCTAD-Prinzips Nr. 7 kommt auch unzweifelhaft in der mit "Konsequenzen" ("implications") überschriebenen Begründung dieses Vorschlags zum Ausdruck. Darin heißt es zutreffend, dass "bis heute … kein universeller Mechanismus zur Restrukturierung von Staatsschulden eingerichtet worden" ist. Gerate ein Schuldnerstaat in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, habe er daher keine andere Wahl, als an seine Gläubiger mit dem Ziel einer "einvernehmlichen Umschuldung" der Schuldenlast heranzutreten. Aufgrund dessen "sollten" Kreditgeber bereit sein, nach Treu und Glauben in Verhandlungen mit dem Schuldner und anderen Gläubigern einzutreten, um eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden. Ferner wird noch ergänzend ausgeführt, dass ein Gläubiger, der Schuldverschreibungen eines Staates in finanzieller Notlage mit der Absicht erwerbe, außerhalb des einvernehmlichen Umschuldungsprozesses eine bevorzugte Befriedigung seiner Forderung zu erzwingen, rechtsmissbräuchlich handle.
32
(6) Schließlich zeigt die Revision keine entgegenstehende einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die Zweifel an dem Fehlen völkerrechtlicher Regelungen für eine in geordneten, insolvenzrechtsähnlichen Bahnen geleitete Restrukturierung eines Staates erwecken könnten, geschweige denn, das Bestehen solcher Regelungen belegen würden. In dem von ihr vorgelegten Privatgutachten Goldmann werden vielmehr lediglich Lösungsansätze gesucht, um dem als ordnungspolitisch unerwünscht eingestuften Verhalten der Holdout-Gläubiger zu begegnen. Dabei wird eingeräumt, dass bislang kein Gericht einem Schuldnerstaat eine (dauerhafte) Einrede gegen Holdout- Gläubiger wegen Rechtsmissbräuchlichkeit zugestanden habe (S. 31) und sich das Völkerrecht erst in der Phase der Anpassung befinde (S. 22). Davon abgesehen wird in dem Gutachten auch verkannt, dass die Staaten - was im Einzelnen nachfolgend ausgeführt wird - mehrheitlich nicht einen insolvenzrechtlichen , d.h. öffentlich-rechtlichen Ansatz eines geordneten Umschuldungsverfahrens , sondern einen privatrechtlichen Ansatz einer Einbeziehung sogenannter Collective Action Clauses verfolgen.
33
bb) Entgegen der Revision ergibt sich aus der in den letzten Jahren zu verzeichnenden sukzessiven Verbreitung von sogenannten Collective Action Clauses (im Folgenden: CAC) nichts anderes. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für im Einzelfall unterschiedlich ausgestaltete Anleihebedingungen, denen gemein ist, dass sie qualifizierte Mehrheitsentscheidungen auf Gläubigerseite mit Bindungswirkung für alle Gläubiger vorsehen. Solche Klauseln müssen jedoch zu ihrer Anwendbarkeit wirksam Bestandteil der Anleihebedingungen geworden sein und können nicht unabhängig davon als rechtsverbindlich angesehen werden, ob eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen worden ist.
34
(1) Wie aus dem von der Beklagten beauftragten Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann hervorgeht, waren CAC im englischen Recht bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlich. Des Weiteren wurden im Jahre 1922 tschechische Anleihen in Absprache mit dem Völkerbund ausgegeben, die eine Mehrheitsentscheidung von Gläubigern ermöglichten, um die Anleihebedingungen nachträglich zu ändern. Auch in Japan sollen CAC bereits vor dem Jahr 2002 obligatorisch gewesen sein (Gutachten, S. 21 mwN; siehe auch Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 30 ff.). Am 20. April 2002 beschlossen die Finanzminister und Notenbankchefs der G-7-Staaten einen Aktionsplan für emerging markets (abrufbar unter: www.g7.utoronto.ca) und forderten unter anderem, Staatsanleihen nur noch mit CAC auszugeben. Im April 2003 verpflichteten sich die EU-Mitgliedstaaten in der Absicht, "mit gutem Beispiel" voranzugehen , künftig Umschuldungsklauseln in ihre nach fremdem Recht emittierten Anleihen aufzunehmen (siehe dazu Mitteilung der Kommission an den Rat - Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag vom 25. Juli 2005, KOM/2005/0331 endg., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu; Monatsbericht der Europäischen Zentralbank, November 2003, S. 75).
35
Diese Umstände haben indes dem Bundesverfassungsgericht keinen Anlass gegeben, sie in der maßgeblichen Entscheidung vom 8. Mai 2007 zu erörtern , obwohl sich daraus - vom Rechtsstandpunkt der Revision aus gesehen - eine allgemeine Regel des Völkerrechts ergeben soll, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise oder unter Berufung auf den Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung mit den Gläubigern (hier: die Umschuldungsvereinbarung aus dem Jahr 2005) teilweise zu verweigern. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass das Bundesverfassungsgericht ein solches Leistungsverweigerungsrecht verneint hat, falls nicht in den streitgegenständlichen Anleihebedingungen - wie hier nicht - eine solche Möglichkeit rechtsverbindlich vereinbart worden ist.
36
