Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juli 2008 - XII ZR 134/06

bei uns veröffentlicht am23.07.2008
vorgehend
Landgericht Meiningen, 2 O 596/03, 23.08.2005
Thüringer Oberlandesgericht, 1 U 911/05, 27.07.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 134/06 Verkündet am:
23. Juli 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete i.S. des § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB liegt bei vereinbarter monatlicher Mietzahlung auch bei
der Geschäftsraummiete jedenfalls dann vor, wenn der Rückstand den Betrag von
einer Monatsmiete übersteigt.

b) Ein solcher Rückstand reicht für eine außerordentliche fristlose Kündigung gemäß
§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB nur aus, wenn er aus zwei aufeinanderfolgenden
Zahlungszeiträumen (hier: Monaten) resultiert.

c) Ein Rückstand, der diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil er (auch) aus anderen
Zahlungszeiträumen herrührt, rechtfertigt die außerordentliche fristlose Kündigung
lediglich, wenn seine Höhe zwei Monatsmieten erreicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
b BGB).
BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 - XII ZR 134/06 - OLG Jena
LG Meiningen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juli 2008 durch den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke, den
Richter Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 27. Juli 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien verlangen mit der Klage und der Widerklage Feststellung, dass der zwischen ihnen bestehende Mietvertrag über Gewerberäume durch ihre wechselseitigen außerordentlichen Kündigungen beendet worden ist, und begehren Ersatz des ihnen daraus entstandenen Schadens. Der Beklagte verlangt weiter Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde, die er dem Kläger zur Abwendung des Vermieterpfandrechts übergeben hat.
2
Der Kläger vermietete an den Beklagten mit Vertrag vom 15. Oktober 2002 noch nicht fertig gestellte Räume in einem Neubau zum Betrieb eines "Ca- fes und Backshops (Bäckercafe)" für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis 30. November 2012 mit Verlängerungsoption zu einem im Voraus bis spätestens zum 3. Werktag eines jeden Monats an den Vermieter zu zahlenden monatlichen Mietzins von 7.779,54 € einschließlich Nebenkostenvorauszahlung und 16 % MwSt. Dieser Mietzins setzt sich im Einzelnen zusammen aus einer "Netto-Kaltmiete" von 6.370 € für eine Mietfläche von 130 m², einer Nebenkostenvorauszahlung für 130 m² von 260 €, einer "Netto-Kaltmiete" für einen Technikraum von 9 m² von 67,50 € und einer Nebenkostenvorauszahlung für diesen Raum von 9 €, jeweils zuzüglich MwSt. Die exakte Miethöhe sollte gemäß § 20 Ziff. 5 des Mietvertrages nach Aufmass festgelegt und bei einer Fläche von weniger als 130 m² entsprechend korrigiert werden.
3
Nach § 2 Nr. 6 des Mietvertrages sollte der Vermieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund kündigen können,
a) wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit einem Betrag rückständig ist, der eine Monatsmiete übersteigt, oder
b) wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten rückständig ist.
4
Zum Konkurrenzschutz enthält § 18 des Mietvertrages die Zusicherung des Vermieters, dass im selben Gebäude kein (weiteres) Bäckercafé vermietet wird.
5
Am 31. Dezember 2002 oder 2. Januar 2003 eröffnete in dem Gebäude, in dem sich die Mieträume befinden, die "Bar und Café Ü. ". Der Beklagte erhielt am 17. Dezember 2002 die Schlüssel für die Mieträume, in denen er am 10. Januar 2003 einen Backshop mit Café eröffnete. Er zahlte für Dezember 2002 keine und für den Zeitraum von Januar bis Mai 2003 eine wegen behaupteter Mängel und eines behaupteten Verstoßes gegen das Konkurrenzschutzgebot geminderte Miete und zwar am 6. März 2003: 12.898,62 €, am 3. April 2003: 6.909,54 € und am 5. Mai 2003: 6.039,54 €, somit insgesamt 25.847,70 €. Für Januar und Februar 2003 minderte er die Miete um jeweils 3000 € netto, für März 2003 um 2.250 € netto und für April und Mai 2003 um jeweils 1.500 € netto, wovon der Betrag von jeweils 1.500 € netto auf die behauptete Verletzung der Konkurrenzschutzklausel und der jeweilige Restbetrag auf die Mängel entfiel.
6
Mit Anwaltschreiben vom 7. Mai 2003 kündigte der Kläger den Mietvertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs mit einem Mietzins in Höhe von insgesamt 15.643,18 €. Bei der Berechnung dieses Rückstands legte er eine wegen verspäteter Übergabe auf ein Drittel = 2.593,18 € reduzierte Dezembermiete und für die Monate Januar bis Mai 2003 die vertraglich vereinbarte Miete von monatlich 7.779,54 €, somit eine geschuldete Miete für die Zeit von Dezember 2002 bis Mai 2003 in Höhe von insgesamt 41.490,88 €, zugrunde.
7
Der Beklagte widersprach der Kündigung und erklärte seinerseits mit Schreiben vom 22. Mai 2003, abgeändert durch Schreiben vom 25. Juni 2003, wegen Verstoßes gegen die Konkurrenzschutzklausel die fristlose Kündigung des Mietvertrages zum 31. August 2003.
8
Nach erfolglosen Vergleichsverhandlungen räumte der Beklagte das Mietobjekt Ende September 2003.
9
Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

10
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

11
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die fristlose Kündigung des Klägers sei gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB wirksam. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete, von dem bei einem Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete auszugehen sei, in Verzug gewesen. Der Gesamtrückstand an Miete und Nebenkosten habe 15.643,18 € betragen und damit den monatlich vereinbarten Betrag von 7.779,54 € überstiegen.
12
Der im Mietvertrag vereinbarte Mietzins sei nicht wegen Wuchers sittenwidrig. Zwar liege bei gewerblichen Mietverträgen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, wenn die vereinbarte Miete knapp 100 % höher sei als die Marktmiete. Hier überschreite der vereinbarte Mietzins den ortsüblichen Mietzins schon nicht um 100 %. Ausgehend von der von dem Sachverständigen ermittelten, für die Berechnung des Mietzinses maßgeblichen Fläche von 138 m2 ergebe sich unter Berücksichtigung der vereinbarten Netto- miete von 6.437,50 € ein Nettomietzins von 46,65 €/m2. Dieser Mietzins überschreite den von dem Sachverständigen ermittelten ortsüblichen Mietzins von 23,60 €/m2 nicht um 100 %. Im Übrigen fehle es an der für eine Sittenwidrigkeit der Miete neben dem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung erforderlichen verwerflichen Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten. Die vom Kläger vorgelegte Halbjahresanalyse der ortsansässigen Makler weise für 1 a-Lagen Gewerberaummieten zwischen 37,50 €/m² im 1. Halbjahr 2003 und 40 €/m² im 1. Halbjahr 2002 aus. Dagegen beliefen sich die Quadratmeterpreise für Ladenlokale in der 1 b-Lage lediglich auf 10 €/m² bis 13 €/m². Da es oft schwierig sei zu entscheiden, ob ein in guter Geschäftslage liegendes Objekt der 1 a-Lage oder der 1 b-Lage zuzuordnen sei, ergebe sich eine Preisspanne von 10 € bis 40 €. Einem privaten Vermieter, der einen Mietpreis im Bereich der dargelegten Schwankungsbreite durchgesetzt habe, könne man angesichts der kurzfristig möglichen Mietzinsveränderungen bei der Gewerberaummiete nicht ohne weiteres ein unredliches Verhalten vorwerfen, wenn ein Sachverständiger später zu dem Ergebnis gelange, dass innerhalb der Schwankungsbreite ein um die Hälfte niedrigerer Mietzins marktüblich gewesen wäre. Es müssten dann weitere Umstände für eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragspartners sprechen. Solche Umstände lägen hier nicht vor. Vielmehr sei der Beklagte, der im Zeitpunkt der Anmietung des Mietobjekts bereits mehrere Backshops in der Region unterhalten habe, unternehmerisch nicht derart unerfahren gewesen, dass er bei der Vereinbarung des Mietzinses dem Kläger unterlegen gewesen sei und dieser seine Unerfahrenheit ausgenutzt habe.
13
Ein Verzug mit der Entrichtung von mehr als einer Monatsmiete scheitere auch nicht an der von dem Beklagten geltend gemachten Minderung. Selbst wenn der Beklagte die von dem Kläger in Höhe von 2.593,18 € verlangte Miete für Dezember 2002 wegen der behaupteten Nichtgewährung des Gebrauchs nicht geschuldet hätte und die von ihm für die Zeit von Januar bis März 2003 angenommene Minderung wegen angeblicher Mängel in Höhe von insgesamt 3.750 € netto berechtigt gewesen wäre, somit der Minderungsbetrag insgesamt 6.343,18 € betragen hätte, verbliebe zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung des Klägers ein Mietzinsrückstand, der eine Monatsmiete übersteige.
14
Gegenüber diesem Anspruch habe dem Beklagten auch kein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 1.500 € monatlich wegen der behaupteten Verletzung des vereinbarten Konkurrenzschutzes zugestanden.
15
Die in § 18 des Mietvertrages vereinbarte Konkurrenzschutzklausel sei bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass der Kläger dem Beklagten Konkurrenzschutz lediglich in Bezug auf künftig abzuschließende weitere Mietverträge zugesagt habe. Aus den nicht angegriffenen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils ergebe sich aber, dass bereits zu Vertragsbeginn im Obergeschoss des Anwesens das Café Ü. als gastronomische Einrichtung existiert habe. Diese Feststellungen stünden im Einklang mit dem klägerischen Vortrag, wonach der mit dem Konkurrenten bestehende Mietvertrag bereits im März 2003 (richtig: 2002) geschlossen worden sei. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, dem Beklagten den Umfang des von dem Café Ü. angebotenen Warensortiments zu offenbaren. Vielmehr habe der Beklagte, dem bei Vertragsschluss die Vermietung der Räume an das Café Ü. bekannt gewesen sei, selbst Erkundigungen über die dort angebotenen Waren einholen müssen. Im Übrigen habe der Beklagte nicht ausreichend dargelegt, dass der vereinbarte Konkurrenzschutz verletzt sei. Grundsätzlich erstrecke sich der Konkurrenzschutz nur auf die Fernhaltung solcher Konkurrenten, welche die von dem Beklagten als Hauptartikel seines Geschäfts vertriebenen Waren oder Leistungen ebenfalls als Hauptartikel vertrieben und damit dieselbe Verbrauchergruppe ansprächen. Einen die Ertragslage in der Regel nicht we- sentlich beeinträchtigenden Wettbewerb in bloßen Nebenartikeln müsse der Mieter dagegen hinnehmen. Der Beklagte habe aber nicht dargetan, dass das Café Ü. vom Schwerpunkt her auf bäckerspezifische Angebote ausgerichtet und damit einem Backshop vergleichbar sei. Dem Beklagten sei es bei Vertragsschluss ersichtlich darauf angekommen, vor dem Betrieb eines Bäckereigeschäftes geschützt zu werden, das in der näheren Umgebung die gleichen Kunden anspreche wie sein eigenes Unternehmen.
16
Da der Beklagte den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 7. Mai 2003 auch zu vertreten habe, sei er dem Kläger dem Grunde nach verpflichtet , den aus der Kündigung entstandenen Schaden zu ersetzen.
17
Im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigung des Klägers vom 7. Mai 2003 habe die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 22. Mai 2003 bzw. 25. Juni 2003 nicht mehr zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führen können, weshalb die Widerklage abzuweisen sei.

II.

