Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - XII ZR 197/02

bei uns veröffentlicht am05.10.2006
vorgehend
Amtsgericht Bremen, 67 F 2329/01, 28.02.2002
Landgericht Bremen, 5 UF 29/02, 27.06.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 197/02 Verkündet am:
5. Oktober 2006
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 1356 Abs. 2, 1360, 1360 a, 1603 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, 1606
Abs. 3 Satz 2, 1609 Abs. 1
a) Ein seinen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtiger Elternteil darf aus
unterhaltsrechtlicher Sicht in einer neuen Ehe nur dann die Haushaltsführung
und Kindesbetreuung übernehmen, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte oder
sonstige Gründe von gleichem Gewicht, die einen erkennbaren Vorteil für
die neue Familie mit sich bringen, im Einzelfall den Rollentausch rechtfertigen
(im Anschluss an das Senatsurteil vom 13. März 1996 - XII ZR 2/95 -
FamRZ 1996, 796).
b) Im Falle eines berechtigten Rollentausches ist die Unterhaltspflicht gegenüber
den Kindern aus erster Ehe auf der Grundlage einer Nebenerwerbstätigkeit
und des Taschengeldanspruchs nicht durch einen fiktiven Unterhaltsanspruch
begrenzt, der sich ergäbe, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil
auch in seiner neuen Ehe vollzeiterwerbstätig wäre und von solchen Einkünften
seinen eigenen Selbstbehalt sowie alle weiteren gleichrangigen Unterhaltsansprüche
abdecken müsste (Aufgabe der Senatsrechtsprechung in
den Senatsurteilen vom 31. März 1982 - IVb ZR 667/80 - FamRZ 1982, 590,
vom 26. September 1984 - IVb ZR 32/83 - NJW 1985, 318, vom 11. Februar
1987 - IVb ZR 81/85 - FamRZ 1987, 472, vom 19. November 1997 - XII ZR
1/96 - FamRZ 1998, 286, vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ
2001, 1065 und Weiterführung des Senatsurteils vom 12. November 2003
- XII ZR 111/01 - FamRZ 2004, 364).
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - XII ZR 197/02 - OLG Bremen
AG Bremen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
Schriftsatznachlass bis zum 8. September 2006 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats als Senat für Familiensachen des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 27. Juni 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Streitwert: 8.009 €.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt für die Zeit ab Februar 2001.
2
Der am 27. April 1990 geborene Kläger zu 1 und der am 19. August 1991 geborene Kläger zu 2 sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind seine Kinder Am., geboren am 25. Mai 1997, An., geboren am 21. September 1998, und P., geboren am 25. Juli 2001, hervorgegangen. Die zweite Ehefrau des Beklagten ist Diplompädagogin und betreibt ein Kleinstheim für psychisch auffällige Kinder. Aus dieser Tätigkeit erzielt sie ein bereinigtes Nettoeinkommen, das sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zuzüglich des Vorteils mietfreien Wohnens im Eigenheim in Höhe von monatlich 1.200 DM auf monatlich 4.893,70 DM bzw. 2.502,11 € beläuft.
3
Der Beklagte hat in seiner neuen Ehe die Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernommen. Er ist brasilianischer Staatsangehöriger; seine Ausbildung zum Bauzeichner wird in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt. Nach seinem unbestrittenen Vortrag wäre er wegen fortbestehender Sprachprobleme allenfalls in der Lage, als ungelernter Arbeiter monatlich 1.600 DM bzw. 850 € zu erzielen. Für die Zeit vom 25. Juli 2001 bis zum 24. Januar 2002 hat er Erziehungsgeld in Höhe von monatlich 306,78 € erhalten.
4
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von jeweils 100 % des Regelbetrags verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und den Beklagten zu Unterhaltsleistungen in unterschiedlicher Höhe , zuletzt in Höhe von 81,6 % des Regelbetrages verurteilt. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt der Beklagte nach wie vor vollständige Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist nicht begründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat der Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt teilweise stattgegeben, weil der Beklagte in diesem Umfang auch unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen leistungsfähig sei. Der Beklagte sei den minderjährigen Klägern gegenüber nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet , für deren Unterhalt alle verfügbaren Mittel einzusetzen. Dazu gehöre nicht nur, dass er auf sein Taschengeld zurückgreife, sondern auch seine Arbeitskraft in einem Maß einsetze, das über das Übliche hinausgehe. Deswegen sei dem Kläger - im Rahmen der hier zu akzeptierenden Rollenwahl innerhalb seiner zweiten Ehe - neben der Versorgung dieser Kinder eine geringfügige Erwerbstätigkeit zumutbar. Dass ihm solches im Hinblick auf die Betreuungsbedürftigkeit der minderjährigen Kinder aus zweiter Ehe nicht möglich sei, habe der Beklagte nicht hinreichend schlüssig vorgetragen. Es sei ihm deswegen zumutbar, aus einer Nebentätigkeit ein monatliches Einkommen in Höhe von 630 DM bzw. (ab Januar 2002) in Höhe von 325 € zu erzielen. Einer solchen Nebentätigkeit habe es nur in der Zeit nicht bedurft, in welcher der Beklagte Erziehungsgeld für das jüngste Kind erhalten habe.
7
Der Anspruch der Kläger sei nicht begrenzt durch den Unterhalt, den sie auf der Grundlage eines fiktiven Einkommens des Beklagten aus Vollerwerbstätigkeit unter Wahrung seines notwendigen Selbstbehalts und unter Berücksichtigung seiner weiteren gleichrangigen Unterhaltspflichten erhalten würden. Denn der Beklagte habe keinen Anspruch darauf, so behandelt zu werden, als habe ein Rollentausch nicht stattgefunden. § 1603 BGB stelle auf die tatsächlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen ab und bemesse seine Unterhaltspflicht danach, ob und inwieweit er imstande sei, den begehrten Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts zu gewähren. Verbesserten sich die tatsächlichen Verhältnisse eines Unterhaltspflichtigen durch eine Wiederheirat, so sei auch die dadurch bedingte erhöhte Leistungsfähigkeit für den Kindesunterhalt beachtlich. Bei einem berechtigten Rollentausch des Unterhaltspflichtigen entbehre eine Bemessung der Leistungsfähigkeit nach einem fiktiven Einkommen aus Vollerwerbstätigkeit jeder Grundlage, zumal fiktives Einkommen nur zu berücksichtigen sei, wenn die Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit verletzt sei. Dem stehe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen, weil sie sich auf Fälle beziehe, denen entweder kein oder kein gerechtfertigter Rollentausch zugrunde liege. Soweit nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus einer fiktiven Vollzeiterwerbstätigkeit auf das Ausmaß der geschuldeten Nebenerwerbsobliegenheit geschlossen werden könne, folge das Berufungsgericht dem nicht.
8
Von dem Familieneinkommen der zweiten Ehefrau des Beklagten sei zunächst der eheprägende Unterhalt für die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder abzuziehen. Von dem Restbetrag stehe dem Beklagten als Familienunterhalt die Hälfte zu. Der Taschengeldanspruch des Beklagten, den dieser neben seinen Einkünften aus geringfügiger Tätigkeit für den Unterhalt der Kläger einzusetzen habe, errechne sich mit 6 % des Familieneinkommens nach Abzug des Kindesunterhalts. Das Einkommen des Beklagten aus Taschengeld und geringfügiger Erwerbstätigkeit sei sodann im Wege der Mangelfallberechnung auf den Bedarf beider Kläger aufzuteilen.

II.

9
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision stand.
10
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch der Kläger nicht auf der Grundlage eines fiktiven Einkommens des Beklagten aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit ermittelt.
11
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 13. März 1996 - XII ZR 2/95 - FamRZ 1996, 796, 797) entfällt die unterhaltsrechtliche Verpflichtung zur Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern nicht ohne weiteres dadurch, dass der Unterhaltspflichtige eine neue Ehe eingegangen ist und darin im Einvernehmen mit seinem Ehegatten allein die Haushaltsführung übernommen hat. Zwar können die Ehegatten nach § 1356 Abs. 1 BGB die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen regeln und sie dabei einem von ihnen allein überlassen. Unterhaltsrechtlich entlastet die Haushaltsführung den Ehegatten aber nur gegenüber den Mitgliedern der durch die Ehe begründeten neuen Familie und auch dies nur im Regelfall.
12
Minderjährigen unverheirateten Kindern aus einer früheren Ehe, die nicht innerhalb der neuen Familie leben, kommt die Haushaltsführung in dieser Familie weder unmittelbar noch mittelbar zugute. Da diese Kinder den Mitgliedern der neuen Familie unterhaltsrechtlich nicht nachstehen (§ 1609 Abs. 1 BGB), darf sich der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht ohne weiteres auf die Sorge für die Mitglieder seiner neuen Familie beschränken. Auch dass die vom Beklagten betreuten jüngsten Kinder in der neuen Ehe geboren sind, ändert nichts daran, dass die Unterhaltsansprüche aller minderjährigen unverheirateten Kinder aus den verschiedenen Ehen gleichrangig sind und der Unterhaltspflichtige seine Arbeitskraft zum Unterhalt aller Kinder einsetzen muss.
13
b) Wenn der Unterhaltspflichtige in der früheren Ehe erwerbstätig war und diese Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Rollenwechsels zugunsten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung in der neuen Ehe aufgegeben hat, kann der Rollentausch und die sich daraus ergebende Minderung der Erwerbseinkünfte unterhaltsrechtlich nur dann akzeptiert werden, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte oder sonstige Gründe von gleichem Gewicht, die einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie mit sich bringen, im Einzelfall den Rollentausch rechtfertigen. Allerdings kann die Möglichkeit, in der neuen Ehe durch den Rollentausch eine Erhöhung des wirtschaftlichen Lebensstandards und eine Verbesserung der eigenen Lebensqualität zu erreichen, dann nicht mehr ohne weiteres als Rechtfertigung dienen, wenn sie gleichzeitig dazu führen würde, dass der Unterhaltspflichtige sich gegenüber den Berechtigten auf seine damit einhergehende Leistungsunfähigkeit beruft und damit deren bisherigen Lebensstandard verschlechtert.
14
Die Kinder aus erster Ehe müssen eine Einbuße ihrer Unterhaltsansprüche also nur dann hinnehmen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Familie an der Aufgabenverteilung ihr eigenes Interesse an der Beibehaltung der bisherigen Unterhaltssicherung deutlich überwiegt (Senatsurteil vom 13. März 1996 aaO). Nur in solchen Fällen ist auch der neue Ehegatte nicht verpflichtet, insoweit auf die Unterhaltspflicht seines Partners außerhalb der Ehe Rücksicht zu nehmen, zum Nachteil seiner Familie auf eine eigene Erwerbstätigkeit zu verzichten und stattdessen die Kinderbetreuung zu übernehmen (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1012 m.w.N.).
15
c) Danach ist das Berufungsgericht in revisionsrechtlich unbedenklicher Weise davon ausgegangen, dass es dem Beklagten hier nicht obliegt, die Haushaltsführung und Kinderbetreuung aufzugeben, um eine vollschichtige Erwerbstätigkeit übernehmen zu können. Denn die zweite Ehefrau des Beklagten erzielt aus ihrer selbständigen Tätigkeit ein weitaus höheres Einkommen, als dieser wegen der fehlenden Anerkennung seiner Berufsausbildung in Deutschland und wegen der noch vorhandenen Sprachprobleme erzielen könnte. Deswegen würde eine vollschichtige Erwerbstätigkeit des Beklagten unter Wahrung seines notwendigen Selbstbehalts und im Rahmen der dann gebotenen Mangelfallberechnung mit den Kindern aus zweiter Ehe sowie der zweiten Ehefrau (vgl. insoweit Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1155 f. = BGHZ 162, 384, 387 ff.) ohnehin zu keinen nennenswerten Unterhaltsansprüchen der Kläger führen.
16
2. Auf der Grundlage der unterhaltsrechtlich somit hinzunehmenden Rollenwahl des Beklagten in seiner neuen Ehe hat das Berufungsgericht den Unterhalt der Kläger zu Recht auf der Grundlage der sog. Hausmannrechtsprechung des Senats ermittelt.
17
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu auch BVerfG FamRZ 1985, 143, 145 f.) trifft einen wiederverheirateten barunterhaltspflichtigen Ehegatten ungeachtet seiner Pflichten aus der neuen Ehe selbst dann, wenn die Rollenwahl in dieser Ehe nicht zu beanstanden ist, eine Obliegenheit, erforderlichenfalls durch Aufnahme eines Nebenerwerbs zum Unterhalt von minderjährigen, unverheirateten Kindern aus der früheren Ehe beizutragen. Wegen des Gleichrangs aller Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder (§ 1609 Abs. 1 BGB) darf die mit der Rollenwahl verbundene Verminderung der Leistungsfähigkeit des geschiedenen Ehegatten nicht in unzumutbarer Weise zu Lasten der Kinder aus erster Ehe gehen. Unterhaltsrechtlich entlastet die häusliche Tätigkeit einen unterhaltspflichtigen Ehegatten nämlich nur gegenüber den Mitgliedern seiner neuen Familie, denen die Fürsorge - im Gegensatz zu den nicht im neuen Familienverbund lebenden minderjährigen Kindern aus erster Ehe - allein zugute kommt. Deswegen und wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber seinen minderjährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB) hat der Unterhaltspflichtige seine Leistungsfähigkeit über die Hausmannrolle in zweiter Ehe hinaus in vollem Umfang auszuschöpfen und im Rahmen der individuellen Möglichkeiten eine Nebentätigkeit aufzunehmen.
18
Der neue Ehegatte hat die Erfüllung dieser Obliegenheit nach dem Rechtsgedanken des § 1356 Abs. 2 BGB zu ermöglichen, zumal bei der Aufgabenverteilung in der neuen Ehe die beiderseits bekannte Unterhaltslast gegenüber Kindern aus früheren Ehen berücksichtigt werden muss (Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066). Diese Verpflichtung ergibt sich schon aus § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB. Denn der neue Ehegatte müsste es auch im Falle der Vollerwerbstätigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten hinnehmen, dass die Einnahmen daraus nicht ganz zur Bestreitung des Familienunterhalts zur Verfügung stünden, sondern zum Teil zum Unterhalt der gleichrangigen Kinder aus der früheren Ehe verwendet werden müssten (Senatsurteil vom 31. März 1982 - IVb ZR 667/80 - FamRZ 1982, 590, 592).
19
Das Einkommen aus seiner Nebentätigkeit kann der Unterhaltsschuldner in vollem Umfang für den Unterhaltsanspruch der minderjährigen Kinder aus erster Ehe verwenden, wenn und soweit sein eigener Selbstbehalt durch seinen Anspruch auf Familienunterhalt in der neuen Ehe abgesichert ist. Nur wenn bei unterhaltsrechtlich hinzunehmender Rollenwahl der neue Ehegatte den Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen durch sein Einkommen nicht vollständig sicherstellen kann, darf der Unterhaltspflichtige seine Einkünfte aus der Nebentätigkeit zunächst zur Sicherung des eigenen notwendigen Selbstbehalts verwenden (Senatsurteil vom 12. April 2006 aaO, 1014).
20
b) Die auf der Grundlage der Hausmannrolle und der Obliegenheit des Beklagten zur Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit errechnete Unterhaltspflicht ist nicht durch eine fiktive Unterhaltspflicht begrenzt, wie sie sich ergäbe, wenn der Beklagte in seiner neuen Ehe nicht die Hausmannrolle, sondern eine vollzeitige Erwerbstätigkeit übernommen hätte, aus deren Einkünften er unter Berücksichtigung seines eigenen notwendigen Selbstbehalts die Unterhaltsansprüche der Kläger, der damit gleichrangigen Kinder aus zweiter Ehe und ggf. der zweiten Ehefrau sicherstellen müsste. Im Gegensatz zur Auffassung der Revision führt dies nicht zu Wertungswidersprüchen im Vergleich zu Fällen, in denen die Hausmannrolle unberechtigt übernommen wurde und deswegen ein fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit zu berücksichtigen ist.
21
aa) Allerdings hat der Senat die Obliegenheit zur Übernahme einer Nebenerwerbstätigkeit in früheren Entscheidungen durch den sich auf der Grundlage einer anderen Rollenwahl mit Vollzeiterwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen ergebenden Unterhalt begrenzt. Die Obliegenheit könne nur so weit reichen , dass die unterhaltsberechtigten Kinder aus der früheren Ehe nicht schlechter gestellt werden, als sie stünden, wenn der ihnen Unterhaltspflichtige sich in seiner neuen Ehe nicht auf die Rolle des Hausmanns zurückgezogen hätte, sondern erwerbstätig geblieben wäre. Eine weitergehende Obliegenheit lasse sich auch aus dem Gleichrang der Unterhaltsansprüche aller minderjährigen Kinder nicht herleiten (Senatsurteile vom 31. März 1982 aaO und vom 26. September 1984 - IVb ZR 32/83 - NJW 1985, 318 f.). In diesem Sinne hat der Senat deswegen die Nebenerwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen durch eine fiktive Kontrollberechnung begrenzt.
22
Zugleich hat der Senat ausgeführt, dass auch der Unterhaltspflichtige durch die Übernahme der Rolle des Hausmanns nicht schlechter stehen dürfe, als wenn er erwerbstätig geblieben wäre (Senatsurteil vom 13. März 1996 aaO, 798). Daraus hat der Senat wiederum hergeleitet, dass die minderjährigen, unterhaltsberechtigten Kinder aus der früheren Ehe unter den genannten Voraussetzungen nicht besser stehen dürfen als bei einer Fortführung der Erwerbstä- tigkeit des Unterhaltspflichtigen (Senatsurteile vom 18. Oktober 2000 aaO, 1067 und vom 12. November 2003 - XII ZR 111/01 - FamRZ 2004, 364 f.).
23
bb) An dieser Rechtsprechung zur Begrenzung der Unterhaltspflicht des Hausmanns durch eine fiktive Kontrollberechnung hält der Senat nicht fest.
24
Der Senat hatte seine Rechtsprechung zur Kontrollberechnung schon bislang auf Fälle beschränkt, in denen der unterhaltspflichtige Elternteil die Hausmanntätigkeit in zweiter Ehe durch einen Rollentausch übernommen hatte. Müsse der Unterhaltsberechtigte aus der geschiedenen Ehe den Rollentausch nicht hinnehmen, sei dem Hausmann sein früheres Einkommen stets fiktiv zuzurechnen. Sei der Rollenwechsel hingegen gegenüber der früheren Familie gerechtfertigt, sei die regelmäßig vorliegende Obliegenheit zur Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit entsprechend begrenzt. Eine Begrenzung ist aber dann nicht angebracht, wenn es nicht zu einem Rollentausch gekommen ist, der Unterhaltspflichtige also in der alten wie in der neuen Familie die Haushaltsführung und Kindesbetreuung übernommen hat. Denn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht nach einer hypothetischen Situation, zu deren Herbeiführung den Unterhaltspflichtigen keine Obliegenheit trifft. Deswegen ist die Tatsache der Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich zu beachten. Ebenso wie die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen wegen des Hinzutretens weiterer gleichrangiger Kinder zu einer Schmälerung des Unterhaltsanspruchs der minderjährigen Kinder aus erster Ehe führen kann, kann sich die Wiederverheiratung auch zum Vorteil der erstehelichen Kinder auswirken (Senatsurteil vom 12. November 2003 aaO).
25
Die zuletzt genannten Erwägungen sind aber nicht auf Fälle zu beschränken , in denen schon in erster Ehe eine Hausmanntätigkeit ausgeübt wurde und somit kein Rollentausch vorliegt; sie gelten vielmehr allgemein für Fälle, in denen der barunterhaltspflichtige Elternteil in einer neuen Ehe die Rolle des Hausmanns (oder der Hausfrau) übernommen hat. Nach ständiger Rechtsprechung wirkt sich eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen schon deswegen auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs minderjähriger Kinder aus, weil sich deren Unterhaltsbedarf nach den Einkommensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils richtet, sie also an dessen verbesserten Verhältnissen teilhaben. Auch die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten nach § 1603 Abs. 1 BGB ist stets mindestens nach den tatsächlichen Verhältnissen zu bemessen. Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil in der neuen Ehe die Hausmannrolle tatsächlich übernommen hat, schuldet er seinen unterhaltsberechtigten Kindern aus erster Ehe deswegen stets mindestens den Unterhalt, der sich in dieser Konstellation aus seiner Obliegenheit zur Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit ergibt.
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Weil der Unterhaltspflichtige wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht aus § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB zudem gehalten ist, wenigstens den notwendigen Bedarf minderjähriger Kinder sicherzustellen, wirkt sich eine Verbesserung seiner persönlichen Verhältnisse stets auch zugunsten der unterhaltsberechtigten Kinder aus erster Ehe aus. Deswegen ist der Umstand der Wiederverheiratung des barunterhaltspflichtigen Elternteils grundsätzlich unterhaltsrechtlich beachtlich (Senatsurteile vom 12. April 2006 aaO, vom 12. November 2003 aaO und vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742).
27
Insbesondere der Gleichrang der Unterhaltsansprüche aller minderjährigen Kinder aus den verschiedenen Ehen des Unterhaltspflichtigen, der die Grundlage der Hausmann-Rechtsprechung des Senats bildet, spricht deswegen gegen eine Begrenzung des Unterhalts in Fällen eines berechtigten Rollenwechsels. Durch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter in der neuen Ehe ist die gesamte Unterhaltslast angestiegen, was dem Unterhaltspflichtigen erhöhte Anstrengungen abverlangt. Wenn er sich einerseits überwiegend der Haushaltstätigkeit und der Kindererziehung in der neuen Ehe widmet, kann er sich andererseits gegenüber den Kindern aus erster Ehe nicht auf eine frühere - für die Kinder ungünstigere - Einkommenssituation zurückziehen. Geeignetes Kriterium für den Umfang der von ihm zu übernehmenden Nebentätigkeit kann deswegen nicht eine fiktive Einkommenssituation ohne Rollenwechsel, sondern nur die tatsächliche Leistungsfähigkeit nach den individuellen Verhältnissen in der neuen Ehe sein. Soweit der Senat in seiner früheren Rechtsprechung ausgeführt hat, dass der Unterhaltspflichtige durch die Übernahme der Rolle des Hausmanns nicht schlechter gestellt sein dürfe, als wenn er erwerbstätig geblieben wäre, hält er an diesem Kriterium nicht mehr fest.
28
Entgegen der Auffassung der Revision liegt darin kein Wertungswiderspruch zu Fällen einer unberechtigten Rollenwahl. Zwar schuldet der unterhaltspflichtige Elternteil den minderjährigen Kindern aus erster Ehe in Fällen, in denen die Rollenwahl in der neuen Ehe unterhaltsrechtlich nicht hinzunehmen ist, grundsätzlich Unterhalt auf der Grundlage eines fiktiven Einkommens aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit. Diesen - höheren - Unterhalt schuldet der unterhaltspflichtige Elternteil aber deswegen, weil seine Rollenwahl in der neuen Ehe unterhaltsrechtlich aus den oben dargelegten Gründen nicht akzeptiert wird. Dann kann er sich nicht darauf berufen, kein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit erzielen zu können. Er muss sich vielmehr so behandeln lassen, als ob er auch in der neuen Ehe einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachginge und mit den erzielbaren Einkünften allen gleichrangigen Unterhaltsberechtigten unter Wahrung seines Selbstbehalts unterhaltspflichtig wäre. Dieser fiktive Ansatz kann den nach den tatsächlichen Verhältnissen durch Wahl der Rolle des Hausmanns geschuldeten Kindesunterhalt aber nicht zur Höhe begrenzen. Hat der unterhaltspflichtige Elternteil in der neuen Ehe die Rolle des Haus- manns ergriffen, schuldet er jedenfalls Unterhalt auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung seiner zumutbaren Einkünfte aus einer Nebenerwerbstätigkeit. Unterhalt auf der Grundlage einer fiktiven Vollzeiterwerbstätigkeit bei unterhaltsrechtlich nicht hinnehmbarer Rollenwahl schuldet der barunterhaltspflichtige Elternteil deswegen nur dann, wenn der danach berechnete Unterhalt der minderjährigen Kinder aus erster Ehe den Unterhalt nach den tatsächlichen Verhältnissen übersteigt.
29
Der Senat hat deswegen in jüngster Zeit allgemein darauf hingewiesen, dass die Wiederverheiratung, ebenso wie sie zur Schmälerung des Unterhaltsanspruchs als Folge des Hinzutretens weiterer minderjähriger Kinder aus der neuen Ehe führen kann, sich auch zum Vorteil der erstehelichen Kinder auswirken kann (Senatsurteile vom 12. April 2006 aaO, vom 12. November 2003 aaO und vom 20. März 2002 aaO). Das kann dann der Fall sein, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil, der die Hausmannrolle in seiner zweiten Ehe übernimmt , durch das Einkommen seiner Ehefrau bis zur Höhe des notwendigen Selbstbehalts abgesichert ist und deswegen eigenes Einkommen voll für den Unterhalt der Kinder aus erster Ehe verwenden kann. Solches Einkommen aus einer zumutbaren Nebentätigkeit und seinem Taschengeldanspruch in der neuen Ehe kann deswegen zu einem höheren Unterhaltsanspruch führen, als dies auf der Grundlage einer eigenen Vollzeiterwerbstätigkeit mit den sich daraus ergebenden weiteren Unterhaltspflichten der Fall wäre.
30
3. Auch die Bemessung der Unterhaltsansprüche der Kläger auf der Grundlage fiktiver Einkünfte des Beklagten aus einer Nebenerwerbstätigkeit und seines Anspruchs auf Taschengeld in der neuen Ehe begegnet keinen Bedenken.
31
a) Das Berufungsgericht hat das für den Beklagten aus einer zumutbaren Nebentätigkeit erzielbare Einkommen in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise ermittelt. Für den Umfang der dem Beklagten zumutbaren Nebenerwerbstätigkeit ist - wie schon ausgeführt - nicht auf die früheren Einkünfte aus einer Vollzeittätigkeit abzustellen. Vielmehr richtet sich die Obliegenheit des Beklagten, neben der Betreuung seiner Kinder aus zweiter Ehe eine Teilzeittätigkeit zur Finanzierung des Barunterhalts der Kinder aus erster Ehe aufzunehmen , nach den individuellen Möglichkeiten in der neuen Ehe. Wie der Senat schon ausgeführt hat, besteht eine solche Obliegenheit zur Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit nicht, solange der betreuende Elternteil Einkünfte aus Erziehungsgeld erzielt (Senatsurteil vom 12. April 2006 aaO). Dann hat der Beklagte das gemäß § 9 Satz 2 BErzGG erlangte Erziehungsgeld für den Unterhalt seiner minderjährigen Kinder einzusetzen (zur Abgrenzung vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 2006 - XII ZR 147/04 - FamRZ 2006, 1182, 1183 f.). Der Umfang seiner Verpflichtung zur Aufnahme einer Nebentätigkeit hängt im Übrigen davon ab, in welchem Maße er nach den individuellen Verhältnissen in seiner zweiten Ehe zu einer solchen Tätigkeit in der Lage ist. Dabei sind neben dem Alter der von ihm betreuten Kinder auch die berufliche Inanspruchnahme seines neuen Ehegatten und sonstige Betreuungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Ist der neue Ehegatte beruflich derart belastet, dass er den barunterhaltspflichtigen Ehegatten nicht persönlich entlasten kann oder will, ist stets zu prüfen, ob er seiner Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die weiteren Unterhaltspflichten seines Ehegatten nicht auf andere Weise genügen kann. Das kann auch durch die Finanzierung einer Hilfe für die Haushaltsführung und Kindesbetreuung geschehen.
32
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat das Berufungsgericht eine Obliegenheit des Beklagten zur Übernahme einer Geringverdienertätigkeit im Umfang von monatlich 630 DM bzw. (ab Januar 2002) 325 € angenommen.
Auch das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Revision meint, das Berufungsgericht habe den Vortrag des Beklagten übergangen, wonach seine zweite Ehefrau wegen der Betreuung psychisch auffälliger Kinder rund um die Uhr einsatzbereit sein müsse und ihn deswegen in der Betreuung der gemeinsamen Kinder nicht entlasten könne, verhilft ihr das nicht zum Erfolg. Denn dieser Vortrag des Beklagten ist insbesondere im Hinblick auf den Vortrag der Kläger, wonach wegen des Betriebs ihres Kinderheims eine Übernahme von Betreuungstätigkeit sogar leichter möglich ist, unsubstantiiert. Der Beklagte hat auch nichts dazu vorgetragen, dass seine zweite Ehefrau ihn im Hinblick auf ihr gutes Einkommen nicht anderweit zeitweise von der Betreuungstätigkeit entlasten kann.
33
b) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht bei der Bemessung der Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seinen minderjährigen Kindern auch auf dessen Taschengeld zurückgegriffen (vgl. BVerfG FamRZ 1985, 143, 146).
34
aa) Das Taschengeld ist Bestandteil des Familienunterhalts nach den §§ 1360, 1360 a BGB. Nach diesen Vorschriften sind Ehegatten einander verpflichtet , durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 Satz 1 BGB). Der angemessene Unterhalt umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Haushaltskosten zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen Kinder zu befriedigen (§ 1360 a Abs. 1 BGB). Dazu gehören u.a. Kosten für Wohnung, Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung , kulturelle Bedürfnisse, Kranken- und Altersvorsorge, Urlaub usw., die in der Regel in Form des Naturalunterhalts gewährt werden. Außerdem hat jeder der Ehegatten Anspruch auf einen angemessenen Teil des Gesamteinkommens als Taschengeld, d.h. auf einen Geldbetrag, der ihm die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse nach eigenem Gutdünken und freier Wahl un- abhängig von einer Mitsprache des anderen Ehegatten ermöglichen soll (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 - XII ZR 140/96 - FamRZ 1998, 608, 609). Wie der gesamte Familienunterhalt hat deswegen auch das Taschengeld zunächst den Zweck, die notwendigen Bedürfnisse des Unterhaltspflichtigen, also seinen gegenüber den minderjährigen Klägern zu wahrenden notwendigen Selbstbehalt sicherzustellen (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 81/85 - FamRZ 1987, 472, 473 f.; zum Erziehungsgeld vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006, aaO 1011 f.).
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bb) Erlangt der unterhaltspflichtige Elternteil allerdings von seinem neuen Ehegatten Unterhalt, der über den gegenüber seinen minderjährigen Kindern aus erster Ehe zu wahrenden notwendigen Selbstbehalt hinausgeht, stellt sich die Frage, inwieweit diese Unterhaltsleistungen als Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils zu berücksichtigen und für den Unterhalt der Kinder zu verwenden sind.
36
Der neue Ehegatte kann seinen Beitrag zum Familienunterhalt im Verhältnis zu dem barunterhaltspflichtigen Beklagten nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zu Unterhaltsleistungen nicht in der Lage. Ein solches Verhalten wäre dem ehegemeinschaftlichen Prinzip fremd und widerspräche der familienrechtlichen Unterhaltsregelung (BVerfG FamRZ 1994, 346, 350). Dieser Gedanke lässt sich jedoch nicht in gleicher Weise auf Unterhaltspflichten übertragen, die nur einen der Ehegatten treffen. Anderenfalls würde der den erstehelich geborenen Kindern nicht unterhaltspflichtige zweite Ehegatte über seine Verpflichtung zum Familienunterhalt mittelbar stets auch den Unterhalt dieser Kinder sichern. Weil der neue Ehegatte nicht den aus erster Ehe hervorgegangenen Kindern seines Ehegatten, sondern nur diesem unterhaltspflichtig ist, muss ihm in solchen Fällen bei der Bemessung des Familienunterhalts jedenfalls der - höhere - Ehegattenselbstbehalt verbleiben (Senatsurteil vom 15. März 2006 - XII ZR 30/04 - FamRZ 2006, 683, 684).
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Aber auch der dem Beklagten unter Wahrung des Ehegattenselbstbehalts seiner neuen Ehefrau geschuldete Familienunterhalt kann nach der Rechtsprechung des Senats nur bis zur Höhe des Taschengeldes für die Unterhaltsansprüche seiner minderjährigen Kinder aus erster Ehe herangezogen werden. Denn der Anspruch auf Familienunterhalt ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, dass jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Nur zur Bestimmung seines Maßes hat es der Senat gebilligt, auf die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien abzustellen, so dass § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Nur ein Teil des Anspruchs auf Familienunterhalt, nämlich der Taschengeldanspruch, ist hingegen auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO). Nur in diesem Umfang führt der Anspruch auf Familienunterhalt zu einem eigenen Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten, welches neben seinen Einkünften aus der Teilzeiterwerbstätigkeit für den Unterhalt seiner minderjährigen Kinder aus erster Ehe eingesetzt werden kann, sofern sein eigener notwendiger Selbstbehalt durch den übrigen Anspruch auf Familienunterhalt gesichert ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1987 aaO).
38
c) Schließlich ist das Berufungsgericht zu Recht und im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des Senats von einem Anspruch auf Familienunterhalt ausgegangen, der - auch ohne den als Taschengeld geschuldeten Anteil - den notwendigen Selbstbehalt des Beklagten in voller Höhe wahrt. Denn das nach Abzug des Unterhalts für die drei minderjährigen Kinder aus zweiter Ehe verbleibende Familieneinkommen betrug nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ursprünglich 3.983,70 DM, für die Zeit von Juli bis Dezember 2001 3.717,70 DM und beläuft sich seit Januar 2001 auf monatlich 1.896,11 €. Das Taschengeld, das das Oberlandesgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats mit 6 % des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens angenommen hat (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO), kann der Beklagte deswegen in voller Höhe zusätzlich zu dem Einkommen aus Nebentätigkeit für den Unterhalt seiner minderjährigen Kinder aus erster Ehe verwenden.
39
d) Auf der Grundlage dieser - eingeschränkten - Leistungsfähigkeit des Beklagten hat das Berufungsgericht die Unterhaltsansprüche der Kläger deswegen zu Recht im Wege der Mangelfallberechung nach dem altersabhängigen Unterhaltsbedarf der Kläger errechnet.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Dose Vorinstanzen:
AG Bremen, Entscheidung vom 28.02.2002 - 67 F 2329/01 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 27.06.2002 - 5 UF 29/02 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1603 Leistungsfähigkeit


