Bundesgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2003 - X ZR 61/99

bei uns veröffentlicht am11.11.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 61/99 Verkündet am:
11. November 2003
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 11. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das durch Beschluß vom 1. März 1999 berichtigte Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 19. November 1998 im Kostenausspruch und dadurch abgeändert, daß das europäische Patent 0 324 448 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt wird, soweit Patentanspruch 1 und in Ansehung von Patentanspruch 1 die Patentansprüche 2 bis 4, 6 und 7, soweit diese auf Patentanspruch 1 rückbezogen sind, über folgende Fassung des Patentanspruchs 1 hinausgehen: "1. Humanmedizinische Abschabungsvorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe, umfassend einen Griff (1) mit einem Einlaßkanal (5) und einem Auslaßkanal (6), die mit einer Öffnung (4) in Verbindung stehen, welche im Griff (1) vorgesehen ist und auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll, und Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien (S) in einem pneumatischen Träger aus einem mit dem Einlaßkanal (5) verbundenen Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) des Griffes (1), dadurch gekennzeichnet, daß
a) die Zuführmittel ausschließlich eine Vakuumquelle (15) umfassen, die mit dem Auslaßkanal (6) des Griffes (1) verbunden ist, um nach dichtem Verschließen der Öff- nung (4) mit der zu behandelnden Fläche die abtragenden Materialien (S) aus dem Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) im Griff zu befördern,
b) die Verbindung zwischen Versorgungsbehälter (17) und Einlaßkanal (5) des Griffes (1) derart ausgebildet ist, daß die Vakuumquelle (15) beim Verschließen der Öffnung (4) ein Ansaugen im Inneren des Versorgungsbehälters (17) erzeugt, und
c) der Versorgungsbehälter (17) einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit (20) regulierbaren Durchlaß (19) aufweist und ein der Vakuumquelle (15) zugeordneter Regulator (14) vorgesehen ist, über welche der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist." Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die auf Grund übereinstimmender Erklärungen der Parteien an die Stelle der früheren Beklagten getretene jetzige Beklagte ist nach Umschreibung im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Inhaberin des am 11. Januar 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität einer italienischen Patentanmeldung vom 11. Januar 1988 angemeldeten europäischen Patents 0 324 448 (Streitpatents). Das Streitpatent betrifft "Apparatus for making micro-abrasions on human tissue" (eine Vorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe) und umfaßt in der Fassung der neuen europäischen Patentschrift sieben Patentansprüche. Die im Berufungsverfahren allein im Streit stehenden Patentansprüche 1 bis 4, 6 und 7 lauten in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt:
"1. Apparatus for making micro-abrasions on human tissue including a handle (1) having an inlet passage (5) and an outlet passage (6) which communicate with an aperture (4) provided in the handle (1) and intended to be positioned on the surface to be treated, and means for the metered supply of reducing substances (S) in a pneumatic carrier to the aperture of the handle (1), characterised in that the supply means comprise exclusively a vacuum source (15) connected to the outlet passage (6) of the handle (11) for drawing the reducing substances (S) from a supply container (17) connected to the inlet passage (5) towards the aperture (4) in the handle (1) as a result of the closure of the aperture (4) against the surface to be treated. 2. Apparatus according to Claim 1, characterised in that the aperture (4) of the handle (1) has a configuration which can be adapted substantially sealingly to the surface to be treated.
3. Apparatus according to Claim 2, characterised in that the aper- ture (4) is inclined at substantially 45° to the inlet passage (5) of the handle (1). 4. Apparatus according to Claim 1 or Claim 2, characterised in that said supply container (17) for the reducing substances (S) has in its base a plurality of air-intake apertures (25) with associated regulation valve means (20), and the outlet passage (6) of the handle (1) is connected to a collecting container (10) which has an outlet aperture (11) connected to a vacuum pump (15). 6. Apparatus according to Claim 3, characterised in that the supply container (17) is provided with electrical means (27) for heating the reducing substances. 7. Apparatus according to Claim 1, characterised in that the handle (1) is provided with an interchangeable head (2) which carries the aperture (4)." In der deutschen Fassung der nach Durchführung eines europäischen Einspruchsverfahrens herausgegebenen neuen europäischen Patentschrift lauten diese Patentansprüche: "1. Vorrichtung zur Ausfü[h]rung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe umfassend einen Griff (1) mit einem Einlaßkanal (5) und einem Auslaßkanal (6), die mit einer Öffnung (4) in Verbindung stehen, welche im Griff (1) vorgesehen ist und auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll; und Mittel für die dosierte Zuführ von abtragenden Materialien (S) in einem pneumatischen Träger zur Öffnung (4) des Griffes (1), dadurch gekennzeichnet, daß die Zuführmittel ausschließlich eine Vakuumquelle (15) umfassen, die mit dem Auslaßkanal (6) des Griffes (1) verbunden ist, um, nach dichtem Verschließen der Öffnung (4) mit der zu behandelnden Fläche, die abtragenden Materialien (S) aus einem mit dem Einlaßkanal (5) verbundenen Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) im Griff zu befördern.

2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Öffnung (4) des Griffes (1) so angeordnet ist, daß sie im wesentlichen dichtend der zu behandelnden Fläche angepaßt werden kann. 3. Vorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Öffnung (4) zum Einlaßkanal (5) des Griffes (1) eine Neigung von ca. 45° aufweist. 4. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Versorgungsbehälter (17) für die abtragenden Materialien (S) in seinem Boden mehrere Lufteinlaßöffnungen (25) mit zugehörigen Regelventilen (20) aufweist, und der Auslaßkanal (6) des Griffes (1) mit einem Sammelbehälter (10) verbunden ist, der eine mit einer Vakuumpumpe (15) verbundene Auslaßöffnung (11) hat. 6. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Versorgungsbehälter (17) mit elektrischen Mitteln (27) zum Erhitzen der abtragenden Materialien (S) versehen ist. 7. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Griff (1) mit einem austauschbaren Kopf (2) versehen ist, der die Öffnung (4) trägt." Die Klägerinnen (hinsichtlich der Klägerin zu 2 ist das Rubrum auf Grund übereinstimmender Erklärungen der Parteien gegenüber dem Urteil des Bundespatentgerichts geändert worden) haben geltend gemacht, daß das Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die USPatentschriften 1 752 664, 2 133 149 und 3 286 406, die italienische Patentschrift 1 184 922 und die französische Patentschrift 1 136 127 bildeten, nicht patentfähig sei. Sie haben beantragt, das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat in erster Linie beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Bundespatentgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Kla- ge das Streitpatent für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1 - 4, 6 und 7 für nichtig erklärt.
Mit ihrer Berufung verteidigt die Beklagte in erster Linie das Streitpatent in der Fassung der neuen europäischen Patentschrift. Sie beantragt, das Urteil des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Hilfsweise verteidigt sie Patentanspruch 1 des Streitpatents nunmehr in folgender Fassung , auf die sich die Patentansprüche 2 - 7 zurückbeziehen sollen:
"1. Humanmedizinische Abschabungsvorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe, umfassend einen Griff (1) mit einem Einlaßkanal (5) und einem Auslaßkanal (6), die mit einer Öffnung (4) in Verbindung stehen , welche im Griff (1) vorgesehen ist und auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll; und Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien (S) in einem pneumatischen Träger aus einem mit dem Einlaßkanal (5) verbundenen Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) des Griffes (1), dadurch gekennzeichnet, daß
a) die Zuführmittel ausschließlich eine Vakuumquelle (15) umfassen, die mit dem Auslaßkanal (6) des Griffes (1) verbunden ist, um nach dichtem Verschließen der Öffnung (4) mit der zu behandelnden Fläche die abtragenden Materialien (S) aus dem Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) im Griff zu befördern,
b) die Verbindung zwischen Versorgungsbehälter (17) und Einlaßkanal (5) des Griffes (1) derart ausgebildet ist, daß die Vakuumquelle (15) beim Verschließen der Öffnung (4) ein Ansaugen im Inneren des Versorgungsbehälters (17) erzeugt, und

c) der Versorgungsbehälter (17) einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit (20) regulierbaren Durchlaß (19) aufweist, womit der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist." Weiter hilfsweise (Hilfsantrag 2) soll das kennzeichnende Merkmal c wie folgt lauten:
"c) der Versorgungsbehälter (17) einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit (20) regulierbaren Durchlaß (19) aufweist und ein der Vakuumquelle (15) zugeordneter Regulator (14) vorgesehen ist, über welche der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist." Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen und hält auch die hilfsweise verteidigten Fassungen des Streitpatents nicht für schutzfähig.
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing. U. B. , Institut für Konstruktion , Mikro- und Medizintechnik der T. U. B. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat ein in einem in Italien geführten, u.a. das auf die Prioritätsanmeldung zum Streitpatent erteilte italienische Patent 1 218 945 betreffenden Parallelverfahren erstelltes Gutachten von Dipl.-Ing. G. L. , Turin, nebst Ergänzung vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Klageabweisung, soweit die Beklagte das Streitpatent mit ihrem zweiten Hilfsantrag verteidigt. Die Rückbeziehung in den angegriffenen , unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen ist antragsgemäß dahin zu ändern, daß sie nunmehr den neu gefaßten Patentanspruch 1 betrifft. Hinsichtlich des im Berufungsverfahren nicht im Streit stehenden Patentanspruchs 5 war eine derartige Anpassung dagegen nicht möglich, weil Änderungen nicht im Streit stehender Patentansprüche im Nichtigkeitsverfahren auch im Weg der Selbstbeschränkung nicht in Betracht kommen (vgl. Keukenschrijver, Das Patentnichtigkeits- und Nichtigkeitsberufungsverfahren , 2003, Rdn. 133 m.N. in Fn. 346; a.A. Schulte PatG 6. Aufl. § 81 Rdn. 122).
I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen, insbesondere für kosmetische oder therapeutische Behandlungen am menschlichen Gewebe, wie das Entfernen von Narben und Stretchmarks.
Die Beschreibung des Streitpatents schildert eine derartige Vorrichtung als aus der US-Patentschrift 1 752 664 bekannt, die einen Griff mit einem Einlaßkanal und einem Auslaßkanal aufweist, die mit einer Öffnung im Griff in Verbindung stehen und die auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll, und die weiter Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien zur
Grifföffnung in einem pneumatischen Träger aufweist (Beschreibung Sp. 1 Z. 7 - 15).
2. Durch das Streitpatent soll, wie die Beschreibung des Streitpatents angibt, eine einfach und billig herstellbare und effektiv arbeitende Abschabevorrichtung zur Verfügung gestellt werden.
3. Hierzu schlägt Patentanspruch 1 in der in erster Linie verteidigten Fassung der neuen europäischen Patentschrift eine Vorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe vor, die
(1) einen Griff umfaßt (1.1) mit einem Einlaßkanal und (1.2) einem Auslaßkanal, (2) wobei die Kanäle mit einer Öffnung im Griff in Verbindung stehen, die auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll; (3) sowie Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien aufweist, (3.1) wobei die Zufuhr in einem pneumatischen Träger zur Öffnung des Griffs erfolgt und (3.2) die Zuführmittel ausschließlich aus einer Vakuumquelle bestehen ("umfassen"), (3.2.1) die mit dem Auslaßkanal des Griffs verbunden ist, (3.3) und die nach dichtem Verschließen der Öffnung mit der zu behandelnden Fläche die abtragenden Materialien aus ei-
nem mit dem Einlaßkanal verbundenen Versorgungsbehälter zur Öffnung im Griff zu befördert.
4. Dabei handelt es sich bei der Angabe "zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe" um eine Zweck- und Verwendungsangabe , die bei einem Sachpatent wie hier zunächst eine dem besseren Verständnis der Erfindung dienende Erläuterung darstellt sowie darüber hinaus die Bedeutung einer mittelbaren Umschreibung der räumlich-körperlichen Ausgestaltung der Vorrichtung in dem Sinn hat, daß die Vorrichtung für die angegebene Verwendung jedenfalls geeignet sein muß, woraus sich nähere Aufschlüsse über die konkrete Ausgestaltung, insbesondere im Sinn einer Bioverträglichkeit ergeben, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend angegeben hat.
5. Die nachstehend verkleinert wiedergegebene Figur 1 des Streitpatents zeigt eine Ausführungsform der patentgemäßen Vorrichtung:

Dabei bedeuten die Bezugszeichen 1 den schematisch dargestellten Griff, 2 dessen austauschbaren Kopf, 3 dessen Frontwand, 4 die auf die zu behandelnde Fläche aufzulegende Öffnung, 5 die Einlaßöffnung, 6 die Auslaß-
öffnung, 7 und 8 die zugehörigen Leitungen. Bezugszeichen 10 bezeichnet den Rückgewinnungsbehälter, 9 dessen Einlaßverbinder, 11 einen Auslaßverbinder mit zugeordneten Filterelementen 12, der mit der Einlaßleitung 13 verbunden ist, die wiederum über den Unterdruckmesser und -regulator 14 mit der Vakuumpumpe 15 in Verbindung steht. Die Leitung 8 ist über den Basisanschluß 16 mit dem Versorgungsbehälter 17 verbunden, in den eine Menge abtragender Materialien S eingefüllt ist. Die Einlaßleitung 18 steht mit dem Basisanschluß in Verbindung und weist an ihrem unteren Ende eine Öffnung 28 auf. An der Behälterbasis ist ein Durchlaß 19 angeordnet, der über das Ventilsystem 20, 21, 22, 23 mit der Atmosphäre in Verbindung steht und sich in den Verteiler 24 öffnet , der wiederum über Löcher 25 mit Einlaß und Filtern 26 kommuniziert. In den Behälter ist zudem ein Heizwiderstand 27 eingesetzt.
Bei Gebrauch wird der Kopf 2 nach Inbetriebnahme der Vakuumpumpe 15 auf die zu behandelnde Fläche gesetzt. Der Verschluß der Öffnung 4 schließt den Einlaßkreislauf und das an der Öffnung erzeugte Vakuum läßt die zu behandelnde Fläche an den Rändern der Öffnung anhaften. Dabei werden die im Behälter 17 befindlichen abtragenden Materialien S durch die Öffnung 28 gesogen und gelangen über die Leitung 7 zur Öffnung 4, wo sie die zu behandelnde Oberfläche abschabend überstreichen. Über den Auslaßverbinder 6 und die Leitung 8 gelangen sie sodann zu dem Behälter 10, wo sie mit den abgetragenen Partikeln gesammelt werden (Beschreibung Sp. 1 Z. 52 - Sp. 3 Z. 18).
II. Es kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der Fassung, die dieses durch das europäische Ein-
spruchsverfahren erhalten hat, neu ist, weil er jedenfalls im Sinn der Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ für den Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war. Dies füllt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ aus.
1. Für die Prüfung der Schutzfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik gelten dabei die gleichen Grundsätze wie bei der Feststellung des Sinngehalts und bei der Auslegung des Patents im Verletzungsstreit (Sen.Urt. v. 24.9.2003 - X ZR 7/00 - blasenfreie Gummibahn I, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; vgl. Sen.Urt. v. 7.11.2000, berichtigt durch Beschluß vom 9.1.2001 - X ZR 145/98, GRUR 2001, 232 - Brieflocher). Grundlage für die Bestimmung der danach geschützten Lehre ist das Verständnis der Patentansprüche durch den maßgeblichen Fachmann. Erscheinen - auch unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen - Formulierungen in den Patentansprüchen als mehrdeutig, ist zu ermitteln, welche Vorstellungen der Fachmann mit ihnen verbindet. Im Nichtigkeitsverfahren darf nämlich nicht etwa deshalb eine einengende Auslegung der angegriffenen Patentansprüche zugrunde gelegt werden, weil mit dieser die Schutzfähigkeit eher bejaht werden könnte (BGH - blasenfreie Gummibahn I). Dabei schränkt die bloße Angabe "zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe" den Schutz nicht ein; auch bei der Prüfung der Rechtsbeständigkeit kann sie deshalb eine positive Beurteilung für sich allein nicht tragen. Allerdings hat sie Besonderheiten bei der Ausgestaltung der Vorrichtung zur Folge, die sie von anderen Abrasionsgeräten, etwa Sandstrahlgeräten nach der US-Patentschrift 3 286 406, unterscheiden. Weiter ist zu berücksichtigen, daß, wie der gerichtliche Sachverständige im Grundsatz übereinstimmend mit dem sachkundig be-
setzten Bundespatentgericht angegeben hat, der kosmetische und therapeutische Anwendungsbereich, auf den die Lehre des Streitpatents abzielt, Auswir- kungen auf die Qualifikation des hier einschlägigen Fachmanns hat. Im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen und mit dem Bundespatentgericht sieht der Senat deshalb als maßgeblichen Fachmann einen Medizintechniker an, der auf der Grundlage eines Fachhochschulstudiums des Maschinenbaus oder der Elektrotechnik vertiefte Kenntnisse auf dem Gebiet der Medizinmechanik erworben hat, aber auch über Kenntnisse in Konstruktionslehre, Biomaterialien, Strömungstechnik und pneumatischer Förderung von Schüttgütern entweder selbst verfügt oder sich hierzu erforderlichenfalls den Rat von anderen Fachleuten einholt (vgl. hierzu Kroher in Singer /Stauder, EPÜ, 2. Aufl., Art. 56 Rdn. 135, Benkard, EPÜ, Art. 56 Rdn. 42; Schulte, PatG, 6. Aufl., § 4 Rdn. 51 ff.; Busse, PatG 6. Aufl. - im Druck -, § 4 Rdn. 154, je m.w.N.).
2. a) Aus der jedenfalls seit dem 28. Oktober 1987 und damit vor dem Prioritätstag des Streitpatents öffentlich zugänglichen italienischen Patentschrift 1 184 922 (Ginebri) ist ein Gerät zum kontrollierten Auftrag von reduzierenden Substanzen auf menschliches Gewebe zum Durchführen von Mikroabrasionen bekannt. Die nachstehend verkleinert wiedergegebene Figur 2 zeigt eine Schnittansicht eines Ausführungsbeispiels:

Das Gerät hat einen Griff 3 (Merkmal 1) mit einem Einlaßkanal 7 (Merkmal 1.1) und einem Auslaßkanal 8 (Merkmal 1.2). Die Kanäle stehen mit einer Öffnung (Fenster 38) im Griff in Verbindung, die auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll (Beschreibung, deutsche Übersetzung S. 4 Z. 15 - 18; Merkmal 2). Die Ventile 32, 33, 34 stellen Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien dar (Merkmal 3). Die Zufuhr erfolgt wie beim Streitpatent in einem pneumatischen Träger (Druckluft vom Kompressor 24) zur Öffnung 38 des Griffs 3 (Merkmal 3.1). Mit dem Auslaß 8 des Griffs 3 ist eine Vakuumquelle (Saugpumpe 28) verbunden (vgl. Merkmale 3.2 und 3.3). Die reduzierenden Substanzen werden unmittelbar nach der Gewebebehandlung durch die Saugpumpe 28 abgesaugt (Beschreibung, deutsche Übersetzung, S. 5 Z. 14 - 18).
Damit unterscheidet sich die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 des Streitpatents von der vorbekannten, wie das Bundespatentgericht zutreffend festgestellt hat, dadurch, daß als Antriebsmittel für den pneumatischen Träger, d.h. im allgemeinen Luft, bei der bekannten Vorrichtung jedenfalls auch ein Drucklufterzeuger neben der Vakuumquelle, beim Streitpatent aber nur die Vakuumquelle dient (Merkmal 3.2), sowie dadurch, daß die Förderung des abtragenden Materials beim Streitpatent ebenfalls ausschließlich durch die Vakuumquelle , bei der vorbekannten Vorrichtung aber jedenfalls auch durch die Druckluft erfolgt (Merkmal 3.3). Dabei beschreiben beide Unterschiede lediglich unterschiedliche Erscheinungsformen desselben technischen Sachverhalts, nämlich das Weglassen der Druckluftquelle und die alleinige Förderung des Trägermediums mittels Unterdrucks.


b) Die ebenfalls die Behandlung der menschlichen Haut betreffende französische Patentschrift 1 136 127 (Jordana) liegt demgegenüber weiter ab; sie beschreibt lediglich eine Förderung von festen Partikeln auf die Haut mittels Druckluft ("... consistant en la projection rapide sur la peau de particules solides ... en vue d’un traitement médical. L’appareil doit être alimenté en air sous pression par un petit compresseur ... "). An verfahrensrelevanten Informationen ist ihr lediglich noch zu entnehmen, daß die Druckluft im Behälter eine Strömung erzeugt, die die Partikel mitreißt, wobei die Regelung des von der Druckerzeugungsvorrichtung ausgehenden Luftdrucks es gestattet, die Intensität des Aufschüttelns der Partikel zu verändern ("L’air sous pression … crée un courant qui entraîne les particules. Le réglage de la pression à partir de l’appareil producteur d’air comprimé permet de faire varier la force de percussion.").
3. a) Der Überschuß der Lehre des Streitpatents gegenüber diesen die Behandlung des menschlichen Körpers betreffenden Entgegenhaltungen besteht mithin in der Umsetzung der Erkenntnis, daß auf ein Antriebsmittel, und zwar auf die Druckluftförderung, verzichtet werden kann, wenn die Vakuumquelle so ausgelegt wird, daß sie die Förderleistung allein erbringen kann, d.h., daß eine Energiequelle, nämlich die Vakuumquelle, zum Betrieb der Vorrichtung ausreicht. Eine erfinderische Leistung kann hierin mit dem Bundespatentgericht nicht gesehen werden.

b) Dem Fachmann kann grundsätzlich zugetraut werden, bekannte Lösungen zu verbessern und aus dem Stand der Technik bekannte Anregungen aufzugreifen (Bernhardt/Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Aufl.,
S. 171 f.; Busse, § 4 PatG Rdn. 133; Benkard, EPÜ, Art. 56 Rdn. 54). So ist er bestrebt, raumsparend und kostengünstig durch Verwendung weniger Teile zu bauen (Sen.Urt. v. 24.3.1994 - X ZR 86/91, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. 1, 168, 173 - Einphasensynchronmotor; vgl. Schulte § 4 PatG Rdn. 122, 123) und bekannte Vorrichtungen zu vereinfachen (Sen.Urt. v. 5.3.1996 - X ZR 109/93, bei Bausch Bd. 1, 291, 296 - Sammelstation

).



c) Dem Fachmann, der ohne weiteres erkannte, daß die Vorrichtung nach der italienischen Patentschrift 1 184 922 mit ihren beiden Energiequellen Kompressor 24 und Saugpumpe 28 einen erheblichen apparativen Aufwand pflegte, mußte es sich aufdrängen, Überlegungen dahin anzustellen, ob und wie dieser Aufwand verringert werden konnte. Dabei lag es zunächst auf der Hand, Überlegungen dahin anzustellen, ob von den zwei bei der Vorrichtung nach der italienischen Patentschrift vorgesehenen Energiequellen verzichtet werden konnte. Dabei bestand für den Fachmann, wie die mündliche Verhandlung zur Überzeugung des Senats ergeben hat, jedenfalls keine ausgeprägte Präferenz dahin, auf die Saugpumpe und nicht auf den Kompressor zu verzichten. Der gerichtliche Sachverständige hat nach eingehender Erörterung in der mündlichen Verhandlung vielmehr angenommen, beim Fachmann habe eine gewisse Neigung bestanden, die Saugpumpe beizubehalten, weil sich hieraus Vorteile beim Auffangen der Schleifpartikel ergeben konnten. Selbst wenn man nicht soweit gehen wollte, war das Weglassen des Kompressors damit eine Möglichkeit, die der Fachmann bei seinen Überlegungen, die bekannte Vorrichtungen zu vereinfachen, in Betracht zog (vgl. Sen.Urt. v.
18.2.1997 - X ZR 25/95, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsa- chen Bd. 1, 445, 452 f. - Zerstäubervorrichtung).

d) Der Fachmann hatte mithin Veranlassung, sich im Stand der Technik nach vergleichbaren Lösungen umzusehen, die das Problem der Schleifpartikelzufuhr und der Partikelabfuhr auf einfachere Weise und insbesondere mit nur einer Energiequelle lösten. Deshalb lag es für ihn auch nahe, sich auf Gebieten umzusehen oder auf diesen Gebieten kundige Fachleute zu befragen, auf denen vergleichbare Lösungen zu erwarten waren, insbesondere auf dem Gebiet des mechanischen Abschleifens mit festen Partikeln, etwa beim Sandstrahlen.
Dabei mußte er u.a. auf die US-Patentschrift 3 286 406 (Ashword) stoßen , die u.a. Vorrichtungen zum Abschleifen mit trockenen Partikeln betrifft. Diese Veröffentlichung befaßt sich ausdrücklich mit der Frage, ob auf Druckluft verzichtet werden könne, was den Vorteil geringerer Kosten habe, da teure Druckluftkompressoren entbehrlich seien (Beschreibung Sp. 1 Z. 22 - 27). Konkret beschreibt sie eine Ausführungsform, bei der eine Strahlkammer, eine mit einem Ende der Strahlkammer verbundene Lufteinlaßleitung, Mittel zum Mitreißen des Schleifmittels in der Primärluft, Öffnungen in der Wand der Kammer, die mit dem zu bearbeitenden Werkstück verschlossen werden, Mittel zum Anlegen von Unterdruck an die Kammer, um Primärluft und Schleifmittel in die Kammer zu ziehen und Luft und Schleifmittel von der Kammer abzuziehen, sowie Mittel zum Verhindern des Eintritts von Sekundärluft in die Kammer vorgesehen sind (Beschreibung Sp. 1 Z. 62 - Spalte 2 Z. 12; Übersetzung übergehender Absatz S. 2/3).

Der Fachmann konnte bereits hieraus erkennen, daß die in der USPatentschrift 3 286 406 beschriebene Vorrichtung den Betrieb der Abrasionsvorrichtung ausschließlich mittels Unterdruckerzeugung ermöglichte und eine zusätzliche Drucklufterzeugung überflüssig machte. Dabei mußte er allerdings, worauf der gerichtliche Sachverständige besonders hingewiesen hat, auch erkennen , daß es nicht genügte, den Kompressor wegzulassen, sondern daß eine verschlossene Strahlkammer erzeugt werden mußte, weil nur dadurch die Mitnahme des Schleifmittels aus dem Behälter erreicht werden konnte. Auch das lehrt indessen diese Entgegenhaltung. Wie der gerichtliche Sachverständige hierzu ausgeführt hat, wäre die Abdichtung der Strahlkammer auf der Körperoberfläche mit definierter Zuführung von Sekundärluft aus der Atmosphäre auf Grund der biomechanischen Eigenschaften der menschlichen Haut einfach realisierbar gewesen.
Allerdings sah der Fachmann zugleich, daß er die ersichtlich nicht für Anwendungen am menschlichen Körper vorgesehene Vorrichtung nach der US-Patentschrift nicht ohne weiteres für den nach dem Streitpatent vorgesehenen Zweck einsetzen konnte. Es lag auf der Hand, daß die Behandlung eines empfindlichen Organs wie der menschlichen Haut nicht ohne weiteres auf Vorrichtungen und Verfahrensweisen zurückgreifen konnte, wie sie bei der Bearbeitung von Werkstücken aus toter Materie angezeigt sein mögen. Der gerichtliche Sachverständige hat aber überzeugend ausgeführt, daß diese Anpassungen den Fachmann nicht vor Schwierigkeiten stellten, die ein erfinderisches Handeln erforderlich machten.
Daß die US-Patentschrift auch Ausführungsformen beschreibt, bei denen eine im humanmedizinischen Einsatz ungeeignete Abscheidung und Wiederverwendung des gebrauchten Schleifmittels erfolgen sollte, wie die Berufung geltend macht, stand dem nicht entgegen, wohl aber der Übernahme von Abscheidung und Wiederverwendung. Mit ihrer Verweisung auf das Ausführungsbeispiel , bei dem der Abscheider zwingend notwendig sei, verkennt die Berufung zudem, daß sich der Offenbarungsgehalt der US-Patentschrift nicht auf dieses Beispiel beschränkt. Daß ohne den Abscheider der Materialkreislauf unterbrochen werde, ist schon deshalb nicht von entscheidender Bedeutung, weil auch die Vorrichtung nach der italienischen Patentschrift ohne einen solchen Abscheider und damit ohne Materialkreislauf arbeitet. Der Fachmann erkannte somit, daß er hierauf je nach vorgesehener Anwendung verzichten konnte. Daraus folgte für ihn als weitere nahe liegende Erkenntnis, daß er die erforderliche Zufuhr von Schleifpartikeln auf andere Weise als über einen Materialkreislauf bewerkstelligen mußte. Wie dies zu bewerkstelligen ist, überläßt indessen auch Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner in erster Linie verteidigten Fassung dem Belieben des Fachmanns.
In der Übernahme einer Ausführung, bei der allein mit Unterdruck gefördert wird, auf die aus der italienischen Patentschrift bekannte Vorrichtung kann nach alledem eine erfinderische Leistung nicht gesehen werden. Das hat auch der gerichtliche Sachverständige so gesehen, der insoweit von einer handwerklichen Leistung spricht.
Die gegenteilige Auffassung des im Verfahren vor dem Tribunale Turin herangezogenen Sachverständigen L. beruht darauf, daß dieser davon aus-
gegangen ist, der Fachmann werde das US-Patent nicht heranziehen, weil dieses sich auf einen ganz anderen technischen Sektor beziehe (Gutachten S. 43 = Übersetzung S. 33 f., Ergänzungsgutachten Übersetzung S. 13). Sie ist daher auf der vorstehend dargestellten Grundlage nicht geeignet, die Schutzfähigkeit des Streitpatents zu stützen.
III. Die Unteransprüche 2 bis 4, 6 und 7 werden von der Beklagten, soweit sich Patentanspruch 1 nur in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen als rechtsbeständig erweist, ersichtlich nur in Rückbeziehung auf diese verteidigt. Die Patentansprüche 2, 3, 6 und 7 weisen zudem, wie bereits das Bundespatentgericht erkannt und der gerichtliche Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, auch in Verbindung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents keinen erfinderischen Gehalt auf. Patentanspruch 4 weist zusätzliche Merkmale auf, die sich auch in der vom Senat als schutzfähig erachteten Fassung von Patentanspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag teilweise wiederfinden.
Nach Patentanspruch 2 soll die Öffnung des Griffs so angeordnet sein, daß sie im wesentlichen dichtend der zu behandelnden Fläche angepaßt werden kann. Diese Anpassung ist bereits aus der US-Patentschrift 3 286 406 bekannt und für das Funktionieren einer ausschließlich mit Unterdruck arbeitenden Vorrichtung auch notwendig. Auch die italienische Patentschrift legt, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, die Maßnahme jedenfalls nahe.
Patentanspruch 3 bildet die Lehre des Patentanspruchs 2 weiter dahin aus, daß die Neigung der Öffnung zum Einlaßkanal des Griffs etwa 45° beträgt. Das ist, wie der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, eine rein handwerkliche Maßnahme ohne erfinderischen Gehalt. Den Neigungswinkel, der für die vorgesehene Anwendung geeignet ist, kann der Fachmann mit wenigen orientierenden Versuchen ermitteln.
Patentanspruch 6 sieht elektrische Mittel zum Erhitzen der abtragenden Materialien im Vorratsbehälter vor. Mit dem Bundespatentgericht und dem gerichtlichen Sachverständigen sieht der Senat hierin eine Routinemaßnahme des Fachmanns ohne erfinderischen Gehalt.
Einen austauschbaren Kopf vorzusehen, wie dies Patentanspruch 7 lehrt, offenbart bereits die italienische Patentschrift (Einsatzplättchen 37; Figur 4). Der gerichtliche Sachverständige hat hierin eine Selbstverständlichkeit gesehen.
IV. 1. Patentanspruch 1 in seinen hilfsweise verteidigten Fassungen unterscheidet sich von Patentanspruch 1 in der Fassung der neuen europäischen Patentschrift zunächst dadurch, daß die Vorrichtung als "humanmedizinische Abschabungsvorrichtung" bezeichnet ist. Dies bedeutet keine sachliche Änderung gegenüber der Bezeichnung in der in erster Linie verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 und kann insbesondere nicht dazu führen, etwa die US-Patentschrift 3 286 406 bei der Prüfung der Patentfähigkeit außer Betracht zu lassen. Im übrigen ergeben sich folgende zusätzliche Merkmale:

(3.4) Die Verbindung zwischen Versorgungsbehälter und Einlaß- kanal ist derart ausgebildet, daß die Vakuumquelle beim Verschließen der Öffnung ein Ansaugen im Inneren des Versorgungsbehälters erzeugt,
(4) (nach dem ersten Hilfsantrag:) der Versorgungsbehälter weist einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit regulierbaren Durchlaß auf, womit der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist.
(4’) (nach dem zweiten Hilfsantrag:) der Versorgungsbehälter weist einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit regulierbaren Durchlaß auf und es ist ein der Vakuumquelle zugeordneter Regulator vorgesehen, über welche der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist.
Das erste dieser Merkmale (3.4) ergibt sich dabei, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, notwendig aus Merkmal (3.3) und enthält damit als bloße Wirkungsangabe diesem gegenüber keinen Überschuß.
Merkmal (4) nach dem ersten Hilfsantrag ist jedenfalls durch die ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen nicht gedeckt. Die Beklagte kann
sich deshalb auf eine derartig beschränkte Fassung des Patentanspruchs 1 nicht zurückziehen (vgl. BGHZ 21, 8, 12 - Spritzgußmaschine I). Nach ihr wären vom Patentschutz nämlich auch Fälle erfaßt, bei denen der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen allein durch den in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit regulierbaren Durchlaß verstellbar ist. Derartiges ist aber in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht offenbart. Dort heißt es zwar (Beschreibung S. 2):
"According to one preferred embodiment of the invention, the inlet passage of the handle is connected to a supply container fort he reducing substances which has in its base a plurality of air-intake apertures with associated regulator valve means, …" (nach der Übersetzung: "Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung hat der Versorgungsbehälter für die abtragenden Materialien in seinem Boden mehrere Lufteinlaßöffnungen mit zugehörigen Regelventilen …").
Die weiteren Offenbarungsstellen machen jedoch klar, daß eine Reglung nur mittels dieser Öffnungen nicht beschrieben wird. So heißt es in der ursprünglichen Beschreibung S. 3:
"A passage 19 is situated in the base of the container 17 and communicates with the atmosphere through a valve system, generally indicated 20, including a pair of one-way valves 21, 22 supplied by a solenoid valve 23. The passage 19 opens into an annular manifold 24 formed in the base of the container 17 and communicating
with the interior thereof through a ring of axial holes 24 with associ- ated intake and shaking filters.” (Übersetzung: "An der Basis des Behälters 17 ist ein Durchlaß angeordnet, welcher über ein Ventilsystem , im allgemeinen mit 20 bezeichnet, welches ein Paar über ein Solenoid-Ventil 23 versorgte Eingangsventile 21, 22 beinhaltet, mit der Atmosphäre kommuniziert. Der Durchlaß 19 öffnet sich in einen ringförmigen, in der Basis des Behälters 17 ausgebildeten Verteiler 24, welcher mit dem Inneren des Behälters 17 über einen Ring axialer Löcher 25 mit zugeordnetem Einlaß und aufschüttelnden Filtern 26 kommuniziert.").
Weiter (Beschreibung S. 4/5):
"The degree of micro-abrasion caused on the surface under treatment is adjustable by the operation of both the regulator 14 associated with the vacuum pump 15 and the solenoid valve unit 20, whereby the flow of atmospheric air sucked into the container 17 is regulated automatically ...” (Übersetzung: "Der Grad der Mikroabschabung auf der zu behandelnden Fläche ist durch Betätigung des der Vakuumpumpe zugeordneten Regulators 14 und der SolenoidVentileinheit 20 einstellbar, wobei der Strom der in den Behälter 17 eingesogenen atmosphärischen Luft automatisch geregelt wird...".).
Hieraus ergibt sich, daß die Regulierung nur in der Weise beschrieben ist, daß sie sowohl durch den Regulator 14 und die Ventileinheit 20 erfolgt. Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend
bestätigt, daß der Fachmann die Offenbarung der Reglung durch beide Regelungsmittel nur kumulativ versteht. Dies wird durch die ursprüngliche Beschreibung S. 5 bestätigt, wonach der Regulator 14 den Strom der eingesogenen Luft beeinflußt, während das Ventil 20 einen Unterdruck im Behälter 17 erzeugt.
Merkmal (4) in der Fassung des zweiten Hilfsantrags trägt den Offenbarungsbedenken Rechnung. Gesichtspunkte, aus denen sich ergeben könnte, daß die ihr entsprechende Anspruchsfassung nicht durch die ursprüngliche Offenbarung oder das erteilte Patent gedeckt sein könnte, haben sich nicht ergeben. Insbesondere mußte sich die Beklagte nicht auf die zumindest teilweise engere Fassung des Patentanspruchs 4 beschränken (vgl. Sen.Urt. v. 18.5.1999 - X ZR 113/96, bei Bausch aaO. Bd. 3, 180, 194 f. - Ventilbetätigungsvorrichtung

).


2. a) Patentanspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag ist neu. Dies ist auch von den Klägerinnen nicht in Zweifel gezogen worden.

b) Der Senat kann nicht feststellen, daß Patentanspruch 1 in dieser Fassung durch den Stand der Technik nahegelegt ist. Das geht zu Lasten der Klägerin (vgl. nur Sen.Urt. v. 10.11.1998 - X ZR 137/94, Mitt. 1999, 362, 364 - Herzklappenprothese).
Die Maßnahme, zur Verstellbarkeit, d.h. Regulierbarkeit der Abschabungen sowohl einen der Vakuumquelle zugeordneten Regulator als auch einen regulierbaren Durchlaß des Versorgungsbehälters heranzuziehen, ist in dem dem Senat bekannt gewordenen Stand der Technik nicht beschrieben. Die Be-
fragung des gerichtlichen Sachverständigen dazu, ob es sich um eine aus dem Fachwissen und Fachkönnen naheliegende Maßnahme handelt, hat nicht zu einem eindeutigen Ergebnis zu Lasten der beklagten Patentinhaberin geführt. Der gerichtliche Sachverständige hat die Maßnahme zunächst - in einer eher spontanen Reaktion als nicht nahe liegende bezeichnet. Auch bei ins einzelne gehender Diskussion ist er zunächst bei dieser Auffassung geblieben; insbesondere hat er angegeben, eine feinfühlige Regulierung sei auch früher schon möglich gewesen; bei der zweiten Maßnahme (Regulierung des Lufteinlasses in den Vorratsbehälter) gehe es aber um die Dosierung der Zumischung. Reiche die Partikelmenge nicht aus, werde der Fachmann zunächst über die andere Regulierungsmöglichkeit Abhilfe schaffen wollen. Erst auf gezielte Befragung nach der Notwendigkeit eines Luftzutritts auf Grund der Absaugung hat der gerichtliche Sachverständige zunächst seine Auffassung in Frage gestellt und er ist nach längeren Überlegungen auf Grund der Annahme, daß der Fachmann die Bedeutung der Verwirbelung der Schleifpartikel in einem Vakuumsystem erkenne, zu dem Ergebnis gekommen, dieser werde zwei Regelsysteme vorsehen.
Dieses Ergebnis erfordert indessen, wie die Befragung des hochqualifizierten Sachverständigen eindrucksvoll belegt hat, schon für diesen einen erheblichen gedanklichen Aufwand. Umso mehr kann der Senat nicht ausschließen , daß dieser Aufwand für den deutlich geringer qualifizierten Fachmann bereits den Bereich des Erfinderischen berührte.
3. An den demnach schutzfähigen Patentanspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag können sich die Patentansprüche 2 - 4, 6 und 7 mit entsprechend geänderter Rückbeziehung anschließen.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit §§ 91, 92, 97 ZPO. Der Senat hat schon mangels besserer Erkenntnismöglichkeiten die Obsiegens- und Unterliegensanteile auf Kläger- und Beklagtenseite als ungefähr gleich bewertet.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 4


Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinne des § 3 Abs. 2, so werden diese

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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2000 - X ZR 145/98

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Berichtigt durch Beschluß vom 9. Januar 2001 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 145/98 Verkündet am: 7. November 2000 Fritz Justizangestell
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 7/00 Verkündet am:
24. September 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
blasenfreie Gummibahn I
PatG (1981) §§ 81 ff.
Im Patentnichtigkeitsverfahren bedarf es der Feststellung des Gegenstands
eines angegriffenen Patentanspruchs nur in dem Umfang, wie dies zur
Prüfung der Bestandsfähigkeit des Patents gegenüber dem geltend gemachten
Nichtigkeitsgrund erforderlich ist. Für diese Feststellung gelten die
gleichen Grundsätze wie bei der Feststellung des Sinngehalts und bei der
Auslegung des Patents im Verletzungsstreit. Dabei darf im Nichtigkeitsverfahren
nicht etwa deshalb eine einengende Auslegung der angegriffenen
Patentansprüche zugrunde gelegt werden, weil mit dieser die Schutzfähigkeit
eher bejaht werden könnte.
EPÜ Art. 138 Abs. 1; IntPatÜG Art. II § 6 Abs. 1; PatG (1981) § 21 Abs. 1
Eine "unangemessene Anspruchsbreite" füllt für sich gesehen einen der
gesetzlichen Nichtigkeitsgründe grundsätzlich nicht aus.
EPÜ Art. 56, PatG (1981) § 4
Eine von einem bestimmten Zweck oder Ergebnis losgelöste, letztlich nach
Belieben getroffene Auswahl eines engeren Bereichs aus einem größeren
ist für sich grundsätzlich nicht geeignet, eine erfinderische Leistung zu begründen.
BGH, Urt. v. 24. September 2003 - X ZR 7/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof.
Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 12. Oktober 1999 abgeändert: Das europäische Patent 0 433 563 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß sein Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält, auf die sich die Patentansprüche 2 und 3 zurückbeziehen: "1. Verfahren zur Herstellung einer Gummibahn mit folgenden Verfahrensschritten : - der noch ungehärteten Gummimasse wird vor der Vulkanisation eine Fraktion vulkanisierten, zerkleinerten Materials mit unregelmäßiger Grundstruktur in räumlich gleichmäßiger Verteilung beigemischt , die eine durch Siebanalyse ermittelbare Partikelgröße des Materials von 0,7 mm ± 0,1 mm in einer Menge von 1 – 4 Gew.%, bezogen auf das Gesamtmischungsgewicht, aufweist, - das so erhaltene Gemisch wird kalandriert - und anschließend ausvulkanisiert, - so daß die so hergestellte Gummibahn blasenfrei ist." Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin drei Viertel und die Beklagte ein Viertel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 13. September 1990 unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 22. Dezember 1989 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 433 563 (Streitpatents), das ein "Verfahren zur Herstellung einer blasenfreien, kalandrierten Gummibahn" betrifft und drei Patentansprüche umfaßt, die in der Verfahrenssprache Deutsch wie folgt lauten:
"1. Verfahren zur Herstellung einer blasenfreien, kalandrierten Gummibahn , in dem man der noch ungehärteten Gummimasse, vor der Vulkanisation, eine Fraktion vulkanisierten, zerkleinerten Materials mit unregelmäßiger Grundstruktur in räumlich gleichmäßiger Verteilung beimischt, wobei man eine durch Siebanalyse ermittelbare Partikelgröße des Materials von 0,7 mm ± 0,1 mm wählt bei einer Dosierung von 1 – 4 Gew.%, bezogen auf das Gesamtmischungsgewicht , und wobei man anschließend das Gemisch ausvulkanisiert.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man zusätzlich , unmittelbar vor der Vulkanisation, auf die Oberfläche der Gesamtmischung vulkanisiertes, zerkleinertes Material mit einer Korngröße von 20 – 80% der gewünschten Enddicke der Gummibahn gleichmäßig aufstreut in einer Menge zwischen 5 und 50 g/m2, und daß man anschließend mittels einer glatten Walze bei einem
Druck von 3 – 15 bar das aufgestreute Material bis zum Oberflächen -Niveau der Gummimasse eindrückt.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß man als letzten Schritt vor der Vulkanisation die Oberfläche des Vulkanisates mit einer Prägestruktur versieht.“
Die Klägerin hat beantragt, das Streitpatent für nichtig zu erklären. Sie hat geltend gemacht, daß dessen Gegenstand nicht patentfähig sei, weil er durch den Stand der Technik, wie ihn insbesondere die US-Patentschrift 2.535.034 (Armstrong), die deutsche Patentschrift 36 23 795 (Rehau) und die Unterlagen der nach dem Gesetz der Alliierten Hohen Kommission Nr. 8 vom 20. Oktober 1949 (AHK 8) übergeleiteten, unter dem Aktenzeichen M 3872 XII/39a geführten deutschen Altpatentanmeldung vom 22. Juli 1941 (Michelin; Beschreibung vom 26.5.1952; Hinweis auf die Auslegung vom 30.10.1952) bildeten, vorweggenommen , jedenfalls aber für den Fachmann nahegelegt gewesen sei; sie hat sich zudem auf weitere Literaturstellen gestützt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten ; das Bundespatentgericht hat sie abgewiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel weiter. Sie macht weiter sinngemäß geltend, daß die Erfindung nicht so deutlich offenbart sei, daß ein Fachmann sie ausführen könne. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit folgendem, hinsichtlich kleiner Versehen korrigiertem Patentanspruch 1, auf den sich die Patentansprüche 2 und 3 zurückbeziehen sollen:
"1. Verfahren zur Herstellung einer Gummibahn mit folgenden Verfahrensschritten : - der noch ungehärteten Gummimasse wird vor der Vulkanisation eine Fraktion vulkanisierten, zerkleinerten Materials mit unregelmäßiger Grundstruktur in räumlich gleichmäßiger Verteilung bei-
gemischt, die eine durch Siebanalyse ermittelbare Partikelgröße des Materials von 0,7 mm ± 0,1 mm in einer Menge von 1 – 4 Gew.%, bezogen auf das Gesamtmischungsgewicht, aufweist, - das so erhaltene Gemisch wird kalandriert - und anschließend ausvulkanisiert, - so daß die so hergestellte Gummibahn blasenfrei ist."
Die Klägerin sieht auch die hilfsweise verteidigte Fassung der Patentansprüche als nicht schutzfähig an.
Prof. Dr.-Ing. D. M. , hat im Auftrag des Senats ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


I. Die zulässige Berufung führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang seines Patentanspruchs 1 und der Unteransprüche in Rückbeziehung auf diesen, während sie ohne Erfolg bleibt, soweit die Beklagte das Streitpatent mit den Patentansprüchen nach Hilfsantrag verteidigt. Insoweit kann – was zu Lasten der Klägerin geht – der Senat nicht feststellen, daß der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. a; Art. 52 ff. EPÜ). Die in Rückbeziehung auf den nicht bestandsfähigen Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung nicht verteidigten Patentansprüche 2 und 3 des Streitpatents werden in der Rückbeziehung auf den hilfsweise verteidigten Patentanspruch 1 von diesem mitgetragen. Durchgreifende Bedenken gegen die Ausführbarkeit der unter Schutz gestellten Gegenstände bestehen nicht (Art. II § 6 Nr. 2 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. b EPÜ); dies gilt sinngemäß auch für die hilfsweise verteidigten Patentansprüche.
II. 1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer blasenfreien , kalandrierten Gummibahn. Ein auf eine solche Gummibahn gerichteter Sachanspruch ist im Streitpatent nicht enthalten. Danach ist die Gummibahn als solche zwar vom Schutz des Streitpatents als unmittelbares Verfahrenserzeugnis erfaßt (§ 9 Nr. 3 PatG i.V.m. Art. 64 EPÜ), sie ist dagegen nicht Gegenstand des Patents (vgl. Senat BGHZ 95, 295, 298 – borhaltige Stähle).
2. Das Streitpatent bezeichnet es als üblich, zur Herstellung von Elastomer -Bahnenwerkstoffen und von bahnenförmigen Dichtungsmaterialien im Kalandrierverfahren einen Rohling entsprechender Dicke herzustellen und diesen sodann einem kontinuierlichen Vulkanisationsprozeß zu unterziehen. Dabei entstehe jedoch kein blasenfreier Rohling, weil sich im Kalandrierverfahren vorgebildete Blasen in der Rohlingsbahn im Fertigerzeugnis nachteilig bemerkbar
machten; insbesondere träten Ausschuß und Fehlerstellen auf, die bei Flachdichtungen die Funktionsfähigkeit gefährdeten.
3. Durch das Streitpatent soll demgegenüber ein Verfahren zur Verfügung gestellt werden, mit dem ohne sonstige Qualitätsverluste blasenfreie kalandrierte Gummibahnen hergestellt werden können (vgl. Beschreibung S. 2 Z. 24 – 27).
4. a) Hierzu lehrt das Streitpatent ein Verfahren mit folgenden Merkmalen:
(1) Der noch ungehärteten Gummimasse wird beigemischt (1.1) eine Fraktion vulkanisierten Materials (1.2) in räumlich gleichmäßiger Verteilung (1.3) in einer Dosierung von 1 – 4 Gew.%, bezogen auf das Gesamtmischungsgewicht.
(2) Das beigemischte vulkanisierte Material (2.1) ist zerkleinert, (2.1.1)weist eine Partikelgröße von 0,7 mm ± 0,1 mm auf und (2.2) hat eine unregelmäßige Grundstruktur.
(3) Anschließend wird das Gemisch ausvulkanisiert.

b) Die Beschreibung des Streitpatents gibt erläuternd an, systematische Versuche hätten überraschenderweise ergeben, daß bei Einhaltung der in Patentanspruch 1 angegebenen Grenzen ein Optimum an Blasenfreiheit in der Elastomerbahn erreicht werde. Zerkleinertes Material mit unregelmäßiger Raumstruktur sei mühelos zu erreichen, wenn man vulkanisierte Teile wie Produktionsrückstände in einer Prallmühle vermahle.

c) Die Angabe, daß die Beimischung vor der Vulkanisierung erfolgt, enthält dabei keinen sachlichen Überschuß gegenüber der weiteren Angabe im Patentanspruch, daß das Gemisch anschließend ausvulkanisiert wird.

d) Das Kalandrieren stellt nach der Formulierung des Patentanspruchs 1 keinen eigenen Verfahrensschritt dar, es ist vielmehr lediglich als Eigenschaft oder Zustand ("kalandriert") des angestrebten Produkts formuliert. In welcher Form diesem die Eigenschaft des Kalandriertseins vermittelt wird, ergibt sich aus der Formulierung des Patentanspruchs nicht. Die Eigenschaft, in bestimmter Weise hergestellt zu sein, muß einem Verfahrenserzeugnis auch nicht notwendig anzusehen sein. Aus der Sicht des Fachmanns erscheint sie daher nur als ein Hinweis, mit dem nicht ein Herstellungsschritt, sondern ein Zustand des Verfahrenserzeugnisses kurz und prägnant umschrieben wird.
Dies zeigt zugleich, daß bei einem Patentanspruch, der wie hier auf ein Herstellungsverfahren gerichtet ist, Angaben, die sich auf Eigenschaften des mit dem Verfahren herzustellenden Erzeugnisses beziehen, aber selbst nicht als Verfahrensschritt formuliert sind, jedenfalls nicht notwendig und nicht ohne weiteres Einschränkungen des Gegenstands des Patentanspruchs dahin bedeuten, daß eine aus der Eigenschaft abzuleitende weitere, im Patentanspruch aber nicht als Verfahrensschritt genannte Maßnahme ihrerseits zum Gegenstand des Patentanspruchs gehört.
III. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Erfindung im Streitpatent so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann, als den der Senat in Übereinstimmung mit den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen einen Hochschulingenieur der Fachrichtung Verfahrenstechnik mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Kautschukverarbeitung ansieht, sie ausführen kann.
1. Die Klägerin hat ihre Auffassung im wesentlichen damit begründet, daß Patentanspruch 1 nach seiner Formulierung jede beliebige Gummimasse und
damit auch solche erfasse, bei denen Blasenbildung nicht auftrete. Das steht der Ausführbarkeit indessen schon deshalb nicht entgegen, weil auch bei derartigen Ausgangsmaterialien die Verfahrensschritte, die Gegenstand des Patentanspruchs sind, ausgeführt werden können; nur hierauf kann es aber nach der Formulierung des Patentanspruchs ankommen, nicht dagegen auf eine Sinnhaftigkeit der Anweisung bei allen denkbaren Ausführungsformen. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, entstände bei der Anwendung des Verfahrens auf Gummimassen, bei denen Blasenbildung nicht auftritt, im übrigen ebenfalls eine blasenfreie Gummibahn.
2. Die Klägerin macht weiter geltend, nur einer der in der Beschreibung angegebenen Versuche führe mit den dort angegebenen Parametern zu einer blasenfreien Bahn. Hierauf kommt es indessen schon deshalb nicht an, weil es für die Bejahung der Ausführbarkeit ausreicht, wenn lediglich ein gangbarer Weg zum Ausführen der Erfindung offenbart ist (vgl. Senat BGHZ 147, 306, 316 ff. – Taxol).
3. Aus dem gleichen Grund geht auch das Argument der Klägerin fehl, es wären Angaben über die Druckverhältnisse und die Temperatur bei der Vulkanisation erforderlich gewesen, da Blasenbildung nur dann auftrete, wenn der Vulkanisationsprozeß bei geringem Druck ausgeübt werde. Darüber hinaus hat der gerichtliche Sachverständige insoweit bei seiner Anhörung zur Überzeugung des Senats ausgeführt, daß das Auffinden dieser Parameter von einem Anwender des patentgemäßen Verfahrens auch ohne nähere Hinweise in der Streitpatentschrift erwartet werden konnte.
4. Die schließlich von der Klägerin jedenfalls implizit vertretene Auffassung , Patentanspruch 1 müsse eine vollständige Lehre zum technischen Handeln aufweisen, ist, wie der Senat erst kürzlich ausgeführt hat, rechtlich nicht zutreffend. Die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung der Erfindung benötigt, müssen nicht sämtlich im Patentanspruch enthalten sein; es genügt vielmehr, wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt ergeben (Sen.Urt. v. 1.10.2002 – X ZR
112/99, GRUR 2003, 235 – Kupplungsvorrichtung II). Bei den in den Patentanspruch aufgenommenen Maßnahmen ist bei der Prüfung der ausführbaren Offenbarung deshalb nicht danach zu fragen, ob diese bei isolierter Betrachtung für sich als "hinreichend" gewertet werden können.
5. Daran, daß der Fachmann die in Patentanspruch 1 genannten Maßnahmen im Verfahrensgang vornehmen kann, bestehen auch nach dem in der mündlichen Verhandlung überzeugend näher erläuterten Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen keine Zweifel.
6. Die von der Klägerin weiter angesprochene Anspruchsbreite bildet keinen Grund, das Streitpatent für nichtig zu erklären. Auch wenn die Patentansprüche über einen der Erfindung angemessenen Umfang hinausgehen sollten, füllt das für sich gesehen keinen der gesetzlichen Nichtigkeitsgründe aus (vgl. Busse, PatG 5. Aufl. 1999 § 34 PatG Rdn. 88). Sofern sich aus der Rechtsprechung insbesondere des House of Lords (GRUR Int. 1998, 412, 419 Biogen/Medeva; sogenannte "Biogen insuffiency"; vgl. auch Gerechtshof Den Haag BIE 1999, 394, 397) etwas anderes ergeben sollte, könnte der Senat für eine solche Auffassung keine Stütze in dem abschließenden Katalog der Nichtigkeitsgründe erkennen. In diesem Zusammenhang kommt es zudem darauf, wieweit die Ausführungsbeispiele zu blasenfreien Gummibahnen führen, schon deshalb nicht an, weil die Gummibahnen nicht Gegenstand des Patentanspruchs sind. Schließlich erscheint der Angriff aber auch sachlich nicht als berechtigt, weil nach den von der Klägerin nicht widerlegten Ausführungsbeispielen jedenfalls eines zu einer blasenfreien und mehrere zu deutlich blasenärmeren Bahnen führen.
IV. Der wie unter II. erläutert verstandene Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner erteilten Fassung ist gegenüber dem Stand der Technik nicht schutzfähig.
1. a) Der Prüfung der Schutzfähigkeit ist die in den Patentansprüchen unter Schutz gestellten Lehre zu unterziehen. Dabei bedarf es der Feststellung des Gegenstands der angegriffenen Patentansprüche nur in dem Umfang, wie dies zur Prüfung der Bestandsfähigkeit des Patents gegenüber den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen erforderlich ist. Für diese Feststellung gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Feststellung des Sinngehalts und bei der Auslegung des Patents im Verletzungsstreit (vgl. Sen.Urt. v. 7.11.2000, berichtigt am 9.1.2001 – X ZR 145/98, GRUR 2001, 232 – Brieflocher).

b) Grundlage für die Bestimmung der danach geschützten Lehre ist das Verständnis der Patentansprüche durch den maßgeblichen Fachmann. Erscheinen – auch unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen – Formulierungen in den Patentansprüchen als mehrdeutig, ist gleichwohl zu ermitteln, welche Vorstellungen der Fachmann mit ihnen verbindet. Dabei darf im Nichtigkeitsverfahren nicht etwa deshalb eine einengende Auslegung der angegriffenen Patentansprüche zugrunde gelegt werden, weil mit dieser die Schutzfähigkeit eher bejaht werden könnte.
2. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner erteilten Fassung ist allerdings neu; keine der Entgegenhaltungen offenbart ein Verfahren mit sämtlichen dort vorgesehenen Maßnahmen.