18
Die Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
19
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht sei rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, der im Mietvertrag vereinbarte Mietzins sei nicht sittenwidrig überhöht.
20
a) Zwar beanstandet die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Annahme, der vereinbarte Mietzins übersteige den ortsüblichen Mietzins nicht um 100 %, sondern liege knapp darunter, unzutreffend von der im Sachverständigengutachten mit 138 m2 festgestellten Gesamtmietfläche ausgegangen ist. Das Berufungsgericht hätte vielmehr die für die Berechnung des im Mietvertrag mit 6.370 € netto vereinbarten Mietzinses maßgebliche Hauptnutzungs - und Verkehrsfläche zugrunde legen müssen, die nach den Feststellungen des Sachverständigen lediglich 130,52 m2 beträgt.
21
Dieser Fehler wirkt sich jedoch auf die Entscheidung nicht aus. Denn das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bereits dann vorliegt, wenn die vereinbarte Miete - wie hier - knapp 100 % höher ist als die ortsübliche Miete (Senatsurteile vom 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00 - NJW 2004, 3553, 3554 und BGHZ 141, 257, 262; BGHZ 146, 298, 302).
22
b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei der Annahme, es fehle an einer verwerflichen Gesinnung des Klägers, keine Ausführungen und Beweisanträge des Beklagten übergangen.
23
Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Senats, nach der bei gewerblichen Mietverträgen allein aus einem auffälligen Missverhältnis zwischen der vereinbarten und der marktüblichen Miete noch nicht auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen werden kann, geprüft, ob das bestehende auffällige Missverhältnis für den Kläger erkennbar war (Senatsurteile vom 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00 - NJW 2004, 3553, 3555, vom 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - NJW 2002, 55, 57 und vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 159/99 - BGH-Report 2002, 224). Dabei ist es unter Berücksichtigung der von dem Kläger vorgelegten Halbjahresanalyse der ortsansässigen Makler davon ausgegangen, dass dem Kläger angesichts der erheblichen Unterschiede der Mietpreise für Objekte in der 1 a- und der 1 b-Lage und der Schwierigkeit zu entscheiden, welcher genauen Lage das Objekt zuzuordnen sei, nicht ohne Weiteres ein unredliches Verhalten vorgeworfen werden könne. Andere Umstände, die eine verwerfliche Gesinnung des Klägers begründen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht.
24
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht dadurch, dass es nicht ausdrücklich auf die von dem Beklagten behauptete Überrumpelung durch den Kläger bei Abschluss des Mietvertrages und dessen Tätigkeit auf dem Gebiet der Immobilienerrichtung, -verwertung, sowie -verwaltung eingegangen ist, nicht gegen Art. 103 GG verstoßen.
25
Zwar verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist aber erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist dabei nicht verpflichtet , sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen , dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 86, 133, 145 f.).
26
Solche besonderen Umstände sind hier nicht gegeben. Vielmehr hat das Berufungsgericht der von dem Beklagten behaupteten Überrumpelung im Hinblick darauf, dass dieser im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bereits mehrere Backshops in der Region betrieb und deshalb unternehmerisch nicht derart unerfahren war, dass er bei der Vereinbarung des Mietzinses dem Kläger unterlegen gewesen wäre und dieser seine Unerfahrenheit ausgenutzt hätte, zu Recht kein entscheidendes Gewicht beigemessen. Angesichts der besonderen Erfahrung des Beklagten und der sich aus der Halbjahresanalyse der ortsansässigen Makler ergebenden Mietpreise kam auch der Tätigkeit des Klägers auf dem Immobiliensektor für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit keine eigenständige Bedeutung zu.
27
2. Die Revision rügt weiter ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen Art. 103 GG ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten wegen Verletzung der vereinbarten Konkurrenzschutzklausel verneint.
28
a) Das Berufungsgericht hat die in § 18 des Mietvertrages getroffene Vereinbarung der Parteien, in der sich der Kläger gegenüber dem Beklagten verpflichtet hat, im selben Gebäude kein Bäckercafé zu vermieten, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass der Kläger nur vor der Konkurrenz eines vom Konzept her einem Backshop mit Café gleichenden , vom Schwerpunkt auf bäckereispezifische Angebote ausgerichteten Betriebs geschützt werden sollte, nicht aber generell vor gastronomischen Einrichtungen. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, liegt der Schwerpunkt des auf einen Barbetrieb ausgerichteten Café Ü. nicht in der Versorgung von Gästen mit Kaffeespezialitäten und Backwaren. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht dabei den Vortrag des Beklagten berücksichtigt, wonach das Café Ü. auch Kaffeespezialitäten mit backspezifischen Waren anbietet.
29
3. Das Berufungsgericht hat jedoch - wie die Revision zu Recht rügt - rechtsfehlerhaft angenommen, die dem Beklagten am 9. Mai 2003 zugegangene Kündigung des Klägers vom 7. Mai 2003 sei gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB wirksam, weil der Gesamtrückstand der Miete einschließlich Nebenkosten für die Zeit von Januar bis Mai 2003 zum Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung den Mietzins für einen Monat überstiegen habe.
30
a) Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages, der die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung regelt, nicht ausdrücklich erwähnt und ausschließlich auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB abstellt. Denn § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages stimmt weitgehend mit § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB überein, nach dem für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund der Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete für zwei aufeinander folgende Termine ausreicht. § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages konkretisiert lediglich den nicht unerheblichen Teil dahin, dass der Verzug mit einem Betrag, der eine Monatsmiete übersteigt, ausreicht. Ein Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete ist auch gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB als nicht unerheblich anzusehen. Das ergibt sich aus § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB, der dies für die Wohnraummiete ausdrücklich regelt. Da § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB eine Schutzvorschrift zugunsten des Wohnraummieters ist, ist nach einhelliger Auffassung ein Mietrückstand von einer Monatsmiete bei gewerblichen Mietverhältnissen erst recht erheblich (BGH Urteil vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86 - NJW-RR 1987, 903, 905 zu § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB a.F.; Palandt/Weidenkaff 67. Aufl. § 543 BGB Rdn. 24; Both NJW 1970, 2197). Im Hinblick auf die Übereinstimmung mit § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages durfte das Berufungsgericht allein auf die gesetzliche Regelung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB abstellen.
31
b) Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei bei Zugang der Kündigung mit mehr als einer Monatsmiete in Verzug gewesen. Miete im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB und damit gemäß § 2 Nr. 6 des Mietvertrages ist die Grundmiete zuzüglich der Nebenkostenvorauszahlung (Senatsurteil vom 10. Oktober 2001 - XII ZR 307/98 - BGHReport 2002, 225 m.w.N.; Sternel Mietrecht 3. Aufl. IV Rdn. 402), hier somit ein Betrag von monatlich insgesamt 7.779,54 €.
32
Das Berufungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, dass dieser die von dem Kläger für Dezember 2002 in Höhe von 2.593,18 € verlangte Miete wegen Nichtgewährung des Gebrauchs und die Miete für die Zeit von Januar bis März 2003 wegen verschiedener Mängel in Höhe von 3.750 € (richtig : 3.750 € zzgl. 16 % MwSt. = 4.350 €), folglich in Höhe von insgesamt 6.343,18 € (richtig: 6.943,18 €), nicht geschuldet habe. Davon ist im Revisionsverfahren auszugehen. Der Betrag von 6.943,18 € ist somit bei der Berechnung des Rückstandes von dem für die Zeit von Dezember 2002 bis Mai 2003 vertraglich noch geschuldeten Mietzins von 15.643,18 € in Abzug zu bringen. Danach bestand zur Zeit des Zugangs der Kündigung des Klägers ein Mietzinsrückstand von 8.700 €, der sich aus den wegen der behaupteten Verletzung des Konkurrenzschutzgebots von den Mieten für Januar bis Mai 2003 monatlich jeweils einbehaltenen 1.500 € zuzüglich 16 % MwSt. zusammensetzt. Einer anderen Verrechnung der geleisteten Zahlungen steht die ausdrückliche Leistungsbestimmung des Beklagten entgegen (§ 366 Abs. 1 BGB).
33
Mit diesem die monatliche Miete von 7.779,54 € übersteigenden Gesamtbetrag befand sich der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 9. Mai 2003 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug, da die Miete gemäß § 4 des Mietvertrages monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag des Monats zur Zahlung fällig war.
34
c) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht jedoch davon aus, dass dieser Rückstand die weitere Voraussetzung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB erfüllt, indem er für zwei aufeinander folgende Termine angefallen ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt hierfür nicht, dass sich der Rückstand in Höhe von mehr als einer Monatsmiete aus Einzelbeträgen zusammensetzt , die für einen Zeitraum von mehr als zwei aufeinander folgenden Terminen angefallen sind (wie das Berufungsgericht: OLG Düsseldorf DWW 2006, 240; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl. § 543 BGB Rdn. 109). § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB setzt vielmehr voraus, dass der Gesamtrückstand von mehr als einer Monatsmiete aus zwei aufeinander folgenden Monatsmieten resultiert (BGH Urteil vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86 - NJW-RR 1987, 903; MünchKomm/Bieber 5. Aufl. § 543 Rdn. 46; Staudinger /Emmerich [2006] § 543 BGB Rdn. 52; Bub/Treier/Grapentin Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. IV Rdn. 178; Lindner-Figura/ Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 15 Rdn. 210; Gramlich Mietrecht § 553 Rdn. 10; Both NJW 1970, 2197). Diese Auslegung von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB ergibt sich aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.
35
Schon der Wortlaut: "wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete (§ 2 Nr. 6 des Mietvertrages: mit einem Betrag, der eine Monatsmiete übersteigt) in Verzug ist", spricht dafür, dass der Rückstand aus zwei aufeinander folgenden Monaten herrühren muss.
36
Zudem lassen die beiden Regelungen in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b (§ 2 Nr. 6 a und b des Mietvertrages) erkennen, dass der Fall, in dem der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Mietzahlung in Verzug ist, abweichend von dem Fall, in dem der Verzug sich über eine Zeitraum von mehr als zwei Terminen erstreckt, dahin geregelt werden soll, dass im ersten Fall ein Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete ausreicht, während im zweiten Fall ein Rückstand in Höhe von zwei Monatsmieten erforderlich ist. Dieser Wille des Gesetzgebers ist auch den Gesetzesmaterialien zu § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB a.F. (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und Nr. 3 b BGB) zu entnehmen. Danach sollten in § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB a.F. zwei selbständige Tatbestände geregelt werden, nämlich der des Verzugs für zwei aufeinander folgende Termine, bei dem der Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete für die außerordentliche fristlose Kündigung ausreicht, und der des Verzugs in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, bei dem aber ein Rückstand von zwei Monatsmieten erforderlich ist (Materialien zum Ersten Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 1963, Bundestag 4. Wahlperiode 12. Ausschuss Stenografisches Protokoll 56. Sitzung des Rechtsausschusses vom 12. Juni 1963 S. 10, 11). § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB erfasst folglich nur die Fälle, in denen Rückstände, die eine Monatsmiete übersteigen, aus zwei aufeinander folgenden Terminen entstanden sind, wohingegen § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB die Fälle abdeckt, in denen sich die Rückstände aus mehr als zwei aufeinander folgenden Terminen ergeben. Da sich der Gesamtrückstand des Beklagten über einen Zeitraum von Januar bis Mai 2003 und damit über mehr als zwei Termine erstreckte, ohne die Höhe von zwei Monatsmieten zu erreichen, liegen die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB bzw. § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages nicht vor.
37
4. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die von dem Beklagten geltend gemachte Minderung wegen behaupteter Mängel in der Zeit von Januar bis März 2003 und wegen Nichtgewährung des Gebrauchs im Dezember 2002 berechtigt ist. Andernfalls hätte der Mietzinsrückstand zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung des Klägers, am 9. Mai 2003, zwei Monatsmieten erreicht, so dass die Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1Nr. 3 b BGB wirksam wäre. Ist dies nicht der Fall, wäre die Kündigung des Klägers unwirksam und zu prüfen, ob die Kündigung des Beklagten vom 22. Mai 2003 den Mietvertrag beendet hat und der Kläger zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet ist. Der Rechtsstreit war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina Dose
Vorinstanzen:
LG Meiningen, Entscheidung vom 23.08.2005 - 2 O 596/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 27.07.2006 - 1 U 911/05 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00

bei uns veröffentlicht am 14.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNIS- und ENDURTEIL XII ZR 352/00 Verkündet am: 14. Juli 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99

bei uns veröffentlicht am 13.06.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 49/99 Verkündet am: 13. Juni 2001 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB § 138

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2001 - XII ZR 307/98

bei uns veröffentlicht am 10.10.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 307/98 Verkündet am: 10. Oktober 2001 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgericht

Bundesgerichtshof Urteil, 31. Okt. 2001 - XII ZR 159/99

bei uns veröffentlicht am 31.10.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 159/99 Verkündet am: 31. Oktober 2001 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgericht
8 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juli 2008 - XII ZR 134/06.