(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren min

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1578 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf. (2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pfle

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1609 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter


Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:1.minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,2.Elternteile, die wegen der Betreuung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1360 Verpflichtung zum Familienunterhalt


Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie b

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1356 Haushaltsführung, Erwerbstätigkeit


(1) Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung. (2) Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sei

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 216/00 Verkündet am: 20. März 2002 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2006 - XII ZR 30/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 30/04 Verkündet am: 15. März 2006 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2007 - XII ZR 189/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 189/04 Verkündet am: 25. April 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 22. Jan. 2016 - 10 B 13/15

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

Gründe 1 Die Klägerin, die seit Februar 2011 als Rechtsanwältin in Teilzeit mit zunächst zehn und derzeit zwölf Wochenstunden in der Kanzlei ihres Ehemannes beschäftigt

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(1) Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung.

(2) Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung.

(2) Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,
3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6.
Eltern,
7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 31/04 Verkündet am:
12. April 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Auch soweit Erziehungsgeld nach § 9 Satz 2 BErzGG als Einkommen des
Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen ist (hier: gegenüber dem Unterhaltsanspruch
minderjähriger Kinder), ist es unterhaltsrechtlich nur einzusetzen,
wenn und soweit dessen eigener (hier: notwendiger) Selbstbehalt sichergestellt
ist (im Anschluss an das Senatsurteil vom 15. März 2006 - XII ZR
30/04 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Der seinen minderjährigen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtige
Elternteil, der aufgrund einer unterhaltsrechtlich zu akzeptierenden Rollenwahl
in seiner neuen Ehe die Haushaltsführung und Kinderbetreuung
übernommen hat, ist während des Bezugs von Erziehungsgeld regelmäßig
nicht zu einer Nebenerwerbstätigkeit verpflichtet (Fortführung des Senatsurteils
vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065).
BGH, Urteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - OLG Bamberg
AG Schweinfurt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. April 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 15. Januar 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht.
2
Die Beklagte ist die Mutter der minderjährigen Kinder Ni., geboren am 18. Oktober 1991, und Na., geboren am 1. Juni 1995. Beide Kinder wohnten während der hier noch relevanten Zeit von Juni 2001 bis Mai 2004 bei ihrem Vater und wurden von diesem betreut.
3
Der Kläger erbrachte für die Tochter Ni. von September 2000 bis Oktober 2003 und für die Tochter Na. von November 2000 bis Mai 2004 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in unterschiedlicher Höhe. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2000 setzte er die Beklagte davon in Kenntnis und forderte sie zu Unterhaltszahlungen für die Kinder auf.
4
Die Beklagte erhielt seit November 2000 Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 176,61 DM und verdiente monatlich 310 DM anrechnungsfrei hinzu. Seit dem 4. Mai 2001 ist sie wieder verheiratet. Aus dieser Beziehung ist der am 7. Juni 2001 geborene Sohn R. hervorgegangen. Seit der Geburt dieses Kindes widmet sich die Beklagte der Kindererziehung und der Haushaltstätigkeit in ihrer neuen Ehe. Ihr Ehemann ist erwerbstätig und erzielte monatliche Einkünfte, die sich durchschnittlich im Jahre 2001 auf 1.715 €, im Jahre 2002 auf 1.741 € und im Jahre 2003 auf 1.762 € beliefen. Er ist neben der Beklagten und dem gemeinsamen Kind R. auch seiner 1987 geborenen Tochter K. unterhaltspflichtig.
5
Das Amtsgericht hat die auf Unterhaltszahlungen für die Zeit seit November 2000 gerichtete Klage mangels Leistungsfähigkeit der Beklagten abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision des Klägers, mit der er nur noch Unterhalt für die Zeit vom 7. Juni 2001 bis zum Ende der Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz verlangt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

A.

7
Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen, weil die Beklagte , abgesehen davon, dass sie ihrer Tochter Na. nur für einen Teil der Zeit Barunterhalt schulde, nicht leistungsfähig gewesen sei.
8
Ein - auf den Kläger übergegangener - Anspruch des minderjährigen Kindes Na. auf Barunterhalt scheide für die Zeit von November 2000 bis Mai 2001 schon deswegen aus, weil diese Tochter seinerzeit noch bei der Beklagten gewohnt habe und von ihr betreut worden sei. Der für die Unterhaltsbedürftigkeit darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe den entsprechenden Vortrag der Beklagten lediglich mit Nichtwissen bestritten und keinen Beweis für die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Barunterhalt angetreten.
9
Außerdem sei die Beklagte während der gesamten Zeit des Bezugs von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auch unter Berücksichtigung ihres Erziehungsgeldes nicht leistungsfähig gewesen.
10
Für die Zeit ab der Heirat der Beklagten und der Geburt ihres weiteren Kindes R. sei ihr ein fiktives Einkommen nicht mehr zurechenbar. Die Rollenverteilung in ihrer neuen Ehe sei nicht zu beanstanden, weil ihr Ehemann ein Einkommen erziele, welches die Beklagte im Hinblick auf ihre fehlende Berufsausbildung nicht erzielen könne. Die Beklagte sei zwar gehalten gewesen, die Betreuung des Kindes teilweise ihrem Ehemann zu überlassen, um im Rahmen einer ihr möglichen und zumutbaren Nebenbeschäftigung auch den Unterhalt ihrer beiden minderjährigen Kinder Ni. und Na. zu gewährleisten. Weil ihr Ehemann allerdings einem weiteren minderjährigen Kind unterhaltspflichtig sei und Ratenzahlungsverpflichtungen zu erfüllen habe, sei der notwendige Selbstbehalt der Ehegatten durch dessen Einkommen auch unter Berücksichtigung des von der Beklagten bezogenen Erziehungsgeldes nicht gewahrt. Ein möglicherweise erzielbares Nebeneinkommen der Beklagten habe allenfalls den Fehlbetrag zum Familienselbstbehalt abdecken können. Ein überschießendes Einkommen verbleibe der Beklagten deswegen nicht.
11
Das Erziehungsgeld der Beklagten sei wegen ihrer gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Kindern zwar als Einkommen zu berücksichtigen. Die Beträge seien aber nur dann anteilig für den Kindesunterhalt einzusetzen, wenn der notwendige Selbstbehalt der unterhaltspflichtigen Beklagten gewahrt sei. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts Thüringen überzeuge nicht und verkenne, dass mit der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung des Erziehungsgeldes nach § 1603 Abs. 2 BGB kein bestimmter Verwendungszweck verbunden sei. Weil die Berücksichtigung des Erziehungsgeldes bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs minderjähriger Kinder in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte umstritten sei, hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.

B.

12
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision stand.

I.

13
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte auch während des Bezugs von Erziehungsgeld Unterhalt nicht unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit schuldet. Nach § 9 Satz 1 BErzGG werden Unterhaltsverpflichtungen durch die Zahlung des Erziehungsgeldes grundsätzlich nicht berührt. Nur in besonderen Ausnahmefällen, u.a. bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB, ist das Erziehungsgeld als Einkommen zu berücksichtigen (§ 9 Satz 2 BErzGG). Zu- treffend ist das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, dass sich aus dem Bezug des Erziehungsgeldes auch in solchen Fällen kein besonderer Verwendungszweck ergibt, der die Beklagte verpflichten würde, das Erziehungsgeld unabhängig von ihrer eigenen unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit an ihre gleichrangigen minderjährigen Kinder weiterzuleiten.
14
1. Allerdings wird die Frage, ob der barunterhaltspflichtige Elternteil das wegen der Geburt eines weiteren Kindes bezogene Erziehungsgeld ohne Rücksicht auf seinen eigenen Selbstbehalt an die gleichrangig unterhaltsberechtigten Kinder aus verschiedenen Ehen weiterleiten muss oder ob das Erziehungsgeld - wie anderes Einkommen des Unterhaltsschuldners - zunächst zur Deckung seines eigenen Selbstbehalts eingesetzt werden darf, in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte nicht einheitlich beantwortet.
15
Teilweise wird vertreten, der barunterhaltspflichtige Elternteil müsse sein Erziehungsgeld auch dann für den Unterhalt aller gleichrangigen Kinder verwenden , wenn ihm selbst nur noch weniger als der notwendige Selbstbehalt verbleibe. Wegen der "mangelnden Unterhaltsfunktion des Erziehungsgeldes" könne sich der Unterhaltsschuldner nicht darauf berufen, er benötige es für seinen eigenen Unterhalt (OLG Frankfurt FamRZ 1991, 594; OLG Jena FamRZ 1999, 1526).
16
Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, dient das Erziehungsgeld hingegen zunächst der eigenen Bedarfsdeckung des Unterhaltspflichtigen. Zwar sei das Erziehungsgeld wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 BGB) nach § 9 Satz 2 BErzGG als Einkommen zu berücksichtigen; für den Unterhaltsanspruch der Kinder stehe es aber nur zur Verfügung, wenn und soweit der eigene notwendige Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen - ggf. durch Unterhaltsleistungen in der neuen Ehe - sichergestellt sei (KG KGR 2002, 146; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1497; OLG Dresden OLGR 2000, 426; OLG Nürnberg FamRZ 1998, 981 f. und 1994, 1402 f.; OLG Schleswig FamRZ 1989, 997; vgl. auch Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 177).
17
2. Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
18
Nach § 9 Satz 1 BErzGG werden Unterhaltsverpflichtungen durch die Zahlung des Erziehungsgeldes und anderer vergleichbarer Leistungen der Länder nicht berührt. Das Erziehungsgeld hat keine Lohnersatzfunktion, sondern wird auch an Eltern gezahlt, die zuvor nicht erwerbstätig waren. Somit dient es sozialpolitischen Zielen und soll zugleich einen finanziellen Anreiz für die Kindererziehung schaffen. Lediglich in besonderen Ausnahmefällen, wie z.B. im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 BGB gleichgestellten Kindern, ist das Erziehungsgeld als Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Diese unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der Einkünfte aus Erziehungsgeld ändert aber nichts daran, dass die Einkünfte dem Elternteil zur Verfügung stehen, um ihm die Pflege und Erziehung des Kindes zu ermöglichen (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 161, 124, 129 f. = FamRZ 2005, 347, 348 f.). Auch in solchen Fällen darf das Erziehungsgeld deswegen vorrangig zum notwendigen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen verwendet werden.
19
Denn nach ständiger Rechtsprechung des Senats entfällt eine Unterhaltspflicht , soweit der Unterhaltsschuldner infolge seiner Unterhaltsleistungen selbst sozialhilfebedürftig würde. Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen muss dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstellt. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 15. März 2006 - XII ZR 30/04 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt m.w.N.). Diese Grenze der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist stets zu beachten , und zwar unabhängig davon, woraus die eigenen Einkünfte des Unterhaltspflichtigen herrühren.
20
Bei der Bemessung dieses - auch verfassungsrechtlich zu beachtenden - Mindestselbstbehalts ist es dem Tatrichter nicht verwehrt, sich an Erfahrungsund Richtwerte anzulehnen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung gebieten. Dabei haben die Gerichte allerdings die gesetzlichen Vorgaben zu beachten, die sich insbesondere aus dem Wesen der Unterhaltspflicht und der Rangfolge des Anspruchs im Verhältnis zu anderen Unterhaltsberechtigten ergeben (Senatsurteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 15/88 - FamRZ 1989, 272 f.). Deswegen ist es nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte dem gegenüber minderjährigen Kindern unterhaltspflichtigen Elternteil im Hinblick auf den Vorrang nach § 1609 Abs. 1 BGB und die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB lediglich einen notwendigen Selbstbehalt belassen, der für den Regelfall nur wenig oberhalb des eigenen Existenzminimums liegt. Dieser - unterste - Selbstbehalt muss dem Unterhaltspflichtigen allerdings auf jeden Fall verbleiben (vgl. BVerfG FamRZ 2001, 541).

