Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2014 - VII ZR 203/11

bei uns veröffentlicht am08.05.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die von der Streithelferin zu 1 für die Beklagte geführte Revision wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Juli 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen einer vorgeblich mangelhaft erstellten Glasfassade Mängelrechte geltend.

2

Die Klägerin beauftragte die Beklagte durch Generalunternehmervertrag (GU) vom 7. April 2005, einen gebrauchs- und schlüsselfertigen Bürohauskomplex mit Kraftfahrzeugstellplätzen und Außenanlagen zu errichten. Die Fassade war im Bereich von Stahlbetonstützen, Stahlbetonbrüstungen und der Stahlbetonaufkantung im Dachbereich mit emaillierten, thermisch vorgespannten Glasscheiben zu verkleiden (über 3000 Scheiben auf 5.352 qm). In der Leistungsbeschreibung heißt es dazu unter Ziffer 2.3.1:

"Durch den AN ist nachzuweisen, dass die zur Verwendung kommenden vorgespannten Glasscheiben keine zerstörenden Einschlüsse (z.B. Nickelsulfid) haben. Alle ESG-Scheiben sind einem fremdüberwachten Heißlagerungstest (Heat-Soak-Test) als ESG-H gemäß Bauregelliste zu unterziehen. Die Durchführung des Heat-Soak-Tests ist über eine Werksbescheinigung zu bestätigen. Die Ofenprotokolle müssen für jede einzelne Scheibe nachvollziehbar sein."

3

Zusätzlich vereinbarten Klägerin und Beklagte unter § 1.8.7 des GU:

"Der Auftragnehmer garantiert die Verwendung ausschließlich fabrikneuer, mängelfreier und einwandfreier Baustoffe und Materialien in der vereinbarten Qualität, auch soweit ihm diese vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden, da er zu deren Überprüfung vor Verarbeitung verpflichtet ist."

4

Die Streithelferin zu 3 der Beklagten plante die Glasfassade. Das Glas für die Fassade lieferte die Streithelferin zu 4 der Beklagten. Die Streithelferin zu 1 der Beklagten erstellte die Glasfassade.

5

Die Klägerin nahm das Bürogebäude am 28. September 2006 ab.

6

Am 26. Februar 2007, 18. Mai 2007, 29. Mai 2007, 6. Juli 2008, 31. August 2008 und 10. Juni 2009 gingen Scheiben an verschiedenen Stellen der Fassadenverkleidung zu Bruch, wobei Bruchstücke herabfielen.

7

Vor diesem Hintergrund hält die Klägerin die Glasfassade insgesamt für mangelhaft und hält den Austausch sämtlicher Glasscheiben für erforderlich, um den Mangel zu beseitigen. Sie verlangt die Zahlung eines Mangelbeseitigungskostenvorschusses von 240.000 €, die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, über 240.000 € hinausgehende Kosten zu tragen, und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr die Kosten zur Beseitigung von Schäden zu ersetzen, die infolge des Mangels "erhöhte Bruchanfälligkeit der Glasfassadenscheiben" und der notwendigen Mangelbeseitigung auftreten.

8

Das sachverständig beratene Berufungsgericht hat diesen Anträgen stattgegeben. Dagegen wendet sich die Streithelferin zu 1 der Beklagten mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

I.

10

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 240.000 €, weil die Verglasung der Fassade wegen der gehäuft auftretenden Glasbrüche insgesamt mangelhaft sei. Aufgrund der Untersuchung des Sachverständigen S. sei erwiesen, dass bis zur letzten mündlichen Verhandlung mindestens sechs Scheiben der Glasfassade infolge von Nickelsulfid-Einschlüssen geborsten seien. Nickelsulfid-Einschlüsse seien technisch unvermeidbar und führten insbesondere bei thermischer Einwirkung zu Spontanbrüchen. Durch den von den Parteien vereinbarten Heat-Soak-Test könne diese Gefahr nicht ausgeschlossen, sondern nur verringert werden, weil bei dem Test die Scheiben mit Nickelsulfid-Einschlüssen in der Regel zu Bruch gingen. Derart getestetes Glas (ESG-H) weise deswegen ein deutlich geringeres Spontanbruchrisiko auf. Entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen S. sei davon auszugehen, dass nach durchgeführtem Heat-Soak-Test lediglich ein Nickelsulfid-Einschluss bei 20.000 qm Scheibenfläche mit einer Dicke von 8 mm auftrete. Bei der im Streitfall verglasten Fläche von 5.352 qm dürften deswegen rechnerisch nur 0,27 Brüche auftreten. Aufgrund des Umstandes, dass bereits bis zur letzten mündlichen Verhandlung sechs Scheiben aufgrund eines Nickelsulfid-Einschlusses gebrochen seien und bei zwei weiteren Scheiben eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, ein Nickelsulfid-Einschluss sei die Bruchursache gewesen, habe sich an der Glasfassade ein erheblich höheres Bruchrisiko verwirklicht, als das, welches bei ESG-H-Scheiben zu erwarten gewesen wäre. Eine derartig erhebliche Überschreitung der statistischen Bruchhäufigkeit der Scheiben einer Fassade führe bei der gebotenen ganzheitlichen Betrachtung zu der Annahme der Mangelhaftigkeit der gesamten Fassade, weil diese ihre Funktion nicht mehr erfüllen könne. Dieser Feststellung stehe nicht entgegen, dass nicht feststehe und auch nicht ohne Zerstörung der Fassade festgestellt werden könne, ob noch weitere Scheiben brechen werden. Zwar nehme die Bruchwahrscheinlichkeit ab, je länger die Scheiben Temperaturschwankungen ausgesetzt seien. Möglicherweise könnten deshalb mittlerweile alle Scheiben mit Nickelsulfid-Einschluss gebrochen sein. Hierüber ließen sich allerdings nach den Ausführungen des Sachverständigen S. keine verlässlichen Angaben treffen. Da sich aber bereits ein erheblich höheres Bruchrisiko verwirklicht habe, könne von einer funktionsfähigen Fassade nicht gesprochen werden, was es rechtfertige, eine mit einem solchen Risiko belastete Fassade insgesamt als mangelhaft einzustufen. Vor diesem Hintergrund könne dahingestellt bleiben, ob der Heat-Soak-Test ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Des Weiteren könne dahinstehen, ob der Klägerin das generelle Restbruchrisiko von ESG-H-Scheiben bekannt gewesen sei. Denn hier seien Scheiben eingesetzt worden, die ein wesentlich höheres Bruchrisiko in sich trügen.