Oberlandesgericht Dresden Urteil, 24. Feb. 2021 - 5 U 1782/20

bei uns veröffentlicht am 12.06.2021

Oberlandesgericht Dresden Urteil vom 24.02.2021 Az.: 5 U 1782/20 In dem Rechtsstreit X. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, ...vertreten durch die Komplementärin X. Grundstücksverwaltung Beteiligungs GmbHdiese vertreten durch den

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2016 - VIII ZR 263/14

bei uns veröffentlicht am 20.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VIII ZR 263/14 Verkündet am: 20. Juli 2016 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2013 - XII ZR 142/12

bei uns veröffentlicht am 13.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 142/12 Verkündet am: 13. November 2013 Küpferle Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja PrKG §§ 8,

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 96/09 Verkündet am: 12. Mai 2010 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNIS- und ENDURTEIL
XII ZR 352/00 Verkündet am:
14. Juli 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 138, 535 i.V. mit 581 a.F.
Besteht bei einem gewerblichen Miet- oder Pachtverhältnis ein auffälliges Mißverhältnis
zwischen der vereinbarten und der marktüblichen Miete oder Pacht, kann
hieraus allein noch nicht auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen
werden. Vielmehr bedarf es angesichts der häufig auftretenden Bewertungsschwierigkeiten
der tatrichterlichen Prüfung, ob dieses Mißverhältnis für den
Begünstigten subjektiv erkennbar war (im Anschluß an Senatsurteil vom 13. Juni
2001 - XII ZR 49/99 - NJW 2002, 55).
BGH, Urteil vom 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juli 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vèzina

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 29. November 2000 wird zurückgewiesen, soweit er mit ihr die Widerklage gegen den Widerbeklagten zu 3 auf Zahlung von rückständiger Pacht und Nebenkosten weiterverfolgt. Im übrigen wird auf die Revision des Beklagten das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten im wesentlichen darum, ob ein zwischen ihnen geschlossener Gaststättenpachtvertrag wegen eines auffällig überhöhten Pacht-
zinses sittenwidrig und deswegen ein Kaufvertrag über das Inventar der Gaststätte ebenfalls nichtig ist. Der Beklagte verpachtete dem Kläger mit schriftlichem Vertrag vom 11. August 1993 die Gaststätte T. in H. für monatlich 6.000 DM einschließlich Mehrwertsteuer zuzüglich Nebenkosten. Der Kläger hat dem Beklagten gemäß § 6 des Pachtvertrags eine Kaution in Höhe von 24.000 DM in Form einer schriftlichen Bankbürgschaft gestellt, über die beide Parteien nur gemeinsam verfügen können. Der Kläger und der Widerbeklagte zu 3 (M. B. ) kauften ebenfalls am 11. August 1993 das Inventar der Gaststätte zum Preis von 110.000 DM vom Beklagten. Einen Teilbetrag von 70.000 DM zahlten der Kläger und der Widerbeklagte zu 3, die in dieser Höhe ein Darlehen ihrer Brauerei erhalten hatten, vereinbarungsgemäß sofort. Den Restbetrag von 40.000 DM sollten sie in monatlichen Raten von 1.000 DM ab 1. September 1993 leisten. Hiervon haben sie insgesamt 14.000 DM bezahlt, so daß noch 26.000 DM offen sind. Mit Vertrag vom 10. Februar 1994 verpachtete der Beklagte die Gaststätte an die Widerbeklagte zu 2 (Z. T. Gaststättenbetriebs GmbH) für eine monatliche Pacht von 6.000 DM zuzüglich 450 DM Nebenkosten einschließlich Mehrwertsteuer, wobei streitig ist, ob der Widerbeklagte zu 3, der für die Widerbeklagte zu 2 handelte, auch Pächter werden sollte. Im Januar 1995 kündigte die Widerbeklagte zu 2 das Pachtverhältnis fristlos mit der Begründung, die Pacht sei auffällig überhöht. Anfang März 1995 kündigte auch der Beklagte das Pachtverhältnis fristlos wegen rückständiger Pachtzinsen. Die Gaststätte wurde am 10. März 1995 geräumt, wobei streitig ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Inventar in der Gaststätte verblieben oder mitgenommen worden ist. Im Zeitpunkt der Räumung der Gaststätte waren die Nebenkosten für die Monate November 1994 bis Februar 1995 in Höhe von monatlich 450 DM und die Pacht für Dezember 1994 bis Februar
1995 von monatlich 6.000 DM sowie der Anteil für März 1995 in Höhe von 2.000 DM, insgesamt somit 21.800 DM, nicht bezahlt. Der Kläger, der geltend macht, das Pachtverhältnis zwischen ihm und dem Beklagten sei bereits im Oktober 1993 beendet worden, verlangt vom Beklagten mit der Klage die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde. Der Beklagte verlangt vom Kläger und den Widerbeklagten zu 2 und 3 im Wege der Widerklage die Zahlung der - rechnerisch unstreitigen - Pacht- und Nebenkostenrückstände von insgesamt 21.800 DM nebst Zinsen sowie vom Kläger zusätzlich die Zustimmung zur Auszahlung dieses Betrages aus der Bankbürgschaft. Die Widerbeklagten zu 2 und 3 machen geltend, der Widerbeklagte zu 3 sei nie Pächter geworden. Außerdem sei der Pachtvertrag wegen eines auffällig überhöhten Pachtzinses sittenwidrig. Deswegen sei auch der Kaufvertrag nichtig. Sie haben daher gegen den Beklagten Wider-Widerklage auf Rückzahlung überzahlter Pacht in Höhe von 46.908 DM und des gezahlten Kaufpreises in Höhe von 84.000 DM erhoben. Das Landgericht hat Pacht- und Kaufvertrag als wirksam angesehen. Es hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger die Bürgschaftsurkunde Zug um Zug gegen Zahlung des Restkaufpreises von 26.000 DM für das Gaststätteninventar zurückzugeben. Die Widerklage des Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung der restlichen Pacht in Höhe von 21.800 DM nebst Zinsen und auf seine Zustimmung zur Auszahlung dieses Betrages aus der Bürgschaft hat es abgewiesen , weil der Kläger spätestens mit Abschluß des neuen Pachtvertrages vom 10. Februar 1994 aus dem Pachtverhältnis ausgeschieden sei. Auch gegen den Widerbeklagten zu 3 blieb die Widerklage mangels Passivlegitimation erfolglos. Dagegen hat es die Widerbeklagte zu 2 zur Zahlung des genannten Betrages verurteilt. Die Wider-Widerklage der Widerbeklagten zu 2 und 3 gegen den Beklagten auf Rückzahlung überzahlter Pacht (46.908 DM) und des Kaufpreises
für das Inventar (84.000 DM) hat es mangels Sittenwidrigkeit des Pachtvertrags abgewiesen. Auf die Berufungen des Klägers und der Widerbeklagten zu 2 und 3 hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Beklagten den Pachtvertrag als sittenwidrig und den Kaufvertrag deswegen als nichtig angesehen. Es hat den Beklagten zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an den Kläger verurteilt. Die Widerklage des Beklagten auf rückständige Pacht hat es abgewiesen. Auf die von den Widerbeklagten zu 2 und 3 ihrerseits erhobenen (Wider-)Widerklagen hat es den Beklagten zur Rückzahlung überhöhter Pacht von 16.894,62 DM an die Widerbeklagte zu 2 und zur Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar in Höhe von 71.000 DM an den Widerbeklagten zu 3 verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat angenommene Revision des Beklagten, mit der er seine zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Da der Kläger und die Widerbeklagte zu 2 trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren, ist über die Revision des Beklagten auf dessen Antrag in bezug auf den Kläger und die Widerbeklagte zu 2 durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht jedoch auch insoweit nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81). Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage des Beklagten auf rückständige Pacht und Nebenkosten (21.800 DM) gegen den Widerbeklagten zu 3 richtet. Das Berufungsgericht hat
die Abweisung der Widerklage damit begründet, daß der Widerbeklagte zu 3 nach dem Pachtvertrag vom 10. Februar 1994 nicht Pächter wurde. Gegen diese Auslegung des Pachtvertrages wendet sich die Revision nicht. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler des Berufungsgerichts sind insoweit auch sonst nicht ersichtlich. Im übrigen ist die Revision des Beklagten begründet. Sie führt in diesem Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde und schulde den Widerbeklagten zu 2 und 3 die Rückzahlung überhöhter Pacht bzw. Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar, weil der Pachtvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und deswegen der Kaufpreis über das Inventar gemäß § 139 BGB ebenfalls nichtig sei. Der Pachtvertrag sei sittenwidrig, weil zwischen Leistung und Gegenleistung ein besonders auffälliges Mißverhältnis bestehe. Denn nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen S. betrage die ortsübliche Pacht für vergleichbare Gaststätten 3.122,82 DM einschließlich 15 % MWSt. Die vereinbarte Pacht von 6.000 DM liege damit um 92 % über der ortsüblichen Pacht. Dieses besonders auffällige, grobe Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung rechtfertige den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten. Der Widerbeklagten zu 2 stehe daher für die Monate Februar 1994 bis November 1994, in denen sie die Pacht bezahlt habe, gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB ein Bereicherungsanspruch in Höhe von 28.771,80 DM (6.000 DM - 3.122,82 DM = 2.877,18 DM
x 10) zu. Von diesem Betrag seien 12.209,40 DM abzuziehen. Dies sei der Wertersatz, den die Widerbeklagte zu 2 dem Beklagten für die Überlassung der Gaststätte von Dezember 1994 bis 10. März 1995 schulde (3.122,82 DM x 3 zuzüglich 1.040,94 DM für März 1995 zuzüglich 1.800 DM Nebenkosten). Dem Widerbeklagten zu 3 stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar in Höhe von 71.000 DM zu. Der Widerbeklagte zu 3 sei vom Kläger ermächtigt worden, diesen Anspruch, der materiell auch dem Kläger zustehe, im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft alleine geltend zu machen. Die Nichtigkeit des Pachtvertrages führe gemäß § 139 BGB auch zur Nichtigkeit des Kaufvertrags. Zwar hätten die Kläger insgesamt 84.000 DM auf den Kaufpreis bezahlt. Von diesem Betrag sei jedoch der Wert der Nutzung des Inventars für 13 Monate in Höhe von insgesamt 13.000 DM abzuziehen, so daß ein Anspruch von 71.000 DM verbleibe. Dem Kläger stehe, auch wenn er nicht bewiesen habe, mit Abschluß des Pachtvertrags vom 10. Februar 1994 aus dem Pachtvertrag vom 11. August 1993 entlassen worden zu sein, ein uneingeschränkter Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu; der Beklagte habe nämlich keinen Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 26.000 DM. Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten an der Bürgschaftsurkunde nach § 273 BGB entfalle daher schon aus diesem Grunde.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Oberlandesgerichts, daß bei der Prüfung, ob ein Gaststättenpachtvertrag ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufweist und der Vertrag bei Hinzutreten subjektiver Umstände deshalb als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, der angemessene orts- bzw. marktübliche Pachtzins für die Gebrauchsüberlassung der Gaststätte der tatsächlich vereinbarten Pacht gegenüberzustellen ist. Die sogenannte EOP-Methode (an der Ertragskraft orientierte Pachtwertfindung) und die von ihr abgeleitete sogenannte indirekte Vergleichsmethode sind hingegen nicht geeignet, den zum Vergleich heranzuziehenden marktüblichen Pachtzins zu bestimmen (BGHZ 141, 257; Senatsurteil vom 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - NJW 2002, 55). 2. Die Revision rügt auch ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe das Gutachten des Sachverständigen S. nicht verwerten dürfen.
a) Entgegen den Ausführungen der Revision ist nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht in den Rügen des Beklagten, der Sachverständige habe gegen seine Pflicht zur Neutralität verstoßen, kein Ablehnungsgesuch gesehen hat. Das Berufungsgericht hat sich außerdem im Rahmen der Beweiswürdigung , wie erforderlich (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1981 - IVa ZR 108/80 - NJW 1981, 209), mit den Vorwürfen des Beklagten zur angeblichen Befangenheit des Sachverständigen auseinandergesetzt. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, daß der Sachverständige nicht befangen ist und sein Gutachten deshalb verwertet werden kann. Der Senat hat die hiergegen erhobenen Rügen der Revision geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO a.F.).
b) Nach Meinung der Revision ist das Gutachten auch deswegen nicht verwertbar, weil die Ausführungen des Sachverständigen gegen die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze verstoßen würden. Hierzu rügt die Re-
vision, der Gutachter hätte bei der Berechnung der ortsüblichen Pacht die Tatsache berücksichtigen müssen, daß die streitgegenständliche Gaststätte im Gegensatz zu den vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichsgaststätten mehr Außen- als Innenplätze habe. Die Ausführungen des Sachverständigen , die gegenüber den Innenplätzen erhöhte Anzahl von Außenplätzen sei ohne Einfluß auf die Bewertung der Pachtsache, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar. Damit dringt die Revision nicht durch. Das Oberlandesgericht konnte den Ausführungen des Sachverständigen auch darin folgen, daß die Sitzplätze im Gastraum als Basis anzusetzen seien und daß der Umstand, daß die Gaststätte mehr Außen- als Innenplätze aufweise , nicht zu einer höheren Pacht führe, weil die Außenplätze lediglich als Sitzplatzausgleich an warmen Tagen dienten und die Gaststätte im übrigen relativ abgelegen außerhalb der Fußgänger- und Touristenzone liege. 3. Das Oberlandesgericht ist auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß wegen der von ihm festgestellten Überteuerung der Pacht um rund 92 % ein besonders auffälliges, grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Dieses besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nämlich schon dann, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (vgl. BGHZ 141, 257, 262; 146, 248, 302). Rechtsfehlerhaft war es jedoch, daß das Berufungsgericht keine tatrichterliche Würdigung vorgenommen hat, ob dieses Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für den Beklagten erkennbar war, sondern allein aus dem Vorliegen des groben Mißverhältnisses auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten geschlossen hat. Im einzelnen:
a) Ein Vertrag ist als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Mißverhältnis
zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, z.B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten (BGHZ 141, 257, 263). Ein besonders auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung legt im allgemeinen den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten nahe (st.Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99 - NJW 2000, 2669, 2670). Für bestimmte Vertragstypen hat der Bundesgerichtshof allein wegen eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen, auch wenn im konkreten Fall keine weiteren, für ein sittenwidriges Verhalten des Begünstigten sprechende Umstände hinzukamen. Dies gilt insbesondere für Teilzahlungs- oder Ratenkreditverträge mit privaten Kunden (BGHZ 80, 153, 161; 98, 174, 178 m.N.) und für Grundstückskaufverträge (BGHZ 146, 248, 302 m.N.).
b) Wie der Senat indes zwischenzeitlich entschieden hat (Senatsurteil vom 13. Juni 2001 aaO, 57), sind auf die Prüfung, ob ein gewerblicher Mietoder Pachtvertrag als wucherähnlich nichtig ist, nicht ohne weiteres die Grundsätze zu übertragen, die im Rahmen von Teilzahlungs- oder Ratenkreditverträgen sowie Grundstückskaufverträgen in bezug auf die Feststellung der verwerflichen Gesinnung des Begünstigten gelten. Auch in diesen Fällen verzichtet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nicht auf das subjektive Element der Sittenwidrigkeit. Sie geht lediglich davon aus, daß das vorliegende auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einen hinreichend sicheren Rückschluß darauf zuläßt, daß auch dieses subjektive Element - die verwerfliche Gesinnung des Begünstigten - gegeben ist. Ein solcher Rückschluß setzt aber voraus, daß sich der Begünstigte nach der allgemeinen Lebenserfahrung zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, es liege ein auffälliges Mißverhältnis vor (vgl. BGHZ 146 aaO 303, 304). Davon kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Marktwert der Leistung für ihn in et-
wa erkennbar war. Dies ist bei Darlehensverträgen von Kreditbanken mit Privatpersonen stets und bei Grundstücksgeschäften Privater regelmäßig der Fall (vgl. BGHZ 146 aaO 303, 304). Im Gegensatz dazu kommt es jedoch, wie der Senat in seinem Urteil vom 13. Juni 2001 aaO 57 im einzelnen dargelegt hat, beim Abschluß von gewerblichen Miet- und Pachtverträgen nicht nur in Ausnahmefällen zu Bewertungsschwierigkeiten. Deshalb ist bei gewerblichen Mietverträgen regelmäßig eine tatrichterliche Würdigung erforderlich, ob das auffällige Mißverhältnis für den Begünstigten erkennbar war. 4. Das Berufungsurteil ist demnach im vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat, ob neben dem Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung weitere Umstände oder weitere Regelungen in dem Vertrag für eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten sprechen (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. Juni 2001 aaO, 57) oder ob für den Beklagten das grobe Mißverhältnis nicht erkennbar war. 5. Für das weitere Verfahren dürfte folgendes zu beachten sein: Sollte das Berufungsgericht zum Ergebnis kommen, der Kaufvertrag sei gültig, dürfte zu prüfen sein, ob im Verhältnis der Parteien das Verbraucherkreditgesetz anzuwenden ist und ob der Beklagte vom Kaufvertrag zurückgetreten ist, weil er, was von ihm jedoch bestritten wird, das Inventar an sich genommen hat (§ 13 Abs. 3 VerbrKrG i.V. mit § 346 ff. BGB a.F.). Klärungsbedürftig wäre in diesem Zusammenhang auch, ob der Beklagte beim Verkauf des Inventars in Ausübung seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 VerbrKrG) handelte und ob der Kaufvertrag mit dem Kreditvertrag der Brauerei ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildet.
Zweifelhaft erscheint weiterhin, ob, wovon die Parteien aber anscheinend ausgehen, der Kläger, selbst wenn Pacht- und Kaufvertrag nichtig sein sollten, die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an sich verlangen kann. Denn bei Wegfall des Sicherungszwecks steht, wenn sich nicht aus den jeweiligen vertraglichen Beziehungen etwas anderes ergibt, der Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde entsprechend § 371 BGB dem Bürgen und nicht dem Pächter zu (vgl. OLG Celle ZMR 2002, 812; OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 668). Der Kläger könnte daher vom Beklagten allenfalls die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die bürgende Bank verlangen.
Hahne Sprick RiBGH Fuchs ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne Ahlt Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 49/99 Verkündet am:
13. Juni 2001
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Im Rahmen der Prüfung, ob bei einem Gaststättenpachtvertrag ein auffälliges
Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und der Vertrag deshalb
als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, ist auch die
von der EOP-Methode abgeleitete sogenannte "indirekte Vergleichswertmethode"
nicht geeignet, den zum Vergleich heranzuziehenden marktüblichen Pachtzins zu
bestimmen (Fortführung von Senatsurteil BGHZ 141, 257 f.).