a) Die auf das Jahr 1941 zurückgehende Patentanmeldung M 3872 XII/39a (Michelin) betrifft ein Verfahren zur Aufarbeitung von Altkautschuk, der aus abgenutzten Erzeugnissen wie Reifen in großen Mengen anfällt. Nach dem dort gemachten Vorschlag werden einer vulkanisationsfertig vorliegenden Kautschukmischung polyedrisch gekörnte (vulkanisierte) Altkautschukteile einverleibt. Die Angabe, "die Mengenanteile der Körner und des Frischgemisches sind beliebig", stellt es dabei in das Belieben der Fachwelt, in welchen Mengen die Beimischung erfolgt, und erfaßt somit auch die Mengenangabe des Streitpatents. Dabei kann dahinstehen, ob dies in einer für die Prüfung auf Schutzfähigkeit gegenüber dem
Stand der Technik relevanten Weise geschieht, etwa als Offenbarung einer Bereichsangabe in der Form <100% und >0% (vgl. Sen.Urt. v. 7.12.1999 – X ZR 40/95, GRUR 2000, 591, 593 f. – Inkrustierungsinhibitoren), wogegen Bedenken geltend gemacht werden könnten, weil die Angabe, die Werte könnten beliebig gewählt werden, sich einer konkreten Bereichsangabe gerade enthält. Angaben zur Teilchengröße in der Entgegenhaltung fehlen ganz und sind, wie der gerichtliche Sachverständige auf Befragen in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dieser auch nicht zu entnehmen. Damit mag zwar der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents unter die allgemeinere Lehre der Entgegenhaltung fallen; ein Neuheitshindernis stellt dies schon deshalb nicht dar, weil das Streitpatent eine zusätzliche Maßnahme vorsieht, die die Entgegenhaltung nicht offenbart.

b) Die auf eine Anmeldung aus dem Jahr 1946 zurückgehende USPatentschrift 2.535.034 (Armstrong) betrifft die Herstellung von Kautschukfolien und –platten ("sheets"). Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die dabei auftretende Blasenbildung zu verhindern, ohne auf das Material während des Aushärtens hohe Drücke aufbringen zu müssen. Die Entgegenhaltung schlägt hierfür die Zugabe verschiedener Zusatzstoffe zum unvernetzten (d.h. noch nicht vulkanisierten) Kautschuk sowie bestimmte Temperatur- und Druckführungen vor. Das Material kann kalandriert werden und wird einer Aushärtung unterzogen. Ein Hinweis auf die Beimischung vulkanisierten Materials findet sich nicht; das haben auch das sachkundig besetzte Bundespatentgericht und der gerichtliche Sachverständige so gesehen. Damit sind die Merkmalsgruppen (1) und (2) nicht vorweggenommen.

c) Die deutsche Patentschrift 36 23 795 (Rehau) betrifft die Verwendung einer Fraktion gehärteter Partikel aus elastomerem Material als Beimischung zu Elastomeren vor deren Aushärtung. Dadurch sollen "definiert unruhige" Oberflächen von Elastomerprodukten erzeugt werden. Hierunter fällt, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend angegeben hat, eine etwa auftretende Blasenbildung nicht. Die einzusetzenden Materialien umfassen
auch die Gummimasse und die Fraktion vulkanisierten Materials nach Patentanspruch 1 des Streitpatents. Das beizumischende Material weist dabei in teilweiser Übereinstimmung mit dem Streitpatent eine Partikelgröße von 0,1 mm bis 1 mm auf. Das Ausgangsmaterial wird im Lauf des Herstellungsverfahrens einer Härtung unterzogen (Beschreibung Sp. 3 Z. 55 f.); von diesem Begriff ist, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, auch das Ausvulkanisieren erfaßt. Damit nimmt diese Entgegenhaltung jedenfalls die Merkmale (1), (1.1), (2), (2.1.1) und (3) vorweg. Die Anteile betragen jedoch abweichend vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents 5 bis 60, bevorzugt 20 bis 40, Teile von 100 Teilen und liegen daher außerhalb des in Merkmal (1.3) des Patentanspruchs 1 des Streitpatents genannten Bereichs; daß die Angabe hier anders als im Streitpatent nicht auf das Gewicht, sondern auf das Volumen abstellt, spielt wegen des nahezu gleichen spezifischen Gewichts der Materialien nach den überzeugenden Angaben des gerichtlichen Sachverständigen im Ergebnis keine Rolle. Dies schließt es aus, Patentanspruch 1 des Streitpatents als durch die Entgegenhaltung neuheitsschädlich getroffen anzusehen.

d) Der sonst noch genannte Stand der Technik liegt weiter ab und kann die Neuheit der in Patentanspruch 1 des Streitpatents unter Schutz gestellten Lehre nicht in Frage stellen.
3. Bei Anlegung der oben genannten Maßstäbe erfaßt Patentanspruch 1 selbst dann, wenn man alle in ihm enthaltenen Angaben als Lösungsmerkmale verstehen wollte, Ausführungsformen, die durch den Stand der Technik jedenfalls nahegelegt sind. Damit beruht er nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 54, 56 EPÜ).

a) Der Formulierung in Patentanspruch 1 des Streitpatents läßt sich eine exakte Eingrenzung des Begriffs "kalandriert" nicht entnehmen. Die Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen hat ergeben, daß dieser Begriff auch so verstanden werden kann, daß er nicht nur das Kalandrieren als einzigen Arbeitsschritt zur Ausbildung der Bahnform, sondern als weitere Alternative auch ein Extrudieren mit
anschließendem Glattwalzen umfaßt. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen wird das (reine) Kalandrierverfahren vor allem bei der Herstellung breiterer Gummibahnen eingesetzt, während das Extrudierverfahren mit anschließendem Glattwalzen (das der gerichtliche Sachverständige zunächst ebenfalls, nach näherer Diskussion mit den Parteien und dem Gericht aber im weiteren Verlauf seiner Anhörung nicht mehr, dem Kalandrieren zugeordnet hat) bevorzugt bei der Erzeugung schmalerer Gummistreifen in Betracht kommt. Daß die Ausführungsbeispiele des Streitpatents durchwegs ein Kalandrieren im engeren Sinn, d.h. nicht das Extrudieren mit nachfolgendem Walzen, betreffen, führt schon wegen ihres Beispielcharakters in den Augen des Fachmanns nicht zu einer Festlegung auf ein engeres Verständnis. Dieses aus der Sicht des Fachmanns unsichere Verständnis des "Kalandriertseins" (s. oben II.4.d) legte es selbst unter Berücksichtigung des weiteren Umstands, daß die Gefahr der Blasenbildung gerade bei einem Kalandrieren im engeren Sinn bestand, für ihn jedenfalls nicht nahe, darin unter Außerachtlassen der für eine Verfahrensmaßnahme ungewöhnlichen sprachlichen Einkleidung einen konkreten Verfahrensschritt , insbesondere mehr als das Vorhandensein einer breit ausgewalzten, dünnen Kautschukbahn zu sehen, wie sie auch mittels eines Extrudier- und Walzverfahrens erzeugt werden kann.

b) Patentanspruch 1 bezieht somit jedenfalls auch die nach den unwidersprochen gebliebenen und für den Senat überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen am Prioritätstag des Streitpatents bereits bekannte Kombination von Extrusion mit nachfolgendem Glattwalzen ein. Auch wenn dabei die Beifügung von Körnchen zur Herstellung der Blasenfreiheit schon deshalb nicht erforderlich ist, weil bei einem solchen Verfahren nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen eine Blasenbildung nicht auftritt, kam diese Maßnahme aus der Sicht des Fachmanns aber etwa zur Herstellung von unruhigen Oberflächen, wie dies die deutsche Patentschrift 36 23 795 beschreibt, in Betracht. Daß die im Streitpatent unter Schutz gestellten Parameter von den in dieser deutschen Patentschrift genannten abweichen, läßt vor dem Hintergrund,
daß es nach dem unter II. erläuterten Verständnis des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in seiner erteilten Fassung auf den Zweck der Beimischung nicht ankommt, die Annahme einer erfinderischen Tätigkeit nicht zu. Eine von einem bestimmten Zweck oder Ergebnis losgelöste, letztlich nach Belieben getroffene Auswahl eines engeren Bereichs aus einem größeren ist für sich nämlich grundsätzlich nicht geeignet, eine erfinderische Leistung zu begründen.

c) Dabei kommt es notwendigerweise schon auf Grund der Beliebigkeit der Maßnahme nicht darauf an, ob der Fachmann Anlaß hatte, diese vorzunehmen. Der insbesondere in der Praxis des Europäischen Patentamts entwickelte sogenannte "could-would-test" (vgl. u.a. Schulte, PatG, 6. Aufl. 2001, § 4 Rdn. 62; Benkard, EPÜ, 2002, Art. 56 Rdn. 60; Kroher in Singer/Stauder, EPÜ, 2. Auflage 2000, Art. 56 Rdn. 58 ff.; White, C.I.P.A. Guide to the Patents Acts. 5th ed., 2001, Rdn. 3.33, jeweils m.w.N.) mag vielfach für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wertvolle Fingerzeige geben. Er kann aber in solchen Fällen nicht weiterführen, in denen – wie hier – dem Fachmann eine beliebige Auswahl an Möglichkeiten zur Verfügung stand; Kriterien für eine Vorzugswürdigkeit einer bestimmten Alternative aber fehlen.