11

Die Beklagte sei daher verpflichtet, die gesamte Glasfassade auszutauschen. Dies führe zur Begründetheit des Vorschussanspruches und der beantragten Feststellung, dass die Beklagte zusätzliche Kosten der Mängelbeseitigung zu tragen hat.

12

Darüber hinaus sei auch der Feststellungsantrag begründet, wonach die Beklagte der Klägerin die Kosten zur Beseitigung von Schäden zu ersetzen habe, die infolge des Mangels "erhöhte Bruchanfälligkeit der Glasfassadenscheiben" entstehen. Für solche Mangelfolgeschäden hafte die Beklagte verschuldensunabhängig nach Ziffer 1.8.7 des GU.

II.

13

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht eine Mangelhaftigkeit der Fassade angenommen. Eine Beseitigung des Mangels ist aber unmöglich, so dass die Klägerin die von ihr geltend gemachten Rechtsfolgen nicht beanspruchen kann.

14

1. a) Nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Werk mangelhaft, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit nicht hat. Welche Beschaffenheit des Werkes die Parteien vereinbart haben, ist durch Auslegung des Werkvertrages zu ermitteln. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Dieser bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110 Rn. 15).

15

b) Soweit das Berufungsgericht als Mangel der Glasfassade ein statistisch deutlich erhöhtes Bruchrisiko der verwendeten ESG-H-Scheiben annimmt, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Parteien haben nicht vereinbart, dass die Leistung schon dann mangelhaft ist, wenn mehr Scheiben zerbrechen als der statistischen Wahrscheinlichkeit entspricht. Das kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Parteien die Durchführung eines Heat-Soak-Tests vereinbart haben. Dieser senkt zwar das Bruchrisiko, ändert aber nichts daran, dass sich dieses an einem Gebäude mehr und an einem Gebäude weniger verwirklichen kann. Die bloße Bruchwahrscheinlichkeit sagt deshalb nichts darüber aus, welche Vertragspartei das Risiko zu tragen hat, wenn die Anzahl der tatsächlich zerbrochenen Glasscheiben oberhalb eines statistischen Mittelmaßes liegt.

16

c) Es kommt vielmehr darauf an, welche Funktion des in Auftrag gegebenen Werkes die Parteien nach dem Vertrag vereinbart oder vorausgesetzt haben. Das ist durch Auslegung nach den allgemein anerkannten Auslegungsregeln zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere der zum Ausdruck gekommene Wille des Bestellers, für welchen Zweck er das Bauwerk nutzen will und welchen Anforderungen es nach diesem Zweck genügen muss. Diese Auslegung des Generalunternehmervertrages kann der Senat selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die Vertragsparteien die Verwendung von Glasscheiben vereinbarten, bei denen kein Risiko eines Glasbruches aufgrund von Nickelsulfid-Einschlüssen besteht.

17

aa) Die Parteien haben zur Beschaffenheit der Glasscheiben in der Leistungsbeschreibung unter Ziffer 2.3.1 Satz 1 vereinbart, dass die zur Verwendung kommenden vorgespannten Glasscheiben keine zerstörenden Einschlüsse (z.B. Nickelsulfid) haben dürfen. Darin kommt der für die Beklagte erkennbare Wille der Klägerin zum Ausdruck, die erheblichen Gefahren für Leib und Leben von Passanten, die durch berstende und herabfallende Glasscheiben entstehen können, vollständig auszuschließen.

18

bb) Anderes folgt nicht aus Ziffer 2.3.1 Satz 2 der Leistungsbeschreibung, wonach alle ESG-Scheiben einem fremd überwachten Heißlagerungstest (Heat-Soak-Test) zu unterziehen sind. Zwar kann der Heat-Soak-Test nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Freiheit der Glasscheiben von Nickelsulfid-Einschlüssen nicht garantieren. Das bedeutet aber nicht, dass damit auch die klar zum Ausdruck gebrachte Funktionstauglichkeit des Bauwerks anders vorausgesetzt oder vereinbart werden sollte. Vielmehr verbleibt die nahe liegende Möglichkeit, dass die Klägerin eine Ausführung wählte, die nicht in der Lage war, die von ihr erkennbar gewünschte Funktion zu erreichen.

