Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2017 - X ZR 17/13

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:100117UXZR17.13.0
bei uns veröffentlicht am10.01.2017
vorgehend
Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 UH 1/12, 17.01.2013
Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 U 76/07, 17.01.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 17/13 Verkündet am:
10. Januar 2017
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Restitutionsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Vakuumtransportsystem

a) Die Revision gegen ein auf Patentverletzung erkennendes Berufungsurteil ist
zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, wenn das Patent
ganz oder teilweise rechtskräftig für nichtig erklärt wird und dies dem Berufungsurteil
die Grundlage entzieht. Der Zulassungsgrund muss
- gegebenenfalls innerhalb der Frist zur Wiedereinsetzung in die insoweit
versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde - geltend
gemacht werden (Fortführung von BGH, Beschluss vom 6. April 2004
- X ZR 272/02, BGHZ 158, 372 - Druckmaschinen-Temperierungssystem I).

b) Die Partei kann den Wegfall der Urteilsgrundlage nicht im Wege einer Restitutionsklage
geltend machen, wenn sie es schuldhaft unterlassen hat, den
Restitutionsgrund zum Gegenstand einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung
der Revision im Verletzungsurteil zu machen.
BGH, Urteil vom 10. Januar 2017 - X ZR 17/13 - OLG Düsseldorf
ECLI:DE:BGH:2017:100117UXZR17.13.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Hoffmann und Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Restitutionsklägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2013 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Restitutionsbeklagte war Inhaberin des mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 333 045 (Klagepatents), das ein Vakuumtransportsystem für Abwässer betrifft. Das Klagepatent wurde am 9. März 1989 unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 11. März 1988 angemeldet und ist am 9. März 2009 durch Zeitablauf erloschen. Patentanspruch 1 des in der Verfahrenssprache Französisch erteilten Klagepatents lautet in der erteilten Fassung wie folgt: "Procédé d'évacuation d'eaux usées par aspiration et refoulement à l'aide d'une pompe dans lequel un collecteur tubulaire (42) est relié par un passage d'aspiration (33) à ladite pompe et reçoit lesdites eaux usées sous la forme de bouchons successifs, ainsi que des masses d'air consécutives à ces bouchons et provenant de l'atmosphère, et ladite pompe aspire ces bouchons et ces masses d'air consécutives en abaissant la pression d'air dans ledit collecteur à une pression d'aspiration inférieure à la pression atmosphérique , et refoule par un passage de refoulement (34) lesdites eaux usées sous une pression d'évacuation supérieure à ladite pression d'aspiration et suffisante pour permettre leur évacuation, caracté- risé par le fait que ladite pompe mise en œuvre est une pompe à anneau liquide (P) qui est en outre munie d'un passage d'alimentation en eau (19) pour recevoir un débit minoritaire d'une eau d'alimentation propre à former et/ou entretenir un anneau liquide dans cette pompe."
2
Das Landgericht verurteilte die Restitutionsklägerin, die während der Laufzeit des Klagepatents Vakuumpumpen zur Installation in VakuumAbwasserentsorgungssystemen in Schiffen hergestellt und die Modelle 15 MB-D, 25 MBA, 25 MBD und 65 MBA unter der Bezeichnung "Vakuumarator Jets" in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben hat, am 2. August 2007 wegen mittelbarer Verletzung des Klagepatents auf der Grundlage von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz. Die hiergegen gerichtete Berufung wies das Oberlandesgericht durch Urteil vom 13. November 2008 mit der Maßgabe zurück , dass der Ausspruch zur Rechnungslegung in Bezug auf die Angaben zum erzielten Gewinn geringfügig abgeändert wurde. Die Revision ließ es nicht zu. Hiergegen legte die Restitutionsklägerin Nichtzulassungsbeschwerde ein. Der Bundesgerichtshof setzte das Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine von der Restitutionsklägerin erhobene Klage auf Nichtigerklärung des Klagepatents aus. Durch Urteil des Bundespatentgerichts vom 5. Mai 2011 (10 Ni 21/10 (EU), juris) wurde das Klagepatent teilweise für nichtig erklärt. Patentanspruch 1 erhielt danach folgende Fassung: "Verfahren zum Abtransport von Abwässern durch Saugen und Fördern mit Hilfe einer Pumpe, bei dem an einem rohrförmigen Kollektor (42) mindestens eine WC-Schüssel (43) mit einer Wasserspülung und einem dichten Vakuumentleerungsventil angeschlossen ist, und bei dem der rohrförmige Kollektor (42) über einen Ansaugdurchlass (33) mit der Pumpe verbunden ist und die Abwässer in Form von aufeinanderfolgenden Pfropfen sowie auf diese Pfropfen folgende Luftmassen empfängt, die von der Atmosphäre stammen, bei dem zwischen dem rohrförmigen Kollektor (42) und der Pumpe ein Rückschlagventil (55) und vor dem Ventil eine das Vakuum im Kollektor messende Vakuumsonde (56) angeordnet werden, die über ein Relais (57) die Pumpe bei einem hohen Druckschwellwert in Gang setzen und bei einem niedrigen Druckschwellwert anhalten kann, und bei dem die Pumpe diese Pfropfen und diese nachfolgenden Luftmassen ansaugt, indem sie den Luftdruck im Kollektor (42) auf einen Saugdruck unterhalb des Atmosphärendrucks senkt und die Abwässer durch einen Förderauslass (34) unter einem Auslassdruck abgibt, der höher ist als der Ansaugdruck und ausreicht, um den Abtransport zu erlauben, wobei als Pumpe eine Flüssigkeitsringpumpe (P) verwendet wird, die außerdem mit einem Wasserversorgungsdurchlass (19) versehen ist, um einen geringen Durchsatz an Versorgungswasser zu erhalten, das einen Flüssigkeitsring in dieser Pumpe bildet und/oder aufrechterhält."
3
Die hiergegen gerichtete Berufung der Restitutionsklägerin verwarf der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 (X ZR 116/11) als unzulässig, weil die Restitutionsklägerin die Frist zur Begründung der Berufung versäumt hatte. Mit Beschluss vom 17. April 2012 (X ZR 139/08) lehnte der Bundesgerichtshof eine weitere Aussetzung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision ab, die die Restitutionsklägerin im Hinblick auf eine in der Zwischenzeit von ihrem Patentanwalt erhobene erneute Patentnichtigkeitsklage beantragt hatte, und wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Die vom Patentanwalt der Restitutionsklägerin erhobene zweite Patentnichtigkeitsklage wies das Patentgericht ab; die Berufung des Klägers blieb erfolglos (BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 - X ZR 28/14, juris).
4
Mit ihrer am 18. Mai 2012 beim Berufungsgericht eingegangenen Restitutionsklage hat die Restitutionsklägerin geltend gemacht, die angegriffene Ausführungsform stelle nach der teilweisen Nichtigerklärung von Patentanspruch 1 keine mittelbare Verletzung des Klagepatents mehr dar, weil sie keine Flüssigkeitsringpumpe aufweise, die eine das Vakuum im Kollektor messende Vakuumsonde enthalte. Das im Verletzungsverfahren ergangene Berufungsurteil sei daher aufzuheben und die Verletzungsklage abzuweisen. Das Berufungsgericht hat die Restitutionsklage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Restitutionsklägerin weiterhin die Aufhebung des rechtskräftigen Verletzungsurteils und die vollständige Abweisung der Klage. Die Restitutionsbeklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
6
I. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Voraussetzungen des § 582 ZPO lägen nicht vor. Die Restitutions7 klägerin sei nicht ohne ihr Verschulden außerstande gewesen, den Restitutionsgrund in einem früheren Verfahren geltend zu machen.
8
Restitutionsgrund sei die teilweise Nichtigerklärung des Klagepatents durch das Urteil des Bundespatentgerichts vom 5. Mai 2011. Die teilweise Nichtigerklärung stelle gleichzeitig einen Revisionszulassungsgrund dar, den die Restitutionsklägerin bereits im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nicht- zulassung der Revision im Patentverletzungsverfahren im Wege eines Antrags auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hätte geltend machen können und müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege ein Revisionszulassungsgrund vor, wenn entweder das Klagepatent ganz für nichtig erklärt worden sei oder der Bundesgerichtshof seiner Entscheidung im Nichtigkeitsberufungsverfahren eine Auslegung des Patents zu Grunde gelegt habe, die in einem für den Patentverletzungsprozess entscheidungserheblichen Punkt von derjenigen abweiche, die das Oberlandesgericht seinem mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtenen Urteil zugrunde gelegt habe. Für die dem Streitfall zugrunde liegende Konstellation, bei der die Restitutionsklägerin auf der Grundlage der erteilten Fassung wegen Patentverletzung verurteilt und das Klagepatent danach in einem Nichtigkeitsverfahren teilweise für nichtig erklärt worden sei, könne nichts anderes gelten. Denn auch in diesem Fall könne es zu widerstreitenden Entscheidungen im Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren kommen, die es im allgemeinen Interesse zu vermeiden gelte. Die Restitutionsklägerin hätte daher im Streitfall die teilweise Nichtigerklärung des Klagepatents als Revisionszulassungsgrund im Rahmen des Beschwerdeverfahrens über die Nichtzulassung der Revision geltend machen müssen. Zwar sei die teilweise Nichtigerklärung des Klagepatents erst am 20. Dezember 2011 rechtskräftig geworden, nachdem der Bundesgerichtshof die Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts vom 5. Mai 2011 als unzulässig verworfen habe, während die Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bereits am 21. September 2009 abgelaufen sei. Indessen habe der Bundesgerichtshof für den Revisionszulassungsgrund der abweichenden Auslegung bereits entschieden, dass dieser dann, wenn er sich erst nach Ablauf der Frist zur Begründung der im Verletzungsverfahren eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde ergebe, mittels eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend gemacht werden müsse (BGH, Hinweisbeschluss vom 29. Juni 2010 - X ZR 193/03, BGHZ 186, 90 - Crimpwerkzeug III). Die Restitutionsklägerin habe in der Zeit zwischen der Verwerfung der Nichtigkeitsberufung am 20. Dezember 2011 und der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde am 17. April 2012 hinreichend Gelegenheit gehabt, die angebliche Nichtbenutzung der im Zuge der teilweisen Nichtigerklärung in den Patenanspruch 1 zusätzlich aufgenommenen Merkmale mittels eines Antrags auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in das Verfahren einzuführen. § 234 Abs. 3 ZPO hätte im Streitfall einer Wiedereinsetzung nicht entgegengestanden , da die Überschreitung der Jahresfrist nicht in der Sphäre der Restitutionsklägerin gelegen hätte. Die Restitutionsklägerin habe es auch schuldhaft unterlassen , die Änderung der Patentansprüche in das Beschwerdeverfahren einzuführen. Sie habe als Klägerin des Nichtigkeitsverfahrens sofortige Kenntnis vom Restitutionsgrund der teilweisen Nichtigkeit gehabt. Ebenso seien ihr die technischen Merkmale der angegriffenen Ausführungsform geläufig gewesen, so dass sie habe erkennen können, ob diese vom Klagepatent in der nunmehr maßgeblichen Fassung - wie mit der Restitutionsklage behauptet - keinen Gebrauch mehr mache. Die Entscheidung "Crimpwerkzeug III" sei ab September 2010 in mehreren Fachzeitschriften publiziert worden und habe daher den anwaltlichen Vertretern der Restitutionsklägerin bekannt sein müssen. Die Restitutionsklägerin , der die Fahrlässigkeit ihrer anwaltlichen Vertreter zuzurechnen sei, hätte erkennen müssen, dass sie nach dieser Entscheidung auch die teilweise Nichtigerklärung des Klagepatents bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren hätte einwenden müssen. Sie hätte - jedenfalls vorsorglich - Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragen und sich ergänzend darauf berufen müssen, dass die angegriffene Ausführungsform von den zusätzlichen (einschränkenden) Merkmalen des Klagepatents keinen Gebrauch mache. Die Restitutionsklägerin habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Bundesgerichtshof aufgrund der rechtskräftigen teilweisen Nichtigerklärung des Klagepatents von Amts wegen die Revision zulassen und die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen werde. Aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 10. November 2009 (X ZR 11/06, GRUR 2010, 272 - Produktionsrückstandsentsorgung) habe der Restitutionsklägerin bekannt sein müssen, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht schon deshalb zum Erfolg führe, weil das Klagepatent nach Erlass des Urteils im Verletzungsverfahren teilweise für nichtig erklärt worden sei. Vielmehr habe der Restitutionsklägerin angesichts dieser Rechtsprechung bewusst sein müssen, dass es entscheidend darauf ankomme, ob die Teilvernichtung die angegriffene Ausführungsform aus dem Schutzbereich des Klagepatents herausführe.
9
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung zwar im Ausgangspunkt, nicht aber im Ergebnis stand. Das Oberlandesgericht hat zu Recht entschieden, dass eine wegen Patentverletzung verurteilte Partei den sich aus der teilweisen Nichtigerklärung des Klagepatents ergebenden Wegfall der Grundlage des rechtskräftigen Berufungsurteils im Verletzungsprozess nicht im Wege einer Restitutionsklage geltend machen kann, wenn sie es schuldhaft unterlassen hat, diesen zum Gegenstand einer zum Zeitpunkt der teilweisen Nichtigerklärung des Klagepatents bereits anhängigen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zu machen. Im Streitfall ist die Restitutionsklage allerdings nicht ausgeschlossen, weil die Restitutionsklägerin ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geltend zu machen.
10
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Restitutionsklage bei Klagen aus einem Patent, an dessen Bestand das Gericht im Verletzungsrechtsstreit gebunden ist, in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 6 ZPO darauf gestützt werden kann, dass die Urteilsgrundlage aufgrund des Widerrufs des Klagepatents im Einspruchsverfahren oder der Nichtigerklärung im Nichtigkeitsverfahren entfallen ist, und dies auch dann gilt, wenn der Gegenstand des Patents im Beschränkungs-, Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren bestandskräftig derart eingeschränkt worden ist, dass das Klagepatent im Umfang eines Patentanspruchs, dessen Benutzung durch die als patentverletzend angesehene Ausführungsform vom Verletzungsgericht festgestellt worden ist, vollständig oder durch die Aufnahme zusätzlicher Merkmale , deren Benutzung nicht festgestellt ist, in Wegfall geraten ist (BGH, Urteil vom 29. Juli 2010 - Xa ZR 118/09, BGHZ 187, 1 Rn. 12 - Bordako; Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 55/09, GRUR 2012, 753 Rn. 13 - Tintenpatrone III).
11
2. Die Restitutionsklage ist jedoch grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Restitutionskläger es unterlassen hat, den Restitutionsgrund in einem zum Zeitpunkt des vollständigen oder teilweisen Wegfalls des Patents anhängigen Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geltend zu machen.
12
a) Nach § 582 ZPO ist die Restitutionsklage nur dann zulässig, wenn die Partei - ohne ihr Verschulden - außerstande war, den Restitutionsgrund in einem früheren Verfahren, insbesondere durch Einlegung entsprechender Rechtsmittel, geltend zu machen. Die Restitutionsklage ist danach ausgeschlossen , wenn der Restitutionskläger vor Ablauf der Frist für die Einlegung des jeweils statthaften Rechtsmittels oder für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in eine etwa bereits abgelaufene Rechtsmittelfrist positive Kenntnis von dem Restitutionsgrund bzw. von den einen Restitutionsgrund begründenden Tatsachen Kenntnis erhalten hat und das Vorbringen Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 582 Rn. 4). Denn dann bestand die Möglichkeit , den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren geltend zu machen.
13
b) Der Widerruf oder die Nichtigerklärung des Klagepatents muss im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in einem auf Verletzung dieses Patents erkennenden Urteil als Zulassungsgrund geltend gemacht werden, will der Beschwerdeführer nicht des entsprechenden Restitutionsgrundes verlustig gehen.
14
aa) Dem Restitutionskläger gereicht es allerdings grundsätzlich nicht zum Nachteil, wenn er den Restitutionsgrund begründende neue Tatsachen nicht in das Revisionsverfahren einführt.
15