b) Besteht bei einem gewerblichen Miet- oder Pachtvertrag ein krasses Mißverhältnis
zwischen dem vereinbarten Miet- oder Pachtzins und dem marktüblichen Mietoder
Pachtzins, so rechtfertigt dies allein - wenn keine weiteren für ein sittenwidriges
Verhalten sprechenden Umstände hinzukommen - den Schluß auf eine verwerfliche
Gesinnung des objektiv Begünstigten regelmäßig nur dann, wenn für ihn
ohne weiteres erkennbar war, wie hoch der marktübliche Miet- oder Pachtzins in
etwa sein dürfte.
BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Gerber, Prof. Dr. Wagenitz und Fuchs

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Januar 1999 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Stadt F. verpachtete eine in ihrem Eigentum stehende Trinkhalle an eine Brauerei. Die Brauerei verpachtete die Trinkhalle durch Vertrag vom 19. Juni 1978 weiter an den Kläger. Am 22. Februar 1992 schloß der Kläger - vertreten durch seine Ehefrau - einen bis zum 1. März 1997 laufenden Unterpachtvertrag mit dem Beklagten. Der von dem Beklagten monatlich zu entrichtende Pachtzins sollte 2.500 DM zuzüglich Mehrwertsteuer betragen, außerdem sollte der Beklagte eine unverzinsliche Kaution von 20.000 DM und monatlich eine Nebenkostenvorauszahlung von 300 DM leisten. Weiter verpflich-
tete sich der Beklagte, während der Vertragszeit Bier und alkoholfreie Getränke ausschließlich über eine von der Hauptpächterin - der Brauerei - benannte Firma zu beziehen. Die Brauerei erklärte mit Schreiben vom 4. September 1992 die ordentliche Kündigung des mit dem Kläger abgeschlossenen (Unter-)Pachtvertrages zum 31. Dezember 1992. Grund für diese Kündigung war nach Darstellung des Klägers, daß der Beklagte gegen die Getränkebezugsverpflichtung verstoßen hatte. Die Brauerei schloß jedoch am 12. November 1992 mit der Ehefrau des Klägers einen Anschlußpachtvertrag. Auf die Nutzung der Trinkhalle durch den Beklagten hatte das keinen Einfluß. Mit Schreiben vom 14. Juli 1993 kündigten der Kläger und seine Ehefrau den Unterpachtvertrag mit dem Beklagten fristlos, unter anderem weil der Beklagte seit Monaten keinen Pachtzins mehr gezahlt hatte. Der Beklagte räumte das Pachtobjekt am 2. Januar 1996. Der Kläger macht mit der Klage für die Zeit bis zur fristlosen Kündigung des Unterpachtverhältnisses einen Anspruch auf Zahlung von rückständigem Pachtzins geltend, für die Zeit danach bis zum Auszug des Beklagten einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten Pachtzinses. Insgesamt verlangt der Kläger 117.450 DM zuzüglich gestaffelter Zinsen abzüglich der geleisteten Kaution von 20.000 DM, die er zum 2. Januar 1996 - dem Tag des Auszugs des Beklagten - verrechnen will. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 29.410 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und dahin neu ge-
faßt, daß die Klage insgesamt abgewiesen wird. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er erreichen will, daß die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen wird, und mit der er im übrigen seinen ursprünglichen Zahlungsantrag weiterverfolgt, soweit ihm das Landgericht nicht stattgegeben hat.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht führt aus, der zwischen den Parteien abgeschlossene Unterpachtvertrag sei als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Es liege eine schwere Ä quivalenzstörung vor, weil der objektive Pachtwert nur 1.000 DM netto im Monat betrage, der vereinbarte Pachtzins dagegen 2.500 DM netto pro Monat. Der objektive Pachtwert sei von dem Sachverständigen L. nach der sogenannten EOP-Methode mit 1.000 DM zutreffend ermittelt worden. Das von dem Sachverständigen S. unter Berücksichtigung von Vergleichsmieten erstattete Gutachten, das zu einem deutlich höheren Pachtwert komme, sei demgegenüber nicht überzeugend. Nach dem Gutachten des Sachverständigen L. seien dem Beklagten Leistungen auferlegt worden, die es ihm nicht möglich machten, aus dem verpachteten Betrieb ein Einkommen für seinen Lebensunterhalt zu erzielen. Das besonders krasse Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung indiziere eine verwerfliche Gesinnung des Klägers.
Infolge der Nichtigkeit des Pachtvertrages fehle ein Rechtsgrund für die beiderseits erbrachten Leistungen, so daß diese nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückzugewähren seien. Eine Verrechnung der beiderseitigen Leistungen führe nicht zu einem Überschuß zugunsten des Klägers. Für die Zeit bis einschließlich Dezember 1992 habe der Kläger dem Beklagten die Nutzung an der Trinkhalle zur Verfügung gestellt, die entsprechend dem objektiven Pachtwert mit monatlich 1.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu bewerten sei. Dem stehe schon die von dem Beklagten erbrachte Kaution von 20.000 DM gegenüber. Ab dem 1. Januar 1993 sei der Kläger nicht mehr zum Gebrauch der Pachtsache berechtigt und in der Lage gewesen, dem Beklagten die Räumlichkeiten zu überlassen, weil sein Pachtverhältnis mit der Brauerei zum 31. Dezember 1992 wirksam gekündigt worden sei. Insofern fehle es "im Verhältnis der Parteien zueinander an einer durch Leistung des Klägers eingetretenen Vermögensverschiebung". Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten, wie die Revision zu Recht rügt, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 2. Der Senat hat nach Erlaß des Berufungsurteils entschieden, daß die sogenannte EOP-Methode (an der Ertragskraft orientierte Pachtwertfindung) nicht geeignet ist zur Bewertung einer Gaststättenpacht, wie sie für die Bestimmung eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB erforderlich ist (Senatsurteil BGHZ 141, 257 f.). Da das Berufungsgericht seine Annahme, es liege ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, und deshalb sei der Vertrag nichtig, ausschließlich auf ein nach der EOP-Methode erstattetes Gutachten gestützt hat, ist seine Beurteilung rechtsfehlerhaft. Das Berufungsurteil kann deshalb mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
3. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO), auch nicht über einen Teil der Klageforderung.
a) Soweit der Kläger rückständigen Pachtzins geltend macht, hängt die Begründetheit der Klage davon ab, ob der Pachtvertrag wirksam oder nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Insofern muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es den zum Vergleich mit dem vereinbarten Pachtzins heranzuziehenden objektiven Pachtwert in zulässiger Weise ermittelt. Auf die Ausführungen in dem zitierten Senatsurteil wird verwiesen.
b) Auch der von dem Kläger für die Zeit nach der fristlosen Kündigung des Unterpachtverhältnisses geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten Pachtzinses ist nicht zur Entscheidung durch das Revisionsgericht reif. Sollte der Unterpachtvertrag entgegen der Annahme des Berufungsgerichts wirksam sein, so kommt ein entsprechender Anspruch des Klägers nach § 584 b BGB in Betracht. Zwar steht nach Beendigung eines Untermietverhältnisses dem Hauptmieter gegen den Untermieter grundsätzlich kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs. 1 BGB mehr zu, wenn auch das Hauptmietverhältnis beendet ist und der Hauptmieter deshalb keine Nutzungsberechtigung mehr hat (Senatsurteil vom 4. Oktober 1995 - XII ZR 215/94 - ZMR 1996, 15 = NJW 1996, 46). Das hat für die Beendigung eines Unterpachtverhältnisses entsprechend zu gelten. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, daß zwar das Hauptpachtverhältnis zwischen dem Kläger und der Brauerei zum 31. Dezember 1992 beendet worden ist, daß aber unmittelbar im Anschluß daran die Ehefrau des Klägers einen entsprechenden Hauptpachtvertrag mit der Brauerei abgeschlossen hat und daß durch diese Veränderung die Nutzungsmöglichkeit des Beklagten in keiner Weise beeinträchtigt worden ist. Es liegt nahe anzunehmen, daß die
Ehefrau des Klägers, nachdem die Brauerei den Vertrag mit dem Kläger gekündigt hatte, die Trinkhalle gerade deshalb von der Brauerei angepachtet hat, weil sie es dem Kläger ermöglichen wollte, den Unterpachtvertrag mit dem Beklagten zu erfüllen. In diesem Fall hatte der Kläger weiterhin eine von seiner Ehefrau abgeleitete Nutzungsberechtigung. Auch insofern muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es - eventuell nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die notwendigen Feststellungen nachholen kann. Im übrigen könnte der Senat auch schon deshalb nicht abschließend nur über die geltend gemachte Nutzungsentschädigung entscheiden, weil sich den Feststellungen des Berufungsurteils - aus der Sicht des Berufungsgerichts zu Recht - nicht entnehmen läßt, welcher Teil des eingeklagten Betrages auf rückständigen Pachtzins entfällt.
c) Der Senat kann auch nicht abschließend entscheiden, soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 31. Juli 1997 die Klageforderung in Höhe von 2.414 DM zuzüglich Zinsen anerkannt hat. Zwar steht der Wirkung dieses Anerkenntnisses, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht entgegen, daß der Kläger keinen Antrag auf Erlaß eines Anerkenntnisurteils (§ 307 Abs. 1 ZPO) gestellt hat. Die Wirkung eines wirksam abgegebenen prozessualen Anerkenntnisses erschöpft sich nämlich nicht darin, lediglich Grundlage für ein Anerkenntnisurteil zu sein. Sie bleibt vielmehr auch dann bestehen, wenn kein Anerkenntnisurteil ergeht. Auch dann sind die Gerichte im Umfang des Anerkenntnisses grundsätzlich der Verpflichtung zur Prüfung des Streitstoffes enthoben. Dies gilt nicht nur für eine Instanz, sondern für den ganzen Prozeß (Senatsurteil vom 17. März 1993 - XII ZR 256/91 - NJW 1993, 1717, 1718 m.N.). Der Senat hat aber bereits entschieden, daß die
Berufung auf ein prozessuales Anerkenntnis gegen Treu und Glauben verstoßen kann, wenn das Anerkenntnis nicht der wahren Rechtslage entspricht und die Unrichtigkeit dem Prozeßgegner bekannt ist (Senatsurteil BGHZ 80, 389, 399 m.N.). Sollte der Unterpachtvertrag als wucherähnliches Geschäft sittenwidrig sein, so ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die Berufung des Klägers auf ein Anerkenntnis, das der Erfüllung dieses Vertrages dient, gegen Treu und Glauben verstoßen könnte (vgl. auch Zöller/Vollkommer, ZPO 22. Aufl. § 307 Rdn. 4 m.N.). Auch dieser Punkt bedarf der tatrichterlichen Beurteilung. 4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Nachdem der Senat entschieden hat, daß die EOP-Methode ungeeignet ist zur Bestimmung eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, ist das Oberlandesgericht München in einer nicht rechtskräftigen Entscheidung (Urteil vom 4. September 2000 - NZM 2000, 1059) einer Bewertungsmethode gefolgt, der sogenannten "indirekten Vergleichswertmethode" , die in der Literatur von einem Vertreter der EOP-Methode als Reaktion auf die Entscheidung des Senats empfohlen worden ist (Walterspiel, NZM 2000, 70 ff.). Die Gründe, deretwegen der Senat die EOP-Methode für ungeeignet hält, gelten jedoch auch gegenüber der indirekten Vergleichswertmethode. Weder das Oberlandesgericht München noch Walterspiel legen dar, daß bei der offensichtlich der EOP-Methode nachgebildeten neuen Methode Ä nderungen vorgenommen worden sind, die den Beanstandungen des Senats gegenüber der EOP-Methode Rechnung tragen. Die neue Methode stellt - wie die EOP-Methode - "als Basis für die Ermittlung des marktüblichen Mietzinses auf die Umsatzerwartung je Sitzplatz und auf einen betriebsartbezogenen Prozentsatz vom Gesamtertrag" ab (so zutreffend OLG München aaO S. 1061) und