19

Birgt die ausgeschriebene Variante ein Risiko, das der Besteller erkennbar nicht übernehmen will, muss der Unternehmer, wenn er dieses Risiko auch nicht tragen will, diesen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats darauf hinweisen und mit ihm vertraglich einen Ausschluss des Risikos vereinbaren (BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206, 213; Urteil vom 11. November 1999 - VII ZR 403/98, BauR 2000, 411, 413 = NZBau 2000, 74). Das hat der Senat gerade in den Fällen entschieden, in denen es darum ging, ob die vereinbarte Ausführung in der Lage ist, die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion zu erfüllen (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 350/96, BGHZ 139, 244, 247; Urteil vom 4. Juni 2009 - VII ZR 54/07, BGHZ 181, 225, 230). Ist durch die beschriebene Ausführung die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion erkennbar gefährdet oder nicht erreichbar, kann der Unternehmer den Besteller nicht im Ungewissen lassen und für den Fall der Risikoverwirklichung die Auffassung vertreten, die Wahl einer bestimmten Ausführungsweise führe dazu, dass die vereinbarte Funktionstauglichkeit eine andere sei als der Besteller sich vorgestellt habe.

20

cc) Auf dieser Grundlage kommt es nicht darauf an, ob der Heat-Soak-Test ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Zudem ist es für die Feststellung eines Mangels unerheblich, ob in Fachkreisen, und damit den von der Klägerin hinzugezogenen fachkundigen Mitarbeitern oder externen Beratern, das Restrisiko, das trotz eines ordnungsgemäßen Heat-Soak-Tests besteht, bekannt war.

21

d) Ausgehend von der vereinbarten Funktionalität der Fassade, eine Gefährdung durch Nickelsulfid-Einschlüsse vollständig auszuschließen, ist die von der Beklagten erstellte Fassade mangelhaft, da jede der über 3.000 montierten Glasscheiben das Risiko birgt, aufgrund eines Nickelsulfid-Einschlusses zu bersten. Zwar ist es möglich, dass keine der noch nicht ausgetauschten Scheiben über einen Nickelsulfid-Einschluss verfügt. Das könnte aber nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nur durch Zerstörung der Glasscheiben festgestellt werden. Es verbleibt deshalb eine Unsicherheit hinsichtlich der Bruchfestigkeit der Fassade, die nach der vereinbarten Funktionalität in den Risikobereich der Beklagten fällt. Der Klägerin kann zudem nicht zugemutet werden abzuwarten, ob noch weitere Scheiben zu Bruch gehen, da ein erhebliches Risiko für Leib und Leben der Passanten besteht, für welches sie verantwortlich ist.

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2. Aufgrund des festgestellten Mangels stehen der Klägerin die geltend gemachten Mängelrechte aber nicht zu, da die Beseitigung des Mangels unmöglich ist.

23

a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann der vollständige Ausschluss von Nickelsulfid-Einschlüssen technisch nicht gewährleistet werden. Die vereinbarte Funktionalität ist deshalb nicht erreichbar. Daher liegt ein Fall der dauerhaften objektiven Unmöglichkeit im Sinne von § 275 Abs. 1 2. Fall BGB vor. Für diese Beurteilung ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Eintritts des Hindernisses maßgeblich (BGH, Urteil vom 11. März 1982 - VII ZR 357/80, BGHZ 83, 197, 200). Der Umstand, dass eine Bruchwahrscheinlichkeit entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen nach Ablauf von zehn Jahren praktisch ausgeschlossen ist, steht deshalb der Annahme einer dauerhaften Unmöglichkeit nicht entgegen. Ein zeitweiliges Erfüllungshindernis ist einem dauernden gleichzustellen, wenn die Erreichung des Vertragszwecks durch die vorübergehende Unmöglichkeit in Frage gestellt wird und deshalb dem Vertragspartner nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unter billiger Abwägung der Belange beider Vertragsteile die Einhaltung des Vertrages nicht zugemutet werden kann (BGH, Urteil vom 11. März 1982 - VII ZR 357/80, aaO). Diese Voraussetzungen liegen vor. Da es der Klägerin darauf ankam, Bruchgefahren durch Einschlüsse in den Glasscheiben auszuschließen, um keine Gefahrenquelle für die das Gebäude nutzenden Menschen und Fußgänger zu schaffen, ist es ihr unzumutbar, zehn Jahre zu warten, bis ein solcher Zustand eintritt. Berechtigte Belange der Beklagten, die diesem Abwägungsergebnis entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

24

b) Die Folge der Unmöglichkeit ist das Entfallen des Erfüllungsanspruches und damit ebenso des Nacherfüllungsanspruches (§ 634 Nr. 1, § 635 Abs. 1 BGB) und des Selbstvornahmerechts einschließlich des Vorschussanspruches gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2000 - VII ZR 242/99, BauR 2001, 425, 426 = NZBau 2001, 97). Die Klägerin kann daher keinen Austausch der Glasscheiben gegen andere verlangen, die auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Heat-Soak-Test einer Bruchgefahr unterlägen und deshalb der vereinbarten Funktionalität nicht genügten. Eine andere Art der Erfüllung bzw. Nacherfüllung, die den Interessen der Parteien gerecht wird, kommt auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht in Betracht.