(2) Diese Sichtweise entspricht auch dem gegenwärtigen Rechtszustand. Danach müssen CAC zu ihrer Gültigkeit ausdrücklich in den Anleihebedingungen vereinbart worden sein. Dies ergibt sich aus den einschlägigen Rechtsgrundlagen.
37
In der Europäischen Union sind CAC durch Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zwingend für Staatsanleihen im Euroraum seit dem 1. Januar 2013 vorgesehen. Damit haben sich die Mitgliedstaaten der Eurozone für eine Lösung auf vertraglicher, d.h. zivilrechtlicher Grundlage entschieden und damit die vor allem vom IWF befürwortete "große" Lösung eines umfassenden insolvenzrechtlichen Ansatzes, also der Einführung eines insolvenzartigen Verfahrens für Staaten namens "Sovereign Debt Resolution Mechanism" (SDRM; siehe dazu Keller in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, 2004, S. 155, 165; Paulus, WM 2002, 725) - zumindest vorerst - zurückgestellt (vgl. European Council, EUCO 10/11 vom 25. März 2011, S. 29; siehe auch Sester, WM 2011, 1057 f. mwN; Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 15 spricht sogar von einem politischen Scheitern des SDRM).
38
Vergleichbare Regelungen im nationalen (deutschen) Recht sehen die bereits am 5. August 2009 in Kraft getretenen §§ 5 ff. des Schuldverschreibungsgesetzes für die Anleihebedingungen der unter dieses Gesetz fallenden Schuldverschreibungen und die mit Wirkung zum 19. September 2012 eingefügten §§ 4a bis 4k des Bundesschuldenwesengesetzes für die Emissionsbedingungen der vom Bund begebenen Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von über einem Jahr vor. Ihnen ist gemein, dass die Möglichkeit zu einer Änderung der Anleihebedingungen, wie insbesondere eine solche zum Zwecke der Umschuldung, bereits in den ursprünglichen Anleihebedingungen vorgesehen sein muss. Die Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes diente der Umsetzung der Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, die Verwendung von Umschuldungsklauseln durch Ergänzung der Emissionsbedingungen von Bundeswertpapieren mit einer Laufzeit von über zwölf Monaten vorzusehen. Dies wäre allerdings auch ohne eine Gesetzesänderung durch schlichte Einfügung entsprechender Klauseln in den Anleihebedingungen möglich gewesen. Die Gesetzesänderung sollte daher vor allem dem Umstand Rechnung tragen, dass Emissionsbedingungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 5. Oktober 1992 - II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 312, vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 314, vom 30. Juni 2009 - XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 Rn. 20 und vom 29. April 2014 - II ZR 395/12, WM 2014, 1076 Rn. 24) Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen und daher einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Um die Anleihebedingungen insoweit der gerichtlichen Kontrolle zu entziehen, übernehmen das Schuldverschreibungsgesetz und das Bundesschuldenwesengesetz jeweils die Funktion eines Leitbildes, das die wesentlichen Inhalte der unter den Staaten der Eurozone abgestimmten Umschuldungsklauseln nachzeichnet und damit "kontrollfest" macht (BT-Drucks. 16/12814, S. 1 f., 13 f. und BT-Drucks. 17/9049, S. 1 f., 7; zur Möglichkeit der Änderung der Anleihebedingungen von Altschuldverschreibungen nach § 24 Abs. 2 SchVG siehe BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7).
39
(3) Diese Rechtslage spricht eindeutig gegen eine allein völkerrechtlich begründete Geltung von CAC ohne eine entsprechende Vereinbarung in den Anleihebedingungen. Es sind insoweit keine Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum ersichtlich, die ein darauf gründendes Leistungsverweigerungsrecht des insolventen Staates bejaht hätten. Die oben angeführten Entscheidungen des ICSID-Schiedsgerichts und der US-amerikanischen Gerichte haben ein solches Recht nicht angenommen. Soweit im völkerrechtlichen Schrifttum das zivilrechtliche Modell der Vereinbarung von CAC erörtert wird, wird - teilweise unausgesprochen - davon ausgegangen, dass solche Umschuldungsklauseln nur im Falle ihrer ausdrücklichen Vereinbarung in den Anleihebedingungen Geltung beanspruchen können, ihnen jedoch keine rückwirkende Geltung als allgemeine Regel zukommt (vgl. Herdegen, WM 2011, 913, 914 f.; Kolling, BKR 2007, 481, 488; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025, 2029 ff.; Sester, WM 2011, 1057, 1063 f.; Tietje/Szodruch, ZBB 2007, 498, 503).
40
Die Bemühungen zur Verwirklichung einer Gleichbehandlung der Gläubiger eines überschuldeten Staates, zu denen neben der Einbeziehung von CAC in die Anleihebedingungen auch das vom IWF entwickelte SDRM-Konzept gehört , wären unnötig, wenn die Gläubiger schon heute bzw. nach Auffassung der Revision sogar schon seit Beginn des 21. Jahrhunderts aufgrund einer allgemeinen Regel des Völkerrechts zu einem kooperativen Schuldenmanagement verpflichtet wären und einem dazu nicht bereiten Gläubiger kein Rechtsschutz gewährt werden dürfte (so bereits Ohler, JZ 2005, 590, 595).
41
