Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2018 - XII ZR 18/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:280318UXIIZR18.17.0
bei uns veröffentlicht am28.03.2018
vorgehend
Amtsgericht Bad Kreuznach, 21 C 42/16, 21.07.2016
Landgericht Bad Kreuznach, 1 S 100/16, 15.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 18/17 Verkündet am:
28. März 2018
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2 Bb; § 310 Abs. 1 Satz 2
Eine Klausel zur automatischen Verlängerung eines Vertrags über Werbeflächen
auf Kraftfahrzeugen ist wegen fehlender Transparenz unwirksam, wenn
bei Vertragsbeginn nicht eindeutig feststeht, bis wann die Kündigung zur Abwendung
der Verlängerung spätestens ausgesprochen werden muss (im Anschluss
an Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125).
BGH, Urteil vom 28. März 2018 - XII ZR 18/17 - LG Bad Kreuznach
AG Bad Kreuznach
ECLI:DE:BGH:2018:280318UXIIZR18.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 15. Februar 2017 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die klauselmäßige Verlängerung eines Werbevertrags.
2
Die Klägerin vermietet Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen. Die Fahrzeuge erwirbt sie, um sie an soziale und andere Institutionen zu verleihen. Mit der Beklagten schloss sie am 8. Oktober 2009 einen Vertrag über eine Werbefläche auf einem Jugendmobil, das einer Schule als Institution überlassen wurde. Vereinbart war eine Basislaufzeit von fünf Jahren zu einem Nettopreis für diese Werbelaufzeit von 3.500 € zuzüglich 200 € für Gestaltung, Materialkosten, Montage usw., jeweils zuzüglich MwSt. Der Formularvertrag enthält in der linken Spalte ein Textfeld folgenden Inhalts: "Auftragsbedingungen: Der Gesamtpreis der Werbemaßnahme für die Vertragslaufzeit von 5 Jahren ergibt sich aus der rechtsseitigen Aufstellung zzgl. MwSt. Die Werbelaufzeit beginnt mit der Auslieferung des Fahrzeuges an den Vertragspartner. Der Vertrag verlängert sich automatisch ohne Neubeantragung um weitere 5 Jahre, wenn nicht 6 Monate vor Ablauf des Vertrages schriftlich gekündigt wird*. Bei einer Verlängerung des Vertrages hat der Auftraggeber die Möglichkeit einen neuen Werbetext zu platzieren. *Die vereinbarte Verlängerung wird vom Auftraggeber ausdrücklich akzeptiert. Mündliche Nebenabreden werden nicht anerkannt sondern bedürfen der Schriftform."
3
Nach Darstellung der Klägerin lud sie die Beklagte auf den 3. März 2010 zur Teilnahme an der Fahrzeugübergabe ein.
4
Mit Schreiben vom 2. September 2014 wies die Klägerin darauf hin, dass mangels Kündigung eine Vertragsverlängerung um weitere fünf Jahre eingetreten sei. Gleichzeitig gab sie Gelegenheit zur inhaltlichen Änderung des Werbetextes , stellte für die zweite Werbeperiode insgesamt 4.403 € brutto in Rechnung und kündigte deren Lastschrifteinzug für den 10. September 2014 an. Die Beklagte verweigerte die Zahlung unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Verlängerungsklausel.
5
Mit der Klage verlangt die Klägerin die Vergütung von 4.403 € nebst Zinsen für die verlängerte Vertragslaufzeit. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen , das Landgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre vom Landgericht zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist nicht begründet.

I.

7
Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Werkvertrag einzuordnen sei, weil nicht die bloße Gebrauchsüberlassung der Werbefläche im Vordergrund stehe, sondern die mit der Platzierung der Werbung erwartete Werbewirksamkeit als geschuldeter Erfolg. Nur vor diesem Hintergrund sei auch die vergleichsweise hohe Vergütung von 3.500 € zu erklären.
8
Die Werbewirksamkeit sei wesentlicher Bestandteil des Vertrags, da sie charakteristisch für den geschuldeten Werbeerfolg sei. Für die Wirksamkeit des Vertrags sei folglich zwingend erforderlich, dass dieser gerade auch in Bezug auf die Werbewirksamkeit hinreichend charakterisiert und bestimmbar sei. Mangels Angaben über den zeitlichen und räumlichen Einsatz des Fahrzeugs sei dies vorliegend nicht gegeben; deren Bestimmung sei auch nicht der Schule vertraglich überlassen worden. Deshalb sei der Vertrag als solcher mangels Bestimmbarkeit der geschuldeten Werkleistung unwirksam, ohne dass es auf die Wirksamkeit der Verlängerungsklausel ankomme.

II.