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3. Der Klägerin steht aber ein Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen von § 634 Nr. 4, § 311a Abs. 2 BGB zu. Da das Berufungsgericht die notwendigen Feststellungen zu einem Schaden im Sinne von § 634 Nr. 4, § 311a Abs. 2 BGB nicht getroffen hat, ist das Berufungsurteil insgesamt, also auch hinsichtlich des Feststellungsantrags bezüglich der Mangelfolgeschäden, aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

26

a) Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, zu den Voraussetzungen des § 311a Abs. 2 BGB vorzutragen. Dabei ist zu beachten:

27

aa) Die in § 311a Abs. 2 BGB geregelte Schadensersatzpflicht umfasst auch die Erstattung von Folgeschäden (Staudinger/Löwisch/Feldmann, BGB, Neubearbeitung 2013, § 311a Rn. 40; MünchKommBGB/Ernst, BGB, 6. Aufl., § 311a Rn. 65; Erman/Kindl, BGB, 13. Aufl., § 311a Rn. 8; Ball, ZGS 2002, 49, 51 f.; a.A. Jauernig/Stadler, BGB, 15. Aufl., § 311a Rn. 13; Dötsch, ZGS 2002, 160, 161 f.; Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 70). Nach dem mit der Konzeption des § 311a Abs. 2 BGB einhergehenden Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 14/6040 S. 166, linke Spalte) tritt § 311a Abs. 2 BGB als eigenständige Anspruchsgrundlage an die Stelle von § 280 BGB, so dass es für Folgeschäden eines Rückgriffs auf diese Norm nicht bedarf.

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bb) Damit gilt für alle Schadenspositionen einheitlich der Verschuldensmaßstab des § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB. Eine Haftung der Beklagten ist deshalb nur ausgeschlossen, wenn sie das verbleibende Risiko von Nickelsulfid-Einschlüssen nicht kannte und diese Unkenntnis nicht zu vertreten hat. Sollte es vor diesem Hintergrund noch auf die Frage ankommen, ob die Beklagte verschuldensunabhängig haftet, gibt die weitere Verhandlung und Entscheidung dem Berufungsgericht Gelegenheit, erneut darüber zu befinden, ob aus § 1.8.7 GU eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten für die vereinbarte Qualität der Glasfassade abgeleitet werden kann. Dabei wird es im Rahmen der Auslegung stärker als bisher den Umstand zu berücksichtigen haben, dass die Voraussetzungen des Schadensersatzes wegen Mängeln in § 13.7 GU geregelt sind und ein Verschulden der Beklagten voraussetzen. Eine Ausnahme unter Bezugnahme auf § 1.8.7 GU enthält § 13 GU nicht. Es liegt deshalb fern, § 13.7 GU in einem zentralen Bereich, der Haftung für Mängel der verwendeten Baustoffe und Materialien, nicht anzuwenden. Ein solcher Zusammenhang wäre zudem für die Beklagte, der das Vertragswerk der Klägerin vorgegeben wurde, kaum erkennbar gewesen.

29

b) Auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten, den Beratern der Klägerin sei bekannt gewesen, dass auch bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Heat-Soak-Test ein Restrisiko verbleibe, wird das Berufungsgericht zu erwägen haben, ob der Klägerin ein Mitverschulden (§ 254 BGB) zuzurechnen ist (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 165, linke Spalte; Staudinger/Löwisch/Feldmann, aaO, § 311a Rn. 55; MünchKommBGB/Ernst, aaO, § 311a Rn. 68; Erman/Kindl, BGB, aaO, § 311a Rn. 10).

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 633 Sach- und Rechtsmangel


(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. (2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei v

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 634 Rechte des Bestellers bei Mängeln


Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.nach § 635 Nacherfüllung verlangen,2.nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforde

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 635 Nacherfüllung


(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. (2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 637 Selbstvornahme


(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311a Leistungshindernis bei Vertragsschluss


(1) Der Wirksamkeit eines Vertrags steht es nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. (2) Der Gläubiger kann nach seiner Wahl Schadensersatz

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Tenor Der Beschwerde der Beklagten zu 5 wird stattgegeben. Das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Ha

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(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt.

(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.

15
(1) Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des Werkvertrages. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart , sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der Bundesgerichtshof hat deshalb eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit und damit einen Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a.F. angenommen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206, 212; Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 350/96, BGHZ 139, 244, 247; Urteil vom 11. November 1999 - VII ZR 403/98, BauR 2000, 411, 412 = NZBau 2000, 74 = ZfBR 2000, 121; Urteil vom 15. Oktober 2002 - X ZR 69/01, BauR 2003, 236, 238 = NZBau 2003, 33 = ZfBR 2003, 34; Beschluss vom 25. Januar 2007 - VII ZR 41/06, BauR 2007, 700 = NZBau 2007, 243 = ZfBR 2007, 340). Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 350/96, aaO; Urteil vom 11. November 1999 - VII ZR 403/98, aaO).

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 54/07 Verkündet am:
4. Juni 2009
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 157 B; DIN 4109

a) Welcher Schallschutz für die Errichtung von Eigentumswohnungen geschuldet ist, ist in
erster Linie durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Wird ein üblicher Qualitäts- und
Komfortstandard geschuldet, muss sich das einzuhaltende Schalldämm-Maß an dieser
Vereinbarung orientieren. Der Umstand, dass im Vertrag auf eine "Schalldämmung nach
DIN 4109" Bezug genommen ist, lässt schon deshalb nicht die Annahme zu, es seien lediglich
die Mindestmaße der DIN 4109 vereinbart, weil diese Werte in der Regel keine anerkannten
Regeln der Technik für die Herstellung des Schallschutzes in Wohnungen sind,
die üblichen Qualitäts- und Komfortstandards genügen (im Anschluss an BGH, Urteil vom
14. Juni 2007 - VII ZR 45/06, BGHZ 172, 346).