d) Bei der gleichmäßigen Verteilung und der unregelmäßigen Grundstruktur des beizufügenden Materials handelt es sich ersichtlich um Trivialitäten, die sich mehr oder weniger zwangsläufig oder nach Belieben ergeben. Die schließlich noch im Patentanspruch 1 des erteilten Patents aufgeführte Maßnahme des anschließenden Ausvulkanisierens ist eine Selbstverständlichkeit.
V. Der Senat kann demgegenüber nicht feststellen, daß das in Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner hilfsweise verteidigten Fassung unter Schutz gestellte Verfahren gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig ist. Insoweit sprechen vielmehr gewichtige Argumente für das Vorliegen einer erfinderischen Leistung. Gegen seine urspüngliche Offenbarung bestehen keine Bedenken; auch
ist er durch das erteilte Patent gedeckt, die Patentinhaberin konnte sich daher auf ihn zurückziehen.
1. Diese Fassung unterscheidet sich von der des erteilten Patents dadurch , daß sie deren weitere Angaben zu Merkmalen der anspruchsgemäßen Problemlösung macht. Sie enthält den weiteren Verfahrensschritt des Kalandrierens des Gemischs vor dem Ausvulkanisieren sowie eine Festlegung dahin, daß das Verfahrenserzeugnis, die Gummibahn, infolge der Durchführung des Verfahrens blasenfrei ist. Mit der Formulierung "so daß" im Zusammenhang mit der Beschreibung des durch das patentgemäße Verfahren zu erhaltenden Erzeugnisses wird zum Ausdruck gebracht, daß das Erzeugnis maßgeblich zumindest auch auf diesen Maßnahmen beruhen muß, d.h., daß die weiteren Maßnahmen jedenfalls im Sinn nicht hinwegzudenkender Bedingungen für die Blasenfreiheit (mit)ursächlich sein müssen. Bestärkt wird dies dadurch, daß auch das Kalandrieren als Verfahrensschritt ausdrücklich in das geschützte Verfahren einbezogen wird. Da diese Maßnahme – in ihrem engeren Verständnis – nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen bei seiner Anhörung im besonderen Maß die Gefahr von Gaseinschlüssen mit sich bringt, unterstreicht ihre Einbeziehung die kausale Verknüpfung auch dieser vorgeschlagenen Maßnahme mit den Eigenschaften des herzustellenden Erzeugnisses.
2. Der Gegenstand des hilfsweise verteidigten Patentanspruchs 1 ist neu, wie sich schon aus den Ausführungen zu Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner verteidigten Fassung ergibt.
3. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sieht der Senat als nächstkommenden Stand der Technik die deutsche Patentschrift 36 23 795 an, die sich zwar ein anderes Ziel gesetzt hat als das Streitpatent, aber die meisten merkmalsmäßigen Übereinstimmungen mit diesem aufweist. Für die Dosierungsangabe in Merkmal (1.3) läßt sich ein Naheliegen nicht feststellen. Insbesondere war aus der Sicht des Fachmanns ein Grund dafür, den in der Entgegenhaltung
genannten Mengenbereich zu unterschreiten, nicht zu erkennen. Die danach bevorzugten Werte lagen am anderen Ende des offenbarten Bereichs. Für eine Eignung der Zugabe zur Vermeidung einer Blasenbildung ist der Entgegenhaltung für den hier interessierenden Wertebereich nichts zu entnehmen; sie ist dort überhaupt nicht angesprochen. Auch dem Stand der Technik im übrigen sind zielführende Hinweise nicht zu entnehmen. Für den Fachmann ergab sich damit keinerlei Hinweis auf die für die Verhinderung einer Blasenbildung geeigneten Maßnahmen. Da die Zugabe der vulkanisierten Teile nach der deutschen Patentschrift 36 23 795 einem ganz anderen Zweck dient, hatte der Fachmann keinen Anlaß, sich darüber Gedanken zu machen, ob er mit der – gegenüber dem unteren Grenzwert allerdings relativ geringen – Modifikation der Dosierung gegenüber dieser Entgegenhaltung eine Beeinflussung der Blasenbildung erreichen konnte. Damit fehlte es zugleich an einer Anregung, die dort offenbarten Werte mit der Zielrichtung der Blasenfreiheit zu ändern.
Die US-Patentschrift 2.535.034 geht zur Vermeidung der Blasenbildung einen ganz anderen Weg und sieht schon eine Beimischung vulkanisierten Materials nicht vor.
Der allgemeinen Angabe in der Michelin-Anmeldung, man könne – zur Wiederverwendung von Altkautschuk – Beimischungen in beliebiger Menge vornehmen, konnte der Fachmann, wenn er vor das Problem der Vermeidung der Blasenbildung gestellt war, ebenfalls keine Anregung entnehmen, die Dosierung der Beimischung gegenüber dem Rehau-Patent zu diesem Zweck auf bestimmte Werte zu konzentrieren. Die Entgegenhaltung enthält hierzu keinen Hinweis.
Gesichtspunkte, die bei dem hilfsweise verteidigten Patentanspruch 1 gleichwohl eine Verneinung der erfinderischen Tätigkeit rechtfertigen könnten, sind nicht hervorgetreten.
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 91 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf
Berichtigt durch Beschluß
vom 9. Januar 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 145/98 Verkündet am:
7. November 2000
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Brieflocher
EPÜ Art. 52 Abs. 1, 54 Abs. 1, 56, 69 Abs. 1
Sowohl für die Prüfung der Patentfähigkeit als auch für die Bestimmung des Schutzbereichs
sind Begriffe in den Patentansprüchen so zu deuten, wie sie der angesprochene
Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung
der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht .
BGH, Urteil vom 7. November 2000 - X ZR 145/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom
7. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Melullis,
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin werden das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats II) des Bundespatentgerichts vom 4. März 1998 (2 Ni 16/97 (EU)) teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des am 6. Juli 1990 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 14. August 1989 angemeldeten europäischen Patents 487 542 (Streitpatents). Das Streitpatent, das einen Brieflocher betrifft, umfaßt zehn Patentansprüche, von denen die Ansprüche 3 und 6 wie folgt lauten:
"3. Brieflocher mit einem Unterteil (10), einem an seitlichen Lagerbökken (14) des Unterteils schwenkbar gelagerten, auf am Unterteil ver-
schiebbar geführten Lochstempel gegen die Rückstellkraft einer Feder einwirkenden Druckhebel (18), wobei der Druckhebel seitlich nach unten gebogene, die Lagerböcke außenseitig überlappende Lagerlappen (28) und eine stirnseitig am Druckhebel im Bereich zwischen den Lagerlappen nach unten gebogene, unter der Einwirkung der Rückstellkraft der Feder gegen Anschlagkanten an den Lagerböcken anschlagende Schürze (30) aufweist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß an den Lagerböcken (14) stirnseitig nach oben weisende, die Schürze (30) untergreifende Ausleger (50) angeordnet sind, deren Oberkante (32) rückseitig überstehende Anschläge (54) für die Oberkanten (52) der Ausleger (50) aufweist.
...
6. Brieflocher nach einem der Ansprüche 3 bis 5, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß im Bereich zwischen der Schürzenunterkante (32) und den Anschlägen (54) ein zwischen zwei Endstellungen quer verschiebbarer, in der einen Endstellung in den Schwenkweg einer der Auslegeroberkanten (52) eingreifender, als Niederhalter für den Druckhebel (18) ausgebildeter Anschlagschieber (56) angeordnet ist."
Wegen des Wortlauts der weiteren Ansprüche wird auf die Patentschrift verwiesen.
Die Klägerin hat mit den vom Bundespatentgericht zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbundenen Nichtigkeitsklagen zum einen die Patentansprüche 3 bis 5, zum anderen die Patentansprüche 6 bis 9 angegriffen und geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei in dem angegriffenen Umfang nicht patentfähig. Ein Locher nach Anspruch 3 sei nicht neu, weil er durch einen von ihr selbst durch Lieferung an die ...-Fabrik offenkundig vorbenutzten Locher (...Locher ) vorweggenommen werde, und ergebe sich jedenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, nämlich der US-Patentschrift 2 244 660. Anspruch 6 des Streitpatents stelle einen Nebenanspruch zu Anspruch 3 dar, da er keine zweckmäßige Ausgestaltung des Lochers nach Anspruch 3 enthalte; seine - von der Klägerin allein für relevant gehaltenen - kennzeichnenden Merkmale seien durch einen von dem englischen Unternehmen V. Ltd. offenkundig vorbenutzten Locher (V.-Locher) bekannt gewesen.
Die Beklagte ist der Nichtigkeitsklage entgegengetreten.
Das Bundespatentgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage das Streitpatent im Umfang seiner Patentansprüche 3 bis 5 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Nichtigkeitsklage insgesamt abzuweisen.
Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit der Maßgabe, daß der erste Halbsatz des kennzeichnenden Teil des Anspruchs 3 lautet:
"daß an den Lagerböcken (14) stirnseitig nach oben weisende, die Schürze (30) über den gesamten Schwenkbereich des Druckhebels un- tergreifende Ausleger (50) angeordnet sind,"
weiter hilfsweise mit der Maßgabe, daß zusätzlich zu dieser Einfügung am Ende des Kennzeichens angefügt wird:
"wobei beim Betätigen des Druckhebels zwischen Schürze (30) und Ausleger (50) ein über den Schwenkweg konstanter Spalt mit einer Weite von weniger als 4 mm auftritt" (Abweichungen vom geltenden An- spruch kursiv).
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und verfolgt mit der Anschlußberufung ihren erstinstanzlichen Antrag weiter,
das Streitpatent auch im Umfang der Patentansprüche 6 bis 9 für nichtig zu erklären.
Als vom Senat bestellter Sachverständiger hat Professor Dr.-Ing. J. H. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat ein Gutachten des Professors Dr. B. vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, während die Anschlußberufung unbegründet ist. Der Senat hat nicht die Überzeugung gewinnen können, daß dem Gegenstand der Patentansprüche 3 bis 9 die Patentfähigkeit fehlt.
I. Das Streitpatent betrifft einen Brieflocher mit einem Unterteil und einem Druckhebel, der an seitlichen Lagerböcken des Unterteils schwenkbar gelagert ist und gegen die Rückstellkraft einer Feder auf am Unterteil verschiebbar geführte Lochstempel einwirkt. Der Druckhebel weist dabei seitlich nach unten gebogene, die Lagerböcke außenseitig überlappende Lagerlappen und an seiner Stirnseite zwischen den Lagerlappen eine nach unten gebogene Schürze auf, die unter der Einwirkung der Rückstellkraft der Feder gegen Anschlagkanten an den Lagerböcken anschlägt. Ein solcher Locher ist - wie die Streitpatentschrift ausführt, ohne hierzu eine bestimmte Druckschrift anzugeben - vor dem Prioritätstag bekannt gewesen.
Die Streitpatentschrift bemängelt eine bei dem bekannten Locher bestehende Verletzungsgefahr. Wenn beim Niederdrücken des Druckhebels die Schürze von
ihrer Anschlagkante abgehoben werde, bilde sich ein von außen zugänglicher Spalt, in den ein Finger oder Handteil eindringen und beim Zurückfedern des Druckhebels eingeklemmt werden könne. Die aus der großen Rückstellkraft resultierende erhebliche Verletzungsgefahr werde dabei noch dadurch verstärkt, daß die gegeneinander anschlagenden Locherteile oft recht scharfkantig ausgebildet seien.
Diesen Nachteil soll nach dem - dem nicht in Streit stehenden Anspruch 1 nebengeordneten - Patentanspruch 3 ein Locher mit folgenden Merkmalen vermeiden:
1. Der Brieflocher besteht aus einem Unterteil und einem Druckhebel.
2. Der Druckhebel
2.1 ist an seitlichen Lagerböcken des Unterteils schwenkbar gelagert und
2.2 wirkt gegen die Rückstellkraft einer Feder auf am Unterteil verschiebbar geführte Lochstempel ein.
3. Der Druckhebel weist auf
3.1 seitlich nach unten gebogene, die Lagerböcke außenseitig überlappende Lagerlappen und
3.2 eine Schürze, die
3.2.1 an der Stirnseite des Druckhebels zwischen den Lagerlappen nach unten gebogen ist,
3.2.2 unter der Einwirkung der Rückstellkraft der Feder gegen Anschlagkanten an den Lagerböcken anschlägt und
3.2.3 hierzu im Abstand von ihrer Unterkante rückseitig überstehende Anschläge aufweist.
4. An den Lagerböcken sind Ausleger angeordnet, die
4.1 stirnseitig nach oben weisen,
4.2 die Schürze untergreifen und
4.3 mit ihren Oberkanten die Anschlagkanten bilden.
Patentanspruch 3 des Streitpatents enthält keine ausdrückliche Definition des Abstandes der Anschläge von der Unterkante der Schürze (Merkmal 3.2.3) und sagt auch nicht ausdrücklich, daß die an den Lagerböcken stirnseitig nach oben weisenden Ausleger (Merkmal 4) die Schürze, wie die Beklagte in ihrem ersten Hilfsantrag formuliert, über den gesamten Schwenkbereich des Druckhebels untergreifen. Begriffe in den Patentansprüchen sind jedoch - unabhängig davon, ob der Inhalt des Patentanspruchs für die Prüfung seiner Patentfähigkeit oder als Grundlage für die Schutzbereichsbestimmung festgestellt wird - so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung
der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht (Sen., BGHZ 98, 12, 19 - Formstein; 105, 1, 10 - Ionenanalyse; Urt. v. 26.9.1996 - X ZR 72/94, GRUR 1997, 116, 117 f. - Prospekthalter; Urt. v. 29.4.1997 - X ZR 101/93, GRUR 1998, 133, 134 - Kunststoffaufbereitung; Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube). Maßgeblich ist, welchen Begriffsinhalt das Patent bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln einem vorgeschlagenen Merkmal zuweist (Sen.Urt. v. 4.11.1997 - X ZR 18/95 - Sämaschine, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. I, S. 424, 428). Das Verständnis des Fachmanns wird sich dabei entscheidend an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck dieses Merkmals orientieren (Sen.Urt. v. 2.3.1999, aaO - Spannschraube; Benkard, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz , 9. Aufl., § 14 PatG Rdn. 72). Der Sachverständige hat hierzu überzeugend ausgeführt, daß der Fachmann den Anspruch dahin versteht, daß der Abstand ausreichend groß sein muß, um bei der Betätigung des Druckhebels die Entstehung eines Spalts zu verhindern, in den Handteile eindringen können. Denn das Untergreifen der Schürze und die Verlagerung der Anschlagkanten auf die Oberkanten der Ausleger, die wiederum mit den im Abstand von der Schürzenunterkante angeordneten Anschlägen zusammenwirken, sollen gerade bewirken, daß der am Stand der Technik bemängelte, beim Abheben der Schürze von den Anschlagkanten entstehende , von außen zugängliche Spalt vermieden wird. Das setzt voraus, daß die Schürze nicht nur in einer bestimmten Position, sondern stets von den Auslegern untergriffen wird und daß der Abstand der Anschläge von der Schürzenunterkante so gewählt wird, daß dies möglich ist.
II. Die Voraussetzungen einer Nichtigerklärung des Patentanspruchs 3 des Streitpatents gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 52 ff. EPÜ können nicht festgestellt werden.

1. Die technische Lehre ist neu, weil keine der Entgegenhaltungen sämtliche erfindungsgemäßen Merkmale aufweist (Art. 52 Abs. 1, 54 EPÜ).

a) Der nach ihrem Vortrag von der Klägerin offenkundig vorbenutzte ...-Locher läßt die den Oberbegriff des Patentanspruchs 3 bildenden, vom Streitpatent als bekannt vorausgesetzten Merkmale 1 bis 3.2.2 erkennen. An der Schürze sind ferner rückseitig überstehende Anschläge vorhanden, die mit einer stirnseitig nach oben weisenden Metallplatte zusammenwirken, die mit den Lagerböcken verbunden ist und deren Oberkante die Anschlagkante bildet. Die Anschläge sind insofern in einem geringfügigen Abstand von der Schürzenunterkante angeordnet, als auf den metallenen Druckhebel, bis zu dessen Unterkante sie reichen, eine Kunststoffschale aufgesetzt ist, die den Metallhebel etwas nach unten überragt. Infolge der nur um dieses geringe Maß gegenüber der Schürzenunterkante zurückversetzten Anschläge bildet sich bei Betätigung des Druckhebels ein größer werdender Spalt, in dem bei Zurückfedern des Hebels ein Finger eingeklemmt werden kann. Die Schürze wird somit nicht i.S.d. Merkmals 4.2 untergriffen, weil es an einem hierfür ausreichenden Abstand der Anschläge von der Schürzenunterkante i.S.d. vorstehend erläuterten Merkmals 3.2.3 ebenfalls fehlt.

b) Der Brieflocher nach der US-Patentschrift 2 244 660 weist in Übereinstimmung mit dem Gegenstand des Streitpatents ein Unterteil in Gestalt einer Stanzplatte (punch plate 12) und einen Druckhebel (hand lever 60) auf. Der Druckhebel ist an mit dem Unterteil fest verbundenen, den Lagerböcken vergleichbaren Haltern (punch holders 18) um Gelenkstellen (pivotal points 48) schwenkbar gelagert und wirkt auf verschiebbar geführte als Stanzelemente (punch members 10) bezeichnete Lochstempel gegen die Rückstellkraft einer Feder (30) ein. Es ist ferner ein hauben-
artiger Schild (shield 64) vorhanden, der seitlich nach unten gebogene Lagerlappen und eine stirnseitige Schürze umfaßt, die von an den Haltern nach oben weisenden Auslegern (40) untergriffen wird.
An den Haltern sind jedoch keine Anschlagkanten vorgesehen, gegen die die Schürze unter der Einwirkung der Rückstellkraft der Federn anschlagen könnte. Der Federweg wird nach oben vielmehr durch einen an den Lochstempeln befindlichen Bund (shouldered portion 34) begrenzt, der gegen die Unterseite eines Führungsarms (guide arm 20) der Halter anschlägt. Bei Betätigung des Druckhebels entstehen Spalte zwischen Druckhebel (Schürze) und Stanzplatte und zwischen Schürze und Auslegern.

c) Die im Prüfungsverfahren berücksichtigten Entgegenhaltungen liegen von der Lehre des Patentanspruchs 3 noch weiter ab und offenbaren nichts, was zusätzlich in Richtung der Erfindung nach dem Streitpatent wiese; auch die Klägerin macht insoweit nichts geltend. Diese Schriften bedürfen daher keiner weiteren Erörterung.
2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat auch nicht die Überzeugung gewonnen, daß sich der Gegenstand des Patentanspruchs 3 des Streitpatents für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab und somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ).
Als Durchschnittsfachmann ist nach den überzeugenden und mit dem angefochtenen Urteil übereinstimmenden Ausführungen des Sachverständigen ein erfahrener Konstrukteur für Bürogeräte anzusehen, der entweder Maschinenbautechniker
oder – was das Bundespatentgericht nicht in Betracht gezogen hat – auch Konstruktionsingenieur mit Fachhochschulausbildung sein kann.
Befaßt sich der Fachmann – sei es, weil er mögliche Gefahrenquellen beseitigen will, sei es, weil die Ursache aufgetretener Verletzungen behoben werden soll – näher mit dem ...-Locher, erkennt er, wie das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat, daß beim Niederdrücken des Druckhebels zwischen der Unterkante der Schürze und den Anschlagkanten ein Spalt entsteht, in dem ein Finger eingeklemmt oder gequetscht werden kann, wenn der Druckhebel zurückfedert und den Spalt wieder schließt.
Der Stand der Technik vermittelt dem Fachmann jedoch keine Anregung, die es ihm erlaubte, von dieser Erkenntnis des technischen Problems zu der erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen. Weder die Schürze und die an ihr angebrachten Anschläge noch die Anschlagkanten am Unterteil haben bei dem ...-Locher die Funktion, einer Verletzungsgefahr durch Einklemmen von Gliedmaßen vorzubeugen. Der Fachmann muß daher, wie es der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgedrückt hat, zu der neuen Überlegung finden, die Anschläge der Schürze und die Anschlagkanten der Ausleger "in die Maßnahme 'Ausleger untergreift Schürze' während der gesamten Schwenkbewegung des Druckhebels zu integrieren". Dafür gibt es kein Vorbild, und dazu vermittelt auch die US-Patentschrift 2 244 660 keine Anregung, weil dort die Anschlagbegrenzung ganz anders gelöst ist und überdies die Schürze auch keinen zuverlässigen Klemmschutz bietet.
Das Bundespatentgericht hat demgemäß nur das allgemeine Fachwissen und -können des Fachmanns herangezogen, um zu begründen, warum sich für ihn, ausgehend von einem Locher mit den Merkmalen 1 bis 3.2.2, die Gesamtkombination
des Streitpatents in naheliegender Weise ergebe. Es hat gemeint, im Rahmen rein handwerklicher Tätigkeit ergreife er Maßnahmen, um den bei Betätigung des Druckhebels entstehenden Spalt auch im gedrückten Zustand zu vermeiden. Im Rahmen konstruktiver Weiterentwicklung ordne er an den Lagerböcken Elemente an, die den Spalt in jedem Zustand des Lochers verschließen, beispielsweise in Form von Auslegern (Merkmal 3.6), die die Schürze untergreifen (Merkmal 3.6.1). Durch diese Ä nderung werde die Bildung einer Anschlagkante zwischen Schürze und Auslegern, die ja einen Spalt voraussetze, verhindert, so daß er in Anpassung der Konstruktion an die geänderten Verhältnisse die Anschlagkante an einer anderen Stelle vorsehen müsse. Es biete sich dann von selbst an, die Oberkanten der Ausleger als Anschläge zu verwenden (Merkmal 3.6.2) und entsprechende Gegenanschläge an der Schürze im Abstand von ihrer Unterkante anzuordnen (Merkmal 3.7), um auf diese Weise die Anschlagkanten insgesamt weiter zum Innern des Druckhebels zu verlagern.
Das ist jedoch eine unzulässige Ex-post-Betrachtung in Kenntnis der Erfindung , wie insbesondere an der Erwägung deutlich wird, der Fachmann müsse die Anschlagkante an einer anderen Stelle vorsehen, da durch die Anordnung von die Schürze untergreifenden Auslegern die Bildung einer Anschlagkante zwischen Schürze und Auslegern, die ja einen Spalt voraussetze, verhindert werde. Denn wenn - was richtig ist - die Bildung einer Anschlagkante zwischen Schürze und Auslegern (richtiger: Lagerböcken) einen Spalt voraussetzt, kann es nicht ohne irgendeine Anregung im Stand der Technik als naheliegend angesehen werden, eben diesen Spalt durch die Schürze untergreifende Ausleger zu verschließen. Bei den schrittweisen Überlegungen, die das Bundespatentgericht dem Fachmann zutraut, hat es nicht berücksichtigt, daß das, was die Notwendigkeit des zweiten Schrittes
(Verlagerung von Anschlägen und Anschlagkanten) begründet, den Fachmann schon davon abhalten kann, den ersten zu gehen.
Ergänzend hat der Sachverständige darauf hingewiesen, daß die Lehre nach Anspruch 3 des Streitpatents einerseits einen wichtigen Sicherheitsaspekt für eine Massenware betrifft, dem sie zuverlässig genügt, andererseits bei der Fertigung der Bauelemente des Brieflochers mit relativ geringen Kosten verbunden ist. In Anbetracht dessen bildet der Umstand, daß die erfindungsgemäße Lösung vor dem Prioritätstag des Streitpatents über Jahrzehnte der Entwicklung von Brieflochern der gattungsgemäßen Art nicht verwirklicht worden ist, ein zusätzliches Indiz gegen die Richtigkeit der Annahme, der Fachmann habe zu der ebenso technisch vorteilhaften wie kostengünstigen Maßnahme ohne erfinderische Tätigkeit finden können.
III. Die mit der Nichtigkeitsklage ebenfalls angegriffenen, in der Berufungsinstanz noch zur Entscheidung stehenden weiteren Patentansprüche haben weitere Ausgestaltungen der Lehre des Patentanspruchs 3 zum Gegenstand, sind auf diesen rückbezogen und werden daher durch dessen Patentfähigkeit ebenfalls getragen.
Das gilt auch für Anspruch 6 des Streitpatents. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob ein Brieflocher mit den kennzeichnenden Merkmalen dieses Anspruchs die Patentierungsvoraussetzungen erfüllt. Denn da der Anspruch formell auf die Ansprüche 3 bis 5 rückbezogen ist, umfaßt er neben seinen kennzeichnenden Merkmalen sämtliche Merkmale des Anspruchs 3 des Streitpatents. Da er damit als Unteranspruch dessen Lehre umfaßt, stellt sich Anspruch 6 notwendigerweise als weitere Ausgestaltung der Lehre des Patentanspruchs 3 dar, die schon deswegen neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht,
weil dies für Anspruch 3 gilt. Inwieweit es technisch für die Funktion und die Brauchbarkeit des in Anspruch 6 beschriebenen, als Niederhalter für den Druckhebel ausgebildeten Anschlagschiebers darauf ankommt, ob der mit einem solchen Anschlagschieber ausgestattete Brieflocher sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 3 erfüllt , ist unerheblich; es genügt, daß nur diese Kombination geschützt ist.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84 Abs. 2, 110 Abs. 3 Satz 2 PatG in der nach Art. 29 2. PatGÄ ndG weiter anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980 i.V.m. §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Rogge Melullis Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck BESCHLUSS X ZR 145/98 vom 9. Januar 2001 in der Patentnichtigkeitssache

Bundespatentgericht Entsch. v. 04.03.98 - 2 Ni 16/97 (EU) X ZR 145/98
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck
beschlossen:
Das Urteil des Senats vom 7. November 2000 wird, da der Tatbestand insoweit eine offenbare Unrichtigkeit in Gestalt einer Auslassung enthält, dahin berichtigt, daß in dem auf Seite 3 des Urteils wiedergegebenen Patentanspruch 3 in der vorletzten Zeile das Wort "Oberkante (32)" ersetzt wird durch
"Oberkanten (52) die Anschlagkanten bilden, und daß die Schürze (30) im Abstand von ihrer Unterkante (32)".
Rogge Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinne des § 3 Abs. 2, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)