II.

21
Soweit das Berufungsgericht die Beklagte selbst unter Berücksichtigung ihres Erziehungsgeldes nicht für leistungsfähig erachtet hat, hält auch dies den Angriffen der Revision stand.
22
1. Ein fiktives Einkommen aus vollzeitiger Erwerbstätigkeit kann der Beklagten schon deswegen nicht zugerechnet werden, weil ihre Rollenwahl als Hausfrau und Mutter in der neuen Ehe unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden ist und sie deswegen an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert war.
23
a) Zwar entfällt nach ständiger Rechtsprechung des Senats die unterhaltsrechtliche Verpflichtung zur Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern nicht ohne weiteres dadurch , dass der Unterhaltspflichtige eine neue Ehe eingegangen ist und darin im Einvernehmen mit seinem Ehegatten allein die Haushaltsführung übernommen hat. Allerdings können die Ehegatten nach § 1356 Abs. 1 BGB die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen regeln und sie dabei einem von ihnen allein überlassen. Unterhaltsrechtlich entlastet die Haushaltsführung den Ehegatten jedoch nur gegenüber den Mitgliedern der durch die Ehe begründeten neuen Familie und auch dies nur im Regelfall. Minderjährigen unverheirateten Kindern aus einer früheren Ehe, die nicht innerhalb der neuen Familie leben , kommt die Haushaltsführung in dieser Familie weder unmittelbar noch mittelbar zugute. Da diese Kinder den Mitgliedern der neuen Familie unterhaltsrechtlich nicht nachstehen (§ 1609 Abs. 1 BGB), darf sich der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht ohne weiteres auf die Sorge für die Mitglieder seiner neuen Familie beschränken. Wenn - wie im vorliegenden Fall - in der neuen Ehe ein betreuungsbedürftiges Kind geboren ist, ändert sich im Grundsatz nichts daran, dass die Unterhaltsansprüche der minderjährigen unverheirateten Kinder aus den verschiedenen Ehen gleichrangig sind und der Unterhaltspflichtige seine Arbeitskraft zum Unterhalt aller Kinder einsetzen muss. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - die Mutter barunterhaltspflichtig ist und in ihrer neuen Ehe die Kindererziehung übernommen hat (Senatsurteil vom 7. Oktober 1981 - IVb ZR 610/80 - FamRZ 1982, 25, 26 f.).
24
Wenn der Unterhaltspflichtige in der früheren Ehe erwerbstätig war und diese Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Rollenwechsels zugunsten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung in der neuen Ehe aufgegeben hat, kann der Rollentausch und die sich daraus ergebende Minderung der Erwerbseinkünfte unterhaltsrechtlich nur dann akzeptiert werden, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte oder sonstige Gründe von gleichem Gewicht, die einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie mit sich bringen, im Einzelfall den Rollentausch rechtfertigen. Allerdings kann die Möglichkeit, in der neuen Ehe durch den Rollentausch eine Erhöhung des wirtschaftlichen Lebensstandards und eine Verbesserung der eigenen Lebensqualität zu erreichen, dann nicht mehr ohne weiteres als Rechtfertigung dienen, wenn sie gleichzeitig dazu führt, dass sich der Unterhaltspflichtige gegenüber dem Berechtigten auf seine damit einhergehende Leistungsunfähigkeit berufen und damit dessen bisherigen Lebensstandard verschlechtern kann. Die Kinder aus erster Ehe müssen eine Einbuße ihrer Unterhaltsansprüche also nur dann hinnehmen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Familie an der Aufgabenverteilung ihr eigenes Interesse an der Beibehaltung ihrer bisherigen Unterhaltssicherung deutlich überwiegt (Senatsurteil vom 13. März 1996 - XII ZR 2/95 - FamRZ 1996, 796, 797). Nur in solchen Fällen ist auch der andere Ehegatte nicht verpflichtet, insoweit auf die Unterhaltspflicht seines Partners außerhalb der Ehe Rücksicht zu nehmen, zum Nachteil seiner Familie eine Erwerbstätigkeit zu unterlassen und stattdessen die Kinderbetreuung zu übernehmen (BGHZ 75, 272, 275 ff. = FamRZ 1980, 43 f.).
25
Nach dieser Rechtsprechung ist die Beklagte nicht zur Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit verpflichtet. Denn sie hatte schon in ihrer ersten Ehe die Haushaltstätigkeit und Kindererziehung übernommen und war deswegen seit der Geburt ihrer Kinder Ni. und Na. in den Jahren 1991 und 1995 keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen. Die Rollenwahl der Beklagten in ihrer zweiten Ehe ist aber auch deswegen unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden, weil ihr Ehemann ein erheblich höheres Einkommen erzielt, als die Beklagte in Anbetracht ihrer fehlenden Berufsausbildung erlangen könnte.
26
b) Neben ihrer unterhaltsrechtlich hinzunehmenden Kindererziehung und Haushaltstätigkeit war die Beklagte grundsätzlich nicht verpflichtet, ein Erwerbseinkommen zu erzielen, das ihr - unter Berücksichtigung ihres eigenen notwendigen Selbstbehalts - Unterhaltsleistungen an ihre Kinder ermöglichte.
27
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lebte die im Juni 1995 geborene Tochter Na. bis einschließlich Mai 2001 im Haushalt der Beklagten und wurde von ihr betreut. Am 7. Juni 2001 wurde in der neuen Ehe der Beklagten das Kind R. geboren, das sie seitdem betreut und erzieht. Nach der Rechtsprechung des Senats muss sich ein Ehegatte, wenn er selbst Unterhalt begehrt , im Regelfall nicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit verweisen lassen, solange er ein Kind betreut, das noch nicht acht Jahre alt ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - zur Veröffentlichung bestimmt m.w.N.). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass ein schulpflichtiges Kind in den ersten Schuljahren erfahrungsgemäß noch einer verstärkten Beaufsichtigung und Fürsorge bedarf, die auch nicht auf bestimmte Zeitabschnitte eines Tages beschränkt ist (Wendl/Pauling aaO § 4 Rdn. 72). Das hinderte die Beklagte schon an einer Haupterwerbstätigkeit bis zum Auszug der seinerzeit noch nicht sechs Jahre alten Tochter Na. im Mai 2001. Für die hier nur noch relevante Zeit ab der Geburt des Kindes R. gilt dies in besonderem Maße, weil neben der Erziehung eines Kleinstkindes keine nennenswerte Berufstätigkeit in Betracht kommt.
28
Nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Beklagte , auch wenn sie sich um eine Berufstätigkeit bemüht hätte, am Arbeits- markt kein Einkommen erzielen können, das ihr unter Wahrung ihres eigenen notwendigen Selbstbehalts Unterhaltsleistungen an ihre Kinder aus erster Ehe ermöglicht hätte. Auch das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Beklagte konnte ohnehin nur in einem ungelernten Beruf arbeiten, weil sie ihre Berufsausbildung als Verkäuferin abgebrochen und seit der Geburt ihrer ersten Tochter nur noch Nebentätigkeiten ausgeübt hatte. Zudem war sie erneut schwanger, so dass die Beschäftigungsverbote nach §§ 3, 4 MuSchG zu beachten waren. Unabhängig davon, ob die Beklagte nach arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung verpflichtet gewesen wäre, ihre Schwangerschaft zu offenbaren (BAGE 104, 304), wäre sie jedenfalls nicht zur Aufnahme einer die Schwangerschaft beeinträchtigenden Beschäftigung i.S. von § 4 Abs. 2 Nr. 3 MuSchG verpflichtet gewesen. Und schon vor dem Auszug der Tochter Na. galt das generelle Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 2 MuSchG, welches eine Berufstätigkeit der Schwangeren in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung ohne ihre ausdrückliche Zustimmung untersagt.
29
c) Weil die Beklagte neben der Erziehung ihrer minderjährigen Kinder kein Einkommen aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen konnte, ist ihr ab der Geburt des Kindes R. auch kein entsprechendes, fiktives Mutterschaftsgeld nach § 13 MuSchG i.V. mit § 200 RVO zurechenbar.
30
2. Auf der Grundlage der unterhaltsrechtlich hinzunehmenden Rollenwahl in ihrer neuen Ehe sind der Beklagten auch nach der so genannten Hausmannrechtsprechung des Senats keine (fiktiven) Einkünfte zurechenbar, die gemeinsam mit ihrem Anspruch auf Familienunterhalt ihren notwendigen Selbstbehalt überschreiten und somit für Unterhaltszahlungen eingesetzt werden könnten.
31
a) Schon für Fälle der Geschwistertrennung, wie sie hier bezüglich der beiden aus erster Ehe hervorgegangenen Töchter für die Zeit bis Mai 2001 vorlag , wird in Rechtsprechung und Literatur wegen des Gleichrangs aller minderjährigen Kinder eine Beschäftigungspflicht beider Eltern nach den Grundsätzen der so genannten Hausmannrechtsprechung verlangt (vgl. Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 309 ff., 315). Das gilt erst recht für die Zeit ab der Geburt des Sohnes R. in der neuen Ehe der Beklagten. Denn nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu BVerfG FamRZ 1985, 143) trifft den wiederverheirateten barunterhaltspflichtigen Ehegatten ungeachtet seiner Pflichten aus der neuen Ehe und selbst dann, wenn die Rollenwahl in dieser Ehe nicht zu beanstanden ist, eine Obliegenheit, erforderlichenfalls durch Aufnahme eines Nebenerwerbs zum Unterhalt von minderjährigen, unverheirateten Kindern aus der früheren Ehe beizutragen. Der neue Ehepartner hat die Erfüllung dieser Obliegenheit nach dem Rechtsgedanken des § 1356 Abs. 2 BGB zu ermöglichen, zumal bei der Aufgabenverteilung in der neuen Ehe die beiderseits bekannte Unterhaltslast gegenüber Kindern aus früheren Ehen berücksichtigt werden muss (Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066).
32
Die Leistungsfähigkeit des wiederverheirateten Elternteils wird insoweit - neben vorhandenen Einkünften - durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Dabei richtet sich der Umfang der Erwerbsobliegenheit maßgeblich nach den bestehenden Unterhaltspflichten ohne Berücksichtigung des eigenen Unterhaltsbedarfs , wenn und soweit der Eigenbedarf des haushaltsführenden Ehegatten durch den Unterhalt gesichert ist, den ihm sein Ehegatte nach Maßgabe der §§ 1360, 1360 a BGB schuldet (Senatsurteil vom 12. November 2003 - XII ZR 111/01 - FamRZ 2004, 364). Auch wenn der wiederverheiratete Elternteil in der neuen Ehe die ihn hier treffende Verpflichtung, durch Arbeit zum Familienunterhalt beizutragen, grundsätzlich durch die Führung des Haushalts erfüllt (vgl. § 1360 Satz 2 BGB), ist er doch gehalten, die häusliche Tätigkeit auf ein Maß zu beschränken, welches ihm erlaubt, eine Nebentätigkeit aufzunehmen, um seiner Barunterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Kindern aus der früheren Ehe nachkommen zu können (Senatsurteil vom 13. März 1996 aaO).
33
b) Der Umstand der Wiederverheiratung des barunterhaltspflichtigen Elternteils ist also unterhaltsrechtlich beachtlich, weil sein eigener notwendiger Selbstbehalt ab diesem Zeitpunkt ggf. durch den Anspruch auf Familienunterhalt gedeckt sein kann. So wie die Wiederheirat dazu führen kann, dass sich das ersteheliche Kind eine Schmälerung seines Unterhaltsanspruchs als Folge des Hinzutritts weiterer minderjähriger Kinder aus der neuen Ehe des Barunterhaltspflichtigen entgegenhalten lassen muss, kann sich die Wiederverheiratung also auch zum Vorteil des erstehelichen Kindes auswirken. Da das Gesetz in § 1603 BGB auf die tatsächlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen abstellt und seine Unterhaltspflicht danach bemisst, ob und inwieweit er imstande ist, den begehrten Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren, ist so die Sicherstellung des eigenen Unterhalts der Beklagten in der neuen Ehe zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 18. Oktober 2000 aaO, 1067 f., vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 12. November 2003 aaO).
34
Zwar lässt sich der in einer intakten Ehe bestehende Anspruch auf Familienunterhalt gemäß §§ 1360, 1360 a BGB, der den notwendigen Selbstbehalt der barunterhaltspflichtigen Beklagten absichern könnte, nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt für Trennung und Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, dass jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Seinem Umfang nach umfasst er gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und der gemeinsamen Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so dass § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, den im vorliegenden Fall maßgeblichen Anspruch auf Familienunterhalt in einem Geldbetrag zu veranschlagen und diesen in gleicher Weise wie den Unterhaltsbedarf des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten zu ermitteln (Senatsurteil vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24, 25).
35
Auf der Grundlage seines unterhaltsrelevanten Einkommens, seiner Unterhaltspflichten gegenüber dem gemeinsamen Kind R. und einem weiteren minderjährigen Kind sowie seiner Kreditverpflichtungen war der Ehemann der Beklagten nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts aber allenfalls in der Lage, den notwendigen Selbstbehalt der Beklagten bis auf einen Fehlbetrag von monatlich 300 € sicherzustellen. Soweit das Berufungsgericht dabei einen aus den (gekürzten) notwendigen Selbstbehalten der neuen Ehegatten ermittelten Familienselbstbehalt berücksichtigt hat, beschwert das den Kläger jedenfalls nicht.
36
c) Der Revision ist zwar einzuräumen, dass bei bestehender Ehe beiden Ehegatten gleichermaßen die Verpflichtung obliegt, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 Satz 1 BGB). Die Unterhaltspflicht der Ehegatten ist mithin eine wechselseitige; jeder Ehegatte ist gegenüber dem anderen zugleich Unterhaltsberechtigter und Unterhaltsverpflichteter. Dem Grundgedanken des § 1360 BGB entspricht es deswegen, dass die Last des Familienunterhalts von den Ehegatten gemeinsam getragen wird. Dabei kann der Verpflichtete im Verhältnis zu seinem Partner seinen Beitrag zum Familienunterhalt nicht unter Hinweis darauf verweigern, er sei ohne Gefährdung seines Eigenbedarfs zur Unterhaltsleistung nicht in der Lage. Ein solches Verhalten wäre dem ehegemeinschaftlichen Prinzip fremd und widerspräche der familienrechtlichen Unterhaltsregelung (BVerfG FamRZ 1984, 346, 350).
37
Dieser Gedanke lässt sich allerdings nicht in gleicher Weise auf Unterhaltspflichten übertragen, die nur einen der Ehegatten treffen. Anderenfalls würde der den erstehelich geborenen Kindern nicht unterhaltspflichtige zweite Ehemann über seine Verpflichtung zum Familienunterhalt mittelbar stets auch den Unterhalt dieser Kinder sichern. Weil der neue Ehemann den aus erster Ehe seiner Ehefrau hervorgegangenen Kindern nicht unterhaltspflichtig ist, trifft ihn insoweit auch keine gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB. Ist der neue Ehemann der Beklagten aber nicht gesteigert unterhaltspflichtig, kann auch im Rahmen des geschuldeten Familienunterhalts sein Ehegattenselbstbehalt nicht unberücksichtigt bleiben. Nur im Rahmen des dann noch geschuldeten Familienunterhalts wäre der eigene notwendige Selbstbehalt der Beklagten gegenüber den Unterhaltsansprüchen ihrer Kinder sichergestellt (vgl. zum rechtsähnlichen Problem der Leistungsfähigkeit beim Elternunterhalt Senatsurteile vom 15. Oktober 2003 - XII ZR 122/00 - FamRZ 2004, 366, 367 ff., vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00 - FamRZ 2004, 370, 372 und vom 28. Januar 2004 - XII ZR 218/01 - FamRZ 2004, 795, 797 f.).
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Darauf, ob dem neuen Ehegatten in solchen Fällen stets der volle Ehegattenselbstbehalt verbleiben muss (zur Bemessung vgl. Senatsurteil vom 15. März 2006 aaO), kommt es hier aber nicht an. Denn nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Oberlandesgerichts bleibt selbst auf der Grundlage eines Familienselbstbehalts, der beiden neuen Ehegatten nur ihren (sogar gekürzten) notwendigen Selbstbehalt belässt, noch ein Fehlbetrag von monatlich 300 €. Das beschwert den Kläger jedenfalls nicht.
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d) Der notwendige Selbstbehalt der Beklagten gegenüber den Unterhaltsansprüchen ihrer Kinder aus erster Ehe war durch ihren Anspruch auf Familienunterhalt deswegen allenfalls bis auf einen Betrag in Höhe von 300 € monatlich gedeckt. Nach den ebenfalls zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts standen deswegen sowohl das Erziehungsgeld der Beklagten während der ersten zwei Jahre des in zweiter Ehe geborenen Kindes als auch (fiktive) Einkünfte der Beklagten aus einer Nebentätigkeit nicht für Unterhaltsansprüche der Kinder Ni. und Na. zur Verfügung. Denn sie konnten - neben dem Anspruch auf Familienunterhalt - allenfalls den eigenen notwendigen Selbstbehalt der Beklagten wahren.
40
Während der ersten zwei Jahre seit der Geburt des Kindes R., in denen die Beklagte Erziehungsgeld erhielt, war sie nicht verpflichtet, neben der Betreuung des Kleinkindes aus der neuen Ehe eine Nebenerwerbstätigkeit auszuüben. Dem steht schon entgegen, dass minderjährige Kinder bis zum Alter von jedenfalls zwei Jahren regelmäßig ständiger Aufsicht und Betreuung bedürfen , die auch der neue Ehegatte unter Berücksichtigung seiner eigenen Erwerbstätigkeit nicht in dem erforderlichen Umfang sicherstellen kann. Dem Gleichrang der Unterhaltsansprüche aller Kinder aus verschiedenen Beziehungen trägt für diesen Zeitraum schon § 9 Satz 2 BErzGG Rechnung. Denn während das Erziehungsgeld grundsätzlich bei der Bemessung von Unterhaltsverpflichtungen unberücksichtigt bleibt, ist es wegen der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung gegenüber den minderjährigen Kindern aus erster Ehe als Einkommen zu berücksichtigen. Für die Zeit seines Bezugs ersetzt das Erziehungsgeld somit im Interesse der Betreuung des neugeborenen Kindes die sonst ggf. bestehende Erwerbspflicht des barunterhaltspflichtigen Ehegatten (vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 177, 181).
41
Für die Zeit ab Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes R. am 7. Juni 2003 ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte allenfalls ein Nebeneinkommen in Höhe von 300 € monatlich erzielen könnte. Wegen der fehlenden Berufsausbildung der Beklagten und des Alters des zu betreuenden Kindes R. ist dagegen revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Ein solches Einkommen könnte somit allenfalls den Wegfall des Erziehungsgeldes auffangen und den eigenen notwendigen Selbstbehalt der Beklagten dauerhaft sichern.
Hahne Sprick Wagenitz Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Schweinfurt, Entscheidung vom 24.06.2003 - 1 F 950/02 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 15.01.2004 - 2 UF 192/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 273/02 Verkündet am:
13. April 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Treffen im Mangelfall minderjährige unverheiratete oder privilegierte volljährige
Kinder (§ 1603 Abs. 2 BGB) mit einem nach § 1582 BGB bevorrechtigten
geschiedenen Ehegatten zusammen, ist der Unterhaltsanspruch eines neuen
Ehegatten auch dann nachrangig, wenn der geschiedene Ehegatte seinen
Unterhaltsanspruch nicht geltend macht (Fortführung des Senatsurteils
BGHZ 104, 158 = FamRZ 1988, 705).

b) Erzielt der Unterhaltsberechtigte überobligationsmäßige Einkünfte, ist nur der
unterhaltsrelevante Teil des so erzielten Einkommens in die Additions- bzw.
Differenzmethode einzubeziehen. Der nicht unterhaltsrelevante Teil bleibt bei
der Unterhaltsermittlung vollständig unberücksichtigt (Fortführung der Senatsurteile
BGHZ 148, 368 = FamRZ 2001, 1687 und vom 22. Januar 2003
- XII ZR 186/01 - FamRZ 2003, 518).
BGH, Urteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - OLG Koblenz
AG Betzdorf
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 2. Oktober 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Abänderung zweier Jugendamtsurkunden über die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt. Die Kläger sind minderjährige Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Die Mutter der Kläger ist neben der Kindeserziehung in Teilzeit (3/4 Stelle ) berufstätig und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.700 DM. Der Beklagte erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.393 DM. Er ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe ist im Oktober 1999 ein weiteres Kind hervorgegangen, das von der nicht erwerbstätigen Ehefrau des Be-
klagten betreut wird. Im Haushalt der Ehegatten leben außerdem zwei weitere Kinder der neuen Ehefrau des Beklagten. Mit Jugendamtsurkunden vom 18. Januar 2001 hatte sich der Beklagte verpflichtet, an die Kläger jeweils monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 289 DM zu zahlen. Das Amtsgericht hat den Beklagten in Abänderung der Jugendamtsurkunden verurteilt, nebst Unterhaltsrückständen monatlichen Unterhalt an den Kläger zu 1 für die Zeit ab Juli 2001 in Höhe von 213 € und für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 in Höhe von 212 € sowie an den Kläger zu 2 für die Zeit ab Juli 2001 in Höhe von 180 € zu zahlen. Mit seiner Berufung hat der Beklagte zuletzt beantragt, die Klage abzuweisen, soweit er in Abänderung der Jugendamtsurkunden zu höheren monatlichen Unterhaltszahlungen als 200 € ab Juli 2001 sowie 180 € ab Januar 2002 an den Kläger zu 1 und als 165 € ab Juli 2001 sowie 150 € ab Januar 2002 an den Kläger zu 2 verurteilt wurde. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2003, 611 veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil den Klägern jedenfalls ein Unterhaltsanspruch in der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe zustehe. Von dem durchschnittlichen Nettoeinkommen des Beklagten sei der Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen nicht in Abzug zu bringen. Kreditbelastungen für den Erwerb eines Einfamilienhauses könnten ebenfalls nicht abgesetzt werden, weil dem ein Wohnwert in gleicher Höhe gegenüberstehe und der Beklagte diese Verbindlichkeiten in Kenntnis seiner Unterhaltsverpflichtung eingegangen sei und dadurch Vermögensbildung betreibe. Kosten für den Unterhalt der zweiten Ehefrau des Beklagten seien nicht zu berücksichtigen, weil die neue Ehefrau bei der Unterhaltsermittlung gegenüber den Klägern und der geschiedenen Ehefrau nachrangig sei. Das gelte auch dann, wenn der ersten Ehefrau ein Unterhaltsanspruch zustehe, sie diesen aber nicht geltend mache. Der geschiedenen Ehefrau des Beklagten stehe noch ein Unterhaltsanspruch zu, weil ihre eigenen, überobligatorisch erzielten Einkünfte lediglich zur Hälfte - und zwar im Wege der Differenzmethode - in die Unterhaltsberechnung einzustellen seien. Weil die geschiedene Ehefrau ihren Unterhaltsanspruch nicht geltend mache, stehe das für Unterhaltszwecke einsetzbare Einkommen des Beklagten allein für den Unterhalt der Kläger und des mit ihnen gleichrangigen Sohnes des Beklagten aus zweiter Ehe zur Verfügung. Die dann durchzuführende Mangelfallberechnung ergebe eine erhöhte Unterhaltsquote in Höhe von 94,83 %. Von dem sich so ergebenden Unterhaltsbetrag sei das an die Mutter der Kläger ausgezahlte Kindergeld nach § 1612 b Abs. 5 BGB auch nicht teilweise abzuziehen. Damit übersteige der geschuldete Unterhalt sogar den vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag.