b) Kann der Erwerber nach den Umständen erwarten, dass die Wohnung in Bezug auf den
Schallschutz üblichen Qualitäts- und Komfortstandards entspricht, muss der Unternehmer,
der hiervon vertraglich abweichen will, den Erwerber deutlich hierauf hinweisen und ihn
über die Folgen einer solchen Bauweise für die Wohnqualität aufklären. Der Verweis des
Unternehmers in der Leistungsbeschreibung auf "Schalldämmung nach DIN 4109" genügt
hierfür nicht.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - VII ZR 54/07 - OLG Hamm
LG Essen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die
Richter Bauner, Dr. Eick, Halfmeier und Leupertz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger erwarben von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur: die Beklagte) 1996 eine Eigentumswohnung in einer noch fertig zu stellenden Wohnanlage in E. Nach der im Erwerbsvertrag in Bezug genommenen Baubeschreibung sollte die Fassade einen mineralischen Kratzputz auf einem Wärmedämmverbundsystem erhalten. Stattdessen wurde ein Kunstharzsilikonputz aufgetragen. In der Baubeschreibung heißt es unter "Material- und Ausstattungsbeschreibung" und "Geschoßdecken" weiter: "Alle Geschoßdecken werden in Stahlbeton gemäß Statik erstellt. In den Wohngeschossen kommt ein schwimmender Estrich auf Wärme- bzw. Trittschalldämmung gemäß DIN 4109 zur Ausführung. Dachgeschoß wie vor."
2
Die Kläger verlangen wegen Mängeln des Putzes und des Schallschutzes Zahlung von 542.942,83 € Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums und Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten wegen aller weitergehenden Schäden der Kläger aus der Rückabwicklung. Das Landgericht hat der auf Zahlung gerichteten Klage dem Grunde nach und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
Das für die Beurteilung maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

5
Das Berufungsgericht führt aus, den Klägern stehe kein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB zu.
6
1. Der ausgeführte Kunstharz-Silikonputz sei zwar mangelhaft, weil er von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit abweiche und der vertragliche Abänderungsvorbehalt unwirksam sei. Die nachträgliche Anbringung eines mineralischen Kratzputzes erfordere jedoch einen unverhältnismäßigen Aufwand i.S.v. § 633 Abs. 2 Satz 3 BGB. Ebenso scheide ein auf Rückabwicklung des Vertrages gerichteter Schadensersatzanspruch in Anwendung des § 634 Abs. 3 BGB aus. Der Wert und die Tauglichkeit des Werkes seien durch die Abweichung überhaupt nicht oder jedenfalls nur unerheblich beeinträchtigt.
7
2. Wegen des Schallschutzes könnten die Kläger ebenfalls keine Rückabwicklung des Vertrages nach § 635 BGB verlangen. Zwar liege ein Mangel vor, soweit die Anforderungen der DIN 4109 (89) nicht erfüllt seien; insoweit habe die Beklagte jedoch stets die Beseitigung der Mängel angeboten, worauf die Kläger sich nicht eingelassen hätten. Einen erhöhten Schallschutz nach Beiblatt 2 zur DIN 4109 (89) habe die Beklagte nach dem Vertrag nicht geschuldet. In der Baubeschreibung sei hinsichtlich des Schallschutzes auf die DIN 4109 Bezug genommen. Dies müsse ein Vertragspartner in der Regel dahin verstehen, dass die Mindestanforderungen gemeint seien. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Umständen, der baulichen Ausstattung oder dem bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren.

II.