(4) Weder die Revision noch die von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten zeigen insoweit einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die eine Geltung von CAC auch ohne eine entsprechende Vereinbarung , d.h. in Form einer allgemein anerkannten Regel des Völkerrechts, bejahen. Insoweit legt die Revision auch nicht dar, welchen näheren Inhalt diese Regel haben sollte. Wie die genannten gesetzlichen Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes und des Bundesschuldenwesengesetzes wie auch entsprechende Anleihebedingungen zeigen, regeln diese - entgegen der Revision - nicht "nur noch Feinheiten" eines solchen Verfahrens zur Änderung der Anleihebedingungen, sondern legen deren Grundlagen - insbesondere auch zum Schutz der Gläubiger - fest. Ohne entsprechende Regelungen bliebe unter anderem offen, welche Maßnahmen Gegenstand einer Beschlussfassung der Gläubiger sein können, mit welchem Stimmenquorum sie zu ihrer Verbindlichkeit getroffen werden müssen, wer stimmberechtigt ist, wie er seine Stimme abgeben kann, ob er sich vertreten lassen kann, wer mit welcher Frist und an welchem Ort die Gläubigerversammlung einberufen kann, wie dies und gegebenenfalls gefasste Beschlüsse bekannt zu machen sind und auf welche Weise solche Beschlüsse einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden können.
42
d) Einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 GG bedarf es nicht. Danach ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit objektiv zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (vgl. BVerfGE 109, 13, 23 f.). Dies setzt voraus, dass das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, mag das Gericht selbst auch keine Zweifel haben (vgl. BVerfGE 23, 288, 316 ff.; 64, 1, 13 ff.; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Ernstzunehmende Zweifel bestehen dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher , ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abweichen würde (vgl. BVerfGE 23, 288, 319; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Anzeichen mangelnder Eindeutigkeit sind Meinungsverschiedenheiten in der Frage, ob oder mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt (vgl. BVerfGE 64, 1, 15). Bestehen solche Zweifel nicht, ist die Rechtslage also offenkundig, sind die Gerichte dagegen auch in Völkerrechtsfragen uneingeschränkt selbst prüfungs- und entscheidungsberechtigt und -verpflichtet (vgl. BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1986, 1427; BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 284 f.). So liegt der Fall hier.
43
Im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 (BVerfGE 118, 124) war die erste Umschuldung durch die Beklag- te, bei der mehr als 75% aller Anleihegläubiger ihre notleidenden gegen neue Staatsanleihen getauscht hatten (vgl. Sester, NJW 2006, 2891), bereits erfolgt, ohne dass das Bundesverfassungsgericht - sei es auch nur auf einen entsprechenden Vortrag der Beklagten - Anlass gesehen hätte, diesen Gesichtspunkt in seiner Entscheidung zu erörtern, obwohl bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Revision als richtig die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage dann nicht gegeben gewesen wäre. Aufgrund dessen spricht nichts dafür, dass bereits vor Mai 2007 eine von der Revision behauptete Regel des Völkerrechts mit dem Inhalt bestanden hätte, dem insolventen Staat stehe gegenüber seinen Gläubigern bis zum Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
44
Wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich eine solche Regel im Hinblick auf die Weltfinanzmarktkrise nach dem Jahr 2007 entwickelt hätte. Vielmehr lässt sich dies eindeutig verneinen. Ernsthafte objektive Zweifel, die gegen diesen Befund sprechen könnten, bestehen nicht und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
45
3. Davon abgesehen steht der Beklagten vorliegend auch dann kein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn eine ihrer Behauptung entsprechende allgemeine Regel des Völkerrechts existieren würde, wonach auch private Gläubiger grundsätzlich verpflichtet sind, sich an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates zu beteiligen. Die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der Einrede obliegt dem Fachgericht und unterfällt nicht der Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2907 Rn. 7 ff.; Beschluss vom 14. September 2006 - 2 BvR 1504/06 u.a., Umdruck, S. 7; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
46
