Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2017 - X ZR 10/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:010317UXZR10.15.0
01.03.2017
vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 12/12, 29.12.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 10/15 Verkündet am:
1. März 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ankopplungssystem
Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur insoweit beschränkt verteidigt
werden, als es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Die beschränkte Verteidigung
des Streitpatents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit
einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten
eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.
BGH, Urteil vom 1. März 2017 - X ZR 10/15 - Bundespatentgericht
ECLI:DE:BGH:2017:010317UXZR10.15.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski, Hoffmann, die Richterin Schuster und den Richter Dr. Deichfuß

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 29. Dezember 2014 abgeändert und das europäische Patent 1 302 147 im Umfang von Patentanspruch 1 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist Inhaberin des - unter Inanspruchnahme der Priorität ei1 ner schwedischen Patentanmeldung vom 8. Januar 1998 - am 30. Dezember 1998 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 302 147 (Streitpatents). Das Streitpatent beruht auf einer Teilanmeldung; die Stammanmeldung ist als WO 99/08237 (N3) veröffentlicht. Das Streitpatent wird mit der Nichtigkeitsklage der Klägerin allein im Um2 fang des selbständigen Patentanspruchs 1 angegriffen, der in der Verfahrenssprache folgenden Wortlaut hat: 1. A docking system (1) which essentially comprises
a) at least one self-propelled working-tool (3), preferably intended for attendance of ground or floor, such as grasscutting , moss-scratching, watering, vacuum-cleaning, polishing , transportation etc., having a body (16) and
b) at least one docking station (2) for the at least one working tool (3),
c) wherein the docking station and the tool can by way of emitted signals establish contact with each other, so that the tool can drive up to the docking station, characterized by that
d) the docking station is provided with at least one first transmission part (5, 6; 5', 6') and the working tool is provided with at least one cooperating second transmission part (7,

8) for transmission of energy between the docking station and the working tool,
e) wherein the docking station is provided with at least one rising part (10, 11, 12, 13), of which at least one part is used for mounting of the first transmission part(s),
f) wherein the tool's second transmission part(s) (7, 8) is/are located on the upper side of the body. Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei
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im angegriffenen Umfang nicht patentfähig und gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus. Die Beklagte hat das Streitpatent verteidigt. Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Streitpatent hilfsweise in der Fassung von sechs Hilfsanträgen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
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I. Das Streitpatent betrifft ein Ankopplungssystem, das ein selbstfah5 rendes Arbeitsgerät insbesondere für die Bearbeitung eines Bodens oder Fußbodens , wie Rasenmähen, Moosentfernen, Bewässern, Staubsaugen, Polieren oder Transportieren, sowie eine Ankopplungsstation für das Arbeitsgerät umfasst. 1. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, dass aus dem US-ameri6 kanischen Patent 5 440 216 (N5) ein Ankopplungssystem bekannt sei, das einen Bodenreinigungsroboter und eine Ankopplungsstation zum Aufladen der Batterie des Roboters aufweise. Der Roboter werde in die Nachbarschaft der Ankopplungsstation durch Ultraschallwellen geführt, die von der Station emittiert würden. Die genaue Ankopplung werde mittels Magneten und magnetischen Sensoren erreicht, die an dem Roboter und der Ankopplungsstation montiert seien. Ein Gleichstromstecker an der Ankopplungsstation greife in eine Ladesteckdose an dem Roboter in horizontaler Richtung ein. Die Ankopplungsstation umfasse eine Basisplatte und einen aufsteigenden Teil, an dem der Ladestecker montiert sei. Während des Ankoppelmanövers fahre der Roboter mit seinen Rädern auf die Basisplatte der Ankopplungsstation (Streitpatent Abs. 5; Übersetzung Abs. 6). 2. Nach den Erläuterungen der Streitpatentschrift liegt der Erfindung
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das Problem zugrunde, ein Ankopplungssystem zu schaffen, das vor Schmutz geschützt ist (Streitpatent Abs. 6; Übersetzung Abs. 7). 3. Das soll nach Patentanspruch 1 durch folgende Vorrichtung erreicht
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werden: 1. Ankopplungssystem (1), das im Wesentlichen umfasst: 1.1 mindestens ein selbstfahrendes Arbeitsgerät (3), vorzugsweise für die Bearbeitung eines Bodens oder Fußbodens , wie Rasenmähen, Moosentfernung, Bewässerung , Staubsaugen, Polieren, Transportieren, etc. mit einem Körper (16) und 1.2 mindestens eine Ankopplungsstation (2) für das ein Arbeitsgerät

(3).