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist neues tatsächliches Vorbringen zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz trotz § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwar unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, weil zum einen aus Gründen der Prozessökonomie Wiederaufnahmegründe - soweit möglich - in einem noch anhängigen Rechtsstreit geprüft werden sollen, anstatt die Partei auf ein nach rechtskräftigem Abschluss des anhängigen Rechtsstreits einzuleitendes Wiederaufnahmeverfahren zu verweisen, und sich zum anderen für die Einheitlichkeit und das Ansehen der Rechtsprechung in hohem Maße abträgliche Folgen ergäben, wenn in der Revisionsinstanz ein ohne Berücksichtigung des neuen Vorbringens ergehendes Urteil sich mit dem Inhalt eines rechtskräftigen Erkenntnisses eines anderen Gerichts in Widerspruch setzen oder doch diese Erkenntnis unbeachtet lassen würde (BGH, Urteil vom 23. November 2006 - IX ZR 141/04, NJW-RR 2007, 767 Rn. 14; Urteil vom 6. März 1952 - IV ZR 80/51, BGHZ 5, 240, 247; Urteil vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 67). Es stellt aber grundsätzlich kein - eine spätere Restitutionsklage ausschließendes - Versäumnis dar, wenn eine Partei es unterlässt , ihr erst in der Revisionsinstanz bekannt gewordene neue Tatsachen, die noch nicht Gegenstand des Berufungsurteils sein konnten, im Revisionsverfahren vorzubringen (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1976 - IV ZR 147/75, NJW 1977, 498, 499), da sie regelmäßig nicht wissen kann, ob diese Tatsachen unstreitig gestellt und im Revisionsverfahren berücksichtigt werden. Erst recht ist sie nicht gehalten, nur im Hinblick auf solche lediglich möglicherweise zu berücksichtigenden Tatsachen Revision oder Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen.
16
bb) Ist jedoch im Patentverletzungsverfahren eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision anhängig oder die Frist zu ihrer Einlegung noch nicht abgelaufen, ist die durch das Verletzungsurteil beschwerte Partei gehalten, die Nichtigerklärung des Patents mit der Beschwerde geltend zu machen.
17
(1) Eine Änderung der Patentlage ist - anders als erst in der Revisionsinstanz entstandene und bekannt gewordene, einen Restitutionsgrund begründende Tatsachen - im Revisionsrechtszug wie eine zwischenzeitliche Änderung der Rechtslage von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Hinweisbeschluss vom 29. Juni 2010 - X ZR 193/03, BGHZ 186, 90 Rn. 6 - Crimpwerkzeug III). Sie füllt nach der Rechtsprechung des Senats sogar den Revisionszulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO aus. So ist, wenn Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsrechtsstreit parallel geführt werden, in letzterem auf eine zulässig eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision zuzulassen, wenn das Klagepatent ganz oder teilweise für nichtig erklärt worden ist und diese Entscheidung Auswirkung auf diejenige im Verletzungsrechtsstreit hat (BGH, Beschluss vom 6. April 2004 - X ZR 272/02, BGHZ 158, 372, 376 - Druckmaschinen-Temperierungssystem I). Anders als bei der Einführung neuer Tatsachen im Revisionsrechtszug
18
gibt es mithin für die hierdurch begünstigte Partei keinen Grund, eine Änderung im Rechtsbestand des Patents, die sogar für die Zulassung der Revision ins Feld geführt werden kann, nicht in das Revisionsverfahren einzuführen. Vielmehr ist sie in Anbetracht der Subsidiarität der Restitutionsklage gehalten, eine nach Erlass des Berufungsurteils eingetretene und ihr bekannt gewordene teilweise oder vollständige Nichtigerklärung des Klagepatents in einem anhängigen Revisionsverfahren geltend zu machen, um so eine Überprüfung zu erreichen , ob die Beurteilung der Verletzungsfrage im Urteil des Berufungsgerichts auch in Ansehung der Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren Bestand hat. Gerade deswegen wird ein Revisionsverfahren oder ein Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision auch in der Regel bis zum Abschluss eines anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens ausgesetzt, wenn der Beschwerdeführer hierauf anträgt.
19
(2) Für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision folgt hieraus, dass die durch eine vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Patents begünstigte Partei diese Nichtigerklärung auch als Zulassungsgrund geltend machen muss. Denn die Revision darf nicht von Amts wegen, sondern nur dann zuge20 lassen werden, wenn ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und tatsächlich vorliegt oder jedenfalls bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vorgelegen hat (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2002 - VI ZR 91/02, NJW 2002, 3334). Dass jedenfalls die vollständige Nichtigerklärung im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist, vermag deshalb nichts daran zu ändern , dass sie - jedenfalls soweit kein weiterer Zulassungsgrund durchgreift - mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden muss, um das Revisionsverfahren überhaupt zu eröffnen. Ist das Klagepatent nur teilweise für nichtig erklärt worden, kommt hinzu,
21
dass dies anders als beim vollständigen Wegfall des Patents nicht zwingend zu einer Aufhebung der der Verletzungsklage stattgebenden Entscheidung führt, sondern nur dann, wenn die Änderung der Schutzrechtslage für den Verletzungsstreit entscheidungserheblich ist, weil die angegriffene Ausführungsform vom geänderten Schutzrecht keinen Gebrauch mehr macht (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - X ZR 11/06, GRUR 2010, 272 Rn. 1 - Produktionsrückstandsentsorgung ). Dementsprechend muss die wegen Patentverletzung verurteilte Partei darlegen, dass ein Zulassungsgrund entstanden sei, weil die Feststellungen des Berufungsgerichts die Annahme nicht trügen, die angegriffene Ausführungsform verletzte das Klagepatent auch in der Fassung des durch zusätzliche Merkmale beschränkten Anspruchs. Neuen Tatsachenvortrags bedarf es hierzu nicht; er kann nur im Revisionsverfahren insoweit ausnahmsweise Bedeutung erlangen, als der Kläger Behauptungen zur Verwirklichung der zusätzlichen Merkmale aufstellt, die vom Beklagten unstreitig gestellt werden.
22
cc) Ist bei Nichtigerklärung des Patents eine Nichtzulassungsbeschwerde anhängig und die Frist zu ihrer Begründung bereits abgelaufen, ist der Beschwerdeführer gehalten, den Zulassungsgrund nachträglich geltend zu machen und auf Wiedereinsetzung in die (insoweit) versäumte Begründungsfrist anzutragen (vgl. Cepl/Voß/Bacher, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 1. Aufl., § 544 ZPO Rn. 51, wo noch offen gelassen wird, ob den Beschwerdeführer eine entsprechende Obliegenheit trifft; vgl. auch Cepl/Voß/ Tochtermann, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 1. Aufl., § 582 ZPO Rn. 5, der für den Fall der teilweisen Nichtigerklärung des Klagepatents die Geltendmachung mittels eines Wiedereinsetzungsantrags für geboten hält). Dies hat der Bundesgerichtshof bereits für den in Bezug auf die verfahrensmäßige Situation vergleichbaren Fall entschieden, dass er seiner Entscheidung im Nichtigkeitsberufungsverfahren eine Auslegung des Patents zugrunde gelegt hat, die in einem für den Patentverletzungsprozess entscheidungserheblichen Punkt von derjenigen abweicht, die das Oberlandesgericht seinem mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtenen Urteil zugrunde gelegt hatte (BGHZ 186, 90 Rn. 16 - Crimpwerkzeug III).
23
(1) Die - außerhalb des Patentverletzungsverfahrens grundsätzlich nicht eröffnete - Möglichkeit, einen sich aus der Änderung der Patentlage oder einer vom Berufungsurteil abweichenden Auslegung des Klagepatents durch den Bundesgerichtshof im Patentnichtigkeitsverfahren nach Ablauf der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ergebenden Revisionszulassungsgrund mittels eines Wiedereinsetzungsantrags geltend machen zu können, soll dem Interesse des wegen Patentverletzung Beklagten Rechnung tragen, sich ungeachtet der verfahrensrechtlichen Trennung des Angriffs gegen das Klagepatent vom Verletzungsprozess umfassend gegen die Inanspruchnahme aus diesem Patent verteidigen zu können. Dem dient auch, wie bereits erörtert, die Möglichkeit der Aussetzung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, die dem Beklagten die Möglichkeit erhält, einen solchen Wiedereinsetzungsantrag stellen zu können, bevor über die Nichtzulassungsbeschwerde entschieden wird. Der Senat setzt, sofern die übrigen in der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen vorliegen, das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren sogar dann aus, wenn außer dem Aussetzungsantrag und dem Zulassungsgrund, der aus dem Ausgang des Patentnichtigkeitsverfahrens erwachsen soll, kein weiterer Zulassungsgrund geltend gemacht wird.
24
Stellt der Verletzungsbeklagte hingegen keinen Aussetzungsantrag, gibt er damit zu erkennen, dass er nicht damit rechnet, dass sich aus dem anhängigen Patentnichtigkeitsverfahren ein Grund zur Zulassung der Revision ergeben wird. In diesem Fall kann über die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Rücksicht auf den möglichen Ausgang des Nichtigkeitsverfahrens entschieden werden.
25
(2) Mit Sinn und Zweck dieser spezifischen Verzahnung zwischen Patentverletzungs - und -nichtigkeitsverfahren und der Subsidiarität der Restitutionsklage wäre es nicht vereinbar, wenn es im Belieben des Beschwerdeführers stünde, einem erfolgreich gestellten Aussetzungsantrag zum Trotz und ungeachtet einer teilweisen Nichtigerklärung, die Auswirkungen auf den Bestand des Verletzungsurteils hat, den Antrag auf Wiedereinsetzung in die - insoweit - versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu stellen und den nachträglich erwachsenen Revisionszulassungsgrund nicht geltend zu machen.
26
3. Im Streitfall ist die Restitutionsklage - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nach § 582 ZPO zulässig, weil die Restitutionsklägerin ohne ihr Verschulden außer Stande war, den Restitutionsgrund im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geltend zu machen. Zwar hatte die Restitutionsklägerin als Klägerin des Nichtigkeitsverfah27 rens Kenntnis vom Wegfall der Grundlage für ihre Verurteilung im Patentverletzungsrechtsstreit und wäre daher auch in dem zum Zeitpunkt der teilweisen Nichtigerklärung des Klagepatents noch anhängigen Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Verletzungsrechtsstreit zu der erforderlichen Darlegung in der Lage gewesen, dass sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts die Verletzung des Klagepatents unter Berücksichtigung der rechtskräftig beschränkten Fassung des Patentanspruchs nicht ergebe. Ihr kann aber im Streitfall nicht zur Last gelegt werden, dass sie es unterlassen hat, den ihr bekannten Restitutionsgrund bereits in dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geltend zu machen.
28
a) Eine Partei ist auch dann ohne ihr Verschulden außerstande, den Restitutionsgrund in einem früheren Verfahren geltend zu machen, wenn ihr diese Geltendmachung zwar tatsächlich möglich gewesen wäre, sie aber annehmen durfte, hierzu rechtlich nicht in der Lage oder jedenfalls nicht gehalten zu sein.
29
b) So verhält es sich mit der Geltendmachung des Wegfalls der Grundlage eines Patentverletzungsurteils durch die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Klagepatents.
30
aa) Zu dem Zeitpunkt Anfang 2012, zu dem die Restitutionsklägerin die Zulassung der Revision im Hinblick auf die teilweise Nichtigerklärung des Streitpatents hätte beantragen müssen, durfte sie nicht nur davon ausgehen, dass die Änderung im Rechtsbestand des Klagepatents im Verfahren überdie Revision, deren Zulassung sie beantragt hatte, von Amts wegen berücksichtigt werden würde. Sie hatte auch keinen für ein Verschulden ausreichenden Anlass zu der Annahme, die Änderung im Rechtsbestand des Klagepatents sei im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht von Amts wegen zu berücksichti- gen.
31
(1) Ein Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann grundsätzlich nicht nachträglich entstehen. Vielmehr muss er bei Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung vorliegen; nur dann kann er, wie erforderlich , in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2002 - VI ZR 91/02, NJW 2002, 3334).
32
(2) Im Beschluss des Senats vom 6. April 2004 (X ZR 272/02, BGHZ 158, 372 - Druckmaschinen-Temperierungssystem I) ist aufgrund der Besonderheiten der gesetzlichen Aufspaltung des Patentstreits im deutschen Verfahrensrecht auf Patentverletzungs- und Patentnichtigkeitsstreit und im Hinblick auf die zur Wahrung einer effektiven Verteidigung des Verletzungsbeklagten mit dem (Gegen-)Angriff gegen das Klagepatent (vgl. dazu auch BGH, Be- schluss vom 16. September 2014 - X ZR 61/13, BGHZ 202, 288 Rn. 7 - Kurznachrichten ) gebotene Verschränkung beider Verfahren die Zulassung der Revision bei nachträglicher Nichtigerklärung des Klagepatents für statthaft erachtet worden. Der Senat hat die Zulassung der Revision in diesen Fällen jedoch nicht ausdrücklich mit einem Zulassungsgrund in Beziehung gesetzt und insbesondere nicht die Frage erörtert, ob und in welcher Weise ein etwa nachgewachsener Zulassungsgrund nach Ablauf der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde noch geltend gemacht werden kann. In den Beschlussgründen ist lediglich ausgeführt, dass in Fällen, in denen Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsrechtsstreit parallel geführt werden, in letzterem auf zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision zuzulassen ist, wenn das den Prozessen zu Grunde liegende Patent ganz oder teilweise für nichtig erklärt worden ist und diese Entscheidung Auswirkung auf diejenige im Verletzungsrechtstreit haben kann (BGHZ 158, 372, 376 - Druckmaschinen-Temperierungssystem I). Diese Ausführungen lassen nicht erkennen, dass die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Klagepatents als Revisionszulassungsgrund geltend zu machen ist und der Beschwerdeführer gegebenenfalls in die versäumte Begründungsfrist wiedereinzusetzen ist, sondern besagen zunächst nur, dass bei einer vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung des Klagepatents auf eine - aus anderen Gründen - zulässig erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision zugelassen wird.
33
(3) Erstmals in der Entscheidung "Crimpwerkzeug III" (BGHZ 186, 90 - Crimpwerkzeug III) hat der Senat die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde für den Fall entwickelt, dass der Beschwerdeführer eine von einer - nachträglich ergangenen - höchstrichterlichen Entscheidung abweichende Auslegung des Klagepatents durch das Berufungsgericht geltend machen will. Er hat hierin - wiederum mit Blick auf die bei der Zivilprozessrechtsreform nicht berücksichtigten Eigen- arten des Patentstreitverfahrens - eine besondere Ausprägung des Zulassungsgrundes der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) gesehen (BGHZ 186, 90 Rn. 14 f. - Crimpwerkzeug III).
34
(4) Die Entscheidungen "Druckmaschinen-Temperierungssystem I" und "Crimpwerkzeug III" waren zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt weder in der Rechtsprechung des Senats noch - soweit ersichtlich - in der Literatur zueinander in Beziehung gesetzt worden. Insbesondere war aus dem Mitte 2010 ergangenen Beschluss "Crimpwerkzeug III" nicht der Schluss gezogen worden, die durch "Druckmaschinen-Temperierungssystem I" eröffnete Zulassung der Revision bei Nichtigerklärung des Klagepatents sei nach jenem Beschluss - innerhalb der Frist für eine Wiedereinsetzung in die insoweit versäumte Begründungsfrist - durch die nachträgliche Geltendmachung des Zulassungsgrundes der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend zu machen. Daran ändert auch die Entscheidung "Produktionsrückstandsentsorgung" (BGH, GRUR 2010, 272) nichts, die sich zur Frage des Zulassungsgrundes und einer etwaigen Wiedereinsetzung ebenso wenig verhält wie der Beschluss "Druckmaschinen -Temperierungssystem I".
35
bb) Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass die Restitutionsklägerin es schuldhaft unterlassen hat, den Restitutionsgrund in dem zum Zeitpunkt seiner Entstehung noch anhängigen Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision in dem im Verletzungsverfahren ergangenen Berufungsurteil geltend zu machen.
36
III. Soweit die Restitutionsklage in der Revisionsbegründung auch darauf gestützt wird, dass die Auslegung des Klagepatents in dem rechtskräftigen Berufungsurteil von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Mai 2016 abweiche , und ferner beantragt, den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. April 2012 aufzuheben, durch den die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in jenem Urteil zurückgewiesen worden ist, ist dieses Begehren nicht statthaft. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, nur gegen das rechtskräftige Berufungsurteil im Verletzungsprozess statthaft, das die letzte Sachentscheidung enthält. Die Geltendmachung eines weiteren Restitutionsgrundes stellt eine Klageänderung dar, die im Revisionsverfahren nicht zulässig ist. Im Übrigen liegt ein Restitutionsgrund insoweit auch nicht vor, da eventuelle Abweichungen bei der Auslegung des Klagepatents den Bestand des rechtskräftigen Berufungsurteils im Verletzungsprozess nicht in Frage stellen würden.
37
IV. Da es weiterer Feststellungen insoweit nicht bedarf, ist der Rechtsstreit hinsichtlich der Restitutionsklage zur Endentscheidung reif, die sich als zulässig und begründet erweist. Zur erneuten Verhandlung über die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 2. August 2007 unter Berücksichtigung der geltenden beschränkten Fassung des Klagepatents ist der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Meier-Beck Gröning Hoffmann Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanzen:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.01.2013 - I-2 UH 1/12 und I-2 U 76/07 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2017 - X ZR 17/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2017 - X ZR 17/13

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2017 - X ZR 17/13 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 582 Hilfsnatur der Restitutionsklage


Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2017 - X ZR 17/13 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2017 - X ZR 17/13 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2009 - X ZR 11/06

bei uns veröffentlicht am 10.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 11/06 vom 10. November 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Entsorgungsverfahren GG Art. 101 Abs. 1 Entscheidet das Berufungsgericht den Patentverletzungsstreit auf der Grun

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Apr. 2004 - X ZR 272/02

bei uns veröffentlicht am 06.04.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 272/02 vom 6. April 2004 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO §§ 148, 543 Abs. 2, 544; PatG §§ 81 ff. Druckmaschinen-Temperierungssystem Ist ein Patentnichtigkeitsverfahren a

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2012 - X ZR 55/09

bei uns veröffentlicht am 17.04.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 55/09 Verkündet am: 17. April 2012 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2010 - X ZR 193/03

bei uns veröffentlicht am 29.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 193/03 vom 29. Juni 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Crimpwerkzeug III EPÜ Art. 69 Die Patentauslegung besteht in der Bestimmung, wie der Patentanspruch nach objektiven K

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2016 - X ZR 28/14

bei uns veröffentlicht am 24.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 28/14 Verkündet am: 24. Mai 2016 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2016:240516UXZR28.14.0

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2014 - X ZR 61/13

bei uns veröffentlicht am 16.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X Z R 6 1 / 1 3 vom 16. September 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Kurznachrichten ZPO § 719 a) Ist der Verletzungsbeklagte durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil, ge
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2017 - X ZR 17/13.

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2018 - KZR 35/17

bei uns veröffentlicht am 17.07.2018

Tenor Das Verfahren über die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. März 2017 wird bis zum Abschluss des Nichtigkeitsberufungsverfahrens X ZR 35/18

Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 28/14 Verkündet am:
24. Mai 2016
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2016:240516UXZR28.14.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Bacher sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 16. Januar 2014 verkündete Urteil des 7. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 333 045 (Streitpatents ), das am 9. März 1989 unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 11. März 1988 angemeldet wurde und bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils durch Zeitablauf erloschen ist. Das in der Verfahrenssprache Französisch erteilte Streitpatent betrifft ein Vakuumtransportsystem für Abwässer. Patentanspruch 1 hat in einem vorangegangenen Nichtigkeitsverfahren durch Urteil des Bundespatentgerichts vom 5. Mai 2011 (10 Ni 21/10 (EU), juris) folgende Fassung erhalten: "Verfahren zum Abtransport von Abwässern durch Saugen und Fördern mit Hilfe einer Pumpe, bei dem an einem rohrförmigen Kollektor (42) mindestens eine WC-Schüssel (43) mit einer Was- serspülung und einem dichten Vakuumentleerungsventil angeschlossen ist, und bei dem der rohrförmige Kollektor (42) über einen Ansaugdurchlass (33) mit der Pumpe verbunden ist und die Abwässer in Form von aufeinanderfolgenden Pfropfen sowie auf diese Pfropfen folgende Luftmassen empfängt, die von der Atmosphäre stammen, bei dem zwischen dem rohrförmigen Kollektor (42) und der Pumpe ein Rückschlagventil (55) und vor dem Ventil eine das Vakuum im Kollektor messende Vakuumsonde (56) angeordnet werden, die über ein Relais (57) die Pumpe bei einem hohen Druckschwellwert in Gang setzen und bei einem niedrigen Druckschwellwert anhalten kann, und bei dem die Pumpe diese Pfropfen und diese nachfolgenden Luftmassen ansaugt, indem sie den Luftdruck im Kollektor (42) auf einen Saugdruck unterhalb des Atmosphärendrucks senkt und die Abwässer durch einen Förderauslass (34) unter einem Auslassdruck abgibt, der höher ist als der Ansaugdruck und ausreicht, um den Abtransport zu erlauben, wobei als Pumpe eine Flüssigkeitsringpumpe (P) verwendet wird, die außerdem mit einem Wasserversorgungsdurchlass (19) versehen ist, um einen geringen Durchsatz an Versorgungswasser zu erhalten, das einen Flüssigkeitsring in dieser Pumpe bildet und/oder aufrechterhält."
2
Auf diese Anspruchsfassung beziehen sich die in ihrem Wortlaut gegenüber der erteilten Fassung unveränderten Patentansprüche 2 bis 7, während die Patentansprüche 8 und 9 sich auf Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung beziehen.
3
Der Kläger, der die Klägerin des vorangegangenen Nichtigkeitsverfahrens betreffend das Streitpatent anwaltlich vertreten hat, hat ein Rechtsschutzbedürfnis geltend gemacht, da er wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in jenem Verfahren Regressansprüchen seiner früheren Mandantin ausgesetzt sei. Er hat beantragt, das Streitpatent im Umfang der Ansprüche 1 bis 7 für nichtig zu erklären, und geltend gemacht, der Gegenstand von Patentanspruch 1 gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei wie auch der Gegenstand der übrigen angegriffenen Patentansprüche nicht patentfähig. Außerdem sei der Gegenstand von Patentanspruch 1 und der Unteransprüche 4, 5 und 6 nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in der geltenden Fassung verteidigt.
4
Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Klageziel weiterverfolgt, wobei sich der Einwand der unzureichenden Offenbarung nur noch gegen Unteranspruch 4 richtet. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
6
A. Zu Recht hat das Patentgericht die Klage als zulässig angesehen.
7
I. Das Patentgericht hat seine Entscheidung insoweit im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Nichtigkeitsklage gegen ein bei Klageerhebung bereits erloschenes Patent setze nicht voraus, dass der Kläger patentrechtlichen Ansprüchen aus dem Streitpatent ausgesetzt sei. Vielmehr genüge auch ein sonstiges rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit. Im Streitfall sei ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers zu bejahen, weil die nachträgliche Klärung des Rechtsbestandes des Streitpatents geeignet sei, mögliche Regressansprüche seiner früheren Mandantin abzuwenden. Werde die Nichtigkeitsklage abgewiesen, wäre die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist im vorangegangenen Nichtigkeitsverfahren nicht als ursächlich für einen möglichen Schaden der früheren Mandantin anzusehen. Führe das Nich- tigkeitsverfahren dagegen zur Nichtigerklärung des Streitpatents im beantragten Umfang, könne die frühere Mandantin gegen ihre Verurteilung wegen Patentverletzung im Wege der Restitutionsklage vorgehen, wodurch der ihr durch die Fristversäumung entstandene Schaden beseitigt wäre. Nicht entscheidend sei, ob Regressansprüche bereits geltend gemacht oder wie im Streitfall nur angekündigt seien. Ebenso wenig müsse der Kläger die Schlüssigkeit und Erfolgsaussicht einer möglichen, gegen ihn gerichteten Schadensersatzklage glaubhaft machen.
9
II. Dies hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.
10
Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich daraus, dass der Kläger besorgen muss, von seiner früheren Mandantin, der Klägerin des vorangegangenen Nichtigkeitsverfahrens , wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in Anspruch genommen zu werden.
11
1. Wer die Nichtigerklärung eines erloschenen Patents begehrt, kann sich nicht mehr auf das bei einem als Popularklage ausgestalteten Verfahren ein Rechtschutzbedürfnis rechtfertigende Interesse der Allgemeinheit an der Nichtigerklärung berufen. Er muss vielmehr ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis dartun (BGH, Urteil vom 26. Juni 1973 - X ZR 23/71, GRUR 1974, 146 - Schraubennahtrohr). Das Erfordernis des besonderen eigenen Rechtsschutzinteresses ist dabei jedoch nicht etwa so zu verstehen, dass an dieses Interesse besonders strenge, den Rechtsschutz einengende Anforderungen zu stellen wären. Es muss sich - gegenüber dem vor dem Erlöschen des Schutzrechts genügenden und ohne weiteres gegebenen allgemeinen Rechtsschutzinteresse - nunmehr lediglich um ein spezielles, in der Person des Klägers liegendes, aus seiner Beziehung zu dem angegriffenen Schutzrecht ableitbares Interesse handeln (BGH, Beschluss vom 12. März 1981 - X ZB 16/80, GRUR 1981, 515, 516 - Anzeigegerät). Dementsprechend geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung eines durch Verzicht erloschenen Patents ohne weiteres dann zu bejahen ist, wenn der beklagte Patentinhaber den Nichtigkeitskläger noch weiterhin wegen Verletzung des Streitpatents in der Zeit vor dem Erlöschen des Streitpatents in Anspruch nehmen kann, wobei weder die Erhebung einer Verletzungsklage noch die Ankündigung einer solchen verlangt wird (BGH, Urteil vom 26. Juni 1973 - X ZR 23/71, GRUR 1974, 146 - Schraubennahtrohr; Beschluss vom 14. Februar 1995 - X ZB 19/94, GRUR 1995, 342, 343 - Tafelförmige Elemente ; Beschluss vom 12. März 1981 - X ZB 16/80, GRUR 1981, 515, 516 - Anzeigegerät; Urteil vom 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport; Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910 Rn. 8 - Fälschungssicheres Dokument).
12
2. Wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Nichtigkeitsklage nicht nur dann zu bejahen, wenn der Kläger patentrechtlichen Ansprüchen im engeren Sinne, also Unterlassungsoder Schadensersatzansprüchen unmittelbar aus dem Streitpatent ausgesetzt ist. Aus den vom Patentgericht zutreffend dargelegten Gründen ist nicht auszuschließen , dass die nachträgliche Klärung des Rechtsbestandes des Streitpatents geeignet ist, die dem Kläger drohenden Regressansprüche wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist im vorangegangenen Nichtigkeitsverfahren abzuwenden. Damit hat der Kläger im Streitfall ein aus dem Schutzrecht ableitbares Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage.
13
3. Im Hinblick darauf, dass das Rechtsschutzbedürfnis nicht bereits bei einer aussichtslosen, sondern grundsätzlich nur bei einer offensichtlich nicht schutzwürdigen Rechtsverfolgung abgesprochen werden kann, kann auch in Bezug auf die im Streitfall in Rede stehenden, nicht unmittelbar aus dem Streit- patent selbst resultierenden Ansprüche, nicht entscheidend sein, ob diese bereits geltend gemacht oder auch nur angekündigt sind. Hinreichender Anlass, den von staatlichen Einrichtungen gewährten Schutz in Anspruch zu nehmen, besteht vielmehr schon dann, wenn der Kläger Grund zu der Besorgnis hat, er könne derartigen Ansprüchen ausgesetzt werden.
14
4. Ebenso wenig wird das Rechtsschutzbedürfnis durch eine inzwischen gegebenenfalls eingetretene Verjährung der möglichen Regressansprüche beseitigt. Der Eintritt der Verjährung hat für sich genommen weder Auswirkungen auf das Bestehen noch auf die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs. Der Schuldner ist ab dem Verjährungseintritt lediglich berechtigt, dauerhaft die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Ob er von der ihm zustehenden Einrede der Verjährung Gebrauch macht, steht in seinem freien Belieben (BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 58/09, BGHZ 184, 128 Rn. 27 f.). Er kann durch einseitige Erklärung sogar auf die Einrede der Verjährung verzichten (BGH, Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2206 Rn. 15).
15
5. Der Einwand der Beklagten, die Bejahung eines Rechtsschutzbedürfnisses im Streitfall laufe dem Sinn der Berufungsbegründungsfrist zuwider, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Rechtskraft des vorangegangenen, die Klage im Wesentlichen abweisenden Nichtigkeitsurteils hätte einer Klage des Klägers weder nach § 325 Abs. 1 ZPO noch aufgrund anderer - materiellrechtlicher - Vorschriften entgegengestanden (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2011 - X ZR 23/11, GRUR 2012, 540 Rn. 11 f. - Rohrreinigungsdüse I).
16
B. Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
17
I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Abtransport von Abwässern durch Saugen und Fördern mit Hilfe einer Pumpe.
18
1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift sind Systeme zum Abtransport von Abwässern mittels Vakuum seit Langem bekannt. Abwässer, insbesondere aus WC-Schüsseln, enthielten oft wenig feste Stoffe und bewegten sich - so erläutert die Streitpatentschrift weiter - in unter Vakuum stehenden Abwasserleitungen in Form von den ganzen Durchmesser der Rohre einnehmenden und daher als Pfropfen bezeichneten Paketen, die durch nachfolgende Luftmassen weitergetrieben würden. Im Vergleich zum Abtransport der Abwässer mittels Schwerkraft habe die Vakuumentleerung drei Vorteile: Für die Vakuumentleerung könnten Rohre von einen weitaus kleineren Durchmesser eingesetzt werden als diejenigen, die für die Schwerkraftentleerung notwendig seien. Die Vakuumentleerung funktioniere unabhängig von der Neigung der Rohre und erlaube deshalb, das Abwasser entsprechend dem Wert des Unterdrucks auf eine maximale Höhe anzuheben. Schließlich erfordere die Vakuumentleerung nur ein geringes Spülvolumen.
19
Im Stand der Technik seien zur Erzeugung des Vakuums verschiedene Lösungen bekannt:
20
Eine bekannte Technik bestehe darin, die Abwässer in einem Behälter aufzufangen, der mittels einer Vakuumpumpe unter Vakuum gesetzt werde. Um die Entleerung des Behälters durchzuführen, ohne den Betrieb der Anlage zu unterbrechen, sei es erforderlich, eine weitere Pumpe einzusetzen, die die Abwässer ansaugen könne. Da die Abwässer unter Vakuum gelagert würden, erfolge außerdem kein aerober Abbau der Stoffe.
21
Aus dem französischen Patent 2 502 666 sei zur Vermeidung dieser Nachteile bekannt, die Anlage durch eine Barometersäule zu ergänzen, die es ermögliche, die Abwässer kontinuierlich vom Unterdrucknetz zu einem Kollektor auf Atmosphärendruck zu transferieren. Ein Lagerbehälter sei dann nicht mehr unbedingt notwendig. Der Hauptnachteil dieser Technik bestehe darin, dass ein großer Höhenunterschied zwischen dem Kollektor und dem Tiefpunkt des Vakuumsystems bestehen müsse.
22
Eine weitere, in der US-Patentschrift 4 034 421 (K6) beschriebene Lösung verwende einen unter Atmosphärendruck stehenden Lagerbehälter. Eine Umlaufpumpe sauge die in diesem Behälter gelagerten Abwässer an und fördere sie unter Druck in eine Flüssigkeitsstrahlpumpe (Ejektor), von dem sie wieder in den Lagerbehälter gelangten. Diese Technik habe den Vorteil, dass der Lagerbehälter auf Atmosphärendruck bleibe, ohne die Anlage besonders kompliziert zu machen. Sie habe jedoch wegen der verwendeten Ejektoren einen schlechten Wirkungsgrad.
23
Eine vierte Möglichkeit bestehe darin, eine Vakuumpumpe mit archimedischer Spirale zu verwenden, um ein Vakuum in einem Behälter zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, der mit dem Abwassersammelnetz verbunden sei. Die hierzu eingesetzte spezielle Schraubenpumpe könne keine festen Stoffe transportieren. Deshalb müsse der Behälter so ausgerüstet sein, dass dort die Feststoffe aussortiert und zerkleinert werden könnten. Dadurch werde die Anlage wesentlich komplexer.
24
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Streitpatent das Problem zugrunde, ein einfaches Verfahren zur Entleerung von Abwässern mit gutem energetischem Wirkungsgrad zur Verfügung zu stellen.
25
2. Zur Lösung dieses Problems wird in Patentanspruch 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung ein Verfahren vorgeschlagen, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Gliederung des Patentgerichts in eckigen Klammern ): 1. Das Verfahren betrifft die Ableitung von Abwässern durch Saugen und Fördern mit Hilfe einer Pumpe [1; 2]. 2. Zur Durchführung des Verfahrens werden verwendet: 2.1 eine Flüssigkeitsringpumpe (P) [7], 2.1.1 die mit einem Wasserversorgungsdurchlass (19) versehen ist, um einen geringen Durchsatz an Versorgungswasser zu erhalten, das einen Flüssigkeitsring in der Pumpe bildet und/oder aufrechterhält [7.1; 7.1.1; 7.1.1.1; 7.1.1.2]; 2.2 ein rohrförmiger Kollektor (42) [3], 2.2.1 an den mindestens eine WC-Schüssel (43) mit einer Wasserspülung und einem dichten Vakuumentleerungsventil angeschlossen ist [3.1], 2.2.2 der über einen Ansaugdurchlass (33) mit der Pumpe verbunden ist (est relié par un passage d'aspiration (33) à ladite pompe) [3.2]; 2.3 ein Rückschlagventil (55) [4], das 2.3.1 zwischen dem rohrförmigen Kollektor (42) und der Pumpe angeordnet ist [4]; 2.4 eine Vakuumsonde (56) [5], die 2.4.1 vor dem Rückschlagventil angeordnet ist [5], 2.4.2 das Vakuum im Kollektor misst [5], 2.4.3 bei hohem Druckschwellenwert über ein Relais (57) die Pumpe in Gang setzen [5.1; 5.2] und 2.4.4 bei niedrigem Druckschwellenwert über ein Relais (57) die Pumpe anhalten kann [5.1; 5.3]. 3. Das Verfahren umfasst folgende Schritte: 3.1 Der Kollektor nimmt die Abwässer in Form von aufeinanderfolgenden Pfropfen (bouchons successifs) sowie auf diese Pfropfen folgenden, von der Atmosphäre stammenden Luftmassen auf [3.3].
3.2 Die Pumpe saugt diese Pfropfen und diese nachfolgenden Luftmassen an (la[dite] pompe aspire ces bouchons et ces masses d'air consécutives), indem sie den Luft- druck im Kollektor (42) auf einen Saugdruck unterhalb des Atmosphärendrucks senkt [6; 6.1]. 3.3 Die Pumpe gibt die Abwässer durch einen Förderauslass (34) mit einem Auslassdruck ab, der höher als der Ansaugdruck ist und ausreicht, um den Abtransport zu erlauben [6.2; 6.2.2; 6.2.3].
26
3. Nach dem patentgemäßen Verfahren hat die Flüssigkeitsringpumpe die Funktion, den Luftdruck im Kollektor auf einen Unterdruck zu senken, der geeignet ist, die vom Kollektor aufgenommenen, aufeinander folgenden Pfropfen und Luftmassen anzusaugen und einen Förderdruck zu erzeugen, der ausreicht , um die Abwässer unter einem gegenüber dem Saugdruck höheren Auslassdruck über den Förderauslass der Pumpe abzuleiten. Zu der für das Ansaugen der Pfropfen und der nachfolgenden Luftmassen erforderlichen Verbindung zwischen Kollektor und Pumpe besagt Merkmal 2.2.2 lediglich, dass der rohrförmige Kollektor über einen Saugeinlass mit der Pumpe verbunden ist, legt aber nicht fest, wie die Verbindung ausgestaltet sein soll. Die Parteien streiten über die Bedeutung dieses Merkmals, insbesondere darüber, wie der Begriff "Kollektor" zu definieren ist und ob eine Verbindung im Sinne von Merkmal 2.2.2 auch dann zu bejahen ist, wenn zwischen Pumpe und Kollektor weitere Bauteile angeordnet sind.
27
a) Das Patentgericht hat angenommen, Merkmal 2.2.2 verlange, dass der rohrförmige Kollektor unmittelbar mit der Pumpe verbunden sei. Nach der Beschreibung des in Figur 5 des Streitpatents dargestellten Systems sei der Ansaugstutzen der Pumpe an ein Vakuumsammelnetz angeschlossen, das durch den Kollektor schematisch dargestellt sei. Dies sei dahin zu verstehen, dass der Kollektor nicht nur durch die bis zum Rückschlagventil verlaufenden Leitungsteile gebildet werde, sondern auch die jenseits des Ventils bis zum Ansaugdurchlass der Pumpe verlaufenden Leitungsteile dem Kollektor zuzurechnen seien. Ebenso ende auch bei der bevorzugten Ausführungsform, bei der vor der Flüssigkeitsringpumpe eine Falle angeordnet ist, die zufällig oder versehentlich in die Sammelanlage gelangte schwere Partikel zurückhalten soll, damit die Pumpe nicht beschädigt wird, der Kollektor erst am Ansaugdurchlass der Pumpe und nicht bereits an der Falle.
28