9
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Dabei kann dahinstehen, ob das Landgericht die Rechtsnatur des Vertrags in tatrichterlicher Würdigung der von der Klägerin versprochenen Leistungen zutreffend als Werkvertrag eingeordnet hat. Allerdings dürfte gegenüber der mit 200 € gesondert abgegoltenen und als Werkleistung anzusehenden Anbringung der Werbung die nachfolgende Nutzungsüberlassung der Werbefläche zum Preis von 3.500 € für die Dauer von fünf Jahren als vertragscharakteristische Leistung im Vordergrund stehen. Insoweit dürften gerade die vom Landgericht hervorgehobenen Umstände, wonach die Klägerin aus der Natur der Sache heraus keine Vorfestlegung des zeitlichen und räumlichen Einsatzes des Fahrzeugs treffen, sondern lediglich die Zurverfügungstellung der Werbefläche als solche versprechen konnte, für eine mietrechtliche Einordnung sprechen (Abgrenzung zu BGH Urteil vom 19. Juni 1984 - X ZR 93/83 - NJW 1984, 2406, 2407; vgl. auch BGH Urteil vom 1. Februar 1989 - VIII ZR 126/88 - NJW-RR 1989, 589, 590 zur Reklame an Straßenbahnen).
11
2. Unabhängig davon hat der Senat allerdings bereits entschieden, dass jedenfalls die hier verwendete Vertragsverlängerungsklausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhält (Senatsurteile vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 11 ff. und vom 14. März 2018 - XII ZR 31/17 - zur Veröffentlichung bestimmt).
12
a) Der Inhaltskontrolle vorgeschaltet ist die Ermittlung des objektiven Inhalts der Klausel durch Auslegung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ausgehend von ihrem Wortlaut einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Kreise verstanden werden (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 12 mwN).
13
Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Treu und Glauben verpflichten den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen , die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so deutlich erkennen lassen , wie dies nach den Umständen möglich und zumutbar ist. Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten des Handelsverkehrs (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB) und führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäftsbedingungen (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 13 mwN).
14
b) Nach dem Wortlaut der streitigen Klausel verlängert sich der Vertrag um weitere fünf Jahre, wenn nicht sechs Monate vor Ablauf des Vertrags schriftlich gekündigt wird. Die Regelung knüpft somit eine sechsmonatige Kündigungsfrist an das Datum des Ablaufs des Vertrags. Da die anfängliche Vertragslaufzeit auf fünf Jahre festgelegt ist, liegt der Vertragsablauf fünf Jahre nach Vertragsbeginn und endet die Kündigungsfrist sechs Monate davor.
15
Nicht eindeutig ist hier allerdings der Vertragsbeginn. Nach dem Inhalt des Formularvertrags beginnt die Werbelaufzeit mit der Auslieferung des Fahrzeugs "an den Vertragspartner". Vertragspartner des hier maßgeblichen Vertrags sind die Parteien des Rechtsstreits. An die Klägerin wird das Fahrzeug vom Hersteller ausgeliefert, um es zunächst mit den Werbetexten zu versehen und für die Übergabe an die Institution vorzubereiten. Die Schule ist nicht "Vertragspartner" des Vertrags und auch nicht als solcher bezeichnet, sondern als "Institution". Ob die Auslieferung an die Klägerin oder die Übergabe an die Insti- tution für den Vertragsbeginn maßgeblich ist, bleibt nach dem Vertragsinhalt letztlich unklar. Für die Maßgeblichkeit der Auslieferung an die Klägerin als Vertragspartnerin spricht einerseits der Wortlaut der Klausel, andererseits die Tatsache , dass die Klägerin ab dem Zeitpunkt eigene Aufwendungen für das Fahrzeug zu erbringen und deshalb ein wirtschaftliches Interesse an gleichzeitig beginnenden Einnahmen hat. Für die Maßgeblichkeit der Übergabe an die Institution spricht hingegen, dass erst ab diesem Zeitpunkt das Sponsoring seine Wirkung entfaltet und der Werbeeffekt durch Gebrauch des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum einsetzt (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 15).
16
Die Unsicherheit über den Vertragsbeginn und den Ablauf der Kündigungsfrist lässt sich anhand des Vertragsinhalts und seiner Umstände nicht auflösen. So hat im Übrigen auch die Klägerin mit ihrer Revision den Standpunkt vertreten, maßgeblich sei die Übergabe an die Institution. Das entspräche auch den - im vorliegenden Fall einbezogenen - weiteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vom 1. Juli 2008, nach deren Ziffer 2 Satz 2 die Laufzeit grundsätzlich mit dem Tag der Auslieferung des Fahrzeugs an die im Vertrag benannte gemeinnützige Einrichtung beginnt. Andererseits ist die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 2. September 2014 offensichtlich davon ausgegangen, dass die Fahrzeugauslieferung an sie selbst und nicht die spätere Übergabe an die Institution für den Beginn der Vertragslaufzeit maßgeblich sei, denn sie hat die Bezahlung der zweiten Werbeperiode bereits mit Fälligkeit zum 10. September 2014 in Rechnung gestellt, während die Fahrzeugübergabe an die Institution nach ihrer eigenen Darstellung erst am 3. März 2010 stattgefunden hatte und eine Fälligkeit für eine zweite Werbeperiode bereits im September 2014 nicht hätte auslösen können (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 16).
17
c) Mit dem festgestellten Inhalt hält die Klausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Die Intransparenz des letzten möglichen Kündigungszeitpunkts führt dazu, dass das Kündigungsrecht vom Werbekunden nicht effektiv ausgeübt werden kann. Da die automatische Vertragsverlängerung jedoch eine vorherige effektive Kündigungsmöglichkeit voraussetzt , hat beides gemeinsam keinen Bestand. Eine geltungserhaltende Reduktion der Vertragsverlängerungsklausel auf ein inhaltlich noch zulässiges Maß (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 17 mwN) kommt nicht in Betracht.
Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 21.07.2016 - 21 C 42/16 -
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 15.02.2017 - 1 S 100/16 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