a) Nach allgemeinen Grundsätzen - auf die auch die Revision unter Anknüpfung an § 242 BGB und § 313 BGB abstellt - gebieten Treu und Glauben, dass die Parteien eines Schuldverhältnisses je nach dessen Inhalt auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen haben. Allerdings muss eine Vertragspartei keine allgemeine Interessenverfolgung zu Gunsten der anderen betreiben, weil die Parteien häufig gegenläufige Interessen haben. Deshalb sind sie nicht verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184 Rn. 23). Nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigen eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung. Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist vielmehr erst dann als missbräuchlich und unzulässig anzusehen, wenn dem anderen Vertragsteil ein Festhalten an den vertraglichen Vereinbarungen unzumutbar ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 Rn. 10 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30). Unzumutbarkeit setzt in der Regel voraus, dass das Festhalten am Vertrag für den betroffenen Vertragspartner zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 189/93, BGHZ 127, 212, 218 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30).
47
b) Nach diesen Maßgaben kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers nicht bejaht werden. Nach Auffassung der Beklagten handele der Kläger rechtsmissbräuchlich, soweit er mehr verlange, als er bei einer Teilnahme an den Umschuldungen in den Jahren 2005 und 2010 erhalten hätte. Damit wolle er im Ergebnis einen ungerechtfertigten Sondervorteil auf Kosten derjenigen Gläubiger der Beklagten erlangen, die durch ihre Vermögensopfer die Sanierung des Staatshaushalts der Beklagten ermöglicht hätten. Damit kann sie indes nicht durchdringen.
48
aa) Die Voraussetzungen für die von der Beklagten erhobene Einrede des Rechtsmissbrauchs, wonach ein privater Gläubiger treuwidrig handele, wenn er sich nicht an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates beteilige, liegen bereits im Ausgangspunkt nicht vor. Bei dem Erlass des argentinischen Notstandsgesetzes und des Zahlungsmoratoriums handelt es sich nicht um ein geordnetes Umschuldungsverfahren , sondern um einseitige Maßnahmen der Beklagten als Schuldnerin, mit denen sie eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat. Die von ihr erlassenen Vorschriften dienen in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
49
bb) Dem Kläger war es mangels Vorhandenseins eines einheitlichen oder eines kodifizierten Konkursrechts der Staaten oder internationaler Normen für die Durchführung eines Umschuldungsverfahrens weder zuzumuten, sich an dem von der Beklagten durchgeführten Restrukturierungsverfahren zu beteiligen , noch muss er sich dessen Ergebnis entgegenhalten lassen. Für ihn war insbesondere nicht erkennbar, auf welcher Grundlage und nach welchen Maßgaben die Gläubiger auf den Umschuldungsvorschlag der Beklagten eingegangen sind. Insbesondere ist offen, ob die Verhandlungen einen für die Gläubiger günstigeren Ausgang genommen hätten (z.B. in Form von Besserungsscheinen ), wenn sie - etwa im Rahmen eines geordneten Insolvenzverfahrens - besser organisiert gewesen wären (vgl. dazu Sester, NJW 2006, 2891, 2892). Des Weiteren durfte der Kläger darauf vertrauen, dass die Beklagte - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit solcher Klauseln in Deutschland - wegen des Fehlens einer Umschuldungsklausel in den Anleihebedingungen die von ihm gezeichnete Anleihe auch im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten in voller Höhe bedienen und ihm jedenfalls nicht eine mit anderen Gläubigern getroffene Umschuldungsvereinbarung entgegenhalten würde. Dieses Vertrauen durfte der Kläger darauf gründen, dass die Beklagte in anderen Staaten auch Anleihen mit CAC unterschiedlichen Inhalts emittiert hat (vgl. dazu Kolling, BKR 2007, 481, 487 f.; Sester, WM 2011, 1057, 1061).
50
Darüber hinaus fehlt es an einem substantiierten Vorbringen der Beklagten , dass die Bezahlung der eingeklagten Forderung in Höhe von 3.067,75 € nebst Zinsen eine schwerwiegende Bedrohung eines essenziellen Interesses, wie zum Beispiel den Ausfall oder einen drohenden Ausfall essenzieller Staatsfunktionen im Bereich der Sicherheit und Daseinsvorsorge zur Folge hätte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Lübbe-Wolff in ihrem Sondervotum, BVerfGE 118, 124, 146, 150 ff.).
51
Schließlich spricht gegen ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nach Treu und Glauben auch der Umstand, dass die Beklagte dieses nicht gegenüber allen Gläubigern durchsetzen kann, wie etwa das in den USA anhängige Verfahren der Beklagten gegen NML Capital Ltd. zeigt. In der bislang letzten Entscheidung des Supreme Court of the United States vom 16. Juni 2014 (No. 12-842), die ein Vollstreckungsverfahren betrifft, ergibt sich aus den Gründen nicht, dass die Beklagte unter Berufung auf eine allgemeine Regel des Völkerrechts ein daraus abgeleitetes Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht hätte.
52
4. Entgegen der Revision steht der Beklagten die Einrede eines Leistungshindernisses wegen des argentinischen Zahlungsmoratoriums auch nicht nach den Regeln des Internationalen Privatrechts zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; Senatsbeschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
53