II.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand. 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß in die Mangelfallberechnung Unterhaltsansprüche der zweiten Ehefrau des Beklagten dann nicht einzubeziehen sind, wenn der geschiedenen Ehefrau, der Mutter der Kläger, noch ein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zusteht. Reichen die Mittel, die nach Deckung des Selbstbehalts des Verpflichteten für den Unterhalt mehrerer Berechtigter zur Verfügung stehen, nicht aus, sämtliche Ansprüche zu erfüllen, so sind gleichrangig Berechtigte anteilig zu befriedigen. Hingegen kommt ein nachrangig Berechtigter mit seinem Anspruch nur zum Zuge, soweit nach voller Befriedigung der vorrangigen Ansprüche ein freier Betrag verbleibt (BGH Urteil vom 23. Januar 1980 - IV ZR 2/78 - FamRZ 1980, 555, 557). Hier hat das Berufungsgericht die neue Ehefrau des Beklagten zutreffend als gegenüber den minderjährigen Kindern nachrangig behandelt.
a) Allerdings sind die insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften nach ihrem Wortlaut in sich widersprüchlich. Denn § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB bestimmt, daß "der Ehegatte" - also sowohl der geschiedene als auch der neue Ehegatte (BVerfGE 66, 84, 87) - den minderjährigen unverheirateten Kindern und den sogenannten privilegierten volljährigen Kindern im Rang gleichsteht. Danach hätten sowohl die Mutter der Kläger als auch die neue Ehefrau des Beklagten denselben Rang wie die Kläger und das aus der zweiten Ehe hervorgegangene weitere minderjährige Kind des Beklagten. Andererseits sieht § 1582 BGB vor, daß bei mehreren unterhaltsbedürftigen Ehegatten der geschiedene Ehegatte jedenfalls wegen seiner Unterhaltsansprüche nach §§ 1570, 1576 BGB oder bei langer Ehedauer dem neuen Ehegatten vorgeht (BVerfGE 108,
351 = FamRZ 2003, 1821, 1823). Mit dieser Rechtsfolge wäre es nicht vereinbar , die Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder sowohl den Ansprüchen eines geschiedenen Ehegatten als auch denen eines neuen Ehegatten im Rang gleichzustellen. Weil das Gesetz wegen des Widerspruchs zwischen § 1582 BGB einerseits und § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB andererseits keine zwingende Regelung vorgibt, bedarf es einer Auslegung über den Wortlaut der widerstreitenden Regelungen hinaus. Diese muß sich von dem Ziel leiten lassen, dem mit den Rangregelungen verfolgten Sinn des Gesetzes gerecht zu werden, der darin zu sehen ist, in Mangelfällen in erster Linie den Unterhalt bestimmter, als besonders schutzwürdig anerkannter Angehöriger zu sichern. Zu den nach dem Willen des Gesetzes in besonderem Maße schutzbedürftigen und schutzwürdigen Unterhaltsberechtigten gehören zunächst die minderjährigen unverheirateten und die ihnen gleichgestellten privilegierten volljährigen Kinder (§ 1609 Abs. 1 und 2 BGB), denen die Eltern nach § 1603 Abs. 2 BGB - über den Maßstab des § 1603 Abs. 1 BGB hinaus - erweitert unterhaltspflichtig sind. Neben ihnen räumt das Gesetz in den Fällen des § 1582 BGB als Nachwirkung der früheren Ehe dem geschiedenen Ehegatten einen besonderen Schutz ein, der seinen Niederschlag in dem Vorrang gegenüber einem neuen Ehegatten des Unterhaltsverpflichteten findet. Diese Vorrangstellung des geschiedenen Ehegatten setzt sich in Mangelfällen uneingeschränkt durch (Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 30/85 - FamRZ 1986, 790, 792), selbst wenn der neue Ehegatte hierdurch im äußersten Fall, auch unter Berücksichtigung des Splittingvorteils aus der neuen Ehe (BVerfGE 108, aaO = FamRZ aaO, 1824), darauf verwiesen wird, für seinen Unterhalt Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, und wenn der Unterhaltspflichtige auf diese Weise gehalten ist, den ihm an sich für seine eigenen Bedürfnisse zustehenden Selbstbehalt mit dem neuen Ehegatten zu teilen (BVerfGE 66, 84, 94 ff.). Dem in dieser Weise gekennzeichneten Rangverhält-
nis zwischen dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten kann bei Vorhandensein minderjähriger unverheirateter Kinder nur dadurch Rechnung getragen werden, daß der Anwendungsbereich des § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB in Mangelfällen bei einer Kollision mit der Rangregelung des § 1582 BGB im Wege der teleologischen Reduktion dahin eingeschränkt wird, daß der in § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB angeordnete Gleichrang mit "dem Ehegatten" nur für den nach § 1582 BGB privilegierten geschiedenen, und nicht auch für den (relativ) nachrangigen neuen Ehegatten gilt (Senatsurteil BGHZ 104, 158, 165 = FamRZ 1988, 705, 707 m.w.N.).
b) Allerdings ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift des § 1609 Abs. 2 BGB nur für solche Fälle geboten, in denen Unterhaltsansprüche zweier (geschiedener) Ehefrauen nebeneinander bestehen und deswegen zu klären ist, welcher dieser Ansprüche gleichrangig mit den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder ist. Nur in solchen Fällen ist es nach dem Sinn der gesetzlichen Vorschriften geboten, den (relativen) Nachrang der späteren Ehefrau gegenüber der ersten Ehefrau auch auf das Rangverhältnis gegenüber den minderjährigen und den privilegierten volljährigen Kindern zu übertragen. Aus § 1582 BGB folgt deswegen kein genereller Nachrang neuer Ehegatten gegenüber minderjährigen Kindern auch für solche Fälle, in denen dem (relativ) vorrangigen geschiedenen Ehegatten kein Unterhalt zusteht. Denn ist die geschiedene Ehefrau des Unterhaltspflichtigen nicht (mehr) unterhaltsberechtigt, spricht nichts gegen den vom Wortlaut des § 1609 Abs. 2 BGB gebotenen Gleichrang der Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder auch mit denen neuer Ehegatten. Das sog. relative Rangverhältnis eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem neuen Ehegatten kommt also dann nicht zum Tragen, wenn nur der Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten mit den Unterhaltsansprüchen der gemeinsamen Kinder konkurriert (OLG Köln FamRZ 1993, 1239; OLG Hamm FamRZ
1993, 1237, 1238; OLG Bamberg FamRZ 1999, 250; OLG München FamRZ 1999, 251 f.).
c) Steht dem geschiedenen Ehegatten allerdings an sich ein Unterhaltsanspruch zu und macht er diesen lediglich nicht geltend, um wenigstens den Regelbedarf seiner minderjährigen Kinder zu sichern, bleibt es bei dem (relativen ) Nachrang des neuen Ehegatten gemäß § 1582 BGB, mit der Folge, daß diesem die minderjährigen Kinder im Rang vorgehen. Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, daß ein Widerspruch zwischen § 1609 Abs. 2 BGB und § 1582 BGB bereits dann besteht, wenn der geschiedene und der neue Ehegatte neben den Kindern unterhaltsberechtigt sind. Denn § 1582 BGB stellt nicht darauf ab, ob der geschiedene Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch tatsächlich geltend macht, sondern lediglich darauf, ob dieser nach dem Gesetz überhaupt unterhaltsberechtigt ist. Zwar entfällt das relative Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche zweier Ehegatten immer dann, wenn dem geschiedenen Ehegatten schon kein Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1581 BGB zusteht, wenn er nicht mehr unterhaltsbedürftig ist oder wenn der Unterhaltsanspruch aus sonstigen Gründen entfallen ist. Letzteres kann auch dann der Fall sein, wenn der geschiedene Ehegatte - z.B. im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung - wirksam auf nachehelichen Ehegattenunterhalt verzichtet hat (§ 1585 c BGB). Auch dann fehlt es an einem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau, der über den Vorrang nach § 1582 BGB das Rangverhältnis der neuen Ehefrau zu den minderjährigen Kindern beeinflussen könnte (vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 5 Rdn. 52; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 494; Scholz/Stein/Kleffmann Praxishandbuch Familienrecht September 2004 Teil K Rdn. 18; Heiß/Born Unterhaltsrecht Januar 2004 4. Kap. Rdn. 34; wohl auch Eschenbruch/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozeß 3. Aufl. Rdn. 3121).
Anders ist die Rechtslage hingegen zu beurteilen, wenn der geschiedene Ehegatte noch immer unterhaltsberechtigt ist und er seine Ansprüche lediglich nicht geltend macht, sei es um den Unterhalt seiner minderjährigen Kinder nicht zu gefährden, sei es auch in Unkenntnis seiner Unterhaltsberechtigung oder aus anderen Gründen. Dann bleibt es beim (relativen) Vorrang der Unterhaltsansprüche und bei der sich nach der Rechtsprechung des Senats im Wege der teleologischen Reduktion des § 1609 Abs. 2 BGB ergebenden Nachrangigkeit der Unterhaltsansprüche einer neuen Ehefrau auch gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder. Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, daß der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte nicht gezwungen sein kann, einen eigenen Unterhaltsanspruch tatsächlich geltend zu machen, nur um den Vorrang der Unterhaltsansprüche seiner minderjährigen Kinder vor denen eines neuen Ehegatten zu wahren (so auch AnwK-BGB/Lier 2005 § 1582 Rdn. 10; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 96; a.A. Staudinger/Engler BGB Neubearbeitung 2000 § 1609 Rdn. 30; Luthin Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 2260; Johannsen/Henrich/Graba Eherecht 4. Aufl. § 1609 Rdn. 3). Insbesondere wenn der geschiedene Ehegatte die Durchsetzung seiner eigenen Unterhaltsansprüche deswegen unterläßt, weil er seinen Kindern eine höhere Quote bei der Mangelverteilung sichern will, liegt darin eine zweckgerichtete Verfügung, die nicht dazu dient, dem sonst nachrangigen Recht des neuen Ehegatten Gleichrang mit dem Kindesunterhalt zu verschaffen. Damit verzichtet der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte weder auf seinen Unterhaltsanspruch, noch auf den Vorrang gegenüber einem neuen Ehegatten. Die fehlende Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau ist deswegen nach der Zweckrichtung mit freiwilligen Leistungen Dritter vergleichbar , die ebenfalls nur demjenigen zugute kommen, dem sie nach der Bestimmung des nicht Leistungsverpflichteten allein Vorteile erbringen sollen (vgl.
Senatsurteil vom 25. Juni 1980 - IVb ZR 523/80 - FamRZ 1980, 879; Wendl/ Scholz aaO § 3 Rdn. 114 a). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Mutter der Kläger nach § 1585 b Abs. 2 BGB mangels Verzugs oder Rechtshängigkeit ihres Unterhaltsanspruchs keinen rückständigen Unterhalt mehr verlangen kann. Auch dann verbleibt es bei dem einmal entstandenen (relativen) Vorrang gegenüber dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau nach § 1582 BGB. 2. Mithin kommt es darauf an, ob der Mutter der Kläger ein Unterhaltsanspruch zusteht. Das wird maßgeblich davon abhängen, ob die Erwerbstätigkeit der Mutter neben der Kindesbetreuung als überobligatorische Tätigkeit anzusehen ist und ob, in welchem Umfang und auf welche Weise ihr Einkommen aus solcher Tätigkeit in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist.
a) Soweit das Berufungsgericht bei der Bemessung des fiktiven Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau des Beklagten von ihrem Nettoeinkommen nach Abzug berufsbedingter Kosten lediglich die Hälfte in die Unterhaltsberechnung eingestellt hat, hält dieses den Angriffen der Revision nicht stand. aa) Ob und in welchem Umfang ein eigenes Einkommen des unterhaltsbedürftigen geschiedenen Ehegatten, das dieser neben der Kindeserziehung erzielt, nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, läßt sich nach der Rechtsprechung des Senats nicht pauschal beantworten , sondern ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 444 m.w.N.). Dabei kann die freiwillige Ausübung einer Berufstätigkeit ein maßgebendes Indiz für eine Vereinbarkeit von Kindererziehung und Arbeitsmöglichkeit im konkreten Einzelfall sein (Senatsurteil vom 23. Sep-
tember 1981 - IVb ZR 600/80 - FamRZ 1981, 1159, 1161). Ein überobligatorisch erzieltes Einkommen ist bei der Unterhaltsbemessung deswegen nicht von vornherein unberücksichtigt zu lassen. Über die Anrechnung ist vielmehr nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn jedenfalls der Betrag abgesetzt wird, der für die infolge dieser Berufstätigkeit notwendig gewordene anderweitige Betreuung des Kindes aufgewendet werden muß (sog. konkreter Betreuungsaufwand; AnwK-BGB/Schürmann § 1577 Rdn. 64 m.w.N., zum Unterhaltspflichtigen vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1982 - IVb ZR 702/80 - FamRZ 1982, 779, 780, vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 570 und vom 29. November 2000 - XII ZR 212/98 - FamRZ 2001, 350, 352). Die Berücksichtigung eines anrechnungsfreien Betrages des auf einer überobligationsmäßigen Tätigkeit beruhenden Mehreinkommens hat der Senat aber auch dann für gerechtfertigt gehalten, wenn keine konkreten Betreuungskosten anfallen, etwa weil die zweite Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten das Kind aus dessen Ehe mitbetreut, (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 1983 - IVb ZR 379/81 - veröffentlicht bei JURIS und vom 29. November 2000, aaO). bb) In welchem Umfang ein überobligatorisch erzieltes Einkommen nach diesen Grundsätzen unberücksichtigt bleiben kann, muß zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Entscheidung überlassen bleiben. Der Senat hat einen Abzug von monatlich 300 DM in einem Fall, in dem die zweite Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten dessen 13 und 14 Jahre alte Kinder aus erster Ehe mitbetreute, nicht beanstandet (Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 30/85 - FamRZ 1986, 790, 791). Dabei entzieht sich die Bemessung des nach § 1577 Abs. 2 BGB anrechnungsfrei zu belassenden Teils des Einkommens allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Senats einer schematischen Beurteilung und hängt im Einzelfall davon ab, wie etwa die Kindesbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrzeiten zu vereinbaren
ist und ob und ggf. zu welchen Zeiten die Kinder infolge eines Kindergartenoder Schulbesuchs zeitweise der Betreuung ohnehin nicht bedürfen (Senatsurteil vom 29. November 2000 aaO). Der vom Berufungsgericht lediglich pauschal bemessene hälftige Ansatz der von der Mutter der Kläger erzielten Einkünfte hält diesen Anforderungen nicht stand. Konkrete Betreuungskosten haben die Kläger insoweit nicht vorgetragen. Bei der Bemessung eines anrechnungsfreien Betrages ist zu berücksichtigen , daß die Kläger im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung 13 bzw. 10 Jahre alt waren und ihre Mutter einen Teil ihrer Tätigkeit während einer Zeit ausüben kann, in der die Kläger die Schule besuchen. Letztlich ist im Rahmen der Ermessensausübung auch zu berücksichtigen, daß die Mutter der Kläger durch ihre Teilzeittätigkeit immerhin ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.700 DM erzielt, während der Beklagte bei einem Monatseinkommen von ca. 3.400 DM neben den Klägern jedenfalls auch seinem weiteren Kind aus zweiter Ehe und seiner zweiten Ehefrau unterhaltspflichtig ist.
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht ein der Mutter der Kläger gemäß § 1577 Abs. 2 BGB nach Billigkeit zuzurechnendes eigenes Einkommen allerdings im Wege der Differenzmethode berücksichtigt. aa) Der Bundesgerichtshof hat im Jahre 2001 - unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung - entschieden, daß die ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 BGB nicht nur durch die Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch die Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt mitbestimmt werden und hierdurch eine Verbesserung erfahren. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse umfassen alles, was während der Ehe für den Lebenszuschnitt der Ehegatten nicht nur vorübergehend tatsächlich von Bedeutung ist, mithin auch den durch die häusliche Mitarbeit des nicht erwerbstätigen Ehegat-
ten erreichten sozialen Standard (Senatsurteil BGHZ 148, 105, 115 f. = FamRZ 2001, 986, 989). Entsprechend orientiert sich auch die Teilhabequote an der Gleichwertigkeit der beiderseits erbrachten Leistungen, so daß beide Ehegatten hälftig an dem durch Erwerbseinkommen einerseits, Haushaltsführung andererseits geprägten ehelichen Lebensstandard teilhaben. Nimmt der haushaltsführende Ehegatte nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit auf oder erweitert er sie über den bisherigen Umfang hinaus, so kann sie als Surrogat für seine bisherige Familienarbeit angesehen werden, weil sich der Wert seiner Haushaltstätigkeit dann, von Ausnahmen einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Karriereentwicklung abgesehen, in dem daraus erzielten oder erzielbaren Einkommen widerspiegelt. Wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung solche Einkünfte erzielt oder erzielen kann, die gleichsam als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes seiner bisherigen Tätigkeit angesehen werden können, ist dieses Einkommen nach der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (Senatsurteil BGHZ aaO 120 f.). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligt. Danach entspricht es dem gleichen Recht und der gleichen Verantwortung bei der Ausgestaltung des Ehe- und Familienlebens, auch die Leistungen, die jeweils im Rahmen der gemeinsamen Arbeits- und Aufgabenzuweisung erbracht werden, als gleichwertig anzusehen. Deshalb sind die von den Ehegatten für die eheliche Gemeinschaft jeweils erbrachten Leistungen unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig. Auch der zeitweilige Verzicht eines Ehegatten auf Erwerbstätigkeit, um die Haushaltsführung oder die Kindererziehung zu übernehmen, prägt also die ehelichen Verhältnisse, wie die vorher ausgeübte Berufstätigkeit und die danach wieder aufgenommene oder angestrebte Erwerbstätigkeit (BVerfGE 105, 1, 11 f. = FamRZ 2002, 527, 529; vgl. auch Senatsurteile vom 5. Mai 2004 - XII ZR 10/03 - FamRZ 2004, 1170 und - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173).
bb) Ebenso hat der Senat bereits entschieden, daß bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gemäß § 1578 BGB der sich im Surrogat fortsetzende Wert der Haushaltstätigkeit auch in den Fällen im Wege der Additions- oder Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist, "in denen ein Erwerbseinkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bisher nicht als eheprägend in die Bedarfsbemessung einbezogen wurde, weil es durch eine unzumutbare und die ehelichen Lebensverhältnisse deshalb nicht nachhaltig prägende Erwerbstätigkeit erzielt wurde" (Senatsurteil BGHZ 148, 368, 381 = FamRZ 2001, 1687, 1691). Schon damit hatte der Senat seine frühere Rechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1998 - XII ZR 117/96 - FamRZ 1998, 1501 m.w.N.) aufgegeben, wonach Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich nicht nachhaltig prägen können, weil der Unterhaltsberechtigte diese Tätigkeit jederzeit wieder aufgeben kann (zur Kritik an der früheren Rechtsprechung vgl. Scholz FamRZ 2002, 733, 734). Den Umfang des somit zu berücksichtigenden Einkommens hat der Senat bislang lediglich negativ dahin abgegrenzt, daß "bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gemäß 1578 BGB nach der sogenannten Additions- bzw. Differenzmethode … ein vom Unterhaltsberechtigten überobligationsmäßig erzielter Einkommensanteil nicht einzubeziehen" ist (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - FamRZ 2003, 518, 520 m.Anm. Büttner ). Denn auch als Surrogat kann nur der zu berücksichtigende Anteil eines überobligatorisch erzielten Einkommens an die Stelle der eheprägenden früheren Haushaltstätigkeit oder Kindererziehung treten. Zu Recht hat das Berufungsgericht deswegen den nach den §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB zu bemessenden Anteil der überobligationsmäßigen Einkünfte (im folgenden: unterhaltsrelevanter Anteil) der Mutter der Kläger in die Differenzmethode einbezogen.
Soweit teilweise aus dieser Rechtsprechung des Senats hergeleitet wird, ein nicht unterhaltsrelevanter überobligationsmäßig erzielter Einkommensanteil sei im Wege der Anrechnungsmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (Büttner Anm. zum Senatsurteil vom 22. Januar 2003 aaO), verkennt dieses die Rechtsprechung des Senats. Mit Urteil vom 22. Januar 2003 (aaO) hat der Senat lediglich ausgeführt, daß bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gemäß § 1578 BGB der nicht unterhaltsrelevante Teil eines vom Unterhaltsberechtigten überobligationsmäßig erzielten Einkommensanteils nicht in die sog. Additions- bzw. Differenzmethode einzubeziehen ist. Damit hat der Senat seinen schon zuvor angelegten Wechsel der Rechtsprechung fortgeführt und entschieden, daß nur der unterhaltsrelevante Anteil eines überobligatorisch erzielten Einkommens die ehelichen Lebensverhältnisse prägen kann und deswegen bei der Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen ist. Umgekehrt prägt der in Anwendung der §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB nicht unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte die ehelichen Lebensverhältnisse nicht. Das gilt allerdings in gleicher Weise auch für die Stufe der Bedarfsdeckung; auch insoweit ist nur der unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte einzubeziehen. Der nicht unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte bleibt bei der Unterhaltsermittlung also vollständig unberücksichtigt. Denn eine Einbeziehung des nicht unterhaltsrelevanten Anteils der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte würde stets zu Ergebnissen führen, die mit der Rechtsprechung des Senats nicht vereinbar sind. Würde dieser Einkommensanteil im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigt, widerspräche das schon allgemein der Surrogatrechtsprechung des Senats zur Bemessung des Umfangs der eheprägenden Haushaltstätigkeit bzw. Kindererziehung. Danach ist - von Ausnahmen einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheb-
lich abweichenden Karriereentwicklung abgesehen - ein später erzieltes Einkommen regelmäßig mit dem gleichen Betrag sowohl als eheprägend und damit als bedarfsbegründend, als auch als bedarfsdeckend zu berücksichtigen, was der Anwendung der Additions- bzw. Differenzmethode entspricht. Zudem würde eine Berücksichtigung dieses Anteils stets zu untragbaren Ergebnissen führen. Denn würde auch dieser Einkommensanteil im Wege der Additions- oder Differenzmethode berücksichtigt, stünde der Unterhaltsberechtigte so wie ein Unterhaltsberechtigter , dem ein in gleicher Höhe erzieltes Einkommen in vollem Umfang zurechenbar ist und das deswegen insgesamt im Wege der Additionsbzw. Differenzmethode Berücksichtigung findet. Würde man den nicht unterhaltsrelevanten Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte hingegen im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigen, stünde der Unterhaltsberechtigte mit überobligationsmäßig erzielten Einkünften sogar schlechter als ein Unterhaltsberechtigter , dem ein in gleicher Höhe erzieltes Einkommen in vollem Umfang zurechenbar ist. Zu Recht und im Einklang mit dieser Surrogatrechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht deswegen dem unterhaltsrelevanten und somit eheprägenden Teil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte der geschiedenen Ehefrau des Beklagten auch im Rahmen der Bedarfsdeckung nur Einkünfte in diesem Umfang gegengerechnet. 3. Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das Oberlandesgericht bei der fiktiven Ermittlung eines Unterhaltsanspruchs der Mutter der Kläger zu prüfen haben, ob die Anlage vermögenswirksamer Leistungen schon die ehelichen Lebensverhältnisse der ersten Ehe des Beklagten geprägt hat. Dann können diese Beträge, die auch während der Ehezeit für den Konsum nicht zur Verfügung standen, bei der fiktiven Bedarfsbemessung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Zwar sind vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers grund-
sätzlich Bestandteil des Arbeitsentgelts und daher lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. In Höhe der Zusatzleistungen des Arbeitgebers verbleiben sie allerdings anrechnungsfrei, weil sie dem Arbeitnehmer insoweit zweckgebunden nur für eine Vermögensanlage zur Verfügung stehen. In diesem Umfang sind die vermögenswirksamen Leistungen daher mit der Nettoquote von dem Arbeitsentgelt abzuziehen (vgl. unterhaltsrechtliche Leitlinien der Oberlandesgerichte Ziff. 10.6 sowie Luthin/Margraf aaO Rdn. 1086). Nur soweit der Beklagte über die zweckgebundenen vermögenswirksamen Leistungen seines Arbeitgebers hinaus Teile seines Arbeitsentgelts vermögenswirksam anlegt, sind diese als freiwillige Vermögensbildung von seinem Einkommen nicht absetzbar. Weiter wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Mutter der Kläger von einem Einkommen des Beklagten auszugehen ist, das den Splittingvorteil des Beklagten aus seiner zweiten Ehe außer Acht läßt (BVerfGE 108, aaO = FamRZ aaO, 1824).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,
3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6.
Eltern,
7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung.