8
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich zu Recht gegen die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es einen Anspruch der Kläger auf großen Schadensersatz wegen der Schallschutzmängel verneint.
9
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , der Schadensersatzanspruch könne nicht darauf gestützt werden, dass teilweise bereits die Voraussetzungen der DIN 4109 (89) nicht eingehalten seien. Die Kläger haben von der Beklagten eine Mängelbeseitigung verlangt, die einen erhöhten Schallschutz nach DIN 4109 - Beiblatt 2 gewährleistet. Sie waren nicht bereit, die geringeren Anforderungen der DIN 4109 zu akzeptieren. Entsprechende Angebote der Beklagten haben sie zurückgewiesen. Sie können deshalb den Schadensersatzanspruch nicht darauf stützen, dass die Beklagte die entsprechenden Schalldämm-Maße nicht geschaffen hat.
10
2. Rechtsfehlerhaft vertritt das Berufungsgericht jedoch die Auffassung, die Beklagte schulde nur einen Schallschutz, der den Mindestanforderungen der DIN 4109 genüge.
11
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass ein Erwerber einer Eigentumswohnung den Vertrag, in dem hinsichtlich der Schalldämmung auf die DIN 4109 Bezug genommen worden ist, in der Regel dahin verstehen muss, dass die Mindestanforderungen dieser Norm gemeint sind. Von dieser Regel will es offenbar eine Ausnahme nur zulassen, wenn eine besonders exklusive Wohnung erworben wird oder der Vertrag Rückschlüsse darauf zulässt, dass eine besonders hochwertige Schalldämmung hergestellt werden soll. Dieser Ansatz ist verfehlt.
12
a) Welchen Schallschutz die Parteien eines Vertrages über den Erwerb einer Eigentumswohnung vereinbart haben, richtet sich in erster Linie nach der im Vertrag getroffenen Vereinbarung. Der Senat hat in seinem nach Erlass des Berufungsurteils veröffentlichten Urteil vom 14. Juni 2007 (VII ZR 45/06, BGHZ 172, 346) darauf hingewiesen, dass insoweit die im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen von der Qualität des Schallschutzes, also der Beeinträchtigung durch Geräusche, maßgeblich sind. Vorzunehmen ist eine Gesamtabwägung , in die nicht nur der Vertragstext einzubeziehen ist, sondern auch die erläuternden und präzisierenden Erklärungen der Vertragsparteien, die sonstigen vertragsbegleitenden Umstände, die konkreten Verhältnissen des Bauwerks und seines Umfeldes, der qualitative Zuschnitt, der architektonische Anspruch und die Zweckbestimmung des Gebäudes zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - VII ZR 45/06, aaO). Der Senat hat auch darauf hingewiesen, dass der Erwerber einer Wohnung oder Doppelhaushälfte mit üblichen Komfort- und Qualitätsansprüchen in der Regel einen diesem Wohnraum entsprechenden Schallschutz erwarten darf und sich dieser Schallschutz nicht aus den Schalldämm-Maßen nach DIN 4109 ergibt. Denn die Anforderungen der DIN 4109 sollen nach ihrer in Ziffer 1 zum Ausdruck gebrachten Zweckbestimmung Menschen in Aufenthaltsräumen lediglich vor unzumutbaren Belästigungen durch Schallübertragung schützen. Das entspricht in der Regel nicht einem üblichen Qualitäts- und Komfortstandard. Der Senat hat ferner darauf hingewiesen, dass die Schallschutzanforderungen der DIN 4109 hinsichtlich der Einhaltung der Schalldämm-Maße nur insoweit anerkannte Regeln der Technik darstellen, als es um die Abschirmung von unzumutbaren Belästigungen geht. Soweit weitergehende Schallschutzanforderungen an Bauwerke gestellt werden , wie z.B. die Einhaltung eines üblichen Komfortstandards oder eines Zustandes , in dem die Bewohner "im Allgemeinen Ruhe finden“, sind die Schalldämm -Maße der DIN 4109 von vornherein nicht geeignet, als anerkannte Regeln der Technik zu gelten. Insoweit können aus den Regelwerken die Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinie 4100 aus dem Jahre 1994 oder das Beiblatt 2 zur DIN 4109 Anhaltspunkte liefern.
13
b) Diese Erwägungen gelten nicht nur dann, wenn die Parteien keine ausdrücklichen Vereinbarungen zum Schallschutz getroffen haben, sondern grundsätzlich auch dann, wenn sie hinsichtlich der Schalldämmung auf die DIN 4109 Bezug nehmen, wie das im zu beurteilenden Fall bezüglich der Trittschalldämmung geschehen ist.
14
aa) Denn auch in diesem Fall hat eine Gesamtabwägung stattzufinden, bei der die gesamten Umstände des Vertrages zu berücksichtigen sind. Der Umstand, dass im Vertrag auf eine Schalldämmung nach DIN 4109 Bezug genommen wird, lässt schon deshalb nicht die Annahme zu, es seien die Mindestanforderungen der DIN 4109 vereinbart, weil diese Werte in der Regel keine anerkannten Regeln der Technik für die Herstellung des Schallschutzes in Wohnungen sind, die üblichen Qualitäts- und Komfortstandards genügen (LG München I, IBR 2008, 727, mit Volltext in www.ibr-online.de). Der Erwerber kann ungeachtet der sonstigen Vereinbarungen grundsätzlich erwarten, dass der Veräußerer einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung den Schallschutz nach den zur Zeit der Abnahme geltenden anerkannten Regeln der Technik herstellt (BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 - VII ZR 184/97, BGHZ 139, 16, 18). Das hat auch die Beklagte in der Baubeschreibung unter dem Stichwort "Grundlagen der Planung und Ausführung" versprochen. Den Hinweis auf die DIN 4109 muss der Erwerber nicht dahin verstehen, der Unternehmer wolle davon abweichen. Vielmehr ist der Verweis auf die DIN 4109 redlicherweise lediglich dahin zu verstehen, dass ein diesem Normwerk entsprechender Schallschutz versprochen wird, soweit die DIN 4109 anerkannte Regel der Technik ist. Will ein Unternehmer von den anerkannten Regeln der Technik abweichen , darf der Erwerber über den Hinweis auf die DIN 4109 hinaus eine entsprechende Aufklärung erwarten, die ihm mit aller Klarheit verdeutlicht, dass die Mindestanforderungen der DIN 4109 nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, der Erwerber also einen Schallschutz erhält, der deutlich unter den Anforderungen liegt, die er für seine Wohnung erwarten darf (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 350/96, BGHZ 139, 244; Urteil vom 9. Juni 1996 - VII ZR 181/93, BauR 1996, 732 = ZfBR 1996, 264; Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206; Kögl, BauR 2009, 156 f.).
15
bb) Darüber hinaus können die sich aus den sonstigen Umständen des Vertrages ergebenden Anforderungen an den vertraglich vereinbarten Schallschutz nicht durch einen einfachen Hinweis auf die DIN 4109 überspielt werden. Die Gesamtabwägung wird vielmehr regelmäßig ergeben, dass der Erwerber ungeachtet der anerkannten Regeln der Technik einen den Qualitäts- und Komfortstandards seiner Wohnung entsprechenden Schallschutz erwarten darf. In der Regel hat der Erwerber keine Vorstellung, was sich hinter den SchalldämmMaßen der DIN 4109 verbirgt, sondern allenfalls darüber, in welchem Maße er Geräuschbelästigungen ausgesetzt ist oder in Ruhe wohnen kann bzw. sein eigenes Verhalten nicht einschränken muss, um Vertraulichkeit zu wahren (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - VII ZR 45/06, aaO). Kann der Erwerber nach den Umständen erwarten, dass die Wohnung in Bezug auf den Schallschutz üblichen Qualitäts- und Komfortstandards entspricht, dann muss der Unternehmer , der hiervon vertraglich abweichen will, deutlich hierauf hinweisen und den Erwerber über die Folgen einer solchen Bauweise für die Wohnqualität aufklären. Auch insoweit kann dem nicht näher erläuterten Hinweis auf die DIN 4109 nur untergeordnete Bedeutung zukommen (vgl. auch OLG Stuttgart, BauR 1977, 279; OLG Nürnberg, BauR 1989, 740).
16
cc) Da zu den bei der Vertragsauslegung zu berücksichtigenden Umständen auch gehört, welcher Schallschutz nach den die anerkannten Regeln der Technik einzuhaltenden Bauweisen erbracht werden kann (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - VII ZR 45/06, aaO), kann sich im Einzelfall etwas anderes z.B. dann ergeben, wenn höhere Schalldämm-Maße als nach der DIN 4109 wegen der Besonderheiten der Bauweise nicht oder nur mit ungewöhnlich hohen Schwierigkeiten eingehalten werden können.