Die dagegen von der Revision vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Entscheidung. Da die Anleihe vor dem 17. Dezember 2009 begeben wurde, unterliegt sie gemäß Art. 28 Rom-I-VO nicht den Regelungen dieser Verordnung, sondern Art. 27 ff. EGBGB a.F. Entgegen der Revision kann danach das argentinische Zahlungsmoratorium kein Leistungshindernis begründen. Bei dem Zahlungsmoratorium und den zu seiner Durchsetzung erlassenen Regelungen handelt es sich aus interlokaler Sicht um "ausländische" international zwingende Bestimmungen (Eingriffsnormen; vgl. MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 7 ff., 9; Palandt/Thorn, BGB, 68. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 4, 5), und zwar hier aus einer Rechtsordnung, die weder das Vertragsstatut stellt, noch der lex fori angehört (sog. drittstaatliche Normen; vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52; MünchKomm /Martiny, aaO Rn. 37). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind ausländische Eingriffsnormen, die - wie hier - allein der Verwirklichung wirtschaftlicher oder staatspolitischer Ziele des rechtsetzenden Staates selbst dienen, nur zu beachten, wenn und soweit dieser die Möglichkeit besitzt, die Bestimmungen durchzusetzen, etwa, wenn sie auf seinem Territorium belegene Sachen und Rechte oder Handlungen, die dort zu vollziehen sind, betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 1959 - VII ZR 198/58, BGHZ 31, 367, 371, vom 16. April 1975 - I ZR 40/73, BGHZ 64, 183, 188 ff. und vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52 f.). Das ist hier nicht der Fall.
54
Die Revision kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Wirkungen eines Auslandskonkurses oder eines ausländischen Zwangsvergleichs im Inland berufen. Nach dieser Rechtsprechung erfasst ein solches Verfahren das im Inland belegene Vermögen des Gemeinschuldners , weil der Konkurs oder der Zwangsvergleich - anders als Enteignung und Konfiskation - nicht dem Staat, sondern ausschließlich allen Gläubigern des Gemeinschuldners und ihrer gleichmäßigen Befriedigung dient (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 263 ff. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80 ff.). Voraussetzung für die Anerkennung ist allerdings, dass es sich bei dem Auslandsverfahren nach den inländischen Rechtsgrundsätzen überhaupt um ein Insolvenz-(Konkurs- oder Vergleichs-)Verfahren handelt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 269 f. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80). Daran fehlt es hier. Das argentinische Notstandsgesetz und das Zahlungsmoratorium sind einem Insolvenzverfahren funktionell nicht vergleichbar , weil die Beklagte als Schuldnerin eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat und es sich daher nicht um ein staatlich geordnetes Verfahren handelt, das der Kontrolle und Aufsicht durch eine neutrale Stelle unterliegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 89). Zudem dienen die von der Beklagten erlassenen Vorschriften in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
55
Soweit aufgrund dessen die argentinische Notstandsgesetzgebung allenfalls auf materiell-rechtlicher Ebene, d.h. hier nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), Berücksichtigung finden können, scheidet dies vorliegend - wie bereits oben ausgeführt worden ist - aus.
Joeres Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 02.07.2013 - 30 C 128/13 (32) -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.03.2014 - 2-24 S 139/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 336/15 Verkündet am:
15. März 2016
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Werden für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber keine Zinsscheine ausgegeben
, verjähren die Zinsansprüche nicht nach § 801 Abs. 1 Satz 2 BGB,
sondern nach den Vorschriften über die regelmäßige Verjährungsfrist der
BGH, Urteil vom 15. März 2016 - XI ZR 336/15 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2016:150316UXIZR336.15.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juni 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung der am 7. September 2004, 7. September 2005 und 7. September 2006 fälligen Laufzeitzinsen in Höhe von insgesamt 9.900 € aus der von der Beklagten ausgegebenen Inhaberschuldverschreibung mit der WKN 5 an den Kläger verurteilt worden ist. Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. April 2012 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 36.300 € - davon auf den Nennbetrag 33.000 € und auf am 7. September 2007 fällige Laufzeitzinsen von 3.300 € - aus der von der Beklagten ausgegebenen Inhaberschuldverschreibung mit der WKN 5 zu zahlen gegen Mitteilung der Zahlung an die Depotbank des Klägers zwecks Ausbuchung der Inhaberschuldverschreibung mit der WKN 5 und der Laufzeitzinsen aus seinem Depot in Höhe der Zahlung.
Die Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 10% p.a. seit dem 8. September 2007 aus einem Betrag in Höhe von 33.000 € zu zahlen gegen Mitteilung der Zahlung an die Depotbank des Klägers zwecks Ausbuchung der Zinsforderung zur Inhaberschuldverschreibung mit der WKN 5 aus seinem Depot in Höhe der Zahlung. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 31% und die Beklagte zu 69%. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger zu 22% und die Beklagte zu 78%. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen den beklagten Staat Zinsansprüche aus einer von diesem begebenen Inhaberschuldverschreibung geltend.