(2) Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 191/98 Verkündet am:
18. Oktober 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. Juni 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Der am 5. November 1984 geborene Kläger ist der Sohn der Beklagten aus ihrer im Jahre 1991 geschiedenen Ehe. Der Kläger lebt bei dem sorgeberechtigten Vater. Dieser ist kinderlos wieder verheiratet und verdiente bis Anfang April 1998 monatlich ca. 2.200 DM netto; danach wurde er arbeitslos. Seine zweite Ehefrau hat zwei Kinder mit in die Ehe gebracht; sie ist teilzeitbeschäftigt mit Einkünften von ca. 950 DM netto monatlich.
Die im Jahre 1962 geborene Beklagte ist ebenfalls - seit 1992 - wieder verheiratet. Aus ihrer zweiten Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Die Beklagte war bis 1989 als Textilfacharbeiterin in der früheren DDR tätig. Seither geht sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Den früheren Beruf kann sie aus gesundheitlichen Gründen, insbesondere wegen einer Augenerkrankung, nicht mehr ausüben. Der zweite Ehemann der Beklagten erzielte 1997 monatliche Erwerbseinkünfte in Höhe von rund 3.270 DM netto. Im Haushalt der Beklagten lebt noch ihre 1981 geborene voreheliche Tochter, die sich seit Mitte 1997 einer Ausbildung unterzieht und daraus eigene Einkünfte hat. Mit der im April 1997 eingereichten Klage hat der Kläger Unterhalt in Höhe von monatlich 341 DM ab 1. März 1997 von der Beklagten begehrt. Diese hat sich auf Leistungsunfähigkeit berufen, da sie Hausfrau ohne eigenes Einkommen sei und aus Gesundheitsgründen sowie wegen der Arbeitsplatzsituation in ihrer Region keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zu Unterhaltszahlungen von monatlich 200 DM ab 1. Juli 1997 verurteilt. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat eine Unterhaltsverpflichtung der Beklagten gegenüber dem Beklagten verneint, da die Beklagte nicht leistungsfähig sei und sich auch nicht als leistungsfähig behandeln lassen müsse. Hierzu hat das Gericht im einzelnen ausgeführt:
a) Es könne allerdings nicht davon ausgegangen werden, daß der Vater des Klägers dessen notwendigen Unterhalt allein sicherstellen könne, ohne seinen eigenen angemessenen Unterhalt (von mindestens 1.620 DM monatlich ) zu gefährden. Denn der Vater sei auch seiner jetzigen Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet, da deren Eigeneinkünfte nicht ausreichten, um ihren Mindestbedarf (von 1.350 DM monatlich) zu decken. Im übrigen müsse der Vater neben dem vom Familiengericht ausgeurteilten Unterhaltsbetrag von monatlich 200 DM, der nicht für den notwendigen Mindestbedarf des Klägers ausreiche, ohnehin zu dessen Unterhalt beitragen. Gegen diese Ausführungen, die erkennbar an der Rechtsprechung des Senats ausgerichtet sind, nach der der betreuende Elternteil ausnahmsweise, bei besonders günstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, auch zur Barunterhaltsleistung herangezogen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 8. April 1981 - IVb ZR 587/80 = FamRZ 1981, 543 ff. und vom 26. Oktober 1983 - IVb ZR 13/82 = FamRZ 1984, 39 ff., jeweils m.N.), sind angesichts der festgestellten tatsächlichen Verhältnisse aus Rechtsgründen keine Einwendungen zu erheben. Auch die Revision greift sie nicht an.
b) Das Berufungsgericht hat ferner die Auffassung der Beklagten als unzutreffend abgelehnt, daß sie etwa von ihr erzielte Eigeneinkünfte zur Deckung des eigenen Mindestbedarfs und des Bedarfs ihrer vorehelichen Tochter verwenden müsse, da die Einkünfte ihres Ehemannes dafür nicht ausreichten. Dem hat das Oberlandesgericht entgegengehalten: Selbst wenn nach der an-
gewandten Unterhaltstabelle für den Ehemann als angemessener Mindestbedarf ein Betrag von 1.800 DM und für die Beklagte ein Mindestbedarf von 1.200 DM monatlich (1.500 DM abzüglich 20 % Abschlag wegen des Zusammenlebens mit dem Ehemann) angesetzt würden, reichten die Einkünfte des Ehemannes zur Deckung dieser Beträge aus. Jedenfalls sei nicht vorgetragen, daß unterhaltsrechtlich beachtliche Positionen (über pauschale 5 % Werbungskosten hinaus) die Einkünfte des Ehemannes belasteten. Der Tochter der Beklagten sei der Ehemann nicht zum Unterhalt verpflichtet. Im übrigen beziehe diese in der hier streitigen Zeit eigene Einkünfte, so daß davon auszugehen sei, daß ihr Mindestbedarf gedeckt sei. Auch diese - der Revision günstigen - Ausführungen des Berufungsgerichts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie stehen in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, wonach ein wiederverheirateter Elternteil, der in der neuen Ehe die Rolle des Hausmannes/der Hausfrau übernommen hat, Eigeneinkünfte - aus einer neben der Tätigkeit im Haushalt ausgeübten Erwerbstätigkeit - im Verhältnis zu einem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind aus der früheren Ehe nicht für den eigenen Unterhalt einsetzen kann, soweit er sein Auskommen in der neuen Ehe durch Unterhaltsleistungen seines Ehegatten findet (vgl. Senatsurteil vom 19. März 1986 - IVb ZR 18/85 = FamRZ 1986, 668, 669; auch Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl. Rdn. 659; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht 5. Aufl. § 2 Rdn. 175).
c) Zur Begründung der Entscheidung, daß die Beklagte dem Kläger gleichwohl keinen Unterhalt schulde, auch nicht aus Einkünften einer zumutbaren Erwerbstätigkeit, hat das Berufungsgericht sodann ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob die Beklagte hinreichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle
belegt habe, bei der sie jedenfalls den hier in Frage stehenden Unterhalt von monatlich 200 DM für den Kläger verdienen könnte. Hierauf komme es nicht an, da der von der Beklagten angeführte Gesichtspunkt durchgreife, daß der Kläger unterhaltsrechtlich nicht allein dadurch bessergestellt werden dürfe, daß die Beklagte wieder verheiratet sei und aus der Ehe einen Unterhaltsanspruch gegen ihren jetzigen Ehemann habe. Ohne die Wiederheirat wäre die Beklagte im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Einschränkungen und die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt, auch bei hypothetischer Beurteilung, nicht in der Lage , durch eigene Erwerbstätigkeit so viel zu verdienen, daß sie neben der Dekkung ihres eigenen Mindestbedarfs (von pauschal 1.500 DM monatlich) noch monatlich 200 DM zum Unterhalt des Klägers beitragen könnte. Eine allein durch die Wiederheirat verursachte Besserstellung des unterhaltsberechtigten Klägers lasse sich nicht rechtfertigen. Das führe dazu, daß sich die Beklagte auch bei hypothetischer Betrachtung nicht als leistungsfähig zur Zahlung von Unterhalt an den Kläger behandeln lassen müsse. 2. Diese Entscheidung hält, wie die Revision zu Recht geltend macht, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie steht im Widerspruch zu der ständigen "Hausmann"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch des erkennenden Senats, von der abzugehen kein Grund besteht.
a) Nach der durch die Entscheidung BGHZ 75, 272 ff. (= FamRZ 1980, 43) begründeten und vom Senat fortgesetzten Rechtsprechung, die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 68, 256 ff. (= FamRZ 1985, 143) verfassungsrechtlich unbedenklich ist, trifft den wiederverheirateten Ehegatten ungeachtet seiner Pflichten aus der neuen Ehe die Obliegenheit , durch Aufnahme zumindest eines Nebenerwerbs zum Unterhalt von minderjährigen, unverheirateten Kindern aus früheren Ehen beizutragen. Der
neue Ehepartner hat die Erfüllung dieser Obliegenheit nach dem Rechtsgedanken des § 1356 Abs. 2 BGB zu ermöglichen, zumal bei der Aufgabenverteilung in der neuen Ehe die beiderseits bekannte Unterhaltslast gegenüber Kindern aus früheren Ehen berücksichtigt werden muß (vgl. Senatsurteile vom 19. März 1986 aaO S. 668; vom 13. März 1996 - XII ZR 2/95 = FamRZ 1996, 796 ff.). Die Leistungsfähigkeit des wiederverheirateten Elternteils wird insoweit - neben vorhandenen Einkünften - durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1984 - IVb ZR 17/83 = FamRZ 1985, 158, 159). Dabei richtet sich der Umfang der Erwerbsobliegenheit maßgeblich nach den bestehenden Unterhaltspflichten ohne Berücksichtigung des eigenen Unterhaltsbedarfs , da (und soweit) der Eigenbedarf des haushaltführenden Ehegatten durch den Unterhalt gesichert ist, den ihm sein Ehegatte nach Maßgabe der §§ 1360, 1360 a BGB schuldet (vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 175). Wenn der wiederverheiratete Elternteil auch in der neuen Ehe die ihn hier treffende Verpflichtung, durch Arbeit zum Familienunterhalt beizutragen, grundsätzlich durch die Führung des Haushalts erfüllt (vgl. § 1360 Satz 2 BGB), ist er doch gehalten, die häusliche Tätigkeit auf ein Maß zu beschränken , welches es ihm erlaubt, eine Nebentätigkeit aufzunehmen, um seiner Barunterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Kindern aus der früheren Ehe nachkommen zu können (vgl. Senatsurteil vom 13. März 1996 aaO S. 797). Sind aus der neuen Ehe, wie im vorliegenden Fall, keine betreuungsbedürftigen Kinder hervorgegangen, so kann sich der unterhaltspflichtige Elternteil gegenüber den minderjährigen Kindern aus der früheren Ehe regelmäßig nicht auf eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit durch die Haushaltsführung berufen (vgl. BGHZ aaO S. 274 m.w.N.; Kalthoener/Büttner/Niepmann aaO Rdn. 658; Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 180). Das hat zur Folge, daß er sich ggf. fiktive Einkünfte zurechnen lassen muß, aus denen die Unterhalts-
pflicht gegenüber dem unterhaltsberechtigten, minderjährigen Kind zu erfüllen ist. Allerdings können fiktive Einkünfte grundsätzlich nur insoweit zugerechnet werden, als der Unterhaltspflichtige sie bei einem Verhalten, das seinen unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten entspricht, tatsächlich erzielen könnte (vgl. Senatsurteil vom 19. März 1986 aaO S. 668). Der Unterhaltspflichtige muß also nach seinem Gesundheitszustand und unter Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeitsmarkt imstande sein, einer (Teil-)Erwerbstätigkeit nachzugehen und auch eine entsprechende Stellung zu finden (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. März 1986 aaO S. 669 unter 3). Hierzu bedarf es tatsächlicher Feststellungen, die bisher nicht getroffen sind.
b) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen , ob sich die Beklagte ausreichend um eine ihr zumutbare Nebenerwerbstätigkeit bemüht habe, vermag die angefochtene Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Das Oberlandesgericht hat sich insoweit auf sein früheres Urteil vom 27. August 1986 bezogen (2 UF 252/85 = NJW 1987, 1560 = FamRZ 1987, 188). In diesem Urteil hat sich das Gericht mit der Entscheidung des erkennenden Senats vom 31. März 1982 (IVb ZR 667/80 = FamRZ 1982, 590 ff.) - zur Nebenerwerbsobliegenheit des barunterhaltspflichtigen Elternteils, der in seiner neuen Ehe die Haushaltsführung und die Betreuung des aus dieser Ehe hervorgegangen minderjährigen Kindes übernommen hat - auseinandergesetzt. Dabei hat sich das Oberlandesgericht darauf gestützt, daß der Senat in dem genannten Urteil ausgeführt habe, die Nebenerwerbsobliegenheit des wiederverheirateten Elternteils könne nur so weit reichen, daß die unterhaltsberechtigten Kinder aus der früheren Ehe nicht schlechter gestellt würden als sie stünden, wenn der ihnen
gegenüber zum Unterhalt Verpflichtete sich in seiner neuen Ehe nicht auf die Rolle des Hausmanns (der Hausfrau) zurückgezogen hätte, sondern erwerbstätig geblieben wäre. Von diesen Grundsätzen sei der Bundesgerichtshof auch in einer weiteren Entscheidung vom 26. September 1984 (IVb ZR 17/83 = FamRZ 1985, 158 ff.) ausgegangen. Der hier zu entscheidende Sachverhalt unterscheide sich zwar von den genannten Fällen insoweit, als im Haushalt der Beklagten kein Kind mehr zu betreuen sei. Gleichwohl sei eine Anwendung der von dem Bundesgerichtshof dargelegten Grundsätze auch im vorliegenden Fall geboten: Ebenso wie die erstehelichen Kinder grundsätzlich durch die neue Ehe des barunterhaltspflichtigen Elternteils und die in dieser Ehe praktizierte Rollenverteilung nicht schlechtergestellt werden dürften, gebe es keine Rechtfertigung dafür, daß die Kinder durch die neue Eheschließung wirtschaftlich bessergestellt würden als sie stünden, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht wiederverheiratet wäre. Denn eine solche Besserstellung würde nicht durch finanzielle Mittel des unterhaltspflichtigen Elternteils bewirkt, sondern - letztlich mittelbar - durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des neuen Ehegatten. Dem ist nicht zu folgen. Abgesehen davon, daß die Darlegungen des Oberlandesgerichts dem Grundsatz des § 1360 Satz 2 BGB nicht angemessen Rechnung tragen und den wirtschaftlichen Wert des "Unterhaltsbeitrags", den der haushaltführende Ehegatte in seiner neuen Ehe leistet, außer Betracht lassen, rechtfertigen die Ausführungen des erkennenden Senats aus dem Urteil vom 31. März 1982 (aaO) nicht die hieraus von dem Oberlandesgericht gezogenen Schlüsse.
Die Senatsentscheidung vom 31. März 1982 (aaO) betraf einen Fall, in dem zu den minderjährigen Kindern aus der früheren Ehe des Beklagten ein weiteres minderjähriges Kind aus seiner zweiten Ehe hinzugekommen war, für das der Beklagte als "Hausmann" die Betreuung übernommen hatte. Bei der Bestimmung des Umfangs der Nebenerwerbsobliegenheit, die den Beklagten unter diesen Umständen im Hinblick auf seine Unterhaltspflichten gegenüber allen minderjährigen Kindern traf, hat sich der Senat ausdrücklich auf die Gleichrangigkeit der Kindesunterhaltsansprüche gestützt und die getroffene Entscheidung mit dem Grundgedanken der §§ 1603 Abs. 1, 1609 BGB begründet (vgl. auch Senatsurteil vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 81/85 = FamRZ 1987, 472). (Nur) In diesem Sinn hat der Senat dabei die obere Grenze der Nebenerwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen so bestimmt, daß die Kinder aus der früheren Ehe nicht schlechtergestellt werden dürften, als sie bei fortbestehender Erwerbstätigkeit des Verpflichteten stehen würden. In dem Urteil vom 13. März 1996 (aaO S. 798 unter 3) hat der Senat den entsprechenden Gedanken dahin formuliert, daß sich der Unterhaltspflichtige durch die Übernahme der Rolle des Hausmanns nicht schlechterstellen dürfte, als wenn er erwerbstätig geblieben wäre. Das bedeutet zugleich, daß sich die minderjährigen , unterhaltsberechtigten Kinder aus der früheren Ehe unter den genannten Voraussetzungen nicht besserstehen dürften als bei einer Fortführung der Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen. Die beiden unterschiedlichen Sichtweisen zeigen den Grundgedanken der getroffenen Regelung auf: Wie sich aus § 1609 BGB ergibt, ist der wiederverheiratete unterhaltspflichtige Elternteil bei Hinzutritt weiterer minderjähriger Kinder aus der neuen Ehe allen Kindern - gleichrangig - zum Unterhalt verpflichtet, und die Kinder aus der früheren Ehe sind ungeachtet der Rolle, die der Verpflichtete in seiner neuen Ehe übernimmt , nicht vor einer sich aus dem Hinzutritt weiterer Unterhaltsberechtigter
ergebenden Schmälerung ihres Barunterhalts geschützt (vgl. auch Senatsurteil vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 81/85 = FamRZ 1987, 472, 474 m.w.N.). Diese ausschließlich aus § 1609 BGB abgeleitete Argumentation läßt sich nicht übertragen und läßt auch keine Rückschlüsse zu auf Fälle, in denen sich, wie hier, keine Gleich-Rangfragen stellen, weil keine minderjährigen Kinder aus der neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen hervorgegangen sind. Soweit das Berufungsgericht - im Vergleich mit der dargelegten Rechtsprechung des erkennenden Senats - für den hier zu entscheidenden Fall eine Rechtfertigung dafür vermißt, daß die minderjährigen erstehelichen Kinder durch die neue Eheschließung ihres unterhaltspflichtigen Elternteils "bessergestellt" würden, als wenn dieser keine neue Ehe eingegangen wäre, überträgt es ohne rechtfertigenden Grund die zu § 1609 BGB aufgestellten Grundsätze auf eine hiermit nicht vergleichbare Fallgestaltung. Den erwähnten Senatsentscheidungen zu § 1609 BGB ist allerdings zu entnehmen, daß die Tatsache der Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich zu beachten ist. Ebenso wie die Wiederheirat dazu führen kann, daß sich das ersteheliche Kind eine Schmälerung seines Unterhaltsanspruchs als Folge des Hinzutritts weiterer minderjähriger Kinder aus der neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen entgegenhalten lassen muß, kann sich die Wiederverheiratung auch, wie im vorliegenden Fall, zum Vorteil des erstehelichen Kindes auswirken. Da das Gesetz in § 1603 BGB auf die tatsächlichen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten abstellt und seine Unterhaltspflicht danach bemißt, ob (und inwieweit) er imstande ist, den begehrten Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren , ist hier die Sicherstellung des eigenen Unterhalts der Beklagten in der neuen Ehe als Folge ihrer Wiederheirat unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen.
Es besteht daher kein Anlaß und auch kein rechtfertigender Grund, eine fortdauernde Erwerbstätigkeit der Beklagten zu unterstellen.
c) Ihre Unterhaltspflicht bestimmt sich, wie oben unter a) dargelegt, allein nach § 1603 Abs. 2 BGB mit der Folge, daß sie gehalten ist, durch zumutbare Nebenerwerbstätigkeit die erforderlichen Mittel für den hier noch streitigen Unterhalt des Klägers von monatlich 200 DM aufzubringen. Da das Berufungsgericht der Frage, ob sich die Beklagte - die sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht selbst für nicht voll erwerbsunfähig erklärt hat - ausreichend um eine entsprechende, ihr auch unter gesundheitlichen Gesichtspunkten zumutbare Erwerbstätigkeit (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 19. März 1986 aaO S. 669) bemüht hat, bisher nicht nachgegangen ist, kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. Der Rechtsstreit ist vielmehr zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. In der neuen Verhandlung wird das Oberlandesgericht auch Gelegenheit zu der Prüfung haben, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte ein ihr zustehendes Taschengeld für den Unterhalt des Klägers einsetzen muß (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. März 1986 aaO S. 669). Ferner wird die neue Verhandlung dem Kläger Gelegenheit bieten, seinen Vortrag über den der Beklagten aus Anlaß der Ehescheidung zur Verfügung gestellten Betrag von 50.000 DM zu wiederholen und auf eine Klärung der Verwendung dieses Betrages durch die Beklagte hinzuwirken. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Wagenitz

(1) Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung.