III.

17
Die auf der fehlerhaften Auslegung des vertraglich geschuldeten Schallschutzes beruhende Abweisung der Klage kann daher nicht aufrechterhalten bleiben.
18
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
19
1. Das Berufungsgericht muss die Vertragsauslegung nach den vorgenannten Kriterien erneut vornehmen.
20
a) Maßgeblich ist, ob die Wohnung den üblichen Qualitäts- und Komfortstandards genügen sollte. Einen "herausgehobenen, exklusiven Eindruck“ muss eine Wohnung nicht vermitteln, um als den üblichen Ansprüchen genügende Komfortwohnung einen Schallschutz über den Mindestanforderungen der DIN 4109 erwarten zu lassen. Der Sachverständige G. spricht sowohl im Gutachten vom 14. Juli 2004 als auch in seinem Schreiben vom 14. September 2004 von "hohem Wohnstandard" und bestätigt dies in seiner mündlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht vom 13. Februar 2007. Die Baubeschreibung spricht an verschiedenen Stellen von "gehobener Ausstattung", "neuestem Stand", "repräsentativer Konstruktion", "hochwertiger Anlage". Treppen und Treppenhäuser werden "akustisch entkoppelt" und erhalten einen "hochwertigen Steinbelag". Die Wohnungseingangstüren werden in "schalldichter behindertengerechter Ausführung" beschrieben. Die Ver- und Entsorgungsleitungen werden "gegen Schallübertragung und Wärmeverlust isoliert". Die Rede ist von "geräuscharmen Spülkästen und Abluftanlagen". Die Werbeprospekte preisen die Anlage als "Wohnpark City E.", als "Wohn- und Geschäftsresidenz" an, als "ehrgeiziges Bauvorhaben, das sich von allen Seiten sehen lassen kann", mit "unverwech- selbarer Architektur" und "lichtdurchfluteten Wohnungen". Der Kaufpreis der klägerischen Wohnung betrug 1996 583.000 DM für eine 110 qm große Maisonettenwohnung. Die Auslegung des Berufungsgerichts, damit sei kein exklusiver Standard vereinbart, muss mangels einer rechtzeitigen Rüge vom Senat hingenommen werden. Das Berufungsgericht wird seine Auffassung in der neuen Verhandlung jedoch prüfen und jedenfalls erwägen müssen, ob ein üblicher Komfort- und Qualitätsstandard vereinbart ist. Daran können keine ernsthaften Zweifel bestehen. Das Berufungsgericht wird deshalb auch zu prüfen haben, welcher Schallschutz für eine solche Wohnung vereinbart ist. Im Hinblick darauf , dass die Schallschutzwerte der VDI-Richtlinie 4100 für übliche Komfortwohnungen und die erhöhten Werte der DIN 4109 Beiblatt 2 offenbar identisch sind, gibt es deutliche Anhaltspunkte, dass jedenfalls diese Schallschutzwerte auch vereinbart sind. Das Berufungsgericht wird bei der Ermittlung des geschuldeten Schallschutzes auch berücksichtigen müssen, dass bei gleichwertigen , anerkannten Bauweisen der Besteller angesichts der hohen Bedeutung des Schallschutzes im modernen Haus- und Wohnungsbau erwarten darf, dass der Unternehmer jedenfalls dann diejenige Bauweise wählt, die den besseren Schallschutz erbringt, wenn sie ohne nennenswerten Mehraufwand möglich ist. Ist eine Bauweise nicht vereinbart worden, so kann der Bauunternehmer sich zudem nicht auf Mindestanforderungen nach DIN 4109 zurückziehen, wenn die von ihm gewählte Bauweise bei einwandfreier Ausführung höhere SchalldämmMaße ergibt (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - VII ZR 45/06, aaO Tz. 29; vgl. dazu auch Locher-Weiß, Rechtliche Probleme des Schallschutzes, 4. Aufl., S. 30).
21
2. Sollte es noch auf die Mängel des Putzes ankommen, weist der Senat auf Folgendes hin: Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Anspruch auf großen Schadensersatz zu versagen sein, wenn der Mangel so geringfügig ist, dass der Besteller gegen Treu und Glauben handeln würde, wenn er den Anspruch durchsetzen würde (BGH, Urteil vom 5. Mai 1958 - VII ZR 130/57, BGHZ 27, 215, 220). Sollte es darauf ankommen, wird das Berufungsgericht diese Würdigung vorzunehmen haben. § 634 Abs. 3 BGB ist nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 5. Mai 1958 - VII ZR 130/57, aaO). Bei der Gesamtwürdigung ist der Umstand mit einzubeziehen, dass die Beklagte bewusst von der Baubeschreibung abgewichen ist. Dieser Umstand zwingt jedoch entgegen der Auffassung der Revision nicht dazu, einen Verstoß gegen Treu und Glauben zu verneinen.
Kniffka Bauner Eick Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 17.11.2005 - 18 O 299/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.02.2007 - 21 U 1/06 -

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.