b) In Übereinstimmung hiermit meint die Beklagte, dass das Streitpatent keinen Unterschied zwischen den Begriffen "Vakuumsammelnetz", "Sammelnetz" und "Kollektor" mache. Der Kollektor im Sinne des Streitpatents bezeichne das gesamte Vakuumsammelnetz zwischen den Toiletten und der Pumpe, in welchem der Transport der Abwässer über Pfropfen und dazwischen liegende Luftmassen erfolge. Bei der Auslegung des Streitpatents sei zu berücksichtigen, dass das Verständnis des Fachmanns davon geprägt sei, dass auch schon zum Prioritätszeitpunkt zwei konkurrierende Vakuumabwassersysteme mit unterschiedlichen Basistechnologien bekannt gewesen seien. Dies werde durch die DIN 86 281 für Schiffs-Entwässerungsanlagen (Vakuumsystem) vom Februar 1985 (B8) belegt. Danach werde unterschieden zwischen Systemen, bei denen der Abwassersammelbehälter unter Vakuum stehe und die Vakuumpumpe hinter dem Tank angeordnet sei, und Systemen mit einem nicht in das Vakuumsystem integrierten, unter Atmosphärendruck stehenden Abwassersammelbehälter , bei denen eine vor dem Behälter angeordnete Wasserstrahlpumpe direkt mit dem Kollektor bzw. dem Vakuumsammelnetz verbunden sei und dort das Vakuum aufbaue. Das Streitpatent gehe von einem Vakuumabwassersystem aus, wie es die - in der Beschreibung erörterte - US-Patentschrift 4 034 421 (K6) offenbare, und betreffe damit ein System mit einem unter Atmosphärendruck stehenden Sammelbehälter. Vor diesem Hintergrund sei Merkmal 2.2.2 dahin zu verstehen, dass der Kollektor mit der Pumpe ohne Zwischenschaltung eines systemfremden Vakuumbehälters unmittelbar verbunden sei.
29
Demgegenüber ist der Kläger der Auffassung, dass der rohrförmige Kollektor an dem nach Merkmal 2.4.1 zwischen diesem und der Pumpe angeordneten Rückschlagventil ende und damit Merkmal 2.2.2 auch eine mittelbare Verbindung zwischen Kollektor und Pumpe in dem Sinne erfasse, dass zwischen Pumpe und Kollektor weitere Bauteile angeordnet sein könnten. Dies ergebe sich auch daraus, dass bei einer der in der Streitpatentschrift dargestellten bevorzugten Ausführungsformen vor der Pumpe eine Falle zum Zurückhalten schwerer, zufällig oder versehentlich in die Sammelanlage für Abwässer eingeführter Teilchen und bei der Ausführungsform mit Sammelbehälter ein Trennventil angeordnet sein könne, um die Flüssigkeitsringpumpe auch zur Entleerung des Behälters einsetzen zu können.
30
c) Die Auslegung des Patentgerichts ist im Kern zutreffend.
31
Es trifft zwar zu, dass - wie der Kläger geltend macht - nach der Beschreibung der Auslassstutzen der Pumpe über eine Rohrleitung "directement" mit der Entleerungs- oder Abwasserleitung verbunden ist (Sp. 5 Z. 6-9; S. 6 Z. 20-22 der T2-Schrift), während über den Ansaugstutzen im vorangehenden Satz (Sp. 5 Z. 5/6; S. 6 Z. 19/20 der T2-Schrift) nur gesagt wird, dass er an das Sammelnetz angeschlossen sei. Auch der Umstand, dass in der geltenden Fassung des Streitpatents zwischen dem Kollektor und der Flüssigkeitsringpumpe ein Rückschlagventil (Merkmal 2.4.1) angeordnet ist und bei nach der Streitpatentschrift möglichen Ausführungsformen des Streitpatents vor der Pumpe eine Falle zum Zurückhalten schwerer, zufällig oder versehentlich in die Sammelanlage für Abwässer eingeführter Teilchen (Figur 5 und Beschr. Sp. 5 Z. 31-37; S. 7 Z. 6-11 der T2-Schrift) oder ein Trennventil (Beschr. Sp. 6 Z. 41-52; S. 8 Z. 33 - S. 9 Z. 2 der T2-Schrift) vorgesehen sein kann, spricht dafür, dass die Anordnung weiterer Bauteile zwischen Pumpe und Kollektorsystem der Verbindung des Saugeinlasses der Pumpe mit einem rohrförmigen Kollektor im Sinne des Merkmals 2.2.2 nicht grundsätzlich entgegensteht.
32
Merkmal 2.2.2 ist jedoch im Zusammenhang mit Merkmal 3.2 zu sehen, wonach die Pumpe die im Kollektor gebildete Abfolge von Pfropfen und nach- folgenden Luftmassen ansaugt (…ladite pompe aspire ces bouchons et ces masses d'air consécutives …) und - nachdem der Ausdruck "aspirer" nicht nur ansaugen heißen, sondern auch die Bedeutung von einsaugen haben kann - die Abwässer grundsätzlich auch in dieser Form einsaugt.
33
Allerdings kann im Hinblick aufdie Ausführungen des Sachverständigen G. in dem Gutachten, das der Senat im Nichtigkeitsberufungsverfahren Xa ZR 10/05 gegen das Streitpatent eingeholt und das der Kläger nunmehr in das vorliegende Verfahren eingeführt hat, nicht angenommen werden, dass die im Kollektor entstandene Abfolge von Pfropfen und Luftmassen auch bei der Ausführungsform des erfindungsgemäßen Systems mit einer vor der Pumpe angebrachten Falle zum Aussondern schwerer, zufällig oder versehentlich in die Sammelanlage für Abwässer eingeführter Teilchen in unveränderter Form in der Pumpe angelangt. Dort ist ausgeführt, es sei ausgeschlossen, dass die Abwässer , nachdem sie die Falle passiert hätten, noch die Form von Pfropfen hätten , wenn nicht nach der Falle noch ein Pfropfen bildendes Element angeordnet sei, wovon im Streitpatent jedoch nicht die Rede sei (S. 13). In der Streitpatentschrift heißt es, dass die Falle aus einem Kasten bestehen könne, den die Abwässer durchquerten (Ce piège peut être constitué par un simple caisse à travers laquelle transitent les eaux usées…, Sp. 5 Z. 37-39). Auch dies deutet da- rauf hin, dass die Pfropfen beim Durchqueren der Falle jedenfalls nicht notwendig erhalten bleiben. Zwar arbeitet das in der DIN 86 281 (B8) beschriebene Vakuumsystem für Schiffs-Entwässerungsanlagen nach dem Prinzip, dass das Abwasser in Form von Pfropfen transportiert wird (B8 Abschnitt 4.3). Entgegen der Auffassung der Beklagten kann daraus aber nicht geschlossen werden, dass auch das vom Streitpatent erfasste System die Abwasserpfropfen unverändert vom Kollektor zur Pumpe transportiert, unabhängig davon, welche Bauteile vor der Pumpe angeordnet sind. Denn die DIN schreibt vor, dass die Rohre innen möglichst glatt sein und an den Rohrverbindungsstellen keine inneren Vor- oder Rücksprünge haben sollen, um den Transport des Abwasserpfropfen nicht zu behindern (B8 Abschnitt 5.1). Bei Rohreinmündungen dürfen keine Winkel von 90° verwendet werden (B8 Abschnitt 9.4). Ferner müssen Absperrarmaturen so beschaffen sein, beispielsweise durch einen glatten Durchgang, dass der Abwasserpfropfen möglichst unbeschädigt bleibt (B8 Abschnitt 5.2). Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass bei den in den Figuren 5, 6 und 7 gezeigten Ausführungsformen des Streitpatents mit der Falle 51 die Pfropfen auf dem Weg zur Pumpe nicht beeinträchtigt oder aufgelöst würden.
34
Da die Pfropfen vor allem den Transport der Abwässer sicherstellen sollen , die Abwässer nach dem Passieren der Falle aber bereits nah an der Pumpe sind, ist es an dieser Stelle auch nicht mehr unbedingt erforderlich, dass die Pfropfen unversehrt sind. Entscheidend ist vielmehr, dass auch dann, wenn es auf dem Weg zur Pumpe durch entsprechende Bauteile zu einer Beeinträchtigung der Pfropfen gekommen ist, die Abwässer dennoch in ihrer Konsistenz unverändert in die Pumpe gelangen. Dem erfindungsgemäßen Vakuumsystem liegt das Prinzip zugrunde, dass die Abwässer, abgesehen von einer in einer bevorzugten Ausführungsform vorgesehenen Aussonderung schwerer, zufällig oder versehentlich in die Sammelanlage für Abwässer eingeführter Teilchen mittels einer Falle, nicht aufbereitet werden müssen, etwa durch Zerkleinern der weichen Feststoffe, bevor sie in die Flüssigkeitsringpumpe gelangen. Denn die Flüssigkeitsringpumpe fungiert nach dem Streitpatent nicht nur als Vakuumpumpe und Wasserpumpe, sondern gleichzeitig auch als Zerkleinerer. Daraus ergibt sich, dass Bauteile zwischen Kollektor und Pumpe der Annahme einer Verbindung im Sinne von Merkmal 2.2.2 nicht entgegenstehen, solange sie nicht darauf hinauslaufen, der Pumpe die Abwässer nicht mehr im Wesentlichen so zuzuführen, wie sie gesammelt worden sind, insbesondere so konzipiert sind, dass dadurch schon vor dem Pumpeneingang Arbeitsschritte vorgenommen werden, die, wie etwa eine Zerkleinerung von Feststoffen oder eine sonstige Aufbereitung, erforderlich sind, um die Abwässer in das Abwassersystem einleiten zu können.
35
II. Das Patentgericht hat die Abweisung der Nichtigkeitsklage im Wesentlichen wie folgt begründet:
36
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 gehe nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen hinaus. Patentanspruch 1 sei nicht dadurch unzulässig erweitert, dass dort lediglich allgemein von der Flüssigkeitsringpumpe P die Rede sei, nicht aber die Leitung 45 und das Ventil 46 erwähnt seien. Der ursprüngliche Patentanspruch 1 betreffe noch allgemeiner als der erteilte Patentanspruch 1 ein Transportsystem, bei dem die Abwässer mit einer Flüssigkeitsringpumpe gefördert würden. Die vom Kläger beanstandeten Merkmale seien erst in Patentanspruch 2 der Anmeldeunterlagen enthalten. Durch die Aufnahme dieser Merkmale sowie weiterer Merkmale aus Patentanspruch 9 in den Patentanspruch 1 sei dieser in zulässiger Weise eingeschränkt.
37
Ebenso wenig werde der Gegenstand von Patentanspruch 1 im Hinblick auf die Anordnung und Funktion der Vakuumsonde nach der Merkmalsgruppe 2.4 unzulässig erweitert. Anders, als der Kläger meine, treffe es nicht zu, dass nach der Ursprungsoffenbarung die Vakuumsonde am Ende eines Rohrstut- zens und nicht direkt am Kollektor angebracht sei und daher nicht den Druck im Kollektor messe. Zeichnungen in Patentschriften eigneten sich grundsätzlich nicht als Offenbarungsquelle für konkrete Dimensionierungen. Die Figuren 5 bis 7 der Anmeldeunterlagen seien daher nicht so zu verstehen, dass lediglich die dort gezeigte Anordnung der Vakuumsonde offenbart sei. Der Fachmann verstehe die Zeichnungen vielmehr so, dass die Sonde auch an einer anderen Stelle der Kollektorleitung vor dem Rückschlagventil angeordnet sein könne. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Anschlussstutzen so bemessen sei, dass der Druck im Kollektor korrekt gemessen werde.
38
Die Erfindung sei im Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Entgegen der Auffassung des Klägers stelle der im Kollektor gemessene Druck, auch wenn er im dynamischen Betriebsfall gewissen Schwankungen unterliege, ein brauchbares Kriterium dar. Der Fachmann werde die Einstellung des oberen und unteren Schwellwerts ohne weiteres so vornehmen, dass die Steuerung der Pumpe betriebsabhängig korrekt erfolge. Im Übrigen komme es für die Funktionsbereitschaft des Systems in erster Linie auf den Druck im Ruhezustand an, in welchem das Vakuum aufrechterhalten werden solle. Ebenso wenig seien Unteranspruch 4 und die hierauf Bezug nehmenden Unteransprüche 5 und 6 unter dem Gesichtspunkt mangelnder Ausführbarkeit zu beanstanden. Patentanspruch 1 erfasse auch den Ruhezustand des Systems, in dem die Pumpe nicht in Betrieb sei, sondern lediglich in Bereitschaft stehe, solange nicht entweder das Vakuum im Kollektor unter den unteren Schwellwert absinke oder die Spülung betätigt werde. Dies erlaube auch die in Patentanspruch 4 vorgesehene (vorübergehende) Sperrung des Kollektors durch das Ventil 81, um den Lagerbehälter leeren zu können.
39
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung sei neu. Die europäische Patentanmeldung 287 350 (K8) offenbare zwar eine das Vakuum im Kollektor messende Sonde entsprechend den Merkmalen 2.4, 2.4.1 und 2.4.2, nicht jedoch eine Verbindung zwischen dem rohrförmigen Kollektor und der Pumpe im Sinne von Merkmal 2.2.2. Bei dem in der K8 beschriebenen Vakuumabwassersammelsystem sei das Zuführrohr 6 nicht unmittelbar mit dem Ansaugdurchlass der Pumpe 4 verbunden, sondern sei an einen Vakuumtank angeschlossen und ende dort. Der Vakuumtank stehe mit einem anderen Anschluss mit dem Ansaugdurchlass der Pumpe in direkter Verbindung und werde von dieser bei Bedarf evakuiert. Somit bestehe bei der K8 nur eine mittelbare Verbindung zwischen Kollektor und Pumpe. Der Vakuumtank der K8 sei nicht mit einer Falle vergleichbar, wie sie in Figur 5 des Streitpatents unter dem Bezugszeichen 51 beschrieben werde. Bei dieser Falle handle es sich um einen Einbau in die Kollektorleitung zur Abscheidung schwerer Teile, die - anders als der Vakuumtank in der K8 - keinen nennenswerten Einfluss auf Strömungs- und Druckverhältnisse in der Kollektorleitung habe. Die K8 unterscheide außerdem zwischen der Zuleitung 6 (supply pipe), die als Kollektorleitung in den Tank münde, und der Saugleitung 7 (suction pipe), über welche die Pumpen die Abwässer aus dem Tank absaugten. Der Fachmann sehe daher die Leitung 7 der K8 nicht als bis an die Pumpe heranreichenden Kollektor an.
40
Das im Katalog K13 gezeigte Vakuumsystem, dessen offenkundige Vorbenutzung der Kläger geltend mache, verwirkliche weder Merkmal 2.2.2 noch weise es eine Vakuumsonde im Sinne von Merkmal 2.4 auf. Die K13 enthalte lediglich die allgemeine Angabe, dass die Vakuumpumpe über einen Druckschalter gesteuert werde. Offen bleibe, an welcher Stelle welcher Druck gemessen werde.
41
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Er sei dem von der US-Patentschrift 4 034 421 (K6) ausgehenden Fachmann - einem Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit besonderer Erfahrung in Auslegung und Konstruktion von Abwassersystemen im Sanitärbereich - nicht durch den Stand der Technik nahegelegt gewesen. Das Streitpatent unterscheide sich von dem Vakuumsystem der K6 dadurch, dass an Stelle der in K6 verwendeten Kombination aus einer Förderpumpe und einer Ejektordüse eine Flüssigkeitsringpumpe eingesetzt werde. Dem Fachmann sei die Verwendung einer Flüssigkeitsringpumpe zwar aus dem Katalog K13 bekannt. Indessen arbeiteten die Systeme der K6 und K13 nach unterschiedlichen Prinzipien, so dass die K13 dem Fachmann nicht die Anregung gegeben habe, die Pumpe und die Ejektordüse durch eine Flüssigkeitsringpumpe zu ersetzen. Während bei dem Vakuumsystem nach der K6 auch alle Feststoffe direkt aus dem Kollektor angesaugt und in den auf Atmosphärendruck befindlichen Sammeltank befördert würden, sei bei dem in der K13 gezeigten System den Pumpen und damit auch dem Sammeltank ein unter Unterdruck stehender Zwischenbehälter vorgeschaltet, in welchem die Feststoffe vom Flüssigkeitsstrom abgetrennt und in einem Nebenstrom durch den Zerkleinerer zerkleinert würden, bevor sie zusammen mit dem Flüssigkeitsstrom von den Vakuumpumpen zum Sammeltank weitergefördert würden. Zusätzliche Komponenten wie einen Vakuumtank und einen Zerkleinerer hinzuzufügen, um eine Flüssigkeitsringpumpe einsetzen zu können, laufe der Zielsetzung des Streitpatents zuwider, das System nach der K6 zu vereinfachen. Es komme der Überwindung eines Vorurteils der Fachwelt gleich, die Strahlpumpe der K6 durch eine Flüssigkeitsringpumpe zu ersetzen, ohne Maßnahmen zur Abtrennung oder Zerkleinerung der im angesaugten Abwasserstrom mitgeführten groben Feststoffe vorzusehen.
42
Auch wenn man das in der K13 beschriebene System als Ausgangspunkt nähme, führte dies zu keiner anderen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Der Fachmann habe keinen Anlass gehabt, den in der K13 erwähnten Druckschalter entsprechend Merkmal 2.4.2 zur Messung des Unterdrucks im Kollektor zu verwenden. Aufgrund der Funktion der Pumpe als Vakuumpumpe wäre er allenfalls dazu angeregt worden, den Saugdruck der Pumpe(n) selbst zu erfassen. Ebenso wenig hätte die K 13 dem Fachmann Anlass gegeben, bei dem System nach der K13 auf den Vakuumtank zu verzichten, um einen direkten Anschluss der Kollektorleitung an die Pumpen zu ermöglichen. Von einem bei einer solchen Konstruktion an sich notwendigen Verzicht auf die Zerkleinerungsvorrichtung wäre er durch das Vorurteil der Fachwelt abgehalten worden.
43
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.
44
1. Das Patentgericht hat zutreffend angenommen, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht über den Inhalt der Anmeldeunterlagen hinausgeht.
45
a) Zwar enthält Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung entgegen einer missverständlichen Formulierung im angefochtenen Urteil in der Merkmalsgruppe 2.1 keine Angaben dazu, dass die Flüssigkeitsringpumpe zur Wasserversorgung mit einer Leitung (45) und einem Ventil (46) ausgestattet sei. Dennoch ist Patentanspruch 1 gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht unzulässig erweitert. Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, ist in Patentanspruch 1 der Anmeldung ein Vakuumabwassersystem mit einer Flüssigkeitsringpumpe offenbart, deren Ausgestaltung nicht im Einzelnen festgelegt ist. Insbesondere wird dort nicht verlangt, dass die Pumpe mit einer Leitung (45) und einem Ventil (46) ausgestattet ist.
46