(2) Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 111/01 Verkündet am:
12. November 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist eine geschiedene Ehefrau ihrem Kind aus erster Ehe barunterhaltspflichtig,
kommt eine Kontrollberechnung anhand des bei einem hypothetischen Rollentausch
erzielbaren Erwerbseinkommens nicht in Betracht, wenn ein solcher Rollentausch
tatsächlich nicht stattgefunden hat, weil die Ehefrau wie schon zuvor in ihrer ersten
Ehe die Führung des Haushalts und die Betreuung der Kinder übernommen hat (Abgrenzung
zu Senatsurteilen vom 31. März 1982 - IVb ZR 667/80 - FamRZ 1982, 590
und vom 26. September 1984 - IVb ZR 32/83 - NJW 1985, 318 und Fortführung der
bisherigen "Hausmannrechtsprechung").
BGH, Versäumnisurteil vom 12. November 2003 - XII ZR 111/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Seligenstadt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. April 2001 abgeändert. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Seligenstadt vom 20. Juni 2000 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung und der Revision. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner Mutter, Kindesunterhalt. Der Kläger, geboren am 7. Januar 1991, lebt seit der Scheidung der Ehe seiner Eltern im Jahre 1997 im Haushalt seines sorgeberechtigten Vaters, der ihn betreut. Der Vater des Klägers ist wieder verheiratet. Sein Einkommen aus einer halbschichtigen Tätigkeit beträgt 1.800 DM monatlich. Auch die Beklagte,
die in der Ehe mit dem Vater des Klägers in geringem Umfang erwerbstätig war, ist wieder verheiratet. Aus ihrer neuen Ehe ist ein Kind, geboren im Januar 1998, hervorgegangen, das sie betreut. Sie ist nicht erwerbstätig. Ihr Ehemann verdient aus nichtselbständiger Arbeit monatlich netto 2.600 DM zuzüglich Jahreszuwendungen ; er führt außerdem einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb. Das Familiengericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger ab Februar 2000 einen monatlichen Unterhalt von 296 DM (431 DM Regelbetrag abzüglich 135 DM hälftiges Kindergeld) zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und den von der Beklagten monatlich zu zahlenden Unterhalt auf 159 DM herabgesetzt. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des familiengerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist begründet. 1. Da die Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht erschienen ist, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung beruht (vgl. BGHZ 37, 79, 82). 2. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2001, 1477 abgedruckt ist, hat ausgeführt: Nach den schon vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen , denen es beipflichte, sei die Beklagte in der Lage, neben der Betreuung des kleinen Kindes aus ihrer jetzigen Ehe eine stundenweise Beschäftigung auszuüben, etwa durch eine Putzstelle in den Abendstunden, in denen
ihr Ehemann das Kind betreuen könne und mit der sie den geforderten Unterhaltsbetrag von knapp 300 DM monatlich verdienen könne. Ihr Ehemann sei in der Lage, mit seinem Erwerbseinkommen von monatlich 2.600 DM zuzüglich jahresbezogener Sonderzuwendungen und etwaiger weiterer Einkünfte aus seinem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb den Unterhalt der neuen Familie voll zu bestreiten. Etwaige verbleibende Zweifel hieran gingen zu Lasten der für ihre (mangelnde) Leistungsfähigkeit beweisbelasteten Beklagten. Gegen diese Ausführungen sind angesichts der festgestellten tatsächlichen Verhältnisse aus Rechtsgründen keine Einwendungen zu erheben. Das Berufungsgericht hat beachtet, daß der Beklagten eine Erwerbstätigkeit nur so weit zugemutet werden kann, als die Betreuung ihres Kleinkindes sichergestellt ist, und sie bei entsprechenden Bemühungen auch eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt zu finden vermag. Weiter geht das Oberlandesgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065 und vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742) davon aus, daß die Beklagte die durch einen Nebenerwerb erzielten Einkünfte für den Unterhalt des Klägers nur zu verwenden hat, wenn und soweit ihr eigener angemessener Unterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) von ihrem berufstätigen Ehemann gedeckt wird. Die Voraussetzungen hierfür hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht. 3. Das Oberlandesgericht hält aber eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Beklagten aufgrund einer Kontrollberechnung für gegeben. Es führt dazu aus, die Beklagte müsse höchstens den Unterhalt an den Kläger zahlen, den sie zahlen müßte, wenn sie voll erwerbstätig wäre und sie ihrem Ehemann, der dann das zweijährige Kind betreuen würde und selbst nicht mehr erwerbstätig wäre, sowie ihren beiden Kindern Unterhalt leistete. Da aber die Beklagte bei einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nur 2.100 DM monatlich verdienen
könnte, läge ein Mangelfall vor: Es bestände ein Unterhaltsbedarf von insgesamt 1.626 DM (Ehegattenunterhalt: 840 DM; Kindesunterhalt: 431 DM für den Kläger, 355 DM für das zweite Kind). Für Unterhaltszwecke wären nach Abzug des Selbstbehalts der Klägerin lediglich 600 DM (2.100 DM - 1.500 DM) vorhanden. Die Kürzungsquote betrüge daher 0,369 (600 DM : 1.626 DM). Der Unterhaltsanspruch des Klägers beliefe sich dann auf lediglich 159 DM (431 DM x 0,369). Ein höherer Unterhalt stehe dem Kläger aber nicht zu. Dies ergebe sich aus der sogenannten Hausmann-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach dürfe der Unterhaltspflichtige, der sich in einer neuen Ehe obliegenheitswidrig auf seine Rolle als Hausmann zurückgezogen habe, deswegen nicht schlechter stehen, als er stehen würde, wenn er erwerbstätig geblieben wäre. Dies müsse aber erst recht gelten, wenn, wie hier, die Rollenwahl der unterhaltspflichtigen Beklagten offensichtlich obliegenheitsgemäß gewesen sei. 4. Diese Ausführungen halten, wie die Revision zu Recht rügt, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Kontrollrechnung ist nicht durchzuführen; der Unterhaltsanspruch des Klägers ist nicht auf den Betrag begrenzt, den die Beklagte zu leisten hätte, wenn allein sie - und nicht wie tatsächlich ihr Ehemann - voll erwerbstätig wäre. Richtig ist zwar, daß der Senat im Rahmen seiner sogenannten Hausmann -Rechtsprechung in bestimmten Konstellationen eine Kontrollberechnung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1984 - IVb ZR 32/83 - NJW 1985, 318). Dies bezieht sich jedoch nur auf solche Fälle, in denen ein Ehegatte, der in seiner früheren Ehe voll erwerbstätig war, in einer neuen Verbindung wegen der Betreuung seines minderjährigen Kindes die Haushaltsführung übernimmt. Brauchen die Unterhaltsberechtigten aus der geschiedenen Ehe des Verpflichteten diesen Rollenwechsel nicht hinzunehmen, ist dem
Hausmann/der Hausfrau sein/ihr früheres Einkommen fiktiv zuzurechnen. Ist hingegen der Rollenwechsel gegenüber der früheren Familie gerechtfertigt (vgl. zu den strengen Voraussetzungen Senatsurteile vom 13. März 1996 - XII ZR 2/95 - FamRZ 1996, 796, 797 und vom 21. Februar 2001 - XII ZR 308/98 - FamRZ 2001, 614, 616 m.Anm. Büttner), ist die dann regelmäßig vorliegende Obliegenheit zur Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit, um Barunterhalt leisten zu können, begrenzt: Der Hausmann darf dadurch, daß er sich auf seine Rolle als Hausmann zurückgezogen hat, nicht schlechter stehen, als wenn er erwerbstätig geblieben wäre. Dies bedeutet zugleich, daß die minderjährigen unterhaltsberechtigten Kinder aus der früheren Ehe unter den genannten Voraussetzungen nicht besser gestellt werden dürfen als bei einer Fortführung der Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen (vgl. hierzu insbesondere Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 aaO, 1067). Die Hausmann-Rechtsprechung beruht im wesentlichen auf der Gleichrangigkeit der Kindesunterhaltsansprüche und dem Grundgedanken des § 1603 Abs. 1, § 1609 BGB. Aus diesen beiden Gesichtspunkten folgt, daß bei einem Rollenwechsel zum Hausmann die Obliegenheit zum Nebenerwerb nur so weit reichen kann, daß die unterhaltsberechtigten Kinder aus der früheren Ehe nicht schlechter stehen als wenn der Unterhaltspflichtige sich in seiner neuen Ehe nicht auf die Rolle des Hausmanns zurückgezogen hätte, sondern erwerbstätig geblieben wäre. Eine solche Begrenzung der Obliegenheit zum Nebenerwerb kann aber dann nicht angenommen werden, wenn es, wie hier, nicht zu einem Rollentausch gekommen ist, der Unterhaltspflichtige vielmehr in der alten wie in der neuen Familie in erster Linie die Haushaltsführung und die Kindesbetreuung übernommen hat. Denn § 1603 Abs. 1 BGB bestimmt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse und nicht aufgrund von hypothetischen Situationen, die in der Realität noch nie vorgelegen haben und zu deren Herbeiführung den Unterhaltsverpflichteten auch keine
Obliegenheit trifft. Da auf die realen Verhältnisse abzustellen ist, ist die Tatsache der Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich zu beachten. Ebenso wie die Wiederheirat dazu führen kann, daß sich das ersteheliche Kind eine Schmälerung seines Unterhaltsanspruchs als Folge des Hinzutritts weiterer minderjähriger Kinder aus der neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen entgegenhalten lassen muß, kann sich die Wiederverheiratung auch, wie im vorliegenden Fall, zum Vorteil des erstehelichen Kindes auswirken. Da § 1603 BGB darauf abstellt, ob und inwieweit der Unterhaltsverpflichtete imstande ist, den begehrten Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren, ist hier die Sicherstellung des eigenen Unterhalts der Beklagten in der neuen Ehe als Folge ihrer Wiederheirat unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Es besteht daher kein Anlaß und auch kein rechtfertigender Grund, eine volle Erwerbstätigkeit der Beklagten zu unterstellen (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 aaO, 1066, 1067). Da die Beklagte nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts in der Lage ist, den geforderten Unterhalt ohne Gefährdung ihres angemessenen Selbstbehalts zu erbringen, braucht nicht geprüft zu werden, ob eine gesteigerte Unterhaltspflicht der Beklagten nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB besteht. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob eine solche gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB entfallen würde, weil der das Kind betreuende Vater als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne dieser Vorschrift in Betracht käme. Zwar kann der das Kind betreuende Elternteil in besonderen Ausnahmefällen selbst dann, wenn bei Inanspruchnahme des anderen Elternteils dessen angemessener Selbstbehalt nicht gefährdet würde, dazu verpflichtet sein, zusätzlich zu seiner Betreuungsleistung zum Barunterhalt des Kindes beizutragen , wenn nämlich anderenfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht
zwischen den Eltern aufträte (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 aaO S. 742 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier indes weder vom Oberlandesgericht festgestellt noch von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten dargetan worden. Auch sonst sind keine hinreichenden Anhaltspunkte hierfür ersichtlich.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 216/00 Verkündet am:
20. März 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zum Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes gegen den nicht betreuenden
Elternteil, dessen eigener angemessener Unterhalt in einer neuen Ehe gesichert ist.
BGH, Urteil vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - OLG Düsseldorf
AG Moers
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. März 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. Juni 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die am 15. Februar 1985 geborene Klägerin stammt aus der 1990 geschiedenen Ehe der Beklagten mit dem Kindesvater, in dessen Haushalt sie seit Juni 1999 lebt. Ihr rund drei Jahre jüngerer Bruder lebt seit der Scheidung bei der Beklagten. Beide Eltern sind wieder verheiratet. Die Beklagte erzielt aus einer Teilzeitbeschäftigung ein monatliches Einkommen von zumindest 580 DM und seit dem 1. September 1999 von 630 DM. Ihr Ehemann verdient ausweislich einer Verdienstbescheinigung für Dezember 1999 monatlich netto 3.631,08 DM und hat für 1999 eine Steuerrückzahlung in Höhe von 1.528,60 DM erhalten.
Der Vater der Klägerin, aus dessen neuer Ehe ein Kind hervorgegangen ist, erzielt ein Nettoeinkommen von mindestens rund 7.450 DM. Ob seine Ehefrau aus ihrer Erwerbstätigkeit Einkommen erzielt, ist streitig. Die Klägerin verlangt rückständigen Kindesunterhalt für die Monate Juni bis August 1999 sowie laufenden Kindesunterhalt seit September 1999. Ihre Klage blieb im ersten Rechtszug ohne Erfolg. Auf ihre Berufung hat das Oberlandesgericht die Beklagte verurteilt, an sie für Juni 1999 eine Unterhaltsrente von 377 DM, für Juli bis Dezember 1999 von monatlich 385 DM und seit dem 1. Januar 2000 von monatlich 375 DM zu zahlen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat der Klägerin, die unstreitig außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 BGB), den jeweiligen Mindestunterhalt nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle (Stand 1. Juli 1998 = FamRZ 1998, 534 ff., Stand 1. Juli 1999 = FamRZ 1999, 766 ff.) abzüglich des hälftigen Kindergeldes zugesprochen und dazu ausgeführt, die Barunterhaltspflicht der Beklagten sei nicht gemäß § 1603 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Dies hält den Angriffen der Revision stand.
1. Die Beklagte kann die der Klägerin zugesprochenen Unterhaltsbeträge aus ihrem Verdienst von 580 bzw. 630 DM monatlich - auch nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen - zahlen, ohne ihren eigenen angemessenen Unterhalt zu gefährden. Dieser ist nämlich nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts durch ihre hälftige Beteiligung an dem von ihrem Ehemann und ihr erzielten Gesamteinkommen gesichert. Entgegen der Auffassung der Revision ist ihr Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann bei der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit nicht erst im Rahmen einer erweiterten Leistungspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 23. Januar 1980 - IV ZR 2/78 - FamRZ 1980, 555 f.), sondern auch schon bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 1603 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 31. März 1982 - IVb ZR 667/80 - FamRZ 1982, 590, 591). Der Umstand der Wiederverheiratung des barunterhaltspflichtigen Elternteils ist nämlich unterhaltsrechtlich beachtlich. So wie die Wiederheirat dazu führen kann, daû sich das ersteheliche Kind eine Schmälerung seines Unterhaltsanspruchs als Folge des Hinzutritts weiterer minderjähriger Kinder aus der neuen Ehe des Barunterhaltspflichtigen entgegenhalten lassen muû, kann sich die Wiederverheiratung auch, wie im vorliegenden Fall, zum Vorteil des erstehelichen Kindes auswirken. Da das Gesetz in § 1603 BGB auf die tatsächlichen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten abstellt und seine Unterhaltspflicht danach bemiût, ob und inwieweit er imstande ist, den begehrten Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren , ist hier die Sicherstellung des eigenen Unterhalts der Beklagten in der neuen Ehe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1067 f.).
Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts betrug das gemeinsame bereinigte Nettoeinkommen der Beklagten und ihres Ehemannes bis Ende August 1999 4.105,54 DM und danach 4.155,54 DM. Hiervon stand beiden Ehegatten je die Hälfte = 2.052,77 DM bzw. 2.077,77 DM zu, da im Rahmen des Familienunterhalts nach § 1360 BGB ein Erwerbstätigenbonus zugunsten des allein oder mehr verdienenden Ehegatten entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung nicht in Betracht kommt. Unter Berücksichtigung der der Klägerin zugesprochenen Unterhaltszahlungen von 377 DM, 385 DM bzw. 375 DM verbleiben der Beklagten somit für Juni 1999 1.675,77 DM, für Juli und August 1999 1.667,77 DM, seit September 1999 1.692,77 DM und seit Januar 2000 1.702,77 DM zur Deckung ihres eigenen Bedarfs. 2. Entgegen der Auffassung der Revision ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daû das Berufungsgericht den der Beklagten gegenüber der Klägerin zustehenden angemessenen Eigenbedarf mit diesen ihr verbleibenden Beträgen als gedeckt angesehen hat, auch wenn der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen, insbesondere gegenüber volljährigen Kindern, nach Anmerkung 5 der Düsseldorfer Tabelle 1998 und 1999 in der Regel mit monatlich mindestens 1.800 DM bemessen wird. Wie auch die Revision nicht verkennt, obliegt die Bestimmung des angemessenen Selbstbehalts dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüft werden. Hier hat das Berufungsgericht den angemessenen Selbstbehalt der Beklagten mit Rücksicht auf die Ersparnis durch die gemeinsame Haushaltsführung mit ihrem neuen Ehemann geringer bemessen. Dies erscheint sachgerecht und ist nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1997
- XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 288; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 5. Aufl. § 2 Rdn. 428). 3. Nach alledem hat das Berufungsgericht mangels Gefährdung des angemessenen Unterhalts der Beklagten zu Recht eine gesteigerte Unterhaltspflicht der Beklagten nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB dahinstehen lassen und brauchte infolgedessen auch nicht zu prüfen, ob eine solche gesteigerte Unterhaltspflicht hier nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB entfällt, weil der das Kind betreuende Vater als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne dieser Vorschrift in Betracht kommt. Zwar kann der das Kind betreuende Elternteil in besonderen Ausnahmefällen selbst dann, wenn bei Inanspruchnahme des anderen Elternteils dessen angemessener Selbstbehalt nicht gefährdet würde, dazu verpflichtet sein, zusätzlich zu seiner Betreuungsleistung zum Barunterhalt des Kindes beizutragen , nämlich dann, wenn andernfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern aufträte (vgl. Senatsurteile vom 7. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182, 183 und vom 19. November 1997 aaO; Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht 3. Aufl. § 1603 Rdn. 19; Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 289). Diese Voraussetzungen sind hier indes weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1981 - IVb ZR 573/80 - FamRZ 1981, 347, 349) hinreichend dargetan worden. Angesichts der von der Klägerin im einzelnen dargelegten Belastungen ihres Vaters infolge der Barunterhaltspflicht für zwei Kinder und die durch Fremdvermietung nicht gedeckten Lasten des Familienheims sind - unabhängig von der Frage, ob der Vater auch seiner neuen Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig ist - keine hinreichenden Anhaltspunkte
dafür ersichtlich, daû der für seinen eigenen angemessenen Unterhalt verbleibende Betrag denjenigen, den die Beklagte - nach Abzug des Mindestunterhalts
für die Klägerin - in ihrer neuen Ehe zur Verfügung hat, so deutlich übersteigt, daû eine Abweichung von der Regel des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB geboten ist.
Hahne Sprick Frau RiBGH Weber-Monecke ist im Urlaub und verhindert zu unterschreiben. Hahne Fuchs Ahlt

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 147/04 Verkündet am:
21. Juni 2006
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1603 Abs. 2; BErzGG § 9 Satz 1 und 2
Das an die zweite Ehefrau des seinen Kindern aus erster Ehe unterhaltspflichtigen
Schuldners ausgezahlte Erziehungsgeld berührt dessen Unterhaltspflicht
auch dann nicht, wenn der Anspruch der zweiten Ehefrau auf Familienunterhalt
mit dem Kindesunterhalt gleichrangig ist und sich im absoluten Mangelfall deshalb
auf die Quote des geschuldeten Kindesunterhalts auswirkt (im Anschluss
an das Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - zur Veröffentlichung in
BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 21. Juni 2006 - XII ZR 147/04 - OLG Düsseldorf
AG Geldern
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
Schriftsatznachlass bis zum 30. Mai 2006 durch den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina
und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2004 - unter Verwerfung der Revision im Übrigen - aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an die Kläger zu 1) und
2) in Abänderung der Urkunden des Kreisjugendamts Wesel vom 23. Januar 1996 - UR-Nr. 31/1996 und 30/1996 - und des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Geldern vom 11. November 2003 mehr als die folgenden Unterhaltsbeträge zu leisten:
a) an die Klägerin zu 1) für Dezember 2000 132,36 €, für Januar bis Juni 2001 monatlich 145,96 €, für Juli bis August 2001 monatlich 126,55 €, für September bis Oktober 2001 monatlich 143,84 €, für die Zeit vom 1. bis 21. September 2003 monatlich 128,00 € und für die Zeit ab dem 22. September 2003 monatlich 112,00 €;
b) an den Kläger zu 2) für Dezember 2000 132,36 €, für Januar bis Juni 2001 monatlich 145,96 €, für Juli bis August 2001 monatlich 126,55 €, für September bis Oktober 2001 monatlich 121,73 €, für die Zeit vom 1. bis 21. September 2003 monatlich 108,21 € und für die Zeit ab dem 22. September 2003 monatlich 112,00 €.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Abänderung zweier Jugendamtsurkunden zum Kindesunterhalt.
2
Die am 25. September 1989 geborene Klägerin zu 1 und der am 15. Juni 1991 geborene Kläger zu 2 sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Mit Jugendamtsurkunden vom 23. Januar 1996 verpflichtete sich der Beklagte, monatlichen Unterhalt an die Klägerin zu 1 in Höhe von 425 DM (= 217,30 €) und an den Kläger zu 2 in Höhe von 335 DM (= 171,28 €) zu zahlen. Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau des Beklagten hat das Berufungsgericht - inzwischen rechtskräftig - abgewiesen.
3
Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind seine Kinder H., geboren am 27. November 1999, und A., geboren am 22. September 2003, hervorgegangen. Die zweite Ehefrau des Beklagten erhielt in der hier relevanten Zeit ab Dezember 2000 eine anteilige Steuererstattung im Jahre 2000 und Erziehungsgeld nach der Geburt des Sohnes H. bis einschließlich Oktober 2001 in Höhe von monatlich 306,78 € (600 DM) sowie nach der Geburt der Tochter A. in der Zeit ab September 2003 in Höhe von monatlich 307 €.
4
Der Beklagte erzielte aus seiner vollschichtigen Berufstätigkeit als Schlosser ein bereinigtes Einkommen in unterschiedlicher Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2002 in Höhe von monatlich 1.358,83 €.
5
Das Amtsgericht hat den Beklagten auf die Klage und dessen Widerklage zur Zahlung restlichen Unterhalts an den Kläger zu 2 für die Zeit von Dezember 2000 bis Oktober 2001 in Höhe von insgesamt 487,26 € nebst Zinsen verurteilt. Ferner hat es den beiden Kindern geschuldeten laufenden Unterhalt teils herauf-, im Wesentlichen aber herabgesetzt, zuletzt auf jeweils monatlich 151 € für die Zeit ab September 2003. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - den geschuldeten Unterhalt weiter herabgesetzt, zuletzt auf jeweils monatlich 129,88 € für die Zeit ab September 2003. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt der Beklagte eine weitergehende Herabsetzung des Kindesunterhalts für die Zeit von Dezember 2000 bis Oktober 2001 sowie ab September 2003 in gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab September 2003 auf jeweils monatlich 108,21 €.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist unzulässig, soweit der Beklagte Herabsetzung des geschuldeten Unterhalts für die Klägerin zu 1 auf monatlich unter 128 € für die Zeit vom 1. bis 21. September 2003 und für beide Kläger auf monatlich unter 112 € für die Zeit ab dem 22. September 2003 verlangt. Denn insoweit ist der Beklagte durch das Berufungsurteil nicht beschwert, weil sein Revisionsantrag in diesem Umfang über den eigenen Berufungsantrag hinausgeht. Im Umfang der weiteren Anfechtung führt die Revision zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten, seiner berufsbedingten Fahrtkosten und der Höhe der Tilgungsraten für die zum Um- und Ausbau der selbst genutzten Wohnung aufgenommenen Darlehen den Kindesunterhalt der Kläger im Wege der Mangelfallberechnung ermittelt. Bis auf die Berücksichtigung des von seiner zweiten Ehefrau bezogenen Erziehungsgeldes begegnet die Entscheidung keinen revisionsrechtlichen Bedenken; insoweit wird sie auch von der Revision nicht angegriffen.
8
1. Die im Jahre 2000 an den Beklagten und seine zweite Ehefrau erstattete Steuer für das Jahr 1999 in Höhe von insgesamt 3.727,47 € hat das Berufungsgericht entsprechend den anteiligen Steuerzahlungen nur in Höhe von 581,24 € dem Einkommen des Beklagten zugerechnet und im Übrigen als eigenes Einkommen seiner zweiten Ehefrau für das Jahr 2000 berücksichtigt. Dagegen bestehen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105).
9
2. Auch soweit das Berufungsgericht die Fahrtkosten des Beklagten zu seiner 15 Kilometer entfernten Arbeitsstelle entsprechend seinen unterhaltsrechtlichen Leitlinien (zum Stand 1. Juli 2003 siehe FamRZ 2003, 1250, 1252 Ziff. 10.2.2; vgl. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 97 ff.) mit einer Kilometerpauschale entsprechend § 9 Abs. 3 Nr. 2 ZSEG (für die Zeit ab dem 1. Juli 2004 vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG) bemessen hat, bestehen dagegen keine Bedenken. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass darin regelmäßig sämtliche Pkw-Kosten einschließlich derjenigen für Abnutzung und Finanzierungsaufwand enthalten sind (Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - zur Veröffentlichung bestimmt).
10
3. Ebenfalls zu Recht und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht dem Beklagten keinen Wohnvorteil hinzugerechnet , weil die monatlichen Tilgungsleistungen für die Darlehen, die er zum Umund Ausbau der selbst genutzten Wohnung aufgenommenen hatte, jedenfalls deren objektiven Wohnwert erreichen (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161). Darauf, ob die Wohnung noch im Eigentum seiner Schwiegereltern steht und dem Beklagten der Wohnwert als freiwillige Leistung zur Verfügung gestellt wird oder ob seine zweite Ehefrau Eigentümerin ist, kommt es deswegen nicht an.
11
4. Auch die hier notwendige Mangelfallberechung hat das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats durchgeführt. Die zweite Ehefrau steht hier sämtlichen minderjährigen Kindern aus den beiden Ehen des Beklagten im Rang gleich, nachdem das Berufungsgericht Unterhaltsansprüche der sonst mit den Kindern gleichrangigen ersten Ehefrau des Klägers rechtskräftig abgewiesen hat (vgl. insoweit Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1155 f.).
12
Im Rahmen der gebotenen Mangelfallberechnung hat das Berufungsgericht entsprechend der Rechtsprechung des Senats für die minderjährigen Kläger und die ebenfalls minderjährigen Kinder aus zweiter Ehe Einsatzbeträge in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetragverordnung zugrun- de gelegt. Für die zweite Ehefrau des Beklagten hat es entsprechend der konkreten Lebenssituation den notwendigen Eigenbedarf als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung eingestellt (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.) und dabei die durch die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten erfahrungsgemäß eintretende Ersparnis berücksichtigt (Senatsurteil vom 14. Januar 2004 - XII ZR 149/01 - FamRZ 2004, 792, 793).