(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.

(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.

(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 242/99 Verkündet am:
23. November 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB §§ 133 C, 157 E
Zur Auslegung einer als "Vorschußklage" bezeichneten Klage gegen Architekten
wegen behaupteter Planungs- und Überwachungsfehler.
BGH, Urteil vom 23. November 2000 - VII ZR 242/99 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2000 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Dr. Kuffer,
Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Mai 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 3. Juli 1998 als unzulässig verworfen worden ist. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt für Mängel bei Dachdeckerarbeiten von den Beklagten zu 1 und 2, den Architekten, sowie der Beklagten zu 3, der Erbin des Dachdeckers, Zahlung von 49.760,50 DM. Der Kläger übertrug den Beklagten zu 1 und 2 die Architektenleistungen der Phasen 3 bis 8 des § 15 Abs. 2 HOAI sowie die Ingenieurleistungen bei der Errichtung einer Produktionshalle. Nach Errichtung des Daches durch den
Rechtsvorgänger der Beklagten zu 3 kam es in erheblichem Umfang zu Feuchtigkeitsschäden. Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch für die Beseitigung und Entsorgung des vorhandenen Daches sowie für die Neuherstellung eines Daches in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Anspruch aus § 633 Abs. 3 BGB gegen die Beklagten zu 1 und 2 scheitere bereits daran, daß der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger keine Planungs- und/oder Aufsichtsfehler schlüssig dargelegt bzw. nachgewiesen habe. Gegenüber der Beklagten zu 3 fehle es an der Aufforderung zur Mangelbeseitigung. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 3 zur Zahlung verurteilt. Gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 hat es die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 547 ZPO statthafte Revision hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen die Beklagten zu 1 und 2 zu Unrecht als unzulässig verworfen.

I.

Das Berufungsgericht hält die Berufung des Klägers gegen die Beklagten zu 1 und 2 für unzulässig, da in das Berufungsverfahren ausschließlich ein neues Klagebegehren eingebracht werde. In erster Instanz sei Vorschuß gemäß § 633 Abs. 3 BGB verlangt worden. Der Kläger habe sein Klagebegehren als Vorschußklage bezeichnet und dies in dem die Instanz abschließenden Schriftsatz auch ausdrücklich bekräftigt. In zweiter Instanz werde demgegenüber ausdrücklich nur ein Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB geltend gemacht.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. 1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß eine Berufung unzulässig ist, wenn mit ihr nicht zumindest teilweise die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer, sondern ausschließlich ein neuer bisher noch nicht geltend gemachter Anspruch verfolgt wird (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1982 - IV b ZR 318/81, BGHZ 85, 140, 142; Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 73/90, NJW-RR 1991, 1279; Beschluß vom 27. September 1993 - II ZB 5/93, VersR 1994, 330; Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/96, NJW-RR 1996, 1276; Urteil vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99, zur Veröffentlichung vorgesehen). 2. Verfehlt ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die Berufung sei deswegen unzulässig, weil in erster Instanz ein Anspruch auf Kostenvorschuß und in zweiter Instanz ein Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht werde.

a) Im Berufungsverfahren wird nach zutreffender Ansicht des Berufungsgerichts Schadensersatz aus § 635 BGB geltend gemacht.
b) Bei verständiger Würdigung des Prozeßvortrags des Klägers, der so auszulegen ist, wie es nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig und interessengerecht ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 - VIII ZR 241/94, WM 1996, 1007 = NJW 1996, 1962), wurde vom Kläger auch in erster Instanz von den Beklagten zu 1 und 2 Schadensersatz verlangt. Der Kläger hat zwar die Klage in der Klagebegründung als "Vorschußklage" bezeichnet und sich auf geschätzte Kosten bezogen. Daß eine "Vorschußklage" erhoben werden sollte, hat er ferner im abschließenden Schriftsatz vom 8. Juni 1996 bestätigt. Er hat aber auch darauf hingewiesen, daß alle drei Beklagten für den eingetretenen Schaden hafteten, die Fehler bei gehöriger Planung und Bauüberwachung nicht hätten eintreten dürfen und die Beseitigung des Mangels durch die Beklagten zu 1 und 2 objektiv unmöglich gewesen sei. Damit wurde hinreichend deutlich gemacht, daß gegen die Beklagten zu 1 und 2 nicht ein
Vorschußanspruch aus § 633 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden sollte, sondern der Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB, der gegen die Beklagten zu 1 und 2 allein in Betracht kam, weil sich deren behaupteter Planungs- und Überwachungsfehler bereits im Bauwerk verwirklicht hatte (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 1981 - VII ZR 263/79 = BauR 1981, 395 = MDR 1981, 836; Urteil vom 25. April 1996 - VII ZR 157/94 = BauR 1996, 735 = ZfBR 1996, 258).
Thode Haß Kuffer Kniffka Wendt

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Der Wirksamkeit eines Vertrags steht es nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt.

(2) Der Gläubiger kann nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Aufwendungen in dem in § 284 bestimmten Umfang verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Der Wirksamkeit eines Vertrags steht es nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt.

(2) Der Gläubiger kann nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Aufwendungen in dem in § 284 bestimmten Umfang verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Der Wirksamkeit eines Vertrags steht es nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt.

(2) Der Gläubiger kann nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Aufwendungen in dem in § 284 bestimmten Umfang verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.