kalkuliert dabei einen als angemessen angesehenen Unternehmensgewinn ein. Insbesondere legt auch sie ihrer Beurteilung statistische Ertragswerte zugrunde , die ein "normalqualifizierter Betreiber" (Walterspiel aaO S. 75) erzielen kann. Auch an diesem Punkt zeigt sich, daß beide Methoden die besondere Marktsituation des konkreten Objekts nicht ausreichend berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ aaO S. 265). Es gibt etwa Pachtinteressenten, die überdurchschnittlich qualifiziert sind oder sich bei dem in Frage kommenden Kundenkreis bereits einen guten Ruf erworben haben oder die über besonders günstige Einkaufsmöglichkeiten verfügen oder die - eventuell einschließlich ihrer Familienangehörigen - bereit sind, besonders viel zu arbeiten. Derartige Interessenten sind in der Lage und - insbesondere wenn nicht viele für sie geeignete Objekte auf dem Markt sind - vielfach auch bereit, einen relativ hohen Pachtzins zu vereinbaren. Handelt es sich um ein entsprechend gefragtes Objekt und besteht dafür auf dem Markt eine Nachfrage von derartigen Interessenten, dann entspricht der Marktpreis dem, was diese Interessenten für ein solches Objekt zu zahlen bereit sind, auch wenn ein "normal qualifizierter Betreiber" sich einen solchen Pachtzins nicht leisten könnte. Entsprechendes gilt, wenn abzusehen ist, daß bei der gegebenen Marktsituation mehrere Brauereien oder Ketten ein solches Objekt dringend suchen. Marktwert ist der übliche Wert, der für eine vergleichbare Leistung auf dem Markt zu zahlen ist (Senatsurteil BGHZ aaO). Bei Miet- oder Pachtverhältnissen ist demnach der Marktwert der Nutzungsüberlassung regelmäßig anhand des Miet- oder Pachtzinses zu ermitteln, der für vergleichbare Objekte erzielt wird (Senatsurteil BGHZ aaO S. 263 m.N.). Es ist zutreffend, daß es Fälle gibt, in denen diese sogenannte Vergleichswertmethode nicht angewendet werden kann, weil es keine geeigneten Vergleichsobjekte gibt. Auch wenn solche Fälle seltener sind, als die Vertreter der EOP-Methode oder der indi-
rekten Vergleichswertmethode vorgeben, müssen sie in die Betrachtung einbezogen werden. Der Senat hat ausgeführt, daß in solchen Fällen "andere Erfahrungswerte heranzuziehen" seien (BGHZ aaO S. 263). Das bedeutet aber nicht, daß dann die Anwendung der EOP-Methode oder einer ihr nachgebildeten Methode unbedenklich würde (so aber OLG München und Walterspiel jeweils aaO). In solchen Fällen wird es regelmäßig angebracht sein, einen erfahrenen , mit der konkreten Marktsituation vertrauten Sachverständigen beurteilen zu lassen, welcher Mietzins für ein solches Objekt seiner Ansicht nach erzielt werden kann. Es mag sein, daß man bei einem auf diese Weise erstatteten Gutachten mit einer größeren Schätzungstoleranz rechnen muß als bei einem Gutachten, das auf konkreten Vergleichswerten aufbauen kann. Diese Folge muß hingenommen werden. Sie kann jedenfalls nicht dadurch beseitigt oder abgemildert werden, daß man für solche Einzelobjekte von statistischen Durchschnittswerten ausgeht. Daß es für ein Miet- oder Pachtobjekt keine geeigneten Vergleichsobjekte gibt, kommt nicht nur vor, wenn Räume zum Betrieb einer Gaststätte vermietet oder verpachtet werden, sondern auch dann, wenn ein anderes Gewerbe in ihnen betrieben wird. Auch ein Ladenlokal kann wegen seiner Größe, seines Zuschnitts und seiner Lage mit anderen Ladenlokalen in der Gegend nicht vergleichbar sein. Für die Bewertung, welcher Miet- oder Pachtzins marktüblich ist, bestehen zwischen Miet- oder Pachtverträgen über Gastgewerberäume und Miet- oder Pachtverträgen über andere gewerbliche Räume keine Unterschiede, die es notwendig machten, grundlegend unterschiedliche Bewertungsmethoden zu verwenden.
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vertrag als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn Lei-
stung und Gegenleistung in einem auffälligen Mißverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, z.B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten (Senatsurteil BGHZ aaO S. 263 m.N.). Eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten ist nicht nur dann zu bejahen, wenn er als der wirtschaftlich oder intellektuell Überlegene die schwächere Lage des anderen Teils bewußt zu seinem Vorteil ausgenutzt hat, sondern auch dann, wenn er sich leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, daß sein Vertragspartner sich nur wegen seiner schwächeren Lage auf den ungünstigen Vertrag eingelassen hat (BGH, Urteil vom 17. April 1980 - III ZR 96/78 - NJW 1980, 2076, 2077). Ein besonders auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung spricht für eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten (st.Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99 - NJW 2000, 2669, 2670 m.w.N.). Für bestimmte Vertragstypen hat der Bundesgerichtshof allein wegen eines krassen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen , auch wenn im konkreten Fall keine weiteren, für ein sittenwidriges Verhalten des Begünstigten sprechende Umstände hinzukamen. Das gilt insbesondere für Teilzahlungs- oder Ratenkreditverträge mit privaten Kunden (BGHZ 80, 153, 161; 98, 174, 178 m.N.) und für Grundstückskaufverträge (BGH, Urteil vom 4. Februar 2000 - V ZR 146/98 - NJW 2000, 1487, 1488 m.w.N.). Bei Grundstücksverträgen geht der Bundesgerichtshof von einem entsprechenden Mißverhältnis schon dann aus, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGH, Urteil vom 4. Februar 2000 aaO m.N.). Diese Grundsätze sind nicht ohne weiteres auf die Prüfung, ob ein gewerblicher Miet- oder Pachtvertrag als wucherähnliches Geschäft nichtig ist, zu übertragen. Auch in den zitierten Fällen verzichtet die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nicht etwa auf das subjektive Element der Sittenwidrigkeit. Sie geht lediglich davon aus, daß das vorliegende krasse Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einen hinreichend sicheren Rückschluß darauf zuläßt, daß auch dieses subjektive Element - die verwerfliche Gesinnung des Begünstigten - gegeben ist. Ein solcher Rückschluß setzt aber voraus , daß sich der Begünstigte nach der allgemeinen Lebenserfahrung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 284/85 - NJW 1988, 130, 131 m.N.) zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, es liege ein krasses Mißverhältnis vor. Davon kann man jedenfalls nur dann ausgehen, wenn der Marktwert der Leistung für ihn in etwa erkennbar war. Bei den Darlehensverträgen von Kreditbanken mit Privatpersonen ist das ohne weiteres zu bejahen, weil der Kreditbank der Schwerpunktzins der Bundesbank bekannt ist. Bei Grundstücksgeschäften hat der Bundesgerichtshof diesem Gesichtspunkt insofern Rechnung getragen, als er eine "kritische tatrichterliche Würdigung" für erforderlich hält, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen , daß bei Abschluß des Vertrages aufgrund besonderer Umstände Bewertungsschwierigkeiten bestanden, aufgrund derer der Begünstigte das krasse Mißverhältnis möglicherweise nicht erkannt haben könnte (BGH, Urteil vom 4. Februar 2000 aaO S. 1488). Solche Bewertungsschwierigkeiten kommen beim Abschluß von gewerblichen Miet- und Pachtverträgen nicht nur in Ausnahmefällen vor. Deshalb ist bei gewerblichen Mietverträgen im Rahmen der Prüfung, ob aus einem auffälligen Mißverhältnis auf die Nichtigkeit des Geschäfts geschlossen werden kann, regelmäßig eine tatrichterliche Würdigung erforderlich, ob das krasse Mißverhältnis für den Begünstigten erkennbar war.
Die Mietpreise für gewerbliche Räume sind nicht nur regional sehr unterschiedlich , sie können auch innerhalb ein und derselben Stadt stark schwanken. Dem Senat liegt ein von der Industrie- und Handelskammer Köln herausgegebener Mietspiegel für Gewerbeflächen vor (Stand: März 2000). In diesem Mietspiegel wird die Stadt Köln in neun Stadtbezirke aufgeteilt. Die für die einzelnen Stadtbezirke angegebenen Preise unterscheiden sich erheblich. In dem teuersten Stadtbezirk 1 werden die Quadratmeterpreise für Ladenlokale in der 1 a-Lage (Spitzenlage) angegeben mit 150 bis 300 DM, in der 1 b-Lage (sehr gute Innenstadtlage) mit 50 bis 150 DM. Da es oft schwierig ist zu entscheiden , ob ein in guter Geschäftslage liegendes Objekt der 1 a-Lage oder der 1 b-Lage zuzuordnen ist, ergibt sich eine Preisspanne von 50 bis 300 DM. Hinzu kommt, daß sich im Bereich der gewerblichen Miete das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage nicht selten relativ kurzfristig verändert mit der Folge, daß aus einem Vermietermarkt ein Mietermarkt wird oder umgekehrt. Dies hat zur Folge, daß sich die erzielbaren Mietpreise innerhalb kurzer Zeit erheblich verändern können. Eine solche Entwicklung hat beispielsweise in den neuen Bundesländern in den ersten Jahren nach dem Beitritt stattgefunden. Bei dieser Sachlage kann es sowohl für einen Vermieter als auch für einen Mieter, insbesondere wenn er nicht ortsansässig und mit der gewerblichen Vermietung nicht vertraut ist, schwierig sein abzuschätzen, welcher Mietpreis angemessen ist. Für eine ortsansässige Brauerei, die ständig Gasträume vermietet und anmietet, gilt das nicht in gleicher Weise. Einem privaten Vermieter, der einen Mietpreis im oberen Bereich der dargelegten Schwankungsbreite durchgesetzt hat, kann man nicht ohne weiteres ein unredliches Verhalten vorwerfen , wenn ein Sachverständiger später überzeugend begründet, daß inner-
halb der Schwankungsbreite ein um die Hälfte niedrigerer Preis marktüblich gewesen wäre. In einem solchen Falle wird es im Rahmen der Prüfung, ob ein wucherähnliches Geschäft i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB vorliegt, darauf ankommen,
ob neben dem Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung weitere Umstände oder weitere Regelungen in dem Vertrag für eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragspartners sprechen.
Blumenröhr Krohn Gerber Wagenitz Fuchs

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 159/99 Verkündet am:
31. Oktober 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. März 1999 aufgehoben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung rückständigen Mietzinses. Mit Vertrag vom 1. Dezember 1987 vermietete der Kläger das Teileigentum Nr. 3 in der Eigentumswohnanlage A...straße 39 in M. an die Beklagte zum Betrieb einer Zahnarztpraxis. Der monatliche Mietzins, der sich jährlich um 100 DM erhöhte, betrug anfangs 2.100 DM, die Nebenkosten waren mit monatlich 300 DM vereinbart. Nachdem die Beklagte den Mietzins für November 1990 bis Januar 1991 nicht bezahlt hatte, kündigte der Kläger mit Schreiben vom 10. Januar 1991 fristlos. Die anwaltlich vertretenen Parteien
schlossen daraufhin am 26. März 1991 einen als Zusatzvereinbarung bezeichneten weiteren Vertrag, wonach das Mietobjekt der Beklagten weiterhin zu den bisherigen Bedingungen überlassen wurde, jedoch zu einem monatlichen Mietzins von 4.200 DM, der sich jährlich um 100 DM monatlich erhöhte, zuzüglich Nebenkosten von monatlich 300 DM. Nach übereinstimmender Erledigterklärung des Rechtsstreits in Höhe von 2.400 DM hat das Landgericht der Klage auf Zahlung von rückständigem Mietzins zuletzt in Höhe von 52.560 DM nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Anschlußberufung des Klägers, mit der dieser einen weiteren Betrag von 15.600 DM geltend gemacht hat, wurde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision, mit der er die Verurteilung der Beklagten in der zuletzt beantragten Höhe von 68.160 DM samt Zinsen erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der im Mietvertrag vom 26. März 1991 (vgl. hierzu Senatsurteil BGHZ 139, 123) vereinbarte Mietzins sittenwidrig. Da anstelle der verlangten Nettomiete von monatlich 4.200 DM lediglich eine Nettokaltmiete von monatlich 1.318,71 DM als orts- und marktüblich anzusehen sei, übersteige die verlangte Miete die ortsübliche um rund
218 %. Aufgrund des Privatgutachtens des von der Industrie- und Handelskammer München öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen M. stehe fest, daß ein Mietzins von 1.318,71 DM als orts- und marktüblich angemessen sei. Das Oberlandesgericht hat sich in der Lage gesehen , aufgrund des Privatgutachtens gemäß § 286 ZPO zu einer zuverlässigen Beantwortung der Beweisfrage zu gelangen, so daß ein weiteres Gutachten nicht notwendig sei. Weder griffen die Einwände des Klägers gegen das Privatgutachten durch, noch habe er die Notwendigkeit für ein neues Gutachten dargelegt. Die Angriffe gegen die Sachkunde des Privatgutachters gingen fehl. Der Privatgutachter sei dem Gericht aus seiner Verfahrenspraxis als renommierter Sachverständiger bekannt. Der Kläger habe sich zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen, daß die Beklagte sich nur aufgrund ihrer schwächeren und bedrängten Lage auf die Verdoppelung des Mietzinses von ursprünglich 2.100 DM auf 4.200 DM eingelassen habe. Ihm sei klar gewesen, daß die vormals als Schmuckladen dienenden Räume für eine Zahnarztpraxis hergerichtet werden mußten und daß dies für die Beklagte mit Kosten verbunden gewesen sei. Wäre die Praxis bereits drei Jahre nach Eröffnung verlegt worden, so hätte dies zumindest den teilweisen Verlust des Patientenstammes bedeutet. Dem Kläger sei die schwächere und bedrängte Lage der Beklagten bekannt gewesen. Dies ergebe sich bereits aus seinem eigenen Vortrag. Wenn er anführe, die Beklagte habe ihn zur Fortsetzung des Mietvertrages gedrängt, er habe sich letztlich zur Fortsetzung des Mietverhältnisses "breitschlagen" lassen, so zeige dies, es sei ihm ersichtlich gewesen, daß der Beklagten das Behalten der Praxis gewissermaßen "auf den Nägeln" gebrannt habe. Daß er keinen Gewinn erziele, da die Kreditkosten die Mieteinnahmen überstiegen, ändere nichts an der Verwerflichkeit seiner Gesinnung. Abgesehen davon, daß Negativeinkünfte aus Ver-
mietung und Verpachtung zur Minderung der Einkommensteuerbelastung häufig erwünscht seien, könne eine hohe Kreditbelastung für das erworbene Objekt keine sittenwidrige Miethöhe rechtfertigen. Die Meinung des Klägers liefe darauf hinaus, daû der Mieter selbst einen unwirtschaftlichen Eigentumserwerb des Vermieters zu finanzieren hätte. 2. Das Urteil kann keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht die Feststellung, der ortsübliche Mietzins belaufe sich auf 1.318,71 DM, unter Verletzung des Verfahrensrechts getroffen hat. Zu Recht rügt die Revision einen Verstoû gegen § 286 ZPO, weil das Berufungsgericht kein Gutachten erholt , sondern das Gutachten des Sachverständigen M. verwertet hat. Das Berufungsgericht hat das Gutachten nicht selbst eingeholt, vielmehr hat die Beklagte es vorgelegt. Es handelt sich somit nicht um ein gerichtliches Sachverständigengutachten , sondern um ein Privatgutachten. Ein Privatgutachten ist urkundlich belegter Parteivortrag. Seine Verwertung als Sachverständigengutachten ist nur mit Zustimmung beider Parteien zulässig (BGHZ 98, 32, 40; BGH, Urteil vom 29. September 1993 - VIII ZR 62/92 - NJW-RR 1994, 255, 256). Der Kläger hat aber der Verwertung widersprochen und die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens verlangt. Es ist nicht auszuschlieûen , daû ein gerichtlicher Sachverständiger zu einem Ergebnis kommt, das eine andere Wertung des Rechtsgeschäfts verlangt. 3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
a) Bei Zugrundelegung eines orts- und marktüblichen Mietzinses von 1.318,71 DM lag die Annahme nahe, daû die Vereinbarung eines Mietzinses von 4.200 DM unter den gegebenen Umständen wegen Verstoûes gegen § 138 Abs. 1 BGB als nichtig anzusehen ist. Wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Miûverhältnis besteht, der Benachteiligte dieses Geschäft
nur aus einer Notlage heraus abschlieût und der Begünstigte diese Notlage bewuût zu seinem Vorteil ausnutzt, wird es sich regelmäûig um ein wucherähnliches Geschäft handeln, das unter § 138 Abs. 1 BGB fällt. Das entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 128, 255, 257; BGH, Urteil vom 8. November 1991 - V ZR 260/90 - BGHR BGB § 138 Abs. 1 - Miûverhältnis 4 m.w.N.). Für Miet- und Pachtverträge gilt grundsätzlich nichts anderes (Senatsurteil BGHZ 141, 257, 263). Allerdings ist bei gewerblichen Mietverträgen im Rahmen der Prüfung, ob aus einem auffälligen Miûverhältnis auf die Nichtigkeit des Geschäfts geschlossen werden kann, regelmäûig eine tatrichterliche Würdigung erforderlich, ob das krasse Miûverhältnis für den Begünstigten erkennbar war (Senatsurteil vom 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - ZIP 2001, 1633, 1636). Im übrigen ist bei der Prüfung, ob ein Miûverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, vom Verkehrswert der Leistung, d.h. vom marktüblichen Miet- oder Pachtzins auszugehen (BGH aaO). Wird dieser um 100 % überschritten und ist dies dem Vermieter erkennbar, so kommt der Schluû auf eine verwerfliche Gesinnung in Betracht. Bei einem ortsund marktüblichen Mietzins von 1.318,71 DM überstiege der vereinbarte Zins den marktüblichen um über 200 %. Die Beklagte handelte aus einer Notlage heraus. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war sie verpflichtet, das Mietobjekt zu räumen. Damit hätte sie ihre Praxis, die noch keinen gefestigten Kundenstamm aufwies, verlegen müssen mit der Folge, daû sie einen Teil der Patienten verloren hätte. Schlieûlich wäre ein Teil der Praxiseinrichtung nicht mehr weiter zu benutzen gewesen. In dieser Situation war sie bereit, den Mietzins von vereinbarten 2.100 DM auf 4.200 DM zu verdoppeln. Dem Kläger waren all diese Umstände bekannt. Er nutzte die Notlage aus, um sich anstelle des ursprünglich vereinbarten einen um 100 % höheren Mietzins versprechen zu lassen.

b) Die weitere Rüge der Revision, der Kläger habe nicht verwerflich gehandelt , weil das Angebot von der Beklagten ausgegangen sei, daû er das Objekt wegen Unwirtschaftlichkeit nicht mehr habe weitervermieten wollen, sondern sich lediglich wegen des Angebots der Beklagten zur weiteren Vermietung "breitschlagen" habe lassen, greift nicht durch. Bei einem orts- und marktüblichen Mietzins von 1.318,71 DM würde dem Verhalten des Klägers dadurch nicht der Charakter des Anstöûigen genommen. Ob ein Geschäft als sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB anzusehen ist, muû aufgrund der Gesamtumstände beurteilt werden. Es bedarf einer Abwägung der objektiven und subjektiven Elemente (BGHZ 125, 218, 228; Palandt /Heinrichs, BGB 60. Aufl. § 138 Rdn. 28, 34). Eine solche hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei vorgenommen. Auf die Frage, von wem das Angebot ausgegangen ist, kommt es nicht an. Ein Geschäft verliert seinen wucherähnlichen Charakter nicht dadurch, daû das Anerbieten vom Benachteiligten ausgeht (BGH, Urteil vom 24. Mai 1985 - V ZR 47/84 - WM 1985, 1269, 1270). Daû die Beklagte drei Monatsmieten nicht bezahlt hat und es deshalb zur auûerordentlichen Kündigung gekommen ist, gab dem Kläger allenfalls ein Recht, einen angemessenen Aufschlag zu verlangen, aber nicht die Berechtigung zu einer Erhöhung um mehr als 100 %. Daû der Kläger wegen der Hochzinsphase Verluste erwirtschaftet hat, hat das Oberlandesgericht in seine Gesamtabwägung rechtsfehlerfrei einbezogen. Es durfte darauf abstellen, daû ein Nega-tiveinkommen aus Vermietung und Verpachtung im Wirtschaftsleben nichts Ungewöhnliches ist. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, daû auch eine hohe Kreditbelastung für sich allein keinen Mietzins rechtfertigt, der den ortsüblichen Mietzins um mehr als 100 % übersteigt, da sonst der Mieter einen unwirtschaftlichen Eigentumserwerb zu finanzieren hätte. Besondere Umstände, die dem Verhalten des Klägers das Anstöûige nähmen, sind
nicht ersichtlich und wurden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Bei einem marktüblichen
Mietzins von 1.318,71 DM hätte der Kläger die Notsituation der Beklagten zu seinem Vorteil ausgenutzt, um sich einen über 200 % über dem Angemessenen gelegenen Mietzins versprechen zu lassen.
Blumenröhr Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen.

(2) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt ferner vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2a) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Absatz 1 liegt ferner vor, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 in Höhe eines Betrages im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten sind bei der Berechnung der Monatsmiete nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen. Einer Abhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 Absatz 3 Satz 1 bedarf es nicht. Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 sowie § 543 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

1.
Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dies gilt nicht, wenn der Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist.
2.
Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.
3.
Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 bis 560 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind.

(4) Der zur Kündigung führende wichtige Grund ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben.

(5) Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 1 bis 3 dieser Vorschrift oder von § 543 abweicht, ist unwirksam. Ferner ist eine Vereinbarung unwirksam, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen.

(1) Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.

(2) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 307/98 Verkündet am:
10. Oktober 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 5. November 1998 aufgehoben , soweit die Berufung und Klageerweiterung der Kläger hinsichtlich eines Teilbetrages von 37.078,45 DM nebst Zinsen erfolglos geblieben sind. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagten mieteten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts von den Klägern Gewerberäume für die Zeit vom 1. November 1994 bis 31. Oktober 1999 zu einem monatlichen Mietzins von 3.473,86 DM zuzüglich Mehrwertsteuer nebst 600 DM Nebenkostenvorauszahlung. Der Mietvertrag besteht aus einem teils handschriftlich, teils maschinenschriftlich ausgefüllten, aus losen Blättern bestehenden, beidseitig bedruckten Formularsatz mit durchgehender Paginierung und fortlaufender Paragraphenzählung. Das Mietobjekt ist in § 1
mit "M. , D. str. 52 Hochparterre u. Dachgeschoß (s. Anlage Grundrisse)" bezeichnet. Dem Formular waren drei von den Parteien paraphierte Grundrißzeichnungen sowie eine von den Parteien unterschriebene Ausstattungsbeschreibung des Geschäftshauses beigefügt, ferner die in § 26 des Vertrages als "Zusatzvereinbarung 1" erwähnte und ebenso bezeichnete Anlage, die ebenfalls von den Parteien unterzeichnet ist. Unter den Unterschriften befindet sich ein Passus, demzufolge § 14 des Vertrages (Untersagung der Untervermietung ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Vermieters ) durch eine generelle Gestattung der Untervermietung ersetzt wird, solange "die Art der Nutzung und der Charakter der Mietsache nicht geändert wird". § 21 Abs. 2 Satz 2 des Mietvertrages bestimmt, daß ein den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Zahlungsverzug vorliegt, wenn der Mieter sich mit mehr als einer Mietzinsrate in Zahlungsverzug befindet. § 21 Abs. 3 des Mietvertrages lautet: "Wird das Mietverhältnis von dem Vermieter aus wichtigem Grunde gekündigt , so haftet der Mieter für den Schaden, der dem Vermieter durch das die Kündigung begründende vertragswidrige Verhalten entstanden ist. Insbesondere ist dem Vermieter der bis zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit durch leerstehende Räume bzw. Mindermieteinnahmen entstehende Mietausfall zu ersetzen. Diese Schadensersatzpflicht entfällt jedoch , wenn der Mieter nachweist, daß sich der Vermieter nicht ausreichend um einen neuen Mieter bemüht hat und endet in jedem Falle mit dem Ablauf eines Jahres nach Rückgabe der Mietsache." Mit Schreiben vom 29. August 1996 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis zum 31. Dezember 1996 unter Berufung auf § 566 Satz 2 BGB a.F..
Die Kläger erklärten ihrerseits mit Schreiben vom 6. November 1996 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges und setzten den Beklagten eine Räumungsfrist zum 20. November 1996. Diese räumten das Mietobjekt im Januar 1997. Mit ihrer Klage verlangten die Kläger zunächst rückständigen Mietzins, Nutzungsentschädigung und Schadensersatz (Mietausfallschaden in Höhe der Nettomiete) für die Zeit von Juni 1996 bis August 1997 in Höhe von 24.944,16 DM. Diesen Betrag errechnen sie wie folgt: Bruttomietzins Juni - Dezember 1996 = 7 x 3.994,96 DM = 27.964,72 DM abzüglich darauf gezahlter - 23.420,16 DM Nettomietzins Januar - August 1997 = 8 x 3.473,88 DM = + 27.791,04 DM abzüglich Erlös aus Nachvermietung Juli und August 1997 - 4.347,72 DM abzüglich Erstattungsanspruch aus Nebenkostenabrechnung - 3.043,72 DM 24.944,16 DM Ferner verlangten die Kläger Feststellung der Verpflichtung der Beklagten , ihnen darüber hinaus den Nettomietzinsausfall bis Ende Oktober 1999 zu ersetzen. Das Landgericht sprach den Klägern 3.489,17 DM nebst 4 % Zinsen zu, nämlich Bruttomietzins Juni 1996 - 15. Januar 1997 = 7,5 x 3.994,96 DM = 29.962,05 DM (richtig: 29.962,20 DM) abzüglich 23.420,16 DM abzüglich 3.043,72 DM, und wies die weitergehende Klage ab. Mit ihrer Berufung begehrten die Kläger klageerweiternd zum einen Zahlung weiterer 63.132,55 DM nebst 5 % Zinsen (21.445,99 DM zuzüglich 41.686,56 DM Mietausfallschaden für den weiteren Zeitraum September 1997
bis August 1998 = 12 x 3.473,88 DM) sowie Feststellung, daû die Beklagten ihnen den aufgrund vorzeitiger Beendigung des Mietvertrages entstehenden Nettomietzinsausfall ab 1. November 1998 zu ersetzen hätten. Die Berufung der Kläger blieb ohne Erfolg. Dagegen richtet sich ihre Revision, die der Senat wegen der vertraglichen Beschränkung der Ersatzpflicht für Mietausfallschäden auf ein Jahr nach Rückgabe der Mietsache (§ 21 Abs. 3 Satz 3 des Mietvertrages) lediglich hinsichtlich eines Teilbetrages des Zahlungsbegehrens von (63.132,55 DM abzüglich für den Zeitraum ab 15. Januar 1998 bis August 1998 verlangter 7,5 x 3.473,88 DM = 26.054,10 DM =) 37.078,45 DM nebst Zinsen angenommen hat.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, das Mietverhältnis sei durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 6. November 1996 nicht beendet worden, weil die Kläger für den Zeitpunkt der Kündigungserklärung einen den Anforderungen des § 554 Abs. 1 BGB a.F. genügenden Rückstand der Beklagten mit Mietzinszahlungen nicht nachgewiesen hätten. Vielmehr ergebe
sich bereits aus den unstreitig bis zur Kündigung geleisteten Zahlungen der Beklagten, insbesondere allein im Oktober 1996 ca. 13.300 DM, daû ein solcher Rückstand nicht vorgelegen habe. Hingegen sei das Mietverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 29. August 1996 gemäû §§ 566, 565 Abs. 1a BGB a.F. zum 31. März 1997 beendet worden, weil die Schriftform des Mietvertrages nicht gewahrt sei. Über den Zeitraum der Räumung am 15. Januar 1997 hinaus seien die Beklagten zur Zahlung von Mietzins aber nicht verpflichtet, weil sie aufgrund der ungerechtfertigten fristlosen Kündigung der Kläger gezwungen gewesen seien, das Mietobjekt zu räumen. Ein Schadensersatzanspruch wegen Mietausfalls stehe den Klägern nicht zu, weil die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten herbeigeführt worden sei.

II.