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bei uns veröffentlicht am 07.11.2018

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 2. November 2017 aufgehoben.

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

11
Die Revision ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Vertragsverlängerungsklausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhält.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 31/17 Verkündet am:
14. März 2018
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Klausel zur automatischen Verlängerung eines Vertrags über Werbeflächen
auf Kraftfahrzeugen ist wegen fehlender Transparenz unwirksam, wenn
bei Vertragsbeginn nicht eindeutig feststeht, bis wann die Kündigung zur Abwendung
der Verlängerung spätestens ausgesprochen werden muss (im Anschluss
an Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125).
BGH, Urteil vom 14. März 2018 - XII ZR 31/17 - LG Mainz
AG Mainz
ECLI:DE:BGH:2018:140318UXIIZR31.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 22. März 2017 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der klauselmäßigen Verlängerung eines Werbevertrags.
2
Die Klägerin erwirbt Fahrzeuge, um sie sozialen Organisationen wie Kindergärten , Schulen und Lebenshilfeeinrichtungen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Finanziert werden die Fahrzeuge durch Werbeverträge, die die Klägerin mit Sponsoren schließt. Entsprechend schloss sie am 3. September 2010 mit dem Beklagten einen Vertrag über eine Werbefläche auf einem Anhänger, der einer Schule überlassen wurde. Vereinbart war eine Basislaufzeit von fünf Jahren zu einem Nettogesamtpreis von 1.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer.
3
In dem Formularvertrag ist unter "Auftragsbedingungen" geregelt: "… Die Werbelaufzeit beginnt mit der Auslieferung des Fahrzeuges an den Vertragspartner. Der Vertrag verlängert sich automatisch ohne Neubeantragung um weitere 5 Jahre, wenn nicht 3 Monate vor Ablauf des Vertrages schriftlich gekün- digt wird. …"
4
Die Klägerin lud den Beklagten auf den 14. Januar 2011 zur Fahrzeugübergabe an die Schule ein.
5
Mit Schreiben vom 15. August 2015 bedankte sich die Klägerin beim Beklagten , dass er sich dafür entschieden habe, auch jetzt wieder die Schule zu unterstützen. Zugleich stellte sie den Gesamtpreis für die nächsten fünf Jahre in Rechnung und kündigte an, diesen Betrag bei Fälligkeit der Rechnung am 23. August 2015 vom Konto des Beklagten einzuziehen. Die Rechnung wurde in der Folgezeit nicht gezahlt.
6
Mit der Klage verlangt die Klägerin die Vergütung von 1.190 € nebst Zinsen für die verlängerte Vertragslaufzeit. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die begehrte Vergütung weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision ist nicht begründet.
8
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Klägerin stehe keine Vergütung zu. Die Wirksamkeit der Verlängerungsklausel scheitere an § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil sie unklar und missver- ständlich sei und gegen das Transparenzgebot verstoße. Der Zeitpunkt des "Ablaufs des Vertrages" sei unklar, weil für den Vertragsbeginn drei unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht kämen: das Datum des Vertragsschlusses , dasjenige der Auslieferung des Anhängers an die Schule oder der Beginn der vertraglichen Zahlungspflicht. Darüber hinaus handele es sich um eine Überraschungsklausel, da der Inhalt der Verlängerungsklausel durch die drucktechnische Anordnung so verschleiert werde, dass mit ihr nicht gerechnet werden müsse. Dagegen könne sich der Beklagte nicht auf § 309 b BGB berufen, weil er als Rechtsanwalt Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift sei, die zudem auf typengemischte Verträge mit vorwiegend mietvertraglichen Elementen keine Anwendung finde.
9
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
10
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klausel zur automatischen Verlängerung des Vertrags gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB wegen fehlender Transparenz unwirksam ist.
11
a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Treu und Glauben verpflichten den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so deutlich erkennen lassen, wie dies nach den Umständen möglich und zumutbar ist. Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten des Handelsverkehrs (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB) und führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäftsbedingungen (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 13 mwN).