2
Die Beklagte emittierte im Jahr 2000 die 10% Pan Euro - Anleihe von 2000/2007 im Gesamtnennbetrag von 500 Mio. € (Wertpapierkennnummer 5), die in 500.000 unter sich gleichberechtigten, auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen zu je 1.000 € in einer Dauerglobalurkunde ohne Zins- scheine verbrieft war. In den Anleihebedingungen wurden die Anwendung deutschen Rechts und der Gerichtsstand Frankfurt am Main bestimmt. Ferner verpflichtete sich die Beklagte in § 2 Abs. 1 der Anleihebedingungen, die Schuldverschreibungen in Höhe ihres Nennbetrags vom 7. September 2000 an mit jährlich 10% zu verzinsen, wobei die Zinsen jährlich nachträglich am 7. September eines jeden Jahres zahlbar waren. Der Kläger erwarb von der Anleihe 33 Schuldverschreibungen über jeweils 1.000 €.
3
Die Beklagte sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sich zumindest zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet hatten. Mit Gesetz Nr. 25.561 über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems vom 6. Januar 2002 erklärte sie den "öffentlichen Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet". Auf der Grundlage der daraufhin erlassenen Verordnung Nr. 256/2002 vom 6. Februar 2002 zur Umstrukturierung der Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen der argentinischen Regierung wurde der Auslandsschuldendienst durch die Beklagte ausgesetzt, um ihn neu zu ordnen. Aufgrund dessen fiel auch der Kläger mit den von ihm erworbenen Schuldverschreibungen nebst Zinsen aus.
4
Mit der im Jahr 2010 eingereichten Klage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung der am 7. September 2007 fällig gewordenen Schuldverschreibungen nebst Fälligkeitszinsen sowie der jeweils am 7. September der Jahre 2002 bis 2007 fällig gewordenen Zinsen gegen Mitteilung der Zahlung an seine Depotbank zwecks Ausbuchung der Inhaberschuldverschreibungen im Nennwert von 33.000 € verlangt. Die Beklagte beruft sich unter anderem auf Verjährung. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Hauptsumme nebst Fälligkeitszinsen ab 1. Januar 2008 und der ab dem Jahr 2005 fälligen Zinsansprüche stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage auch hinsichtlich des am 7. September 2004 fälligen Zinsanspruchs stattgegeben und Fälligkeitszinsen auf die Hauptsumme bereits ab dem 8. September 2007 zuerkannt. Die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung hinsichtlich der am 7. September 2004, 7. September 2005 und 7. September 2006 fälligen Laufzeitzinsen weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist begründet. Sie führt hinsichtlich der am 7. September 2004, 7. September 2005 und 7. September 2006 fälligen Laufzeitzinsen zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit bezüglich des am 7. September 2004 fälligen Zinsanspruchs zur Zurückweisung der Berufung sowie in Bezug auf die am 7. September 2005 und 7. September 2006 fälligen Zinsforderungen unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Abweisung der Klage.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12. Juni 2015 - 8 U 93/12, juris) - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
7
Dem Kläger stehe neben dem Hauptanspruch auch ein Anspruch auf Zahlung der am 7. September 2004, 7. September 2005 und 7. September 2006 fälligen Laufzeitzinsen zu. Die Zinsforderungen seien nicht verjährt. Hin- sichtlich der Verjährung von Zinsansprüchen sei danach zu unterscheiden, ob Zinsscheine im Sinne des § 803 BGB ausgegeben worden seien, ob die Zinsansprüche in der Globalurkunde mitverbrieft seien oder ob weder das eine noch das andere der Fall sei. Vorliegend seien die Zinsansprüche in der Globalurkunde mitverbrieft worden. Denn in der Schuldverschreibung heiße es unter Bezugnahme auf die Anleihebedingungen, die Beklagte habe sich insbesondere verpflichtet, dem "Inhaber der Dauer-Global-Inhaber-Schuldverschreibung vom 7. September 2000 an 10% p.a. Zinsen auf fünfhundert Millionen Euro zu zahlen". Aufgrund dessen handele es sich bei dem Zinsanspruch um einen "Anspruch aus einer Schuldverschreibung" im Sinne des § 801 Abs. 1 Satz 1 BGB, so dass die in der Globalurkunde verbrieften Zahlungspflichten hinsichtlich der Verjährung nicht anders zu behandeln seien als die dort verbrieften Kapitalzahlungspflichten. Damit sei hier § 801 Abs. 1 Satz 2 BGB anwendbar, so dass die Zinsansprüche in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an verjährten. Mangels anderweitiger Regelungen in den Anleihebedingungen habe daher hier die Vorlagefrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB am 8. September 2007 begonnen und gemäß § 801 Abs. 1 Satz 1 BGB 30 Jahre betragen. Diese Frist sei weder im Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift noch bei deren Zustellung abgelaufen.

II.

8
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit Erfolg macht die Revision geltend, dass die vom Kläger verlangten, am 7. September 2004, 7. September 2005 und 7. September 2006 fälligen Laufzeitzinsen verjährt sind.
9
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt für die Verjährung von Laufzeitzinsen einer globalverbrieften Inhaberschuldverschreibung ohne separate Zinsscheine nicht § 801 Abs. 1 BGB. Vielmehr sind die allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199 BGB anwendbar.
10
a) § 801 BGB enthält eine besondere Regelung zum Erlöschen und zur Verjährung der in einer Schuldverschreibung verbrieften Hauptforderung (Abs. 1) und der in einem Zinsschein verbrieften Zinsforderung (Abs. 2). Die Vorschrift regelt dagegen nicht die Verjährung von Zinsansprüchen, die entweder in der Globalurkunde verbrieft oder gar nicht verbrieft sind. Insoweit bleibt es - was der Senat bereits mit Beschluss vom 14. Mai 2013 (XI ZR 333/12, juris ) entschieden hat - bei der Anwendbarkeit der allgemeinen Verjährungsvorschriften.
11
Soweit der Anspruch aus einer Schuldverschreibung verzinslich ist, kann die Verpflichtung zur Zinszahlung gemäß § 803 BGB in Zinsscheinen oder aber - neben der in der Regel abstrakten Hauptforderung - in der Schuldverschreibung selbst verbrieft sein (vgl. RGZ 14, 154, 157; RG, JW 1926, 2675; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 803 Rn. 3). Die beiden Fallgestaltungen unterscheiden sich vor allem darin, dass im Falle der Ausgabe von Zinsscheinen die Geltendmachung des Zinsanspruchs nur durch Vorlegung des Kupons möglich ist, während die Haupturkunde nicht mit vorgelegt zu werden braucht und grundsätzlich auch nicht zum Empfang der Zinsleistung berechtigt (vgl. RGZ 14, 154, 160 ff.; Staudinger/Marburger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 803 Rn. 3). Desweiteren bestehen unterschiedliche Regelungen zu Vorlage- und Verjährungsfristen. Für Zinsscheine gilt insoweit die spezielle Regelung des § 801 BGB, wonach die Vorlagefrist vier Jahre beträgt (Abs. 2 Satz 1) und der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlagefrist an verjährt (Abs. 1 Satz 2). Für die in der Haupturkunde mitverbriefte Zinsforderung ist diese Vorschrift dagegen nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar.
12
b) Mangels Ausgabe von Zinsscheinen scheidet eine Anwendung des § 801 Abs. 2 BGB von vornherein aus. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist aber auch § 801 Abs. 1 BGB nicht einschlägig. Diese Vorschrift erfasst nur die in der Schuldverschreibung verbriefte Hauptforderung (vgl. RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 801 Rn. 9).
13
aa) Dies ergibt sich aus dem systematischen Regelungszusammenhang der Vorschriften, insbesondere zu § 797 BGB, wonach die Leistungspflicht nur gegen Aushändigung der Urkunde besteht. Eine solche Aushändigung der Urkunde kommt jedoch bei einer nur in der Globalurkunde verbrieften Zinsforderung nicht in Betracht, wenngleich die Zinszahlung regelmäßig nur an den Inhaber der Haupturkunde erfolgt. Der Inhaber der Urkunde muss diese dem Aussteller gemäß § 797 Satz 1 BGB erst bei Fälligkeit und Zahlung der Hauptforderung aushändigen.
14
bb) Diese Auslegung wird durch die Gesetzgebungsmaterialien bestätigt. Danach soll die Präklusion nach § 801 BGB einen einfachen und klaren Ausschlusstatbestand für die Geltendmachung von verbrieften Forderungen schaffen und insbesondere die andernfalls anwendbaren Vorschriften über die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung insoweit ausschließen (Motive II, S. 704 = Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, S. 393; vgl. auch Senatsurteil vom 25. Oktober 2005 - XI ZR 353/04, BGHZ 164, 361, 367 f.). Die Länge und der Beginn der Präklusionsfristen wurden in gleicher Weise wie bei der Verjährung festgesetzt. Die insoweit in den Motiven (aaO) genannten Vorschriften der §§ 155, 157, 158, 159 entsprachen den §§ 195, 197, 201 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (im Folgenden: aF).
15
Von der Sonderregelung in § 801 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 BGB abgesehen sollten für Zinsforderungen die allgemeinen Verjährungsvorschriften gelten. Der historische Gesetzgeber wollte dem Zinsanspruch - selbst bei der Ausgabe von Zinsscheinen - nicht den Charakter einer abstrakten Obligation beilegen (vgl. Motive II, S. 702 = Mugdan, Bd. II, S. 392). Vielmehr sollte die Zinsforderung - erst recht im Falle einer Mitverbriefung in der Haupturkunde oder gar einer fehlenden Verbriefung - materielle Zinsschuld, d.h. Nebenforderung der betreffenden Hauptobligation (vgl. RGZ 5, 254, 256), bleiben; für die Fragen, ob Zinsen von Zinsen zu zahlen sind oder welche Verjährungsfrist gilt, sollten - soweit das Gesetz keine abweichende Regelungen vorsieht - die allgemeinen Vorschriften anwendbar sein (vgl. Motive, aaO; i.E. ebenso MünchKommBGB/ Habersack, 6. Aufl., § 803 Rn. 2; Staudinger/Marburger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 803 Rn. 4).
16
Aufgrund dessen ist der historische Gesetzgeber - außer bei in Zinsscheinen verbrieften Zinsforderungen - von der Anwendbarkeit der allgemeinen Verjährungsvorschriften und damit der speziellen Bestimmungen über die vierjährige Verjährung von Zinsansprüchen gemäß §§ 197, 201 BGB aF ausgegangen. Daran hat die Reform des Verjährungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nur insoweit etwas geändert, als die kurzen Verjährungsfristen durch die allgemeine dreijährige kenntnisabhängige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB ersetzt worden sind.
17
cc) Die Anwendbarkeit des § 801 Abs. 1 BGB nur auf die verbriefte Hauptforderung, nicht dagegen auf den in der Haupturkunde mitverbrieften Zinsanspruch, entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift wie auch der früheren für Zinsforderungen geltenden kurzen Verjährungsvorschrift des § 197 BGB aF.
18
§ 801 Abs. 1 BGB soll für das in der Regel abstrakte Schuldversprechen eine allgemein geltende Regelung zum Erlöschen und zur Verjährung treffen, während die Vorschrift die Anwendbarkeit der allgemeinen Verjährungsregeln auf den Zinsanspruch unberührt lässt. Eine Anwendung dieser Regelung auf den in der Haupturkunde mitverbrieften Zinsanspruch hätte zur Folge, dass für die Zinsforderung eine 30-jährige Vorlagefrist und eine anschließende 2-jährige Verjährungsfrist gelten würden. Dies würde indes dem Zweck des § 197 BGB aF, ein übermäßiges Anwachsen von Schulden zu verhindern (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 1988 - IVb ZR 12/87, BGHZ 103, 160, 169; Senatsurteile vom 12. Juni 2001 - XI ZR 283/00, BGHZ 148, 90, 93 f., vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258 Rn. 12 und vom 15. Juli 2014 - XI ZR 418/13, WM 2014, 1670 Rn. 40), widersprechen. Aufgrund dessen bestand auch im Schrifttum zu §§ 197, 201 BGB aF Einigkeit, dass diese Vorschriften nur im Falle der Ausgabe von Zinsscheinen durch § 801 BGB verdrängt würden (vgl. Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 197 Rn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 197 Rn. 5; MünchKommBGB/Hüffer, 4. Aufl., § 803 Rn. 2; Soergel/ Niedenführ, BGB, 13. Aufl., § 197 Rn. 7; Staudinger/Peters, BGB, Neubearbeitung 2001, § 197 Rn. 17; Palandt/Sprau, aaO, § 803 Rn. 1). An diesem Ergebnis hat sich - wie bereits ausgeführt - durch die Reform des Verjährungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nichts geändert (vgl. MünchKommBGB /Habersack, 6. Aufl., § 803 Rn. 2; Staudinger/Marburger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 803 Rn. 4).
19
c) Mangels Regelungslücke kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 801 Abs. 1 oder 2 BGB nicht in Betracht.
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2. Nach diesen Maßgaben sind die jeweils unterjährig am 7. September 2004, 7. September 2005 und 7. September 2006 fällig gewordenen Zinsansprüche gemäß §§ 195, 199 BGB mit Ablauf der Jahre 2007, 2008 und 2009 verjährt. Verjährungshemmende Maßnahmen vor dem 31. Dezember 2009 sind vom Kläger nicht vorgetragen worden. Insoweit bringt auch die Revisionserwiderung nichts Erhebliches vor.

III.

21
Das angefochtene Urteil war demnach im angefochtenen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Klage hinsichtlich der am 7. September 2004, 7. September 2005 und 7. September 2006 fällig gewordenen Zinsansprüche als unbegründet erweist, führt dies insoweit - unter Abänderung des Urteils des Landgerichts - zu ihrer Abweisung.
Ellenberger Grüneberg Maihold Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 05.04.2012 - 2-10 O 506/10 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.06.2015 - 8 U 93/12 -

(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn

1.
der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
2.
eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

(2) Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Antrag des Gläubigers oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.

(3) Der erneute Beginn der Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird.

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

15
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) der Arglisteinwand nicht nur dann entgegengesetzt werden, wenn der Schuldner den Gläubiger absichtlich von der Erhebung der Klage abgehalten hat (BGH, Urteil vom 3. Februar 1953 - I ZR 61/52, BGHZ 1, 5; vom 14. Februar 1978 - X ZR 19/76, BGHZ 71, 86, 96; vom 12. Juni 2002 - VIII ZR 187/01, NJW 2002, 3110 f; vom 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, NJW 2008, 2776 Rn. 31; RGZ 153, 101, 107 f). Vielmehr reicht aus, dass der Schuldner durch sein Verhalten objektiv - sei es auch unabsichtlich - bewirkt, dass die Klage nicht rechtzeitig erhoben wird, und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1987 - IX ZR 202/86, WM 1988, 127, 128; vom 29. Februar 1996 - IX ZR 180/95, ZIP 1996, 791, 793; Beschluss vom 20. November 2008 - IX ZR 145/06, nv, Rn. 2; Bamberger/Roth/Henrich, BGB, 3. Aufl., § 214 Rn. 9; Chab in Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 1447).

(1) Der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber erlischt mit dem Ablauf von 30 Jahren nach dem Eintritt der für die Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die Urkunde vor dem Ablauf der 30 Jahre dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt wird. Erfolgt die Vorlegung, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an. Der Vorlegung steht die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus der Urkunde gleich.

(2) Bei Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in welchem die für die Leistung bestimmte Zeit eintritt.

(3) Die Dauer und der Beginn der Vorlegungsfrist können von dem Aussteller in der Urkunde anders bestimmt werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn

1.
der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
2.
eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

(2) Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Antrag des Gläubigers oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.

(3) Der erneute Beginn der Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.