Diese Annahmen halten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Kläger haben Anspruch auf Ersatz des ihnen nach dem 15. Januar 1997 bis zum 15. Januar 1998 (§ 21 Abs. 3 MV) entstandenen Mietzinsausfalls, weil die auf Zahlungsverzug gestützte fristlose Kündigung der Kläger das wirksam für fünf Jahre (bis zum 31. Oktober 1999) begründete Mietverhältnis beendet hat (vgl. BGHZ 82, 121, 129). 1. Das Mietverhältnis ist durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 6. November 1996 wegen Mietrückstandes beendet worden.
Es kann dahinstehen, ob § 554 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. durch § 21 Abs. 2 Satz 2 des Mietvertrages wirksam dahingehend zugunsten des Vermieters erweitert wurde, daû (auch) ein Rückstand mit einer Mietzinsrate einschlieûlich Nebenkosten die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges rechtfertigt, oder ob die Kläger Verwender des Formularvertrages waren, diese Klausel die Beklagten in unangemessener Weise benachteiligt (§ 9 Abs. 1 AGBG, vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1987 - VIII ZR 71/86 - NJW 1987, 2506, 2507) und es deshalb nach § 6 Abs. 2 AGBG bei der gesetzlichen Regelung verbleibt. Denn in beiden Fällen waren die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges erfüllt. Dies ergibt sich, wenn man den unstreitigen Zahlungen der Beklagten für die Zeit von Juni bis November 1996, auf die die Vorinstanzen allein abgestellt haben, den für diesen Zeitraum geschuldeten und gemäû § 4 Abs. 1 des Mietvertrages jeweils am dritten Werktag eines Monats im voraus fälligen Bruttomietzins gegenüberstellt, und zwar einschlieûlich der zugleich fälligen Nebenkostenvorauszahlungen, da auch diese zu den regelmäûigen Zahlungen gehören, die der Mieter als Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs der Mietsache zu erbringen hat (vgl. Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts - und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. IV Rdn. 175; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl. Rdn. 970 m.w.N.; Palandt-Weidenkaff, BGB 60. Aufl. § 554 Rdn. 5 m.w.N.; OLG Naumburg WuM 1999, 160, 161; offen gelassen von BGH, Urteile vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86 - NJW-RR 1987, 903, 905 und vom 23. September 1987 - VIII ZR 265/86 - NJW-RR 1988, 77, 78; vgl. auch BVerfG WuM 1992, 668). Für die Monate Juni bis November 1996 schuldeten die Beklagten 6 x 4.594,94 DM = insgesamt 27.569,64 DM.
Unter Berücksichtigung der unstreitig darauf geleisteten Zahlungen der Beklagten, nämlich am 04.07.1996 2.597,47 DM am 02.08.1996 2.597,47 DM am 17.10.1996 4.200,00 DM am 17.10.1996 9.189,88 DM am 17. oder 21.10.1996 394,94 DM am 08.11.1996 2.116,73 DM am 08.11.1996 1.303,47 DM bestand somit am 4. Juni 1996 ein Rückstand von 4.594,94 DM, der sich am 3. Juli 1996 um weitere 4.594,94 DM auf 9.189,88 DM erhöhte und erst durch die Zahlungen vom 4. Juli 1996 und 2. August 1996 um je 2.597,47 DM auf 3.994,94 DM verminderte. Dieser Rückstand erhöhte sich am 3. August, 4. September und 4. Oktober 1996 jeweils um weitere 4.594,94 DM und belief sich somit am 4. Oktober 1996 auf insgesamt 17.779,76 DM. Er verringerte sich durch die Zahlungen vom 17. bzw. 21. Oktober 1996 um 4.200,00 + 9.189,88 + 394,94 DM, die gemäû § 366 Abs. 2 BGB mangels Leistungsbestimmung der Beklagten die älteren Mietzinsschulden tilgten, auf für Oktober 1996 geschuldete 3.994,94 DM. Am 4. November 1996 erhöhte er sich um weitere 4.594,94 DM auf 8.589,88 DM. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, daû die Kündigungserklärung der Kläger vom 6. November 1996 ihnen erst nach dem 8. November 1996 zuging, belief sich der Rückstand unter Berücksichtigung der weiteren Zahlungen vom 8. November 1996 in Höhe von 2.116,73 DM + 1.303,47 DM im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auf
noch 5.169,68 DM und überstieg somit eine Monatsmiete einschlieûlich Nebenkostenvorauszahlung (4.594,94 DM). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daû den Beklagten aus der Abrechnung der Nebenkosten für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 30. September 1996 ein Erstattungsanspruch in Höhe von 3.043,72 DM zustand. Denn diese Abrechnung ging den Beklagten nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger (erst) am 28. Januar 1997 zu. Im Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung war dieser Erstattungsanspruch noch nicht fällig und hat schon deshalb bei der Berechnung des im Zeitpunkt der Kündigung rückständigen Betrages auûer Betracht zu bleiben. Die von den Klägern am 6. November 1996 ausgesprochene fristlose Kündigung war demnach gerechtfertigt, weil die Beklagten für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses in Verzug waren, wobei nicht erst der Verzug für die beiden Monate Oktober und November 1996, sondern auch schon der in den Monaten zuvor aufgelaufene Rückstand die insoweit noch nicht zu spät ausgesprochene Kündigung rechtfertigte. 2. Der sich daraus ergebende Anspruch der Kläger auf Ersatz des ihnen nach dem 15. Januar 1997 entstandenen Mietzinsausfalls ist auch nicht auf die Zeit bis zum 31. März 1997 beschränkt. Zwar wird ein solcher Schadensersatzanspruch im Falle eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrages durch die Höhe der Leistungen begrenzt , die der Mieter bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin hätte aufbringen müssen, weil eine solche vom Mieter ausgesprochene ordentliche Kündigung mit ihrem Wirksamwerden die Kausalität für weiteren dem
Vermieter durch die fristlose Kündigung entstandenen Schaden beenden würde (vgl. BGHZ 95, 39, 49). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aber weder zum 31. März 1997 noch zu einem anderen vor dem 31. Oktober 1999 liegenden Termin möglich, da die Voraussetzungen des § 566 BGB a.F. nicht vorliegen. Der zunächst für die Dauer von fünf Jahren geschlossene Mietvertrag der Parteien wahrte die Schriftform.
a) Auf den Streit der Parteien, ob der Mietvertrag nebst Anlagen bei Unterzeichnung geheftet war, kommt es nicht an. Die Schriftform ist nämlich auch ohne Heftung gewahrt. aa) Die Verwendung eines aus losen Blättern bestehenden Vordrucks, bei dem die auf den Rückseiten stehenden Bestimmungen durch ausdrückliche Bezugnahme im unterschriebenen Vertragstext einbezogen wurden, steht der Wahrung der Schriftform nicht entgegen (vgl. Senatsurteil BGHZ 136, 357, 372 f.). Da es sich um den gleichen Vordrucksatz handelt, der auch in jener Entscheidung zur Beurteilung stand, kann auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden. bb) Die von sämtlichen Parteien unterzeichnete "Zusatzvereinbarung 1" brauchte nicht angeheftet zu werden, weil der gedankliche Zusammenhang mit dem Mietvertrag durch wechselseitige Bezugnahme gewahrt ist. § 26 des Mietvertrages führt als Zusatzvereinbarung auf: "Mietanpassung (s. Zusatzvereinbarung 1)". Die Zusatzvereinbarung nennt zwar das Mietobjekt nicht und nimmt auch nicht ausdrücklich auf den Vertrag Bezug. Sie enthält aber, wie durch den Begriff "Mietanpassung" in § 26 MV angekündigt, eine Indexklausel. Soweit danach die "lt. § 5/1 vereinbarte Miete" für die ersten zwei Jahre eine Festmiete sein soll, während die Höhe des Mietzinses im Mietvertrag unter § 3
Abs. 1 geregelt ist, kommt dieser Diskrepanz keine entscheidende Bedeutung zu; sie beruht offensichtlich auf einem Schreib- oder Lesefehler. Jedenfalls wird diese Diskrepanz durch den handschriftlichen Zusatz kompensiert, in Abweichung zu § 14 (der in der Tat einen Zustimmungsvorbehalt zur Untervermietung regelt) werde die Untervermietung unter näher bezeichneten Bedingungen generell gestattet. Alles in allem genügen die übereinstimmende Bezeichnung als "Zusatzvereinbarung 1", der Inhalt dieser Regelung, der Verweis auf § 14 MV und die Unterschriften sämtlicher als "Vermieter" bzw. "Mieter" bezeichneten Vertragsparteien , um die Zugehörigkeit zum Hauptvertrag eindeutig zu belegen.
b) Die Ausstattungsbeschreibung ist mit "Geschäftshaus ... M. D. str. 52" überschrieben, führt die Vermieter namentlich als Bauherren auf und trägt die Unterschriften sämtlicher Parteien. Ob es für die Frage der Wahrung der Schriftform auf diese Ausstattungsbeschreibung überhaupt ankommen kann, ist schon deshalb fraglich, weil der Mietvertrag keine Bau- oder Ausstattungsbeschreibung erwähnt, so daû nicht ersichtlich ist, daû sie überhaupt als für die Beschaffenheit des Mietobjekts maûgeblich vereinbart und damit Vertragsinhalt war. Dagegen spricht zudem § 10 des Mietvertrages, der bestimmt, daû die Mietsache in dem Zustand übergeben wird, in dem sie sich befindet, und der Mieter diesen Zustand als vertragsgemäû anerkennt. Aber selbst wenn die Austtattungsbeschreibung Bestandteil der Vereinbarungen der Parteien gewesen sein sollte, wäre der gedankliche Zusammenhang mit dem Mietvertrag durch die Namen der Parteien und die Bezeichnung des Objekts hinreichend gewahrt.
c) § 1 MV (Mietobjekt) enthält den handschriftlichen Zusatz "siehe Zeichnung". Von den drei Zeichnungen enthalten die ersten beiden den Ver-
merk "Fabrik D. str. 52" bzw. " D. Str."; die letzten beiden sind mit "Erdgeschoû" bzw. "DG" (Dachgeschoû) gekennzeichnet. Sie sind (offenbar von je einem Vermieter und Mieter) paraphiert. Da sie keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen enthalten, haben Paraphen die gleiche jeden Zweifel an der Zusammengehörigkeit ausschlieûende Kennzeichnungswirkung wie Unterschriften, und es bedarf auch nicht der Paraphen sämtlicher Beteiligter (vgl. Senatsurteile vom 5. Juli 2000 - XII ZR 70/98 - NZM 2000, 907, 908 und vom 29. September 1999 - XII ZR 313/98 - NJW 2000, 354, 357). Vor allem aber sind diese Zeichnungen als bloûer Orientierungsbehelf anzusehen und daher kein notwendiger Bestandteil des Mietvertrages (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 1999 - XII ZR 55/97 - ZIP 1999, 1311, 1313). Das Mietobjekt ist in § 1 Abs. 1 MV mit "M. , D. str. 52 Hochparterre u. Dachgeschoû (s. Anlage Grundrisse)" hinreichend und eindeutig bezeichnet, denn dem Vortrag der Parteien läût sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daû diese beiden Geschosse etwa nicht komplett, sondern nur teilweise vermietet wurden. Auch die Zeichnungen enthalten - bis auf grüne Striche, die offenbar nur geänderte Zwischenwände bezeichnen - keine Begrenzungen, die auf die Vermietung nur einzelner Räume hindeuten könnten. 3. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe des den Klägern ab 15. Januar 1997 entstandenen Mietausfalls getroffen. Eine eigene Entscheidung ist dem Senat verwehrt, da die Dauer der Weitervermietung des Objekts und der daraus erzielte Erlös zwischen den Parteien streitig sind und weiterer Aufklärung bedürfen. Während die Kläger sich für die Monate Juli und August 1997 je 2.173,86 DM Nettomieterlös aus vorübergehender Weitervermietung anrechnen lassen und hinsichtlich des Zeitraums ab September 1997 vortragen, die Räume stünden (er-
neut) leer, behaupten die Beklagten, der Nachmieter zahle in Wirklichkeit zusätzlich 900 DM monatlich für Keller und Parkplätze, deren Nutzung den Beklagten ohne zusätzliches Entgelt eingeräumt gewesen sei. Auûerdem hätten sie den Klägern laut vorgelegten Schreiben Nachmieter benannt, die das Objekt zu gleichen Konditionen zu übernehmen bereit gewesen seien; darauf hätten die Kläger aber nicht reagiert. Das Berufungsurteil war daher im Umfang der Annahme aufzuheben und die Sache insoweit zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Blumenröhr Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt

(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.

(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.

(2) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.