12
Unwirksam ist daher, wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125), eine Klausel zur automatischen Verlängerung eines Werbevertrags, wenn bei Vertragsbeginn nicht eindeutig feststeht, bis wann die Kündigung zur Abwendung der Verlängerung spätestens ausgesprochen werden muss.
13
b) Nach dem Wortlaut der hier streitigen Klausel verlängert sich der Vertrag um weitere fünf Jahre, wenn nicht drei Monate vor Ablauf des Vertrags schriftlich gekündigt wird. Da die anfängliche Vertragslaufzeit auf fünf Jahre festgelegt ist, liegt der Vertragsablauf fünf Jahre nach Vertragsbeginn, so dass die Kündigungsfrist drei Monate davor endet.
14
Nicht eindeutig ist hier allerdings der Vertragsbeginn. Nach dem Inhalt des Formularvertrags beginnt die Werbelaufzeit mit der Auslieferung des Fahrzeugs "an den Vertragspartner". Vertragspartner des hier maßgeblichen Vertrags sind die Parteien des Rechtsstreits. An die Klägerin wird das Fahrzeug vom Hersteller ausgeliefert, um es zunächst mit den Werbetexten zu versehen und für die Übergabe an die Institution / den Verein vorzubereiten. Die Schule ist nicht "Vertragspartner" des Vertrags und auch nicht als solcher bezeichnet, sondern als "Institution/Verein". Ob die Auslieferung an die Klägerin oder die Übergabe an die Schule für den Vertragsbeginn maßgeblich ist, bleibt nach dem Vertragsinhalt letztlich unklar. Für die Maßgeblichkeit der Auslieferung an die Klägerin als Vertragspartnerin spricht einerseits der Wortlaut der Klausel, andererseits die Tatsache, dass die Klägerin ab dem Zeitpunkt eigene Aufwen- dungen für das Fahrzeug zu erbringen und deshalb ein wirtschaftliches Interesse an gleichzeitig beginnenden Einnahmen hat. Für die Maßgeblichkeit der Übergabe an die Schule spricht hingegen, dass erst ab diesem Zeitpunkt das Sponsoring seine Wirkung entfaltet und der Werbeeffekt durch Gebrauch des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum einsetzt (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 15).
15
Die Unsicherheit über den Vertragsbeginn und den Ablauf der Kündigungsfrist lässt sich anhand des Vertragsinhalts und seiner Umstände nicht auflösen. So vertritt auch die Klägerin einerseits mit ihrer Revision den Standpunkt, dass für den Beginn der Werbelaufzeit auf den Termin der Übergabe des Fahrzeugs an die Schule abzustellen sei, der dem Beklagten durch die Einladung auch bekannt war. Andererseits muss sie in ihrem Schreiben vom 15. August 2015 offensichtlich davon ausgegangen sein, dass weder der Vertragsabschluss noch die spätere Übergabe des Fahrzeugs an die Schule für den Beginn der Vertragslaufzeit maßgeblich sein sollte. Denn sie hat die Bezahlung der verlängerten Laufzeit bereits mit Fälligkeit zum 23. August 2015 in Rechnung gestellt, während der Vertragsschluss erst am 3. September 2010 und die Übergabe an die Schule erst am 14. Januar 2011 stattgefunden hatten und damit eine Fälligkeit für die Verlängerung bereits im August 2015 nicht hätten auslösen können (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 16).
16
3. Danach hält die Klausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Die Intransparenz des letzten möglichen Kündigungszeitpunkts führt dazu, dass das Kündigungsrecht vom Werbekunden nicht effektiv ausgeübt werden kann. Da die automatische Vertragsverlängerung jedoch eine vorherige effektive Kündigungsmöglichkeit voraussetzt, hat beides gemeinsam keinen Bestand. Eine geltungserhaltende Reduktion der Vertragsver- längerungsklausel auf ein inhaltlich noch zulässiges Maß kommt nicht in Betracht (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 17 mwN).
Dose Günter Nedden-Boeger Guhling Krüger
Vorinstanzen:
AG Mainz, Entscheidung vom 28.07.2016 - 83 C 117/16 -
LG Mainz, Entscheidung vom 22.03.2017 - 3 S 124/16 -
11
Die Revision ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Vertragsverlängerungsklausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhält.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

11
Die Revision ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Vertragsverlängerungsklausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhält.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

11
Die Revision ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Vertragsverlängerungsklausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhält.