Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2017 - X ZR 87/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:080817UXZR87.15.0
bei uns veröffentlicht am08.08.2017
vorgehend
Bundespatentgericht, 6 Ni 7/14, 22.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 87/15 Verkündet am:
8. August 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2017:080817UXZR87.15.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. August 2017 durch die Richter Dr. Bacher, Gröning und Dr. Deichfuß sowie die Richterinnen Dr. Kober-Dehm und Dr. Marx

für Recht erkannt:
Auf die Berufung wird das Urteil des 6. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 22. April 2015 abgeändert. Das deutsche Patent 102 55 926 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 die nachfolgende Fassung erhält, auf die sich die weiteren Patentansprüche rückbeziehen: "Verarbeitungssystem, umfassend: ein optisches Gerät zum Erfassen eines Bilds aus einer ausgewählten Zone auf einer Oberfläche eines Objekts durch einen Benutzer, wobei das Bild einen grafischen Indikator beinhaltet, der sich aus mehreren grafischen Mikroeinheiten zusammensetzt, die in einem Layout angeordnet sind, wobei das Layout einer Indikatorinformation entspricht ; wobei der grafische Indikator visuell unerheblich und auf der Oberfläche des Objekts befestigt ist; wobei der grafische Indikator eine Header-Information (111) und eine Inhaltsinformation (112) beinhaltet, die in einem Layout angeordnet sind, das verschiedenen Indikatorinformationen entspricht, wobei jede Header-Information in jedem grafischen Indikator in der Lage ist, den entsprechenden grafischen Indikator von benachbarten grafischen Indikatoren zu unterscheiden und die Ausrichtung des entsprechenden grafischen Indikators zum optischen Gerät anzuzeigen; wobei die Oberfläche des Objekts eine Hauptinformation umfasst , die die grafischen Mikroeinheiten auf der Oberfläche des Objekts überlappt und mit ihnen koexistiert, wobei die grafischen Mikroeinheiten unerheblich sind, wenn der Benutzer die Hauptinformation betrachtet, und wobei jede grafische Mikroeinheit mit einer ersten, sichtbaren Tinte gedruckt ist, die einen Infrarotstrahl im Wesentlichen absorbiert , und die Hauptinformation mit zumindest einer zweiten, sichtbaren Tinte gedruckt ist, die einen Infrarotstrahl kaum absorbiert, und das optische Gerät einen Infrarotstrahl auf die Oberfläche des Objekts aussendet und dann ein Antwortbild von der Oberfläche des Objekts als das Bild empfängt ; ein Verarbeitungsgerät, das mit dem optischen Gerät zum Empfangen des Bilds gekoppelt ist, wobei das Verarbeitungsgerät den grafischen Indikator aus dem Bild abruft und durch Verarbeiten und/oder Umwandeln des grafischen Indikators eine zusätzliche Information erlangt, die dem grafischen Indikator entspricht, wobei das Verarbeitungsgerät das Layout der grafischen Mikroeinheiten analysiert, um die Indikatorinformation abzurufen und des Weiteren durch Verarbeiten und/oder Umwandeln der grafischen Indikatoren die Zusatzinformation aus der Indikatorinformation zu erlangen; und ein Ausgabegerät, das mit dem Verarbeitungsgerät zum Ausgeben der Zusatzinformation gekoppelt ist." Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 102 55 926 (Streitpatents ), das am 29. November 2002 unter Inanspruchnahme einer taiwanesischen Priorität vom 11. Januar 2002 angemeldet wurde und ein Verarbeitungssystem mit einer Verarbeitungs- und einer Ausgabevorrichtung betrifft. Patentanspruch 1, auf den sich die übrigen 13 Patentansprüche zurückbeziehen , lautet in der erteilten Fassung: "Verarbeitungssystem, umfassend: ein optisches Gerät zum Erfassen eines Bildes aus einer ausgewählten Zone auf einer Oberfläche eines Objekts durch einen Benutzer, wobei das Bild einen grafischen Indikator beinhaltet, der sich aus mehreren grafischen Mikroeinheiten zusammensetzt und visuell unerheblich und auf der Oberfläche des Objekts befestigt ist; wobei die Oberfläche des Objekts eine Hauptinformation umfasst, die die grafischen Mikroeinheiten auf der Oberfläche des Objekts überlappt und mit ihnen koexistiert, wobei die grafischen Mikroeinheiten unerheblich sind, wenn der Benutzer die Hauptinformation betrachtet, und wobei jede grafische Mikroeinheit mit einer ersten sichtbaren Tinte gedruckt ist, die einen Infrarotstrahl im Wesentlichen absorbiert, und die Hauptinformation mit zumindest ei- ner zweiten, sichtbaren Tinte gedruckt ist, die einen Infrarotstrahl kaum absorbiert , und das optische Gerät einen Infrarotstrahl auf die Oberfläche des Objekts aussendet und dann ein Antwortbild von der Oberfläche des Objekts als das Bild empfängt; ein Verarbeitungsgerät, das mit dem optischen Gerät zum Empfangen des Bilds gekoppelt ist, wobei das Verarbeitungsgerät den grafischen Indikator aus dem Bild abruft und durch Verarbeiten und/oder Umwandeln des grafischen Indikators eine zusätzliche Information erlangt, die dem grafischen Indikator entspricht ; und ein Ausgabegerät, das mit dem Verarbeitungsgerät zum Ausgeben der Zusatzinformation gekoppelt ist."
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus. Zudem offenbare das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in geänderter Fassung weiterbeschränkt und in sieben Hilfsanträgen verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die das Streitpatent mit ihren erstinstanzlichen Anträgen sowie drei zusätzlichen Hilfsanträgen (IIIa, VIIa und VIIb) verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel schriftlich entgegen. An der mündlichen Verhandlung hat sie - entsprechend einer vorherigen Ankündigung - nicht teilgenommen.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Berufung führt zur Abweisung der Klage im beantragten Umfang.
5
I. Dass die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht erschienen ist, steht gemäß § 118 Abs. 4 Satz 1 PatG einer Entscheidung durch streitiges Urteil nicht entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. April 1996 - X ZR 114/92, GRUR 1996, 757 - Tracheotomiegerät).
6
II. Das Streitpatent betrifft ein Verarbeitungssystem mit einem optischen Gerät, einer Verarbeitungsvorrichtung und einer Ausgabevorrichtung, mit dem unter Verwendung grafischer Indikatoren auf der Oberfläche eines Mediums über die dort präsentierte Hauptinformation hinaus zusätzliche Informationen bereitgestellt werden können.
7
1. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, Informationen, die auf der Oberfläche eines Mediums, wie etwa eines Buchs, präsentiert würden, seien hinsichtlich Menge und Art durch die Größe der zur Verfügung stehenden Oberfläche begrenzt, da hierbei eine Anzeige nur in zwei Dimensionen möglich sei. Digitale Informationen könnten zwar in mehreren Dimensionen angezeigt werden , aber gedruckte Informationen dennoch nicht völlig ersetzen. Stehe die Möglichkeit zur Verfügung, Informationen auf einem Medium in mehreren Dimensionen aufzuzeichnen, könne man neben der auf der Oberfläche befindlichen Information über eine elektronische Vorrichtung zusätzliche Informationen erhalten. Im Stand der Technik seien Verfahren bekannt, um Informationen so in ein Medium einzustellen, dass sie sich auf unterschiedlichen Ebenen befän- den und die Lesbarkeit auf einer Ebene nicht durch die Informationen auf den anderen Ebenen beeinträchtigt werde. Hierfür würden entweder Sicherheitstinten und ultraviolette Bestrahlung oder im Infrarotbereich reflektierende Farbstoffe einerseits und im Infrarotbereich absorbierende Tinten andererseits eingesetzt.
8
In der Streitpatentschrift ist nicht ausdrücklich formuliert, welches technische Problem das Streitpatent betrifft. Vor dem oben aufgezeigten Hintergrund kann dieses dahin formuliert werden, dass ein Verarbeitungssystem bereitgestellt werden soll, mit dem auf der Oberfläche eines Mediums neben einer aus Text oder Bildern bestehenden Hauptinformation weitere Informationen eingestellt , ausgelesen und ausgegeben werden können, ohne dass die Wahrnehmung der jeweils anderen Information wesentlich beeinträchtigt wird.
9
2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der von der Beklagten mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung ein Verarbeitungssystem vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (zusätzliche Merkmale im Vergleich zur erteilten Fassung unterstrichen, Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern): 1. Das Verarbeitungssystem umfasst [V] 1.1 ein optisches Gerät [V.1], 1.2 ein Verarbeitungsgerät [V.2] und 1.3 ein Ausgabegerät [V.3]. 2. Das optische Gerät 2.1 dient der Erfassung eines Bildes aus einer ausgewählten Zone auf einer eine Hauptinformation umfassenden Oberfläche eines Objekts durch einen Benutzer [V.1 und V.1.2], 2.2. sendet einen Infrarotstrahl auf die Oberfläche des Objekts aus und empfängt dann ein Antwortbild von der Oberfläche des Objekts als das Bild [V.1.3 und V.1.4]. 3. Das Bild beinhaltet einen grafischen Indikator [B.1], der 3.1 auf der Oberfläche des Objekts befestigt ist [B.3]; 3.2 visuell unerheblich ist [B.3]; 3.3 sich aus mehreren grafischen Mikroeinheiten zusammensetzt [B.2], die in einem Layout angeordnet sind, wobei das Layout einer Indikatorinformation entspricht [B.2a]; 3.4 eine Header-Information (111) und eine Inhaltsinformation (112) beinhaltet, die in einem Layout angeordnet sind, das verschiedenen Indikatorinformationen entspricht [B.2b], 3.4.1 wobei jede Header-Information in jedem grafischen Indikator in der Lage ist, den entsprechenden grafischen Indikator von benachbarten grafischen Indikatoren zu unterscheiden [B.2b] und 3.4.2 die Ausrichtung des entsprechenden grafischen Indikators zum optischen Gerät anzuzeigen [B.2b]. 4. Die grafischen Mikroeinheiten sind 4.1 mit einer ersten sichtbaren Tinte gedruckt, die einen Infrarotstrahl im Wesentlichen absorbiert [B.5]; 4.2 unerheblich, wenn der Benutzer die Hauptinformation betrachtet [B.4].
5. Die Hauptinformation [O.1] 5.1 ist mit zumindest einer zweiten sichtbaren Tinte gedruckt , die einen Infrarotstrahl kaum absorbiert [B.6]; 5.2 überlappt die grafischen Mikroeinheiten auf der Oberfläche des Objekts und koexistiert mit diesen [O.2 und O.3]. 6. Das Verarbeitungsgerät 6.1 ist mit dem optischen Gerät zum Empfangen des Bildes gekoppelt [V.2]; 6.2 analysiert das Layout der grafischen Mikroeinheiten [V.2.3a], um 6.2.1 die Indikatorinformation abzurufen [V.2.1 und V.2.3a] und 6.2.2 durch Verarbeiten und/oder Umwandeln der grafischen Indikatoren die Zusatzinformation aus der Indikatorinformation zu erlangen, die dem grafischen Indikator entspricht [V.2.2; V.2.3 und V.2.3a]. 7. Das Ausgabegerät ist mit dem Verarbeitungsgerät zum Ausgeben der Zusatzinformation gekoppelt [V.3].
10
3. Einige Merkmale bedürfen näherer Erörterung.
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a) Die nachfolgend wiedergegebene Figur 5 des Streitpatents zeigt eine Ausführungsform des beanspruchten Verarbeitungssystems:
12
Bei dieser Ausführungsform besteht das Medium (Objekt 51) aus Plastik, Papier oder einem anderen bedruckbaren Träger. Auf der Objektoberfläche befinden sich mehrere Indexzonen, auf denen Symbole (511) und entsprechende Begriffe (513) angebracht sind, wie sie beispielsweise in einem Sprachlehrbuch oder einem Kinderlehrbuch vorkommen können. Diese stellen die Hauptinformation im Sinne von Merkmal 5 dar. Die Indexzonen sind außerdem mit mehreren grafischen Indikatoren im Sinne von Merkmal 3 bedruckt, die in Figur 5 unter dem Bezugszeichen 512 dargestellt sind. Diese bestehen gemäß Merkmal 3.3 aus mehreren, in einem Layout angeordneten grafischen Mikroeinheiten. Die Form einer grafischen Mikroeinheit ist beliebig. Sie kann beispielsweise in einem Punkt bestehen (Abs. 36).
13
b) Um die Zusatzinformation erlangen zu können, ist gemäß Merkmalsgruppe 2 ein optisches Gerät vorhanden, mit dem Bildinformationen aus einer ausgewählten Zone der Objektoberfläche erfasst werden können. Zur Verarbeitung dieser Informationen dient gemäß Merkmalsgruppe 6 ein Verarbeitungsgerät , das die Bildinformation analysiert, um den grafischen Indikator zu ermitteln und daraus die Zusatzinformation zu gewinnen. Diese kann je nach Inhalt in geeigneter Weise ausgegeben werden, etwa über einen Lautsprecher oder ein visuelles Anzeigefeld.
14
Im Ausführungsbeispiel nach Figur 5 werden diese Funktionen durch ein elektronisches System 31 erfüllt, das eine optische Einheit 311, ein Verarbeitungsgerät 312, ein Ausgabegerät 313, einen Lautsprecher 3131 und ein Anzeigefeld 3132 umfasst.
15
c) Nach Merkmal 3.2 müssen die grafischen Indikatoren visuell unerheblich sein. Dies bedeutet, dass sie die Wahrnehmung der Hauptinformation auf der Objektoberfläche nicht in erheblicher Weise beeinträchtigen dürfen.
16
Um dies zu gewährleisten, werden die grafischen Mikroeinheiten, aus denen die Indikatoren bestehen, im geschilderten Ausführungsbeispiel vorzugsweise so klein ausgebildet, dass sie vom menschlichen Auge nicht oder allenfalls als Hintergrund wahrgenommen werden (Abs. 68; 35; 12).
17
d) Nach den Merkmalen 5.1 und 4.1 sind sowohl die Hauptinformation als auch die grafischen Mikroeinheiten in einer sichtbaren Tinte gedruckt.
18
Sichtbar in diesem Sinne ist eine Tinte, wenn sie aufgrund ihrer farblichen Eigenschaften vom menschlichen Auge ohne Hilfsmittel wahrgenommen werden kann. Diese Anforderung steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zu der in Merkmal 3.2 definierten Anforderung, wonach die grafischen Indikatoren visuell unerheblich sein müssen. Dennoch ist es möglich, beide Anforderungen zugleich zu erfüllen, etwa in der bereits erwähnten, beim Ausführungsbeispiel nach Figur 5 beschriebenen Weise, dass die grafischen Mikroeinheiten so klein ausgebildet werden, dass sie vom menschlichen Auge nicht oder allenfalls als Hintergrund wahrgenommen werden.
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Komplementär dazu ist die Hauptinformation für das optische Gerät nicht wahrnehmbar, weil dieses gemäß Merkmal 2.2 zur Erfassung der Bildinformation auf der Objektoberfläche einen Infrarotstrahl aussendet und die Tinte, mit der die Hauptinformation gedruckt ist, gemäß Merkmal 5.1 einen solchen Strahl kaum absorbiert, während die für die Darstellung der grafischen Mikroeinheiten eingesetzte Tinte einen solchen Strahl nach Merkmal 4.1 im Wesentlichen absorbiert.
20
Durch das Zusammenspiel dieser Merkmale wird erreicht, dass das menschliche Auge nur die Hauptinformation und das optische Gerät nur die grafischen Mikroeinheiten als relevant wahrnimmt.
21
Ob dieser Zweck auch auf anderem Weg erreicht werden könnte und ob der Einsatz sichtbarer Tinte besondere Vorteile bringt, ist für die Auslegung der Merkmale 4.1 und 5.1 nicht ausschlaggebend. Diese sehen zwingend eine sichtbare Tinte vor, unabhängig davon, ob damit weitere Vorteile erzielt werden können.
22
e) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann Merkmal 4.1 nicht dahin ausgelegt werden, dass die grafischen Mikroeinheiten mit einer Tinte gedruckt sind, die einen Infrarotstrahl nicht oder nur unwesentlich absorbiert.
23
Zwar könnte, wie die Klägerin im Einzelnen aufgezeigt hat, eine Mikroeinheit auch mit einer solchen Tinte dargestellt werden, sofern die Oberfläche des Objekts ein anderes Absorptionsverhalten aufweist und deshalb ein ausreichender Kontrast erzielt werden kann. Solche Ausgestaltungen fallen indes nicht unter den Wortsinn von Merkmal 4.1, das gerade zwingend eine Absorption von Infrarotlicht vorsieht.
24
f) Nach Merkmalsgruppe 3.4 enthält der grafische Indikator eine Header -Information und eine Inhaltsinformation.
25
aa) Die Header-Information ermöglicht es, einzelne grafische Indikatoren voneinander zu unterscheiden und die Ausrichtung des Indikators relativ zum optischen Gerät zu ermitteln. In welcher Weise dies geschieht, ist in Patentanspruch 1 nicht näher festgelegt.
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bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin geht aus Patentanspruch 1 hervor, welche Funktion der genannten Ausgestaltung der Header-Information nach der Erfindung zukommt: Sie dient dem Zweck, die Inhaltsinformation zuverlässig zu ermitteln.
27
Die Unterscheidung von benachbarten Blöcken ermöglicht es, zusammengehörende Informationseinheiten leicht zu erkennen. Die Ermittlung der Ausrichtung ermöglicht es, ein Codierungssystem einzusetzen, bei dem der Inhalt der gewonnenen Information von der Leserichtung abhängt. Zwar ist in Patentanspruch 1 nicht festgelegt, dass die damit eröffneten Möglichkeiten zwingend genutzt werden müssen. Aufgrund der Festlegungen in Merkmalsgruppe 3.4 muss die Header-Information jedoch eine Struktur aufweisen, die diese Möglichkeit zumindest eröffnet.
28
Aus dem Umstand, dass die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 keine entsprechenden Festlegungen enthält, können entgegen der Auffassung der Klägerin keine abweichenden Schlussfolgerungen gezogen werden. Durch die Aufnahme der ursprünglich in Patentanspruch 9 vorgesehenen Merkmalsgruppe 3.4 in die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung hat die Beklagte den verteidigten Gegenstand beschränkt. Der Frage, welchen Anforderungen die Header-Information nach der erteilten Fassung genügen musste, kommt deshalb keine ausschlaggebende Bedeutung mehr bei.
29
cc) Hinsichtlich der Ausgestaltung der Inhaltsfunktion enthält Merkmalsgruppe 3.4 keine näheren Vorgaben.
30
Nach der Beschreibung kommen insoweit verschiedene Lösungswege in Betracht. Zum einen kann die Zusatzinformation durch komprimiertes Codieren in der Indikatorinformation hinterlegt werden; in diesem Fall kann sie durch Decodieren dieser Information erlangt werden (Abs. 61). Alternativ kann eine Mapping-Einheit eingesetzt werden, die es ermöglicht, die Indikatorinformation mit Hilfe einer Datenbank oder Verweistabelle in die Zusatzinformation umzuwandeln (Abs. 62 f.). Nach Merkmal 6.2.2 muss das Verarbeitungsgerät min- destens für eine dieser beiden Varianten ("Verarbeiten und/oder Umwandeln") geeignet sein.
31
Das Umwandeln der Information kann auch mit Hilfe eines Koordinatensystems erfolgen, bei dem ein Indexwert einen Koordinatenwert auf der Oberfläche repräsentiert. Hierbei können unterschiedliche Koordinatenzonen gebildet werden, denen unterschiedliche Reaktionen zugeordnet sind (Abs. 85 f.).
32
III. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
33
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung sei gegenüber den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht unzulässig erweitert. Auch wenn in der ursprünglichen Beschreibung HeaderInformationen nur im Zusammenhang mit dem in der Figur 1B dargestellten Ausführungsbeispiel angegeben seien, das eine zweidimensionale Matrix aus Statuszonen darstelle, entnehme der Fachmann der Ursprungsoffenbarung eine allgemeine Ausgestaltung der Header-Information, wie sie Gegenstand der Merkmalsgruppe 3.4 sei. Denn für den Fachmann sei unmittelbar und eindeutig erkennbar, dass die Ausgestaltung des grafischen Indikators mit einer HeaderInformation und einer Inhaltsinformation die angestrebten Wirkungen auch erzielen könne, ohne dass die Statuszonen in der im Ausführungsbeispiel angegebenen Weise verwirklicht seien.
34
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung sei auch ausführbar offenbart. Der Fachmann sei bestrebt, Probleme beim Auslesen der Header-Information, die bei einer Überlappung von Header- und Inhaltsinformation auftreten können, zu lösen, indem er das Verarbeitungssystem mehrere nebeneinander liegende grafische Indikatoren auslesen lasse oder für die Ausgestaltung der Inhaltsinformation nur Layouts wähle, die sich vom Layout der Header-Information unterschieden. Das Streitpatent gebe dem Fachmann mit den in den Figuren 1B bis 1F gezeigten Layouts und dem Unteranspruch 10 genügend Informationen an die Hand, um die beanspruchte Lehre mit der Header-Information ohne unzumutbare Schwierigkeiten mithilfe seines Fachwissens ausführen zu können.
35
Es könne dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung durch den Stand der Technik vorweggenommen werde. Jedenfalls beruhe er nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da er dem Fachmann, einem Ingenieur der Fachrichtungen Elektrotechnik oder Informationstechnik oder einem Physiker mit mehreren Jahren Berufserfahrung auf dem Gebiet der Bildverarbeitung, durch die internationale Anmeldung 00/73981 (K3) und die US-Patentschrift 5 866 895 (K12) nahegelegt sei. Die Entgegenhaltung K3 offenbare ein Verarbeitungssystem, das bis auf die Merkmalsgruppe 3.4 [Merkmal B.2b] alle Merkmale von Patentanspruch 1 aufweise. Der Fachmann, der die durch die K3 offenbarte Lehre auch für Anwendungen implementieren wolle, bei denen die X- und die Y-Richtung nicht eindeutig vorgegeben seien, habe Veranlassung gehabt, im Stand der Technik nach Lösungen zu suchen, die es auch bei beliebiger Ausleserichtung und Ausrichtung ermöglichten, Positionskoordinaten zutreffend zu ermitteln. Angesichts dessen habe es nahegelegen, auf die in K12 offenbarte Ausgestaltung von Punktmustern zurückzugreifen, die einen aus Markierungspunkten und Rasterpunkten bestehenden Rastercode und damit eine Header-Information im Sinne von Merkmalsgruppe 3.4 aufweise.
36
IV. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
37
1. Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht.
38
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ein System mit der Merkmalsgruppe 3.4 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend offenbart. Dem steht nicht entgegen, dass diese Merkmale in dem in der Anmeldung und der erteilten Fassung formulierten Anspruch 9 nur zusammen mit den in den Ansprüchen 5 und 6 definierten Merkmalen beansprucht waren, nach denen der grafische Indikator mehrere Statuszonen umfassen muss, deren Status dadurch gekennzeichnet ist, dass eine grafische Mikroeinheit entweder vorhanden oder nicht vorhanden ist.
39
Dienen Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die zusammen, aber auch je für sich den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, so ist es grundsätzlich zulässig , das Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale in den Patentanspruch zu beschränken (ständige Rechtsprechung seit BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer ; vgl. aus neuerer Zeit etwa Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BGHZ 200, 63 = GRUR 2014, 542 Rn. 23 - Kommunikationskanal). Auch in diesem Zusammenhang muss die beanspruchte Erfindung jedoch in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 - Drehmomentübertragungseinrichtung; Urteil vom 25. November 2014 - X ZR 119/09, GRUR 2015, 249 Rn. 27 - Schleifprodukt).
40
Im Streitfall ist das Patentgericht mit zutreffenden Erwägungen zu der Beurteilung gelangt, dass die Merkmalsgruppe 3.4 den mit der Erfindung erreichten Erfolg auch dann fördert oder fördern kann, wenn der grafische Indikator keine Statuszonen mit den in den Ansprüchen 5 und 6 vorgesehenen Merkmalen aufweist, und dass eine solche Ausgestaltung in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist. Eine Header-Information, die es ermöglicht, benachbarte grafische Indikatoren zu unterscheiden und die Ausrichtung des Indikators zum optischen Gerät anzuzeigen, ist in der Beschreibung zwar nur in Zusammenhang mit einem Ausführungsbeispiel dargestellt, bei dem die Informationen durch das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer grafischen Mikroeinheit repräsentiert werden. Aus den Ausführungen, wonach unterschiedliche Header-Informationen eingesetzt werden können, solange das System diese verwenden kann, um die entsprechende Inhaltsinformation abzurufen (Anmeldung S. 9 Z. 18 bis S. 10 Z. 2) ergibt sich indes, dass nicht die konkrete Ausgestaltung der Header-Information ausschlaggebend ist, sondern deren eindeutiger Inhalt.
41
Entgegen der Auffassung der Klägerin beruhen die nach dem Hauptantrag vorgesehenen Merkmale nicht auf einer mosaikartigen Zusammenstellung von Merkmalen aus mehreren unterschiedlichen Ausführungsbeispielen. Mit den unterschiedlichen Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Header-Information wird in der Anmeldung vielmehr offenbart, dass solche Informationen unabhängig von der Ausbildung von Statuszonen mit den Merkmalen der Ansprüche 5 und 6 eingesetzt werden können.
42
b) Anders als die Klägerin meint, geht der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags auch nicht deshalb über den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen hinaus, weil Merkmal 4.1 vorsieht, dass die grafischen Mikroeinheiten mit einer sichtbaren Tinte gedruckt sein müssen.
43
Diese Anforderung ist in den ursprünglichen Unterlagen zwar nicht ausdrücklich formuliert. Bereits dort wird aber ausgeführt, der grafische Indikator könne so winzig sein, dass er für das bloße menschliche Auge nicht sichtbar sei (Anmeldung Abs. 63 Z. 67 ff.). Daraus ergibt sich, dass die Anforderung, der grafische Indikator müsse visuell unerheblich sein, auch dann erfüllt werden kann, wenn eine aufgrund ihrer Farbeigenschaften für das menschliche Auge sichtbare Tinte verwendet wird.
44
2. Zu Recht hat das Patentgericht die Erfindung als ausreichend offenbart angesehen.
45
a) Die in Merkmal 3.2 vorgesehene Anforderung, dass der grafische Indikator visuell unerheblich sein muss, lässt aufgrund ihres Wortlauts und der ergänzenden Angaben in der Beschreibung erkennen, wie der Fachmann ihr genügen kann.
46
Nach den Ausführungen in der Beschreibung ist nicht erforderlich, dass der grafische Indikator für das menschliche Auge schlechthin unsichtbar ist. Er muss lediglich optisch unauffällig sein (Beschr. Abs. 12), wofür es genügt, wenn er so klein ausgestaltet ist, dass er allenfalls als Hintergrund wahrgenommen werden kann (Beschr. Abs. 35 und 68). Hieraus ergibt sich für den Fachmann hinreichend deutlich, dass es nicht auf die Einhaltung einer absoluten Höchstgrenze für Größe oder Farbsättigung ankommt, sondern darauf, dass die grafischen Indikatoren so ausgestaltet sind, dass sie die Wahrnehmung der Hauptinformation nicht beeinträchtigen. Damit steht ihm ein hinreichender Leitfaden für die praktische Ausgestaltung zur Verfügung.
47
Ob das Merkmal darüber hinaus geeignet ist, den geschützten Gegenstand vom Stand der Technik abzugrenzen, ist allenfalls für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit relevant, nicht aber für die Frage der ausreichenden Offenbarung.
48
b) Die Anforderungen an die Ausgestaltung der in Merkmalsgruppe 3.4 vorgesehenen Header-Information werden durch die in den Merkmalen 3.4.1 und 3.4.2 enthaltenen Zweckangaben hinreichend deutlich definiert.
49
Danach muss die Header-Information so ausgestaltet sein, dass einzelne grafische Indikatoren voneinander unterschieden werden können und die Ausrichtung des Indikators relativ zum optischen Gerät ermittelt werden kann. Dies kann nach den zutreffenden Ausführungen des Patentgerichts etwa dadurch geschehen, dass die Header-Information charakteristische Zeichenkombinationen enthält, die in der Inhaltsinformation nicht vorkommen. Dass dieses Ziel nur dann erreicht wird, wenn die Ausgestaltung der Inhaltsinformation entsprechenden Beschränkungen unterworfen wird, steht der Ausführbarkeit nicht entgegen.
50
3. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist der mit dem Hauptantrag verteidigte Gegenstand des Streitpatents dem Fachmann durch die Entgegenhaltung K3 in Verbindung mit der Entgegenhaltung K12 nicht nahegelegt.
51
a) K3 offenbart unter anderem ein System zur Erfassung von Daten (in- formation recording system), das zum Beispiel für Bestellungen in Restaurants, Hotelbuchungen oder Sitzplatzreservierungen, aber auch zur Erfassung sonstiger Daten eingesetzt werden kann, bei denen zwischen mehreren, als Text oder als Bild dargebotenen Alternativen gewählt werden kann (K3 S. 12 Z. 1-14; S. 37 Z. 14 ff). Als weiteres Beispiel nennt K3 die Dokumentation des Ergebnisses einer Fahrzeuginspektion, bei der mit dem erfindungsgemäßen System Defekte von Fahrzeugteilen erfasst und nach ihrem Ausmaß klassifiziert werden können (K3 S. 37 Z. 26 ff). Das System umfasst ein Medium (product), auf dessen Oberfläche unterschiedliche Optionen (information alternatives) angegeben werden, die der Nutzer anwählen kann. Dabei ist jeder der Optionen ein eigener Codebereich zugeordnet (associated code area, K3 S. 3 Z. 31 ff.). Der Code ist in Form von kleinen Grafikstrukturen aufgebracht, die für das menschliche Auge nicht sichtbar oder zumindest so diskret gehalten sind, dass sie das Erscheinungsbild des Mediums nicht beeinträchtigen. Als mögliche Ausführungsform wird der Druck mit einer schwarzen kohlenstoffbasierten Tinte angeführt, die Infrarotlicht absorbiert. Eine mit solchen Codes bedruckte Fläche werde vom menschlichen Auge nur als leichter Grauton wahrgenommen (K3 S. 32 Mitte). Ferner umfasst das System eine Vorrichtung zum Erfassen der vom Nutzer ausgewählten Option, die den Positionscode in dem der jeweiligen Option zugeordneten Codebereich mit einem Sensor ausliest, sowie einen Prozessor (Verarbeitungseinheit) mit einer Software zur Auswertung des Lesecodes, um dessen Position zu bestimmen (K3 S. 10 Z. 12 ff.).
52
b) K3 offenbart damit - wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht - die Merkmalsgruppen 1, 2, 4, 5 und 6 sowie die Merkmale 3.1, 3.2, 3.3 und 7.
53
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Merkmal 3.4.2 nicht offenbart.
54
aa) Bei dem in K3 offenbarten System ist die Oberfläche des Objekts mit einem zweidimensionalen Positionscode (two-dimensional position code) versehen , der die x- und y-Koordinaten der jeweiligen Position auf der Objektoberfläche repräsentiert.
55
Um eindeutige Positionsangaben zu ermöglichen, werden in einem ersten Ausführungsbeispiel (K3 S. 15 Z. 6 ff.) auf der Objektoberfläche mehrere Reihen von Binärwerten aufgebracht, wobei große Punkte den Wert 1 und kleine Punkte den Wert 0 repräsentieren. Diese Wertereihen sind so ausgestaltet, dass eine Matrix aus 5 x 5 Werten ein eindeutiges Paar aus x- und yKoordinaten darstellt.
56
In einem zweiten Ausführungsbeispiel (K3 S. 23 Z. 15 ff.) sind aufgedruckte Punkte so an einem virtuellen Raster ausgerichtet, dass jeder Punkt vier unterschiedliche Zahlenwerte und damit jeweils einen Binärwert für die xund die y-Richtung repräsentieren kann. Eine Matrix aus 3 x 3 (K3 Fig. 3 und S. 24 Z. 11 f.) oder 4 x 4 (K3 S. 25 Z. 15 f.) solcher Zahlenwerte stellt ein eindeutiges Paar aus x- und y-Koordinaten dar.


57
bb) Die Auswertung dieser Information erfordert, dass die x- und die y-Richtung des Mediums bekannt sind.
58
Dies ergibt sich, wie das Patentgericht im Zusammenhang mit der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zutreffend dargelegt hat, aus dem Umstand, dass die Matrizen aus 5 x 5, 3 x 3 bzw. 4 x 4 Werten in horizontaler Richtung andere Zahlenfolgen aufweisen können als in vertikaler Richtung.
59
cc) Weder die zur Repräsentation von Binärwerten eingesetzten Punktmuster noch das zur Definition von vier unterschiedlichen Zahlenwerten eingesetzte virtuelle Raster enthalten Informationen, aus denen der Verlauf dieser beiden Richtungen zu entnehmen ist. Folglich muss die Ausrichtung der Oberfläche zum Lesegerät feststehen, damit die eingelesenen Daten korrekt interpretiert werden können. Damit fehlt es an einer Header-Information im Sinne von Merkmal 3.4.2.
60
dd) Entgegen der Auffassung der Klägerin werden in K3 HeaderInformationen , anhand derer die Ausrichtung erkannt werden kann, auch in dem Ausführungsbeispiel, das in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 dargestellt ist, nicht offenbart.


61
Sowohl die aus der Buchstabenfolge "SEK" und einer Zahl bestehenden Angaben am rechten Rand als auch die zwischen den einzelnen Textzeilen angeordneten Linien gehören wie die Bezeichnung der einzelnen Gerichte zu denjenigen Informationen, die für den Nutzer bestimmt sind (Hauptinformation). Die Buchstabenfolge "SEK" stellt nach der ISO-Norm 4217 für Währungsabkürzungen den Code für Schwedische Kronen dar. Mithin handelt es sich bei den Textpassagen am rechten Rand um Preisangaben für die auf der Speisekarte aufgeführten Gerichte. Die Linien dienen der grafischen Gestaltung.
62
Dass diese Angaben darüber hinaus auch maschinenlesbar ausgestaltet sind und zur Ermittlung der Ausrichtung herangezogen werden, lässt sich weder der Beschreibung noch dem sonstigen Inhalt von K3 entnehmen. Zwar mögen beide Elemente zu diesem Zweck geeignet sein. Dies ist indes weder in K3 offenbart noch so offensichtlich, dass der Fachmann diese Information gleichsam mitliest.
63
d) Darüber hinaus ist auch Merkmal 3.4.1 nicht offenbart.
64
Die Punktmuster und das virtuelle Raster enthalten keine Informationen, mit denen benachbarte grafische Indikatoren voneinander unterschieden werden können. Vielmehr bildet bei beiden Ausführungsbeispielen jeder einzelne Punkt einen Bestandteil von mehreren Matrizen, die gleichsam ineinander verschachtelt sind. Eine Unterscheidung einzelner Matrizen ist zwar dadurch möglich , dass diese stets aus einer festen Anzahl von aufeinanderfolgenden Punkten in horizontaler und senkrechter Richtung (5 x 5, 3 x 3 bzw. 4 x 4) bestehen. Die zur Unterscheidung erforderlichen Angaben ergeben sich aber nicht aus einer durch grafische Mikroeinheiten repräsentierten Header-Information, sondern aus der Definition der Regeln, nach denen die Punktfolgen interpretiert werden.
65
e) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts hatte der Fachmann keine Veranlassung, das in K3 offenbarte Positionscodierungsmuster durch die in K12 offenbarte Codierung zu ersetzen.
66
aa) K12 offenbart ein Medium zur Aufzeichnung von Daten und ein System zur Wiedergabe der entsprechenden Daten.
67
Auf dem Medium befindet sich ein Punktecode (dot code), der aus einem Datencode (data code) und einem Rastercode (pattern code) besteht. Der Datencode entspricht den auf dem Medium befindlichen Multimedia-Inhalten, die wiedergegeben werden sollen. Der Rastercode dient der Bestimmung eines Lesereferenzpunktes (read reference point). Er besteht aus Rasterpunkten (pat- tern dots) und Markierungen (markers, K12 Sp. 1 Z. 65 bis Sp. 2 Z. 7; Sp. 5) sowie optional aus Leitpunkten (guide codes, K12 Sp. 8 Z. 49-64) und ermöglicht es, die Ausrichtung zwischen den Pixeln des zur Bilderfassung eingesetzten Sensors (CCD, charge coupled device) und den Datenpunkten akkurat zu bestimmen (K12 Sp. 5 Z. 15-20 und Z. 53-65) sowie die einzelnen Datenblöcke voneinander abzugrenzen (K12 Sp. 6 Z. 33-39).
68
bb) Für den Fachmann ergab sich keine Veranlassung, diese Art der Codierung auch bei dem in K3 offenbarten System einzusetzen.
69
(1) Der Fachmann hatte allerdings Anlass, das in K3 offenbarte System dahin weiterzuentwickeln, dass eine Auswertung der Information auch dann möglich ist, wenn die Ausrichtung der Oberfläche zu dem Lesegerät nicht oder nicht exakt bekannt ist.
70
Wie bereits oben dargelegt, setzt das in K3 offenbarte System voraus, dass die Ausrichtung der Oberfläche zu dem Lesegerät bekannt ist. Diese Anforderung verlangt besondere Vorkehrungen, die nicht in jedem der in K3 genannten Anwendungsbeispiele ohne weiteres getroffen werden können. Dies gab dem Fachmann Anlass, das in K3 offenbarte System dahin weiterzuentwickeln , dass die Ausrichtung anhand der optisch erfassten Informationen ermittelt werden kann.
71
(2) Hierfür lag es jedoch nicht nahe, auf die in K12 offenbarte Lösung zurückzugreifen.
72
(a) Das in K12 offenbarte System bietet bei isolierter Betrachtungzwar genau den gesuchten Vorteil. Die dort offenbarte Codierungsart ist zudem nicht auf bestimmte Einsatzzwecke beschränkt, sondern überall einsetzbar, wo maschinenlesbare Daten von einer zweidimensionalen Oberfläche eingelesen werden, ohne dass die Ausrichtung zwischen Oberfläche und Lesegerät vordefiniert ist.
73
(b) Eine Übertragung des in K12 offenbarten Lösungsprinzips hätte indes eine Abkehr von der in K3 eingehend geschilderten Anordnung der Positionsinformationen in einander überlappenden Teilbereichen erfordert.
74
Der in K12 offenbarte Rastercode trennt einzelne Bereiche mit Inhaltsinformation zumindest in einer Richtung voneinander ab. Eine Übertragung dieses Prinzips auf eine Codierung mit überlappenden Teilbereichen wäre, wie die Beklagte in der Berufungsbegründung aufgezeigt hat, zumindest mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen. Sie mag dadurch erreichbar sein, dass Rasterpunkte und Markierungen angebracht werden, die keine Auftrennung in einzelne Teilbereiche bewirken, wie dies die Klägerin in der Berufungserwiderung aufgezeigt hat. Dies ist indes gerade nicht der Lösungsweg des Streitpatents, das eine Unterscheidung benachbarter grafischer Indikatoren in Merkmal 3.4.1 zwingend vorsieht.
75
(c) Ein Verzicht auf die in K3 vorgeschlagene Überlappung mehrerer Teilbereiche mag für den Fachmann möglich gewesen sein. Aus K3 ergab sich dafür angesichts der zentralen Bedeutung, die diesem Lösungsprinzip dort beigemessen wird, indes keine Veranlassung.
76
Den Angaben in K3 ist allerdings zu entnehmen, dass die mit diesem Prinzip erzielbaren Vorteile für zahlreiche praktische Anwendungsfälle nicht erforderlich sind. So wird in K3 ausgeführt, mit einer Matrix aus 6 x 6 Symbolen, einem nominellen Symbolabstand von 0,3 mm und einer Auflösung von 0,03 mm könnten Positionsangaben für eine Oberfläche von 4,6 Millionen km² angegeben werden (K3 S. 31/32). Eine solche Genauigkeit ist für viele der in K3 angegebenen Einsatzzwecke, etwa das Auslesen von einzelnen Bereichen einer Buchseite oder einer Speisekarte, bei weitem nicht erforderlich.
77
Dennoch wird in K3 gerade dieses Codierungssystem als wesentlicher Teil der Gesamtlösung dargestellt. Eine Abkehr von diesem Prinzip mag dennoch vorteilhaft gewesen sein, weil dem Vorteil einer Bestimmbarkeit der Leserichtung allenfalls unwesentliche Nachteile bei der Genauigkeit der Positionsbestimmung entgegenstanden. Angesichts des hohen Stellenwerts, den die Ausführungen in K3 gerade diesem Merkmal beimessen, ergab sich aus K3 indes keine Anregung, diesen Schritt zu gehen.
78
Vor diesem Hintergrund ergab sich aus K12 keine weitergehende Anregung. Eine vollständige Übernahme der Merkmalsgruppe 3.4 hätte vielmehr eine vollständige Abkehr von einem in K3 als zentral dargestellten Lösungsprinzip bedeutet. Hierzu findet sich in K12 keine Anregung.
79
4. Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend dar.
80
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann das Streitpatent in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung nicht wegen mangelnder Klarheit für nichtig erklärt werden.
81
Im Nichtigkeitsverfahren ist eine Prüfung der Klarheit jedenfalls insoweit nicht statthaft, als die mutmaßliche Unklarheit bereits in den erteilten Ansprüchen enthalten war (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - X ZR 11/13, GRUR 2016, 361 Rn. 31 - Fugenband).
82
Danach scheidet im Streitfall eine Prüfung auf Klarheit aus. Merkmal 3.3 und die Merkmalsgruppe 6.2, die die von der Klägerin als unklar beanstandeten Begriffe "Layout"‚ "Indikatorinformation", "Zusatzinformation" und "Analysieren des Layouts" enthalten, sind bereits in der erteilten Fassung von Patentanspruch 2 vorgesehen. Merkmal 3.4 mit dem beanstandeten Begriff "Inhaltsinformation" ist aus der erteilten Fassung von Patentanspruch 9 übernommen. Das in anderem Zusammenhang ebenfalls als unklar beanstandete Merkmal "visuell unerheblich" ist bereits in der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 vorgesehen.
83
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der mit dem Hauptantrag verteidigte Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht durch die US-Patentschrift 5 661 506 (K4) vorweggenommen oder nahegelegt.
84
aa) In K4 ist ein System zur Erfassung von handschriftlichem Text, Zeichnungen oder jeder anderen graphischen Darstellung auf speziell präpariertem Papier während des Schreibvorgangs offenbart.
85
Zum Schreiben wird vorzugsweise eine Tinte eingesetzt, die für Infrarotlicht durchlässig ist. Das Schreibgerät ist ferner mit einer Kamera versehen, die eine Infrarotlichtquelle aufweist. Während des Schreibvorgangs erfasst die Kamera auf dem Papier aufgebrachte Pixel, die Positions- und Richtungsangaben enthalten. Diese Pixel sind mittels einer Tinte aufgebracht, die Infrarotlicht absorbiert und für das menschliche Auge nicht sichtbar ist (K4 Sp. 8 Z. 40-42). In einem Ausführungsbeispiel besteht jedes Pixel aus einer Matrix von 32 kleinen Quadraten (encoding squares), die um ein in der Mitte angeordnetes größeres Quadrat (homing feature) angeordnet sind. Die kleineren Quadrate enthalten binäre Informationen, die durch das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Infrarottinte repräsentiert werden. 16 dieser Quadrate enthalten Angaben zur Position des Pixels auf dem Blatt (je 8 Bit für x- und y-Koordinaten). Die Ausrichtung des Pixels wird dadurch kenntlich gemacht, dass das Quadrat an der unteren rechten Ecke jedes Pixels nicht bedruckt ist, während die Quadrate an den drei anderen Ecken bedruckt sind (K4 Sp. 7 Z. 52 bis Sp. 8 Z. 35 mit Figur 8).


86
bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist damit die Merkmalsgruppe 3.4 vollständig offenbart.
87
Die in K4 eingesetzten Pixel stellen grafische Indikatoren im Sinne dieser Merkmalsgruppe dar. Sie enthalten eine Inhaltsinformation in Form einer Positionsangabe. Als Header-Information zur Unterscheidung benachbarter Pixel dient das in der Mitte angeordnete größere Quadrat, mit dessen Hilfe die umliegenden kleineren Quadrate als zu dem jeweiligen Pixel zugehörig ermittelt werden können. Als Header-Information zur Anzeige der Ausrichtung dienen die vier kleinen Quadrate an der Ecke eines Pixels.
88
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist indes Merkmal 4.1 nicht vollständig offenbart.
89
Die auf dem Papier aufgebrachten Pixel sind zwar mit einer Tinte gedruckt , die einen Infrarotstrahl im Wesentlichen absorbiert. Diese Tinte ist aber für das menschliche Auge nicht sichtbar.
90
dd) Entgegen der Auffassung der Klägerin war der mit dem Hauptantrag verteidigte Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht durch K4 und das präsente technische Wissen des Fachmanns nahegelegt.
91
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es zum präsenten Wissen des Fachmanns gehörte, dass für Einsatzzwecke wie in K4 Infrarotlicht absorbierende Tinte zur Verfügung steht, die für das menschliche Auge sichtbar ist. Einem Einsatz solcher Tinte für das in K4 offenbarte System stand nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten jedenfalls der Umstand entgegen, dass die auf das Papier aufgebrachten Quadrate so groß sind, dass sie die Wahrnehmung des geschriebenen oder gezeichneten Inhalts auf der Papieroberfläche in erheblichem Ausmaß beeinträchtigt hätten.
92
Ebenfalls dahingestellt bleiben kann, ob es möglich ist, die in K4 eingesetzten massiven Quadrate ähnlich der im Streitpatent oder in K3 beschriebenen Methode in eine Ansammlung kleinerer Punkte aufzulösen, die für das menschliche Auge nicht oder nur als nicht störendes Hintergrundbild wahr- nehmbar sind. Aus K4 ergab sich jedenfalls keine Anregung, diesen Weg zu beschreiten.
93
c) Hinsichtlich der Veröffentlichung der internationalen Anmeldung WO 00/72129 (K16) gilt Entsprechendes.
94
aa) In K16 ist ein System offenbart, bei dem ein auf Papier ausgedruckter Text überlagert ist durch maschinenlesbare Informationen, die mit einer für das bloße menschliche Auge im Wesentlichen nicht sichtbaren Tinte aufgebracht sind (K16 S. 5 Z. 2-14). Die maschinenlesbare Information ist in einzelne Einheiten (tags) aufgeteilt, die einen geschlossenen Ring (10) zur Erkennung der jeweiligen Einheit (detection ring) und eine Orientierungsachse (16) umfassen (K16 S. 8 Z. 26-30 mit Fig. 5).


95
bb) Damit fehlt es, wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, an einer Offenbarung von Merkmal 4.1. Umstände, die dem Fachmann Anlass hätten geben können, die in K16 eingesetzte Tinte durch eine sichtbare Tinte zu ersetzen und visuelle Beeinträchtigungen der Hauptinformation durch geeignete gra- fische Ausgestaltung zu vermeiden, sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
96
d) Aus der US-Patentschrift 4 604 065 (K5) ergibt sich keine abweichende Beurteilung.
97
K5 offenbart ein System, in dem bestimmte lesbare Bereiche eines Buchs oder dergleichen so ausgestaltet sind, dass sie Infrarotlicht in unterschiedlichem Maße reflektieren. Anhand des mit Hilfe eines Lesegeräts ermittelten Reflektionsgrades kann dem Benutzer eine Rückmeldung gegeben werden, etwa darüber, ob er die richtige von mehreren angebotenen Antwortmöglichkeiten auf eine Frage ausgewählt hat (K5 Sp. 3 Z. 62 ff.).
98
Damit fehlt es jedenfalls an einer Offenbarung der Merkmalsgruppe 3.4.
99
e) Der mit dem Hauptantrag verteidigte Gegenstand des Streitpatents ist auch durch die US-Patentschrift 5 416 312 (K8) und die Entgegenhaltungen K3 und K5 nicht nahegelegt.
100
aa) In K8 sind gedruckte Dokumente, insbesondere Landkarten offenbart , die zusätzlich zu dem an den Benutzer gerichteten Inhalt maschinenlesbare Informationen in Form von grafischen Mustern enthalten.
101
Die grafischen Muster dienen der Bestimmung der jeweiligen Position auf der Oberfläche und sollen es ermöglichen, dem Benutzer zusätzliche Informationen zu einem Punkt anzuzeigen, den er mit Hilfe eines Lesegeräts ausgewählt hat. Als Ausführungsbeispiel wird eine sich über die gesamte Oberfläche erstreckende Matrix aus einzelnen Punkten beschrieben, die in Zeilen und Spalten mit gleichem Abstand angeordnet sind. Hierzu werden Teilflächen von je 1 x 1 mm² definiert, von denen zur leichteren Erkennung jeweils nur jede zweite bedruckt ist. Die bedruckten Teilflächen sind in 10 x 10 einzelne Punkte unter- teilt. Pro Zeile dienen fünf dieser Punkte als Zwischenraum, von den übrigen fünf Punkten werden jeweils drei bedruckt. Dies ermöglicht den Einsatz eines Binärcodes, mit dem die Zahlen 0 bis 9 dargestellt werden können (K8 Sp. 4 Z. 1 ff.). Um die Erkennung weiter zu erleichtern, wird vorgeschlagen, die bedruckten Teilflächen nach Art eines Schachbretts anzuordnen. Durch geeignete Ausgestaltung können zugleich die x- und die y-Richtung definiert werden (K8 Sp. 14-36).


102
Zum Aufbringen der grafischen Information wird an Stellen, an denen die Lesbarkeit ansonsten beeinträchtigt würde, eine Sicherheitstinte eingesetzt, die für das menschliche Auge nicht sichtbar ist, aber auf ultraviolettes Licht anspricht. An homogenen Stellen, etwa bei der Darstellung von Meeren auf einer Landkarte, kann stattdessen oder zusätzlich ein zwar sichtbares, aber nur wenig störendes Muster aufgebracht werden (K8 Sp. 6 Z. 6-20). Generell wird empfohlen, die Dichte der Punkte eher gering zu halten, nämlich bei weniger als 20 bedruckten Punkten je Teilbereich, wenn der Codierrahmen für das bloße Auge sichtbar ist und weniger als 50 bedruckten Punkte je Teilbereich, wenn der Codierrahmen für das bloße Auge unsichtbar ist (K8 Sp. 4 Z. 62 bis Sp. 5 Z. 3).
103
bb) Damit sind die Merkmalsgruppen 1, 6 und 7 sowie die Merkmale 2.1, 3.1, 3.2, 3.3, 4.2 und 5.2 offenbart.
104
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch die Merkmalsgruppe 3.4 offenbart.
105
Wie auch die Beklagte im Ansatz nicht in Zweifel zieht, ermöglicht die in K8 offenbarte schachbrettartige Anordnung sowohl eine Unterscheidung benachbarter Teilbereiche als auch die Ermittlung der x- und der y-Achse. Dies genügt für die Offenbarung der Merkmalsgruppe 3.4.
106
Nach Merkmal 3.4 sind die Header-Information und die Inhaltsinformation in einem Layout angeordnet, das verschiedenen Indikatorinformationen entspricht. Ein solches Layout wird in K8 durch die Unterteilung in bedruckte und nicht bedruckte Teilbereiche erzeugt.
107
Dass zur Abtrennung der einzelnen Teilbereiche nicht bedruckte Flächen benutzt werden, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Merkmal 3.4 enthält keine näheren Vorgaben dazu, durch welche gestalterischen Maßnahmen die Unterscheidung benachbarter grafischer Indikatoren und die Ermittlung der Ausrichtung ermöglicht werden. Für die Frage der Offenbarung ist deshalb unerheblich, ob diese Ziele mit Hilfe von bedruckten oder von nicht bedruckten Bereichen erreicht werden.
108
dd) Nicht vollständig offenbart sind Merkmal 2.2, wonach das optische Gerät einen Infrarotstrahl einsetzt, und die damit korrespondierenden Merkmale 4.1 und 5.1, wonach die grafischen Mikroeinheiten mit einer Infrarotlicht im We- sentlichen absorbierenden und die Hauptinformation mit einer Infrarotlicht kaum absorbierenden Tinte gedruckt sind.
109
ee) Für den Fachmann ergab sich keine Veranlassung, für die in K8 offenbarte Lösung den Einsatz von Infrarot- anstelle von Ultraviolettlicht in Betracht zu ziehen.
110
Allerdings wird in den einleitenden Ausführungen von K8 allgemein auf Sicherheitstinten hingewiesen, die nur auf Licht im nicht sichtbaren Spektrum reagieren; der ultraviolette Bereich wird dabei nur als Beispiel angeführt (K8 Sp. 2 Z. 61, 67). Zudem enthält K8, wie bereits oben dargelegt wurde, den Hinweis , dass zumindest an bestimmten Stellen der Oberfläche eine für das menschliche Auge sichtbare Tinte eingesetzt werden kann, sofern die grafische Information so ausgestaltet ist, dass sie die Wahrnehmung der für den Nutzer bestimmten (Haupt-)Information nicht entscheidend beeinträchtigt. Hieraus ergab sich jedoch auch in Zusammenschau mit K3 und K5 keine hinreichende Anregung, Tinte einzusetzen, die Infrarotlicht absorbiert.
111
Für den Fachmann mag sich zwar insbesondere aus K3 erschlossen haben , dass für diejenigen Stellen, die nach K8 für den Einsatz sichtbarer Tinte in Frage kommen, die Verwendung von sichtbarer, Infrarotlicht absorbierender Tinte in Betracht kommt. Dies hätte jedoch den Einsatz eines optischen Systems erfordert, das sowohl mit Infrarot- als auch mit UV-Licht arbeitet, weil K8 jedenfalls für einen Teil der Oberfläche den Einsatz von Sicherheitstinte vorschreibt und bekannte Tinten dieses Typs nach dem unbestritten gebliebenen und in der Berufungsbegründung ausdrücklich in Bezug genommenen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten nur in Zusammenhang mit UV-Licht nutzbar sind. Eine Anregung zum Einsatz eines für beide Frequenzbereiche geeigneten optischen Systems ist weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
112
Der Fachmann hätte mithin allenfalls dann zum Gegenstand des Streitpatents gelangen können, wenn er erkannt hätte, dass der Einsatz von Sicherheitstinte nicht bei allen in K8 geschilderten Anwendungsfällen erforderlich ist, so dass die Verwendung von Infrarotlicht absorbierender Tinte für einen Teil dieser Anwendungsfälle eine vorteilhafte Alternative darstellt. Auch hierfür ist eine Anregung indes nicht aufgezeigt.
113
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 und § 91 Abs. 1 ZPO.
Bacher Gröning Deichfuß
Kober-Dehm Marx
Vorinstanz:
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 118


(1) Das Urteil des Bundesgerichtshofs ergeht auf Grund mündlicher Verhandlung. § 69 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Die Ladungsfrist beträgt mindestens zwei Wochen. (3) Von der mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn 1. die Parteien

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 107/12 Verkündet am: 11. Februar 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 18/00 vom 11. September 2001 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das deutsche Patent 34 47 925 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Drehmomentenübertragungseinrichtung PatG 1981 §§ 21 Abs. 1 Nr. 4, 38 Werden i

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2015 - X ZR 11/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 11/13 Verkündet am: 27. Oktober 2015 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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(1) Das Urteil des Bundesgerichtshofs ergeht auf Grund mündlicher Verhandlung. § 69 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Die Ladungsfrist beträgt mindestens zwei Wochen.

(3) Von der mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn

1.
die Parteien zustimmen oder
2.
nur über die Kosten entschieden werden soll.

(4) Erscheint eine Partei im Termin nicht, so kann ohne sie verhandelt und durch streitiges Urteil entschieden werden. Erscheint keine der Parteien, ergeht das Urteil auf Grund der Akten.

23
dabei in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet. Insoweit ist zugrunde zu legen, dass das Interesse des Anmelders regelmäßig erkennbar darauf gerichtet ist, möglichst breiten Schutz zu erlangen , also die Erfindung in möglichst allgemeiner Weise vorzustellen und nicht auf aufgezeigte Anwendungsbeispiele zu beschränken. Soweit in der Anmeldung bereits Ansprüche formuliert sind, haben diese vorläufigen Charakter. Erst im Verlauf des sich anschließenden Prüfungsverfahrens ist herauszuarbeiten, was unter Berücksichtigung des Standes der Technik schutzfähig ist und für welche Ansprüche der Anmelder Schutz begehrt. Erst mit der Erteilung des Patents mit bestimmten Ansprüchen erfolgt eine endgültige Festlegung des Schutzgegenstands. aa) Dieser Gesichtspunkt liegt der Rechtsprechung des Senats zugrunde, wo24 nach bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen werden. Danach ist ein "breit" formulierter Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 52 - Polymerschaum). Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen worden, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (ständige Rechtsprechung seit BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer; aus jüngerer Zeit BGHZ 194, 107 Rn. 52 - Polymerschaum; BGH, GRUR 2012, 1133 Rn. 31 f. - UV-unempfindliche Druckplatte). bb) Nach vergleichbaren Maßgaben ist die Prüfung vorzunehmen, ob der Ge25 genstand der Erfindung im Prioritätsdokument identisch offenbart ist. Die Priorität einer Voranmeldung kann in Anspruch genommen werden, wenn sich die dort anhand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der in der Nachanmeldung umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellen und diese Lehre in der in der Nachanmeldung offenbarten Allgemeinheit bereits der Voranmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 18/00
vom
11. September 2001
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das deutsche Patent 34 47 925
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Drehmomentenübertragungseinrichtung
Werden in den Patentanspruch nur einzelne Merkmale eines Ausführungsbeispiels
der Erfindung aufgenommen, geht die sich daraus ergebende Merkmalskombination
dann über den Inhalt der Anmeldung hinaus, wenn sie in ihrer Gesamtheit
eine technische Lehre umschreibt, die der Fachmann den ursprünglichen
Unterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen
kann.
BGH, Beschl. v. 11. September 2001 - X ZB 18/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2001
durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Dr. Melullis, Scharen und Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 13. Juli 2000 verkündeten Beschluß des 6. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 34 47 925 (Streitpatent), das eine Drehmomentübertragungseinrichtung betrifft. Das Streitpatent beruht auf der Anmeldung 34 40 927.0 vom 9. November 1984, zu der die Patentinhaberin mit Eingabe vom 17. Januar 1985 zwei Teilungserklärungen abgegeben hat. Auf eine der beiden Trennanmeldungen ist das Streitpatent am 26. Januar 1995 mit folgenden Ansprüchen 1, 3 und 12 veröffentlicht worden:
"1. Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer Vorkehrung zum Aufnehmen bzw. Ausgleichen von Drehstößen, insbesondere von Drehmomentschwankungen einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei, koaxial angeordneten, entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung zueinander verdrehbaren Schwungmassen, von denen die eine, erste, mit der Brennkraftmaschine und die andere, zweite, über eine Reibungskupplung mit dem Eingangsteil eines Getriebes verbindbar ist, wobei die Reibungskupplung über ein Ausrücksystem betätigbar ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Schwungmassen (3, 4) durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind derart, daß die die Kupplung tragende Schwungmasse in einer Richtung belastet wird, die der beim Ausrücken der Kupplung wirksamen Kraftrichtung entgegengesetzt ist.
3. Drehmomentübertragungseinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t daß die Schwungmassen in Abhängigkeit von der Betätigung der Reibungskupplung (7, 107) zueinander begrenzt axial verlagerbar sind.
12. Drehmomentübertragungseinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 11, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
daû die Schwungmassen (3, 4) über wenigstens zwei Reiboder Gleitflächen miteinander in Reib- oder Gleitverbindung stehen bzw. bringbar sind, wobei in Abhängigkeit der Betätigung der Reibungskupplung (7, 107) die Dämpfungswirkung dieser Verbindung veränderbar ist."
Gegen das Streitpatent ist Einspruch erhoben worden, der damit begründet worden ist, daû der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nicht patentfähig sei. Nach Rücknahme des Einspruchs hat die Patentinhaberin mit Erklärung vom 29. Oktober 1996 eine Teilung des Streitpatents erklärt, die zur Trennanmeldung 34 48 593.7 geführt hat. Nach einem Zwischenbescheid der Patentabteilung hat die Patentinhaberin den Widerruf der Teilungserklärung vom 29. Oktober 1996 erklärt und zugleich eine erneute Teilungserklärung abgegeben. Das Streitpatent hat die Patentinhaberin mit 24 Ansprüchen verteidigt , von denen Anspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 kursiv):
"Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer Vorkehrung zum Aufnehmen bzw. Ausgleichen von Drehstöûen, insbesondere von Drehmomentschwankungen einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei über eine Lagerung koaxial angeordneten, entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbaren Schwungmassen, von denen die eine, erste, mit der Brennkraftmaschine und die andere, zweite, über eine Reibungskupplung mit dem Eingangsteil eines Getriebes verbindbar ist, wobei die Reibungskupplung über ein Ausrücksystem betätigbar ist,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daû die Schwungmassen (3, 4) durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind derart, daû die die Kupplung tragende Schwungmasse in einer Richtung belastet wird, die der beim Ausrücken der Kupplung wirksamen Kraftrichtung entgegengesetzt ist."
Die Patentabteilung hat das Streitpatent widerrufen, weil die Einfügung der Worte "über eine Lagerung" eine unzulässige Erweiterung gegenüber dem Inhalt der Anmeldung darstelle.
Die Patentinhaberin hat gegen den Beschluû der Patentabteilung Beschwerde eingelegt und beantragt,
1. den angefochtenen Beschluû aufzuheben und das Streitpatent mit den verteidigten Patentansprüchen aufrechtzuerhalten.
2. die Rückzahlung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen.
Mit Beschluû vom 13. Juli 2000 hat das Bundespatentgericht die Beschwerde und den Antrag zurückgewiesen, die Rückzahlung der Gebühren für die Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen.
Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin , mit der diese beantragt,
den Beschluû des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft; das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Das Bundespatentgericht hat die Teilungserklärung, die zu der dem Streitpatent zugrundeliegenden Trennanmeldung geführt hat, als wirksam angesehen , da zumindest der Gegenstand, der sich aus den mit der Teilungserklärung eingereichten Ansprüchen 1 und 6 oder 7, 10, 11 und 20 ergebe und den Ausführungen nach den ursprünglichen Figuren 4 und 5 entspreche, zum Zeitpunkt der Teilung Inhalt der Stammanmeldung 34 40 927.0 gewesen sei und in der Stammanmeldung jedenfalls die Ausführung nach der ursprünglichen Figur 1 verblieben sei. Das läût keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Das Bundespatentgericht hat sich für befugt gehalten, den Anspruch, mit dem die Patentinhaberin das Streitpatent verteidigt, umfassend daraufhin zu überprüfen, ob er gegenüber dem Inhalt der Patentanmeldung 34 40 927.0 unzulässig erweitert ist. Zwar sei das Bundespatentgericht nicht befugt, von Amts wegen erstmalig neue Widerrufsgründe in das Verfahren einzuführen, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt gewesen seien. Dies hindere das Bundespatentgericht aber grundsätzlich nicht daran, unter Wahrung des rechtlichen Gehörs innerhalb ein und desselben Widerrufsgrundes neue Tatsachen heranzuziehen und neue rechtliche Überlegungen anzustellen. Ebenso wie es bei der Prüfung der Patentfähigkeit den gesamten ihm bekannten Stand der Technik berücksichtigen könne
und nicht auf das den Beschluû der Patentabteilung tragende Material beschränkt sei, könne es im Einspruchsbeschwerdeverfahren im Rahmen des von der Patentabteilung festgestellten Widerrufsgrundes nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG weitere nicht ausdrücklich gerügte unzulässig erweiterte Merkmale zum Gegenstand seiner Entscheidung machen.
Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber, das Bundespatentgericht habe übersehen, daû die Patentabteilung nicht den gesetzlichen Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG angewendet habe, auch wenn diese Vorschrift unzutreffend als Grundlage der Entscheidung genannt sei. Die Patentabteilung habe gerade nicht festgestellt, daû der Gegenstand des erteilten Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Der Widerruf sei vielmehr darauf gestützt, daû das im Einspruchsverfahren neu eingefügte Merkmal "über eine Lagerung" in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart sei. Damit habe das Patentamt von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, bei einer Verteidigung des Patents in veränderter Fassung die Zulässigkeit der Änderungen zu überprüfen; der von ihm behandelte Widerrufsgrund habe sich daher auf eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents bezogen.
Diese Rüge hat keinen Erfolg.
Allerdings ist das Beschwerdegericht nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 128, 280, 292 f. - Aluminium-Trihydroxid; Beschl. v. 3.2.1998 - X ZB 6/97, GRUR 1998, 901, 902 - Polymermasse) im Einspruchsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht befugt, vom Einsprechenden innerhalb der Frist des § 59 Abs. 1 PatG nicht geltend gemachte und vom Patentamt nicht in
das Verfahren eingeführte Widerrufsgründe von Amts wegen aufzugreifen und den Widerruf des Patents hierauf zu stützen. Das stand der Entscheidung des Bundespatentgerichts jedoch nicht entgegen.
Die Beschränkung des Gegenstandes der gerichtlichen Prüfung auf die vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltend gemachten Widerrufsgründe ergibt sich aus der Funktion des Beschwerdegerichts im Rechtszug und seiner Bindung an den Streitgegenstand. Das Bundespatentgericht ist im Beschwerdeverfahren zur Nachprüfung und Änderung von Entscheidungen nur in dem Umfang befugt, in dem eine Nachprüfung beantragt wird (Sen.Beschl. v. 2.3.1993 - X ZB 14/92, GRUR 1993, 655, 656 - Rohrausformer). Im Streitfall hat die Patentabteilung das Patent widerrufen, da der "geltende Patentanspruch" , als den die Patentabteilung den von der Patentinhaberin verteidigten Anspruch angesehen hat, i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG auf einen über den Inhalt der Anmeldung hinausgehenden Gegenstand gerichtet sei. Die Patentabteilung hat dies damit begründet, daû die Einfügung der Worte "über eine Lagerung" in den erteilten Anspruch über den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Unterlagen hinausgehe, denen der Fachmann nicht allgemein ein Lager, sondern ausschlieûlich ein Wälzlager zwischen den Schwungmassen entnehme. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Entscheidung der Patentabteilung hiernach nicht auf eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents durch den verteidigten Anspruch gestützt. Es kann dahinstehen , ob die Patentabteilung zunächst die Zulässigkeit der Änderung des Anspruchs hätte prüfen und in Anbetracht der - nach ihrem Standpunkt - unzulässigen Änderung die erteilte Fassung zum Gegenstand ihrer weiteren Untersuchung hätte machen müssen (in diesem Sinne Busse, Patentgesetz, 5. Aufl., § 21 Rdn. 107, § 83 Rdn. 42, 45; BPatGE 20, 133, 138; 29, 223, 226 für das
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren; a.A. Hövelmann, GRUR 1997, 109, 110 f., und - für das Nichtigkeitsverfahren - wohl auch Schulte, PatG, 5. Aufl., § 81 Rdn. 62b). Nachdem die Patentabteilung so nicht verfahren ist, sondern den verteidigten Anspruch daraufhin untersucht hat, ob dieser Anspruch auf einen über den Inhalt der Anmeldung hinausgehenden Gegenstand gerichtet ist (der als erteilter Anspruch nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG zum Widerruf des Streitpatents führen müûte und mit dem das Patent daher nicht aufrechterhalten werden kann), hatte das Beschwerdegericht diese Entscheidung nachzuprüfen. Im Rahmen dieser Prüfung war das Bundespatentgericht nicht auf dasjenige Merkmal beschränkt, das die Patentabteilung als unzulässige Erweiterung angesehen hat, denn die Erweiterung bezieht sich stets auf den Anspruch als Ganzen.
3. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Durchschnittsfachmann habe den ursprünglichen Unterlagen die Lehre nach dem geltenden Patentanspruch 1 nicht entnehmen können. Denn in den ursprünglichen Unterlagen sei zum einen das Merkmal im Oberbegriff des Anspruchs 1, wonach die Relativverdrehung der Schwungmassen entgegen der Wirkung einer beliebigen Dämpfungseinrichtung erfolgen solle, sachlich nicht offenbart, zum anderen erlaubten sie nicht das Weglassen von zwingend zum Gegenstand der ursprünglichen Stammanmeldung gehörigen lösungswesentlichen Merkmalen im geltenden und auch schon erteilten Patentanspruch 1. Aus der Anmeldung ergebe sich für den Fachmann eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer bestimmten baulichen Konzeption und einer speziellen Steuerung zur Veränderung bzw. Verringerung der Dämpfung, wenn die Reibungskupplung gelöst werde. Für diese Steuerung sei in den ursprünglichen Unterlagen ein Mechanismus offenbart, der nicht nur die Merkmale des kennzeichnenden Teils
des geltenden Patentanspruchs 1, sondern zugleich auch die axiale Verschiebbarkeit der die Reibungskupplung tragenden Schwungmasse (erteilter Anspruch 3) und die Reib- und Gleitverbindung (etwa erteilter Anspruch 12) in untrennbarer Weise umfasse.
Das beanstandet die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Das Bundespatentgericht hält das Merkmal, wonach die Schwungmassen entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbar sind, für in den ursprünglichen Unterlagen in dieser allgemeinen Weise nicht offenbart. Aus der ursprünglichen Beschreibung in Verbindung mit den Figuren gehe wie auch aus dem ursprünglichen Anspruch 31 hervor, daû die Dämpfungseinrichtung aus in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern bestehe und damit das Nominaldrehmoment übertragen werde. Die im ursprünglichen Anspruch 31 enthaltene Alternative, die statt der in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeicher Reib- oder Gleitmittel vorsehe, bilde nach dem Verständnis des Fachmanns zumindest beim abgetrennten Gegenstand keinen Ersatz für in Umfangsrichtung wirkende Kraftspeicher. Andere Ausführungsmöglichkeiten hinsichtlich der Übertragung des Nominaldrehmoments seien vom Fachmann nicht erkennbar.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Merkmal findet sich - abgesehen von der bereits von der Patentabteilung für unbedenklich angesehenen Einfügung des Wortes "relativ" - bereits in Anspruch 1 der zugrundeliegenden Anmeldung. Das Bundespatentgericht, das das nicht verkennt, meint, der ursprüngliche Patentanspruch 1 weise vorwiegend allgemeine dämpfungstechnische Wirkangaben auf und sei so weit gefaût, daû ein Bezug zu
der sich aus der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen ergebenden konkreten Lehre nicht ersichtlich sei und Anspruch 1 deshalb nicht als prinzipielle Verkörperung des Anmeldungsgegenstands verstanden werde. Dies gelte schon deswegen, weil im ursprünglichen Anspruch 1 die Reibungskupplung und das zugehörige Ausrücksystem nicht erwähnt würden, die aber für den im Streitpatent weiterzubildenden Gegenstand die entscheidende Grundlage bildeten.
Diese Erwägungen begründen die vom Bundespatentgericht angenommene unzulässige Erweiterung nicht. Das Bundespatentgericht zieht nicht in Zweifel, daû in den ursprünglichen Unterlagen eine Dämpfungseinrichtung aus in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern offenbart ist. Es zieht auch nicht in Zweifel, daû der Fachmann, als den das Bundespatentgericht rechtsfehlerfrei einen Hochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Dämpfungsvorrichtungen insbesondere in Verbindung mit Kraftfahrzeugkupplungen ansieht, hierin ein Mittel sieht, kraft dessen die Schwungmassen - in den Worten des verteidigten Anspruchs - entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbar sind. Unter diesen - dem Rechtsbeschwerdeverfahren zugrundezulegenden - Voraussetzungen kann aber das sachlich unverändert aus Anspruch 1 der Anmeldung in Patentanspruch 1 übernommene Merkmal keine unzulässige Erweiterung darstellen, weil es nichts enthält, was nicht bereits Inhalt der Anmeldung gewesen wäre. Der Umstand, daû die Anmeldung nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts nur eine Ausführungsform "einer ganz bestimmten Baukonzeption" mit in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern (ausführbar) offenbart, steht dem nicht entgegen. Denn offenbart ist alles das, was in der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen schriftlich niedergelegt
ist und sich dem Fachmann ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschlieût (Sen., BGHZ 111, 21, 26 - Crackkatalysator I). Ein "breit" formulierter Anspruch ist unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung deshalb jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörig entnehmbar war.