2. Die Ankopplungsstation und das Gerät können durch ausgesendete Signale miteinander Kontakt aufnehmen, so dass das Gerät in die Ankopplungsstation fahren kann. 3. Die Ankopplungsstation ist mit mindestens einem ersten Übertragungsteil (5, 6, 5', 6') und das Arbeitsgerät ist mit mindestens einem (mit dem ersten) zusammenwirkenden zweiten Übertragungsteil (7, 8) für die Übertragung von Energie zwischen der Ankopplungsstation und dem Arbeitsgerät versehen. 4. Die Ankopplungsstation ist mit mindestens einem ansteigenden Teil ("at least one rising part", 10, 11, 12, 13) versehen, von dem mindestens ein Teil zur Montage des Übertragungsteiles dient. 5. Das zweite Übertragungsteil (7, 8) des Arbeitsgeräts ist auf der Oberseite ("on the upper side") des Körpers angeordnet.
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Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 stammt aus der Streitpatentschrift und zeigt ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel: 4. Nach der erfindungsgemäßen Lehre sind das (mindestens eine)
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selbstfahrende Arbeitsgerät und die (mindestens eine) Ankopplungsstation des erfindungsgemäßen Ankopplungssystems derart eingerichtet, dass sie hinsichtlich zweier Funktionen miteinander in Verbindung treten können. Die eine Funktion betrifft die Informationsübertragung zwischen dem Arbeitsgerät und der Ankopplungsstation. Insoweit ist in Merkmal 2 vorgesehen, dass das Arbeitsgerät und die Ankopplungsstation miteinander Kontakt aufnehmen können, so dass das Gerät in die Ankopplungsstation fahren kann. Die andere Funktion dient der Versorgung des Arbeitsgerätes mit Energie. Nach Merkmal 3 sind dafür die Ankopplungsstation mit mindestens einem ersten Übertragungsteil und das Arbeitsgerät mit mindestens einem kooperierenden zweiten Übertragungsteil zur Übertragung von Energie zwischen der Ankopplungsstation und dem Arbeitsgerät versehen. Die Merkmale 4 und 5 betreffen die nähere Ausgestal- tung dieser beiden kooperierenden Übertragungsteile mit dem Ziel, diese vor Schmutz zu schützen. Zwar kann auch die Übertragung von Signalen oder Informationen prinzipiell eine Energieübertragung beinhalten, doch ergibt sich aus der getrennten Behandlung beider Funktionen im Rahmen der Lehre aus Patentanspruch 1, dass mit dem erfindungsgemäßen Begriff der "Energie" allein die Übertragung von Versorgungsenergie für den Betrieb des Arbeitsgerätes gemeint ist, wie bereits das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat. Dieses Verständnis steht in Einklang mit der Beschreibung und den
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Zeichnungen, in denen ein Ausführungsbeispiel beschrieben und gezeigt wird, bei dem die ersten Übertragungsteile 5 und 6 zur Übertragung von elektrischer Energie zwischen der Ankopplungsstation und dem Gerät zum Laden und auch zum Entladen eines im Gerät befindlichen elektrischen Akkumulators vorgesehen sind (Streitpatent Abs. 27; Übersetzung Abs. 28). Entsprechend heißt es in der Beschreibung, dass die Ankopplungsstation "normalerweise" zur Übertragung von elektrischer Energie zum Laden der Batterie benutzt werde. Dass zudem ausgeführt ist, dass "auch andere Arten der Übertragung … möglich" seien und zum Beispiel Informationen von der Station zum Gerät oder umgekehrt mittels weiterer Übertragungsteile oder mittels der bereits vorhandenen übertragen werden könnten, so dass sowohl elektrische Energie als auch elektrische Informationen übertragen werden könnten (Streitpatent Abs. 27; Übersetzung Abs. 28), steht dem nicht entgegen. Insoweit handelt es sich um Möglichkeiten der Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Ankopplungssystems, die im Belieben des Anwenders stehen, aber für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre nicht zwingend vorgeschrieben sind. II. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand von Patentan12 spruch 1 gehe nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich einge- reichten Fassung hinaus und sei auch patentfähig. Zur Patentfähigkeit hat es im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Als Fachmann sei ein Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau
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anzusehen, der über umfangreiche Kenntnisse im Bereich der Entwicklung von selbstfahrenden Haushalts- oder Gartenbaugeräten verfüge und bereits Erfahrungen in der Gestaltung der Strom- und Signalversorgung derartiger selbstfahrender Geräte besitze. Der Gegenstand aus Patentanspruch 1 des Streitpatents sei neu und
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nicht aus der N5 bekannt. Diese Entgegenhaltung offenbare ein Ankopplungssystem für eine selbstfahrende automatische Reinigungsvorrichtung zur Reinigung eines Bodens mit einem Reinigungskörper und einer automatischen Ladestation für die Reinigungsvorrichtung. Die automatische Ladestation und die Reinigungsvorrichtung stünden durch Ultraschallwellensignale miteinander in Kontakt, wodurch die Reinigungsvorrichtung bei Absinken der Batterieleistung unter einen bestimmten Pegel in die automatische Ladestation fahren könne. Die automatische Ladestation sei mit einem Gleichstromanschluss und die Reinigungsvorrichtung mit einer mit dem Anschluss kooperierenden Buchse für die Aufladung der von der Reinigungsvorrichtung mitgeführten Batterie versehen. Die automatische Ladestation sei mit einem hochstehenden Teil versehen, an dem der Gleichstromanschluss angeordnet sei. Das erfindungsgemäße Ankopplungssystem unterscheide sich von dem in der N5 offenbarten darin, dass die mit dem Gleichstromanschluss kooperierende Buchse der Reinigungsvorrichtung nicht an der Oberseite, sondern an einer Seitenfläche derselben angeordnet sei. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents habe sich für
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den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben. Ausgehend von dem Problem eines Ankopplungssystems, das besser gegen Verschmutzung geschützt sei, habe der Fachmann der N5 ein Ankopplungssystem entnehmen können, bei dem dieses Ziel aufgrund der Anordnung der Buchse (31) des Steckkontaktstifts (156) im deutlichen Abstand zum Boden sowie der geschützten Lage der Kontaktfeder (31a) bereits gelöst sei. Eine Anregung , demgegenüber die konkrete erfindungsgemäße Lösung zu wählen, sei auch unter Einsatz weiterer fachmännischer Überlegungen nicht ersichtlich. Darin liege auch keine beliebige oder zum Standard-Repertoire gehörende Maßnahme, auf welche der Fachmann ohne weiteres aufgrund seines Fachwissens zurückgreifen könne. III. Die Beurteilung des Patentgerichts hält der Überprüfung im Beru16 fungsverfahren nicht stand. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist zwar neu, beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab. 1. Die N5, aus der die nachfolgend wiedergegebene, ein Ausführungs17 beispiel zeigende Figur 1 stammt, offenbart ein Ankopplungssystem für eine selbstfahrende automatische Reinigungsvorrichtung zur Reinigung mit einem Reinigungsvorrichtungskörper und einer automatischen Ladestation. Die Ladestation und die Reinigungsvorrichtung stehen durch Ultraschallwellensignale miteinander in Kontakt, wodurch die Reinigungsvorrichtung in die automatische Ladestation fahren kann. Dafür sind auf der Oberseite des Arbeitsgerätes ein Navigationssensor (23) und an der Ankopplungsstation ein Ultraschalloszillator (150) angeordnet (N5, Sp. 3, Z. 31 ff., 44 ff.; Sp. 7, Z. 64 ff.; Sp. 8, Z. 44 ff.; Figuren 1, 9a und 10). Entgegen der Ansicht der Klägerin wird in der N5 jedoch kein an der Oberseite des Gerätekörpers angeordnetes zweites Übertragungsteil offenbart. Der wegen seiner Anordnung an der Oberseite des Gerätekörpers insoweit allein in Betracht kommende Navigationssensor (23) ist nicht als zweites Übertragungsteil anzusehen , da dieser zwar in Zusammenwirken mit dem Ultraschalloszillator (150) der Ankopplungsstation der Signalübertragung dient, nicht aber der Übertragung von Versorgungsenergie, so wie dies - nach den obigen Erläuterungen zur Auslegung der Lehre aus Patentanspruch 1 - für das Vorliegen des Merkmals 5 erforderlich ist. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist daher aus der N5 nicht vorbekannt. 2. Ausgehend von der N5 ergab sich dieser für den Fachmann aber bei
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Einsatz seines Fachwissens und -könnens in naheliegender Weise. Das in der N5 offenbarte Ankopplungssystem zur Reinigung eines Bo19 dens weist in Gestalt des Gleichstromanschlusses (156) und der mit diesem kooperierenden Buchse (31) ein erstes und ein zweites Übertragungsteil auf, mit denen Energie zwischen der Ankopplungsstation und dem Arbeitsgerät übertragen werden kann. Allerdings befindet sich das zweite Übertragungsteil (Leiter 91 und Anschlussbuchse 31) in etwa auf zwei Drittel der Höhe der Seitenfläche und damit nicht - wie in Merkmal 5 gefordert - an der Oberseite des Gerätekörpers. Auch ist es zutreffend, dass dem Fachmann in der N5 erste und zweite Übertragungsteile (Stecker 156 und Anschlussbuchse 31) zur Übertragung von Energie zwischen der Ankopplungsstation und dem Arbeitsgerät offenbart werden, die aufgrund ihrer Anordnung in deutlichem Abstand zum Boden sowie der geschützten Lage des Steckers (156) durch die Seitenwand (51) und der Kontaktfeder (31a) hinter einer leicht trichterförmigen, ein Gefälle von innen nach außen aufweisenden Anschlussbuchse (31) weitgehend gegen Verschmutzung geschützt sind, wie auch durch die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 10 und 12 der N5 deutlich wird:
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Mag damit bei einem dem Ausführungsbeispiel der N5 entsprechenden Gerät das Bestreben, die Übertragungsteile vor Verschmutzung zu schützen, den Fachmann nicht dazu anregen, diese von einer Anordnung auf etwa 2/3 der Höhe der senkrechten Seitenfläche des Reinigungsgeräts - wie sie in etwa in den Figuren 1 und 10 der N5 gezeigt ist - auf die Oberseite zu verlegen, weil die Aufgabe bereits durch die offenbarte Anordnungshöhe befriedigend gelöst war, bedeutet dies jedoch nicht, dass der Fachmann nicht durch eine in sein Belieben gestellte formgestalterische Abänderung des Reinigungsgeräts zu einer solchen Verlegung veranlasst werden konnte. Zwar mag die in den Figuren 1 und 10 der N5 gezeigte Abschrägung der Außenfläche des Gerätes zwischen der waagerechten Oberfläche, auf der sich auch der Navigationssender (23) befindet und der senkrechten Seitenfläche, an der die Anschlussbuchse (31) und dahinter die Kontaktfeder (31a) angeordnet sind, für eine Verlegung der als Steck-Buchsen-Verbindung ausgestalteten Übertragungsteile nach oben nicht gut geeignet sein, wenngleich auch dies bei einer gaubenartigen Ausgestaltung der Anschlussbuchse nicht ausgeschlossen erscheint. Je nach den an ihn herangetragenen gestalterischen Wünschen und je nach dem benötigten Gehäusevolumen war es aber jedenfalls für den Fachmann ohne weiteres vorstellbar, in Abänderung des Gerätedesigns die schrägen Flächen entweder erheblich abzuflachen und die senkrechte Seitenfläche in etwa bis zur Höhe der waagerechten Oberfläche zu erhöhen (wie dies tendenziell bereits auf der linken Seite des in Figur 1 der N5 gezeigten Reinigungsgerätes verwirklicht ist,) oder durch eine Anordnung der waagerechten Oberfläche und der senkrechten Seitenfläche in einem Winkel von etwa 90° zu ersetzen. Da die Erwägung, die Übertragungsteile vor Verschmutzung zu schützen, insbesondere bei einem niedrigen Gehäuse Anlass gab, das Übertragungsteil möglichst weit oben anzuordnen, wie dies auch bei der N5 realisiert wurde, bot es sich bei einer solchen Ausgestaltung an, die Übertragungsteile im Winkelbereich der Ober- und der Seitenfläche anzuordnen, so dass sich diese auf der Oberseite des Körpers befinden. Mithin ergab sich für den Fachmann bei Einsatz seines Fachwissens und -könnens und ausgehend vom Offenbarungsgehalt der N5 auch das Merkmal 5 in naheliegender Weise. IV. Auch auf Grundlage der Hilfsanträge der Beklagten hat Patentan21 spruch 1 keinen Bestand.
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1. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der N5 ergab. Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von der Fassung des Hauptantrags
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dadurch, dass die nach Merkmal 3 ersten und zweiten Übertragungsteile nicht mehr nur allgemein für die Übertragung von "Energie" vorgesehen sind, sondern speziell für die Übertragung von "elektrischer Energie zum Laden der Batterie oder Energie in Form von Benzin oder anderen Treibstoffen" ("electric energy for battery-charging or energy in form of petrol or other power fuels"). Das hinzugekommene Merkmal ist aus der N5 bekannt, da die dort offenbarten ersten und zweiten Übertragungsteile (Stecker 156; Anschlussbuchse 31 und Kontaktfeder 31a) gleichfalls der Übertragung elektrischer Energie zum Laden der Batterie dienen (N5, Sp. 3, Z. 39 ff.; Sp. 4, Z. 18 ff.). 2. Die Verteidigung des Gegenstands von Patentanspruch 1 in der
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Fassung des Hilfsantrags 2 ist unzulässig.
a) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsan25 trags 2 unterscheidet sich von der erteilten Fassung durch folgende weitere Merkmale: "wherein the docking station is designed as a base plate (9), intended to be placed on ground or floor and" und "wherein the docking station’s first transmissions part(s) is/are located in a rising part (11), called transmission head (11), which is located higher up than the base plate (9)"
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Die hinzugefügten Merkmale sind identisch mit einer von zwei Varianten des Unteranspruchs 5 sowie dem Unteranspruch 6, weshalb die Beklagte auch anregt, die bisherigen Unteransprüche 5 und 6 zu streichen.
b) Die beschränkte Verteidigung eines mit einer Teilnichtigkeitsklage
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angegriffenen Patentanspruchs durch Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines insoweit nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig (BGH, Urteil vom 24. Juni 1960 - I ZR 109/55, Liedl, 395, 410 - Schwingungswalze; Urteil vom 11. November 2003 - X ZR 61/99, juris Rn. 27 - Humanmedizinische Abschabungsvorrichtung ; BPatG, Urteil vom 19. Dezember 1995 - 3 Ni 40/94, BPatGE 36, 35, 36 f.; Benkard/Hall/Nobbe, 11. Aufl., 2015, § 82 Rn. 39; Schulte/Voit, 9. Aufl., 2014, § 81 PatG Rn. 122; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Mai 2009 - X ZR 185/04, GRUR 2009, 929 Rn. 50 - Schleifkorn; Busse/Keukenschrijver, 8. Aufl., 2016, § 82 PatG Rn. 104 und Fn. 358). Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur in dem Umfang be28 schränkt verteidigt werden, in dem es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Mit der beschränkten Verteidigung eines teilweise angegriffenen Patents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem auf diesen rückbezogenen , aber mit der Nichtigkeitsklage nicht angegriffenen Unteranspruch wird das Streitpatent der Sache nach im Umfang des nicht angegriffenen Unteranspruchs zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Die Möglichkeit, das Patent beschränkt zu verteidigen, dient aber allein der Verteidigung des Nichtigkeitsbeklagten gegenüber dem vom Nichtigkeitskläger geführten Angriff auf die Wirksamkeit des Patents und nicht auch der gerichtlichen Überprüfung des Patents im Übrigen.
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Für eine solche beschränkte Verteidigung ist ein Rechtsschutzbedürfnis selbst dann nicht anzuerkennen, wenn der Nichtigkeitskläger die Rechtsbeständigkeit des mit der Nichtigkeitsklage nicht angegriffenen Unteranspruchs in Zweifel zieht. Denn die beschränkte Verteidigung gegenüber einer Teilnichtigkeitsklage auch im Umfang eines nicht angegriffenen Unteranspruchs hätte im Wesentlichen die Wirkung einer Widerklage des Patentinhabers gegenüber dem Nichtigkeitskläger auf Feststellung der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents im Umfang des nicht angegriffenen Unteranspruchs. Eine solche Klage ist aber im Gesetz nicht vorgesehen und kann deshalb auch nicht Gegenstand einer beschränkten Verteidigung des Nichtigkeitsbeklagten sein.
c) Im Streitfall ist die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch
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eine Kombination des Patentanspruchs 1 mit den von der Klägerin nicht angegriffenen Unteransprüchen 5 und 6 damit unzulässig. Insoweit ist es auch unerheblich , dass von den zwei Varianten in Unteranspruch 5 ("the docking station is designed as or provided with a base plate (9)") lediglich die erste in Patentanspruch 1 aufgenommen werden soll. 3. Unzulässig ist weiterhin die Verteidigung des Gegenstands von Pa31 tentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 3, in dem die durch die Fassungen der Hilfsanträge 1 und 2 gegenüber der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 hinzugekommenen Merkmale kombiniert werden. Der Umstand , dass Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 3 neben zwei nicht angegriffenen Unteransprüchen auch mit einem Merkmal kombiniert werden soll, das nicht Gegenstand eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist, ändert nichts daran, dass die Beklagte das Streitpatent damit in im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger Weise beschränken will.
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4. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von der Fassung des Hilfsantrags 1 dadurch, dass das mindestens eine selbstfahrende Arbeitsgerät nach Merkmal 1.1 ein Rasenmäher sein soll ("embodied as a lawn-mover"). Auch wenn Patentanspruch 1 auf einen Rasenmäher als selbstfahrendes Arbeitsgerät beschränkt wird, war es für den Fachmann, der ein solches Arbeitsgerät weiter konstruktiv verbessern wollte, naheliegend, andere selbstfahrende Arbeitsgeräte wie die in N5 offenbarte automatische Reinigungsvorrichtung zur Kenntnis zu nehmen und - entsprechend den obigen Erläuterungen - eine Anordnung des zweiten Übertragungsteils auf der Oberseite auch eines Rasenmähers in Erwägung zu ziehen. 5. Die Verteidigung des Gegenstands von Patentanspruch 1 in der
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Fassung der Hilfsanträge 5 und 6, in denen das Merkmal der Verkörperung des selbstfahrenden Arbeitsgeräts mit Patentanspruch 1 in der Fassung der Hilfsanträge 2 oder 3 kombiniert wird, ist aus den unter 2 und 3 genannten Gründen ebenfalls unzulässig. 6. In der Fassung der Hilfsanträge 7 bis 13 wird Patentanspruch 1 in
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der erteilten Fassung sowie in den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 6 jeweils kombiniert mit Unteranspruch 7 verteidigt. Auch diese Hilfsanträge sind aus den unter 2 und 3 genannten Gründen unzulässig.
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V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, §91 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Hoffmann
Schuster Deichfuß
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 29.12.2014 - 4 Ni 12/12 (EP) -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 82


(1) Das Patentgericht stellt dem Beklagten die Klage unverzüglich zu und fordert ihn auf, sich darüber innerhalb eines Monats zu erklären. (2) Erklärt sich der Beklagte nicht rechtzeitig, so kann ohne mündliche Verhandlung sofort nach der Klage e

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2003 - X ZR 61/99

bei uns veröffentlicht am 11.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 61/99 Verkündet am: 11. November 2003 Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtsh
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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2018 - X ZR 113/16

bei uns veröffentlicht am 18.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 113/16 Verkündet am: 18. Dezember 2018 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2018:181218UXZR113.16

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(1) Das Patentgericht stellt dem Beklagten die Klage unverzüglich zu und fordert ihn auf, sich darüber innerhalb eines Monats zu erklären.

(2) Erklärt sich der Beklagte nicht rechtzeitig, so kann ohne mündliche Verhandlung sofort nach der Klage entschieden und dabei jede vom Kläger behauptete Tatsache für erwiesen angenommen werden.

(3) Widerspricht der Beklagte rechtzeitig, so teilt das Patentgericht dem Kläger den Widerspruch mit. Der Beklagte kann den Widerspruch innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klage begründen. Der Vorsitzende kann auf Antrag die Frist um bis zu einem Monat verlängern, wenn der Beklagte hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen. § 81 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend, soweit sich die betreffenden Informationen nicht schon aus der Klageschrift ergeben.

(4) Der Vorsitzende bestimmt einen möglichst frühen Termin zur mündlichen Verhandlung. Mit Zustimmung der Parteien kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Absatz 2 bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 61/99 Verkündet am:
11. November 2003
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 11. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das durch Beschluß vom 1. März 1999 berichtigte Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 19. November 1998 im Kostenausspruch und dadurch abgeändert, daß das europäische Patent 0 324 448 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt wird, soweit Patentanspruch 1 und in Ansehung von Patentanspruch 1 die Patentansprüche 2 bis 4, 6 und 7, soweit diese auf Patentanspruch 1 rückbezogen sind, über folgende Fassung des Patentanspruchs 1 hinausgehen: "1. Humanmedizinische Abschabungsvorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe, umfassend einen Griff (1) mit einem Einlaßkanal (5) und einem Auslaßkanal (6), die mit einer Öffnung (4) in Verbindung stehen, welche im Griff (1) vorgesehen ist und auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll, und Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien (S) in einem pneumatischen Träger aus einem mit dem Einlaßkanal (5) verbundenen Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) des Griffes (1), dadurch gekennzeichnet, daß
a) die Zuführmittel ausschließlich eine Vakuumquelle (15) umfassen, die mit dem Auslaßkanal (6) des Griffes (1) verbunden ist, um nach dichtem Verschließen der Öff- nung (4) mit der zu behandelnden Fläche die abtragenden Materialien (S) aus dem Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) im Griff zu befördern,
b) die Verbindung zwischen Versorgungsbehälter (17) und Einlaßkanal (5) des Griffes (1) derart ausgebildet ist, daß die Vakuumquelle (15) beim Verschließen der Öffnung (4) ein Ansaugen im Inneren des Versorgungsbehälters (17) erzeugt, und
c) der Versorgungsbehälter (17) einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit (20) regulierbaren Durchlaß (19) aufweist und ein der Vakuumquelle (15) zugeordneter Regulator (14) vorgesehen ist, über welche der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist." Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die auf Grund übereinstimmender Erklärungen der Parteien an die Stelle der früheren Beklagten getretene jetzige Beklagte ist nach Umschreibung im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Inhaberin des am 11. Januar 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität einer italienischen Patentanmeldung vom 11. Januar 1988 angemeldeten europäischen Patents 0 324 448 (Streitpatents). Das Streitpatent betrifft "Apparatus for making micro-abrasions on human tissue" (eine Vorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe) und umfaßt in der Fassung der neuen europäischen Patentschrift sieben Patentansprüche. Die im Berufungsverfahren allein im Streit stehenden Patentansprüche 1 bis 4, 6 und 7 lauten in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt:
"1. Apparatus for making micro-abrasions on human tissue including a handle (1) having an inlet passage (5) and an outlet passage (6) which communicate with an aperture (4) provided in the handle (1) and intended to be positioned on the surface to be treated, and means for the metered supply of reducing substances (S) in a pneumatic carrier to the aperture of the handle (1), characterised in that the supply means comprise exclusively a vacuum source (15) connected to the outlet passage (6) of the handle (11) for drawing the reducing substances (S) from a supply container (17) connected to the inlet passage (5) towards the aperture (4) in the handle (1) as a result of the closure of the aperture (4) against the surface to be treated. 2. Apparatus according to Claim 1, characterised in that the aperture (4) of the handle (1) has a configuration which can be adapted substantially sealingly to the surface to be treated.
3. Apparatus according to Claim 2, characterised in that the aper- ture (4) is inclined at substantially 45° to the inlet passage (5) of the handle (1). 4. Apparatus according to Claim 1 or Claim 2, characterised in that said supply container (17) for the reducing substances (S) has in its base a plurality of air-intake apertures (25) with associated regulation valve means (20), and the outlet passage (6) of the handle (1) is connected to a collecting container (10) which has an outlet aperture (11) connected to a vacuum pump (15). 6. Apparatus according to Claim 3, characterised in that the supply container (17) is provided with electrical means (27) for heating the reducing substances. 7. Apparatus according to Claim 1, characterised in that the handle (1) is provided with an interchangeable head (2) which carries the aperture (4)." In der deutschen Fassung der nach Durchführung eines europäischen Einspruchsverfahrens herausgegebenen neuen europäischen Patentschrift lauten diese Patentansprüche: "1. Vorrichtung zur Ausfü[h]rung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe umfassend einen Griff (1) mit einem Einlaßkanal (5) und einem Auslaßkanal (6), die mit einer Öffnung (4) in Verbindung stehen, welche im Griff (1) vorgesehen ist und auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll; und Mittel für die dosierte Zuführ von abtragenden Materialien (S) in einem pneumatischen Träger zur Öffnung (4) des Griffes (1), dadurch gekennzeichnet, daß die Zuführmittel ausschließlich eine Vakuumquelle (15) umfassen, die mit dem Auslaßkanal (6) des Griffes (1) verbunden ist, um, nach dichtem Verschließen der Öffnung (4) mit der zu behandelnden Fläche, die abtragenden Materialien (S) aus einem mit dem Einlaßkanal (5) verbundenen Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) im Griff zu befördern.

2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Öffnung (4) des Griffes (1) so angeordnet ist, daß sie im wesentlichen dichtend der zu behandelnden Fläche angepaßt werden kann. 3. Vorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Öffnung (4) zum Einlaßkanal (5) des Griffes (1) eine Neigung von ca. 45° aufweist. 4. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Versorgungsbehälter (17) für die abtragenden Materialien (S) in seinem Boden mehrere Lufteinlaßöffnungen (25) mit zugehörigen Regelventilen (20) aufweist, und der Auslaßkanal (6) des Griffes (1) mit einem Sammelbehälter (10) verbunden ist, der eine mit einer Vakuumpumpe (15) verbundene Auslaßöffnung (11) hat. 6. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Versorgungsbehälter (17) mit elektrischen Mitteln (27) zum Erhitzen der abtragenden Materialien (S) versehen ist. 7. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Griff (1) mit einem austauschbaren Kopf (2) versehen ist, der die Öffnung (4) trägt." Die Klägerinnen (hinsichtlich der Klägerin zu 2 ist das Rubrum auf Grund übereinstimmender Erklärungen der Parteien gegenüber dem Urteil des Bundespatentgerichts geändert worden) haben geltend gemacht, daß das Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die USPatentschriften 1 752 664, 2 133 149 und 3 286 406, die italienische Patentschrift 1 184 922 und die französische Patentschrift 1 136 127 bildeten, nicht patentfähig sei. Sie haben beantragt, das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat in erster Linie beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Bundespatentgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Kla- ge das Streitpatent für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1 - 4, 6 und 7 für nichtig erklärt.
Mit ihrer Berufung verteidigt die Beklagte in erster Linie das Streitpatent in der Fassung der neuen europäischen Patentschrift. Sie beantragt, das Urteil des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Hilfsweise verteidigt sie Patentanspruch 1 des Streitpatents nunmehr in folgender Fassung , auf die sich die Patentansprüche 2 - 7 zurückbeziehen sollen:
"1. Humanmedizinische Abschabungsvorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe, umfassend einen Griff (1) mit einem Einlaßkanal (5) und einem Auslaßkanal (6), die mit einer Öffnung (4) in Verbindung stehen , welche im Griff (1) vorgesehen ist und auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll; und Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien (S) in einem pneumatischen Träger aus einem mit dem Einlaßkanal (5) verbundenen Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) des Griffes (1), dadurch gekennzeichnet, daß
a) die Zuführmittel ausschließlich eine Vakuumquelle (15) umfassen, die mit dem Auslaßkanal (6) des Griffes (1) verbunden ist, um nach dichtem Verschließen der Öffnung (4) mit der zu behandelnden Fläche die abtragenden Materialien (S) aus dem Versorgungsbehälter (17) zur Öffnung (4) im Griff zu befördern,
b) die Verbindung zwischen Versorgungsbehälter (17) und Einlaßkanal (5) des Griffes (1) derart ausgebildet ist, daß die Vakuumquelle (15) beim Verschließen der Öffnung (4) ein Ansaugen im Inneren des Versorgungsbehälters (17) erzeugt, und

c) der Versorgungsbehälter (17) einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit (20) regulierbaren Durchlaß (19) aufweist, womit der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist." Weiter hilfsweise (Hilfsantrag 2) soll das kennzeichnende Merkmal c wie folgt lauten:
"c) der Versorgungsbehälter (17) einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit (20) regulierbaren Durchlaß (19) aufweist und ein der Vakuumquelle (15) zugeordneter Regulator (14) vorgesehen ist, über welche der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist." Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen und hält auch die hilfsweise verteidigten Fassungen des Streitpatents nicht für schutzfähig.
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing. U. B. , Institut für Konstruktion , Mikro- und Medizintechnik der T. U. B. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat ein in einem in Italien geführten, u.a. das auf die Prioritätsanmeldung zum Streitpatent erteilte italienische Patent 1 218 945 betreffenden Parallelverfahren erstelltes Gutachten von Dipl.-Ing. G. L. , Turin, nebst Ergänzung vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Klageabweisung, soweit die Beklagte das Streitpatent mit ihrem zweiten Hilfsantrag verteidigt. Die Rückbeziehung in den angegriffenen , unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen ist antragsgemäß dahin zu ändern, daß sie nunmehr den neu gefaßten Patentanspruch 1 betrifft. Hinsichtlich des im Berufungsverfahren nicht im Streit stehenden Patentanspruchs 5 war eine derartige Anpassung dagegen nicht möglich, weil Änderungen nicht im Streit stehender Patentansprüche im Nichtigkeitsverfahren auch im Weg der Selbstbeschränkung nicht in Betracht kommen (vgl. Keukenschrijver, Das Patentnichtigkeits- und Nichtigkeitsberufungsverfahren , 2003, Rdn. 133 m.N. in Fn. 346; a.A. Schulte PatG 6. Aufl. § 81 Rdn. 122).
I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen, insbesondere für kosmetische oder therapeutische Behandlungen am menschlichen Gewebe, wie das Entfernen von Narben und Stretchmarks.
Die Beschreibung des Streitpatents schildert eine derartige Vorrichtung als aus der US-Patentschrift 1 752 664 bekannt, die einen Griff mit einem Einlaßkanal und einem Auslaßkanal aufweist, die mit einer Öffnung im Griff in Verbindung stehen und die auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll, und die weiter Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien zur
Grifföffnung in einem pneumatischen Träger aufweist (Beschreibung Sp. 1 Z. 7 - 15).
2. Durch das Streitpatent soll, wie die Beschreibung des Streitpatents angibt, eine einfach und billig herstellbare und effektiv arbeitende Abschabevorrichtung zur Verfügung gestellt werden.
3. Hierzu schlägt Patentanspruch 1 in der in erster Linie verteidigten Fassung der neuen europäischen Patentschrift eine Vorrichtung zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe vor, die
(1) einen Griff umfaßt (1.1) mit einem Einlaßkanal und (1.2) einem Auslaßkanal, (2) wobei die Kanäle mit einer Öffnung im Griff in Verbindung stehen, die auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll; (3) sowie Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien aufweist, (3.1) wobei die Zufuhr in einem pneumatischen Träger zur Öffnung des Griffs erfolgt und (3.2) die Zuführmittel ausschließlich aus einer Vakuumquelle bestehen ("umfassen"), (3.2.1) die mit dem Auslaßkanal des Griffs verbunden ist, (3.3) und die nach dichtem Verschließen der Öffnung mit der zu behandelnden Fläche die abtragenden Materialien aus ei-
nem mit dem Einlaßkanal verbundenen Versorgungsbehälter zur Öffnung im Griff zu befördert.
4. Dabei handelt es sich bei der Angabe "zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe" um eine Zweck- und Verwendungsangabe , die bei einem Sachpatent wie hier zunächst eine dem besseren Verständnis der Erfindung dienende Erläuterung darstellt sowie darüber hinaus die Bedeutung einer mittelbaren Umschreibung der räumlich-körperlichen Ausgestaltung der Vorrichtung in dem Sinn hat, daß die Vorrichtung für die angegebene Verwendung jedenfalls geeignet sein muß, woraus sich nähere Aufschlüsse über die konkrete Ausgestaltung, insbesondere im Sinn einer Bioverträglichkeit ergeben, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend angegeben hat.
5. Die nachstehend verkleinert wiedergegebene Figur 1 des Streitpatents zeigt eine Ausführungsform der patentgemäßen Vorrichtung:

Dabei bedeuten die Bezugszeichen 1 den schematisch dargestellten Griff, 2 dessen austauschbaren Kopf, 3 dessen Frontwand, 4 die auf die zu behandelnde Fläche aufzulegende Öffnung, 5 die Einlaßöffnung, 6 die Auslaß-
öffnung, 7 und 8 die zugehörigen Leitungen. Bezugszeichen 10 bezeichnet den Rückgewinnungsbehälter, 9 dessen Einlaßverbinder, 11 einen Auslaßverbinder mit zugeordneten Filterelementen 12, der mit der Einlaßleitung 13 verbunden ist, die wiederum über den Unterdruckmesser und -regulator 14 mit der Vakuumpumpe 15 in Verbindung steht. Die Leitung 8 ist über den Basisanschluß 16 mit dem Versorgungsbehälter 17 verbunden, in den eine Menge abtragender Materialien S eingefüllt ist. Die Einlaßleitung 18 steht mit dem Basisanschluß in Verbindung und weist an ihrem unteren Ende eine Öffnung 28 auf. An der Behälterbasis ist ein Durchlaß 19 angeordnet, der über das Ventilsystem 20, 21, 22, 23 mit der Atmosphäre in Verbindung steht und sich in den Verteiler 24 öffnet , der wiederum über Löcher 25 mit Einlaß und Filtern 26 kommuniziert. In den Behälter ist zudem ein Heizwiderstand 27 eingesetzt.
Bei Gebrauch wird der Kopf 2 nach Inbetriebnahme der Vakuumpumpe 15 auf die zu behandelnde Fläche gesetzt. Der Verschluß der Öffnung 4 schließt den Einlaßkreislauf und das an der Öffnung erzeugte Vakuum läßt die zu behandelnde Fläche an den Rändern der Öffnung anhaften. Dabei werden die im Behälter 17 befindlichen abtragenden Materialien S durch die Öffnung 28 gesogen und gelangen über die Leitung 7 zur Öffnung 4, wo sie die zu behandelnde Oberfläche abschabend überstreichen. Über den Auslaßverbinder 6 und die Leitung 8 gelangen sie sodann zu dem Behälter 10, wo sie mit den abgetragenen Partikeln gesammelt werden (Beschreibung Sp. 1 Z. 52 - Sp. 3 Z. 18).
II. Es kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der Fassung, die dieses durch das europäische Ein-
spruchsverfahren erhalten hat, neu ist, weil er jedenfalls im Sinn der Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ für den Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war. Dies füllt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ aus.
1. Für die Prüfung der Schutzfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik gelten dabei die gleichen Grundsätze wie bei der Feststellung des Sinngehalts und bei der Auslegung des Patents im Verletzungsstreit (Sen.Urt. v. 24.9.2003 - X ZR 7/00 - blasenfreie Gummibahn I, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; vgl. Sen.Urt. v. 7.11.2000, berichtigt durch Beschluß vom 9.1.2001 - X ZR 145/98, GRUR 2001, 232 - Brieflocher). Grundlage für die Bestimmung der danach geschützten Lehre ist das Verständnis der Patentansprüche durch den maßgeblichen Fachmann. Erscheinen - auch unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen - Formulierungen in den Patentansprüchen als mehrdeutig, ist zu ermitteln, welche Vorstellungen der Fachmann mit ihnen verbindet. Im Nichtigkeitsverfahren darf nämlich nicht etwa deshalb eine einengende Auslegung der angegriffenen Patentansprüche zugrunde gelegt werden, weil mit dieser die Schutzfähigkeit eher bejaht werden könnte (BGH - blasenfreie Gummibahn I). Dabei schränkt die bloße Angabe "zur Ausführung von Mikroabschabungen an menschlichem Gewebe" den Schutz nicht ein; auch bei der Prüfung der Rechtsbeständigkeit kann sie deshalb eine positive Beurteilung für sich allein nicht tragen. Allerdings hat sie Besonderheiten bei der Ausgestaltung der Vorrichtung zur Folge, die sie von anderen Abrasionsgeräten, etwa Sandstrahlgeräten nach der US-Patentschrift 3 286 406, unterscheiden. Weiter ist zu berücksichtigen, daß, wie der gerichtliche Sachverständige im Grundsatz übereinstimmend mit dem sachkundig be-
setzten Bundespatentgericht angegeben hat, der kosmetische und therapeutische Anwendungsbereich, auf den die Lehre des Streitpatents abzielt, Auswir- kungen auf die Qualifikation des hier einschlägigen Fachmanns hat. Im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen und mit dem Bundespatentgericht sieht der Senat deshalb als maßgeblichen Fachmann einen Medizintechniker an, der auf der Grundlage eines Fachhochschulstudiums des Maschinenbaus oder der Elektrotechnik vertiefte Kenntnisse auf dem Gebiet der Medizinmechanik erworben hat, aber auch über Kenntnisse in Konstruktionslehre, Biomaterialien, Strömungstechnik und pneumatischer Förderung von Schüttgütern entweder selbst verfügt oder sich hierzu erforderlichenfalls den Rat von anderen Fachleuten einholt (vgl. hierzu Kroher in Singer /Stauder, EPÜ, 2. Aufl., Art. 56 Rdn. 135, Benkard, EPÜ, Art. 56 Rdn. 42; Schulte, PatG, 6. Aufl., § 4 Rdn. 51 ff.; Busse, PatG 6. Aufl. - im Druck -, § 4 Rdn. 154, je m.w.N.).
2. a) Aus der jedenfalls seit dem 28. Oktober 1987 und damit vor dem Prioritätstag des Streitpatents öffentlich zugänglichen italienischen Patentschrift 1 184 922 (Ginebri) ist ein Gerät zum kontrollierten Auftrag von reduzierenden Substanzen auf menschliches Gewebe zum Durchführen von Mikroabrasionen bekannt. Die nachstehend verkleinert wiedergegebene Figur 2 zeigt eine Schnittansicht eines Ausführungsbeispiels:

Das Gerät hat einen Griff 3 (Merkmal 1) mit einem Einlaßkanal 7 (Merkmal 1.1) und einem Auslaßkanal 8 (Merkmal 1.2). Die Kanäle stehen mit einer Öffnung (Fenster 38) im Griff in Verbindung, die auf die zu behandelnde Fläche gelegt werden soll (Beschreibung, deutsche Übersetzung S. 4 Z. 15 - 18; Merkmal 2). Die Ventile 32, 33, 34 stellen Mittel für die dosierte Zufuhr von abtragenden Materialien dar (Merkmal 3). Die Zufuhr erfolgt wie beim Streitpatent in einem pneumatischen Träger (Druckluft vom Kompressor 24) zur Öffnung 38 des Griffs 3 (Merkmal 3.1). Mit dem Auslaß 8 des Griffs 3 ist eine Vakuumquelle (Saugpumpe 28) verbunden (vgl. Merkmale 3.2 und 3.3). Die reduzierenden Substanzen werden unmittelbar nach der Gewebebehandlung durch die Saugpumpe 28 abgesaugt (Beschreibung, deutsche Übersetzung, S. 5 Z. 14 - 18).
Damit unterscheidet sich die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 des Streitpatents von der vorbekannten, wie das Bundespatentgericht zutreffend festgestellt hat, dadurch, daß als Antriebsmittel für den pneumatischen Träger, d.h. im allgemeinen Luft, bei der bekannten Vorrichtung jedenfalls auch ein Drucklufterzeuger neben der Vakuumquelle, beim Streitpatent aber nur die Vakuumquelle dient (Merkmal 3.2), sowie dadurch, daß die Förderung des abtragenden Materials beim Streitpatent ebenfalls ausschließlich durch die Vakuumquelle , bei der vorbekannten Vorrichtung aber jedenfalls auch durch die Druckluft erfolgt (Merkmal 3.3). Dabei beschreiben beide Unterschiede lediglich unterschiedliche Erscheinungsformen desselben technischen Sachverhalts, nämlich das Weglassen der Druckluftquelle und die alleinige Förderung des Trägermediums mittels Unterdrucks.


b) Die ebenfalls die Behandlung der menschlichen Haut betreffende französische Patentschrift 1 136 127 (Jordana) liegt demgegenüber weiter ab; sie beschreibt lediglich eine Förderung von festen Partikeln auf die Haut mittels Druckluft ("... consistant en la projection rapide sur la peau de particules solides ... en vue d’un traitement médical. L’appareil doit être alimenté en air sous pression par un petit compresseur ... "). An verfahrensrelevanten Informationen ist ihr lediglich noch zu entnehmen, daß die Druckluft im Behälter eine Strömung erzeugt, die die Partikel mitreißt, wobei die Regelung des von der Druckerzeugungsvorrichtung ausgehenden Luftdrucks es gestattet, die Intensität des Aufschüttelns der Partikel zu verändern ("L’air sous pression … crée un courant qui entraîne les particules. Le réglage de la pression à partir de l’appareil producteur d’air comprimé permet de faire varier la force de percussion.").
3. a) Der Überschuß der Lehre des Streitpatents gegenüber diesen die Behandlung des menschlichen Körpers betreffenden Entgegenhaltungen besteht mithin in der Umsetzung der Erkenntnis, daß auf ein Antriebsmittel, und zwar auf die Druckluftförderung, verzichtet werden kann, wenn die Vakuumquelle so ausgelegt wird, daß sie die Förderleistung allein erbringen kann, d.h., daß eine Energiequelle, nämlich die Vakuumquelle, zum Betrieb der Vorrichtung ausreicht. Eine erfinderische Leistung kann hierin mit dem Bundespatentgericht nicht gesehen werden.

b) Dem Fachmann kann grundsätzlich zugetraut werden, bekannte Lösungen zu verbessern und aus dem Stand der Technik bekannte Anregungen aufzugreifen (Bernhardt/Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Aufl.,
S. 171 f.; Busse, § 4 PatG Rdn. 133; Benkard, EPÜ, Art. 56 Rdn. 54). So ist er bestrebt, raumsparend und kostengünstig durch Verwendung weniger Teile zu bauen (Sen.Urt. v. 24.3.1994 - X ZR 86/91, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. 1, 168, 173 - Einphasensynchronmotor; vgl. Schulte § 4 PatG Rdn. 122, 123) und bekannte Vorrichtungen zu vereinfachen (Sen.Urt. v. 5.3.1996 - X ZR 109/93, bei Bausch Bd. 1, 291, 296 - Sammelstation

).



c) Dem Fachmann, der ohne weiteres erkannte, daß die Vorrichtung nach der italienischen Patentschrift 1 184 922 mit ihren beiden Energiequellen Kompressor 24 und Saugpumpe 28 einen erheblichen apparativen Aufwand pflegte, mußte es sich aufdrängen, Überlegungen dahin anzustellen, ob und wie dieser Aufwand verringert werden konnte. Dabei lag es zunächst auf der Hand, Überlegungen dahin anzustellen, ob von den zwei bei der Vorrichtung nach der italienischen Patentschrift vorgesehenen Energiequellen verzichtet werden konnte. Dabei bestand für den Fachmann, wie die mündliche Verhandlung zur Überzeugung des Senats ergeben hat, jedenfalls keine ausgeprägte Präferenz dahin, auf die Saugpumpe und nicht auf den Kompressor zu verzichten. Der gerichtliche Sachverständige hat nach eingehender Erörterung in der mündlichen Verhandlung vielmehr angenommen, beim Fachmann habe eine gewisse Neigung bestanden, die Saugpumpe beizubehalten, weil sich hieraus Vorteile beim Auffangen der Schleifpartikel ergeben konnten. Selbst wenn man nicht soweit gehen wollte, war das Weglassen des Kompressors damit eine Möglichkeit, die der Fachmann bei seinen Überlegungen, die bekannte Vorrichtungen zu vereinfachen, in Betracht zog (vgl. Sen.Urt. v.
18.2.1997 - X ZR 25/95, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsa- chen Bd. 1, 445, 452 f. - Zerstäubervorrichtung).