II.

13
Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der nach § 1609 Abs. 2 BGB mit den minderjährigen Kindern ranggleichen zweiten Ehefrau des Beklagten (Senatsurteil vom 13. April 2005 aaO), der im Rahmen der Mangelfallberechnung zu berücksichtigen ist, hat das Berufungsgericht das an die zweite Ehefrau gezahlte Erziehungsgeld bedarfsmindernd berücksichtigt.
14
Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Grundsatz, wonach Erziehungsgeld kein unterhaltsrechtlich erhebliches Einkommen darstelle, erfahre gemäß § 9 Satz 2 BErzGG u.a. eine Ausnahme bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern. In diesem Rahmen sei das für Kinder aus der neuen Ehe bezogene Erziehungsgeld auch für den Unterhalt minderjähriger Kinder aus einer früheren Ehe einzusetzen, selbst wenn dies auf Kosten der Kinder aus der neuen Ehe gehe. Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau könne § 9 Satz 2 BErzGG nicht dahingehend verstanden werden, dass sich die erziehungsgeldberechtigte Ehefrau das Erziehungsgeld nur ihren eigenen Kindern gegenüber als Einkommen anrechnen lassen müsse, nicht aber auf den eigenen Unterhaltsanspruch gegen den beklagten Ehemann im Rahmen der Mangelverteilung mit dessen Kindern aus einer früheren Ehe. Eine andere Wertung würde mit Blick auf die Möglichkeit zur Bestimmung des Bezugsberechtigten dazu führen, dass die Eltern willkürlich über die unterhaltsrechtliche Anrechenbarkeit dieser staatlichen Unterstützung entscheiden dürften. Die elterliche Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit, die sich im Familienbudget weder positiv noch negativ auswirke, dürfe aber nicht zu Lasten von minderjährigen, gesteigert unterhaltsberechtigten Kindern aus erster Ehe führen.
15
Insoweit hält die Entscheidung des Berufungsgerichts den Angriffen der Revision nicht stand.

III.

16
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Erziehungsgeld der zweiten Ehefrau des Beklagten nicht im Rahmen ihres Anspruchs auf Familienunterhalt bedarfsmindernd anzurechnen (§ 9 Satz 1 BErzGG).
17
1. Das Erziehungsgeld hat keine Lohnersatzfunktion, sondern wird auch an Eltern gezahlt, die zuvor nicht erwerbstätig waren. Weil das Erziehungsgeld weder tatsächliche Einkommenseinbußen ausgleichen noch für den tatsächlichen Betreuungsaufwand entschädigen soll, wird durch den Bezug die Betreuung und Erziehung eines Kindes durch eine nicht oder nicht voll erwerbstätige, sorgeberechtigte Person in der ersten Lebensphase des Kindes allgemein gefördert (BVerfG FamRZ 1994, 363). Es ermöglicht und erleichtert es somit den Eltern, im Anschluss an die Mutterschutzfrist ganz oder teilweise auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten. Damit dient es sozialpolitischen Zielen und schafft zugleich einen finanziellen Anreiz für die Kindererziehung (BT-Drucks. 10/3729 S. 13; Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - zur Veröffentlichung bestimmt

).

18
Dieses sozialpolitische Ziel wird dadurch unterstützt, dass nach § 9 Satz 1 BErzGG Unterhaltsverpflichtungen nicht durch die Zahlung des Erziehungsgeldes und anderer vergleichbarer Leistungen der Länder berührt werden. Der Barunterhaltspflichtige soll durch die Zahlung des Erziehungsgeldes an den Unterhaltsberechtigten von seiner Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich nicht entlastet werden. Die Leistung nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz soll dem Erziehungsgeldberechtigten also regelmäßig ungeschmälert zugute kommen. Nach übereinstimmender Auffassung ist das Erziehungsgeld deswegen im Regelfall nicht als anrechenbares Einkommen bei der Bemessung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen (BVerfG FamRZ 2000, 1149).
19
Dies gilt nach § 9 Satz 2 BErzGG allerdings nicht in den Fällen des § 1361 Abs. 3, der §§ 1579, 1603 Abs. 2 und des § 1611 Abs. 1 BGB. In diesen Fällen steht die Unterhaltsgewährung in besonderem Maße unter dem Gebot der Billigkeit, und es könnte zu groben Ungerechtigkeiten führen, wenn das Erziehungsgeld bei der Bemessung des Unterhalts unberücksichtigt bliebe (BT-Drucks. 10/3792 S. 18).
20
2. Ob das Erziehungsgeld nach § 9 Satz 2 BErzGG auch im Rahmen des Anspruchs auf Familienunterhalt zu berücksichtigen ist, wenn es nicht von dem - auch von seinen minderjährigen Kindern aus erster Ehe in Anspruch genommenen - Unterhaltspflichtigen, sondern von seinem (ebenfalls) unterhaltsberechtigten zweiten Ehegatten bezogen wird und wenn wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ein absoluter Mangelfall vorliegt , ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
21
Teilweise wird vertreten, dass es dem Bezug des Erziehungsgeldes durch den Unterhaltspflichtigen gleichstehe, wenn dessen Ehegatte das Erziehungsgeld bezieht und im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind der Anspruch auf Familienunterhalt zu prüfen ist (FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. Kap. 6 Rdn. 51). Überwiegend wird in Rechtsprechung und Literatur jedoch die Auffassung vertreten, dass sich ein Ehegatte sein Erziehungsgeld nur gegenüber den Unterhaltsansprüchen seiner Kinder als Einkommen anrechnen lassen müsse, nicht hingegen bei der Bemessung des eigenen Unterhaltsanspruchs im Rahmen einer Mangelverteilung mit Kindern des unterhaltspflichtigen Ehegatten aus seiner ersten Ehe (vgl. etwa OLG Hamm FamRZ 2003, 1962, 1963; Eschenbruch/Mitteldorf Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 6398).
22
Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an, weil nur sie dem Willen des Gesetzgebers entspricht, das Erziehungsgeld grundsätzlich unterhaltsrechtlich unberücksichtigt zu lassen. Die Auslegung der in § 9 Satz 2 BErzGG vorgesehenen Ausnahmen darf diese Zielrichtung des Gesetzes, nämlich eine zusätzliche Förderung im Interesse der Kindererziehung zu schaffen, nicht aus den Augen verlieren.
23
a) Im Rahmen der Auslegung des § 9 Satz 2 BErzGG ist zwischen zwei Fallgestaltungen mit unterschiedlichem Regelungsinhalt zu unterscheiden.
24
aa) Soweit die Vorschrift des § 9 Satz 2 BErzGG auf § 1579 BGB (ggf. i.V. mit § 1361 Abs. 3 BGB) und auf § 1611 Abs. 1 BGB abstellt, lassen sich die Billigkeitskriterien zur Vermeidung grober Ungerechtigkeiten (vgl. BT-Drucks. 10/3792 S. 18) unmittelbar aus diesen Bestimmungen entnehmen. Wenn wegen eines sittlichen Verschuldens des Unterhaltsberechtigten eine Herabsetzung , zeitliche Begrenzung oder, bei grober Unbilligkeit, sogar eine vollständige Versagung des Unterhalts in Betracht kommt, liegt es nahe, ihm auch sein Erziehungsgeld nicht anrechnungsfrei zu belassen. Denn diesen Bestimmungen ist gemein, dass sie - bis auf § 1579 Nr. 1 BGB - auf ein sittliches Verschulden des Unterhaltsberechtigten abstellen. In solchen Fällen würde es zu groben Ungerechtigkeiten führen, wenn das Erziehungsgeld - wie im Regelfall nach § 9 Abs. 1 BErzGG - nicht bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt, sondern dem Unterhaltsberechtigten in voller Höhe zusätzlich belassen würde. Im Ergebnis gilt aber auch nichts anderes in Fällen kurzer Ehedauer nach § 1579 Nr. 1 BGB, der den Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit beider Ehegatten nach § 1569 BGB betont. Auch in solchen Fällen wäre es mit der Möglichkeit einer Begrenzung, Herabsetzung oder vollständigen Versagung des Unterhalts nicht vereinbar, wenn dem Unterhaltsberechtigten das von ihm bezogene Erziehungsgeld stets anrechnungsfrei verbliebe.
25
Die in § 9 Satz 2 BErzGG aus Gründen der Billigkeit geregelten Ausnahmen vom Grundsatz der Nichtanrechnung des Erziehungsgeldes, nämlich in den Fällen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 und 1611 Abs. 1 BGB, greifen daher nur ein, wenn der Unterhaltsberechtigte das Erziehungsgeld erhält. Bezieht hingegen der unterhaltspflichtige Ehegatte das Erziehungsgeld, ist kein Grund dafür ersichtlich, den geschuldeten Unterhalt wegen eines sittlichen Verschuldens des Unterhaltsberechtigten sogar zu erhöhen. Dann bleibt es für den Unterhaltsberechtigten bei dem Grundsatz des § 9 Satz 1 BErzGG, wonach die Unterhaltspflicht durch das Erziehungsgeld nicht berührt wird. Anderenfalls würde das sittliche Verschulden des Unterhaltsberechtigten bzw. die ihm auferlegte Eigenverantwortlichkeit indirekt zu seinem Vorteil geraten, weil das unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Einkommen des Unterhaltspflichtigen um das diesem gezahlte Erziehungsgeld erhöht würde.
26
bb) Nicht vergleichbar ist hingegen der weitere von § 9 Satz 2 BErzGG erfasste Fall der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern (vgl. insoweit Krause FamRZ 2002, 1452 f.). In einem solchen Fall sind grobe Ungerechtigkeiten denkbar, wenn das Erziehungsgeld dem Berechtigten anrechnungsfrei (neben sonstigen Einkünften) verbleibt, während gleichrangige minderjährige Kinder, die ihren Unterhalt naturgemäß nicht selbst decken können, im Mangelfall nicht ihren vollen Unterhalt erhalten.
27
Gleichwohl erfasst der Regelungsgehalt dieses Ausnahmetatbestands des § 9 Satz 2 BErzGG lediglich die Fälle, in denen der nach § 1603 Abs. 2 BGB Unterhaltspflichtige das Erziehungsgeld bezieht (OLG Hamm FamRZ 1995, 805, 806; für Ansprüche nach § 1615 l Abs. 2 BGB BVerfG FamRZ 2000, 1149). Nur dann entspricht es dem Gebot der Billigkeit, den Unterhaltspflichtigen wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern auch auf das Erziehungsgeld zurückgreifen zu lassen (Weinreich/Klein Familienrecht 2. Aufl. vor § 1360 Rdn. 72; Eschenbruch/Mittendorf aaO). Erhält hingegen der unterhaltsberechtigte Ehegatte das Erziehungsgeld, rückt der Zweck des Erziehungsgeldes als einkommensunabhängige Sozialleistung mit sozialpolitischen Zielen in den Vordergrund. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Unterhaltspflichtige durch den Bezug des Erziehungsgeldes auf Seiten des Berechtigten gerade nicht entlastet werden, auch wenn dies dazu führt, dass konkurrierende Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder nicht voll befriedigt werden können (BVerfG FamRZ 2000, 1149).
28
b) Im vorliegenden Fall wird das Erziehungsgeld nicht an den Beklagten als Unterhaltsschuldner, sondern an seine zweite Ehefrau ausgezahlt, die den Klägern nicht unterhaltspflichtig ist. Deswegen kommt hier zum Tragen, dass das Erziehungsgeld keine Lohnersatzfunktion hat, sondern sozialpolitischen Zielen dient und zugleich einen finanziellen Anreiz für die Kindererziehung schaffen soll. Dieser Anreiz steht wegen der Kindererziehung der zweiten Ehefrau des Beklagten, nicht aber diesem als Unterhaltsschuldner zu.
29
In solchen Fällen könnten sich unbillige Ergebnisse allenfalls dann ergeben , wenn die zweite Ehefrau mit der Summe ihres im Mangelfall auf eine Quote reduzierten Unterhalts und des anrechnungsfrei gebliebenen Erziehungsgeldes insgesamt über ihren Bedarf hinausgehende Einkünfte erzielen würde, während der Beklagte den Unterhaltsbedarf der gleichrangigen Kläger nicht decken könnte. Nur dann könnte die zweite Ehefrau im Einzelfall ihren eigenen Kindern zusätzlich barunterhaltspflichtig sein (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB), was sich über den Gleichrang aller Kinder des Beklagten - wie im Rahmen der sog. Hausmannrechtsprechung entschieden (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 aaO) - nach § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB auch zu Gunsten des Unterhaltsanspruchs der minderjährigen Kinder des Beklagten aus erster Ehe auswirken könnte. Allerdings scheiden solche Fälle im absoluten Mangelfall regelmäßig schon deswegen aus, weil die erziehungsgeldberechtigte zweite Ehefrau auch ihren eigenen Kindern nur in dem Umfang barunterhaltspflichtig ist, in dem ihr Gesamteinkommen den eigenen notwendigen Selbstbehalt übersteigt (Senatsurteil vom 12. April 2006 aaO).
30
Die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten nach § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB darf aber nicht so weit gehen, dass sie einer Unterhaltspflicht der zweiten Ehefrau des Beklagten gegenüber dessen Kindern aus erster Ehe gleich käme, die nach dem Gesetz nicht besteht. Die Verpflichtung des neuen Ehegatten beschränkt sich vielmehr darauf, dem Unterhalt schuldenden Ehegatten die Erzielung ausreichender Einkünfte durch Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Nur insoweit müssen die beiderseits bekannten Unterhaltslasten gegenüber Kindern aus früheren Ehen bei der Aufgabenverteilung in der neuen Ehe berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066). Hier ist der Beklagte aber schon vollschichtig berufstätig, was seine zweite Ehefrau ihm durch die Kindererziehung ermöglicht. Auch unter Berücksichtigung des Gleichrangs aller minderjährigen Kinder ist das von der zweiten Ehefrau des Beklagten bezogene Erziehungsgeld deswegen auch nicht bei der Ermittlung ihres Anspruchs auf Familienunterhalt bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers , mit der Zahlung des Erziehungsgeldes den Eltern die Erziehung ihrer Kleinkinder zu ermöglichen, ohne auf eine eigene Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein.
31
Wegen einer gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 BGB) kommt eine Anrechnung des Erziehungsgeldes nach § 9 Satz 2 BErzGG folglich nur dann in Betracht, wenn das Erziehungsgeld dem Unterhaltsschuldner selbst zusteht.
32
c) Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte und seine zweite Ehefrau den Erziehungsgeldberechtigten nach § 3 Abs. 2 BErzGG bestimmen können. Denn dieses Wahlrecht setzt die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen durch jeden der beiden Elternteile voraus. Berechtigt ist also nur derjenige Elternteil, der u.a. das Kind selbst betreut und erzieht und allenfalls eine Erwerbstätigkeit bis zu 30 Wochenstunden ausübt (§§ 1 Abs. 1, 2 BErzGG). Insoweit sind einer Manipulation durch die Ehegatten aber schon durch die sog. Hausmannrechtsprechung des Senats Grenzen gesetzt, durch welche die Rollenwahl der neuen Ehegatten im Interesse des Gleichrangs der Unterhaltsansprüche aller minderjährigen Kinder unterhaltsrechtlich nur unter bestimmten Voraussetzungen hinzunehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 aaO).

IV.

33
Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil die notwendige Neuermittlung des vom Beklagten geschuldeten Unterhalts weitere tatsächliche Feststellungen erfordert. Schon im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Juni 2004 durfte das Berufungsgericht seine - dem laufenden Unterhalt zu Grunde liegende - Prognose der Einkommensverhältnisse des Beklagten nicht mehr allein auf dessen Einkommen in den Jahren 2001 und 2002 stützen. Denn mit der Klage wird Unterhalt auch für die Zukunft begehrt, weswegen für die Festsetzung des laufenden Unterhalts eine Prognose der künftigen Einkommensverhältnisse unverzichtbar ist. Den Anforderungen an eine möglichst realitätsnahe Prognose tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts insoweit nicht hinreichend Rechnung, weil sie lediglich die Einkünfte in den Jahren 2000 bis 2002 berücksichtigen und das zeitnähere Jahr 2003 ausklammern. Soweit das Einkommen des Beklagten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung schon konkret feststand, was hier jedenfalls für das Jahr 2003 gilt, hätte dieses der Einkommensberechnung und der Prognoseentscheidung für die Folgezeit zu Grunde gelegt werden müssen.
Sprick Weber-Monecke Wagenitz Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Geldern, Entscheidung vom 11.11.2003 - 11 F 200/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.07.2004 - II-3 UF 228/03 -

Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 30/04 Verkündet am:
15. März 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf Trennungsunterhalt oder
nachehelichen Ehegattenunterhalt (Ehegattenselbstbehalt) kann nicht generell
mit dem Betrag bemessen werden, der als notwendiger Selbstbehalt gegenüber
Unterhaltsansprüchen minderjähriger oder ihnen nach § 1603
Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter Kinder im Rahmen des Verwandtenunterhalts
gilt. Er ist vielmehr in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der
zwischen dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) und dem
notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB) liegt (Fortführung des Senatsurteils
vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 3/03 - FamRZ 2005, 354 ff.).

b) Einer zusätzlichen Grenze der Leistungsfähigkeit nach den individuellen ehelichen
Lebensverhältnissen bedarf es nach der neueren Rechtsprechung des
Senats zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs eines getrennt lebenden oder
geschiedenen Ehegatten nicht mehr (Abgrenzung zu den Senatsurteilen
BGHZ 109, 72, 83 f. und vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004,
1357, 1358 f.; Fortführung des Senatsurteils BGHZ 153, 358, 364 f.).
BGH, Urteil vom 15. März 2006 - XII ZR 30/04 - OLG Düsseldorf
AG Mülheim a. d. Ruhr
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien - die seit über 40 Jahren miteinander verheiratet sind - streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit ab August 2002. Der Beklagte ist Rentner ; er bezieht aus seiner gesetzlichen Rente und seiner Betriebsrente monatliche Gesamteinkünfte, die sich für die Zeit bis Juni 2003 auf 1.335 € beliefen und seitdem 1.345 € betragen. Die am 27. Januar 1940 geborene Klägerin war während der Ehezeit aushilfsweise tätig und erzielt aus dieser Tätigkeit seit der Trennung monatlich 250 €.
2
Der Beklagte zahlte an die Klägerin im August 2002 335,75 € und in der Zeit von September 2002 bis April 2003 monatlich 544,38 € an Trennungsunterhalt. Für die Zeit ab Mai 2003 hat er eine monatliche Unterhaltspflicht in Höhe von 415,25 € anerkannt.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 571 € abzüglich der von August 2002 bis Mai 2003 geleisteten Unterhaltszahlungen verurteilt. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Beklagten, mit der er Klagabweisung für die Zeit bis Mai 2003 sowie Herabsetzung des ab Juni 2003 geschuldeten Unterhalts auf den anerkannten Betrag in Höhe von monatlich 415,25 € begehrt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2004, 1104 f. veröffentlicht ist, hat auf der Grundlage der Renteneinkünfte des Beklagten und des - nach Abzug pauschaler berufsbedingter Aufwendungen sowie eines Erwerbstätigenbonus - bereinigten Erwerbseinkommens der Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbedarf in Höhe von 571 € für die Zeit bis Juni 2003 und in Höhe von 576 € für die Zeit ab Juli 2003 ermittelt. Der Klägerin sei kein höheres Einkommen als zuletzt mit monatlich 250 € erzielt anzurechnen. Im Hinblick auf die jahrzehntelange Ehedauer erscheine es angemessen, den Umfang ihrer Erwerbsobliegenheit über das Trennungsjahr hinaus zu beschränken. Eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit sei der Klägerin auch deswegen nicht mehr zumutbar, weil sie im Januar 2004 64 Jahre alt geworden sei und "gewisse gesundheitliche Beeinträchtigungen plausibel dargelegt" habe.
6
Der Beklagte sei zur Zahlung des sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Unterhaltsbedarfs leistungsfähig, zumal ihm nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Düsseldorf und den davon in Bezug genommenen Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle lediglich ein Selbstbehalt in Höhe von 730 € monatlich zu belassen sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehe auch keine Veranlassung, auf die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm abzustellen, aus denen sich für den Ehegattenunterhalt ein "billiger Selbstbehalt" von 920 € ergebe. Die Revision hat das Berufungsgericht zugelassen, weil "die Frage der (Nicht-)Anwendung außerbezirklicher unterhaltsrechtlicher Leitlinien bislang … noch nicht obergerichtlich entschieden" worden sei.