b) Das Bundespatentgericht hat weiter festgestellt, der Fachmann entnehme den ursprünglichen Unterlagen eine Steuerung zur Veränderung bzw. Verringerung der Dämpfung, die nicht nur die Merkmale des kennzeichnenden Teils des geltenden Patentanspruchs 1, sondern zugleich auch die axiale Verschiebbarkeit der die Reibungskupplung tragenden Schwungmasse in untrennbarer Weise umfasse.
aa) Im einzelnen hat das Bundespatentgericht hierzu ausgeführt: In der Anmeldung werde die ferdernde Verspannung der Schwungmassen im Zusammenhang mit der Tellerfeder 34, dem Reibring 22 und der axialen Verlagerbarkeit der Schwungmasse 4 gegenüber der Schwungmasse 3 beschrieben. Im weiteren werde dort zur Funktionsweise ausgeführt, daû das durch den Reibring 22 erzeugte Reibmoment abnehme, wenn mit zunehmender Ausrückkraft die Vorspannung der Tellerfeder 34 allmählich kompensiert werde, und daû bei Überwindung der Vorspannung der Tellerfeder 34 diese verschwenkt und die Schwungmasse 4 um den Betrag X in Richtung der Schwungmasse 3 mit der
Folge verlagert werde, daû der Reibring 22 abhebe und keine Reibungsdämpfung mehr erzeugt werde. Die axial federnde Verspannung der Schwungmassen mit der entgegen der Betätigungskraft der Reibungskupplung wirkenden Vorspannkraft und die axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen sowie die Reib- und Gleitverbindung stellten eine Funktions- und Steuereinheit dar, die das allgemeine Lösungsprinzip verkörpere. In den ursprünglichen Unterlagen werde es bei der als Stand der Technik erörterten Drehmomentübertragungseinrichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift 28 26 274 als nachteilig angesehen, daû der radiale Flansch der Flanschhülse, die die drehbare Lagerung der Schwungmassen zueinander ermögliche, beim Betätigen der Reibungskupplung zwischen den Schwungmassen mit groûer Kraft verspannt werde, wodurch ein hohes Reibmoment zwischen den Schwungmassen auftrete und die Dämpfung beeinträchtige. Mit dem Patentgegenstand solle eine derart hohe Reib- und Dämpfungswirkung vermieden werden, wofür die axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen und die Reib- und Gleitverbindung unverzichtbare Bestandteile der offenbarten Steuerung seien.
bb) Das trägt die angefochtene Entscheidung.
Bis zum Beschluû über die Erteilung des Patents sind nach § 38 PatG Änderungen der in der Anmeldung enthaltenen Angaben zulässig, die den Gegenstand der Anmeldung nicht erweitern. Der Gegenstand der Anmeldung darf bei der Aufstellung des Patentanspruchs anders formuliert werden, und er darf beschränkt werden. Eine solche Änderung darf aber nicht zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung führen, und sie darf nicht dazu führen, daû an die Stelle der angemeldeten Erfindung eine andere gesetzt wird (Sen., BGHZ 66, 17, 29 - Alkylendiamine I; BGHZ 110, 123, 125 - Spleiûkammer). Der
Patentanspruch darf mithin nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, von dem der Durchschnittsfachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daû er von vornherein von dem Schutzbegehren umfaût sein soll (Sen.Urt. v. 21.9.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn; Sen.Beschl. v. 20.6.2000 - X ZB 5/99, GRUR 2000, 1015, 1016 - Verglasungsdichtung; v. 5.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm).
Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daû der Fachmann den in dem verteidigten - wie in dem erteilten - Patentanspruch bezeichneten Gegenstand den ursprünglichen Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörig entnehmen kann.
cc) Die Rechtsbeschwerde verweist allerdings zu Recht darauf, daû der Anmelder oder der Patentinhaber, wenn er nur noch für eine bestimmte Ausführungsform der angemeldeten Erfindung Schutz begehrt, nicht genötigt ist, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Anspruch aufzunehmen. Die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch ist zulässig, wenn dadurch die zunächst weiter gefaûte Lehre auf eine engere Lehre eingeschränkt wird und wenn das weitere Merkmal in der Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen war (Sen., BGHZ 111, 21, 25 - Crackkatalysator I; Beschl. v. 30.10.1990 - X ZB 18/88, GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze; Urt. v. 7.12.1999 - X ZR 40/95, GRUR 2000, 591, 592 - Inkrustierungsinhibitoren). Dienen mehrere in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, die je für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, hat es
der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränkt; in dieser Hinsicht können dem Patentinhaber keine Vorschriften gemacht werden (Sen., BGHZ 110, 123, 126 - Spleiûkammer).
Das bedeutet jedoch nicht, daû der Patentinhaber nach Belieben einzelne Elemente eines Ausführungsbeispiels im Patentanspruch kombinieren dürfte. Die Kombination muû vielmehr in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann; andernfalls wird etwas beansprucht , von dem der Durchschnittsfachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daû es von vornherein von dem Schutzbegehren umfaût sein soll, und das daher gegenüber der angemeldeten Erfindung ein aliud darstellt (Sen.Beschl. v. 23.1.1990 - X ZB 9/89, GRUR 1990, 432, 434 - Spleiûkammer [insoweit nicht in BGHZ]).
dd) Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Bundespatentgerichts umfaût die Angabe im verteidigten Patentanspruch , daû die Schwungmassen durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind, aus der Sicht des Fachmanns nicht notwendigerweise eine axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen als ungeschriebenen Bestandteil der technischen Lehre des Anspruchs. Vom Anspruch umfaût ist daher auch eine Ausführungsform, bei der die Schwungmassen axial federnd verspannt sind, ohne axial verlagerbar zu sein. Nach den weiteren Ausführungen des Beschwerdegerichts konnte der Fachmann der Anmeldung axial federnd verspannte Schwungmassen jedoch nur im Zusammenhang mit einer gleichzeitigen axialen Verschiebbarkeit dieser Schwungmassen entnehmen. Das
Bundespatentgericht hat insoweit auf die dem Fachmann in der Beschreibung erläuterte Funktion der axial federnde Verspannung der Schwungmassen für deren axiale Verlagerung und die Bedeutung dieser Verlagerung für die Lösung des der Anmeldung zugrundeliegenden Problems abgestellt. Diese Ausführungen , die das Bundespatentgericht noch zusätzlich darauf hätte stützen können, daû die axiale Verspannung der Schwungmassen auch im allgemeinen Teil der Beschreibung und in den in der Anmeldung formulierten Ansprüchen nur als Ausführungsform axial verlagerbarer Schwungmassen angesprochen ist, sind als tatrichterliche Feststellungen, gegen die durchgreifende Rechtsbeschwerdegründe nicht erhoben sind, für das Rechtsbeschwerdeverfahren bindend (§ 107 Abs. 2 PatG).
ee) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, diesen Feststellungen lägen unzutreffende Maûstäbe zugrunde.
Zu Unrecht sieht sie solche in der Bemerkung des Bundespatentgerichts , für den Fachmann seien aus der Anmeldung auch keine anderen Ausführungsformen erkennbar, die die Offenbarung der im geltenden Anspruch 1 angegebenen Lösung rechtfertigen könnten. Damit hat das Bundespatentgericht nicht zum Ausdruck gebracht, nur bei einem solchen (weiteren) Ausführungsbeispiel könne die beanspruchte Lösung als offenbart gelten.
Unbegründet ist auch die Rüge, das Bundespatentgericht habe angenommen , Rechte aus dem Streitpatent könnten "(selbstverständlich) nur im Sinne des in der Beschreibung offenbarten Ausführungsbeispiels geltend gemacht werden". An der angegebenen Stelle hat das Bundespatentgericht vielmehr - zutreffend - ausgeführt, Mängel im geltenden Anspruch 1 hinsichtlich
der ursprünglichen Offenbarung könnten nicht, wie von der Patentinhaberin eingeworfen worden sei, dadurch kompensiert werden, daû das Streitpatent (selbstverständlich) nur im Sinne des in der Beschreibung offenbarten Ausführungsbeispiels gegenüber Dritten geltend gemacht werden könne; dafür biete das Patentrecht keine Handhabe.
Nicht unbedenklich sind hingegen zwar die Ausführungen des Beschwerdegerichts , die Abstraktion des konkreten Gegenstandes dürfe nicht zu einer unbestimmten und diffusen Aussage oder Anweisung führen, die eine klare Vorstellung vom Wesen des ursprünglich offenbarten Anmeldungsgegenstandes nicht mehr vermittele und über die ursprüngliche Offenbarung in unzulässiger Weise hinausgehe, was im Streitfall ersichtlich der Fall sei, da wesentliche Elemente der Steuerung nicht im Hauptanspruch angegeben würden und für das Lösungsprinzip die steuernden und zu steuernden Mittel oder Vorrichtungen unverzichtbar seien. Es ist jedoch weder von der Rechtsbeschwerde dargelegt noch sonst erkennbar, inwiefern die Feststellungen zum Verständnis des Fachmanns vom Inhalt der Anmeldung hierdurch beeinfluût sein könnten.
ff) Wenn das Bundespatentgericht aus den zu dd) genannten Feststellungen abgeleitet hat, ein Anspruch, der nur die axial federnde Verspannung der Schwungmassen und den der Ausrückkraft der Reibkupplung entgegenwirkenden Kraftspeicher zur Kennzeichnung der Lösung anführe, sei "aus Offenbarungsgründen nicht statthaft" und führe zu einer sich dem Fachmann aus den ursprünglichen Unterlagen nicht erschlieûenden und deshalb unzulässigen Teil- oder Unterkombination, hat es nach alledem entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht unzulässig Fragen zum Anspruch auf Erteilung des Patents mit solchen aus dem Recht der Patentverletzung vermengt. Es hat
vielmehr zutreffend darauf abgestellt, daû der verteidigte Anspruch auf eine Kombination von Merkmalen gerichtet sei, die dem Fachmann nach seinen Feststellungen in der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörende Kombination offenbart wird.

c) Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, ob das Bundespatentgericht auch rechtsfehlerfrei festgestellt hat, nach der Ursprungsoffenbarung gehöre ebenso die Reib- und Gleitverbindung, wie sie etwa im erteilten Anspruch 12 angegeben sei, zu dem erfindungsgemäûen Steuerungsmechanismus, wogegen sprechen könnte, daû eine solche Verbindung in der Beschreibung (S. 17) lediglich als vorteilhaft bezeichnet ist.
4. Das Bundespatentgericht hat den Antrag zurückgewiesen, die Rückzahlung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen. Insoweit ist die Rechtsbeschwerde ohne Begründung geblieben und deswegen als unzulässig zu verwerfen (§§ 102, 104 PatG).
III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG).
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Meier-Beck
31
(1) Im Falle einer Selbstbeschränkung durch den Patentinhaber im Nichtigkeitsverfahren ist zu untersuchen, ob die beabsichtigte Selbstbeschränkung unzulässig ist, etwa weil der so definierte Gegenstand über die ursprüngliche Offenbarung hinausginge oder den Schutzbereich des Patents erweiterte. Ein Prüfungskriterium für die Zulässigkeit in den Patentanspruch aufgenommener Merkmale und Begriffe kann zudem sein, ob der Anspruch durch deren Aufnahme hinreichend deutlich und klar gefasst wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 88/09, GRUR 2012, 475 Rn. 29 - Elektronenstrahltherapiesystem ). Dies folgt aus Art. 84 Satz 2 EPÜ; für das nationale Recht ergibt sich dieses Erfordernis aus § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG i.V.m. § 9 Abs. 6 PatV. Eine Prüfung bereits erteilter Ansprüche auf Klarheit ist jedoch weder im Europäischen Patentübereinkommen noch im Patentgesetz vorgesehen. Der Patentinhaber hat mit dem erteilten oder dem im Einspruchsverfahren geänderten Patent eine Rechtsposition erhalten, die ihm nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, mithin wenn ein Einspruchs- oder Nichtigkeitsgrund vorliegt, ganz oder teilweise aberkannt werden kann. Das Europäische Patentübereinkommen regelt ebenso wie das nationale Recht die Einspruchs- oder Nichtigkeitsgründe, zu denen die fehlende Klarheit nicht gehört, abschließend (Art. 100, 138 EPÜ; §§ 21, 22 PatG). Daraus folgt, dass eine Prüfung der Klarheit jedenfalls insoweit nicht statthaft ist, als die mutmaßliche Unklarheit bereits in den erteilten Ansprüchen enthalten war (vgl. EPA, Entsch. vom 24. März 2015 - G 3/14).

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.