d) Der Fachmann hatte mithin Veranlassung, sich im Stand der Technik nach vergleichbaren Lösungen umzusehen, die das Problem der Schleifpartikelzufuhr und der Partikelabfuhr auf einfachere Weise und insbesondere mit nur einer Energiequelle lösten. Deshalb lag es für ihn auch nahe, sich auf Gebieten umzusehen oder auf diesen Gebieten kundige Fachleute zu befragen, auf denen vergleichbare Lösungen zu erwarten waren, insbesondere auf dem Gebiet des mechanischen Abschleifens mit festen Partikeln, etwa beim Sandstrahlen.
Dabei mußte er u.a. auf die US-Patentschrift 3 286 406 (Ashword) stoßen , die u.a. Vorrichtungen zum Abschleifen mit trockenen Partikeln betrifft. Diese Veröffentlichung befaßt sich ausdrücklich mit der Frage, ob auf Druckluft verzichtet werden könne, was den Vorteil geringerer Kosten habe, da teure Druckluftkompressoren entbehrlich seien (Beschreibung Sp. 1 Z. 22 - 27). Konkret beschreibt sie eine Ausführungsform, bei der eine Strahlkammer, eine mit einem Ende der Strahlkammer verbundene Lufteinlaßleitung, Mittel zum Mitreißen des Schleifmittels in der Primärluft, Öffnungen in der Wand der Kammer, die mit dem zu bearbeitenden Werkstück verschlossen werden, Mittel zum Anlegen von Unterdruck an die Kammer, um Primärluft und Schleifmittel in die Kammer zu ziehen und Luft und Schleifmittel von der Kammer abzuziehen, sowie Mittel zum Verhindern des Eintritts von Sekundärluft in die Kammer vorgesehen sind (Beschreibung Sp. 1 Z. 62 - Spalte 2 Z. 12; Übersetzung übergehender Absatz S. 2/3).

Der Fachmann konnte bereits hieraus erkennen, daß die in der USPatentschrift 3 286 406 beschriebene Vorrichtung den Betrieb der Abrasionsvorrichtung ausschließlich mittels Unterdruckerzeugung ermöglichte und eine zusätzliche Drucklufterzeugung überflüssig machte. Dabei mußte er allerdings, worauf der gerichtliche Sachverständige besonders hingewiesen hat, auch erkennen , daß es nicht genügte, den Kompressor wegzulassen, sondern daß eine verschlossene Strahlkammer erzeugt werden mußte, weil nur dadurch die Mitnahme des Schleifmittels aus dem Behälter erreicht werden konnte. Auch das lehrt indessen diese Entgegenhaltung. Wie der gerichtliche Sachverständige hierzu ausgeführt hat, wäre die Abdichtung der Strahlkammer auf der Körperoberfläche mit definierter Zuführung von Sekundärluft aus der Atmosphäre auf Grund der biomechanischen Eigenschaften der menschlichen Haut einfach realisierbar gewesen.
Allerdings sah der Fachmann zugleich, daß er die ersichtlich nicht für Anwendungen am menschlichen Körper vorgesehene Vorrichtung nach der US-Patentschrift nicht ohne weiteres für den nach dem Streitpatent vorgesehenen Zweck einsetzen konnte. Es lag auf der Hand, daß die Behandlung eines empfindlichen Organs wie der menschlichen Haut nicht ohne weiteres auf Vorrichtungen und Verfahrensweisen zurückgreifen konnte, wie sie bei der Bearbeitung von Werkstücken aus toter Materie angezeigt sein mögen. Der gerichtliche Sachverständige hat aber überzeugend ausgeführt, daß diese Anpassungen den Fachmann nicht vor Schwierigkeiten stellten, die ein erfinderisches Handeln erforderlich machten.
Daß die US-Patentschrift auch Ausführungsformen beschreibt, bei denen eine im humanmedizinischen Einsatz ungeeignete Abscheidung und Wiederverwendung des gebrauchten Schleifmittels erfolgen sollte, wie die Berufung geltend macht, stand dem nicht entgegen, wohl aber der Übernahme von Abscheidung und Wiederverwendung. Mit ihrer Verweisung auf das Ausführungsbeispiel , bei dem der Abscheider zwingend notwendig sei, verkennt die Berufung zudem, daß sich der Offenbarungsgehalt der US-Patentschrift nicht auf dieses Beispiel beschränkt. Daß ohne den Abscheider der Materialkreislauf unterbrochen werde, ist schon deshalb nicht von entscheidender Bedeutung, weil auch die Vorrichtung nach der italienischen Patentschrift ohne einen solchen Abscheider und damit ohne Materialkreislauf arbeitet. Der Fachmann erkannte somit, daß er hierauf je nach vorgesehener Anwendung verzichten konnte. Daraus folgte für ihn als weitere nahe liegende Erkenntnis, daß er die erforderliche Zufuhr von Schleifpartikeln auf andere Weise als über einen Materialkreislauf bewerkstelligen mußte. Wie dies zu bewerkstelligen ist, überläßt indessen auch Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner in erster Linie verteidigten Fassung dem Belieben des Fachmanns.
In der Übernahme einer Ausführung, bei der allein mit Unterdruck gefördert wird, auf die aus der italienischen Patentschrift bekannte Vorrichtung kann nach alledem eine erfinderische Leistung nicht gesehen werden. Das hat auch der gerichtliche Sachverständige so gesehen, der insoweit von einer handwerklichen Leistung spricht.
Die gegenteilige Auffassung des im Verfahren vor dem Tribunale Turin herangezogenen Sachverständigen L. beruht darauf, daß dieser davon aus-
gegangen ist, der Fachmann werde das US-Patent nicht heranziehen, weil dieses sich auf einen ganz anderen technischen Sektor beziehe (Gutachten S. 43 = Übersetzung S. 33 f., Ergänzungsgutachten Übersetzung S. 13). Sie ist daher auf der vorstehend dargestellten Grundlage nicht geeignet, die Schutzfähigkeit des Streitpatents zu stützen.
III. Die Unteransprüche 2 bis 4, 6 und 7 werden von der Beklagten, soweit sich Patentanspruch 1 nur in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen als rechtsbeständig erweist, ersichtlich nur in Rückbeziehung auf diese verteidigt. Die Patentansprüche 2, 3, 6 und 7 weisen zudem, wie bereits das Bundespatentgericht erkannt und der gerichtliche Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, auch in Verbindung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents keinen erfinderischen Gehalt auf. Patentanspruch 4 weist zusätzliche Merkmale auf, die sich auch in der vom Senat als schutzfähig erachteten Fassung von Patentanspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag teilweise wiederfinden.
Nach Patentanspruch 2 soll die Öffnung des Griffs so angeordnet sein, daß sie im wesentlichen dichtend der zu behandelnden Fläche angepaßt werden kann. Diese Anpassung ist bereits aus der US-Patentschrift 3 286 406 bekannt und für das Funktionieren einer ausschließlich mit Unterdruck arbeitenden Vorrichtung auch notwendig. Auch die italienische Patentschrift legt, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, die Maßnahme jedenfalls nahe.
Patentanspruch 3 bildet die Lehre des Patentanspruchs 2 weiter dahin aus, daß die Neigung der Öffnung zum Einlaßkanal des Griffs etwa 45° beträgt. Das ist, wie der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, eine rein handwerkliche Maßnahme ohne erfinderischen Gehalt. Den Neigungswinkel, der für die vorgesehene Anwendung geeignet ist, kann der Fachmann mit wenigen orientierenden Versuchen ermitteln.
Patentanspruch 6 sieht elektrische Mittel zum Erhitzen der abtragenden Materialien im Vorratsbehälter vor. Mit dem Bundespatentgericht und dem gerichtlichen Sachverständigen sieht der Senat hierin eine Routinemaßnahme des Fachmanns ohne erfinderischen Gehalt.
Einen austauschbaren Kopf vorzusehen, wie dies Patentanspruch 7 lehrt, offenbart bereits die italienische Patentschrift (Einsatzplättchen 37; Figur 4). Der gerichtliche Sachverständige hat hierin eine Selbstverständlichkeit gesehen.
IV. 1. Patentanspruch 1 in seinen hilfsweise verteidigten Fassungen unterscheidet sich von Patentanspruch 1 in der Fassung der neuen europäischen Patentschrift zunächst dadurch, daß die Vorrichtung als "humanmedizinische Abschabungsvorrichtung" bezeichnet ist. Dies bedeutet keine sachliche Änderung gegenüber der Bezeichnung in der in erster Linie verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 und kann insbesondere nicht dazu führen, etwa die US-Patentschrift 3 286 406 bei der Prüfung der Patentfähigkeit außer Betracht zu lassen. Im übrigen ergeben sich folgende zusätzliche Merkmale:

(3.4) Die Verbindung zwischen Versorgungsbehälter und Einlaß- kanal ist derart ausgebildet, daß die Vakuumquelle beim Verschließen der Öffnung ein Ansaugen im Inneren des Versorgungsbehälters erzeugt,
(4) (nach dem ersten Hilfsantrag:) der Versorgungsbehälter weist einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit regulierbaren Durchlaß auf, womit der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist.
(4’) (nach dem zweiten Hilfsantrag:) der Versorgungsbehälter weist einen in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit regulierbaren Durchlaß auf und es ist ein der Vakuumquelle zugeordneter Regulator vorgesehen, über welche der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen verstellbar ist.
Das erste dieser Merkmale (3.4) ergibt sich dabei, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, notwendig aus Merkmal (3.3) und enthält damit als bloße Wirkungsangabe diesem gegenüber keinen Überschuß.
Merkmal (4) nach dem ersten Hilfsantrag ist jedenfalls durch die ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen nicht gedeckt. Die Beklagte kann
sich deshalb auf eine derartig beschränkte Fassung des Patentanspruchs 1 nicht zurückziehen (vgl. BGHZ 21, 8, 12 - Spritzgußmaschine I). Nach ihr wären vom Patentschutz nämlich auch Fälle erfaßt, bei denen der Grad der auf der zu behandelnden Fläche erzeugten Mikroabschabungen allein durch den in seinem Luftdurchtritt über eine Ventileinheit regulierbaren Durchlaß verstellbar ist. Derartiges ist aber in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht offenbart. Dort heißt es zwar (Beschreibung S. 2):
"According to one preferred embodiment of the invention, the inlet passage of the handle is connected to a supply container fort he reducing substances which has in its base a plurality of air-intake apertures with associated regulator valve means, …" (nach der Übersetzung: "Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung hat der Versorgungsbehälter für die abtragenden Materialien in seinem Boden mehrere Lufteinlaßöffnungen mit zugehörigen Regelventilen …").
Die weiteren Offenbarungsstellen machen jedoch klar, daß eine Reglung nur mittels dieser Öffnungen nicht beschrieben wird. So heißt es in der ursprünglichen Beschreibung S. 3:
"A passage 19 is situated in the base of the container 17 and communicates with the atmosphere through a valve system, generally indicated 20, including a pair of one-way valves 21, 22 supplied by a solenoid valve 23. The passage 19 opens into an annular manifold 24 formed in the base of the container 17 and communicating
with the interior thereof through a ring of axial holes 24 with associ- ated intake and shaking filters.” (Übersetzung: "An der Basis des Behälters 17 ist ein Durchlaß angeordnet, welcher über ein Ventilsystem , im allgemeinen mit 20 bezeichnet, welches ein Paar über ein Solenoid-Ventil 23 versorgte Eingangsventile 21, 22 beinhaltet, mit der Atmosphäre kommuniziert. Der Durchlaß 19 öffnet sich in einen ringförmigen, in der Basis des Behälters 17 ausgebildeten Verteiler 24, welcher mit dem Inneren des Behälters 17 über einen Ring axialer Löcher 25 mit zugeordnetem Einlaß und aufschüttelnden Filtern 26 kommuniziert.").
Weiter (Beschreibung S. 4/5):
"The degree of micro-abrasion caused on the surface under treatment is adjustable by the operation of both the regulator 14 associated with the vacuum pump 15 and the solenoid valve unit 20, whereby the flow of atmospheric air sucked into the container 17 is regulated automatically ...” (Übersetzung: "Der Grad der Mikroabschabung auf der zu behandelnden Fläche ist durch Betätigung des der Vakuumpumpe zugeordneten Regulators 14 und der SolenoidVentileinheit 20 einstellbar, wobei der Strom der in den Behälter 17 eingesogenen atmosphärischen Luft automatisch geregelt wird...".).
Hieraus ergibt sich, daß die Regulierung nur in der Weise beschrieben ist, daß sie sowohl durch den Regulator 14 und die Ventileinheit 20 erfolgt. Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend
bestätigt, daß der Fachmann die Offenbarung der Reglung durch beide Regelungsmittel nur kumulativ versteht. Dies wird durch die ursprüngliche Beschreibung S. 5 bestätigt, wonach der Regulator 14 den Strom der eingesogenen Luft beeinflußt, während das Ventil 20 einen Unterdruck im Behälter 17 erzeugt.
Merkmal (4) in der Fassung des zweiten Hilfsantrags trägt den Offenbarungsbedenken Rechnung. Gesichtspunkte, aus denen sich ergeben könnte, daß die ihr entsprechende Anspruchsfassung nicht durch die ursprüngliche Offenbarung oder das erteilte Patent gedeckt sein könnte, haben sich nicht ergeben. Insbesondere mußte sich die Beklagte nicht auf die zumindest teilweise engere Fassung des Patentanspruchs 4 beschränken (vgl. Sen.Urt. v. 18.5.1999 - X ZR 113/96, bei Bausch aaO. Bd. 3, 180, 194 f. - Ventilbetätigungsvorrichtung

).


2. a) Patentanspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag ist neu. Dies ist auch von den Klägerinnen nicht in Zweifel gezogen worden.

b) Der Senat kann nicht feststellen, daß Patentanspruch 1 in dieser Fassung durch den Stand der Technik nahegelegt ist. Das geht zu Lasten der Klägerin (vgl. nur Sen.Urt. v. 10.11.1998 - X ZR 137/94, Mitt. 1999, 362, 364 - Herzklappenprothese).
Die Maßnahme, zur Verstellbarkeit, d.h. Regulierbarkeit der Abschabungen sowohl einen der Vakuumquelle zugeordneten Regulator als auch einen regulierbaren Durchlaß des Versorgungsbehälters heranzuziehen, ist in dem dem Senat bekannt gewordenen Stand der Technik nicht beschrieben. Die Be-
fragung des gerichtlichen Sachverständigen dazu, ob es sich um eine aus dem Fachwissen und Fachkönnen naheliegende Maßnahme handelt, hat nicht zu einem eindeutigen Ergebnis zu Lasten der beklagten Patentinhaberin geführt. Der gerichtliche Sachverständige hat die Maßnahme zunächst - in einer eher spontanen Reaktion als nicht nahe liegende bezeichnet. Auch bei ins einzelne gehender Diskussion ist er zunächst bei dieser Auffassung geblieben; insbesondere hat er angegeben, eine feinfühlige Regulierung sei auch früher schon möglich gewesen; bei der zweiten Maßnahme (Regulierung des Lufteinlasses in den Vorratsbehälter) gehe es aber um die Dosierung der Zumischung. Reiche die Partikelmenge nicht aus, werde der Fachmann zunächst über die andere Regulierungsmöglichkeit Abhilfe schaffen wollen. Erst auf gezielte Befragung nach der Notwendigkeit eines Luftzutritts auf Grund der Absaugung hat der gerichtliche Sachverständige zunächst seine Auffassung in Frage gestellt und er ist nach längeren Überlegungen auf Grund der Annahme, daß der Fachmann die Bedeutung der Verwirbelung der Schleifpartikel in einem Vakuumsystem erkenne, zu dem Ergebnis gekommen, dieser werde zwei Regelsysteme vorsehen.
Dieses Ergebnis erfordert indessen, wie die Befragung des hochqualifizierten Sachverständigen eindrucksvoll belegt hat, schon für diesen einen erheblichen gedanklichen Aufwand. Umso mehr kann der Senat nicht ausschließen , daß dieser Aufwand für den deutlich geringer qualifizierten Fachmann bereits den Bereich des Erfinderischen berührte.
3. An den demnach schutzfähigen Patentanspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag können sich die Patentansprüche 2 - 4, 6 und 7 mit entsprechend geänderter Rückbeziehung anschließen.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit §§ 91, 92, 97 ZPO. Der Senat hat schon mangels besserer Erkenntnismöglichkeiten die Obsiegens- und Unterliegensanteile auf Kläger- und Beklagtenseite als ungefähr gleich bewertet.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.