II.

7
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht stand.
8
1. Schon die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) entspricht nicht in allen Punkten der Rechtsprechung des Senats.
9
Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien von den Rentenbezügen des Beklagten geprägt worden sind. Das wäre selbst dann der Fall, wenn die Rente an die Stelle eines im Zeitpunkt der Scheidung noch bezogenen Erwerbseinkommens getreten wäre (Senatsurteil vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 91 f.). Hier hat das Renteneinkommen die ehelichen Lebensverhältnisse schon deswegen geprägt, weil der Beklagte im Zeitpunkt der Trennung der Parteien im August 2002 bereits Rente bezog.
10
Ebenso zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass auch das Einkommen der Klägerin aus ihrer Aushilfstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat. Denn die Klägerin hat ein solches Einkommen schon während der Ehezeit und weiterhin seit der Trennung erzielt. Soweit das Berufungsgericht dieses eheprägende Einkommen der Klägerin allerdings zur Höhe auf monatlich 250 € beschränkt hat, berücksichtigt es den unter Beweis gestellten Sachvortrag des Beklagten nicht erschöpfend.
11
a) Ob "gewisse gesundheitliche Beeinträchtigungen" oder das Alter der Klägerin von 64 Jahren einer Obliegenheit zur Ausweitung ihrer Aushilfstätigkeit entgegenstehen, kann hier offen bleiben. Denn der Beklagte hat – wie die Revision zu Recht rügt - unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Klägerin in den letzten 18 Jahren vor der Trennung in weiterem Umfang aushilfsweise tätig gewesen sei und durchschnittlich mindestens 325 € monatlich verdient habe. Diese Tätigkeit habe sie erst im Zuge der Trennung auf das nunmehr ausgeübte Maß reduziert.
12
Nach diesem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt kommt es nicht darauf an, ob die bei Verkündung des Berufungsurteils fast 64 Jahre alte Klägerin ihre Aushilfstätigkeit über das bisherige Maß hinaus ausweiten muss. Entscheidend ist vielmehr darauf abzustellen, ob die Klägerin aus unterhaltsrechtlicher Sicht ihr bisheriges Einkommen im Zusammenhang mit der Trennung eigenmächtig auf monatlich 250 € reduzieren durfte. Umstände, die eine solche Einschränkung der Aushilfstätigkeit aus gesundheitlicher Sicht erfordern, hat das Berufungsgericht nicht konkret festgestellt. Allein der Umstand, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Trennung fast 63 Jahre alt war, berechtigte sie nach der Rechtsprechung des Senats noch nicht, eine zuvor ausgeübte eheprägende Tätigkeit zu reduzieren (Senatsurteil vom 3. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 709 f.). Das Berufungsgericht wird deswegen zunächst auf der Grundlage des streitigen Sachvortrags klären müssen, ob die Klägerin ihre Aushilfstätigkeit erst im Zusammenhang mit der Trennung reduziert hat (so der Beklagte), oder ob die Reduzierung schon Jahre vor der Trennung im Einvernehmen mit dem Beklagten erfolgt ist (so die Klägerin). Sollte sich der Sachvortrag des Beklagten bestätigen, wäre die Reduzierung der Aushilfstätigkeit nur dann unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, wenn die Klägerin substantiiert vorträgt und beweist, dass ihr eine Aushilfstätigkeit in dem zuvor ausgeübten Umfang aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar war.
13
b) Soweit der Klägerin neben dem tatsächlich erzielten Einkommen aus ihrer Aushilfstätigkeit fiktive Einkünfte bis zur Höhe ihres zuvor erzielten Einkommens zuzurechnen sind, sind diese nach der Rechtsprechung des Senats im Wege der Differenz- oder Additionsmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen. Denn auch solche fiktiven Einkünfte hätten dann die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt (Senatsurteil vom 7. September 2005 - XII ZR 311/02 - FamRZ 2005, 1979, 1981).
14
c) Für das weitere Verfahren wird das Berufungsgericht allerdings zu beachten haben, dass die Klägerin am 27. Januar 2005 65 Jahre alt geworden ist. Nach der Rechtsprechung des Senats ist sie mit Erreichen der allgemeinen Altersgrenze nicht mehr verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit auszuüben und kann diese deswegen jederzeit reduzieren oder vollständig aufgeben. Nur wenn die Klägerin ihre Nebentätigkeit nach Renteneintritt weiterhin ausübt, bleibt das zusätzlich erzielte Einkommen nicht schon deswegen vollständig unberücksichtigt, weil es überobligationsmäßig erzielt wird. Dann ist der unterhaltsrelevante Anteil des überobligationsmäßig erzielten Einkommens nach Billigkeit zu ermitteln und - gegebenenfalls neben den eigenen Renteneinkünften – im Wege der Differenz - oder Anrechnungsmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1157 f.).
15
2. Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Prüfung aber auch deswegen nicht stand, weil es die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt.
16
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats besteht eine Unterhaltspflicht nicht, soweit der Unterhaltschuldner infolge einer Unterhaltsleistung selbst sozialhilfebedürftig würde. Dem Unterhaltspflichtigen muss schon aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstellt (Senatsurteile BGHZ 111, 194, 198 = FamRZ 1990, 849, 850 und vom 10. Juli 1996 - XII ZR 121/95 - FamRZ 1996, 1272, 1273; Scholz FamRZ 2004, 751, 757 ff.). Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet jedenfalls dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (BVerfG FamRZ 2001, 1685 f.; zur Höhe vgl. Klinkhammer FamRZ 2004, 1909, 1910 ff. und Schürmann FamRZ 2005, 148 f.).
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Die Bemessung dieses - auch verfassungsrechtlich zu beachtenden - Mindestselbstbehalts ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats Aufgabe des Tatrichters. Dabei ist es diesem nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung gebieten (Senatsurteile vom 28. März 1984 - IVb ZR 53/82 - NJW 1984, 1614 und vom 23. September 1992 - XII ZR 157/91 - FamRZ 1993, 43, 44 f.). Die Oberlandesgerichte haben solche pauschalen Selbstbehaltssätze als Grenzen der Leistungsfähigkeit für den Verwandtenunterhalt (§ 1603 BGB) oder den Ehegattenunterhalt (§ 1581 BGB) in ihre unterhaltsrechtlichen Leitlinien aufgenommen, stimmen dabei teilweise aber weder zur Höhe noch in der Abstufung gegenüber anderen Unterhaltsansprüchen überein. Beim Ehegattenunterhalt wird zum Teil zusätzlich danach unterschieden, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte minderjährige Kinder erzieht oder ob es sich um Trennungs- oder nachehelichen Ehegattenunterhalt handelt.
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Bei der Bemessung solcher Selbstbehalte haben die Gerichte die gesetzlichen Vorgaben zu beachten, die sich insbesondere aus dem Wesen der Unterhaltspflicht und der Rangfolge des Anspruchs im Verhältnis zu anderen Unterhaltsberechtigten ergeben (Senatsurteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 15/88 - FamRZ 1989, 272 f.). Deswegen hat es der Senat nicht gebilligt, dass der angemessene Selbstbehalt gegenüber Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder (§ 1603 Abs. 1 BGB) mit dem notwendigen Selbstbehalt gegenüber Unterhaltsansprüchen minderjähriger und diesen nach § 1603 Abs. 2 BGB gleichgestellter Kinder gleichgesetzt wird (Senatsurteil vom 7. Dezember 1988 aaO). Ebenso hat es der Senat aus Rechtsgründen nicht für vertretbar und auch nicht für billig gehalten, dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten regelmäßig nur den notwendigen Selbstbehalt zu belassen. Die darin zum Ausdruck kommende Gleichbehandlung des Unterhaltsanspruchs von Ehegatten mit demjenigen minderjähriger Kinder, wie sie für das Rangverhältnis in § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB (noch) angeordnet ist, würde die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB außer Betracht lassen. Der Regelungshintergrund dieser Vorschrift ist darin zu sehen, dass minderjährigen Kindern wegen ihres Alters von vornherein die Möglichkeit verschlossen ist, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 3/03 - FamRZ 2005, 354, 355 m.w.N.). Das gilt für geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten nicht in gleichem Maße. Umgekehrt kann der gegenüber dem Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder stärker ausgestaltete Charakter des Ehegattenunterhalts auch zu einer stärkeren Haftung und damit zu einem geringeren Selbstbehalt nach § 1581 BGB führen, als dieses auf der Grundlage des § 1603 Abs. 1 BGB gegenüber dem Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder der Fall ist. Denn nach § 1609 Abs. 2 BGB stehen Ehegatten zwar den Kindern im Sinne des § 1603 Abs. 2 BGB gleich; sonstigen Kindern gehen sie allerdings im Rang vor.
19
Nach dieser gesetzlichen Wertung ist es geboten, den Selbstbehalt gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nach § 1581 BGB mit einem Betrag zu bemessen, der nicht unter dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), aber auch nicht über dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) Selbstbehalt liegt. Dabei wird es nicht zu beanstanden sein, wenn der Tatrichter für diesen - pauschalen - Ehegattenselbstbehalt im Regelfall von einem etwa in der Mitte zwischen diesen beiden Beträgen liegenden Betrag ausgeht, wie der Senat schon für den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB entschieden hat (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 aaO, 355 f.). Für den Trennungsunterhalt fehlt zwar eine dem § 1581 BGB entsprechende Regelung, die den Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Ehegatten sicherstellt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es jedoch, diese Vorschrift entsprechend anzuwenden , da sich auch der Anspruch auf Trennungsunterhalt wie jeder Unterhaltsan- spruch an der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen auszurichten hat (BVerfG FamRZ 2002, 1397, 1398).
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b) Der Senat hat die Leistungsfähigkeit im Rahmen des Ehegattenunterhalts (§ 1581 BGB) bisher auch noch in weiterer Weise beschränkt (Senatsurteile BGHZ 109, 72, 83 ff. = FamRZ 1990, 260, 264 und vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1358 f.; vgl. Wendl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 4 Rdn. 567 ff.). Dessen bedarf es nach der neueren Rechtsprechung des Senats zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten nicht mehr.
21
Um zu verhindern, dass der Unterhaltspflichtige gegenüber einem höheren eheangemessenen Unterhaltsbedarf bis zur Grenze eines Mindestselbstbehalts hafte, und dadurch der Grundsatz der Halbteilung nicht mehr gewahrt werde, sei der eigene angemessene Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB, dessen Gefährdung den Einstieg in die Billigkeitsprüfung eröffnet, grundsätzlich mit dem eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 BGB gleichzusetzen. Nur eine solche Gleichsetzung des eigenen angemessenen Unterhalts in § 1581 BGB mit dem eheangemessenen Unterhalt im Sinne des § 1578 BGB könne vermeiden , dass der Unterhaltsberechtigte unter Verstoß gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe seinen vollen eheangemessenen Unterhalt erhalte, während der Verpflichtete erst dann nicht mehr als voll leistungsfähig behandelt werde, wenn ein generell bestimmter, unter seinem eheangemessenen Bedarf liegender Selbstbehalt gefährdet würde. Die in § 1581 BGB vorgeschriebene Abwägung habe neben der Sicherung des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen auch den Zweck, das verfügbare Einkommen so unter den (geschiedenen) Eheleuten zu verteilen, dass die dem Berechtigten zustehenden Unterhaltsleistungen nicht in einem unbilligen Verhältnis zu den Mitteln stünden, die dem Verpflichteten für seinen eigenen Bedarf verblieben. Um diesem Zweck voll gerecht zu werden, müsse die Billigkeitsabwägung aber bereits eröffnet sein, wenn der Verpflichtete den vollen geschuldeten Unterhalt nicht ohne Gefährdung seines eigenen eheangemessenen Unterhalts leisten könne (Senatsurteile BGHZ 109, aaO = FamRZ aaO, 264 und vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1358 f.). Diese Rechtsprechung hatte allerdings zur Folge, dass in einer Vielzahl von Fällen - und zwar stets dann, wenn das verfügbare Einkommen nicht ausreicht, um den beiderseitigen ursprünglich eheangemessenen Unterhalt einschließlich eines eventuellen Mehrbedarfs zu befriedigen - der Unterhalt des berechtigten Ehegatten nach Billigkeitsgrundsätzen gemäß § 1581 BGB zu bemessen ist.
22
Dieser Auslegung des § 1581 BGB für die Bemessung der Leistungsfähigkeit gegenüber einem Anspruch auf Ehegattenunterhalt sind allerdings nicht alle Oberlandesgerichte gefolgt. Während die Mehrzahl der Oberlandesgerichte nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats den Selbstbehalt gegenüber Ehegatten grundsätzlich mit dem eheangemessenen Unterhaltsbedarf des Berechtigten nach § 1578 BGB gleichsetzt, sehen andere Oberlandesgerichte eine solche Anhebung über einen festen Mindestselbstbehalt hinaus nicht vor (so die Oberlandesgerichte Brandenburg, Koblenz, Naumburg und Schleswig, jeweils FamRZ 2005, 1306 ff. unter 21.4).
23
Dieser zusätzlichen Grenze der Leistungsfähigkeit nach den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen bedarf es nicht mehr.
24
aa) Richtig ist zwar, wie der Senat schon bislang betont hat, dass ein unterhaltsberechtigter Ehegatte nicht unter Verstoß gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe einen höheren eheangemessenen Unterhalt erhalten kann, während der Verpflichtete erst dann als nicht mehr leistungsfähig behan- delt wird, wenn ein generell bestimmter, womöglich unter seinem eheangemessenen Bedarf liegender Ehegattenselbstbehalt gefährdet würde. Dieses Ergebnis wird nach der neueren Rechtsprechung des Senats aber schon im Rahmen der Bedarfsbemessung sichergestellt.
25
Gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfordert die Bedarfsermittlung deshalb regelmäßig eine konkrete Feststellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die den ehelichen Lebensstandard bestimmt haben. Dass auf diese Weise auch ein Unterhaltsbedarf ermittelt werden kann, der unter dem Selbstbehalt eines Unterhaltsverpflichteten gegenüber (sogar minderjährigen) Kindern liegt, veranlasst keine Korrektur. Der eheliche Lebensstandard ist grundsätzlich individuell angelegt. Er kann wirtschaftlich über oder unter dem Niveau von Tabellenwerten liegen, die in der Regel auf durchschnittlich ermittelten Kosten der allgemeinen Lebensführung beruhen und Besonderheiten daher nicht berücksichtigen. Darin unterscheidet er sich von dem Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen, der auf der Grundlage der Sozialhilfesätze mit Mindestbeträgen pauschaliert werden kann. Der Bedarf eines unterhaltsberechtigten Ehegatten kann auch nach der Scheidung je nach den Umständen des Einzelfalles beispielsweise dadurch beeinflusst werden, dass infolge gemeinschaftlichen Wirtschaftens mit anderen Personen - etwa Verwandten - die Generalkosten insbesondere für Wohnen niedriger gehalten werden können als im Falle des Alleinlebens. Inhalt der Unterhaltspflicht gegenüber einem geschiedenen Ehegatten ist es deswegen nicht, dem Berechtigten unter allen Umständen das so genannte Existenzminimum zu sichern - das ist notfalls Sache des Sozialhilfeträgers -, sondern nach Maßgabe des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB die Fortsetzung derjenigen - möglicherweise auch engen - Lebensverhältnisse zu ermöglichen, die die Ehe prägen (Senatsurteil vom 11. Januar 1995 - XII ZR 122/93 - FamRZ 1995, 346, 347). Somit ist regelmäßig schon durch die Bedarfsermittlung auf Seiten des Unterhaltsberechtigten sichergestellt, dass dem Unterhaltspflichtigen ein - unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus - ebenso großer Anteil des verfügbaren Einkommens verbleibt, wie ihn der Unterhaltsberechtigte beanspruchen kann.
26
Zwar bestimmt sich der Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dieser Bezug schließt es jedoch nicht aus, nacheheliche Entwicklungen schon bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen. So können sich nach der Rechtsprechung des Senats Einkommensverbesserungen, die erst nach der Scheidung beim unterhaltspflichtigen Ehegatten eintreten, bedarfsteigernd auswirken, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und wenn diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hatte. Umgekehrt können auch nach der Scheidung eintretende Einkommensminderungen für die Bedarfsbemessung nicht grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, sofern sie nicht auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsverpflichteten beruhen oder durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Unterhaltsverpflichteten veranlasst sind und von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können (Senatsurteil BGHZ 153, 358, 364 f. = FamRZ 2003, 590, 591). Wie der Senat schon wiederholt ausgesprochen hat, müsste es auf Unverständnis stoßen, wenn eine nach der Trennung eintretende Arbeitslosigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten nicht schon die ehelichen Lebensverhältnisse, sondern erst seine Leistungsfähigkeit beeinflusst. Gleiches gilt für eine dauerhafte Absenkung der Erwerbseinkünfte des Unterhaltsschuldners nach der Scheidung. Auch hier muss es der Unterhaltsberechtigte hinnehmen, dass der Bemessungsmaßstab für seinen Unterhaltsanspruch gegenüber den Verhältnissen im Zeitpunkt der Scheidung abgesunken ist (Senatsurteil BGHZ 153 aaO).
27
Der Senat hat deshalb in seiner neueren Rechtsprechung ausdrücklich ausgesprochen, dass die Anknüpfung der nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgebenden Umstände an den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils schon nach ihrem Zweck für den unterhaltsberechtigten Ehegatten keine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie begründet, deren Erfüllung nur in den Grenzen fehlender Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten an dessen dauerhaft veränderte wirtschaftliche Verhältnisse angepasst und nur insoweit auch "nach unten korrigiert" werden kann. Für eine solche Absicherung böte das Recht des nachehelichen Unterhalts, das - jedenfalls im Prinzip - nur die Risiken der mit der Scheidung fehlgeschlagenen Lebensplanung der Ehegatten und der von ihnen in der Ehe praktizierten Arbeitsteilung angemessen ausgleichen will, keine gedankliche Rechtfertigung. Das Unterhaltsrecht will den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich im Grundsatz nicht besser stellen, als er sich ohne die Scheidung stünde. Bei Fortbestehen der Ehe hätte ein Ehegatte die negative Einkommensentwicklung des anderen Ehegatten wirtschaftlich mit zu tragen. Es ist nicht einzusehen, warum die Scheidung ihm das Risiko einer solchen - auch vom unterhaltspflichtigen Ehegatten hinzunehmenden - Entwicklung, wenn sie dauerhaft und vom Schuldner nicht durch in Erfüllung seiner Erwerbsobliegenheit gebotenen Anstrengungen vermeidbar ist, abnehmen soll (Senatsurteil BGHZ 153 aaO, 368 = FamRZ aaO, 592). Nichts anderes kann für sonstige Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse gelten, wenn sich dadurch das dem Unterhaltspflichtigen verfügbare Einkommen vermindert. Treten z.B. vorrangige oder gleichrangige weitere Unterhaltsberechtigte hinzu, muss sich auch das auf den Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten auswirken. Für den Trennungsunterhalt ergibt sich das schon aus der bisherigen Rechtssprechung des Senats, wonach die ehelichen Lebensverhältnisse jedenfalls durch die Entwicklung bis zur Rechtskraft der Scheidung geprägt werden (Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.).
28
bb) Die genannte Einschränkung des sich aus der Ehe ergebenden Unterhaltsbedarfs folgt auch aus dem Grundsatz der unterhaltsrechtlichen Halbteilung. Dieser Gedanke der Gleichbehandlung beider Ehegatten ist nicht darauf beschränkt, dem Unterhaltspflichtigen die Hälfte seines im Zeitpunkt der Unterhaltsleistung vorhandenen Einkommens zu belassen, wenn er nicht durch Erfüllung seiner Erwerbsobliegenheit weitere Einkünfte sicherstellen kann. Der Halbteilungsgrundsatz gebietet vielmehr schon bei der Bedarfsermittlung, dem Unterhaltspflichtigen wie dem Unterhaltsberechtigten von seinem eigenen anrechenbaren Erwerbseinkommen einen - die Hälfte seines verteilungsfähigen Einkommens (sogar) maßvoll übersteigenden - Betrag anrechnungsfrei zu belassen (Senatsurteile vom 26. September 1990 - XII ZR 45/89 - FamRZ 1991, 304, 305 und vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 99/89 - FamRZ 1991, 307, 310). Aus entsprechenden Erwägungen hat der Senat auch das Maß des einer nicht verheirateten Mutter nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts schon auf der Bedarfsebene nach dem Halbteilungsgrundsatz begrenzt (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 443).
29
cc) Weil deswegen schon bei der Bedarfsbemessung (§ 1578 BGB) nach dem Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe vermieden werden kann, dass ein Ehegatte einen nach günstigeren Verhältnissen bemessenen vollen eheangemessenen Unterhalt erhält, während der Unterhaltsverpflichtete auf einen geringeren Ehegattenselbstbedarf verwiesen ist, bedarf es keiner entsprechenden Einschränkung (erst) im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (§ 1581 BGB). Im Einklang mit der Rechtsprechung zur Leistungsfähigkeit beim Verwandtenunterhalt (§ 1603 BGB) ist deswegen auch die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten erst dann beeinträchtigt, wenn der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltspflichtigen gefährdet ist, weil ihm kein eigenes Einkommen verbleibt, das einen nach dem Wesen des Unterhaltsanspruchs für den Regelfall festzusetzenden Mindestbetrag unterschreitet. Dafür, den stets zu beachtenden angemessenen Unterhalt des Unterhaltspflichtigen (§ 1581 BGB) für den Regelfall mit einem dem Wesen des Ehegattenunterhalts entsprechenden festen Betrag auszufüllen, spricht auch der Wortlaut des Gesetzes, der sich insoweit von § 1603 Abs. 1 BGB nicht unterscheidet. Dass dieser Ehegattenselbstbehalt nach dem Rang und dem Wesen des Unterhaltsanspruchs gegenüber anderen Unterhaltsansprüchen zwischen dem für minderjährige Kinder geltenden notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB) und dem z.B. gegenüber volljährigen Kindern geltenden angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) liegen sollte, ist oben schon ausgeführt.
30
3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
31
Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen wird das Berufungsgericht zunächst auf der Grundlage des streitigen Sachvortrags die unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden eigenen Einkünfte der Klägerin aus ihrer Aushilfstätigkeit feststellen müssen.
32
Für die Prüfung der Leistungsfähigkeit des Beklagten ist es Sache des Tatrichters, einen auf der Grundlage dieser Rechtsprechung angemessenen Ehegattenselbstbehalt zu bestimmen. Dabei ist es dem Oberlandesgericht nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung erfordern. Auf die mit der Zulassung angesprochene Frage der Anwendung unterschiedlicher Leitlinien verschiedener Oberlandesgerichte kann es hingegen nicht ankommen, weil solche Leitlinien immer nur Richtwerte enthalten, während besondere Umstände im Einzelfall stets eine Abweichung davon zulassen.
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Vorinstanzen:
AG Mülheim an der Ruhr, Entscheidung vom 24.06.2003 - 28 F 112/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.01.2004 - II-8 UF 174/03 -

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.