b) Ebenso wenig geht Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung in Bezug auf die Funktion und die Anordnung der Vakuumsonde über den Inhalt der Ursprungsunterlagen hinaus. Nach der Beschreibung der Streitpatentanmeldung , die insoweit identisch in die Beschreibung des Streitpatents über- nommen worden ist, ist die Vakuumsonde, die dort lediglich in einer bevorzugten Ausführung des Streitpatents vorgesehen ist, vor einem bei dieser Ausführung zwischen dem Vakuumnetz und der Flüssigkeitsringpumpe befindlichen Rückschlagventil angeordnet (Sp. 7 Z. 58 - Sp. 8 Z. 1-7 der Anmeldung und Sp. 6 Z. 46-53 der Streitpatentschrift). Aus den Figuren 5 bis 7, die in der Anmeldung und in der Streitpatentschrift identisch enthalten sind, ergibt sich, dass die Vakuumsonde mit dem Kollektor 42 verbunden ist, von dem es an anderer Stelle heißt, dass dieser das Vakuumnetz schematisch darstelle (Sp. 7 Z. 12 f. der Anmeldung und Sp. 4 Z. 58 - Sp. 5 Z. 1 der Streitpatentschrift). Weiter heißt es in der Anmeldung und in der Streitpatentschrift, dass die Vakuumsonde über ein Relais die Pumpe bei einem hohen Druckschwellwert in Gang setzen und bei einem niedrigen Druckschwellwert anhalten könne. Nachdem die Pumpe nach Merkmal 3.2 die Funktion hat, den Luftdruck im Kollektor auf einen Unterdruck zu senken, der geeignet ist, die vom Kollektor aufgenommenen, aufeinander folgenden Pfropfen und Luftmassen anzusaugen, entnimmt der Fachmann der Beschreibungsstelle ohne weiteres, dass die Vakuumsonde das Vakuum bzw. den Druck im Kollektor misst. Was ihre Anordnung angeht, ist das Patentgericht zutreffend davon ausgegangen, dass schematische Darstellungen in Patentschriften regelmäßig nur das Prinzip der beanspruchten Vorrichtung offenbaren, nicht aber exakte Abmessungen (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012 - X ZB 10/11, GRUR 2012, 1242 Rn. 9 - Steckverbindung). Im Übrigen lässt die Beschreibung der Anmeldung offen, an welcher Stelle vor dem Rückschlagventil die Vakuumsonde angebracht ist, so dass die Anordnung auch aus diesem Grund nicht auf die in den Figuren 5 bis 7 gezeigte Position beschränkt ist.
47
2. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Den vom Kläger in der Berufungsinstanz weiterhin erhobenen Einwand, Unter- anspruch 4 sei nicht ausführbar, weil er für die Leerung des Behälters eine Unterbrechung der in Patentanspruch 1 vorausgesetzten Verbindung zwischen der Flüssigkeitsringpumpe und dem Kollektor verlange, hat das Patentgericht mit zutreffenden Erwägungen als unerheblich angesehen. Patentanspruch 1 umfasst auch den Zustand, dass die Pumpe nicht in Betrieb ist, so wenn die Spülung nicht betätigt wird und im Kollektor ein ausreichendes Vakuum besteht. Denn aufgrund des Rückschlagventils ist es nicht erforderlich, dass die Pumpe ständig in Betrieb ist, um das Vakuum im Kollektor aufrechtzuerhalten. In diesem Ruhezustand ist auch eine Absperrung des Kollektors durch das Ventil 81 möglich, um den Behälter leeren zu können.
48
3. Das Patentgericht hat den Gegenstand von Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung im Ergebnis zutreffend als neu angesehen. Er wird entgegen der Auffassung der Klägerin weder durch die europäische Patentanmeldung 287 350 (K8) noch durch die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung (K13) vorweggenommen.
49
a) Die K8 betrifft ein Abwassersammelsystem mit einem Vakuumtank, der mittels einer luft- und flüssigkeitsdurchlässigen Trennplatte in zwei Kammern aufgeteilt ist, wobei hinsichtlich der Anordnung der Anschlüsse für die Zuund Ableitung des Tanks zwei Möglichkeiten offenbart werden.
50
aa) Bei der ersten Variante, die den in den Figuren 1 und 2 der K8 gezeigten Ausführungsbeispielen zugrunde liegt, ist die erste Kammer (8) unten angeordnet und über eine Zufuhrleitung (6; supply pipe) mit dem Kollektorsystem verbunden, während an die zweite, obere Kammer (9) ein Saugrohr (7; suction pipe) angeschlossen ist, über das eine Vakuumpumpe (4) wie etwa eine Schraubenpumpe oder eine Strahlpumpe, für ein Vakuum im Vakuumtank (1) sorgt. Die Vakuumpumpe wird über eine Betriebseinheit gesteuert, die an ein entsprechendes Starterrelais gekoppelt ist und nach der Beschreibung in Form eines Vakuumsensors (Druckschalters) im Vakuumtank angebracht sein kann. Fluidkomponenten, die über die Zufuhrleitung in die erste Kammer strömen, können ungehindert durch die Trennplatte (10) in die zweite Kammer gelangen. Feststoffe werden zunächst von einem im unteren Teil der ersten Kammer vorgesehenen Zerhacker oder Zerkleinerer (3) zerkleinert und von dort über ein Verbindungsrohr (11) mit der vorhandenen Flüssigkeit in die zweite Kammer gepumpt. Abwasser, Luft und zerkleinerte feste Materialien werden mittels der Vakuumpumpe über ein Saugrohr aus der zweiten Kammer gepumpt und durch ein Entwässerungsrohr (13) zu einem Speichertank weitertransportiert.
51
Bei der zweiten, nach der Beschreibung der K8 von der Erfindung ebenfalls erfassten, Variante sind die Anschlüsse für den Zu- und Abfluss an der jeweils anderen Kammer des Tanks angebracht (Sp. 4 Z. 18-22). Danach führt die Zuleitung (supply pipe) in die obere Kammer, während das Saugrohr (suc- tion pipe) an die untere Kammer angeschlossen ist. Bei dieser Ausführungsform kann ein Zerhacker ohne Pumpe eingesetzt und in unmittelbarer Nähe zur Trennplatte angeordnet werden. Von dort aus fallen die zerkleinerten Feststoffe ungehindert in die untere Kammer. Nähere Erläuterungen oder Zeichnungen zu diesem System, insbesondere dazu, wo bei einer Umkehrung des Zu- und Abflusses die weiteren Komponenten des Vakuumsystems anzuordnen wären, enthält die K8 nicht.
52
bb) Zwar ist das Patentgericht zutreffend davon ausgegangen, dassdas in der K8 beschriebene System, wie es in den Figuren 1 und 2 gezeigt wird, keine das Vakuum im Kollektor messende Vakuumsonde aufweist und damit insoweit Merkmal 2.4.2 nicht offenbart wird. Dies wird vom Kläger in der Berufung auch nicht mehr in Frage gestellt.
53
Das Patentgericht hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass Merkmal 2.4.2 durch die Beschreibung des zweiten, von der K8 erfassten Systems offenbart werde, weil in der oberen Kammer keine anderen Druckverhältnisse herrschten als in der - bei diesem Ausführungsbeispiel - an die obere Kammer angeschlossenen Zuleitung.
54
Das Patentgericht ist ohne weiteres von der Annahme ausgegangen, dass bei diesem Ausführungsbeispiel nur der Anschluss der Saugleitung in die untere Kammer verlegt wird, nicht aber auch die Vakuumsonde. Dafür gibt es indessen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar wird in der Beschreibung zu diesem Ausführungsbeispiel lediglich ausgeführt, dass es möglich sei, abweichend von dem zuvor beschriebenen Ausgangsbeispiel die Zufuhrleitung und den Zerkleinerer an der oberen Kammer und die Saugleitung an der unteren Kammer des Tanks anzubringen (Sp. 4 Z. 18-22). Dazu, wie der Vakuumsensor bei dieser Ausführungsvariante anzuordnen ist, enthält die Beschreibung aber keine Angaben. Der Vakuumsensor wird lediglich bei der Darstellung der Ausgangsvariante erwähnt. Dort heißt es in der Beschreibung, dass die die Pumpen steuernde Betriebseinheit als im Tank angeordneter, an ein Starterrelais für die Pumpen gekoppelter Vakuumsensor ausgestaltet sein könne (Sp. 3 Z. 24-27). Hieraus hat das Patentgericht in Bezug auf das erste Ausführungsbeispiel gefolgert, dass der Vakuumsensor in derjenigen Kammer des Tanks angeordnet sein müsse, die über die Saugleitung mit den Pumpen verbunden sei. Dies spricht indessen eher dafür, den Vakuumsensor bei der zweiten Ausführungsform gerade nicht in der oberen Kammer zu belassen, sondern zusammen mit der Saugleitung in die untere Kammer zu verlegen, damit er auch hier die Pumpen von derjenigen Kammer aus steuern kann, mit der diese über die Saugleitung verbunden sind, was wiederum erfordert, dass auch das Vakuum ebenfalls in dieser Kammer gemessen wird.
55
Vor diesem Hintergrund erscheint es jedenfalls nicht zwingend, dass die zweite Ausführungsform so wie in der vom Kläger als K18 überreichten Darstellung konstruiert ist, bei der nur der Anschluss der Saugleitung an die untere Kammer verlegt, die Vakuumsonde aber unverändert an der oberen Kammer belassen wird. Die Beschreibung der K8 lässt für das zweite Ausführungsbeispiel ebenso eine Gestaltung zu, wie sie aus der von der Beklagten gefertigten Zeichnung B9 hervorgeht, bei der neben der Saugleitung auch die Vakuumsonde in die untere Kammer des Tanks verlegt ist. Damit fehlt es an einer für die Verneinung der Neuheit erforderlichen unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung von Merkmal 2.4.2.
56
cc) Ob die K8 das Merkmal 2.2.2 offenbart, wonach der rohrförmige Kollektor über einen Ansaugdurchlass mit der Pumpe verbunden ist, oder ob dies im Hinblick auf den für das System der K8 charakteristischen, der Vakuumpumpe vorgeschalteten Vakuumtank zu verneinen wäre, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden.
57
b) Die Neuheit der erfindungsgemäßen Lehre ist auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachte Vorbenutzung zu verneinen. Die Frage der Offenkundigkeit der Vorbenutzung kann daher dahingestellt bleiben.
58
Der Kläger macht geltend, der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung werde durch das in der Broschüre der Jets Systemer A/S (K13) beschriebene Vakuum-Toilettensystem vorweggenommen, das die Werft Ulstein Hatlø im September 1987 bestellt habe (K14.1 und K14.2) und das im Februar 1988 auf der MS Nordørn eingebaut worden sei.
59
Nach dem Vortrag des Klägers und den Feststellungen des Patentgerichts entspricht das in der K13 beschriebene Toilettensystem dem in der K8 offenbarten System in der Form des ersten Ausführungsbeispiels, bei dem die Abwässer über eine Zuleitung zunächst in die untere Kammer des Tanks geleitet und aus der oberen Kammer über eine Saugleitung von Vakuumpumpen abtransportiert werden. Dementsprechend stimmt auch das Diagramm in der K13 mit der Figur 1 der K8 überein. In Bezug auf die Steuerung der Vakuumpumpe heißt es in der K13 lediglich, dass diese über einen Druckschalter erfolge , der das Vakuum auf einem Wert von 30-45% halte. Wie das Patentgericht festgestellt hat, bleibt hierbei offen, an welcher Stelle, welcher Druck gemessen wird. Damit wird Merkmal 2.4.2 auch durch die K13 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.
60
4. Schließlich hat das Patentgericht zutreffend angenommen, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung dem Fachmann, den das Patentgericht zutreffend und von den Parteien unbeanstandet definiert hat, weder durch die geltend gemachte Vorbenutzung (K13) noch durch die K6 nahegelegt war.
61
a) In Bezug auf den Gegenstand der geltend gemachten Vorbenutzung (K13) fehlt es - wie bereits oben dargelegt - an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung des Merkmals 2.4.2. Darüber hinaus verwirklicht der Gegenstand der Vorbenutzung auch nicht das Merkmal 2.2.2. Wie oben ausgeführt, verlangt dieses Merkmal zwar nicht, dass Kollektor und Pumpe unmittelbar in dem Sinn miteinander verbunden sind, dass zwischen ihnen keinerlei Bauteile vorhanden sein dürften. Allerdings ist eine Verbindung im Sinne dieses Merkmals dann nicht mehr gegeben, wenn zwischen Kollektor und Pumpe Bauteile angeordnet sind, die so konzipiert sind, dass dadurch schon vor dem Pumpeneingang Arbeitsschritte, wie etwa eine Zerkleinerung von Feststoffen oder sonstige Aufbereitung, vorgenommen werden, die erforderlich sind, um die Abwässer in das Abwassersystem einleiten zu können und die beim Streitpatent von der Flüssigkeitsringpumpe ausgeführt werden. Bei dem in der K13 gezeigten Vakuumtank mit dem im unteren Bereich vorgesehenen Zerkleinerer handelt es sich um ein derartiges Bauteil. Um zum Gegenstand des Streitpatents zu gelangen , hätte der Fachmann zu der Erkenntnis kommen müssen, dass weder der Vakuumtank noch der Zerkleinerer zwingend erforderlich sind. Wenn der Fachmann hierzu Anlass gehabt hätte, hätte es zwar des Weiteren nahe gelegen , den Druckschalter so anzuordnen, dass er das Vakuum im Kollektor misst. Allerdings ist nicht ersichtlich, woraus sich für den Fachmann hätte ergeben sollen, auf den Vakuumtank mit dem darin untergebrachten Zerkleinerer verzichten zu können. Angesichts des Umstands, dass Flüssigkeitsringpumpen - wie sich aus dem in der Streitpatentschrift erörterten Stand der Technik ergibt - in erster Linie zum Komprimieren und Evakuieren entweder von Gasen oder Flüssigkeiten oder von Gemischen aus beidem eingesetzt worden sind, fehlt es an einer Anregung, auf Einrichtungen wie den Tank und den Zerkleinerer zu verzichten, die nach dem Kenntnisstand im Prioritätszeitpunkt erforderlich waren, um die Abwässer so aufzubereiten, dass sie von einer Flüssigkeitsringpumpe abgepumpt werden konnten.
62
b) Die K6 betrifft ein Vakuumabwassersystem mit einem Sammeltank. Bei diesem System werden eine Flüssigkeitsstrahlpumpe (5) zur Erzeugung des Vakuums in der Zuleitung (6) und eine Umwälzpumpe (1) zur Zerkleinerung großer fester Partikel eingesetzt. Wird die Spülung der Toilette betätigt, werden das Gemisch von Fäkalien, Papier und Wasser sowie eine gewisse Menge Luft über die Vakuumleitung (6) zu der Flüssigkeitsstrahlpumpe (5) befördert. Von dort wird das Gemisch über einen sich an die Flüssigkeitsstrahlpumpe anschließenden Diffusor (7) in einen unter Atmosphärendruck stehenden Sammelbehälter weitertransportiert. Die Umwälzpumpe (1) ist mit dem Saugstutzen über eine Leitung (2) mit dem Sammelbehälter verbunden und mit ihrer Druckseite über eine Leitung (4) an die Flüssigkeitsstrahlpumpe (5) angeschlossen. Sie bewegt, belüftet und zerkleinert den Inhalt des Sammelbehälters, indem sie ihn über die Leitung (2) aus dem Behälter pumpt und über die Leitung (4), die Flüssigkeitsstrahlpumpe (5) und den Diffusor (7) wieder dem Sammelbehälter zuführt. Wenn der Schlamm auf diesem Weg die Flüssigkeitsstrahlpumpe passiert , stellt er am Pumpenausgang ein Vakuum in der Leitung (6) her. In einer bevorzugten Ausführungsform, die vermeidet, dass die Pumpe ständig in Betrieb sein muss, ist in der Leitung (6) ein Rückschlagventil und zwischen dem Ventil und der Toilette eine Sensoreinrichtung vorgesehen, die über ein Schaltrelais die Umwälzpumpe ein- oder ausschalten kann, wenn das Vakuum in der Leitung (6) abnimmt bzw. wieder hergestellt ist. Der Sammeltank wird mit Hilfe der Umwälzpumpe (1) geleert, deren Ausgang über ein Ventil (13) an eine Abflussleitung (14) angeschlossen ist.
63
aa) Die K6 offenbart damit zwar Merkmal 1, die Merkmalsgruppen 2.2, 2.3, 2.4 und 3, nicht jedoch - wie auch der Kläger nicht in Abrede stellt - die Merkmalsgruppe 2.1.
64
bb) Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die K6 dem Fachmann keine Veranlassung gab, die dort vorgesehene Kombination aus einer Umwälzpumpe und einer Flüssigkeitsstrahlpumpe durch eine Flüssigkeitsringpumpe zu ersetzen. Die K6 stellt es als besonderen Vorteil heraus, dass mittels der Ejektorfunktion der auf der Druckseite der Umwälzpumpe angeschlossenen Flüssigkeitsstrahlpumpe das erforderliche Vakuum hergestellt werden kann. Weiter heißt es in der K6, dass die Flüssigkeitsstrahlpumpe eine gute und effiziente Vermischung der nach Spülen des WC in die Vakuumleitungen gesaugten Luft mit der umlaufenden Flüssigkeit ermögliche und außerdem weitaus geräuschärmer als eine herkömmliche Vakuumpumpe arbeite. Ergab sich für den Fachmann hieraus schon keine Anregung, die von der K6 als besonders geeignet erkannte Flüssigkeitsstrahlpumpe überhaupt durch eine Pumpe anderer Art zu ersetzen, ist erst recht nicht ersichtlich, woraus sich für den Fachmann eine Anregung ergeben sollte, gerade eine Flüssigkeitsringpumpe einzusetzen.
65
cc) Eine solche Anregung ergab sich für den Fachmann - wie das Patentgericht zutreffend entschieden hat - auch nicht aus dem Gegenstand der geltend gemachten Vorbenutzung nach K13. Dort wird zwar eine Flüssigkeitsringpumpe eingesetzt. Dieser Pumpe ist allerdings ein unter Vakuum stehender Tank vorgeschaltet, in dem die Feststoffe in der ersten Kammer vom Flüssigkeitsstrom abgetrennt und zunächst einem Zerkleinerer zugeführt werden, bevor sie zusammen mit dem Flüssigkeitsstrom über die Vakuumpumpe zum Sammelbehälter weitertransportiert werden. Vor dem Hintergrund, dass Flüssigkeitsringpumpen - wie sich aus dem in der Streitpatentschrift erörterten Stand der Technik ergibt - zum Komprimieren und Evakuieren entweder von Gasen oder Flüssigkeiten oder von Gemischen aus beidem eingesetzt worden sind, entnimmt der Fachmann der K13 damit, dass eine Flüssigkeitsringpumpe allenfalls in Kombination mit einem Zerkleinerer in Betracht kommt. Eine Flüssigkeitsringpumpe nicht nur zum Transport von flüssigen und festen Stoffen, sondern gleichzeitig auch zur Zerkleinerung der Feststoffe einzusetzen, kam daher - wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat - der Überwindung eines Vorurteils in der Fachwelt gleich.
66
5. Schließlich war der Gegenstand von Patentanspruch 1 dem Fachmann auch nicht durch die vom Kläger im Berufungsverfahren erstmals vorgelegte deutsche Offenlegungsschrift 34 20 144 (K19) nahegelegt.
67
Die K19 betrifft ein Regelungs- und Steuerungssystem, insbesondere für Wasserringvakuumpumpen. In der Beschreibung wird zwar darauf hingewiesen, dass mit dem erfindungsgemäßen System eine umfassende Regelung für Vakuumsysteme geschaffen werden soll. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Entgegenhaltung ausschließlich Maßnahmen für eine verbesserte Steuerung von Wasserringpumpen unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte beschreibt. Anregungen für die Konzeption eines Verfahrens zum Transport von Abwässern mit den Merkmalen des erfindungsgemäßen Verfahrens, bei dem die Flüssigkeitsringpumpe im Übrigen auch nur eine Komponente darstellt, ergaben sich für den Fachmann hieraus nicht.
68
Bei dieser Sachlage kann dahin gestellt bleiben, ob die vom Kläger erst mit der Replik in das Berufungsverfahren eingeführte Entgegenhaltung bei der Prüfung der Patentfähigkeit berücksichtigt werden dürfte (§ 117 PatG i.V.m. § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO).
69
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Grabinski
Bacher Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.01.2014 - 7 Ni 2/14 (EP) -

Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen.

6
3. Die im Nichtigkeitsverfahren erfolgte, von der früheren Auslegung des Oberlandesgerichts abweichende Bewertung des Patentanspruchs durch den Xa Zivilsenat führt nicht ohne weiteres zur Zulassung der Revision (vgl. hierzu BGHZ 160, 214 Tz. 1 - Produktionsrückstandsentsorgung; BGHZ 158, 372 - Druckmaschinen-Temperierungssystem). Denn sie bedeutet keine Änderung der Schutzrechtslage, die - entsprechend einer Rechtsänderung (Busse/ Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl., § 143 PatG Rdn. 309) - jederzeit von Amts wegen zu beachten wäre.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

1
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Allerdings ist das Klagepatent durch das Urteil des erkennenden Senats vom 12. Mai 2009 in dem parallelen Patentnichtigkeitsverfahren X ZR 133/05 dadurch teilweise für nichtig erklärt worden, dass die Patentansprüche 1 und 4 folgende Fassung erhalten haben (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind fett gesetzt): "1. Verfahren zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, wobei das zu entsorgende Medium von mehreren Anfallsorten aus über Rohrleitungen (3, 5, 6) zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) transportiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über eine Hochleitung (3) zu einem über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4) gepumpt wird, von wo aus es kontinuierlich oder diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem (5, 6) zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) weitergeleitet wird.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

13
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht zwar davon aus, dass die Restitutionsklage bei Klagen aus einem Patent, an dessen Bestand das Gericht im Verletzungsrechtsstreit gebunden ist, in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 6 ZPO darauf gestützt werden kann, dass der Bestand des Patents aufgrund des Widerrufs im Einspruchsverfahren oder der Nichtigerklärung im Nichtigkeitsverfahren in Wegfall gekommen ist (BGH, Urteil vom 29. Juli 2010 - Xa ZR 118/09, BGHZ 187, 1 Rn. 12 - Bordako mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung und dem Schrifttum), und dass dies auch dann gilt, wenn der Gegenstand des Patents im Beschränkungs-, Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren bestandskräftig derart eingeschränkt worden ist, dass das Klagepatent im Umfang eines Patentanspruchs, dessen Benutzung durch die als patentverletzend angesehene Ausführungsform vom Verletzungsgericht festgestellt worden ist, vollständig oder durch die Aufnahme zusätzlicher Merkmale , deren Benutzung nicht festgestellt ist, in Wegfall geraten ist.

Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

6
3. Die im Nichtigkeitsverfahren erfolgte, von der früheren Auslegung des Oberlandesgerichts abweichende Bewertung des Patentanspruchs durch den Xa Zivilsenat führt nicht ohne weiteres zur Zulassung der Revision (vgl. hierzu BGHZ 160, 214 Tz. 1 - Produktionsrückstandsentsorgung; BGHZ 158, 372 - Druckmaschinen-Temperierungssystem). Denn sie bedeutet keine Änderung der Schutzrechtslage, die - entsprechend einer Rechtsänderung (Busse/ Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl., § 143 PatG Rdn. 309) - jederzeit von Amts wegen zu beachten wäre.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 272/02
vom
6. April 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Druckmaschinen-Temperierungssystem
Ist ein Patentnichtigkeitsverfahren anhängig, kann im Patentverletzungsrechtsstreit
die Entscheidung über die Beschwerde gegen eine Nichtzulassung der
Revision bis zur Entscheidung in dem Patentnichtigkeitsverfahren ausgesetzt
werden.
BGH, Beschl. v. 6. April 2004 - X ZR 272/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 6. April 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die Entscheidung über die Beschwerde der Beklagen gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das am 14. November 2002 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die unter dem Az. 4 Ni 17/03 beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage ausgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 602 312 (Klagepatents), das auf einer Anmeldung vom 8. Dezember 1992 beruht, mit der eine deutsche Priorität vom 30. Januar 1992 in Anspruch genommen worden ist.
Patentanspruch 1 des in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten Klagepatents lautet wie folgt:
"Druckmaschinen-Temperierungssystem für Rotationskörper einer Druckmaschine, mit folgenden Merkmalen:
1.1. Es sind mindestens zwei verschiedene Arten von Kühlvorrichtungen vorgesehen, von welchen eine eine FeuchtwasserAuftragsvorrichtung (120, 146, 142, 184, 174, 162, 138, 134, 132) zum Aufbringen von temperiertem Feuchtwasser (124) auf den betreffenden Rotationskörper (6, 122) der Druckmaschine und die andere eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung (2, 107, 80, 82, 85, 88, 91) zum Wärmeaustausch zwischen temperiertem Kaltwasser und der Oberfläche des betreffenden Rotationskörpers (6, 107) der Druckmaschine ist;
1.2. die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung enthält einen ersten Vorratsbehälter (132) für das Feuchtwasser (124);
1.3. die Kaltwasser-Kühlvorrichtung enthält einen zweiten Vorratsbehälter (80) für das Kaltwasser (130);
1.4. eine Kühlanlage (190) mit einem einzigen Kälteerzeuger (192, 194, 196, 202, 204, 208) zur Kühlung von Kältemittel und mit einer Wärmeaustauschervorrichtung (82, 83, 84, 88, 93 und 140, 180, 162, 139, 138, 158, 174, 176) zum Wärmeaustausch zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Feuchtwasser (124) sowie zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Kaltwasser (130);
1.5. Mittel (66, 82, 86, 114, 138, 146, 184) zum wahlweisen Umschalten zwischen der Betriebsart 'Feuchtwasser-Offsetdruck' unter Verwendung der Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung mit oder ohne gleichzeitige Kühlung durch die KaltwasserKühlvorrichtung und der Betriebsart 'wasserloser Offsetdruck' unter Verwendung der Kaltwasser-Kühlvorrichtung ohne gleichzeitiges Auftragen von Feuchtmittel durch die FeuchtwasserAuftragsvorrichtung."
Die Beklagte stellt in der Bundesrepublik Deutschland her und vertreibt hier sogenannte Kombinations-Temperiergeräte für Druckmaschinen. Zwei Ausführungsformen dieser Geräte hält die Klägerin für patentverletzend. Beide Ausführungsformen weisen keine Mittel für eine Blasluftkühlung auf; im Kaltwassernetz haben sie jeweils ein Ausdehnungsgefäß.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung einer Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht gerichtete Patentverletzungsklage abgewiesen, weil es Patentanspruch 1 entnommen hat, die beanspruchte Kaltwasser-Kühlvorrichtung verlange ihrerseits eine zweifache Kühlung, nämlich sowohl die Kühlung der Farbauftragswalzen als auch mittels gekühlter Blasluft die Kühlung des Druckplattenzylinders. Das ergebe sich aus der in der Beschreibung des Klagepatents genannten Aufgabenstellung, daraus, daß übereinstimmend mit der Aufgabenformulierung auch in den Vorteilsangaben als zur Auswahl des Anwenders stehend drei Kühlungsarten erwähnt seien, und ferner aus dem Umstand, daß das betreffende Merkmal nicht dahingehend formuliert sei, daß zwei Kühlvorrichtungen vorgesehen seien, von denen die eine eine Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung und die andere Kühlvor-
richtung eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung sei. Der sich hieraus ergebende Sinngehalt habe seinen Niederschlag in Patentanspruch 1 aber auch insoweit gefunden , als im Zusammenhang mit der geforderten Kaltwasser-Kühlvorrichtung ausdrücklich sowohl auf die Bezugsziffer (2), welche die Blasluftkühlvorrichtung identifiziere, als auch auf die Bezugsziffer (107) verwiesen sei, mit der die gekühlten Farbauftragswalzen bezeichnet seien.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mit Urteil vom 14. November 2002 das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, weil Patentanspruch 1 insgesamt nur (mindestens) zwei Kühlungsarten voraussetze und bei den angegriffenen Vorrichtungen in Form des Ausdehnungsgefäßes auch der ferner erforderliche Vorratsbehälter vorhanden sei. Die Revision ist nicht zugelassen worden. Hiergegen wendet sich nunmehr die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30. April 2003 Nichtigkeitsklage erhoben. Hierin hält sie dem Klagepatent unter anderem als offenkundig vorbenutzt ein Temperierungssystem mit einer Kälteanlage entgegen. Außerdem macht sie den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung geltend. Sie macht sich das Verständnis des Oberlandesgerichts vom Sinngehalt des Patentanspruchs 1 des Klagepatents zu eigen. Bei diesem Sinngehalt sei die Stammanmeldung erweitert worden, weil nach ihrem Inhalt stets eine Blasluftkühlvorrichtung gegeben sein müsse.
Die Beklagte beantragt im Hinblick auf die Nichtigkeitsklage,
das Verfahren bis zu deren rechtskräftiger Entscheidung auszusetzen.
Die Klägerin tritt diesem Aussetzungsantrag ebenso wie der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen.
II. 1. Das Klagepatent betrifft den Bereich der Kühlung (Temperierung) beim Rotations-Offsetdruck. Beim Offsetdruck unterscheidet man prinzipiell zwei Arten, den Feuchtwasser-Offsetdruck und den wasserlosen Offsetdruck. Beim Feuchtwasser-Offsetdruck wird das Feuchtwasser zur Kühlung auf bestimmte Bereiche der Oberfläche der Druckplatte aufgebracht. Beim wasserlosen Offsetdruck durchströmt Kaltwasser als Kühlflüssigkeit die Farbauftragswalzen. Die Kühlung der Druckfarben und der Oberfläche der Druckplatte geschieht durch Wärmeaustausch. Zusätzlich kann beim wasserlosen Offsetdruck die Oberfläche der Druckplatte mit Kaltluft gekühlt werden, die ihrerseits vom Kaltwasser gekühlt sein kann.
Patentanspruch 1 des Klagepatents verlangt nach der Merkmalsgliederung des Oberlandesgerichts bei einem Druckmaschinen-Temperierungssystem für Rotationskörper einer Druckmaschine folgende Merkmale:
1. Es sind mindestens zwei verschiedene Arten von Kühlvorrichtungen vorgesehen, von welchen

a) die eine Kühlvorrichtung eine FeuchtwasserAuftragsvorrichtung zum Aufbringen von temperiertem
Feuchtwasser auf den betreffenden Rotationskörper der Druckmaschine und

b) die andere Kühlvorrichtung eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung zum Wärmeaustausch zwischen temperiertem Kaltwasser und der Oberfläche des betreffenden Rotationskörpers der Druckmaschine ist.
2. Die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung enthält einen ersten Vorratsbehälter für das Feuchtwasser.
3. Die Kaltwasser-Kühlvorrichtung enthält einen zweiten Vorratsbehälter für das Kaltwasser.
4. Eine Kühlanlage weist auf

a) einen einzigen Kälteerzeuger zur Kühlung von Kältemittel und

b) eine Wärmetauschervorrichtung zum Wärmeaustausch zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Feuchtwasser sowie zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Kaltwasser.
5. Es sind Mittel vorgesehen zum wahlweisen Umschalten zwischen

a) der Betriebsart "Feuchtwasser-Offsetdruck" unter Verwendung der Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung mit oder ohne gleichzeitige Kühlung durch die Kaltwasser-Kühlvorrichtung und

b) der Betriebsart "wasserloser Offsetdruck" unter Verwendung der Kaltwasser-Kühlvorrichtung ohne gleichzeitiges Auftragen von Feuchtmittel durch die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung.
2. Auf den Aussetzungsantrag der Beklagten hin ist die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde auszusetzen.

a) Bereits die Entscheidung über die Beschwerde gegen eine Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil in einem Patentverletzungsprozeß kann ausgesetzt werden.
Im Patentverletzungsrechtsstreit ist eine Aussetzung nach § 148 ZPO wegen eines anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens auch noch während des Revisionsrechtszugs zulässig (BGH, Beschl. v. 08.10.1957 - I ZR 164/56, GRUR 1958, 75 - Tonfilmwand), weil auch im Revisionsrechtszug jede Änderung der Patentlage zu berücksichtigen ist (BGHZ 81, 397 - Verbauvorrichtung) und im Falle einer rechtskräftigen Nichtigerklärung des Klagepatents auch eine bisher erfolgreiche Verletzungsklage ohne weiteres abweisungsreif ist (BGH, Beschl. v. 28.03.1963 - Ia ZR 19/63, GRUR 1963, 494 - Rückstrahlerdreieck). Dabei galt nach der Rechtsprechung des Senats zu § 554 b Abs. 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, daß die Aussetzung eines Patentverletzungsprozesses im Revisionsverfahren wegen der Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Patentnichtigkeitsverfahren die Entscheidung über die An-
nahme der Revision oder deren Ablehnung offen läßt (BGHZ 81, 397 - Verbauvorrichtung ). Die Aussetzung des Patentverletzungsrechtsstreits nach § 148 ZPO durch den Senat war also vor dessen Entscheidung über die Annahme der Revision zulässig (BGHZ 81, 397, 399 - Verbauvorrichtung). Diese Möglichkeit zu nutzen, war auch sachgerecht, weil hierdurch in prozeßwirtschaftlicher Weise die Entstehung widerstreitender Rechtstitel zu verhindern ist (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 140 Rdn. 18 m.w.N.).
Die Neuordnung des Revisionsrechts gibt keine Veranlassung, in Abweichung von dieser sachgerechten Praxis eine Aussetzung des Patentverletzungsrechtsstreits erst nach der nunmehr geforderten Entscheidung über die Zulassung der Revision auszusprechen. Es liegt vielmehr im Sinn der Zulassungsrevision , daß der Senat auch die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO in einem Patentverletzungsrechtsstreit aussetzen kann, obwohl es sich bei dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde - anders als es beim bisherigen sog. Annahmeverfahren der Fall war (BGHZ 81, 397, 399 - Verbauvorrichtung) - um ein eigenständiges Verfahren handelt, an das sich nur im Falle der Zulassung als weiteres Verfahren das Revisionsverfahren anschließt.
Der Patentverletzungsrechtsstreit ist durch die Bindung des Richters an das erteilte Patent gekennzeichnet (Sen.Beschl. v. 12.11.2002 - X ZR 176/01, GRUR 2003, 550 - Richterablehnung). Trotz anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens müßte die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde deshalb nach Maßgabe der bestehenden Patentlage getroffen werden. Erscheint aus diesem Grund eine Nichtzulassung der Revision geboten, droht ein Widerspruch des zu treffenden Beschlusses mit der Nichtigerklärung des Patents, die
in dem Patentnichtigkeitsverfahren ausgesprochen werden kann. Dies stünde nicht im Einklang mit dem Interesse an der Vermeidung widerstreitender Entscheidungen , das in dem Revisionsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zum Ausdruck kommt und auch ein Grund für die Regelung in § 148 ZPO ist. Diesem Interesse kann andererseits durch eine Zulassung der Revision wegen des anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens nicht sachgerecht genügt werden, weil diese das Revisionsverfahren auch für den Fall eröffnete, daß die Nichtigkeitsklage abgewiesen wird, es also bei der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren maßgeblichen Patentlage bleibt. Das widerspräche dem gerade auch durch § 148 ZPO zum Ausdruck kommenden Gebot der Prozeßökonomie , wenn auf der Grundlage der bestehenden Patentlage ein Zulassungsgrund nicht besteht.
Der Senat leitet aus dieser, sich aus Besonderheiten des geltenden Revisionsrechts ergebenden Sachlage die Anwendbarkeit dieser Vorschrift, ferner aber auch ab, daß in Fällen, in denen Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsrechtsstreit parallel geführt werden, in letzterem auf zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision zuzulassen ist, wenn das den Prozessen zugrundeliegende Patent ganz oder teilweise für nichtig erklärt worden ist und diese Entscheidung Auswirkung auf diejenige im Verletzungsrechtsstreit haben kann.

b) Die mit der Aussetzung eintretende Verfahrensverzögerung, die bei der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist (BGH, Beschl. v. 07.05.1992 - V ZR 192/91, MDR 1992, 1083 m.w.N.), bildet im Streitfall keinen Grund, die beantragte Maßnahme abzulehnen, obwohl die Beklagte die Nichtigkeitsklage erst nach Abschluß der Tatsacheninstanzen ein-
geleitet hat (vgl. zu Fällen dieser Art BGH, Beschl. v. 08.10.1957 - I ZR 164/56, GRUR 1958, 75 - Tonfilmwand). Denn angesichts der Auslegung des Patentanspruchs 1 durch das Oberlandesgericht ist die Nichtigkeitsklage jedenfalls wegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrunds der unzulässigen Erweiterung erfolgversprechend und kann ihre Erhebung nicht als bloße Maßnahme der Verzögerung des Verletzungsrechtsstreits angesehen werden.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck
1
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Allerdings ist das Klagepatent durch das Urteil des erkennenden Senats vom 12. Mai 2009 in dem parallelen Patentnichtigkeitsverfahren X ZR 133/05 dadurch teilweise für nichtig erklärt worden, dass die Patentansprüche 1 und 4 folgende Fassung erhalten haben (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind fett gesetzt): "1. Verfahren zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, wobei das zu entsorgende Medium von mehreren Anfallsorten aus über Rohrleitungen (3, 5, 6) zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) transportiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über eine Hochleitung (3) zu einem über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4) gepumpt wird, von wo aus es kontinuierlich oder diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem (5, 6) zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) weitergeleitet wird.

Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

7
erklärt, ist die Zwangsvollstreckung auch dann in entsprechender Anwendung der §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen , wenn das Verletzungsverfahren vom Berufungsgericht bereits entschieden und aufgrund einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision oder einer zugelassenen Revision beim Bundesgerichtshof anhängig ist. Die Einstellungsmöglichkeit nach den §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO tritt insoweit neben die von der Beklagten in erster Linie erstrebte und im Senatsbeschluss vom 8. Juli 2014 erörterte Einstellung nach § 719 Abs. 2 ZPO, deren Voraussetzungen, wie in diesem Beschluss näher ausgeführt wurde, nicht erfüllt sind. Zwar ist die Möglichkeit, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstre8 ckung auch dann anzuordnen, wenn der Schuldner nicht glaubhaft machen kann, dass ihm die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, nach dem Wortlaut des § 719 Abs. 1 ZPO an sich nur dann eröffnet, wenn gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt wird. Die Vorschrift ist im Revisionsverfahren und im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aber entsprechend anzuwenden, wenn das Klagepatent erstinstanzlich für nichtig erklärt worden ist. Sinn und Zweck der Differenzierung zwischen den Voraussetzungen des

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.